Urteil des OLG Köln vom 29.09.2000

OLG Köln: einstellung des verfahrens, verfügung, erlass, auflage, rücktritt, wohnung, kaufvertrag, anteil, kaufpreis, grundbuch

Oberlandesgericht Köln, 11 U 126/00
Datum:
29.09.2000
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
11. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 U 126/00
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 1 O 167/00
Tenor:
Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das am 07.06.2000
verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 1 O
167/00 - wird zurückgewiesen. Die Kosten der Berufung fallen der
Verfügungsklägerin zur Last.
T a t b e s t a n d
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Im Jahre 1980 waren die am 29.07.1998 verstorbene M. S.(im Folgenden: Erblasserin)
und ihre Schwägerin, C. K. , zu je 1/2 Miteigentümer des Grundstücks P. Straße ... in B.
- B. G.. Die Verfügungsklägerin (E. S. ) und ihre beiden Schwestern (H. R., geb. S., und
I. S.) erwarben den Grundstücksanteil der Schwägerin; sie wurden am 19.12.1980 im
Grundbuch als Eigentümer je eines 1/6 Anteils eingetragen. Hinsichtlich des 1/2
Anteils der Erblasserin trafen die Schwestern mit dieser bereits 1979 Vereinbarungen,
die durch notariellen Vertrag vom 08.02.1980 ersetzt wurden.
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In diesem Vertrag verkaufte die Erblasserin ihren 1/2 Anteil der Verfügungsklägerin
und ihren Schwestern zu je 1/3 Anteil. Der Kaufpreis von 200.000,00 DM sollte
"innerhalb einer Frist von rund 8 1/2 Jahren, und zwar am 30.6.1988, spätestens" fällig
sein. Den Käuferinnen war eine frühere Zahlung gestattet. Die Auflassung sollte erst
nach vollständiger Kaufpreiszahlung beurkundet und vollzogen werden. Jedoch
bewilligten die Beteiligten die Eintragung einer Auflassungsvormerkung für die
Käuferinnen zu je 1/3 Anteil; diese Vormerkung wurde am 22.02.1980 im Grundbuch
eingetragen.
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Der Erblasserin wurde ein schuldrechtliches unentgeltliches Wohnungsrecht an der
Wohnung im ersten Obergeschoss des Hauses eingeräumt, das sich im Falle von
Teilzahlungen der Käuferinnen in ein entgeltliches Mietrecht umwandeln sollte. Bis zur
vollständigen Kaufpreiszahlung sollten die Lasten des Objekts hälftig von beiden
Vertragsseiten getragen werden. Das Wohnungs- bzw. Mietrecht sollte von den
Vertragsbeteiligten erstmals zum 30.06.1982 gekündigt werden können. Eine weitere
Kündigungsmöglichkeit war zum 30.06.1985 vorgesehen. Bei ausbleibender
Kündigung sollte das Wohnungs- bzw. Mietrecht bis zu dem vereinbarten spätesten
Zahlungszeitpunkt fortdauern. Allerdings war der Erblasserin ein jederzeitiges
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Kündigungsrecht aus wichtigem Grund vorbehalten; in diesem Fall und bei
nachfolgendem Auszug der Erblasserin sollten die Käuferinnen bis zur vollständigen
Kaufpreiszahlung Mietzins für die Nutzung der Wohnung im ersten Obergeschoss
entrichten.
Durch notariellen Vertrag vom 13.07.1987 verlängerten die Vertragsbeteiligten die Frist
für die Zahlung des Kaufpreises auf den 30.06.1994. Zugleich wurde das
Wohnungsrecht bis zum 30.06.1991 und für den Fall, dass es zu diesem Zeitpunkt
nicht gekündigt wurde, bis zum 30.06.1994 verlängert. Im übrigen sollten die
Vereinbarungen des notariellen Vertrages vom 28.08.1980 unberührt bleiben.
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Im Jahre 1994 kam es offenbar zu Verhandlungen im Zusammenhang mit den
geschlossenen Verträgen. Die Verfügungsklägerin und ihre Schwester H. R. ließen
einen Notarvertrag entwerfen, nach dessen Inhalt das Vertragsverhältnis mit der
Erblasserin - unter Ausschaltung der dritten Schwester - umgestaltet und u.a. der
Fälligkeitszeitpunkt für die Kaufpreiszahlung auf den 30.06.2000 hinausgeschoben
werden sollte. Zu einer Beurkundung dieses Vertrages kam es nicht. Die Käuferinnen
zahlten den Kaufpreis bis zum 30.06.1994 und auch bis heute nicht.
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Mit Anwaltsschreiben vom 01.09.1995, gerichtet jeweils an jede Käuferin, forderte die
Erblasserin die Käuferinnen zur Zahlung des Kaufpreises unter Fristsetzung zum
20.09.1995 und Ablehnungsandrohung auf. Mit Anwaltsschreiben vom 21.09.1995,
gerichtet jeweils an jede Käuferin, trat sie von dem Kaufvertrag zurück; zugleich bot sie
Verhandlungen über den Kauf oder Verkauf der jeweiligen Grundstücksanteile an. Die
Schwester der Verfügungsklägerin H. R. hat in dem beim Landgericht anhängigen
Rechtsstreit 1 O 422/99 den Erhalt der beiden Schreiben bestritten; die
Verfügungsbeklagten haben für den Zugang Beweis angetreten. Zu irgend welchen
Reaktionen der Verfügungsklägerin und ihrer Schwestern auf den Rücktritt und das
damit verbundene Angebot ist nichts vorgetragen. Auch die Erblasserin machte diesen
Vorgang nicht zum Gegenstand weiterer Erörterungen oder Maßnahmen. Sie
bewohnte die Wohnung im ersten Obergeschoss bis zu ihrem Tod am 29.07.1998. Die
laufenden Kosten des Objekts wurden wie bisher geteilt.
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Die Erblasserin wurde von den Verfügungsbeklagten und weiteren Miterben beerbt.
Der ernannte Testamentsvollstrecker veräußerte den 1/2 Anteil der Erblasserin durch
Vertrag vom 12.04.1999 an die Verfügungsbeklagten. Diese sind seit dem 30.07.1999
als Eigentümer zu je 1/6 im Grundbuch eingetragen. Als Inhaber des 1/6 Anteils der
am 16.01.1991 verstorbenen Schwester Ingeborg Knecht sind dort deren beide Erben
(u.a. die Verfügungsklägerin) eingetragen. Der Testamentsvollstrecker trat den Klägern
durch Erklärung vom 21.10.1999 alle Rückabwicklungsansprüche aus dem notariellen
Vertrag vom 08.02.1980 mit Nachtragsvereinbarung vom 13.07.1987 ab.
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In dem bereits genannten beim Landgericht anhängigen Rechtsstreit verlangen die
Kläger als eingetragene Eigentümer von der Verfügungsklägerin und deren Schwester
H. R. die Bewilligung der Löschung der für die Käuferinnen seinerzeit eingetragenen
Auflassungsvormerkungen. Die Erben nach der Schwester I. S. - mit Ausnahme der
Verfügungsklägerin - haben Löschungsbewilligungen bereits vorprozessual erteilt. Die
Verfügungsbeklagten berufen sich zur Begründung des geltend gemachten
Löschungsanspruchs auf den Rücktritt der Erblasserin von dem Kaufvertrag. Die
beklagten Schwestern berufen sich darauf, dass die Verfügungsbeklagten aus dem
Rücktritt keine Rechte herleiten könnten, da das Vertragsverhältnis mit der Erblasserin
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über den im dem Vertrag aus dem Jahre 1987 genannten spätesten
Fälligkeitszeitpunkt fortgesetzt worden sei und die Erblasserin sich auch geweigert
habe, aus dem Haus auszuziehen. Unter Berufung darauf verlangt die
Verfügungsklägerin in jenem Rechtsstreit im Wege der Widerklage die Verurteilung
der Verfügungsbeklagten zur Übertragung eines 1/6 Anteils bzw. zur Erklärung und
zum Vollzug der Auflassung dieses Anteils.
Im Hinblick auf das bestehende Gemeinschaftsverhältnis betreiben die Kläger ein
Teilungsversteigerungsverfahren (23 K 188/99 AG Bonn). Dort hat die
Verfügungsklägerin unter Hinweis auf den vorstehend dargestellten Sachverhalt
erfolglos die Einstellung gemäß § 180 Abs. 2 ZVG beantragt. Sie hat deshalb mit dem
im vorliegenden Verfahren gestellten Antrag den Erlass einer einstweiligen Verfügung
des Inhalts verlangt, dass das Teilungsversteigerungsverfahren einstweilen eingestellt
werde. Das Landgericht hat den Antrag durch das angefochtene Urteil
zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es bestehe kein
Verfügungsgrund, weil die der Eintragung der Verfügungsbeklagten vorrangige
Auflassungsvormerkung im Fall der Versteigerung bestehen bleibe und die Rechte der
Verfügungsklägerin daher durch die Versteigerung nicht vereitelt werden würden.
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Mit der dagegen gerichteten Berufung macht die Verfügungsklägerin geltend: Ihre
Rechte erschöpften sich nicht in der Auflassungsvormerkung. Sie sei auch
Eigentümerin des von der Schwägerin der Erblasserin seinerzeit erworbenen 1/6
Miteigentumsanteils und Miterbin des Anteils nach der verstorbenen I. S. . Bei
Durchführung der Teilungsversteigerung verliere sie ihren bereits erworbenen Anteil.
Darin liege eine wesentliche Rechtsbeeinträchtigung. Bei Abweisung der Klage und
Erfolg der Widerklage im Hauptsacheprozess verlören die Verfügungsbeklagten ihre
Antragsberechtigung im Teilungsversteigerungsverfahren, so dass ihr ihre Rechte
ungeschmälert erhalten blieben. Bei dieser Sachlage sei den Verfügungsbeklagten
zuzumuten abzuwarten, wie der Hauptsacheprozess ausgehe. Die
Verfügungsbeklagten treten dem entgegen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass
der begehrten einstweiligen Verfügung im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.
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1.
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Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist bereits unzulässig, weil kein
Rechtsschutzbedürfnis der Verfügungsklägerin an einer solchen Entscheidung
besteht.
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Die Einstellung eines Teilungsversteigerungsverfahrens nach § 180 ZVG kann in der
Regel nicht im Wege der einstweiligen Verfügung verlangt werden. Materiellrechtliche
Einwendungen, auch solche die die Antragsberechtigung des Antragstellers in einem
solchen Verfahren betreffen, hat der Antragsgegner nach ganz einhelliger Auffassung
im Wege der Drittwiderspruchklage geltend zu machen (vgl. etwa BGH, NJW 1985,
3066, 3067; OLG Köln, OLGR 1998, 55; NJWE-FER 2000, 188; OLG Hamm, OLGR
1995, 263; ZPO-MK-Karsten Schmidt, 2. Auflage, § 771 Rn. 5, jeweils mit weiteren
Nachweisen). In einem solchen Klageverfahren kann dann die einstweilige Einstellung
der Teilungsversteigerung gemäß den §§ 769, 771 Abs. 3 ZPO beantragt werden.
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Diese gesetzlich besonders geregelte Möglichkeit, die einstweilige Einstellung des
Verfahrens zu erreichen, schließt ein Vorgehen im Wege der einstweiligen Verfügung
in der Regel aus (vgl. OLG Köln, NJW-RR 1995, 576 - zu § 769 ZPO -; Zöller/Herget,
ZPO, 21. Auflage, § 769 Rn. 2).
Allerdings wird der Antragsgegner im Teilungsversteigerungsverfahren, der die
Einstellung des Verfahrens aus materiellrechtlichen Gründen erstrebt, nicht in jedem
Fall auf die Erhebung einer Drittwiderspruchsklage und den in einem solchen
Rechtsstreit möglichen einstweiligen Rechtsschutz verwiesen werden können. Ist
bereits ein Rechtsstreit mit dem Ziel der Prüfung der materiellen Rechtslage anhängig,
so kann das angerufene Gericht unter Umständen einstweiligen Rechtsschutz durch
Erlass einer einstweiligen Verfügung gewähren (vgl. auch OLG Düsseldorf, OLGZ
1985, 493 f.; LG Bonn NJW 1970, 2303; Zöller/Stöber, ZVG, 16. Auflage, § 180 Anm.
12.5a; Zöller/Herget, a.a.O., § 769 Rn. 3 a.E.; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 935 Rn. 3).
Dabei ist aber zu beachten, dass nur im Wege der Drittwiderspruchsklage ein
rechtskräftiges Erkenntnis über die Unzulässigkeit der betriebenen Versteigerung
herbeigeführt werden kann. Auch rechtskräftige Feststellungen in einem um
materiellrechtliche Fragen geführten Rechtsstreit hindern den Antragsteller im
Teilungsversteigerungsverfahren nicht daran, dieses Verfahren weiter zu betreiben.
Der Erlass einer auf einstweilige Einstellung des Teilungsversteigerungsverfahrens
gerichteten einstweiligen Verfügung kommt deshalb nach Auffassung des Senats nur
dann in Betracht, wenn die Entscheidung in dem bereits anhängigen Rechtsstreit bei
Obsiegen der durch das Teilungsversteigerungsverfahren betroffenen Partei zu
rechtskräftigen Feststellungen führt, die die Gegenpartei bei verständiger Beurteilung
voraussichtlich veranlassen werden, von der Fortführung des
Teilungsversteigerungsverfahrens abzusehen, und die den Erfolg einer - bei
Uneinsichtigkeit der Gegenpartei - doch noch notwendig werdenden
Drittwiderspruchsklage quasi vorprogrammieren. Nur dann erscheint es als nicht
angebracht, die Parteien und Gerichte mit einem weiteren Prozess zu belasten, der auf
die Klärung der selben Sachfragen hinaus läuft.
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Dieses Ergebnis ist in dem bereits anhängigen Rechtsstreit auch bei vollem Erfolg der
Verfügungsklägerin nicht zu erreichen. In dem Hauptsacheprozess können lediglich
die Klage der Verfügungsbeklagten auf Erteilung der Bewilligung zur Löschung der
Auflassungsvormerkung abgewiesen und die Verfügungsbeklagten zur Übertragung
des 1/6 Miteigentumsanteils an die Verfügungsklägerin verurteilt werden. Es bedarf
keiner Erörterung, inwieweit die einem solchen Erkenntnis beigegebene Begründung
Rechtskraftwirkungen zwischen den Parteien erzeugen kann. Denn keine derzeit
denkbare Begründung wäre geeignet, die Antragsberechtigung der
Verfügungsbeklagten im Teilungsversteigerungsverfahren und dessen Durchführung
zur Auflösung einer zwischen den Beteiligten bestehenden Gemeinschaft in Frage zu
stellen.
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Die Verfügungsklägerin will erreichen, dass der durch Vormerkung gesicherte
Auflassungsanspruch durchgesetzt wird. Sie meint, wenn sie damit durchdringe,
würden die - nachrangig eingetragenen - Verfügungsbeklagten über kurz oder lang
ihre Stellung als Miteigentümer und damit die Antragsberechtigung nach § 180 ZVG
wieder verlieren, was sie dem Vorgehen der Verfügungsbeklagten bereits jetzt
entgegengehalten könne. Diese Argumentation überzeugt nicht. Der durch die
Auflassungsvormerkung gesicherte Anspruch wird (jedenfalls derzeit) nur von der
Verfügungsklägerin geltend gemacht. Ihre Schwester H. R. wehrt sich zwar gegen die
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auf Erteilung der Löschungsbewilligung gerichtete Klage. Einen Anspruch auf
Auflassung (eines 1/6 Anteils) macht aber alleine die Verfügungsklägerin (im Wege
der Widerklage) geltend. Die Erben nach I. S. haben - mit Ausnahme der
Verfügungsklägerin - bereits die Löschungsbewilligungen erteilt. Es kann deshalb
nicht davon ausgegangen werden, dass die Verfügungsbeklagten ihre Stellung als
Miteigentümer vollständig verlieren werden. Die Berechtigung, die
Teilungsversteigerung zu beantragen behalten sie aber auch dann, wenn die
Verfügungsklägerin im Hauptsacheverfahren in vollem Umfang erfolgt hat und auf
Grund der sich daraus ergebenden Rechtsposition einen Teil des jetzt den
Verfügungsbeklagten zustehenden Miteigentumsanteils erwirbt.
2.
21
Selbst wenn man das Rechtsschutzbedürfnis bejahen wollte, besteht jedenfalls kein
Verfügungsgrund.
22
Zutreffend weist das Landgericht darauf hin, dass die Auflassungsvormerkung im Falle
einer Teilungsversteigerung bestehen bleibt. Die Auflassungsvormerkung ist nach den
§§ 9 Nr. 1, 48 ZVG wie ein eingetragenes Recht zu behandeln und deshalb in das
geringste Gebot aufzunehmen, wenn sie - wie hier - dem Recht des Antragstellers im
Versteigerungsverfahren vorgeht; die in das geringste Gebot aufgenommene
Auflassungsvormerkung bleibt beim Zuschlag bestehen, der Vormerkungsberechtigte
kann sie dem Ersteher gegenüber nach § 888 Abs. 1 BGB geltend machen (vgl. BGHZ
46, 124, 127; Staudinger/Gursky, 13. Auflage, § 883 Rn. 190).
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Der Verfügungsklägerin droht bei einer Versteigerung des Grundstücks auch keine
Vereitelung bzw. wesentliche Erschwerung der Verwirklichung ihrer Rechte (§ 935
ZPO), die durch den Erlass der einstweiligen Verfügung verhindert werden kann. Die
Notwendigkeit, nach dem Zuschlag den Ersteher des Grundstücks, der
möglicherweise nicht dem Kreis der bisher Beteiligten angehört, aus der
Auflassungsvormerkung in Anspruch nehmen zu müssen, mag die Besorgnis einer
wesentlichen Erschwerung der Rechtsverwirklichung begründen. Auch die Tatsache,
dass die Verfügungsklägerin im Falle der Zuschlagserteilung ihren bereits
bestehenden Eigentumsanteil verliert, mag als wesentliche Rechtsbeeinträchtigung
anzusehen sein. Der Hinweis des Landgerichts darauf, dies sei nichts weiter als die
Rechtsfolge aus § 180 ZVG mag auch dann nicht überzeugen, wenn die
Verfügungsklägerin im Hauptsacheverfahren eine Klärung der Rechtslage dahin
erreichen kann, dass den Verfügungsbeklagten ihre Antragsberechtigung im
Teilungsversteigerungsverfahren vollständig abzusprechen ist. Dies ist indes, wie sich
aus den vorstehenden Ausführungen (zu 1) ergibt, nicht der Fall sein.
24
3.
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Der Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist im
Übrigen auch deshalb zurückzuweisen, weil kein Verfügungsanspruch glaubhaft
gemacht ist. Nach Maßgabe der im hier zu entscheidenden Verfahren und im
Hauptsacheprozess vorliegenden Urkunden wird die Verfügungsklägerin im
Hauptsacheprozess unterliegen, weil ihr Ansprüche aus dem Kaufvertrag mit der
Erblasserin nicht mehr zustehen.
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Mit Erfolg berufen sich die Verfügungsbeklagten darauf, dass die Erblasserin von dem
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Kaufvertrag zurückgetreten ist. Die Voraussetzungen des § 326 Abs. 1 BGB lagen im
Jahre 1995 vor. Die Verfügungsklägerin und ihre Schwestern hatten sich verpflichtet,
den Kaufpreis für das Grundstück bis spätestens zum 30.06.1994 zu zahlen. Da sie
nicht zahlten, gerieten sie in Verzug. Die Erblasserin setzte zur Erfüllung der
Zahlungspflicht jeder der Käuferinnen eine angemessene Nachfrist mit
Ablehnungsandrohung. Nach Ablauf der Nachfrist erklärte die Erblasserin sodann
durch Anwaltsschreiben gegenüber jeder der Käuferinnen den Rücktritt. Der Senat hält
es angesichts der vom Prozessbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten aus eigener
Wahrnehmung geschilderten Tatsachen für äußerst unwahrscheinlich, dass sich der
Zugang der genannten Erklärungen auch an die Beklagte zu 2) des
Hauptsacheprozesses nicht wird nachweisen lassen.
§ 454 BGB stand dem Rücktritt erkennbar nicht entgegen. Die Erblasserin hatte zwar
den Kaufpreis gestundet, nicht aber ihre Hauptpflicht zur Übereignung erfüllt. Dazu
hätte zumindest die lastenfreie Auflassung erklärt werden müssen. Die Auflassung
sollte nach dem Vertragsinhalt aber erst nach Kaufpreiszahlung erklärt werden.
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Die Einwendungen, die die Verfügungsklägerin gegen die Wirkungen des Rücktritts
erhebt, sind unerheblich. Sie und ihre Schwestern waren mit der Zahlung des
Kaufpreises vorleistungspflichtig. Sie können sich daher nicht mit Erfolg darauf berufen
können, die Erblasserin habe die von ihr bewohnte Wohnung nicht geräumt oder sich
geweigert zu räumen. Solange der Kaufpreis nicht bezahlt war, bestand kein Anlass
zur Räumung.
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Ein Verhalten der Erblasserin, das man als deren eigene Vertragsuntreue mit der
Folge des Verlusts des Rücktrittsrechts werten könnte, ist weder ausreichend
vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Dass die Erblasserin, wie man dem von der
Verfügungsklägerin vorgelegten Anwaltsschreiben vom 28.07.1994 entnehmen kann,
bereit gewesen wäre, die in dem Nachtragsvertrag genannten Fristen noch einmal um
sechs Jahre zu verlängern, reicht nicht aus. Die Verfügungsklägerin trägt nicht vor und
macht nicht glaubhaft, dass die Erblasserin bzw. deren für sie handelnde Vertreter
ernsthaft mit der Möglichkeit einer fristgerechten Zahlung und der daran geknüpften
Auszugserwartung konfrontiert worden sind und dass im Anschluss daran ernsthaft
erklärt worden ist, die Erblasserin werde die Wohnung entgegen ihren vertraglich
übernommenen Pflichten auch bei fristgerechter Kaufpreiszahlung nicht räumen.
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Ohne Erfolg beruft sich die Verfügungsklägerin darauf, die Erblasserin sei in der Folge
der Rücktrittserklärung darauf nicht mehr zurück gekommen. Daraus lässt sich schon
deshalb nichts herleiten, weil die Erblasserin die vertraglichen Vereinbarungen mit der
Erklärung des Rücktritts als erledigt ansehen durfte. Es gab keinen Gegenstand für
eine Rückabwicklung, da kein Vertragbeteiligter Leistungen aus dem Vertrag erbracht
hatte. Die Notwendigkeit der weiteren Teilung der Hauskosten ergab sich aus dem
fortbestehenden Gemeinschaftsverhältnis (vgl. § 748 BGB). Die eingetragene
Vormerkung war durch den Untergang des auf Eigentumsübertragung gerichteten
Erfüllungsanspruchs der Verfügungsklägerin und ihrer Schwestern erlochen (vgl. §
886 BGB). Daraus, dass die Löschung der Vormerkung im Grundbuch zunächst nicht
veranlasst wurde, kann nichts zum Nachteil der Verfügungsbeklagten hergeleitet
werden.
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Die Verfügungsklägerin will sich möglicherweise darauf berufen, letztlich sei auf Grund
des Verhaltens der Erblasserin davon auszugehen, dass die getroffenen vertraglichen
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Vereinbarungen hätten fortgesetzt werden sollen. Dies ist indes nicht der Fall. Eine wie
auch immer geartete Änderung der vertraglichen Vereinbarungen, die sich auf die für
die wesentlichen Vertragspflichten der Übertragung des Eigentums und die Zahlung
des Kaufpreises bzw. den Zeitpunkt dieser Zahlung bezog, bedurfte der Form des §
313 BGB (vgl. BGHZ 63, 359, 361; BGH, NJW 1974, 271; 1982, 434 f.;
Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Auflage, § 313 Rn. 41 ff., jeweils mit weiteren
Nachweisen). Die von der Verfügungsklägerin offenbar in Erwägung gezogene
Hinausschiebung des Übergabe- und Fälligkeitszeitpunkts um weitere sechs Jahre
stellte eine so wesentliche Änderung der getroffenen Vereinbarungen dar, dass ihre
Beurkundungsbedürftigkeit außer Frage steht.
Schließlich beruft sich die Verfügungsklägerin ohne Erfolg darauf, den Klägern die
Zahlung des Kaufpreises mit Schreiben vom 09.12.1999 - nach Zustellung der Klage
im Hauptsacheverfahren - angeboten zu haben. Da die Erblasserin bereits 1995
wirksam von dem Kaufvertrag zurückgetreten ist, entfaltet dieses Angebot keine
rechtlich relevante Wirkung.
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4.
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Der von den Prozeßbevollmächtigten der Verfügungsklägerin im Verhandlungstermin
dargelegte Sachvortrag ist nicht glaubhaft gemacht worden. Ob er im
Hauptsacheprozeß Anlaß zu einer von den Ausführungen unter 3. abweichenden
Beurteilung geben könnte, bedarf deshalb hier keiner Erörterung.
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Die Berufung kann danach keinen Erfolg haben. Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs. 1 ZPO.
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Das Urteil ist rechtskräftig (§ 545 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
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Berufungsstreitwert: 20.000,00 DM DM
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