Urteil des OLG Karlsruhe vom 14.01.2009

OLG Karlsruhe (stand der technik, ungerechtfertigte bereicherung, bundesrepublik deutschland, widerstand, angemessene entschädigung, form, anlage, lehre, herstellung, patg)

OLG Karlsruhe Urteil vom 14.1.2009, 6 U 54/06
Patentrecht: Verletzung eines Patents betreffend elektrische SMD-Widerstände; Begriff des Anbietens
beim Hinweis in Hyperlinks auf der Internet-Seite eines deutschen Unternehmens auf mit ihm
verbundene ausländische Hersteller patentverletzender elektrischer Widerstände
Tenor
A. Auf die Berufungen der Klägerin und der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 10.03.2006
– 7 O 86/05 – im Kostenpunkt aufgehoben, im Übrigen teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
I. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung
festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu
sechs Monaten zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland
1. elektrische SMD-Widerstände, nämlich niederohmige Messwiderstände, mit zwei voneinander getrennten
Anschlussteilen aus Metall hoher Leitfähigkeit, an die Leiter für den durch den Widerstand fließenden Strom
anschließbar sind, und mit einem zwischen die Anschlussteile eingesetzten, diese elektrisch und mechanisch
einander verbindenden, aus einer Widerstandslegierung bestehenden Widerstandselement,
anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu diesen Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
bei denen die Anschlussteile in Form einer ebenen Platte ausgebildet sind und bei denen das Widerstandselement
in Form einer ebenen Platte (wie beim CSS-Widerstand) oder in Form einer gebogenen Platte (wie beim OARS-
Widerstand) ausgebildet ist und bei denen die beiden Anschlussteile mit ihren Stirnkanten an die Stirnkanten des
plattenförmigen Widerstandselements angeschweißt sind
und/oder
2. elektrische SMD-Widerstände, nämlich niederohmige Messwiderstände, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder
zu gebrauchen oder zu diesen Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
die dadurch hergestellt sind, dass ein aus einer Widerstandslegierung bestehendes Widerstandselement mit
Anschlussteilen aus Leitermaterial hoher elektrischer Leitfähigkeit verbunden wird, indem zunächst ein langes
Band aus der Widerstandslegierung an mindestens einer seiner Längskanten durchgehend mit einem entsprechend
langen Band aus dem Leitermaterial verschweißt wird, so dass ein Band aus Verbundmaterial entsteht, und dass
dieses Band dann zur Erzeugung einer Vielzahl einzelner Widerstandsstücke jeweils quer zur Bandlängsrichtung
zertrennt wird;
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten der Klägerin als Gesamtschuldner allen Schaden zu ersetzen haben,
der der Klägerin aus den unter Ziffer I. bezeichneten und seit dem 13. April 1996 begangenen Handlungen
entstanden ist oder noch entstehen wird.
Es wird ferner festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, an die Klägerin die durch die
unter Ziffer I. bezeichneten und in der Zeit vom 13. März 1996 bis 12. April 1996 begangenen Handlungen erlangte
ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten der Klägerin als Gesamtschuldner eine angemessene Entschädigung
für die unter Ziffer I. bezeichneten, zwischen dem 13. August 1994 und dem 12. März 1996 begangenen
Handlungen zu entrichten haben.
IV. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin über Handlungen gemäß Ziffer I. Auskunft zu erteilen und
Rechnung zu legen und zwar für den Zeitraum seit dem 13. April 1996 über:
a. Name und Adresse des Herstellers;
b. Name und Adresse des Lieferanten;
c. Namen und Adressen sonstiger Vorbesitzer;
d. Namen und Adressen der gewerblichen Abnehmer;
e. Menge der hergestellten, bestellten, erhaltenen und ausgelieferten Erzeugnisse;
f. Einkaufsmenge, Einkaufszeiten und Einkaufspreise;
g. sämtliche darüber hinausgehenden Gestehungskosten, aufgegliedert nach den
einzelnen Kostenpositionen;
h. Verkaufsmenge, Verkaufszeiten und Verkaufspreise;
i. den erzielten Umsatz;
j. den erzielten Gewinn;
k. Namen und Anschriften von Angebotsempfängern;
I. Zahl und Inhalt von versendeten Angebotsschreiben;
m. Art und Umfang der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach
Kalendervierteljahren, Bundesländern und Werbeträgern,
jeweils unter Vorlage gut lesbarer Kopien der relevanten Belege, nämlich beispielsweise Auftragsschreiben an den
Lieferanten sowie dessen Auftragsbestätigungen, der Lieferrechnungen und Lieferscheine, der Bestellschreiben
von gewerblichen Abnehmern sowie ihrer Auftragsbestätigungen sowie einer Zusammenstellung von Kopien von
Zeitungsanzeigen, Katalogen, Prospekten, und Preislisten;
sowie für den Zeitraum vom 13. August 1994 bis zum 12. April 1996 über den nach Kalenderjahren erzielten
Umsatz.
V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
B. Im Übrigen werden die Berufungen zurückgewiesen.
C. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.
D. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung aus Nr. A I des Tenors
(Unterlassung) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,00 Euro und aus Nr. A IV des Tenors (Auskunft und
Rechnungslegung) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,00 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor
der Vollstreckung in jeweils gleicher Höhe Sicherheit leistet. Wegen aller weiteren Ansprüche können die
Beklagten die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren
Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
E. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
1
Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung eines Patents auf Unterlassung, Feststellung der
Schadensersatzpflicht und Auskunft in Anspruch.
2
Die Klägerin ist Inhaberin des europäischen Patents 0 605 800 (im Folgenden: Klagepatent). Das Patent
wurde am 06.12.1993 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 21.12.1992 angemeldet. Die Anmeldung
wurde am 13.07.1994 veröffentlicht, der Hinweis auf Patenterteilung am 13.03.1996. Das Schutzrecht steht in
Kraft. Deutschland gehört zu den benannten Vertragsstaaten.
3
Das Klagepatent betrifft Messwiderstände aus Verbundmaterial und ein Verfahren zu deren Herstellung. Die
Ansprüche 1 und 4 des Klagepatents lauten in der ursprünglich erteilten Fassung wie folgt:
4
1. Elektrischer Widerstand, insbesondere niederohmiger Messwiderstand, mit zwei voneinander
getrennten Anschlussteilen (1, 2) aus Metall hoher Leitfähigkeit, an die Leiter für den durch den
Widerstand fließenden Strom anschließbar sind, und mit einem zwischen die Anschlussteile (1, 2)
eingesetzten, diese elektrisch und mechanisch verbindenden, aus einer Widerstandslegierung
bestehenden Widerstandselement (3),
5
dadurch gekennzeichnet, dass die beiden Anschlussteile (1, 2) und das Widerstandselement (3)
plattenförmig ausgebildet und die beiden Anschlussteile (1, 2) an die Kanten (4) des plattenförmigen
Widerstandselements (3) angeschweißt sind.
6
4. Verfahren zum Herstellen von elektrischen Widerständen, insbesondere niederohmiger
Widerstände für Messzwecke od. dgI., wobei ein aus einer Widerstandslegierung bestehendes
Widerstandselement mit Anschlussteilen aus Leitermetall hoher elektrischer Leitfähigkeit verbunden
wird,
7
dadurch gekennzeichnet, dass zunächst ein langes Band aus der Widerstandslegierung an
mindestens einer seiner Längskanten durchgehend mit einem entsprechend langen Band aus dem
Leitermaterial verschweißt wird, so dass ein Band aus Verbundmaterial entsteht, und dass dieses
Band dann zur Erzeugung einer Vielzahl einzelner Widerstandsstücke jeweils quer zur
Bandlängsrichtung zertrennt wird.
8
Wegen des weiteren Inhalts der Klagepatentschrift wird auf Anlage K 1 Bezug genommen.
9
Auf eine von der Beklagten zu 1 erhobene Nichtigkeitsklage hat die Klägerin das Klagepatent nur
eingeschränkt verteidigt. Das Bundespatentgericht hat mit Urteil vom 07.08.2008 (2 Ni 37/05 (EU), Anlage K
41) das Klagepatent für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt, soweit es über die
verteidigte Fassung hinausgeht, und die auf Vernichtung des Patents insgesamt gerichtete Klage im Übrigen
abgewiesen. Durch dieses Urteil hat Anspruch 1 des Klagepatents folgende Fassung erhalten (Änderungen
gegenüber der ursprünglichen Fassung sind durch Unterstreichung hervorgehoben):
10
1. Elektrischer SMD- Widerstand, nämlich niederohmiger Messwiderstand, mit zwei voneinander
getrennten Anschlussteilen (1, 2) aus Metall hoher Leitfähigkeit, an die Leiter für den durch den
Widerstand fließenden Strom anschließbar sind, und mit einem zwischen die Anschlussteile (1, 2)
eingesetzten, diese elektrisch und mechanisch verbindenden, aus einer Widerstandslegierung
bestehenden Widerstandselement (3),
11
dadurch gekennzeichnet, dass die beiden Anschlussteile (1, 2) und das Widerstandselement (3)
plattenförmig ausgebildet und die beiden Anschlussteile (1, 2) mit ihren Stirnkanten an die Stirn
kanten (4) des plattenförmigen Widerstandselements (3) angeschweißt sind.
12
Der bisherige Anspruch 4 bildet in der neuen Fassung des Klagepatents mit unverändertem Wortlaut den
Anspruch 3.
13
Die Klägerin greift Messwiderstände des Typs OARS–1 und CSS als patentverletzend an, die nach ihrer
Behauptung von der Beklagten zu 1 angeboten und vertrieben werden. Es handelt sich dabei um
Messwiderstände, die aus Anschlussteilen aus Metall hoher Leitfähigkeit (verzinntes Kupfer) und einem
Widerstandselement aus einer Kupfer-Nickel-Legierung hergestellt sind, wobei das Widerstandselement mit
den Anschlussteilen elektronenverschweißt ist.
14
Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2 und 3 sind, ist eine deutsche GmbH, deren
Unternehmensgegenstand laut Handelsregister (Anlage K 17) der Vertrieb elektrischer und elektronischer
Bauelemente und -systeme ist. Sie gehört zum Konzern der britischen T. Plc., zu dem unter anderem die
Hersteller B. und W. gehören. Auf der Internetseite der Beklagten zu 1 heißt es unter der Rubrik „Wir über
uns“ unter anderem:
15
„B., I. und W. sind führende unabhängige Hersteller von passiven Bauelementen und
Hybridschaltungen. Wir sind Teil der in Großbritannien beheimateten T. Plc. mit Fertigungsstätten in
England, Schottland, USA, Malaysia, Mexiko sowie Barbados.
16
Die Stärke von T. liegt in der breiten Produktpalette von Dick- und Dünnschichtfilmtechnologien. Dazu
gehören Drahtwiderstände, Metallschicht- und Metalloxydwiderstände sowie SMD und
Sonderwiderstände in Dick- und Dünnfilmtechnik. Darüber hinaus sind wir der größte unabhängige
Hersteller für Hybridschaltungen im Bereich Telekommunikation, Kfz- Luft- und Raumfahrt sowie alle
Anwendungen im industriellen Bereich.“
17
Unter der Rubrik „Produkte“ enthält die Internet-Seite der Beklagten zu 1 Links zu den Seiten der oben
genannten Konzernunternehmen. Wegen der näheren Ausgestaltung der Internet-Seite der Beklagten zu 1
wird auf Anlage K 5 Bezug genommen.
18
Auf der bei der Beklagten zu 1 unter der Rubrik „Produkte“ verlinkten Internet-Seite www.w(...).uk werden
Messwiderstände vom Typ OARS–1 angeboten. Diese weisen folgenden Aufbau auf:
19
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Datenblatt in Anlage K 6, das über die Internet-Seite von W.
heruntergeladen werden kann, sowie auf das Muster in Anlage K 28 (links) Bezug genommen.
20
Auf der ebenfalls unter der Rubrik „Produkte“ verlinkten Seite www.i(...).com wurden Messwiderstände vom
Typ CSS angeboten. Diese weisen folgenden Aufbau auf:
21
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Datenblatt in Anlage K 12, das über die Internet-Seite von I.
heruntergeladen werden konnte, sowie auf das Muster in Anlage K 28 (rechts) Bezug genommen.
22
Auf den Seiten von W. und I. ist unter der Rubrik „Sales Location – Germany“ die Beklagte zu 1 angegeben.
23
Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte biete die Messwiderstände des Typs OARS–1 und CSS im Inland
an. Sie habe Widerstände vom Typ OARS–1 darüber hinaus an die C. GmbH in Nürnberg geliefert.
24
Die Klägerin hat geltend gemacht, Messwiderstände der Typen OARS–1 und CSS (angegriffene
Ausführungsformen) machten von Anspruch 1 des Klagepatents wortsinngemäß, zumindest aber äquivalent
Gebrauch. Bei der Herstellung dieser Widerstände werde das in Anspruch 4 (jetzt Anspruch 3) des
Klagepatents beschriebene Verfahren angewendet. Dass das Widerstandselement bei der Ausführungsform
OARS–1 gebogen sei, führe trotz des Anspruchswortlauts („plattenförmig“) nicht aus dem Schutzbereich des
Klagepatents heraus.
25
Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt:
26
I. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise
Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten – im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis
zu zwei Jahren – zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland.
27
Elektrische Widerstände, insbesondere niederohmige Messwiderstände, mit zwei voneinander
getrennten Anschlussteilen aus Metall hoher Leitfähigkeit, an die Leiter für den durch den Widerstand
fließenden Strom anschließbar sind und mit einem zwischen die Anschlussteile eingesetzten, diese
elektrisch und mechanisch einander verbindenden, aus einer Widerstandslegierung bestehenden
Widerstandselement,
28
herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu diesen Zwecken
einzuführen oder zu besitzen,
29
bei denen die beiden Anschlussteile in Form einer ebenen Platte ausgebildet sind und bei denen das
Widerstandselement in Form einer ebenen Platte (wie beim CSS-Widerstand) oder in Form einer
gebogenen Platte (wie beim OARS-Widerstand gemäß der Abbildungen in Anlagen K 6 und K 13)
ausgebildet ist und die beiden Anschlussteile an die Kanten des plattenförmigen
Widerstandselements angeschweißt sind.
30
hilfsweise in Ansehung des Verfahrensanspruchs mit folgendem Zusatz:
31
die unmittelbar dadurch hergestellt wurden, dass zunächst ein langes Band aus der
Widerstandslegierung an mindestens einer seiner Längskanten durchgehend mit einem entsprechend
langen Band aus dem Leitermaterial verschweißt wird, so dass ein Band aus Verbundmaterial
entsteht, und dass dieses Band dann zur Erzeugung einer Vielzahl einzelner Widerstandsstücke
jeweils quer zur Bandlängsrichtung zertrennt wird.
32
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten der Klägerin als Gesamtschuldner allen Schaden zu
ersetzen haben, der der Klägerin aus den unter Ziffer I. bezeichneten und seit dem 13. April 1996
begangenen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.
33
Hilfsweise:
34
dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, an die Klägerin die dadurch erlangte
ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben.
35
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten der Klägerin als Gesamtschuldner eine angemessene
Entschädigung für die unter Ziffer I. bezeichneten, zwischen dem 13. Juli 1994 und dem 13. März
1996 begangenen Handlungen zu entrichten haben.
36
IV. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin über Handlungen gemäß Ziffer I. Auskunft zu erteilen
und Rechnung zu legen und zwar für den Zeitraum seit dem 13. März 1996 über:
37
a. Name und Adresse des Herstellers;
b. Name und Adresse des Lieferanten;
c. Namen und Adressen sonstiger Vorbesitzer;
d. Namen und Adressen der gewerblichen Abnehmer;
e. Menge der hergestellten, bestellten, erhaltenen und ausgelieferten Erzeugnisse;
f. Einkaufsmenge, Einkaufszeiten und Einkaufspreise;
g. sämtliche darüber hinausgehenden Gestehungskosten, aufgegliedert nach den einzelnen
Kostenpositionen;
h. Verkaufsmenge, Verkaufszeiten und Verkaufspreise;
i. den erzielten Umsatz;
j. den erzielten Gewinn;
k. Namen und Anschriften von Angebotsempfängern;
I. Zahl und Inhalt von versendeten Angebotsschreiben;
m. Art und Umfang der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren,
Bundesländern und Werbeträgern,
38
jeweils unter Vorlage gut lesbarer Kopien der relevanten Belege, nämlich beispielsweise
Auftragsschreiben an den Lieferanten sowie dessen Auftragsbestätigungen, der Lieferrechnungen und
Lieferscheine, der Bestellschreiben von gewerblichen Abnehmern sowie ihrer Auftragsbestätigungen
sowie einer Zusammenstellung von Kopien von Zeitungsanzeigen, Katalogen, Prospekten, und
Preislisten;
39
sowie für den Zeitraum vom 13. Juli 1994 bis zum 12. März 1996 über den nach Kalenderjahren
erzielten Umsatz.
40
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten und haben hilfsweise Aussetzung des Rechtsstreits bis zur
rechtskräftigen Entscheidung über die Nichtigkeitsklage beantragt.
41
Die Beklagten haben behauptet, die Beklagte zu 1 sei kein Vertriebsunternehmen. Sie unterhalte lediglich
allgemeine, nicht produkt- oder vertriebsbezogene Kontakte zu Kunden, zur Kontaktpflege und Kenntnis des
Marktes und der technologischen Entwicklung. Der Vertrieb erfolge über andere, im Ausland ansässige
Unternehmen. Die von der Klägerin behauptete Lieferung sei nicht durch die Beklagte zu 1 erfolgt.
42
Die Beklagten haben geltend gemacht, bei der angegriffenen Ausführungsform OARS–1 befinde sich das
Widerstandselement nicht zwischen den Anschlussteilen. Das Widerstandselement sei vielmehr mit den
äußeren Enden der Anschlussteile verbunden. Ferner sei das Widerstandselement nicht plattenförmig. Es
weise vielmehr an beiden Enden halbkreisförmige Biegungen auf. Eine Platte sei demgegenüber ein flaches,
ebenes Gebilde, das überall gleich dick ist. Eine äquivalente Verwirklichung des Klagepatents scheide schon
deshalb aus, weil die angegriffene Lösung nicht gleichwirkend sei. Sie sei darüber hinaus durch die japanische
Patentschrift 57-10562 (Anlage B 6 mit Übersetzung in Anlage B 6a) vollständig vorweggenommen.
43
Hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform CSS haben die Beklagten ebenfalls geltend gemacht, es fehle
an einer plattenförmigen Ausgestaltung. Bei dieser Ausführungsform sei dieses Merkmal nicht verwirklicht,
weil das Widerstandselement nach oben versetzt angeschweißt ist, um einen Luftspalt zu bilden. Ferner seien
bei dieser Ausführungsform die Anschlussteile nicht an den Stirnflächen angeschweißt. Als Stirnfläche sei die
schmälere Seite zu verstehen, nicht die längere Seite, mit der die Anschlussteile bei der Ausführungsform
CSS an das Widerstandselement angrenzen.
44
Soweit das Klagebegehren auf Anspruch 4 (jetzt Anspruch 3) gestützt wird, haben die Beklagten dies als
unzulässige Klageänderung und den Vortrag hierzu als verspätet gerügt. Der klägerische Vortrag zu
Verwirklichung der Verfahrensschritte sei unsubstantiiert und werde bestritten.
45
Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht
der Klage im Hinblick auf die Ausführungsform CSS stattgegeben, mit der Einschränkung, dass die
Benutzungsart „herstellen“ nicht in der Unterlassungsausspruch aufgenommen wurde. Im Übrigen hat es die
Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil wenden sich beide Seiten mit der Berufung.
46
Die Klägerin verfolgt ihr erstinstanzliches Begehren – mit Ausnahme des Unterlassungsanspruchs hinsichtlich
der Benutzungsform „herstellen“ und unter Anpassung an die neue Fassung des Patentanspruchs 1 – in
vollem Umfang weiter. Sie verteidigt das angefochtene Urteil, soweit darin zu ihren Gunsten entschieden
wurde.
47
Hinsichtlich der Ausführungsform OARS-1 macht die Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres
erstinstanzlichen Vortrags geltend, das Landgericht habe den Wortlaut des Patentanspruchs verkürzt.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts erfasse der Begriff „plattenförmig“ nicht nur ebene, sondern auch
gebogene Platten. Dies ergebe sich aus der Einteilung in Unterklasse F16S, Hauptgruppe 1/00 der
internationalen Patentklassifikation und aus der Erwähnung eines Stanz-Biege-Automaten in der
Beschreibung des Klagepatents. Den in der Klagepatentschrift enthaltenen Zeichnungen lasse sich nichts
anderes entnehmen. Diese enthielten eine Darstellung einfachster Art. Widerstandselemente in Form einer
gebogenen Platte seien im Prioritätszeitpunkt bereits bekannt gewesen. Selbst wenn die bei der
Ausführungsform OARS-1 gewählte Form des Widerstandselements nicht vom Wortsinn des Anspruchs 1
erfasst werde, sei dieser jedenfalls äquivalent verwirklicht. Die Aufgabe des Patents, Widerstände mit guten
elektrischen und mechanischen Eigenschaften in großen Stückzahlen ohne hohen Aufwand herzustellen,
werde durch ein Widerstandselement in Form einer gebogenen Platte in gleicher Weise erfüllt wie durch
Widerstände mit ebenen Platten. Der Fachmann sei im Prioritätszeitpunkt ohne weiteres in der Lage gewesen,
Widerstandselemente in Form einer gebogenen Platte als gleichwirkend zu erkennen. Es stelle die Ausnahme
dar, dass ein Messwiderstand durchgängig in Form einer ebenen Platte ausgebildet sei. Die Lösung sei auch
gleichwertig, weil der Einsatz eines Stanz-Biege-Automaten in der Patentschrift ausdrücklich erwähnt sei. Die
dem Patent zu Grunde liegende Aufgabenstellung sei bei der angegriffenen Ausführungsform durch dieselben
Lösungsmittel verwirklicht wie beim Klagepatent. Dass die angegriffene Ausführungsform zusätzliche
Probleme lösen wolle, stehe einer Patentverletzung nicht entgegen.
48
Durch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform OARS-1 werde auch von Anspruch 4 (jetzt Anspruch
3) Gebrauch gemacht. Der diesbezügliche Antrag stelle allenfalls eine nach § 264 ZPO zulässige
Klageerweiterung dar und sei jedenfalls sachdienlich. Entgegen der Auffassung des Landgerichts stelle die
angegriffene Ausführungsform OARS-1 auch ein unmittelbares Erzeugnis des geschützten Verfahrens dar.
Die nach Anwendung des Verfahrens erfolgende Umformung des ursprünglich ebenen Widerstandselements
ändere den Charakter des Erzeugnisses nicht.
49
Die Klägerin beantragt,
50
A. die Beklagten unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils wie folgt zu verurteilen:
51
I. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise
Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten – im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis
zu zwei Jahren – zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland
52
1. elektrische SMD-Widerstände, nämlich niederohmige Messwiderstände, mit zwei voneinander
getrennten Anschlussteilen aus Metall hoher Leitfähigkeit, an die Leiter für den durch den Widerstand
fließenden Strom anschließbar sind, und mit einem zwischen die Anschlussteile eingesetzten, diese
elektrisch und mechanisch einander verbindenden, aus einer Widerstandslegierung bestehenden
Widerstandselement,
53
anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu diesen Zwecken einzuführen oder zu
besitzen,
54
bei denen die Anschlussteile in Form einer ebenen Platte ausgebildet sind und bei denen das
Widerstandselement in Form einer gebogenen Platte (wie beim OARS-Widerstand) ausgebildet ist und
bei denen die beiden Anschlussteile mit ihren Stirnkanten an die Stirnkanten des plattenförmigen
Widerstandselements angeschweißt sind
55
und/oder
56
2. elektrische SMD-Widerstände, nämlich niederohmige Messwiderstände, anzubieten, in Verkehr zu
bringen oder zu gebrauchen oder zu diesen Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
57
die dadurch hergestellt sind, dass ein aus einer Widerstandslegierung bestehendes
Widerstandselement mit Anschlussteilen aus Leitermaterial hoher elektrischer Leitfähigkeit verbunden
wird, indem zunächst ein langes Band aus der Widerstandslegierung an mindestens einer seiner
Längskanten durchgehend mit einem entsprechend langen Band aus dem Leitermaterial verschweißt
wird, so dass ein Band aus Verbundmaterial entsteht, und dass dieses Band dann zur Erzeugung
einer Vielzahl einzelner Widerstandsstücke jeweils quer zur Bandlängsrichtung zertrennt wird;
58
sowie hilfsweise zur vorstehenden Antragsfassung:
59
elektrische SMD-Widerstände, nämlich niederohmige Messwiderstände, mit zwei voneinander
getrennten Anschlussteilen aus Metall hoher Leitfähigkeit, an die Leiter für den durch den Widerstand
fließenden Strom anschließbar sind, und mit einem in Stromflussrichtung zwischen die
Anschlussteile eingesetzten, diese elektrisch und mechanisch einander verbindenden, aus einer
Widerstandslegierung bestehenden Widerstandselement, bei denen das Widerstandselement in Form
einer ebenen Platte (wie beim CSS-Widerstand) oder in Form einer gebogenen Platte (wie beim
OARS-Widerstand gemäß der Abbildungen in Anlagen K 6 und K 13) ausgebildet ist und bei denen
die beiden Anschlussteile mit ihren Stirnkanten an die Stirnkanten des plattenförmigen
Widerstandselements angeschweißt sind,
60
anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu diesen Zwecken einzuführen oder zu
besitzen,
61
die dadurch hergestellt sind, dass ein aus einer Widerstandslegierung bestehendes
Widerstandselement mit Anschlussteilen aus Leitermaterial hoher elektrischer Leitfähigkeit verbunden
wird, indem zunächst ein langes Band aus der Widerstandslegierung an mindestens einer seiner
Längskanten durchgehend mit einem entsprechend langen Band aus dem Leitermaterial verschweißt
wird, so dass ein Band aus Verbundmaterial entsteht, und dass dieses Band dann zur Erzeugung
einer Vielzahl einzelner Widerstandsstücke jeweils quer zur Bandlängsrichtung zertrennt wird.
62
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten der Klägerin als Gesamtschuldner allen Schaden zu
ersetzen haben, der der Klägerin aus den unter Ziffer I. bezeichneten und seit dem 13. April 1996
begangenen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.
63
Hilfsweise:
64
dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, an die Klägerin die dadurch erlangte
ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben.
65
Es wird ferner festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, an die Klägerin
die durch Handlungen gemäß Ziffer I. in der Zeit vom 13. März 1996 bis zum 12. April 1996 erlangte
ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben.
66
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten der Klägerin als Gesamtschuldner eine angemessene
Entschädigung für die unter Ziffer I. bezeichneten, zwischen dem 13. Juli 1994 und dem 13. März
1996 begangenen Handlungen zu entrichten haben.
67
IV. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin über Handlungen gemäß Ziffer I. Auskunft zu erteilen
und Rechnung zu legen und zwar für den Zeitraum seit dem 13. März 1996 über:
68
a. Name und Adresse des Herstellers;
b. Name und Adresse des Lieferanten;
c. Namen und Adressen sonstiger Vorbesitzer;
d. Namen und Adressen der gewerblichen Abnehmer;
e. Menge der hergestellten, bestellten, erhaltenen und ausgelieferten Erzeugnisse;
f. Einkaufsmenge, Einkaufszeiten und Einkaufspreise;
g. sämtliche darüber hinausgehenden Gestehungskosten, aufgegliedert nach den einzelnen
Kostenpositionen;
h. Verkaufsmenge, Verkaufszeiten und Verkaufspreise;
i. den erzielten Umsatz;
j. den erzielten Gewinn;
k. Namen und Anschriften von Angebotsempfängern;
I. Zahl und Inhalt von versendeten Angebotsschreiben;
m. Art und Umfang der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren,
Bundesländern und Werbeträgern,
69
jeweils unter Vorlage gut lesbarer Kopien der relevanten Belege, nämlich beispielsweise
Auftragsschreiben an den Lieferanten sowie dessen Auftragsbestätigungen, der Lieferrechnungen und
Lieferscheine, der Bestellschreiben von gewerblichen Abnehmern sowie ihrer Auftragsbestätigungen
sowie einer Zusammenstellung von Kopien von Zeitungsanzeigen, Katalogen, Prospekten, und
Preislisten;
70
sowie für den Zeitraum vom 13. Juli 1994 bis zum 12. März 1996 über den nach Kalenderjahren
erzielten Umsatz.
71
B. die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass im Unterlassungsausspruch
die Worte „elektrische Widerstände, insbesondere niederohmige Messwiderstände“ ersetzt werden
durch die Worte „elektrische SMD-Widerstände, nämlich niederohmige Messwiderstände“ und die
Worte „und bei denen die beiden Anschlussteile an die Kanten des plattenförmigen
Widerstandselements angeschweißt sind“ ersetzt werden durch die Worte „und bei denen die beiden
Anschlussteile mit ihren Stirnkanten an den Stirnkanten des plattenförmigen Widerstandselements
angeschweißt sind“.
72
C. dem Aussetzungsantrag der Beklagten nicht zu entsprechen.
73
Die Beklagten beantragen,
74
1. das angefochtene Urteil, soweit es der Klage stattgegeben hat, aufzuheben und die Klage auch
insoweit abzuweisen;
75
2. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
76
3. hilfsweise:
77
das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Nichtigkeitsklage gegen den deutschen
Teil des Klagepatents auszusetzen.
78
Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil, soweit es ihnen günstig ist. Sie behaupten weiterhin, die
Beklagte zu 1 habe keine der angegriffenen Ausführungsformen angeboten.
79
Hinsichtlich beider angegriffenen Ausführungsformen gebe es im T. Konzern die strenge und immer
eingehaltene Vorgabe, dass diese nicht nach Deutschland angeboten oder geliefert werden sollen. Die
Beklagte zu 1 habe sich durch die auf ihrer Internet-Seite angebrachten Links zu den Schwesterunternehmen
auch nicht deren Angebot zu Eigen gemacht. Auf der Seite der Beklagten werde nur ganz allgemein auf das
Bestehen und die Bekanntheit der konzernverbundenen Firmen verwiesen, nicht auf einzelne Produkte.
80
Bei der Ausführungsform CSS fehle es darüber hinaus an plattenförmigen Anschlussteilen. Der Patentanwalt
der Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht zugestanden, dass die Anschlussteile
gebogen seien, damit der Widerstand etwas von dem Gegenstand, auf dem er montiert sei, beabstandet sei.
Eine plattenförmige Ausgestaltung liege ferner auch deshalb nicht vor, weil das Widerstandselement nach
oben versetzt angeschweißt ist. Ferner seien die Seiten, mit der die Anschlussteile bei der Ausführungsform
CSS an das Widerstandselement angrenzen, keine Stirnflächen im Sinne des Klagepatents.
81
Soweit die Klägerin den Anspruch 3 erstmals im Rahmen eines Hauptantrags geltend mache, liege darin eine
unzulässige und verspätete Klageänderung. Unabhängig davon habe die Klägerin nicht substantiiert dargelegt,
dass bei der Herstellung der angegriffenen Ausführungsformen von den Merkmalen des Anspruchs 3
Gebrauch gemacht werde. Die Ausführungsform OARS-1 sei zudem kein unmittelbares Verfahrenserzeugnis.
82
Hilfsweise rügen die Beklagten, das Landgericht habe der Klägerin zu Unrecht einen Anspruch auf Vorlage
von Belegen zuerkannt. Außerdem sei sowohl beim Schadensersatzanspruch als auch beim Anspruch auf
Entschädigung eine Prüfungsfrist von einem Monat zu berücksichtigen.
83
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen
Bezug genommen.
II.
84
Die zulässige Berufung der Klägerin hat im Wesentlichen Erfolg, die zulässige Berufung der Beklagten ist
hingegen im Wesentlichen unbegründet. Der Klägerin stehen hinsichtlich beider Ausführungsformen
Ansprüche wegen Patentverletzung zu. Gegenüber dem erstinstanzlichen Urteil waren lediglich der Anspruch
auf Entschädigung, Auskunft und Rechnungslegung auf die Zeit ab dem 13.08.1994 und der Anspruch auf
vollständige Rechnungslegung auch hinsichtlich der Gewinne auf die Zeit ab dem 13.04.1996 zu beschränken.
85
1. Das Klagepatent betrifft in seiner im Nichtigkeitsverfahren noch verteidigten Fassung niederohmige SMD-
Messwiderstände aus Verbundmaterial und ein Verfahren zur Herstellung solcher Widerstände.
86
Mit niederohmigen Messwiderständen können hohe Ströme gemessen werden. Hierzu wird der
Spannungsabfall am Messwiderstand ermittelt. Es werden Bauelemente verwendet, bei denen ein
metallisches Widerstandselement zwischen zwei Anschlussstellen aus Metall hoher Leitfähigkeit eingesetzt
wird. Die Herstellung solcher Bauelemente erforderte im Stand der Technik hohen Aufwand, weil die
Verbindung der verschiedenen Metallteile durch Hartlöten erfolgte und keine vollständige Automatisierung der
Herstellung erreicht war.
87
Das Klagepatent betrifft das technische Problem, die Herstellung von niederohmigen SMD-Messwiderständen
einschließlich in Vierleitertechnik ausgebildeter Bauelemente mit guten mechanischen und elektrischen
Eigenschaften in großen Stückzahlen ohne großen Aufwand zu ermöglichen. Zur Lösung wird eine Vorrichtung
vorgeschlagen, bei der die beiden Anschlussteile mit ihren Stirnkanten an die Stirnkanten des plattenförmigen
Widerstandselements angeschweißt sind. Hierdurch wird eine stabile, elektrisch sichere und im Vergleich zur
bisherigen Hartlöttechnik weniger aufwendige Verbindung erzielt. Eine solche Vorrichtung kann hergestellt
werden, indem zunächst lange Bänder an ihren Längskanten durchgehend aneinandergeschweißt und erst
danach quer zur Bandlängsrichtung in einzelne Stücke zerteilt werden.
88
Die in Anspruch 1 beanspruchte Vorrichtung weist im Einzelnen folgende Merkmale auf:
89
A. Elektrischer SMD-Widerstand, nämlich niederohmiger Messwiderstand
B. mit zwei voneinander getrennten Anschlussteilen
B1. aus Metall hoher Leitfähigkeit,
B2. an die Leiter für den durch den Widerstand fließenden Strom anschließbar sind, und
D. mit einem zwischen die Anschlussteile eingesetzten,
D1. diese elektrisch und mechanisch verbindenden,
D2. aus einer Widerstandslegierung bestehenden Widerstandselement,
dadurch gekennzeichnet, dass
E. die beiden Anschlussteile plattenförmig ausgebildet sind und
F. das Widerstandselement plattenförmig ausgebildet ist und
G. die beiden Anschlussteile mit ihren Stirnkanten an die Stirnkanten des plattenförmigen
Widerstandselements angeschweißt sind.
90
Der Senat hat nicht verkannt, dass bei dieser Merkmalsgliederung der Buchstabe „C“ unbelegt geblieben ist.
Er hat diese in der ersten Instanz verwendete Fassung dennoch zu Grunde gelegt, um mögliche
Missverständnisse zu vermeiden, die aus einer in erster und zweiter Instanz unterschiedlichen
Buchstabierung resultieren könnten.
91
Das in Anspruch 3 beanspruchte Verfahren weist im Einzelnen folgende Merkmale auf:
92
a. Verfahren zum Herstellen von elektrischen Widerständen, insbesondere niederohmiger Widerstände für
Messzwecke oder dergleichen,
93
b. wobei ein aus einer Widerstandslegierung bestehendes Widerstandselement mit Anschlussteilen aus
Leitermetall hoher elektrischer Leitfähigkeit verbunden wird
94
c. und zwar in der Weise, dass zunächst ein langes Band aus der Widerstandslegierung an mindestens einer
seiner Längskanten durchgehend mit einem entsprechend langen Band aus dem Leitermaterial verschweißt
wird, so dass ein Band aus Verbundmaterial entsteht,
95
d. und dass dieses Band dann zur Erzeugung einer Vielzahl einzelner Widerstandsstücke jeweils quer zur
Bandlängsrichtung zertrennt wird.
96
2. Die Beklagte zu 1 hat beide angegriffenen Ausführungsformen angeboten und damit eine nach Artikel 64
Abs. 1 EPÜ in Verbindung mit § 9 Satz 2 Nr. 1 PatG dem Patentinhaber vorbehaltene Handlung
vorgenommen.
97
Im Interesse des nach dem Gesetzeszweck gebotenen effektiven Rechtsschutzes für den
Schutzrechtsinhaber ist der Begriff des Anbietens im wirtschaftlichen Sinne zu verstehen. Entscheidend ist,
ob eine im Inland begangene Handlung nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt einen das Schutzrecht
verletzenden Gegenstand der Nachfrage zur Verfügung stellt. Ein Anbieten im Sinne von § 9 PatG setzt kein
Angebot im Sinne von § 145 BGB voraus. Es ist auch nicht erforderlich, dass der Anbietende durch den
Hersteller oder ein anderes Unternehmen bevollmächtigt oder beauftragt ist, für den Abschluss von
Geschäften über den schutzrechtsverletzenden Gegenstand mit diesen zu werben (BGH GRUR 2006, 927 Rn.
14 – Kunststoffbügel).
98
Angesichts dessen hat das Landgericht in den Ausführungen auf den Internet-Seiten der Beklagten zu 1 zu
Recht ein Anbieten im Sinne von § 9 PatG gesehen. Die Beklagte zu 1 hat dort nicht nur in allgemeiner Form
auf die Leistungen des Konzerns, dem sie angehört, hingewiesen. Sie hat vielmehr den Eindruck erweckt,
dass alle zu diesem Konzern gehörigen Unternehmen eine Einheit bilden („wir“). Die unter der Überschrift
„Produkte“ zusammengefassten Hyperlinks auf die Internetseiten der mit ihr verbundenen Unternehmen
werden von den angesprochenen Verkehrskreisen deshalb nicht als neutraler Hinweis auf das Angebot Dritter
verstanden, für das die Beklagte zu 1 keine Verantwortung übernimmt. Sie stellen sich vielmehr als Zugang
zu einer unter dem Konzerndach zusammengefassten Produktpalette dar, für die als Ansprechpartner in
Deutschland die Beklagte zu 1 zur Verfügung steht. Dieser Eindruck wird dadurch bestätigt und verstärkt,
dass die Beklagte auf den verlinkten Webseiten als „Sales Location“ angegeben wird. Hierbei ist unerheblich,
ob diese Angabe zutreffend und mit Wissen oder Willen der Beklagten zu 1 erfolgt ist. Aufgrund der auf ihren
Seiten angebrachten Hyperlinks, die gerade nicht als Verweis auf externe Inhalte, sondern als Verknüpfung
zwischen den einzelnen Teilen des Produktangebots eines einheitlichen Konzerns ausgestaltet sind, rechnet
der Verkehr auch die Aussagen auf den Seiten der anderen Konzernunternehmen der Beklagten zu 1 zu. Ein
einschränkender Hinweis, dass die Beklagte zu 1 nur einen Teil der Produktpalette anbietet oder, wie sie im
vorliegenden Rechtsstreit geltend macht, überhaupt nicht mit dem Vertrieb von Produkten befasst ist, lässt
sich den in Rede stehenden Seiten nicht entnehmen.
99
Ob die Beklagte zu 1 oder die mit ihr verbundenen Unternehmen zu einer Lieferung tatsächlich bereit waren,
kann dahingestellt bleiben. Für ein Anbieten im Sinne von § 9 PatG ist nicht erforderlich, dass auf Seiten des
Anbietenden tatsächlich Herstellungs- oder Lieferbereitschaft besteht (BGH GRUR 2003, 1031, 1032 f. –
Kupplung für optische Geräte). Eine abweichende Beurteilung ist nicht deshalb geboten, weil das hier zu
beurteilende Angebot im Internet veröffentlicht wurde. Zwar ist bei einer Internetseite, die ein im Ausland
ansässiges Unternehmen veröffentlicht hat, nicht ohne weiteres davon auszugehen, dass sich dieses
Angebot auch an den deutschen Markt richtet. Zur Entscheidung dieser Frage darf nach Auffassung des
Senats jedoch nicht auf die Lieferbereitschaft abgestellt werden (so wohl Busse/​Keukenschrijver,
Patentgesetz, 6. Auflage, § 9 Rn. 133; anders wohl Benkard/​Scharen, Patentgesetz, 10. Auflage, § 9 Rn. 41),
sondern darauf, wie das Angebot aus Sicht der interessierten Verkehrskreise im Inland zu verstehen ist. Im
vorliegenden Fall ergibt sich der erforderliche Bezug zum Inland schon daraus, dass sich die Internet-Seiten
der Beklagten zu 1, die von einem in Deutschland ansässigen Unternehmen in deutscher Sprache unter der
Toplevel-Domain „de“ veröffentlicht wurden, eindeutig an deutsche Interessenten richten. Dass die Seiten der
anderen Konzernunternehmen keines dieser Merkmale aufweisen, führt hier zu keiner anderen Beurteilung.
Durch die von der Beklagten zu 1 auf der Seite „Produkte“ angebrachten Hyperlinks hat die Beklagte zu 1 den
Eindruck erweckt, dass sie die Produktpalette der mit ihr verbundenen Unternehmen auch dem deutschen
Markt zugänglich machen will. Dies reicht als Anbieten im Sinne von § 9 PatG aus.
100 Entgegen der Auffassung der Beklagten bedarf es zur Bejahung eines patentverletzenden Anbietens keines
weitergehenden objektiven Gefährdungsmoments oder einer nachfolgenden weiteren Patentverletzung in Form
von Lieferungen oder dergleichen. Die Handlungsform „Anbieten“ stellt keine Vorbereitungshandlung für eine
Patentverletzung, sondern eine eigenständige Benutzungshandlung dar, die nach § 9 PatG dem Patentinhaber
vorbehalten ist, unabhängig davon, ob es im Anschluss daran zu einer Lieferung oder sonstigen weiteren
Benutzungshandlung kommt (BGH GRUR 2003, 1031, 1032 – Kupplung für optische Geräte).
101 3. Die Ausführungsform CSS verwirklicht alle Merkmale des Anspruchs 1 wortsinngemäß.
102 a) Das Merkmal A ist auch auf der Grundlage der neuen Fassung verwirklicht, die das Klagepatent aufgrund
der teilweisen Nichtigerklärung erhalten hat. Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich unstreitig
um einen niederohmigen Messwiderstand. Verwirklicht ist auch das neu hinzugekommene Untermerkmal
„SMD-Widerstand“.
103 Unter einem SMD-Widerstand (Surface Mounted Device) versteht der Fachmann nach den überzeugenden
Ausführungen des Bundespatentgerichts einen Widerstand, der von oben auf eine Leiterplatte oder auf einen
Schaltungsträger aufsetzbar ist und dort mit seinen Anschlussteilen zum Beispiel durch Löten kontaktierend
verbindbar ist, also nicht vor dem Verlöten durch Bohrungen in der Leiterplatte hindurchgeführt werden muss
(Anlage K 41 Seite 17). Diesen Anforderungen wird die Ausführungsform CSS durch die flache Ausgestaltung
der beiden Anschlussteile gerecht.
104 b) Die Verwirklichung der Merkmale B und D ist zwischen den Parteien ebenfalls unstreitig. Unrichtige
patentrechtliche Anschauungen liegen dem nicht zu Grunde.
105 c) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Merkmal E ebenfalls wortsinngemäß verwirklicht. Bei der
Ausführungsform CSS sind die beiden Anschlussteile plattenförmig ausgebildet.
106 Als plattenförmig ist ein Bauteil jedenfalls dann anzusehen, wenn seine Höhe im Vergleich zu seiner Länge
und Breite eher gering ist und es zwei im Wesentlichen parallele und ebene Oberflächen aufweist. Alle diese
Merkmale sind bei der angegriffenen Ausführungsform CSS auch dann verwirklicht, wenn die beiden
Anschlussteile eine leichte Biegung aufweisen sollten, damit zwischen dem Widerstandselement und der
Platte, auf die es montiert wird, ein Luftspalt verbleibt. Eine derartige Biegung ist, wie aus Anlage K 28
hervorgeht, mit bloßem Auge kaum erkennbar und führt allenfalls zu einer geringfügigen Abweichung von einer
vollständig ebenen Bauform. Derartige Abweichungen sind nach dem Sinngehalt des Klagepatents
unerheblich.
107 Die plattenförmige Ausbildung der Anschlussteile hat nach der Lehre des Klagepatents vor allem zwei
Funktionen. Sie ermöglicht die kostengünstige Herstellung der Messwiderstände in großen Stückzahlen, wie
dies in der Beschreibung des Klagepatents (Anlage K 1 Spalte 1 Zeile 24 bis 28) als Aufgabe genannt wird.
Zum anderen ermöglicht sie die Verbindung mit einer Leiterplatte oder einem Schaltungsträger in SMD-
Technik. Beide Funktionen werden auch dann ohne nennenswerte Einschränkungen verwirklicht, wenn die
Anschlussteile eine geringfügige und im Vergleich zu ihren Gesamtabmessungen nicht ins Gewicht fallende
Biegung aufweisen.
108 d) Wortsinngemäß verwirklicht ist auch das Merkmal F. Das bei der Ausführungsform CSS vorhandene
Widerstandselement ist ebenfalls plattenförmig im oben genannten Sinne ausgebildet.
109 Eine weitere Anforderung dahin, dass auch der gesamte Widerstand plattenförmig ausgebildet sein muss,
also am Übergang zwischen den Anschlussteilen und dem Widerstandselement keine Stufe auftreten dürfte,
lässt sich weder dem Patentanspruch noch der Beschreibung des Klagepatents entnehmen. Nach dem
Wortlaut des Patentanspruchs bezieht sich die Anforderung „plattenförmig“ nur auf das Widerstandselement
und die Anschlussteile jeweils für sich betrachtet, nicht aber für den Widerstand insgesamt. Die Beschreibung
enthält keine gegenteiligen Anhaltspunkte. Wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, ergibt sich vielmehr
aus den Ausführungen in Spalte 3 Zeile 6 bis 8, wonach die Stärke der Anschlussteile von der Stärke des
Widerstandselements abweichen kann, dass es bei der Verwirklichung der patentgemäßen Lehre am
Übergang von den Anschlussteilen zum Widerstandselement zu einer Stufe kommen kann.
110 Die patentgemäße Lehre ist auch dann verwirklicht, wenn sowohl an der Ober- als auch an der Unterseite des
Messwiderstands eine solche Stufe auftritt. Weder der Patentanspruch noch die Beschreibung enthalten eine
Festlegung dahingehend, dass bei abweichender Materialstärke zumindest auf einer Seite ein planer
Übergang vorhanden sein muss. Angesichts dessen werden auch solche Ausführungsformen von der
geschützten Lehre umfasst, bei denen die einzelnen Teile zwar dieselbe Materialstärke aufweisen, aber mit
leichtem Höhenversatz aneinandergeschweißt sind.
111 e) Wortsinngemäß verwirklicht ist auch das Merkmal G, und zwar auch in der neuen Fassung aufgrund des
Urteils des Bundespatentgerichts. Bei der Ausführungsform CSS sind die beiden Anschlussteile mit ihren
Stirnkanten an die Stirnkanten des plattenförmigen Widerstandselements angeschweißt.
112 Als Stirnkanten sind nach den überzeugenden Ausführungen des Bundespatentgerichts die zur Plattenebene
senkrecht stehenden Flächen des Widerstandselements und der Anschlussteile anzusehen (Anlage K 41
Seite 20). Diese Flächen sind bei der Ausführungsform CSS aneinandergeschweißt. Dass am Übergang ein
leichter Höhenversatz auftritt, ist aus den bereits oben genannten Gründen unerheblich.
113 Entgegen der von den Beklagten erstinstanzlich vertretenen Auffassung lässt sich dem Klagepatent nicht
entnehmen, dass als Stirnfläche bei einer rechteckigen Ausgestaltung der Anschlussteile nur die entlang der
kürzeren Seite verlaufende Fläche anzusehen sei. Weder der Patentanspruch noch die Beschreibung enthält
eine solche Beschränkung.
114 4. Die Ausführungsform OARS-1 verwirklicht die Merkmale des Anspruchs 1 ebenfalls wortsinngemäß.
115 a) Das Merkmal A ist auch nach der neuen Fassung des Patentanspruchs verwirklicht. Auch die
Ausführungsform OARS-1 stellt unstreitig einen Messwiderstand dar. Es handelt sich auch um einen SMD-
Widerstand. Die ebene Ausgestaltung erlaubt die Verbindung mit einer Leiterplatte oder einem
Schaltungsträger, ohne dass dafür Bohrungen angebracht werden müssen.
116 Einschränkungen hinsichtlich der Bauhöhe ergeben sich aus der Anforderung „SMD-Widerstand“ nicht. Die in
der Beschreibung als besonders vorteilhaft bezeichnete Ausführungsform gemäß Figur 3 des Klagepatents
zeigt einen Widerstand, der in SMD-Technik mit einer Platine 20 verbunden ist und optional mit zusätzlichen
Anschlussteilen in Form von Schrauben versehen ist, die die Höhe des Bauteils insgesamt beträchtlich
erhöhen.
117 b) Die Verwirklichung der Merkmale B und G ist zwischen den Parteien unstreitig. Unrichtige patentrechtliche
Anschauungen liegen dem nicht zu Grunde. Soweit in Merkmal G ein plattenförmiges Widerstandselement
erwähnt ist, ergeben sich daraus keine weitergehenden Anforderungen als aus dem im Zentrum des Streits
stehenden Merkmal F.
118 c) Wortsinngemäß verwirklicht ist auch das Merkmal F, wonach das Widerstandselement plattenförmig
ausgebildet sein muss.
119 Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist unter Platte allerdings ein Gegenstand zu verstehen, dessen Höhe
im Vergleich zu seiner Länge und Breite eher gering ist und der zwei im Wesentlichen parallele und ebene
Oberflächen aufweist. Die Auslegung eines Patentanspruchs darf sich jedoch nicht auf den Wortlaut und
dessen allgemeine Bedeutung beschränken. Vielmehr ist der Sinngehalt des Anspruchs zu ermitteln, d.h. der
Sinn, den der Fachmann dem Anspruchswortlaut beilegt (BGH GRUR 2002, 515, 516 – Schneidmesser I,
BGH GRUR 2008, 779 Rn. 30 – Mehrgangnabe). Zwar bildet der Wortlaut insoweit eine Grenze, als es nur in
Ausnahmefällen in Betracht kommt, dem Patentanspruch einen engeren Sinn beizulegen, als es dessen
Wortlaut nahelegt (BGH GRUR 2008, 779, Rn. 37 – Mehrgangnabe). Umgekehrt darf die Heranziehung von
Beschreibung und Zeichnungen auch nicht zu einer inhaltlichen Erweiterung des durch den Wortlaut des
Patentanspruchs festgelegten Gegenstands führen (BGH GRUR 2004, 1023, 1024 - Bodenseitige
Vereinzelungseinrichtung). Auch in diesem Zusammenhang hat die Analyse des Wortlauts jedoch nicht allein
mit philologischen Mitteln zu erfolgen. Vielmehr ist zu prüfen, was bei sinnvollem Verständnis des Wortlauts
so deutlich einbezogen ist, dass es vom Fachmann als zur Erfindung gehörend erkannt wird (BGH GRUR
2004, 1023, 1025 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung).
120 Bei Anwendung dieser Grundsätze ist das Klagepatent nach Auffassung des Senats dahin auszulegen, dass
ein Widerstandselement auch dann noch plattenförmig im Sinne von Anspruch 1 ist, wenn es eine gekrümmte
Oberfläche aufweist, sofern diese durch bloßes Umformen einer ebenen Platte erzeugt werden kann und die
räumliche Ausdehnung der Platte – geringe Höhe im Vergleich zu Breite und Länge – trotz der Krümmung
erhalten bleibt. Maßgeblich für diese Auslegung ist die Funktion, die der Eigenschaft „plattenförmig“ nach der
Lehre des Klagepatents zukommt.
121 Nach der Lehre des Klagepatents wird die Lösung der in der Patentschrift beschriebenen Aufgabe, die
Herstellung von niederohmigen Messwiderständen in großen Stückzahlen ohne hohen Aufwand zu
ermöglichen (Anlage K 1 Spalte 1 Zeile 24 bis 28), unter anderem dadurch erreicht, dass die Widerstände eine
Bauart aufweisen, die es ermöglicht, sie durch Zusammenschweißen von Materialstreifen herzustellen, die
erst nach dem Schweißen in Einzelstücke zerteilt werden. Die Lehre von Anspruch 1 bezieht sich zwar auf
eine Vorrichtung, ohne danach zu differenzieren, in welchem Verfahren diese hergestellt worden ist. Als
besonderer Vorteil der erfindungsgemäßen Vorrichtung wird neben den positiven Eigenschaften einer
Schweißverbindung im Vergleich zu der im Stand der Technik üblichen Hartlötverbindung jedoch die
Möglichkeit hervorgehoben, dass sie aus einem Endlosband gefertigt werden kann (Anlage K 1 Spalte 1 Zeile
36 bis 38). Die Festlegung in Anspruch 1, wonach sowohl die Anschlussteile als auch das
Widerstandselement plattenförmig ausgebildet sind, steht damit in funktionellem Zusammenhang. Ein
Widerstand, der durch Zerteilen eines aus mehreren aneinandergeschweißten Streifen bestehenden Bandes
hergestellt wird, weist nach dem Zerteilen typischerweise plattenförmig ausgebildete Elemente auf. Die
plattenförmige Ausbildung entspricht dem Aufbau eines Bandes, das ebenfalls eine geringe Dicke im
Verhältnis zu Länge und Breite aufweist und sich von einer Platte typischerweise durch die im Verhältnis zur
Breite nochmals weitaus größere Länge unterscheidet.
122 Eine der Lehre des Klagepatents entsprechende plattenförmige Ausbildung bleibt auch dann erhalten, wenn
einzelne Teile des Messwiderstandes oder der Messwiderstand insgesamt in der Weise umgestaltet sind, um
eine zur Plattenebene parallele Achse gekrümmt sind. Zwar wird es eher fernliegen, für das in der
Beschreibung des Klagepatents als besonders vorteilhaft hervorgehobene Verschweißen mehrerer Bänder
Materialien zu benutzen, die bereits eine solche Krümmung aufweisen. Der Fachmann, den das
Bundespatentgericht überzeugend als Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik beschrieben hat, der einen Diplom-
Ingenieur (FH) des Maschinenbaus hinzuzieht, erkennt aber, dass es die Lehre des Klagepatents nicht
ausschließt, den Messwiderstand nach dem Schweißvorgang weiteren Bearbeitungsschritten zu unterziehen.
Die Beschreibung des Klagepatents erwähnt ausdrücklich, dass es vorteilhaft sein kann, die Form des
Messwiderstands nach dem Abtrennen vom Endlosband durch Walzen oder durch Zuschneiden zu verändern
(Anlage K 1 Spalte 2 Zeile 28 bis 37). In diesem Zusammenhang wird zwar eine Umformung durch Biegen
oder dergleichen nicht ausdrücklich erwähnt. Der Fachmann erkennt jedoch, dass eine solche Art der
Verarbeitung der Erreichung der patentgemäßen Vorteile nicht entscheidend im Wege steht. Dies kann der
Senat, der ständig mit der Beurteilung technischer Sachverhalte befasst ist, ohne Hinzuziehung eines
Sachverständigen beurteilen. Zur Beurteilung der aufgezeigten Zusammenhänge sind keine vertieften
Kenntnisse der Elektrotechnik oder des Maschinenbaus erforderlich. Dass ein Fachmann, der über solche
Kenntnisse verfügt, zusätzliche Erkenntnisse hätte, die einer Weiterverarbeitung durch Biegen oder
dergleichen entgegenstehen, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
123 Für die Auslegung des Klagepatents in diesem Sinne ist nach Auffassung des Senats nicht
ausschlaggebend, ob der Fachmann bereits aus der Erwähnung eines Stanz-Biege-Automaten auf den
Gedanken gebracht wird, beim Ausstanzen der einzelnen Messwiderstände zugleich einen Biegevorgang
auszulösen. Entscheidend ist vielmehr, dass die wesentlichen Vorteile des Klagepatents mit dem
Verschweißen der einzelnen Bänder bereits erreicht sind und die Klagepatentschrift weitere
Verarbeitungsschritte nicht ausschließt, sondern sogar – wenn auch nur in Gestalt des Walzens oder
Zuschneidens – ausdrücklich vorschlägt.
124 Der Fachmann wird von einer Weiterverarbeitung durch Biegen auch nicht dadurch abgehalten, dass in der
Beschreibung des Klagepatents als weitere Vorteile eine kleine, kompakte und mechanisch stabile Bauform
und eine niedrige Induktivität (Anlage K 1 Spalte 4 Zeile 5 bis 8) genannt werden. Diese Angaben beziehen
sich nur auf das in Figur 3 des Klagepatents beschriebene Ausführungsbeispiel, während die oben
angegebenen Vorteile bereits bei der allgemeinen Beschreibung des Patents hervorgehoben werden. Zudem
ist auch eine Bauform, wie sie bei der angegriffenen Ausführungsform OARS-1 gewählt wurde, durchaus noch
klein, kompakt und mechanisch stabil. Die Induktivität mag durch die einer Spulenwicklung angenäherte
Bauform zwar etwas höher sein als bei einem flachen Widerstand. Eine Erhöhung in einem Ausmaß, die die
patentgemäßen Vorteile völlig zunichte machen würde, ist aber weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
125 Der vorstehend beschriebene Sinngehalt führt nicht zu einer Erweiterung des Patentanspruchs 1 über dessen
Wortlaut hinaus. Der darin verwendete Ausdruck „plattenförmig“ umfasst nach dem üblichen Sprachgebrauch
zwar nur Gebilde mit ebener Oberfläche. Dies schließt es aber nicht aus, bei einer an der technischen
Funktion orientierten Auslegung als plattenförmig auch eine Struktur anzusehen, deren Form in Länge, Breite
und Höhe einer Platte entspricht und von der üblichen Wortbedeutung nur dadurch abweicht, dass sie eine
gekrümmte Oberfläche aufweist. Es ist aus philologischer Sicht zwar nicht üblich, aber durchaus möglich, ein
solches Gebilde als „gebogene Platte“ und deshalb als „plattenförmig“ anzusehen. Aus diesem Grund ist auch
die Fassung des Klageantrags, die den Begriff „gebogene Platte“ verwendet, nicht zu beanstanden.
126 d) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch Merkmal D wortsinngemäß verwirklicht, wonach das
Widerstandselement „zwischen“ die beiden Anschlussteile eingesetzt ist.
127 Nach den auch insoweit überzeugenden Ausführungen des Bundespatentgerichts besagt dieses Merkmal,
dass die drei Teile, aus denen der Messwiderstand zusammengesetzt ist, derart aneinandergereiht sein
müssen, dass die Anschlussteile an gegenüberliegenden Seiten des Widerstandselementes angeordnet sind
(Anlage K 41 Seite 19). Dies steht in Einklang mit der Darstellung in den Figuren 1 und 3 der
Klagepatentschrift und wird bestätigt durch die hiervon abweichende Ausführungsform gemäß Figur 2, für die
in dem selbständigen Nebenanspruch 2 Schutz begehrt wird. Der Unterschied zwischen diesen beiden
Ausführungsformen liegt darin, dass in Figur 2 beide Anschlussteile auf derselben Seite des
Widerstandselements angebracht sind, während sie in den Figuren 1 und 3 mit zwei gegenüberliegenden
Seiten des Widerstandselements in Verbindung stehen. Bei der zwar als nicht notwendig, aber als bevorzugt
angegebenen Herstellungsweise entsprechend der Lehre des Anspruchs 3 kann die zuerst genannte
Ausführungsform durch Verbindung von zwei Bändern hergestellt werden, während die zuletzt genannte
Ausführungsform die Verbindung von drei Materialstreifen erfordert.
128 Die Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform OARS-1 entspricht der Ausgestaltung in den Figuren 1
und 3 der Klagepatentschrift. Das Widerstandselement liegt „zwischen“ den beiden Anschlussteilen, weil
diese an zwei aneinander gegenüberliegenden Stirnflächen desselben angebracht sind. Eine darüber
hinausgehende Anforderung ließe sich dem Patentanspruch allenfalls dann entnehmen, wenn Merkmal F
dahin auszulegen wäre, dass der Messwiderstand stets eine durchgehend ebene Bauform aufweisen muss.
Letzteres ist aber, wie im Zusammenhang mit Merkmal F dargelegt wurde, nicht der Fall.
129 5. Beide Ausführungsformen machen ferner wortsinngemäß von allen Merkmalen des Anspruchs 3 Gebrauch.
130 a) Der auf diesen Anspruch gestützte Antrag Nr. I 2 ist zulässig.
131
(1) n dem bereits in erster Instanz – dort erstmals mit dem zwei Tage vor der mündlichen
Verhandlung eingereichten Schriftsatz vom 14.12.2005 (AS I 170 f.) – erfolgten Vorbringen, die
angegriffenen Ausführungsformen machten auch von den Merkmalen des Anspruchs 4 (jetzt
Anspruch 3) Gebrauch, lag eine Klageerweiterung. Diese war nicht schon nach § 264 Nr. 2 ZPO
zulässig, weil der – formal unveränderte – Klageantrag auf eine zusätzliche, neue tatsächliche
Grundlage gestützt wurde. Das Landgericht hat die Klageerweiterung aber zu Recht (stillschweigend)
als zulässig erachtet. Die gemeinsame Verhandlung und Entscheidung dieses Klagebegehrens
zusammen mit den ursprünglich verfolgten Ansprüchen war sachdienlich, weil zu seiner Beurteilung
im Wesentlichen derselbe Prozessstoff heranzuziehen war.
132
(2) Die zusätzlichen Voraussetzungen des § 533 Nr. 2 ZPO brauchen nicht vorzuliegen, weil die
Klageerweiterung bereits in erster Instanz vorgenommen wurde. Soweit die Klägerin wegen der
Verletzung von Anspruch 3 des Klagepatents nunmehr einen eigenständigen Klageantrag formuliert,
liegt darin keine erneute Klageänderung, sondern lediglich eine zweckmäßigere Formulierung des
bereits in erster Instanz verfolgten Klagebegehrens.
133
Die Klägerin hat die auf Verletzung des damaligen Anspruchs 4 gestützte Klage nicht nur hilfsweise
erhoben, sondern ihren – damals noch einheitlich formulierten – Klageantrag bereits vor dem
Landgericht nebeneinander auf die Verletzung beider Ansprüche gestützt. Sie hat den
Unterlassungsantrag zwar hilfsweise mit einem Zusatz versehen (AS I 171). Dieser Vorbehalt betraf
aber nur die Antragsfassung, nicht das auf Anspruch 4 des Klagepatents gestützte Klagebegehren
als solches.
134
Wenn die Klägerin ihren diesbezüglichen Hauptantrag nunmehr stattdessen anhand der Merkmale des
jetzigen Anspruchs 3 formuliert, führt dies nicht zu einer Änderung des Klagebegehrens. Die
Anpassung des Antrags an die im Klagepatent genannten Merkmale ist vielmehr eine zweckmäßige
Art der Antragstellung, auf die der Senat nach § 139 ZPO ohnehin hinwirken müsste.
135
(3) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klägerin nicht gehalten, die bei der
Ausführungsform OARS-1 vorhandene Biegung in den auf Anspruch 3 gestützten Klageantrag
aufzunehmen. Auch bei einem auf § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG und Artikel 64 Abs. 2 EPÜ gestützten
Antrag ist es zulässig und ausreichend, wenn der Klageantrag die Merkmale des
Verfahrensanspruchs wiedergibt. Hierbei sind zwar die einzelnen Merkmale an die konkrete
Ausführungsform anzupassen. Zusätzliche Merkmale, deren Vorliegen oder Nichtvorliegen für die
Verwirklichung des Patentanspruchs unerheblich ist, brauchen hingegen nicht aufgeführt zu werden.
Dies ändert andererseits nichts daran, dass sich Klage und Verurteilung trotz des abstrakter
formulierten Klageantrags ausschließlich gegen die streitgegenständlichen Ausführungsformen CSS
und OARS-1 richten.
136 b) Der auf Anspruch 3 gestützte Antrag ist auch begründet.
137
(1) Die Beklagten haben weder in erster noch in zweiter Instanz hinreichend konkret bestritten, dass
die beiden angegriffenen Ausführungsformen nach dem in Anspruch 3 des Klagepatents
beschriebenen Verfahren hergestellt werden.
138
(a) Dass es sich um ein Verfahren zur Herstellung von niederohmigen Widerständen für Messzwecke
handelt und hierbei ein aus einer Widerstandslegierung bestehendes Widerstandselement mit
Anschlussteilen aus Leitermetall hoher elektrischer Leitfähigkeit verbunden wurde, wie dies die
Merkmale a und b vorsehen, ergibt sich aus der unstreitigen Beschaffenheit der in Rede stehenden
Produkte.
139
(b) Zutreffend ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagten die Behauptung der
Klägerin auch hinsichtlich der Merkmale c und d nicht in rechtserheblicher Weise bestritten haben.
140
Zwar haben die Beklagten in dem in der mündlichen Verhandlung nachgelassenen Schriftsatz vom
30.06.2006 (AS I 240) ausgeführt, es werde bestritten, dass zur Herstellung des Widerstandes OARS
bzw. RSS alle Verfahrensschritte des Anspruchs 4 (jetzt Anspruch 3) ausgeführt werden. Diese
Erklärung war aber nicht hinreichend konkret. Zwar waren und sind die Beklagten nicht gehalten, im
Einzelnen darzutun, auf welche Weise die angegriffenen Ausführungsformen hergestellt werden. Sie
hätten in der vorliegenden Konstellation aber zumindest aufzeigen müssen, welches der in Anspruch
3 genannten Merkmale nicht erfüllt sein soll. Zwar muss ein aus mehreren miteinander Kante an
Kante verschweißten Teile bestehender Messwiderstand nicht zwingend nach dem geschützten
Verfahren hergestellt werden. Alle übrigen in Betracht kommenden Verfahren, insbesondere die im
Stand der Technik bekannte Methode, die einzelnen Teile zunächst abzuschneiden und erst dann
zusammenzuschweißen, ist aber mit erheblich höherem Aufwand verbunden, so dass es bei Kenntnis
der geschützten Lehre fernliegend erscheint, dass ein am Markt angebotenes Produkt auf diese
Weise hergestellt ist. Bei dieser Ausgangslage hätte es an der Beklagten gelegen, zumindest
ansatzweise vorzutragen, welches der Merkmale bei der Herstellung der angegriffenen
Ausführungsformen nicht verwirklicht wird.
141
(c) Der zweitinstanzliche Vortrag der Beklagten wird diesen Anforderungen ebenfalls nicht gerecht.
Auch in der Berufungsinstanz beschränken sich die Beklagten auf ein pauschales Bestreiten der von
der Klägerin aufgestellten Behauptung.
142
(2) Die angegriffenen Ausführungsformen stellen unmittelbare Erzeugnisse im Sinne von § 9 Satz 2
Nr. 3 PatG und Artikel 64 Abs. 2 EPÜ dar.
143
Ein mittels eines geschützten Verfahrens hergestelltes Produkt ist jedenfalls dann ein unmittelbares
Erzeugnis dieses Verfahrens, wenn es nach der Herstellung keinen weiteren Verarbeitungsschritten
mehr unterworfen wird. Ob und unter welchen Voraussetzungen es auch dann als unmittelbares
Erzeugnis anzusehen ist, wenn es nach der Anwendung des Verfahrens weiterverarbeitet wurde, ist in
der Literatur im Einzelnen umstritten (vgl. Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 6. Auflage, § 9 Rn.
105 ff. mwN). Nach Auffassung des Senats ist die Unmittelbarkeit zu bejahen, wenn das Produkt
trotz der Weiterverarbeitung seine charakteristischen Eigenschaften und seine Selbständigkeit
behalten hat (ebenso Benkard/Scharen, Patentgesetz, 10. Auflage, § 9 Rn. 55; Schulte/Kühnen,
Patentgesetz, 8. Auflage, § 9 Rn. 84).
144
(a) Die angegriffene Ausführungsform CSS ist danach ein unmittelbares Erzeugnis des in Anspruch 3
des Klagepatents beschriebenen Verfahrens, weil es keinen weiteren Verarbeitungsschritten mehr
unterzogen wird.
145
Selbst wenn in der Herstellung der von den Beklagten angeführten leichten Biegung der
Anschlussteile ein zusätzlicher Verfahrensschritt zu sehen wäre, würde dieser weder die
Selbständigkeit noch die charakteristischen Eigenschaften des Messwiderstandes ändern. Dass die
Biegung die elektrischen oder mechanischen Eigenschaften des Widerstandes in relevanter Weise
ändert, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die von den Beklagten geltend gemachte
Abweichung in den thermischen Eigenschaften ist jedenfalls deshalb nicht als wesentlich anzusehen,
weil das Klagepatent nicht zwingend vorschreibt, dass das Widerstandselement unmittelbar auf der
Leiterplatte, auf der es montiert ist, aufliegen soll. Eine solche Ausführungsform ist zwar in Figur 3
dargestellt und als Ausführungsbeispiel in Spalte 3 Zeile 40 bis 42 der Klagepatentschrift
beschrieben. Weder aus den Ansprüchen noch aus der Beschreibung geht aber hervor, dass dies für
die Verwirklichung der geschützten Lehre, die sich nur auf den Messwiderstand und das Verfahren zu
dessen Herstellung bezieht, von wesentlicher Bedeutung ist. Aus den bereits in anderem
Zusammenhang erwähnten Ausführungen, wonach die Materialstärke von Anschlussteilen und
Widerstandselement unterschiedlich sein kann (Spalte 3 Zeile 6 bis 8) ergibt sich vielmehr, dass die
geschützte Lehre auch Ausführungsformen umfasst, bei denen das Widerstandselement dünner ist
als die Anschlussteile. Hieraus folgt wiederum, dass bei einer SMD-Montage unterhalb des
Widerstandselements ein Luftspalt verbleiben kann.
146
(b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts stellt auch die Ausführungsform OARS-1 ein
unmittelbares Erzeugnis des in Anspruch 3 geschützten Verfahrens dar. Hierbei ist unerheblich, ob
die gekrümmte Form des Widerstandselements vor oder nach Anwendung des geschützten
Verfahrens hergestellt wird. Auch wenn die Umformung erst nach Anwendung des Verfahrens erfolgt,
verliert das Widerstandselement durch sie weder seine Selbständigkeit noch seine charakteristischen
Eigenschaften.
147
Auch in diesem Zusammenhang ist nach Auffassung des Senats entscheidend, dass sich die
elektrischen und mechanischen Eigenschaften des Widerstandes durch die Verformung nicht
wesentlich ändern. Der Widerstandswert bleibt unverändert, die Induktivität erhöht sich nicht in einem
Ausmaß, der die Eignung als Messwiderstand in Frage stellen würde. Die möglicherweise
verbesserten thermischen Eigenschaften aufgrund des größeren Abstandes zwischen
Widerstandselement und Platine sind vor dem Hintergrund der geschützten Lehre ebenfalls nicht als
wesentlich anzusehen. Wie bereits dargelegt befasst sich die Lehre des Klagepatents mit diesem
Aspekt allenfalls am Rande und schließt Ausführungsformen, bei denen beim Auflöten des
Widerstandes auf eine Platine ein solcher Abstand verbleibt, nicht aus. Der mit der Umformung
erreichte Erfolg stellt sich angesichts dessen allenfalls als Verbesserung, nicht aber als wesentliche
Änderung der nach der Lehre des Klagepatents relevanten Eigenschaften dar.
148 6. Von einer Aussetzung des Verfahrens gemäß § 148 ZPO hat der Senat abgesehen. Das
Bundespatentgericht hat die Nichtigkeitsklage, soweit ihr die Klägerin entgegengetreten ist, mit
überzeugenden Gründen abgewiesen. Der Senat teilt diese Einschätzung und misst der von der Beklagten
eingelegten Berufung allenfalls geringe Erfolgsaussichten bei. Angesichts dessen erschien es dem Senat
nicht zweckmäßig, von einer Entscheidung im Verletzungsstreit bis zum rechtskräftigen Abschluss des
Nichtigkeitsverfahrens abzusehen.
149 Eine Aussetzung ist auch nicht deshalb geboten, weil sich das Klagepatent, wie die Beklagte geltend macht,
in einem „instabilen Zwischenzustand“ befände. Aufgrund der eingeschränkten Verteidigung im
Nichtigkeitsverfahren steht fest, welche Fassung das Klagepatent erhalten wird, wenn das
Berufungsverfahren den vom Senat erwarteten Verlauf nimmt.
150 7. Aufgrund der begangenen Patentverletzung stehen der Klägerin gegen die Beklagten die aus dem Tenor
ersichtlichen Ansprüche zu.
151 a) Der Unterlassungsanspruch ergibt sich aus § 139 Abs. 1 PatG. Aufgrund der erfolgten Zuwiderhandlung in
Gestalt des Anbietens besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass es zu weiteren Zuwiderhandlungen
dieser Art kommen wird. Darüber hinaus hat das Landgericht aufgrund des erfolgten Anbietens zutreffend
auch eine Begehungsgefahr hinsichtlich der Benutzungsformen „in Verkehr bringen“, „gebrauchen“ und „zu
diesen Zwecken einführen oder besitzen“ bejaht. Ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Benutzungsform
„herstellen“ ist in der Berufungsinstanz nicht mehr geltend gemacht.
152 b) Der zulässigerweise im Wege der Feststellungsklage (§ 256 Abs. 1 ZPO) geltend gemachte
Schadensersatzanspruch ergibt sich aus § 139 Abs. 2 PatG. Die Beklagten hätten bei gehöriger Prüfung
erkennen können und müssen, dass die von ihnen angebotenen Messwiderstände von der Lehre des
Klagepatents Gebrauch machen. Sie sind deshalb zum Schadensersatz verpflichtet. Zu den ersetzenden
Schäden gehören auch diejenigen, die aus Geschäftsabschlüssen oder Lieferungen entstanden sind, die die
Beklagte zu 1 getätigt hat (vgl. allgemein dazu BGH GRUR 2006, 927 Rn. 19 – Kunststoffbügel).
153 In zeitlicher Hinsicht besteht der Schadensersatzanspruch jedenfalls seit dem 13.04.1996, wie dies mit der
Klage geltend gemacht wird. Ob der Klägerin darüber hinaus schon ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung des
Hinweises auf die Patenterteilung am 13.03.1996 ein Schadensersatzanspruch zustünde, bedarf deshalb
keiner Entscheidung.
154 Ein Anspruch auf Schadensersatz für diesen Zeitraum wäre indes auch unbegründet. Nach der ständigen
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, ist einem Wettbewerber nach erfolgter
Patenterteilung grundsätzlich ein Zeitraum von einem Monat zuzubilligen, innerhalb dessen er die Erteilung
des Patents in Erfahrung bringen und dessen Reichweite prüfen darf (GRUR 1986, 803, 806 – Formstein). Die
vorherige Veröffentlichung der prioritätsbegründenden Anmeldung vermag diese Prüfung schon deshalb nicht
zu ersetzen, weil der Wettbewerber aus ihr nicht entnehmen kann, ob und wann es zur Patenterteilung
gekommen ist und in welcher Fassung das Schutzrecht erteilt worden ist. Ob dem Verletzer im Einzelfall
aufgrund sonstiger Umstände nur eine kürzere Prüfungsfrist zuzubilligen ist, kann dahingestellt bleiben.
Derartige Umstände sind für den vorliegenden Fall weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
155 Für die Zeit vom 13.03.1996 bis 12.04.1996 steht der Klägerin jedoch der geltend gemachte Anspruch auf
Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) wegen Eingriffs in das
Klageschutzrecht zu.
156 c) Der Anspruch auf Entschädigung für die Zeit ab dem 13.08.1994 bis zum 12.03.1996 folgt aus § 33 Abs. 1
PatG. Auch insoweit fällt den Beklagten Fahrlässigkeit zur Last. Aus den bereits oben genannten Gründen ist
Ihnen jedoch auch insoweit eine Prüfungsfrist von einem Monat zuzubilligen.
157 d) Die Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung beruhen auf § 140b PatG und § 242 BGB. Die Klägerin
benötigt die begehrten Informationen zur Bezifferung der ihr zustehenden Ansprüche auf Schadensersatz,
Bereicherungsausgleich und Entschädigung, die Beklagten können sie ohne unzumutbare Schwierigkeiten zur
Verfügung stellen.
158 Vom Anspruch auf Rechnungslegung umfasst ist auch der geltend gemachte Anspruch auf Überlassung von
Belegen. Der Senat hält an seiner früher vertretenen Auffassung, der Schutzrechtsinhaber könne
grundsätzlich nicht die Herausgabe von Belegen verlangen (so noch Senat GRUR 1995, 772, 773 zu einem
Anspruch wegen Geschmacksmusterverletzung), schon seit längerem nicht mehr fest. Die Überlassung von
Belegen im hier geforderten Umfang ist vielmehr geboten, um die Plausibilität und Vollständigkeit der erteilten
Informationen zu überprüfen, und führt nicht zu einer unzumutbaren Belastung der Beklagten.
159 Der Zeitraum, für den Informationen auch über den erzielten Gewinn zu erteilen sind, war auf die Zeit ab
13.04.1996 zu beschränken, weil der Klägerin aus den oben genannten Gründen erst von diesem Zeitpunkt an
ein Anspruch auf Schadensersatz zusteht. Die Höhe des zuvor bestehenden Bereicherungsanspruchs ist
nicht nach dem erzielten Verletzergewinn, sondern anhand der Lizenzanalogie zu berechnen.
160 e) Neben der Beklagten zu 1 als Patentverletzerin haften auch die Beklagten zu 2 und 3 im oben aufgezeigten
Umfang. Als Geschäftsführer der Beklagten zu 1 hatten sie die Möglichkeit und die Pflicht, die Verletzung
fremder Schutzrechte zu verhindern. Dies begründet sowohl einen Unterlassungsanspruch als auch die
geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz, Bereicherungsausgleich, Entschädigung, Auskunft und
Rechnungslegung.
161 8. Nach allem war das erstinstanzliche Urteil auf die Berufung der Klägerin dahin abzuändern, dass die
Verurteilung auch auf die Ausführungsform OARS-1 erstreckt und insgesamt an die neu formulierten Anträge
angepasst wird. Die Berufung der Beklagten hat hingegen nur insoweit Erfolg, als sie auch für die Zeit vom
13.07.1994 bis 12.08.1994 zu Entschädigung, Auskunft und Rechnungslegung und für die Zeit vom
13.03.1996 bis zum 12.04.1996 zu Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung über die erzielten
Gewinne verurteilt worden sind.
162 Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Soweit die Klage erstinstanzlich hinsichtlich der
Benutzungsform „herstellen“ und in beiden Instanzen hinsichtlich eines geringen Teils des Anspruchs auf
Schadensersatz, Entschädigung, Auskunft und Rechnungslegung erfolglos geblieben ist, stellt dies eine
verhältnismäßig geringfügige Mehrforderung dar, die keine Kostenfolgen hat.
163 Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
164 Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Zwar gibt es keine neuere höchstrichterliche
Rechtsprechung zu der Frage, wann ein Produkt als unmittelbares Verfahrenserzeugnis im Sinne von § 9
Satz 2 Nr. 3 PatG und Artikel 64 Abs. 2 EPÜ anzusehen ist. In der obergerichtlichen Rechtsprechung gibt es
jedoch, soweit ersichtlich, keine von der Auffassung des Senats abweichende Entscheidung.