Urteil des OLG Köln vom 12.04.2002

OLG Köln: internationale zuständigkeit, einstweilige verfügung, staatliches gericht, treu und glauben, unerlaubte handlung, örtliche zuständigkeit, marke, hauptvertrag, china, wiederholungsgefahr

Oberlandesgericht Köln, 6 U 142/01
Datum:
12.04.2002
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 142/01
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 84 O 34/01
Tenor:
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 10.05.2001
verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Land- gerichts
Köln - 84 O 34/01 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des
Berufungsverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen. Das Urteil ist
mit seiner Verkündung rechtskräftig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
1
Die in formeller Hinsicht einwandfreie, insgesamt zulässige Berufung, die gemäß § 26
Nr. 5 EGZPO noch anhand der bis zum 31.01.2001 in Kraft stehenden Bestimmungen
der ZPO zu beurteilen ist, hat in der Sache keinen Erfolg.
2
Zu Recht hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil die zuvor im Beschlussweg
erlassene einstweilige Verfügung bestätigt, mit welcher es der Antragsgegnerin nicht
nur verboten wurde, Elektrogeräte unter dem Namen Z. auf der Messe
DOMOTECHNICA 2001 in Köln auszustellen und/oder in der Bundesrepublik
Deutschland zu vertreiben, sondern mit der darüber hinaus auch die Herausgabe
sämtlicher, unter dem Namen Z. auf der erwähnten Messe ausgestellter Geräte nebst
des dazugehörigen Prospektmaterials angeordnet wurde. Der Erlass und die
Aufrechterhaltung dieser einstweiligen Verfügung stellt sich auch unter
Berücksichtigung des Berufungsvorbringens der Antragsgegnerin als berechtigt dar.
3
I.
4
Der der einstweiligen Verfügung zugrundliegende Antrag ist zulässig.
5
1.
6
Da im Streitfall eine in Köln begangene Handlung der Antragsgegnerin, einem
Unternehmen chinesischen Rechts, zu beurteilen ist, besteht die internationale
Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit.
7
Aus Art. 11 der zwischen einerseits der N. H. Electric CO. LTD. sowie andererseits der
Ni. Z. S.r.L geschlossenen Vereinbarung ("Agreement") vom 16.12.1987 ergibt sich
nichts Abweichendes. Dabei kann es unterstellt werden, dass diese Vereinbarung im
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Verhältnis zwischen den Parteien Wirksamkeit entfaltet. Die in ihr unter Art. 11
enthaltene Schiedsklausel, nach der alle Streitigkeiten, die aus jener Vereinbarung
entstehen oder sich auf sie beziehen ("arising out of or pertaining to this contract"), von
einem Schiedsgericht mit Sitz in Stockholm entschieden werden sollen, was über Art.
13.3. des Vertrages auch für alle nachfolgenden Änderungen und Zusätze zu dem
Vertrag - damit ebenfalls die hier streitige Zusatzvereinbarung vom 24.05.1988 - gilt,
vermag jedenfalls einen der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit
entgegenstehenden Effekt nicht nach sich zu ziehen. Zwar sprechen nicht nur die weite
Fassung der erwähnten Vertragsklausel, sondern auch der Grundsatz, dass
Schiedsklauseln im Zweifel großzügig auszulegen sind (Thomas/Putzo, ZPO, 24.
Auflage, § 1029 Rdn. 6), dafür, dass der vorliegende Streit seinem Inhalt nach überhaupt
von der Schiedsabrede erfasst ist. Indessen lässt diese die internationale Zuständigkeit
der deutschen Gerichte, die ungeachtet der allein die örtliche Zuständigkeit erfassenden
Bestimmung des § 512 a ZPO a.F. im Streitfall eigens festzustellen ist, gleichwohl
unberührt.
Seit jeher anerkannt ist es, dass die Einrede des Schiedsvertrages im Rahmen des von
staatlichen Gerichten wahrgenommenen vorläufigen Rechtsschutzes ausgeschlossen
ist (nunmehr klargestellt durch § 1025 Abs. 2 ZPO i.V. mit § 1033 ZPO; vgl. zur
identischen Rechtslage vor Inkrafttreten des SchiedsVfG Zöller-Geimer, ZPO, 22.
Auflage, § 1033 Rdn. 1). Vor diesem Hintergrund hat die Antragsgegnerin die
Schiedseinrede im vorliegenden Verfahren schon überhaupt nicht erhoben. Im Ergebnis
Gleiches gilt aber auch dann, wenn man - wie dies ebenfalls vertreten wird - davon
ausgehen will, dass die im Rahmen einer Schiedsklausel enthaltene Bestimmung eines
Schiedsgerichtsortes im Zweifel auch die Vereinbarung enthält, dass der vorläufige
Rechtsschutz - soweit er durch die staatlichen Gerichte gewährleistet wird -
ausschließlich dem zuständigen staatlichen Gericht am Sitz des Schiedsgerichts
zugewiesen sein soll (OLG Hamburg NJW 1997, 749; Zöller-Vollkommer, a.a.O., § 919
Rdn. 3). Die Schiedsklausel, so bringen die Befürworter diese Standpunkts vor,
verdeutliche das Interesse beider Parteien, auch alle gegebenenfalls erforderlichen
gerichtlichen Handlungen bei demjenigen Gericht zu konzentrieren, das später für die
Vollstreckbarerklärung des in der Hauptsache zu erwartenden Schiedsspruchs
zuständig wäre. Der erkennende Senat vermag sich indessen dieser Auffassung, die im
Streitfall die ausschließliche internationale Zuständigkeit der schwedischen staatlichen
Gerichte begründete, nur eingeschränkt anzuschließen: Ihr begegnen insoweit
Bedenken, als der Vereinbarung nicht nur prorogierende, sondern auch derogierende
Wirkung zugemessen wird, so dass neben dem jeweiligen staatlichen Gericht am
Schiedsgerichtsort kein anderes staatliches Gericht einstweiligen Rechtsschutz
gewähren könnte. Diese Konsequenz widerspricht dem Grundgedanken des vorläufigen
Rechtsschutzes, dem die Eilbedürftigkeit der jeweiligen Maßnahme immanent ist. Den
um Rechtsschutz Nachsuchenden in einer solchen Situation auf ein staatliches Gericht
zu verweisen, welches u.U. ganz erheblich - womöglich tausende von Kilometern - vom
Geschehen entfernt ist, würde einen effektiven vorläufigen Rechtsschutz in aller Regel
ganz erheblich erschweren, wenn nicht sogar de facto ganz vereiteln, was den
beiderseitigen Interessen der Parteien nicht entsprechen kann. Die derogierende
Wirkung einer derartigen Vereinbarung ist aus diesem Grund prinzipiell zu verneinen, so
dass - jedenfalls auch - diejenigen staatlichen Gerichte für den vorläufigen Rechtsschutz
zuständig sind, die ohne die fragliche Schiedsklausel zuständig wären (so im Ergebnis
auch OLG Frankfurt am Main NJW 1959, 1088/1089; Baumbach/Hartmann, ZPO; 60.
Auflage, § 919 Rdn. 2).
9
2.
10
Dem Verfügungsantrag, dessen Dringlichkeit gemäß der nach der Rechtsprechung des
erkennenden Senats auf Ansprüche nach dem MarkenG auszudehnenden Vermutung
des § 25 UWG zu vermuten ist, ist weiter auch nicht etwa wegen eines fehlenden
allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses die Zulässigkeit abzusprechen. Das gilt
namentlich unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Messe DOMOTECHNICA
2002, auf welche die Antragstellerin sowohl das Unterlassungsbegehren als auch das
Herausgabeverlangen zugeschnitten hat, zwischenzeitlich beendet ist. Ein Wegfall des
Rechtsschutzbedürfnisses bzw. eine Situation, in der sich wegen der etwaigen
Beseitigung der materiell-rechtlichen Voraussetzung der Wiederholungsgefahr eine
Erledigung des Unterlassungsbegehrens in der Hauptsache eingestellt hätte, ist
dadurch nicht herbeigeführt worden.
11
Der Verbotsantrag, Elektrogeräte jeglicher Art unter dem Namen Z. auf der Messe
DOMOTECHNICA 2001 in Köln auszustellen, hat sich durch die Beendigung dieser
Messe nicht erledigt. Diesem Unterlassungspetitum war von vornherein die zeitliche
Befristung auf das Messegeschehen immanent. Hat aber ein Gericht eine einstweilige
Verfügung erlassen, die - wie hier - auf einen zeitlich durch die Dauer einer Messe
befristeten Unterlassungsanspruch gestützt ist, so hat nicht nur die antragstellende
Partei in vollem Umfang ihr Unterlassungsziel erreicht, sondern kann
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auch - eben weil der titulierte Anspruch von Anfang an zeitlich beschränkt ist - durch den
Eintritt dieser Beschränkung, hier konkret die Beendigung der Messe, keine
nachträgliche Veränderung der materiellen Rechtslage eintreten (OLG Düsseldorf WRP
1974, 95/95; Ulrich in Pastor/Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 4. Aufl., Kap. 37 Rdn. 20
m.w.N.; a.A.: Traub in Pastor/Ahrens, a.a.O., Kap. 48 Rdn. 7). Wollte man hier anders
entscheiden, so würde das zu einer mit dem Zweck des Verbotstitels unvereinbaren
Beeinträchtigung des Antragstellers führen: Denn dieser wäre zur Vermeidung von
Kostennachteilen gezwungen, die Erledigung der Hauptsache zu erklären, was -
schließt sich der Antragsgegner an - den Fortfall des Titels bedeutete. Ein sachlicher
Grund, weshalb sich an der Rechtsbeständigkeit des von vornherein keine Wirkungen
über den fraglichen Zeitraum hinaus entfaltenden Titels etwas ändern sollte, besteht
indessen nicht. Der Wegfall der Vollstreckungsmöglichkeiten des Titels führte vielmehr
zu der nicht sachgerechten Konsequenz, dass eine erst später festgestellte
Zuwiderhandlung in dem von dem titulierten Verbot erfassten Zeitraum nicht mehr
sanktioniert werden könnte.
13
II.
14
Der nach alledem zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist auch
begründet.
15
1.
16
Da es um eine in Deutschland begangene unerlaubte Handlung geht, findet gemäß Art.
40 Abs. 1 Satz 1 EGBGB insoweit deutsches Recht Anwendung. Wie das Landgericht
zutreffend festgestellt hat, ergibt sich der Verfügungsanspruch somit aus § 107 i.V. mit §
14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 MarkenG. Insbesondere war zum Zeitpunkt des Erlasses der
einstweiligen Verfügung eine Begehungs- bzw. Wiederholungsgefahr glaubhaft
gemacht, die zu einem späteren Zeitpunkt auch nicht entfallen ist.
17
a)
18
Die Beschlagnahme der nach Deutschland importierten Elektrogeräte samt des
dazugehörigen Prospektmaterials durch den Gerichtsvollzieher am 6.3.2001 hat die
Wiederholungsgefahr weder im Hinblick auf das Verbot, "Elektrogeräte jeglicher Art
unter dem Namen `Z.` auf der Messe DOMOTECHNICA 2001 in Köln auszustellen"
noch hinsichtlich des Verbots, derartige Geräte "in der Bundesrepublik Deutschland zu
vertreiben", entfallen lassen. Die erzwungene Erfüllung eines Anspruchs im Wege der
Zwangsvollstreckung - um eine solche handelt es sich hier hinsichtlich beider Verbote -
ist mit einer freiwilligen Erfüllung nicht vergleichbar und kann deshalb niemals als ein
erledigendes Ereignis im Rechtssinne angesehen werden (vgl. Thomas/Putzo, a.a.O., §
91a Rdn. 4). Mit der Beschlagnahme ist unmittelbar zwar nur die unter Punkt 2) der
einstweiligen Verfügung vom 6.3.2001 erlassene Anordnung vollstreckt worden,
demzufolge die beschriebenen Gegenstände an den Gerichtsvollzieher herauszugeben
waren; Grundlage dieser Anordnung war aber das unter Punkt 1) der Verfügung
ausgesprochene Verbot, "Elektrogeräte jeglicher Art unter dem Namen `Z.` auf der
Messe DOMOTECHNICA 2001 in Köln auszustellen und/oder in der Bundesrepublik
Deutschland zu vertreiben", so dass die Vollstreckung auch und gerade der
Durchsetzung dieses Verbots diente.
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Abgesehen davon ist die gegenläufige Argumentation der Antragsgegnerin, ein Nachteil
habe der Antragstellerin zumindest im Hinblick auf das Verbot, Geräte unter dem Namen
"Z." auf der Messe auszustellen, nicht (mehr) gedroht, weil sämtliche in der
Bundesrepublik importierten Gegenstände mit dem Zeichen "Z." bereits beschlagnahmt
gewesen seien, letztlich nicht stichhaltig. Es bestand für die Antragsgegnerin angesichts
der bis zum 10.3.2001 andauernden Messe durchaus noch die - nicht nur theoretische -
Möglichkeit, weitere Geräte herbeizuschaffen und unter dem Namen "Z." auszustellen.
20
b)
21
Das Ende der Messe am 10.3.2001 hat ebenfalls nicht zu einem Wegfall der
Wiederholungsgefahr geführt. In Betracht gekommen wäre dies nur für das Verbot, die
fraglichen Geräte auf der DOMOTECHNICA 2001 in Köln auszustellen. Da es sich
insofern - wie aufgezeigt - aber um einen zeitlich begrenzten Unterlassungsanspruch
handelt, der ohnehin nur für die Zeit bis zum Ende der Messe geltend gemacht worden
ist, musste die Wiederholungsgefahr von vornherein auch nur bis zu diesem Zeitpunkt
vorliegen.
22
2.
23
Die Benutzung der Marke durch die Antragsgegnerin ist auch nicht aus anderen
Gründen rechtmäßig. Insbesondere kann aus der (Zusatz-)Vereinbarung vom 24.5.1988
kein derartiges Recht abgeleitet werden, weil nicht glaubhaft gemacht ist, dass dieser
Vertrag wirksam zustande gekommen ist.
24
a)
25
Die Wirksamkeit des Zustandekommens dieser Vereinbarung beurteilt sich nach dem
Recht der Volksrepublik China. Gemäß Art. 31 Abs. 1 EGBGB ist das Zustandekommen
eines Vertrages nach dem Recht zu beurteilen, das anzuwenden wäre, wenn die
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Wirksamkeit des Vertragsschlusses unterstellt wird. Dies führt hier - entgegen der
Regelvermutung aus Art. 28 Abs. 2 EGBGB - zum chinesischen Recht, weil die
Vereinbarung vom 24.5.1988, die als Zusatz zum "Hauptvertrag" vom 16.12.1987
gesehen werden muss, zur Volksrepublik China die "engste Verbindung" i.S. d. Art. 28
Abs. 5, Abs. 1 Satz 1 EGBGB aufweist. Dort waren nämlich über 5 Jahre hinweg die
maßgeblichen Leistungen der Antragstellerin - Hilfestellung bei der Montage und bei
Testläufen sowie Beratungsleistungen - zu erbringen, dort wurde auch die (Zusatz-
)Vereinbarung unterzeichnet.
Entgegen der missverständlichen Formulierung in § 293 ZPO ("bedürfen des
Beweises") hat das Gericht das anwendbare ausländische Recht prinzipiell von Amts
wegen zu ermitteln, wobei die Parteien im Rahmen des Zumutbaren eine
Mitwirkungspflicht trifft. Umfang, Intensität und Grenzen der Ermittlungspflicht des
Gerichts hängen vom Einzelfall ab, insbesondere von der Komplexität und vom
Fremdheitsgrad des betreffenden ausländischen Rechts sowie vom Vortrag und von
etwaigen sonstigen Beiträgen der Parteien (BGH NJW 1992, 2026/2029). Erst wenn
hiernach das ausländische Recht nicht hinreichend sicher festgestellt werden kann,
kommt das deutsche Sachrecht als Ersatzrecht zur Anwendung, es sei denn, dies wäre
im konkreten Fall "äußerst unbefriedigend" (BGH NJW 1982, 1215/1216). Im Verfahren
des vorläufigen Rechtsschutzes, in dem sich aufwendige Ermittlungen - insbesondere in
Form von Rechtsgutachten - allein wegen der Eilbedürftigkeit der Sache von vornherein
verbieten, kommt deutsches Recht als Ersatzrecht bereits dann zur Anwendung, wenn
die Parteien das ausländische Recht nicht hinreichend konkret vortragen und wenn
dieses Recht auch nicht ohne weiteres kurzfristig ermittelt werden kann (OLG Köln
GRUR 1994, 646).
27
Ob die Voraussetzungen für die Anwendung deutschen Rechts als Ersatzrecht
vorliegend gegebenen sind, kann indessen offen bleiben. Denn der Senat hat sich
jedenfalls anhand des 1997 erschienen Lehrbuchs "Introduction to Chinese Law" von
Wang Chenguang und Zhang Xianchu hinreichende Kenntnis des hier relevanten
Rechts der Volksrepublik China verschafft. Die danach einschlägigen Rechtsnormen
ergeben sich aus dem chinesischen Zivilgesetzbuch ("Allgemeine Grundsätze des
Zivilrechts"), das am 1.1.1987 in Kraft getreten und u.a. auch vom deutschen BGB ganz
maßgeblich beeinflusst worden ist. Namentlich das Recht der Stellvertretung ist nahezu
unverändert aus dem BGB übernommen worden ( Chenguang/Xianchu, a.a.O., Rdn.
6.08). Hierbei ist in Art. 66 Abs. 1 auch folgende Regel kodifiziert worden: Weiß der
Betroffene, dass ein anderer in seinem Namen ein Rechtsgeschäft abschließt, so gilt
dieser als bevollmächtigt, wenn der Betroffene nicht widerspricht. Aus dieser Norm wird
in der chinesischen Literatur der weitergehende Grundsatz abgeleitet, dass eine
Vollmacht als erteilt gilt, wenn der Prinzipal einem gutgläubigen Dritten gegenüber
zurechenbar den Anschein erweckt, als habe er dem Handelnden Vollmacht für das in
Frage stehende Rechtsgeschäft erteilt (Chenguang/Xianchu, a.a.O., Rdn. 6.11).
28
Bei der Anwendung dieser Rechtssätze der Volksrepublik China ist zu beachten, dass
einer ausländischen Vorschrift, die wie hier mit einer Norm des inländischen Rechts
übereinstimmt, grundsätzlich die selbe Bedeutung eingeräumt werden kann wie der
inländischen Norm, ohne dass es noch weiterer, tiefgehender Nachforschungen bedarf
(BGH NJW 1992, 2026 ff).
29
b)
30
Wie das Landgericht in der Sache zu Recht entschieden hat, hat die Antragsgegnerin
keine Tatsachen glaubhaft gemacht, nach denen die (Zusatz-)Vereinbarung vom
24.5.1988 gemäß den dargestellten Rechtssätzen des chinesischen Rechts wirksam
zustande gekommen wäre.
31
aa)
32
Dass eine tatsächliche Bevollmächtigung des Herr Sp. erfolgt sei, behauptet die
Antragsgegnerin konkludent, indem sie geltend macht, der Inhalt der
Zusatzvereinbarung habe eigentlich bereits in den Hauptvertrag aufgenommen werden
sollen, dies sei nur "versehentlich vergessen" worden und man habe sich daraufhin auf
die Zusatzvereinbarung geeinigt. Die hierfür zur Glaubhaftmachung beigebrachte
eidesstattliche Versicherung des Herrn Y. A. vom 25.1.2002 kann diesen Sachverhalt
jedoch letztlich nicht bestätigen, weil das dort geschilderte Gesamtgeschehen - gerade
im Vergleich mit der gegenteiligen eidesstattlichen Versicherung des
Vorstandsvorsitzenden der Antragstellerin M. F. vom 28.3.2001 - nicht die Grenze der
"überwiegenden Wahrscheinlichkeit" erreicht, die nach § 294 ZPO für die
Glaubhaftmachung erforderlich ist (vgl. Zöller-Greger, a.a.O., § 294 Rn. 6).
33
Auffallend ist zunächst, dass in der eidesstattlichen Versicherung des Herrn A. völlig
unklar bleibt, welche Personen beim "Entdecken" und "Beheben" dieses angeblichen
Mangels des Hauptvertrages beteiligt gewesen sein sollen; es ist lediglich die Rede
davon, dass "...wir darum gebeten haben, einen Zusatzvertrag zu unterzeichnen..." und
dass diese Vereinbarung dann "...unterzeichnet wurde...". Dass diese Bitte gerade
gegenüber der Geschäftsführung der Antragstellerin erhoben worden sei und dass diese
dann Herrn Sp. zum Abschluss bzw. zur Unterzeichnung des Vertrages bevollmächtigt
habe, wird nicht behauptet.
34
Im übrigen widerspricht die Angabe des Herrn A., die Antragsgegnerin habe bereits
durch den Hauptvertrag vom 16.12.1987 das Recht zur Nutzung der Marke erhalten, es
sei nur die Festlegung der Geltungsdauer des Nutzungsrechts vergessen worden, dem
klaren Wortlaut des Hauptvertrages. In diesem ist von einem Recht zur Nutung der
Marke nicht die Rede, nicht einmal in bezug auf die Volksrepublik China; der
Hauptvertrag hat vielmehr allein den Verkauf von Maschinen, die Überlassung des
technischen Know-How und die entsprechende Beratung zum Gegenstand, nicht aber
die Nutung von Kennzeichen. Dementsprechend glaubhaft hat Herr F. in seiner
eidesstattlichen Versicherung vom 28.3.2001 ausgeführt, dass zu keiner Zeit die Absicht
bestanden habe, der Antragsgegnerin das Recht zur Verwendung der Marke "Z."
einzuräumen. Da die Durchführung des Hauptvertrages im übrigen auch ohne
Lizensierung der Marke einen wirtschaftlichen Sinn ergab - die Antragsgegnerin hätte
ohne weiteres ein anderes Warenzeichen verwenden können - ist es ganz überwiegend
wahrscheinlich, dass die Nutzung der Marke überhaupt nicht vom Hauptvertrag erfasst
werden sollte, dass eine entsprechende Regelung deshalb auch nicht vergessen und
Herrn Sp. auch keine Vollmacht zur Unterzeichnung des Zusatzvertrages vom
24.5.1988 erteilt worden ist.
35
bb)
36
Auch die für die Annahme einer Anscheinsvollmacht erforderlichen Tatsachen hat die
Antragsgegnerin nicht glaubhaft gemacht, weil sie keinen Vertrauenstatbestand
dargelegt hat, aus dem sie nach Treu und Glauben schließen durfte, dass Herr Sp. zum
37
Abschluss der Zusatzvereinbarung bevollmächtigt worden war.
Aus der Tatsache, dass der Mitarbeiter Sp. den Hauptvertrag am 16.12.1987
unterzeichnet hatte, lässt sich kein schutzwürdiges Vertrauen auf eine Vollmacht für den
Abschluss der Zusatzvereinbarung vom 24.5.1988 seitens der Antragsgegnerin
begründen. Die Antragstellerin hat durch die eidesstattliche Versicherung des Herrn F.
glaubhaft gemacht, dass diesem Vertragsschluss umfangreiche Verhandlungen durch
die anwaltlich und steuerlich beratene Geschäftsführung vorausgegangen waren, dass
Herr Sp., der als technischer Mitarbeiter ohnehin vor Ort in China war, lediglich eine
Spezialvollmacht zur Unterzeichnung des dann bereits vollständig ausgehandelten
Vertrages hatte und dass diese Umstände der Antragsgegnerin bekannt waren. Es war
angesichts der Vorgeschichte und der darin zum Ausdruck kommenden Bedeutung des
Vertrages offensichtlich, dass Herr Sp. keine Vollmacht zur eigenmächtigen Ergänzung
oder Änderung des Vertrages haben sollte, sondern lediglich aus rein praktischen
Gründen zur Unterzeichnung des Hauptvertrages herangezogen wurde. Bei der
umstrittenen Zusatzvereinbarung vom 24.05.1988 handelt es sich auch nicht etwa nur
um eine geringfügige und unbedeutende Klarstellung, für die eine Bevollmächtigung
zumindest aus Rechtsscheingründen naheliegen würde. Durch die Vereinbarung wurde
vielmehr das Recht der Antragsgegnerin begründet, für einen Zeitraum von 20 Jahren
die Marke der Antragstellerin weltweit zu benutzen, und dies noch dazu ohne jede
Gegenleistung. Ein Grund für die Annahme, der technische Mitarbeiter Sp. habe ohne
weitere Rücksprache mit der Geschäftsführung ein wirtschaftlich derart weitreichendes
Rechtsgeschäft vornehmen dürfen, ist nicht ersichtlich.
38
Die Antragsgegnerin hat schließlich auch nicht glaubhaft gemacht, dass ihr seitens der
Geschäftsführung der Antragstellerin eine Bevollmächtigung des Herrn Sp. angezeigt
oder dass ein dahingehender Rechtsschein gesetzt worden wäre. Dass die pauschalen,
zu diesem Punkt gemachten Ausführungen des Herrn A. nicht ausreichen, ist
vorstehend bereits aufgezeigt worden.
39
3.
40
Dem Anspruch aus § 107 MarkenG i.V. mit §§ 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 MarkenG stehen
auch keine sonstigen Einwendungen entgegen. Insbesondere ist der
Unterlassungsanspruch nicht verjährt, da die dreijährige Verjährungsfrist des insofern
einschlägigen § 20 MarkenG noch nicht abgelaufen ist.
41
4.
42
Der Anspruch auf Herausgabe der auf der Messe ausgestellten Gegenstände ergibt sich
aus § 18 MarkenG. Er dient der Sicherung des aus § 18 Abs. 1 MarkenG folgenden
Vernichtungsanspruchs der Antragstellerin. Auch insofern ist - wie bereits dargestellt -
eine Erledigung nicht eingetreten, da die erzwungene Erfüllung eines Anspruchs im
Wege der Zwangsvollstreckung im Rechtssinne nicht als erledigendes Ereignis gelten
kann.
43
III.
44
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
45
Gemäß § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V. mit § 26 Nr. 7 EGZPO ist das Urteil mit seiner
46
Verkündung rechtskräftig.
Streitwert: 92.032,54 EUR
47