Urteil des OLG Hamm vom 03.08.2010

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Oberlandesgericht Hamm, I-15 W 85/10
Datum:
03.08.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
15. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-15 W 85/10
Vorinstanz:
Amtsgericht Essen, 89 HRB 9402
Tenor:
Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben.
G r ü n d e :
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I.
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Die Dr. X & Partner GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist im Handelsregister Essen
eingetragen. Als Geschäftsführer ist der Steuerberater T2 in T vermerkt. Am 17.12.2009
bestellte die Gesellschafterversammlung einstimmig mit Wirkung ab dem 02.01.2010
den Beteiligten zum Geschäftsführer. Der Notar reichte unter dem 07.01.2010 die von
ihm am 17.12.2009 beglaubigte Handelsregisteranmeldung vom selben Tage bei dem
Amtsgericht – Registergericht – Essen ein. Die Anmeldung war von dem Gesellschafter
C und von dem Beteiligten unterzeichnet und enthielt seine nach § 39 Abs. 3 S. 1
GmbHG notwendige Versicherung.
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Das Registergericht beanstandete mit Zwischenverfügung vom 14.01.2010, dass die
Versicherung des Beteiligten nach § 39 Abs. 3 S. 1 GmbHG unwirksam sei. Denn im
Hinblick auf seine Bestellung erst mit Wirkung zum 02.01.2010 habe er nicht bereits am
17.12.2009 die erforderliche Versicherung erklären können.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten vom 21.01.2010, mit der er
geltend gemacht, dass die Versicherung erst mit Eingang bei dem Registergericht am
08.01.2010 wirksam geworden sei, also zu einem Zeitpunkt, als seine Bestellung bereits
wirksam geworden sei.
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II.
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Der Senat legt die Beschwerde dahingehend aus, dass diese ausschließlich im Namen
des Beteiligten erhoben sein soll. Denn demjenigen, der als Vertreter eines Beteiligten
im Verfahren auftritt, steht kein eigenes Beschwerderecht zu. Dieser Grundsatz gilt auch
für den nach § 378 Abs. 2 FamFG mit vermuteter Vollmacht ausgestatteten Notar, der
eine Beschwerde nicht im eigenen Namen, sondern nur im Namen des Vertretenen
einlegen kann (Keidel/Heinemann, FamFG, 16. Aufl., § 378, Rdnr. 14 m. w. N.;
Bumiller/Harders, FamFG, 9. Aufl., § 378, Rdnr. 5 m. w. N.).
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Die Beschwerde des Beteiligten ist nach den §§ 58 Abs. 1, 382 Abs. 3 S. 2 FamFG
statthaft sowie frist- und formgerecht gemäß §§ 63 Abs. 1, 64 FamFG eingelegt. Dem
Beteiligten steht ein eigenes Beschwerderecht zu, mit dem er seine Eintragung als
Geschäftsführer weiter verfolgen kann, § 59 Abs. 1 FamFG (BayObLG FGPrax 2000, 40;
OLG Köln FGPrax 2001, 214; Keidel/Meyer-Holz, a. a. O., § 59, Rdnr. 86;
Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 39, Rdnr. 10).
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Die zulässige Beschwerde ist begründet.
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Das gilt zunächst für die Beanstandung der Unwirksamkeit der Versicherung.
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Nach § 39 Abs. 1 GmbHG ist jede Änderung in den Personen der Geschäftsführer zur
Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Die Anmeldung ist durch den oder die
Geschäftsführer zu bewirken (§ 78 GmbHG). Der neu bestellte Geschäftsführer hat im
Zuge der Anmeldung gemäß § 39 Abs. 3 S. 1 GmbHG zu versichern, dass die dort
genannten persönlichen Tatsachen seiner Bestellung nicht entgegen stehen. Die
Versicherung erschöpft sich in einer Wissenserklärung. Sie ist notwendiger und
zugleich unselbständiger Bestandteil der Registeranmeldung. Bereits aus dem Wortlaut
der Vorschrift ("Die neuen Geschäftsführer haben in der Anmeldung zu versichern, …")
ergibt sich, dass die Anmeldung die maßgebende Verfahrenshandlung ist. Sie enthält
das an das Registergericht gerichtete Begehren auf Eintragung und nur sie leitet zu
diesem Zwecke das Registerverfahren ein. Es kommt deshalb zunächst allein auf die
verfahrensrechtliche Wirksamkeit der Anmeldung selbst an. Insoweit teilt der Senat die
Auffassung des Registergerichts nicht, der Beteiligte habe die Versicherung nach § 39
Abs. 1 S. 1 GmbHG verfrüht erklärt bzw. abgegeben. Das Registergericht kann sich für
seinen Standpunkt nicht auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 15.12.1999 - 3
Wx 354/99 - (FGPrax 2000, 72 = Rpfleger 2000, 218 = GmbHR 2000, 232) berufen. Das
OLG Düsseldorf war mit einem Fall befasst, in dem es um die Anmeldung einer in der
Zukunft liegenden Bestellung zum neuen Geschäftsführer einer GmbH ging, wobei die
Anmeldung unter der Bedingung erfolgte, dass demnächst eine
Gesellschafterversammlung stattfinde, die die angemeldete Tatsache
(Geschäftsführerbestellung) erst noch schaffen sollte. Demgegenüber ist vorliegend die
Anmeldung, d. h. der öffentlich beglaubigte Antrag, das Registerverfahren zum Zweck
einer Eintragung einzuleiten, weder durch Bedingungen noch Befristungen
eingeschränkt, was unzulässig wäre (vgl. BayObLG DNotZ 1993, 197 und OLG
Düsseldorf a. a. O.; Keidel/Sternal, a. a. O., § 23, Rdnr. 45 m. w. N.), noch fehlte es im
Zeitpunkt der Anmeldung an einem Beschluss über die Bestellung des neuen
Geschäftsführers. Der Umstand, dass die Bestellung unter der Befristung (§ 163 BGB)
beschlossen wurde, dass die Wirkungen zum 02.01.2010 eintreten sollten, bewirkte
nicht, dass die verfahrensrechtliche Anmeldung zum Handelsregister von einer
Bedingung abhängig gemacht wurde. Eine andere Frage ist, ob das Registergericht die
Eintragung wegen der Regelung zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der
Beschlussfassung erst ab dem 02.01.2010 eintragen konnte. Diese Frage hat der Senat
dahin entschieden, es komme für die Entscheidung über die Anmeldung nur darauf an,
ob zum Zeitpunkt der Eintragung sämtliche Eintragungsvoraussetzungen vorliegen
(FGPrax 2007, 186 = Rpfleger 2007, 327; FGPrax 2002, 126 = NJW-RR 2002, 761; vgl.
Keidel/Kafka/Willer, Registerrecht, 6. Aufl., Rdnr. 147). An dieser Auffassung hält der
Senat aus den Gründen seiner Entscheidungen fest. Das vom Registergericht
angenommene Hindernis bestand im Zeitpunkt der Bearbeitung des Antrags am
08.01.2010 jedenfalls nicht mehr.
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Die Versicherung genügt im vorliegenden Falle auch in sachlicher Hinsicht den
Anforderungen an die Handelsregistereintragung der Geschäftsführerbestellung.
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Bei der Versicherung im Sinne des § 39 Abs. 3 S. 1 GmbHG handelt es sich um eine
dem neuen Geschäftsführer obliegende höchstpersönliche Erklärung, mit der er das
Fehlen der gesetzlichen Bestellungshindernisse im Rahmen einer Selbstauskunft
offenbart. Diese Erklärung kann aufgrund ihrer Eigenschaft als Wissenserklärung nur
vergangenheits- bzw. allenfalls gegenwartsbezogen sein (Roth/Altmeppen, GmbHG, 6.
Aufl., § 8, Rdnr. 18, 19a; Baumbach/Hueck, a. a. O., § 8, Rdnr. 11). Ihre maßgebliche
Bedeutung liegt darin, dem Registergericht eine ordnungsgemäße Eintragungskontrolle
zu ermöglichen, um die Bestellung ungeeigneter Personen zum Geschäftsführer zu
verhindern. Diesem Schutzzweck wird die von dem Beteiligten erklärte Versicherung in
dem hier zu entscheidenden Fall gerecht.
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Für die Prüfung, ob ein zur Eintragung angemeldeter Geschäftsführer von seinem Amt
ausgeschlossen ist, gelten die allgemeinen Grundsätze des Registerverfahrensrechts.
Danach hat das Registergericht gemäß § 26 FamFG weitere Ermittlungen nur
anzustellen, wenn konkrete Anhaltspunkte dazu Anlass geben. Dahingehende
Anhaltspunkte, die an der Richtigkeit der Versicherung zweifeln lassen, sind vorliegend
jedoch aus der Sicht des Senats nicht gegeben und auch sonst nicht ersichtlich. Dabei
fällt ins Gewicht, dass die zeitliche "Lücke" zwischen dem Zeitpunkt der Versicherung
am 17.12.2009 und der Bestellung zum 02.01.2010 gering ist, zumal in diese Zeit die
Weihnachts- und Neujahrsfeiertage fielen. Ein sachwidriges Vorgehen des Beteiligten
und der Gesellschafter ist insoweit nicht erkennbar. Vielmehr bestand für die am
Jahresende für das darauf folgende Jahr beschlossene Geschäftsführerbestellung und
Übertragung von Gesellschaftsanteilen steuer- und bilanzrechtliche Veranlassung. Auch
ist in diesem Zusammenhang nicht zu verkennen, dass der Gesetzgeber an anderer
Stelle ein zeitliches Auseinanderfallen von Versicherung und wirksamer
Geschäftsführerbestellung durchaus gesehen und in Kauf genommen hat. So geht eine
nach § 8 Abs. 3 S. 1 GmbHG in der Erstanmeldung der Gesellschaft abzugebende
Versicherung der Geschäftsführer notwendigerweise der Wirksamkeit ihrer Bestellung
zeitlich voran.
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