Urteil des OLG Hamm vom 20.04.2004

OLG Hamm: abmahnung, zahl, genehmigung, bepflanzung, entlastung, sanierung, anfechtung, rechtsschutzinteresse, miteigentümer, beleuchtung

Oberlandesgericht Hamm, 15 W 367/04
Datum:
20.04.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
15. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
15 W 367/04
Vorinstanz:
Landgericht Dortmund, 11 T 34, 49 und 50/04
Tenor:
Die sofortigen weiteren Beschwerden werden zur gemeinsamen
Entscheidung miteinander verbunden.
Die sofortigen weiteren Beschwerden werden mit der Maßgaben
zurückgewiesen, dass die Entscheidungen der Vorinstanzen über die
Wertfestsetzung und die Gerichtskosten wie folgt abgeändert werden:
Von den Gerichtskosten des Verfahrens erster Instanz tragen die
Beteiligten zu 1) 71 %, die Beteiligte zu 2) 5 %, die Beteiligte zu 3) 2 %
und die Beteiligten zu 5) gemeinsam 16 %.
Von den Gerichtskosten des Erstbeschwerdeverfahrens zu 11 T 34/04
tragen die Beteiligten zu 1) 97 %, die Beteiligten zu 5) 3 %. Die
Gerichtskosten des Erstbeschwerdeverfahrens zu 11 T 50/04 tragen die
Beteiligten zu 1) allein.
Die Beteiligten zu 1) tragen die Gerichtskosten des Verfahrens der
sofortigen weiteren Beschwerde. Sie haben die in dieser Instanz den
Beteiligten zu 5) entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Es werden folgende Gegenstandswerte festgesetzt:
- für das Verfahren erster Instanz auf 104.500,00 €,
- für das Erstbeschwerdeverfahren 11 T 34/04 auf 37.000,00 €, für das
Erstbeschwerdeverfahren 11 T 50/04 auf 37.500,00 €,
- für das Verfahren dritter Instanz bis zur Verfahrensverbindung auf
25.000,00 € (15 W 367/04) und 37.500,00 € (15 W 369/04), danach auf
62.500,00 €.
Die weitere Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten
zu 1) gegen den Beschluss des Landgerichts vom 19.07.2004 (11 T
49/04) ist gegenstandslos.
G r ü n d e :
1
I.
2
Die Beteiligten zu 1) bis 5) sind die Miteigentümer der vorbezeichneten
Wohnungseigentumsanlage; die Beteiligte zu 6) ist die Verwalterin. In der
Eigentümerversammlung vom 27.03.2003 wurde eine Vielzahl von
Eigentümerbeschlüssen gefasst, die von den Beteiligten zu 1), teilweise aber auch von
den Beteiligten zu 2) bis 4) angefochten worden sind. Das Amtsgericht hat zunächst
nach mündlicher Verhandlung vom 23.07.2003 durch Teilbeschluss die
Beschlussanfechtungsanträge zu den Tagesordnungspunkten 5 g, 6, 7 a, 7 d, 8 a, 9 a
und 12 a sowie die Verpflichtungsanträge zu den Tagesordnungspunkten 13 bis 16 der
Einladung zu der Eigentümerversammlung vom 27.03.2003 zurückgewiesen. Durch
Endentscheidung vom 06.02.2004 hat das Amtsgericht auch die
Beschlussanfechtungsanträge zum Tagesordnungspunkt 4 (Genehmigung der
Jahresabrechnung und Entlastung der Verwalterin) zurückgewiesen.
3
Gegen beide Beschlüsse des Amtsgerichts haben die Beteiligten zu 1) rechtzeitig
sofortige Beschwerde eingelegt. Ferner haben die Verfahrensbevollmächtigten der
Beteiligten zu 1) gegen die Wertfestsetzung des Amtsgerichts in dem vorgenannten
Teilbeschluss Beschwerde mit dem Ziel der Heraufsetzung des Gegenstandswertes
erhoben. Das Landgericht hat mit den Beteiligten in öffentlicher Sitzung vom 13.05.2004
mündlich verhandelt. Durch Beschlüsse jeweils vom 19.07.2004 hat die Kammer
4
1) den Teilbeschluss des Amtsgerichts teilweise abgeändert, die Beschlüsse der
Eigentümerversammlung vom 27.03.2003 zu den Tagesordnungspunkten 8 a
(teilweise) und 12 a für ungültig erklärt und die weitergehende sofortige Beschwerde
der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen (11 T 34/04),
5
2) die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen die Endentscheidung des
Amtsgerichts vom 06.02.2004 zurückgewiesen (11 T 50/04) sowie
6
3) in Abänderung der Wertfestsetzung des Amtsgerichts den Gegenstandswert für
den Beschlussanfechtungsantrag zu Tagesordnungspunkt 2 anderweitig auf
74.925,00 € festgesetzt.
7
Gegen die Entscheidungen des Landgerichts zu 1) und 2) richten sich die sofortigen
weiteren Beschwerde der Beteiligten zu 1), gegen diejenige zu 3) die weitere
Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) mit dem Ziel einer
weiteren Heraufsetzung des Gegenstandswertes.
8
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts nimmt der Senat auf die
vollständige und nicht ergänzungsbedürftige Darstellung in den angefochtenen
Entscheidungen des Landgerichts Bezug.
9
II.
10
Die sofortigen weiteren Beschwerde sind nach den §§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 WEG, 27, 29
FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der
Beteiligten zu 1) folgt daraus, dass sie ihre Beschlussanfechtungsanträge in einem
Umfang weiterverfolgen, in dem ihre Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist.
11
In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts
nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).
12
In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von zulässigen
Erstbeschwerden der Beteiligten zu 1) sowohl gegen den Teilbeschluss des
Amtsgerichts als auch gegen dessen Endentscheidung vom 06.02.2004 ausgegangen.
13
Auch in der Sache hält die Entscheidung des Landgerichts rechtlicher Nachprüfung
stand. Diese Nachprüfung war zu beschränken auf den Umfang des
Beschwerdebegehrens der Beteiligten zu 1) in dritter Instanz. Da sie einen
ausdrücklichen Beschwerdeantrag nicht gestellt haben, geht der Senat davon aus, dass
sich ihr Beschwerdebegehren auf die in der Begründung ihrer Rechtsmittel
angesprochenen Beschlussfassungen zu den dort genannten Tagesordnungspunkten
beschränkt. Diese behandelt der Senat im Folgenden in der Reihenfolge der
Tagesordnungspunkte der Eigentümerversammlung vom 27.03.2003.
14
Tagesordnungspunkt 2
15
Die Kammer hat die Fortführung des Beschlussanfechtungsverfahrens über die zu
diesem Tagesordnungspunkt gefassten Eigentümerbeschlüsse für unzulässig erachtet,
weil infolge der übereinstimmenden Erklärungen der Verfahrensbeteiligten im Termin
zur mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht vom 23.07.2003 eine Erledigung der
Hauptsache eingetreten sei, und zwar sowohl in Bezug auf die Durchführung der
beschlossenen Sanierungsmaßnahme als auch in Bezug auf die angeordnete
gemeinschaftliche Deckung der Kosten durch Entnahme aus der
Instandhaltungsrücklage. Die anwaltlich vertretenen Beteiligten zu 1) haben in diesem
Termin folgende Erklärung abgegeben:
16
"Die Beteiligten Eheleute G2, Herr W und Frau G erklärten unmittelbar bzw. über
ihre Anwälte die Anfechtungsanträge bzgl. TOP 2 Heizung angesichts der zuvor
protokollierten Zustimmungen für erledigt."
17
Das Landgericht hat diese Erledigungserklärung dahin ausgelegt, dass sie sich auf
beide zu diesem Tagesordnungspunkt gefassten Beschlüsse beziehe. Diese Auslegung
unterliegt, weil sie eine verfahrensrechtliche Erklärung betrifft, der uneingeschränkten
Nachprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht. Der Senat tritt der Auslegung des
Landgerichts bei. Maßstab der Auslegung ist dabei den Regeln des materiellen Rechts
(§§ 133, 157 BGB) folgend der objektive Erklärungswert, wie er dem
Erklärungsempfänger erkennbar wird (vgl. etwa Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., vor § 128,
Rdnr. 25 m.w.N.). Vorrangiger Anknüpfungspunkt der Auslegung ist dabei der Wortlaut
der Erklärung. Dieser spricht bereits deutlich durch die Fassung im Plural dafür, dass
beide Beschlussanfechtungsanträge, die sich auf diesen Tagesordnungspunkt
beziehen, für erledigt erklärt werden sollten. Etwas anderes ergibt sich entgegen der
18
Auffassung der weiteren Beschwerde nicht daraus, dass die Beteiligten sich unmittelbar
vorausgehend über die Durchführung der Erneuerung der Heizungsrohre einschließlich
der Führung der neuen Steigleitungen innerhalb der Wohnung der Beteiligten zu 1)
verständigt hatten. Die Beteiligten zu 1) hatten insoweit, "wenn auch zähneknirschend",
einem Vorschlag des Rechtsanwalts L zugestimmt. Wenn die Beteiligten zu 1) sodann
unmittelbar darauf folgend ihre auf diesen Tagesordnungspunkt bezogenen
Beschlussanfechtungsanträge ohne irgendeinen Vorbehalt für erledigt erklärt haben,
lässt diese Erklärung aus der Sicht des Gerichts und der übrigen Verfahrensbeteiligten
allein den Schluss darauf zu, dass zu diesem Punkt die streitige Auseinandersetzung
insgesamt beendet werden sollte.
Für diese Auslegung spricht im Übrigen, dass die Beteiligten zu 1) auch durch die
isolierte Anfechtung des Beschlusses über die Deckung der Kosten durch Entnahme
aus der Instandhaltungsrücklage materiell-rechtlich keine für sie günstigere
Rechtsposition hätten erlangen können. Denn aus dem Eigentümerbeschluss zu
Tagesordnungspunkt 2 ergibt sich insgesamt, dass die Sanierung des
Heizungsrohrsystems als Maßnahme der gemeinschaftlichen Verwaltung durchgeführt
werden sollte, die Kosten der Maßnahme somit gemeinschaftlich aufzubringen waren (§
16 Abs. 2 WEG). Die ergänzend beschlossene Entnahme aus der
Instandhaltungsrücklage betrifft lediglich die Art und Weise der gemeinschaftlichen
Kostenaufbringung. Ist die gemeinschaftliche Kostentragung deshalb bereits
Gegenstand der beschlossenen Regelung über die Durchführung der
Instandsetzungsmaßnahme (insoweit anders als in dem der Entscheidung des Senats
in NJW-RR 1997, 970 zugrunde liegenden Fall), so kann auch dieser Teil der
getroffenen Regelung nur durch Ungültigerklärung im Beschlussanfechtungsverfahren
beseitigt werden (§ 23 Abs. 4 S. 1 WEG). Wird der Eigentümerbeschluss jedoch durch
übereinstimmende Erledigungserklärung im Beschlussanfechtungsverfahren
bestandskräftig, so kann kein Miteigentümer seiner anteiligen Haftung für die
entstandenen Kosten entgegenhalten, es handele sich um eine bauliche Veränderung,
an deren Kosten er sich nicht zu beteiligen habe, weil er nicht zugestimmt habe (§ 16
Abs. 3 Halbsatz 1 WEG). Für die Beteiligten zu 1) bestand deshalb keine Möglichkeit,
einerseits ihren Widerstand gegen die Sanierung des Heizungsrohrsystems
aufzugeben, andererseits ihre Auseinandersetzung mit den übrigen
Wohnungseigentümern unter einem veränderten Anknüpfungspunkt fortzuführen. Eine
davon ggf. abweichende Vorstellung der Beteiligten zu 1) muss für die Auslegung ihrer
Erklärung ohne Bedeutung bleiben.
19
Tagesordnungspunkt 4
20
Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht gebilligt, dass die Beschlussfassung über die
Genehmigung der Jahresabrechnung 2002 und die Entlastung der Beteiligten zu 6) im
Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung liegt. Dies gilt zunächst für die von den
Beteiligten zu 1) erhobenen formellen Bedenken. Nach § 14 Abs. 7 der
Teilungserklärung ist für die Gültigkeit einer Beschlussfassung der
Eigentümerversammlung erforderlich, dass die Versammlungsniederschrift von zwei
von der Versammlung gewählten Miteigentümern unterschrieben wird. Diesem
Erfordernis ist hier dadurch hinreichend Rechnung getragen worden, das ausweislich
der Versammlungsniederschrift vom 27.03.2003 eine mehrheitliche Beschlussfassung
erfolgt ist, durch die "der Beirat bevollmächtigt worden ist, das Protokoll der aktuellen
Versammlung zu unterzeichnen." Diese Unterzeichnung ist, wie das Landgericht durch
Einsichtnahme in das Original der Versammlungsniederschrift festgestellt hat, erfolgt.
21
Entgegen der Auffassung der weiteren Beschwerde steht der Wahrung der
Formvorschrift nicht entgegen, dass es sich um die Unterschriften der drei
Beiratsmitglieder handelt. Die Auffassung, die genannte Bestimmung der
Teilungserklärung schließe das passive Wahlrecht einzelner Wohnungseigentümer für
die Funktion, die Richtigkeit der Wiedergabe der Eigentümerbeschlüsse in dem
Versammlungsprotokoll zu überprüfen und durch ihre Unterschrift zu gewährleisten, nur
deshalb aus, weil diese gleichzeitig als Beiratsmitglied bestellt seien, findet im Wortlaut
der Regelung keinerlei Stütze. Dabei kann es nicht entscheidend darauf ankommen,
dass eine solche Regelung aus der Sicht der Beteiligten zu 1) im Hinblick darauf
wünschenswert ist, dass sie die Beiratsmitglieder quasi dem Lager der Verwalterin
zurechnen wollen. Eine Regelung der Teilungserklärung, die über die gesetzliche
Vorschrift des § 24 WEG hinausgehend weitere formelle Voraussetzungen für das
gültige Zustandekommen eines Eigentümerbeschlusses aufstellt, muss schon aus
Gründen der Rechtssicherheit eng ausgelegt werden. Ersichtlich unschädlich ist ferner,
dass über die in der Teilungserklärung bestimmte Zahl hinaus die drei zu
Beiratsmitgliedern bestellten Miteigentümer mit der Unterzeichnung der
Versammlungsniederschrift betraut worden sind.
In der Sache rügen die Beteiligten zu 1) mit der Begründung ihrer weiteren Beschwerde
lediglich die Anwendung des Kostenverteilungsschlüssels in der Jahresabrechnung
2002, weil er mit demjenigen der Teilungserklärung nicht übereinstimme. Das
Landgericht hat hinsichtlich der Abrechnungsposition Heizungskosten ausgeführt, die
Eigentümerversammlung habe durch mehrheitlichen Beschluss vom 11.09.2002 von der
in § 13 Abs. 2 der Teilungserklärung eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch
Stimmenmehrheit eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels zu beschließen.
Eine solche Öffnungsklausel erweitert die Beschlusskompetenz der
Eigentümerversammlung in wirksamer Weise in einen Bereich, der nach den
dispositiven gesetzlichen Vorschriften des WEG einer Vereinbarung (§ 10 WEG)
vorbehalten ist (BGH NJW 2000, 3500, 3502). Das Protokoll der
Eigentümerversammlung vom 11.09.2000, in der zu Tagesordnungspunkt 2 a)
ausdrücklich eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels dahin beschlossen
worden ist, dass beginnend mit dem Jahr 2002 die Heizungskosten im Verhältnis 50%
Ableseeinheiten zu 50 % Wohnfläche umzulegen sind, ist vorgelegt worden. Dass
dieser Eigentümerbeschluss, der mit den Vorschriften der HeizkostenVO in Einklang
steht, rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, ist von keinem Beteiligten vorgetragen
worden; der Beschluss ist damit bestandskräftig geworden. Die von der weiteren
Beschwerde vorgetragenen Bedenken gegen den Inhalt der Beschlussfassung sind
insoweit unbegründet. Entgegen der Darstellung der Beteiligten zu 1) ist die
Öffnungsklausel in der Teilungserklärung inhaltlich umfassend und ermöglicht
insbesondere auch eine auf Dauer angelegte Änderung des
Kostenverteilungsschlüssels, die für die folgenden Abrechnungsjahre maßgeblich
bleibt, solange sie nicht ihrerseits abgeändert wird. Im Übrigen handelt es sich hier
ohnehin um das erste Jahr, für das nach dem Eigentümerbeschluss der neue
Kostenverteilungsschlüssel gelten sollte.
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Nicht ausdrücklich eingegangen ist das Landgericht auf die weiteren Kostenpositionen
(wie etwa Außenbeleuchtung, Strassenreinigung, Gartenpflege/Winterdienst,
Hausmeister, Kabelfernsehen), die in der Jahresabrechnung nach der Zahl der
Wohnungseinheiten umgelegt worden sind, während insoweit nach § 13 Abs. 2 a) Nr. 2
und 3 der Teilungserklärung eine Verteilung nach dem Verhältnis der Wohnflächen
vorgesehen ist; für die Verwaltungskosten sieht § 13 Abs. 2 c) der Teilungserklärung
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ohnehin eine Verteilung nach der Zahl der Wohnungseinheiten vor. Eine ausdrückliche
Beschlussfassung der Eigentümerversammlung, dass auch insoweit ab einem
bestimmten Zeitpunkt eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels stattfinden soll,
liegt nicht vor. Vielmehr ist insoweit eine ständige Handhabung in den Vorjahren auch in
der hier betroffenen Jahresabrechnung fortgeführt worden. Auch insoweit ist jedoch
entgegen der Auffassung der weiteren Beschwerde die Beschlussfassung der
Eigentümerversammlung durch die Öffnungsklausel gedeckt. Wird die
Beschlusskompetenz der Gemeinschaft durch die Teilungserklärung auf eine an sich
nur einer Vereinbarung zugängliche Änderung des Kostenverteilungsschlüssels
erweitert, so erstreckt sich diese Beschlusskompetenz umfassend auf Regelungen in
dem durch die Öffnungsklausel genannten Sachbereich. Die Beschlusskompetenz der
Gemeinschaft deckt damit nicht nur eine abstrakte normähnliche Änderung des
Kostenverteilungsschlüssels für die Zukunft, sondern auch Regelungen, durch die im
Einzelfall von der Teilungserklärung abgewichen wird. Entscheidend kann nur sein,
dass die Eigentümerversammlung als das nach der Teilungserklärung dazu berufene
Organ der Wohnungseigentümergemeinschaft die Regelung getroffen hat. Die
Abweichung des in der Jahresabrechnung angewandten von dem
Kostenverteilungsschlüssel in § 13 Abs. 2 der Teilungserklärung wird bei einem
Vergleich beider Regelungen ohne weiteres deutlich. Die von der weiteren Beschwerde
herangezogene Entscheidung des OLG Düsseldorf (NZM 2004, 467 f.) steht dieser
Beurteilung nicht entgegen, weil diese sich nur auf die Auslegung einer
Beschlussfassung einer Eigentümerversammlung im Hinblick auf eine mögliche
Änderung des Kostenverteilungsschlüssels bezieht. In diesem Zusammenhang hat das
OLG Düsseldorf lediglich zum Ausdruck gebracht, dass eine fehlende Klarstellung einer
gewollten Abweichung von der Teilungserklärung für ein Auslegungsergebnis spreche,
dass eine dauerhafte Änderung des Kostenverteilungsschlüssels nicht beschlossen
worden sei. Für eine im Einzelfall vorgenommene Abweichung von dem
Kostenverteilungsschlüssel im Rahmen der Beschlussfassung über die
Jahresabrechnung ergibt sich aus dieser Entscheidung nichts.
Allerdings unterliegt eine im Einzelfall vorgenommene Abweichung von dem
Kostenverteilungsschlüssel der Teilungserklärung denselben inhaltlichen Schranken
wie eine inhaltlich entsprechende abstrakte Regelung für die Zukunft: Eine Änderung ist
nur zulässig, wenn sachliche Gründe vorliegen und einzelne Wohnungseigentümer
aufgrund der Neuregelung gegenüber dem bisherigen Rechtszustand nicht unbillig
benachteiligt werden (BGHZ 95, 137 = NJW 1985, 2382; Senat FGPrax 2000, 100). Das
Amtsgericht hat dazu ausgeführt, bei den Abrechnungspositionen Außenbeleuchtung,
Strassenreinigung, Gartenpflege/Winterdienst, Hausmeister, Kabelfernsehen kämen die
Nutzungsvorteile den Wohnungseigentümern unabhängig von der jeweiligen
Wohnungsgröße zugute, so dass eine für jede Einheit gleich bemessene Verteilung
dieser Kosten sachlich gerechtfertigt sei. Im Übrigen seien die Beteiligten zu 1)
Eigentümer einer mittelgroßen Wohnung; daneben seien in der Anlage auch
flächenmäßig kleine und große Wohnungen vorhanden. Es sei deshalb nicht ersichtlich,
dass gerade die Beteiligten zu 1) durch eine gleichmäßige Verteilung dieser
Kostenpositionen nach der Zahl der Wohneinheiten benachteiligt würden. Gegen diese
tatsächliche Beurteilung haben die Beteiligten zu 1) weder im Verfahren der ersten noch
der weiteren Beschwerde konkrete Beanstandungen erhoben, insbesondere nicht
dargelegt, ob und in welchem Umfang sie durch die Verteilung nach der Zahl der
Wohneinheiten gegenüber einer solchen nach dem Verhältnis der Wohnflächen
schlechter gestellt werden. Kann somit von einer Benachteiligung der Beteiligten zu 1)
nicht ausgegangen werden, können an den sachlichen Grund für die Änderung keine
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besonderen Anforderungen gestellt werden, zumal es sich hier um einen bereits seit
langen Jahren praktizierten Abrechnungsmaßstab handelt, auf den sich die
Wohnungseigentümer eingestellt haben.
Die mit der Genehmigung der Jahresabrechnung erfolgte Entlastung der Beteiligten zu
6) als Verwalterin widerspricht nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2003, 3124)
ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn Ansprüche gegen sie erkennbar in Betracht
kommen und nicht aus besonderen Gründen Anlass besteht, auf die hiernach möglichen
Ansprüche zu verzichten. Da die Jahresabrechnung 2002 nach den vorstehenden
Ausführungen nicht zu beanstanden ist, bestehen keine Hinderungsgründe, der
Beteiligten zu 6) Entlastung für ihre Tätigkeit in dem Abrechnungsjahr zu erteilen.
25
Tagesordnungspunkt 5 g
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Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei ausgeführt, die Beschlussfassung der
Eigentümerversammlung über die Installation einer Beleuchtung an der Müllbox und im
Treppenbereich diene der Verkehrssicherung und liege damit im Rahmen
ordnungsgemäßer Verwaltung. Den überzeugenden Ausführungen der
landgerichtlichen Entscheidung ist nichts hinzuzufügen.
27
Tagesordnungspunkt 6
28
Die Anfechtung der Genehmigung des Wirtschaftsplans 2003 bleibt aus denselben
Gründen wie diejenige der Jahresabrechnung 2002 ohne Erfolg.
29
Tagesordnungspunkt 7 d
30
Das Landgericht hat den Anfechtungsantrag gegen Beschluss über die Abmahnung der
Beteiligten zu 3) wegen eines gemeinschaftswidrigen Verhaltens (falscher Münzeinwurf
in den Münzautomaten der Gemeinschaftswaschmaschine) für unbegründet erachtet:
Der Beschluss sei formell ordnungsgemäß zustande gekommen, eine sachliche
Nachprüfung der Berechtigung der erteilten Abmahnung finde im
Beschlussanfechtungsverfahren nicht statt. Diese Beschränkung der Nachprüfung im
Beschlussanfechtungsverfahren entspricht der überwiegend vertretenen Auffassung.
Eine erteilte Abmahnung ermöglicht gem. § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG bei einem
wiederholten gröblichen Pflichtenverstoß eine mehrheitliche Beschlussfassung über
eine Entziehung des Wohnungseigentums im Sinne des § 18 Abs. 1 und 3 WEG. Der
Beschluss über ein Veräußerungsverlangen ist im Verfahren gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 4
WEG nach anerkannter Auffassung nur darauf zu überprüfen, ob formelle Mängel
vorliegen, nicht jedoch darauf, ob die Entziehung materiell gerechtfertigt ist. Denn eine
Überprüfung der sachlichen Voraussetzungen des Veräußerungsverlangens ist dem
Zivilprozess vorbehalten, in dem gem. § 51 WEG der Anspruch auf die Veräußerung
geltend zu machen ist (BayObLGZ 1999, 66 = NJW-RR 1999, 887; KG NJW-RR 1994,
855; OLG Köln ZMR 1998, 376; Senat OLGZ 1990, 57). In einem solchen Zivilprozess
ist deshalb auch darüber abschließend zu befinden, ob die Abmahnung zu Recht erteilt
worden ist, dieser also ein gröblicher Pflichtenverstoß des betreffenden
Wohnungseigentümers zugrunde liegt. Dieser Zusammenhang spricht dafür, dass die
Überprüfung der Abmahnung nicht anders gestaltet sein kann als diejenige des
Veräußerungsverlangens nach § 18 Abs. 1 WEG selbst (so BayObLG NJW-RR 1996,
12; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 18, Rdnr. 42; MK/BGB-Engelhardt, 4. Aufl., §
18, Rdnr. 4; a.A. OLG Düsseldorf DWE 1995, 119).
31
Einer abschließenden Entscheidung des Senats zu dieser Frage bedarf es nicht, weil es
bereits an einem hinreichenden Rechtsschutzinteresse der Beteiligten zu 1) in diesem
Punkt fehlt. Denn diese sind durch die erteilte Abmahnung persönlich in ihren Rechten
nicht betroffen: Die Abmahnung richtet sich nicht gegen sie, sondern ausschließlich
gegen die Beteiligte zu 3), die diesen Beschluss zwar ihrerseits zunächst angefochten,
die Zurückweisung ihres diesbezüglichen Antrags durch den Teilbeschluss des
Amtsgerichts jedoch nicht mit einem eigenen Rechtsmittel angegriffen hat. Zwar ist im
Beschlussanfechtungsverfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG ein Rechtsschutzbedürfnis
der Wohnungseigentümer im Regelfall nicht zu prüfen. Da das Anfechtungsrecht nicht
nur dem persönlichen Interesse des anfechtenden Wohnungseigentümers oder dem
Minderheitenschutz dient, sondern dem Interesse der Gemeinschaft an einer
ordnungsmäßigen Verwaltung, genügt für die Anfechtung grundsätzlich das Interesse
eines Wohnungseigentümers, eine ordnungsmäßige Verwaltung zu erreichen (BGH
NJW 2003, 3124, 3125). Im dem vorliegenden Zusammenhang handelt es sich jedoch
nicht um eine Verwaltungsmaßnahme, die allen Wohnungseigentümern gegenüber
wirksam wird. Vielmehr beschränkt sich der Beschluss der Eigentümerversammlung auf
die Vorbereitung eines künftig möglicherweise geltend zu machenden Anspruchs gegen
eine Miteigentümerin (hier: Veräußerungsverlangen nach § 18 WEG), wobei dem
Beschluss der Eigentümerversammlung über die formelle Erklärung einer Abmahnung
hinaus keinerlei Bindungswirkung weder im Hinblick auf eine ggf. zu erfolgende
Beschlussfassung über das Veräußerungsverlangen gem. § 18 Abs. 3 WEG noch im
Hinblick auf die Feststellung der sachlichen Voraussetzungen einer
Eigentumsentziehung zukommt. In einer solchen Situation mag zwar für den von der
Abmahnung selbst betroffenen Wohnungseigentümer ein Rechtsschutzinteresse für
eine gerichtliche Ungültigerklärung der Beschlussfassung zu bejahen sein. Wenn der
unmittelbar betroffene Wohnungseigentümer aber einen Beschlussanfechtungsantrag
nicht stellt bzw. hier nach dessen Zurückweisung nicht mit einem eigenen Rechtsmittel
weiterverfolgt, kann ein Rechtsschutzinteresse nicht auch für einen anderen
Wohnungseigentümer bejaht werden, der sich mit einem eigenen Antrag die etwaige
Verletzung der Rechte des von der Abmahnung betroffenen Wohnungseigentümers zu
eigen machen will.
32
Tagesordnungspunkt 9 a
33
Die Beurteilung des Landgerichts, der Beschluss über die Bepflanzung des
Müllplatzsockels mit Efeu entspreche ordnungsgemäßer Verwaltung, weil die
Beteiligten zu 1) durch diese Maßnahme nicht über das bei einem geordneten
Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus tatsächlich benachteiligt werden (§ 22
Abs. 1 S. 2, 14 Nr. 1 WEG), ist rechtlich in keiner Richtung zu beanstanden. Die Rechte
der Beteiligten zu 1) werden auch nicht dadurch berührt, dass der Beschluss die
ergänzende Regelung enthält, die Arbeiten sollten in Eigenleistung durchgeführt
werden. Auf diese Weise ist ausgeschlossen, dass durch die Maßnahme Kosten
entstehen können, die nach § 16 Abs. 2 WEG gemeinschaftlich aufzubringen sind. Die
Beteiligten zu 1) werden auch nicht persönlich zu irgendwelchen Eigenleistungen in
diesem Zusammenhang verpflichtet. Der Beschluss beschränkt sich danach in der
Sache auf die Genehmigung der Bepflanzung mit der Maßgabe, dass die interessierten
Wohnungseigentümer selbst die Bepflanzung durchzuführen haben. Die dadurch
bewirkte Kostenfreistellung für die Beteiligten zu 1), die der Maßnahme nicht zugestimmt
haben, entspricht der gesetzlichen Vorschrift des § 16 Abs. 3 Halbsatz 1 WEG.
34
Hinsichtlich der Nebenentscheidungen gilt:
35
Der Senat hat zunächst den Gegenstandswert für die einzelnen
Beschlussanfechtungsanträge festgesetzt und gleichzeitig gem. § 31 Abs. 1 S. 2 KostO
von Amts wegen die Geschäftswertfestsetzung der Vorinstanzen überprüft. Der Senat ist
dabei zu teilweise erheblich abweichenden Festsetzungen gelangt und hat
dementsprechend die Wertfestsetzungen abgeändert. Dadurch ist zugleich die als
solche unzulässige weitere Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten
zu 1) gegen den Beschluss des Landgerichts vom 19.07.2004 (11 T 49/04)
gegenstandslos geworden. Zusammengestellt nach den einzelnen
Tagesordnungspunkten ergeben sich folgende Werte:
36
TOP 2 Heizung: Das gem. § 48 Abs. 3 S. 1 WEG im Ausgangspunkt
maßgebend zu berücksichtigende Interesse sämtlicher
Wohnungseigentümer muss an den Kosten der Sanierung orientiert
werden. Der Ansatz des voraussichtlichen (ca. 80.000 €) oder auch des
tatsächlich entstandenen erheblich höheren Betrages würde jedoch dazu
führen, dass die Kosten des Verfahrens nicht mehr in einem
angemessenen Verhältnis zu dem Interesse der Antragsteller stünde (§ 48
Abs. 3 S. 2 WEG). Der Senat hat deshalb einen Betrag von für
angemessen erachtet. In den Verfahren der ersten und der weiteren
Beschwerde ist nur noch ein Betrag von 3.000,00 € berücksichtigt worden,
weil Gegenstand des Streits nicht mehr die Sanierung selbst, sondern nur
noch die anteilige Belastung der Beteiligten zu 1) mit den Kosten der
Maßnahme war.
30.000,00
TOP 4 Jahresabrechnung und damit im Zusammenhang stehend die
Verwalterentlastung. Der Senat hat einen Anteil von 25 % der umgelegten
Kosten von ca. 150.000,00 € angesetzt.
37.500,00
TOP 5 d Parkplatzbegradigung unverändert
500,00 €
TOP 5 f Parkplatzbeleuchtung unverändert
1.000,00 €
TOP 5 g Beleuchtung Müllbox unverändert
500,00 €
TOP 6 Wirtschaftsplan: Dieser Beschlussgegenstand hätte an sich wie
TOP 4 bewertet werden müssen. Unter Berücksichtigung des § 48 Abs. 3
S. 2 WEG hat der Senat einen Betrag in Höhe von lediglich angesetzt.
20.000,00
TOP 7 a Verwalterbestellung: Hier hätte an sich die volle
Verwaltervergütung für den Bestellungszeitraum in Höhe von gerundet
45.000,00 € angesetzt werden müssen. Unter Berücksichtigung des § 48
Abs. 3 S.2 WEG hat es der Senat unverändert bei dem bereits
festgesetzten Betrag von belassen.
10.000,00
TOP 7 d Abmahnung unverändert
1.000,00 €
TOP 8a Aushängekästen unverändert
1.000,00 €
TOP 9 a Bepflanzung unverändert
500,00 €
TOP 12 a Wurfsendungen unverändert
500,00 €
TOP 13 ff. Verpflichtungsantrag unverändert
2.000,00 €
insgesamt
104.500,00
37
Über die Gerichtskosten des Verfahrens ist gem. § 47 S. 1 WEG nach billigem
Ermessen zu entscheiden. Diesem Maßstab entspricht es, die Beteiligten anteilig nach
dem Maß ihres sachlichen Unterliegens mit den Gerichtskosten zu belasten. Der Senat
hat bedingt durch die Abänderung der Wertfestsetzung den einzelnen
Verfahrensbeteiligten entsprechend ihrem sachlichen Unterliegen jeweils bestimmte
Kostenquoten zugeordnet. Daraus folgt eine Abänderung der in Vorinstanzen
getroffenen Kostenentscheidungen, die der Senat von Amts wegen vorgenommen hat.
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Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten (§ 47 S. 2 WEG) entspricht es regelmäßig
der Billigkeit, dass die Verfahrensbeteiligten ihre Kosten jeweils selbst zu tragen haben.
Für das Verfahren dritter Instanz liegen jedoch besondere Gründe vor, die eine
Ausnahme von diesem Grundsatz rechtfertigen. Denn das Landgericht hat seine
Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ausführlich begründet. Die
weitere Beschwerde hat keine Gesichtspunkte vortragen können, die die Entscheidung
des Landgerichts ernsthaft hätte in Zweifel ziehen können. Unter diesen Umständen
entspricht es der Billigkeit, dass die Beteiligten zu 1) auch die außergerichtlichen
Kosten zu erstatten haben, die sie auf Seiten der Beteiligten zu 5) durch
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die Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde veranlasst haben. Der Ausschluss
der Kostenerstattung für die Vorinstanzen ist rechtlich nicht zu beanstanden.
40