Urteil des OLG Hamm vom 02.09.2010

OLG Hamm (ende der frist, ablauf der frist, werbung, uwg, frist, kläger, irreführung, verlängerung der frist, verbraucher, unwahre angabe)

Oberlandesgericht Hamm, I-4 U 52/10
Datum:
02.09.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-4 U 52/10
Vorinstanz:
Landgericht Bielefeld, 17 O 191/09
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 05. März 2010 verkündete
Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld wird
zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der
Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils
beizutreibenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
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I.
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Der Kläger wendet sich gegen das Werbeverhalten der Beklagten, die Reisen für Kinder
und Jugendliche anbietet.
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Die Beklagte bewarb am 21. April 2009 auf ihrer Internetseite *Internetadresse* (Anlage
K 4 –Bl.18) eine Kinderreise mit einem Frühbucherrabatt von 25,00 €, der bis zum 30.
April 2009 gelten sollte. Zuvor war zunächst ein befristeter Frühbucherrabatt in gleicher
Höhe bei Buchung bis zum 31. März 2009 beworben und bis zum 17. April 2009
verlängert worden. Auch nach Ablauf der Rabattfrist vom 30. April 2009 wurde der
Rabatt zunächst weiterhin gewährt. Eine Kundin der Beklagten, die aufgrund der
Werbung vom 21. April 2009 am 29. April 2009 eine solche Kinderreise gebucht hatte,
bekam die Auskunft, dass die Beklagte den Rabatt weiterhin gewähre, weil sie weiterhin
von zunächst nicht absehbaren günstigen Einkaufspreisen profitiere, die sie an ihre
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von zunächst nicht absehbaren günstigen Einkaufspreisen profitiere, die sie an ihre
Kunden weitergeben wolle.
Nach erfolgloser Abmahnung mit Schreiben vom 30. Juni 2009 hat der Kläger die
Beklagte auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 214,00 €
nebst Zinsen gerichtlich in Anspruch genommen. Er hat eine Irreführung der
angesprochenen Verbraucher darin gesehen, dass die Beklagte den Preisvorteil auch
nach dem Ablauf der zunächst mitgeteilten Frist weiterhin gewähre. Dadurch komme es
bei dem Verbraucher, der annehme, dass es den Preisvorteil nur für den genannten
Zeitraum gebe, zu einer Fehlvorstellung. Der mit einem befristeten Frühbucherrabatt
Werbende müsse sich an die von ihm vorgegebene zeitliche Begrenzung halten und
anschließend den Preis erhöhen, um eine solche Irreführung zu vermeiden.
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Der Kläger hat mit dem Antrag zu 1) unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel
beantragt, es zu unterlassen,
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im geschäftlichen Verkehr im Internet Jugendreisen zu einem befristeten
Frühbucherrabatt zu bewerben, wenn nach Ablauf der Befristung weiterhin
lediglich der reduzierte Preis verlangt wird,
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hilfsweise,
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im geschäftlichen Verkehr bei Internetangeboten für Kinderreisen, die für einen
bestimmten Zeitraum mit einem Frühbucherrabatt beworben waren, nach Ablauf
dieses Zeitraums die beworbenen Reisen weiterhin zu diesen rabattierten
Frühbucherpreisen anzubieten.
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Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
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Sie hat behauptet, solche Frühbucherrabatte in Bezug auf Sommerreisen seien seit
Jahren auf dem Reisemarkt üblich, weil sie beiden Vertragsparteien nutzten, nämlich
dem Frühbucher durch den Preisvorteil und dem Anbieter durch größere
Planungssicherheit. Im Jahre 2009 seien die Verbraucher wegen der Wirtschaftskrise
unentschlossener als üblich gewesen. Deshalb hätten alle Reiseveranstalter ihre
Frühbucherrabatte länger als ursprünglich beabsichtigt und angekündigt gewährt. Ihre
Verlängerung der Frühbucherrabatte habe sie auch in regelmäßigen Abständen
veröffentlicht. Mit näheren Ausführungen hat die Beklagte noch dargelegt, dass bei einer
etwaigen Irreführung jedenfalls deren Relevanz fehle. Der Frühbucher werde bei seiner
Entscheidung nicht benachteiligt. Er habe einen überschaubaren Rabatt erhalten, sich
dafür aber binden müssen.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der
Hauptantrag des Unterlassungsbegehrens sei abzuweisen, weil er Unmögliches
verlange. Er habe die vorherige Bewerbung des befristeten Frühbucherrabatts zum
Gegenstand und mache das Verbot der Werbung von einem künftigen Ereignis
abhängig, nämlich dem weiteren Verlangen des reduzierten Preises nach Ablauf der
Frist. Wenn während des Laufs der Werbung unklar sei, ob diese Bedingung eintreten
werde, könne diese Werbung auch nicht verboten werden. Der Kläger wolle in
Wirklichkeit verboten sehen, dass die Preise nach Ablauf der Rabattfrist nicht erhöht
würden. Dem trage der hilfsweise gestellte Unterlassungsantrag Rechnung, der aber
unbegründet sei. Die geltend gemachte Irreführung i.S. des § 5 UWG läge nicht vor. Der
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Kläger behaupte selbst nicht, dass die Beklagte bei Beginn der beanstandeten Werbung
schon vorgehabt hätte, weiterhin den ermäßigten Preis zu verlangen. Das bloße
Weiterverlangen des alten ermäßigten Preises enthalte keine unwahren oder zur
Täuschung geeignete Angaben. Damit werde nur der tatsächlich berechnete Preis
benannt. Die vorangegangene Werbung mit dem befristeten Frühbucherrabatt möge
zwar aus einer Betrachtung im Nachhinein unzutreffend gewesen sein, weil die
Beklagte sich nicht an ihre Befristung gehalten habe. In der sich nachträglich als
unzutreffend erwiesenen Werbung sei aber keine irreführende geschäftliche Handlung
zu sehen, weil es schon während der Werbung feststellbar sein müsse, ob diese
unwahre Behauptungen enthalte. Eine unwahre Angabe könne auch nicht darin
gesehen werden, dass sich die Beklagte während der Werbung mit dem befristeten
Frühbucherrabatt möglicherweise insgeheim vorbehalten habe, am Ende der Frist über
eine Verlängerung der Aktion zu entscheiden. Die Beklagte sei nicht verpflichtet
gewesen, bloß denkbare geschäftliche Entscheidungen im Vorhinein zu offenbaren.
Wenn der Unterlassungsanspruch nicht bestehe, sei auch der Zahlungsanspruch
unbegründet.
Der Kläger greift das Urteil mit der Berufung an. Er meint zunächst, dass das mit dem
Hauptantrag begehrte Verbot nicht auf eine unmögliche Leistung gerichtet sei. Er hält in
der Sache auch an seiner Rechtsauffassung fest, dass die Irreführung, auch wenn sie
zunächst nicht beabsichtigt gewesen sei, dadurch eintrete, dass der Preisvorteil auch
nach Ablauf der angekündigten Befristung weiterhin gewährt werde. Die Werbeaussage
sei objektiv falsch gewesen. Der Verbraucher sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass
der Preisvorteil nur in einer gewissen Zeitspanne gewährt werde und habe aufgrund
dessen möglicherweise eine Buchung getätigt, die er im Wissen, dass der Preisvorteil
länger gewährt wäre, nicht getätigt hätte. Hinzu komme, dass das Verhalten der
Beklagten auch gegen §§ 3, 4 Nr. 4 UWG verstoße. Die Werbeaussage, dass der
Preisnachlass nur für einen bestimmten Zeitraum gewährt werde, habe nicht vollständig
den tatsächlichen Gegebenheiten entsprochen. Die Beklagte habe sich nach eigenen
Angaben vorbehalten, die Aktion zu verlängern.
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Der Kläger beantragt,
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1. der Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen,
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im geschäftlichen Verkehr im Internet Jugendreisen zu einem befristeten
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Frühbucherrabatt zu bewerben, wenn nach Ablauf der Befristung weiterhin
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lediglich der reduzierte Preis verlangt wird,
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hilfsweise,
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im geschäftlichen Verkehr bei Internetangeboten für Kinderreisen, die für
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einen bestimmten Zeitraum mit einem Frühbucherrabatt beworben waren,
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nach Ablauf dieses Zeitraums die beworbenen Reisen weiterhin zu diesen
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rabattierten Frühbucherpreisen anzubieten.
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2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 214,-- € nebst Zinsen in Höhe von 5
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Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. Juli 2009 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie weist zunächst darauf hin, dass sie gerade nicht vorgetragen habe, dass sie sich
vorbehalten habe, die Aktion zu verlängern. Sie habe vielmehr zum Zeitpunkt der
entsprechenden Werbung jeweils die Absicht gehabt, den Rabatt nur innerhalb des
angegebenen Zeitraums zu gewähren. Die Werbeaussage sei deshalb nicht falsch
gewesen. Sie habe damit auch keine Tatsache verschwiegen, die im Sinne des § 5 a
UWG zur Irreführung geeignet gewesen sei. Insoweit verweist die Beklagte nochmals
auf das Senatsurteil vom 8. September 2009 –4 U 95 / 09. Für einen Verstoß gegen § 4
Nr. 4 UWG fehle es schon an ausreichendem Tatsachenvortrag. Unabhängig davon
scheide ein Verstoß auch aus, weil die Bedingungen für die Inanspruchnahme des
Preisvorteils klar und vollständig angegeben worden seien.
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Der Kläger hat angeregt, die Entscheidung in diesem Rechtsstreit bis zur Entscheidung
des Bundesgerichtshofs in der Sache 4 U 95/09 des Senats auszusetzen.
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II.
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Die Berufung des Klägers ist unbegründet, weil ihm der Beklagten gegenüber der
geltend gemachte Unterlassungsanspruch ebenso wenig wie der Zahlungsanspruch
zusteht. In dem Weitergewähren des zunächst zeitlich befristeten Preisvorteils ist kein
Fall einer irreführenden Werbung zu sehen.
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1) Es besteht keine Veranlassung für eine Aussetzung des Rechtsstreits bis zur
Entscheidung des Bundesgerichtshofs in der Sache 4 U 95 / 09 des Senats über die
zugelassene und eingelegte Revision. Eine Vorgreiflichkeit im Sinne des § 148 ZPO ist
insoweit nicht gegeben. Das gilt umso mehr, als es sich auf der Beklagtenseite um
unterschiedliche Parteien handelt. Es genügt für eine Aussetzung nicht, wenn die zu
erwartende Entscheidung lediglich geeignet ist, auf die vorliegende Entscheidung
Einfluss zu nehmen. Selbst zum Abwarten eines Musterprozesses kann es nur mit
Zustimmung beider Parteien im Rahmen des § 251 ZPO kommen (vgl. Zöller/Greger,
ZPO, 28. Auflage, § 148 Rdn. 5). Dafür, dass auch die Beklagte ein Ruhen des
Verfahrens wünscht, ist im vorliegenden Fall nichts ersichtlich.
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2) Der Kläger stützt seine Anträge auf eine Irreführung im Sinne der §§ 5, 5a UWG und
auf einen Verstoß gegen § 4 Nr. 4 UWG. Mit diesen greift er weiterhin auch die
Ursprungswerbung an, weil sie jedenfalls durch die spätere Entwicklung irreführend
geworden sein soll und zur Dauer der Rabattaktion unzutreffende Angaben enthalten
habe. Daneben wird aber –insbesondere angesichts des Hilfsantrages- eine Irreführung
auch darin gesehen, dass der Frühbucherrabatt nach Ablauf der für ihn gewährten Frist
weiterhin gewährt worden ist. In dieser Verlängerung der Gewährung des Preisvorteils
wird die eigentliche Verletzungshandlung gesehen. Wie schon das Landgericht deutlich
gemacht hat, wird die Irreführung ausdrücklich nicht darauf gestützt, dass die Beklagte
von Anfang an beabsichtigt habe, den Preisvorteil über die mitgeteilte Frist hinaus
weiter zu gewähren. Behauptet werden soll nur, dass sich die Beklagte bei der
Werbeaussage vorbehalten habe, die Frist zu verlängern, auch wenn das die Beklagte
so selbst nicht vorgetragen hat.
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3) Berücksichtigt man dieses Klageziel, so erscheint bereits der Hauptantrag in Bezug
auf die Unterlassung, der sich eng an die konkrete Verletzungshandlung anlehnt,
bestimmt genug im Sinne des § 253 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Es ist aber unschädlich, dass
der Kläger zur Klarstellung seines Begehrens weiterhin beide Anträge stellt.
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4) Dem Kläger steht kein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 3 Nr. 3, 3, 5 Abs. 1 Satz
2 Nr. 2 UWG zu. Die beanstandete Werbung mit dem Frühbucherrabatt hat keine
relevanten irreführenden Angaben über den Anlass und die Bedingungen des
gewährten Preisnachlasses zum Gegenstand.
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a) Der Kläger kann als qualifizierte Einrichtung nach § 4 UKlaG einen
Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG geltend machen, wenn die Beklagte mit
den beanstandeten Werbeverhalten eine unzulässige geschäftliche Handlung im Sinne
des § 3 UWG vorgenommen hat. Darunter fällt auch eine irreführende geschäftliche
Handlung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG.
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b) Die hier zunächst angegriffene Werbung ist irreführend in diesem Sinne, wenn die in
ihr enthaltenen Angaben über die Dauer eines Frühbucherrabatts bei den
angesprochenen Verkehrskreisen einen unrichtigen Eindruck hervorrufen, der für ihre
spätere Kaufentscheidung relevant sein kann.
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aa) In der Bewerbung des zeitlich bis zum 30. April 2009 befristeten Frühbucherrabatts
im Internetauftritt vom 21. April 2009 ist eine Angabe im Sinne des § 5 UWG zu sehen.
Diese Angabe der zeitlichen Befristung des Sondervorteils in der beanstandeten
Werbung ist aber nicht unwahr oder sonst zur Täuschung geeignet. Wie der Senat
bereits mit dem Urteil vom 8. September 2009 –4 U 95/09 im Fall einer verlängerten
Frist bei einer Jubiläumswerbung entschieden hat, kommt es dabei entscheidend auf
die Sicht zum Zeitpunkt des Erscheinens der Werbung an. Die die Irreführung
begründende Unrichtigkeit der Aussage muss sich aus der angegriffenen Werbung
selbst ergeben; sie kann nicht nachträglich daraus hergeleitet werden, dass nach dem
Endtermin tatsächlich der Preisvorteil noch weiterhin gewährt wurde.
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bb) Der Kläger weist zwar zurecht darauf hin, dass die angesprochenen Verbraucher
der beanstandeten Werbung entnehmen, dass sie nur bis zum 30. April 2009
Gelegenheit hätten, den mit dem Frühbucherrabatt verbundenen Preisvorteil für sich in
Anspruch zu nehmen. Dabei könnte es sich deshalb um eine Fehlvorstellung handeln,
weil der Zeitablauf an das Licht gebracht hat, dass der Frühbucherrabatt auch nach
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Ablauf der Rabattaktion noch gewährt worden ist. Das ist aber kein Fall der Irreführung
nach § 5 UWG. Bei einer in die Zukunft gerichteten Werbeaussage kann es nicht darauf
ankommen, ob sie sich nachträglich objektiv als richtig erweist oder nicht, sondern nur
darauf, ob die Werbeaussage zum Zeitpunkt des Erscheinens der Werbung aus der
prognostischen Sicht des Werbenden richtig war oder nicht. Es ist hier unstreitig, dass
die Beklagte den bis zum 30. April 2009 befristeten Frühbucherrabatt zunächst
tatsächlich bis zum Ende der Frist gewähren wollte. Deshalb war die Werbeaussage
zum entscheidenden Zeitpunkt ihres Erscheinens nicht falsch. Die Werbung am 21.
April 2009 war somit zur Irreführung nicht geeignet.
c) An diesem Ergebnis ändert sich auch dadurch nichts, dass die Beklagte selbst eine
feste zeitliche Grenze für ihren Frühbucherrabatt angegeben und diese dann nicht
eingehalten hat. Es ist nämlich auch keine gesonderte irreführende Handlung darin zu
sehen, dass die Beklagte nach Fristablauf den Frühbucherrabatt gewährt und somit
weiterhin den alten herabgesetzten Preis verlangt hat. Aus der mitgeteilten
(voraussichtlichen) zeitlichen Begrenzung folgt nicht, dass sich die Beklagte quasi im
Rahmen einer Selbstbindung an diese Grenze auch in jedem Falle halten muss (a.A.
wohl Hefermehl/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 28. Auflage, § 5 Rdn. 6.6a und 6.6c für
den Fall der Nichteinhaltung einer im Fall eines Sonderverkaufs selbst bestimmten
Frist), um sich nicht einem Irreführungsvorwurf auszusetzen. Wenn der Werbende
während der angegebenen Frist keinen Frühbucherrabatt mehr gewährt, mag die
Irreführung auf der Hand liegen. Warum es aber auch irreführend sein soll, wenn die
Rabattaktion entsprechend einer Ankündigung oder stillschweigend aus marktbedingten
Gründen fortgeführt wird, ist nicht erkennbar. Die Verbraucher, die zu diesem späteren
Zeitpunkt buchen, erhalten dann die Sondervorteile nur für einen längeren Zeitraum als
sie zunächst dachten. Ein unangemessener unsachlicher Einfluss durch ein
übertriebenes Anlocken wird auf sie nicht ausgeübt. Die ursprüngliche Frist war auch
nicht so bemessen, dass die interessierten Verbraucher unter einen Zeitdruck gerieten,
der sie überrumpelte, also zu Geschäftsabschlüssen veranlasste, die sie in Kenntnis der
längeren Frist nicht getätigt hätten. Aus der vom Bundesgerichtshof angenommenen
fehlenden zeitlichen Beschränkung von Verkaufsförderungen im Rahmen des § 4 Nr. 4
UWG kann man den Schluss ziehen, dass es dann auch zulässig sein muss, den
Verkauf zu den zuvor zutreffend angegebenen Bedingungen fortzusetzen, obwohl man
zuvor eine zeitliche Begrenzung vorgenommen hat. Das soll zwar insbesondere für
Räumungsverkäufe gelten, wo sich die Problematik besonders anschaulich zeigt.
Letztlich kann aber auch für Rabattaktionen der vorliegenden Art bei Fortsetzungen in
dem hier gegebenen Rahmen nichts anderes gelten. Der Wettbewerber kann beliebig
oft Nachlässe gewähren und auch die Ankündigung von Frühbucherrabatten
aufeinander folgen lassen. Warum der gutgläubig Werbende verpflichtet sein sollte, sich
an eine zunächst mitgeteilte Endfrist zu halten und auch einen zugunsten des
Verbrauchers wirkenden Frühbucherrabatt trotz unerwarteter Marktentwicklung nicht
mehr zu gewähren, ist aus Irreführungsgesichtspunkten nicht ersichtlich. § 5 UWG will
nicht die Geschäftspolitik für die Zukunft festlegen und damit einschränken, sondern
erreichen, dass die Eröffnung des Wettbewerbs immer nur mit wahren Angaben
geschieht. So wie der Werbende in einem angemessenen zeitlichen Rahmen erneut
eine Jubiläumsveranstaltung durchführen dürfte (s. 4 U 95/09), muss es ihm auch
unbenommen bleiben, eine laufende Rabattaktion, die er zunächst befristet hat, in
angemessenem Umfang zu verlängern, wenn das etwa Marktbedingungen ermöglichen
oder erfordern. Die Kaufentscheidung der zuvor gewonnenen Bucher wird dadurch nicht
mehr betroffen. Es kann nur darum gehen, dass sich Verbraucher, die den Sondervorteil
erhalten haben, darüber enttäuscht sind, dass dieser auch zu späterer Zeit noch
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anderen Interessenten gewährt wird.
d) Selbst wenn man in dem geltend gemachten Irreführungsvorwurf des Klägers als ein
minus enthalten sehen könnte, dass die Antragsgegnerin jedenfalls eine Irreführung
durch Unterlassung im Sinne des § 5 a UWG begangen haben könnte, weil sie bei der
ersten Werbung nicht auf einen etwa bestehenden Vorbehalt hingewiesen hat, die
angegebene Frist gegebenenfalls zu verlängern, wäre auch ein solcher Vorwurf
unberechtigt. Die Beklagte hat vorgetragen, dass sie jeweils erst nach Ablauf der Frist
entschieden hat, solche Rabatte wegen der besonderen Marktbedingungen vorläufig
auch noch weiterhin zu gewähren. Von diesem Vortrag ist auszugehen, weil ihn der
Kläger nicht bestritten hat. Unabhängig davon wäre die Beklagte auch nicht verpflichtet
gewesen, die Verbraucher darüber zu informieren, dass die vorgesehene Frist im Falle
des Erfolgs der Aktion im angemessenen Umfang verlängert werden könnte. Sie
brauchte ihre Geschäftspolitik im Hinblick auf die generelle Planung von Rabattaktionen
nicht vor der getroffenen Entscheidung offen zu legen. Es genügte dann vielmehr, die
Verbraucher auf den weiter geltenden Rabatt hinzuweisen, nachdem der Entschluss der
Verlängerung der Frist gefasst worden war. Dem entspricht es auch, dass zwar auf die
festgelegten Bedingungen der Inanspruchnahme der Sondervorteile hingewiesen
werden muss, nicht aber auf geschäftliche Überlegungen im Umfeld, die noch nicht
praktisch geworden sind.
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5) Auch ein Verstoß gegen § 4 Nr. 4 UWG kommt als unlautere geschäftliche Handlung
im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG nicht in Betracht. Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs (WRP 2008, 1508 –Räumungsfinale) fordert das in § 4 Nr. 4 UWG
enthaltene Transparenzgebot nur, dass bereits feststehende
Verkaufsförderungsbedingungen, wozu auch die Bedingungen für die Erlangung von
Sondervorteilen gehören, angegeben werden müssen. Dazu gehörte zum Zeitpunkt der
Werbung die Information, dass die Rabattaktion zugunsten jedes Frühbuchers bis zum
30. April 2009 dauern sollte, die die Beklagte erteilt hat. Über die Möglichkeit, dass die
Frist aufgrund späterer Überlegungen verlängert werden könnte, brauchte sie nichts
mitzuteilen. Insoweit ist auch der Zweck der Vorschrift nicht betroffen. Zweck des § 4 Nr.
4 UWG ist es, der nicht unerheblichen Missbrauchsgefahr zu begegnen, die sich aus der
hohen Attraktivität von Verkaufsfördermaßnahmen für den Kunden ergibt, wenn durch
eine Werbung einerseits die Kaufentscheidung gefördert wird, andererseits aber hohe
Hürden für die Inanspruchnahme des Vorteils aufgestellt werden (BGH WRP 2010,
1019 –Preisnachlass nur für Vorratsware). Um solche Hürden geht es hier ersichtlich
nicht.
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Der Senat hat die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß §
543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zugelassen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr.10,
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711 ZPO.
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