Urteil des OLG Hamm vom 15.10.2007

OLG Hamm: mobiltelefon, verwertungsverbot, rüge, form, beweisantrag, fahrzeugführer, ordnungswidrigkeit, begriff, datum, inbetriebnahme

Oberlandesgericht Hamm, 2 Ss OWi 614/07
Datum:
15.10.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
2. Senat für Bußgeldsachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 Ss OWi 614/07
Vorinstanz:
Amtsgericht Iserlohn, 18 OWi 875 Js 268/07 OWi - 138/07
Tenor:
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des
Betroffenen verworfen.
G r ü n d e:
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I.
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Das Amtsgericht Iserlohn hat gegen den Betroffenen durch Urteil vom
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24. Mai 2007 wegen einer vorsätzlichen Ordnungswidrigkeit (Verstoß gegen das
Handy-Verbot im Straßenverkehr) gemäß den §§ 23 Abs. 1a, 49 StVO, 24 StVG
eine Geldbuße in Höhe von 100,00 €URO verhängt. Hiergegen richtet sich das
Rechtsmittel des Betroffenen.
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Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Antrag auf Zulassung der
Rechtsbeschwerde mit der Maßgabe als unbegründet zu verwerfen, dass die Höhe
des Geldbuße auf 40,00 € festgesetzt wird.
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II.
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Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist zulässig, da er frist- und
formgerecht angebracht worden ist.
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Da die festgesetzte Geldbuße nicht mehr als 100,00 Euro beträgt, richten sich die
Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 80 Abs. 2
OWiG. Danach ist die Rechtsbeschwerde in den Verfahren mit den sogenannten
weniger bedeutsamen Fällen nur zulässig zur Fortbildung des materiellen Rechts
(§ 80 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 80 Abs. 2 OWiG) oder wenn das Urteil wegen Versagung
rechtlichen Gehörs aufzuheben ist (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG). Bei einer Verurteilung
bis 100,00 Euro kann die Rechtsbe-schwerde nicht zur Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung zugelassen werden; die Zulassung ist insoweit bei
Verstößen bis 100,00 Euro noch weiter eingeschränkt.
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Ebensowenig kann die Rechtsbeschwerde wegen der Verletzung formellen Rechts
zu gelassen werden.
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1.
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Die materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils führt vorliegend nicht zur
Aufdeckung einer Rechtsfrage, die noch offen, zweifelhaft oder bestritten ist
(Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 80 Rd. 3 mit weiteren Nachweisen). Das Vorbringen in
dem Zulassungsantrag lässt eine solche Rechtsfrage nicht erkennen.
Insbesondere ist der Wortlaut des § 23 Abs. 1 a StVO nicht – mehr –
klärungsbedürftig. Den Ausführungen des Urteils lässt sich entnehmen, dass der
Betroffene ein Mobiltelefon in Höhe seines linken Ohres in der linken Hand hielt.
Diese Feststellungen lassen rechtsfehlerfrei den Schluss zu, dass der Betroffene,
wovon offenbar auch das Amtsgericht nach dem Gesamtzusammenhang der
Urteilsgründe ausgegangen ist, mit dem Mobiltelefon telefoniert und es nicht
lediglich innerhalb des Pkw verlegt habe (vgl. hierzu OLG Köln, NZV 2005, 247).
Nur Letzteres würde kein "Benutzen" im Sinne dieser Vorschrift darstellen. Es ist
zwar wünschenswert, dass das Tatgericht nach Möglichkeit ausdrücklich feststellt,
welche konkrete Funktion des Mobiltelefons der Betroffene benutzt hat. Der Begriff
der Benutzung eines Handys wird von der Rechtsprechung aber weit ausgelegt
(vgl. hierzu Hufnagel, NJW 2006, 3665). Zur "Benutzung" i. S. des § 23 Abs. 1a
StVO gehört danach nicht nur das Telefonieren. Vielmehr liegt auch während der
Vor- und Nachbereitungsphase eines Telefonats bzw. einer SMS eine Benutzung
des Mobil- oder Autotelefons im Sinne dieser Vorschrift vor, denn bereits hierdurch
wird der Zweck der Vorschrift berührt, nämlich der Ablenkung von der
Fahrzeugführung entgegenzuwirken (vgl. hierzu OLG Düsseldorf, StrFO 2006, 509;
OLG Hamm in 2 Ss OWi 25/07, NJW 2007, 1078 = VRS 112, 291; OLG Hamm in 2
Ss OWi 227/07, StRR 2007, 76 jeweils mit weiteren Nachweisen).
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Die Feststellungen tragen daher (noch) die Verurteilung wegen eines Verstoßes
gegen § 23 Abs. 1a StVO. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ist dem
Fahrzeugführer die Benutzung eines Mobiltelefons untersagt, wenn er "hierfür das
Mobiltelefon aufnimmt oder hält". Nicht erforderlich ist, dass tatsächlich eine
Telefonverbindung hergestellt wird.
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2.
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Da kein Grund besteht, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, war dem Senat auch
die an sich gebotene Abänderung des Rechtsfolgenausspruchs nicht eröffnet.
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Das Amtsgericht hat bei der Erhöhung der für die TB-Nr. 123500 üblichen
Regelgeldbuße von 40,00 € auf 100,00€ ausschließlich solche Voreintragungen
des Betroffenen im Verkehrszentralregister verwertet, die bereits tilgungsreif waren.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 05. September
2007 zutreffend darauf hingewiesen, dass neben den sieben Voreintragungen aus
den Jahren 2002 bis 2004 nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils vom
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24. Mai 2007 als letzte Eintragung im Verkehrszentralregister ein seit dem 16.
Februar 2005 rechtskräftiger Bußgeldbescheid des Kreises P vom 28. Januar 2005
aufgeführt ist, durch den der Betroffene wegen einer nicht ordnungsgemäßen
Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeugs oder Anhängers mit einer Geldbuße von
150,00 € belegt worden ist. Bezüglich der Voreintragungen war demzufolge am 16.
Februar 2007 gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 StVG Tilgungsreife eingetreten mit der
Konsequenz, dass diese einem gesetzlichen Verwertungsverbot unterlagen (vgl.
Hentschel, StVR, 39. Aufl., § 29 StVG Rdnr. 12). Die Überliegefrist des § 29 Abs. 7
StVG steht dem nicht entgegen, da durch sie nur die Löschung der Voreintragung
verhindert wird, das Verwertungsverbot in diesem Zeitraum aber bestehen bleibt.
Dies hat das Amtsgericht Iserlohn in dem angefochtenen Urteil zwar übersehen;
dieser Umstand begründet jedoch nicht die Zulassung der Rechtsbeschwerde, da
auch insoweit das materielle Recht nicht fortzubilden ist. Vielmehr ist diese
Rechtsfrage in der obergerichtlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt (vgl.
Hentschel, a.a.O., § 29 StVG Rdnrn. 12 ff. mit zahlreichen Nachweisen).
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3.
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Die Zulassung der Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der Verletzung
rechtlichen Gehörs kommt ebenfalls nicht in Betracht.
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Zwar kann eine Versagung rechtlichen Gehörs ausnahmsweise auch mit der
fehlerhaften Ablehnung eines Beweisantrages begründet werden. Eine solche
Rüge ist vorliegend jedoch nicht in der gemäß §§ 79 Abs. 3, 80 Abs. 3 OWiG i.V.m.
§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO gebotenen Form erhoben worden.
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Auch kann die mangelnde Auseinandersetzung mit einem gestellten Beweisantrag
eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstellen (zu vgl. KK-OWi-Steindorf, 2.
Aufl., § 80 Rdnr. 41 m.w.N. und auch wohl Göhler, OWiG, 14. Aufl., § 80 Rdnr. 16).
Den Urteilsgründen lässt sich aber entnehmen, dass das Amtsgericht sich mit dem
Vorbringen des Betroffenen befasst und in seine Entscheidungsüberlegungen
einbezogen hat.
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III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 46 Abs.
1 OWiG).
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