Urteil des OLG Hamm vom 04.11.2003

OLG Hamm: vollstreckbarerklärung, unterhalt, sorgerecht, anpassung, rahm, bureau, zustellung, meinung, gerichtsverhandlung, scheidungsurteil

Oberlandesgericht Hamm, 29 W 38/03
Datum:
04.11.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
29. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
29 W 38/03
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach
einem Gegenstandswert von 16.778,26 EUR.
G r ü n d e
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I.
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Die Antragstellerin begehrt die Vollstreckbarerklärung des Beschlusses der B-Bank
(Den Haag) vom 13.11.1991 im Ausspruch zum Kindesunterhalt für die am 4.7.1988
geborene gemeinsame Tochter der Parteien, und zwar einschließlich der
zwischenzeitlichen jährlichen Anpassungen nach Maßgabe der
Lohnindexsteigerungen. Der Antrag ist beschränkt auf die seit dem 1.12.1992 fällig
gewordenen Beträge, weil der Antragsgegner bis einschließlich November 1992 den
titulierten Unterhalt gezahlt hat. Das Landgericht hat dem Antrag auf der Grundlage des
Haager Unterhaltsvollstreckungsübereinkommens vom 2.10.1973 stattgegeben. Mit der
Beschwerde rügt der Antragsgegner zum einen die Aktivlegitimation der Antragstellerin,
weil der Beschluß ihn dem Wortlaut nach zur Zahlung des Unterhalts an den "raad voor
de kinderbescherming" (Jugendschutzrat) verurteilt hat und weil er in dem
Ausgangsverfahren nicht angehört worden sei.
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II.
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1. Die Beschwerde ist nach Art.13 Haager Unterhaltsvollstreckungsübereinkommen
vom 2.10.1973 - HUVollstrÜ - i.V.m. §§ 1 I Nr.1 c, 11, 38 Anerkennungs- und
Vollstreckungsausführungsgesetz vom 19.2.2001 (AVAG) zulässig. Sie hat jedoch in
der Sache keinen Erfolg. Die Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung nach
Maßgabe von Art. 4 und 17 HUVollstrÜ sind erfüllt, Versagungsgründe im Sinne der Art.
5 ff HUVollstrÜ liegen nicht vor.
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2. Die Antragstellerin, Mutter des Kindes und vertretungsberechtigt, kann ungeachtet der
Formulierung des Beschlusses die Zahlung der titulierten Beträge an sich verlangen.
Das hat das Bundesverwaltungsamt durch Vorlage des Schriftverkehrs mit der
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zuständigen niederländischen Behörde in einem anderen Verfahren mit
gleichgelagerten Problematik sowie des aktuellen Gesetzestextes nachgewiesen (vgl.
auch OLG Düsseldorf JAmt 2001, 242, 244). Der Senat hat die weiteren einschlägigen
Fassungen des Gesetzes eingesehen. Die Antragstellerin ist Partei des
Ausgangsverfahrens, in dem es nach bereits ausgesprochener Scheidung noch um das
Sorgerecht und den Unterhalt für das gemeinsame Kind ging. Die Verpflichtung zur
Zahlung des Unterhalts an den Kinderschutzrat entsprach der Regelung in Art. 1:408
Burgerlijk Wetboek (BW) a.F., die in der Folgezeit zunächst dahin abgeändert wurde,
daß der Kinderschutzrat nur noch Hilfestellung bei der Eintreibung leisten sollte. Diese
Aufgabe ist mit Wirkung vom 1.1.1994 in modifizierter Form auf das Landelijk Bureau
Inning Ounderhoudsbijdragen übergegangen. Den Kinderschutzrat gibt es nicht mehr.
Nach niederländischer Praxis bedarf es zur Geltendmachung von Unterhalt aus Titeln,
in denen noch Zahlung an den Kinderschutzrat verlangt wurde, keiner Umschreibung
auf den vertretungsberechtigten Elternteil. Das für die Antragstellerin zuständige
Landelijk Bureau Inning Ounderhoudsbijdragen in Gouda ist insoweit in das Verfahren
einbezogen, als es auf niederländischer Seite als Ansprechpartner des
Bundesverwaltungsamtes die Vollstreckbarerklärung unterstützt.
3. Die in Art. 5 Nr. 1 und Art. 6 HUVollstrÜ vorgesehene Prüfung der Wahrung des
rechtlichen Gehörs ergibt keine die Vollstreckbarerklärung hindernde Benachteiligung
des Antragsgegners. Der Antragsgegner scheint sich zwar auf das Verfahren nicht
eingelassen zu haben. Er ist aber zu der das Scheidungsverfahren einleitenden
Gerichtsverhandlung vom 4.6.1991 ausweislich der Bescheinigung des
Gerichtsvollziehers (deurwaarder) am 21.5.1991 durch Zustellung in Person geladen
worden, wobei ihm die Verhandlungsgegenstände einschließlich des Kindesunterhalts
mitgeteilt worden sind. Im Scheidungsurteil vom 6.8.1991 ist ein Anhörungstermin am
24.10.1991 anberaumt worden, an dem über das Sorgerecht und den Kindesunterhalt
verhandelt worden ist und auf Grund dessen der Beschluß vom 13.11.1991 ergangen
ist. Der Antragsgegner war also ordnungsgemäß informiert. Im übrigen kann auch davon
ausgegangen werden, daß der Einwand der Verletzung des rechtlichen Gehörs
mißbräuchlich erhoben wird, denn der Antragsgegner hat unwidersprochen etwa ein
Jahr lang den titulierten Unterhalt gezahlt.
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4. Zwar ist in dem streitbefangenen Beschluß nur ein monatlicher Unterhaltsbetrag von
250,- f (ndl. Gulden) tituliert, jedoch hat die Antragstellerin zweifelsfrei dargetan und
belegt, daß und in welcher Höhe der Unterhaltsbetrag von Gesetzes wegen (Art. 1:402a
B.W.) jährlich nach Maßgabe der Lohnindexziffern anzupassen ist. Es ist allgemein
anerkannt, daß dieser Anpassung im Verfahren der Vollstreckbarerklärung Rechnung
zu tragen ist (BGH FamRZ 1986, 45; OLG Düsseldorf JAmt 2001, 242 unter Aufgabe
seiner abweichenden Meinung; Rahm/Künkel/Breuer, Hdb. des
Familiengerichtsverfahrens, Kap. VIII Rz. 293; Göppinger/Rahm/Linke, Unterhaltsrecht,
8. Aufl., Rz. 3299). Der Antragsgegner ist der Anpassung ebenso wenig
entgegengetreten wie der Rückstandsberechnung.
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III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO analog.
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