Urteil des OLG Hamm vom 11.05.2010

OLG Hamm (höhe, einkommen, vermietung, einkünfte, rente, geschäftsführer, tätigkeit, abzug, strasse, bruttoeinkommen)

Oberlandesgericht Hamm, II- 2 UF 64/08
Datum:
11.05.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
2. Senat für Familiensachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
II- 2 UF 64/08
Vorinstanz:
Amtsgericht Dortmund, 108 F 7023/07
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 19.03.2008 verkündete
Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Dortmund unter
Zurückweisung der weitergehen¬den Berufung des Beklagten und der
Berufung der Klägerin abgeän¬dert und wie folgt neu gefasst:
1. Auf die Widerklage wird der zwischen den Parteien am 22.11.2004
vor dem Oberlandesgericht Hamm zum Aktenzeichen 4 UF 76/04
geschlossene Ver-gleich in Ziffer 3) dort mit Wirkung ab dem 1.11.2007
– unter Abweisung der Widerklage im übrigen - wie folgt abgeändert:
a) Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin folgende Beträge auf den
Ehe¬gattenunterhalt zu zahlen:
monatlich 688 € für November und Dezember 2007,
monatlich 665 € für Januar bis einschließlich Juni 2008,
monatlich 662 € für Juli bis einschließlich Dezember 2008,
monatlich 899 € für Januar bis einschließlich Juni 2009,
monatlich 886 € für Juli 2009 bis einschließlich Juli 2010 und
monatlich 728 € ab August 2010 fortlaufend.
b) Der vom Beklagten an die Klägerin zu zahlende Ehegattenunterhalt
wird herabgesetzt
auf monatlich 500 € für die Zeit ab Januar 2011 bis einschließlich
Dezember 2013 und
auf monatlich 250 € ab Januar 2014.
c) Der Unterhaltsanspruch der Klägerin wird befristet bis zum
31.12.2019.
2. Die Klage wird abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Beklagte
¼, die
Klägerin ¾. Die Kosten des Rechtsstreits in der zweiten Instanz werden
dem
Beklagten zu 1/5, der Klägerin zu 4/5 auferlegt.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Der Streitwert für die Berufung des Beklagten wird auf 16.150 €, der
Streitwert
für die Berufung der Klägerin auf 22.372 € bis zum 8.12.2008 und auf
3.900 €
ab dem 9.12.2008 festgesetzt.
Gründe:
1
I.
2
Die Parteien streiten um die Abänderung des Vergleichs vom 22.11.2004, in dem der
von dem Beklagten an die Klägerin zu leistende Nachscheidungsunterhalt in Höhe von
monatlich 950 € tituliert ist.
3
Die Klägerin ist am 28.9.1959 geboren. Der Beklagte ist am 6.5.1957 geboren.
4
Aus der am 16.5.1984 geschlossenen und am 13.7.2004 rechtskräftig geschiedenen
Ehe der Parteien sind die beiden – inzwischen volljährigen - Kinder B2 (geb. am
8.9.1988) und K3 (geb. am 26.6.1991) hervorgegangen. K3 wohnt im Haushalt des
Beklagten. Seit November 2005 erhält er monatlich 316 € Kindesunterhalt (Zahlbetrag)
von der Klägerin. Im August 2010 wird er eine Ausbildung im väterlichen Betrieb
beginnen, verbunden mit der Zahlung einer Ausbildungsvergütung. B2 hat bis Februar
2008 im Haushalt der Mutter gewohnt. Seit März 2008 hat sie eine eigene Wohnung. Sie
studiert und erhält – nach übereinstimmendem Sachvortrag beider Parteien - monatlich
505 € Kindesunterhalt (Zahlbetrag) vom Beklagten. Im Termin vor dem Senat am
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20.4.2010 haben die Parteien vereinbart, dass der Beklagte die
Unterhaltsverpflichtungen gegenüber den beiden Kindern künftig alleine übernimmt und
die Klägerin von ihrer Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern freistellt, wobei die
Freistellung von ihrer Unterhaltsschuld gegenüber K3 ab August 2010 erfolgen soll.
Der Beklagte ist selbständiger Zahntechnikermeister. Er ist Alleingesellschafter und
Geschäftsführer der "Zahntechnik N GmbH". Außerdem ist er Mitgesellschafter und
Geschäftsführer der "B GmbH". Die erstgenannte Gesellschaft hat er durch
Übertragungsvertrag vom 25.3.1992 von seinem Vater erworben. Als Gegenleistung für
die Übertragung des Gesellschafteranteils hat er sich vertraglich verpflichtet, an seine
Eltern zu deren Lebzeiten eine monatliche Rente in Höhe von 6.000 DM zu zahlen, die
sich nach dem Tode des zuerst versterbenden Elternteils auf 80 % verringern sollte.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Notarvertrages vom 25.3.1992
(UrkundenrollenNr. ##/1992 vor dem Notar N aus E) auf Bl. 115 ff. der Beiakten (Az.
(108) 117 F 4880/01 AG Dortmund) verwiesen.
6
Die Betriebsräume der beiden Gesellschaften befinden sich in einer Immobilie in der K-
Strasse 15 in E, welche im Alleineigentum des Beklagten steht. Ein Teil der darin
befindlichen Räumlichkeiten ist privat vermietet. Zum Zwecke der gewerblichen
Vermietung an die genannten Gesellschaften hat der Beklagte eine eigene Firma
gegründet. Er betreibt Altersvorsorge durch Beitragsleistungen in Lebens- und
Rentenversicherungen. Außerdem zahlt er freiwillige Beiträge in die gesetzliche
Rentenversicherung.
7
Der Beklagte ist seit dem 3.4.2009 wiederverheiratet. Er lebt mit seiner Ehefrau in einer
von ihm zu diesem Zweck nach der Scheidung erworbenen Immobilie auf dem B-Weg in
I. Zur Abtragung von Darlehn, die auf diesem Grundstück lasten, zahlt er monatlich Zins-
und Tilgungsleistungen. Seine Ehefrau ist seit dem 18.5.2009 teilschichtig berufstätig
als kaufmännische Angestellte mit rund 130 Wochenstunden.
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Die Klägerin ist gelernte Zahntechnikerin. Sie hat bis zur Geburt der gemeinsamen
Tochter vollschichtig als Zahntechnikerin in der Firma des Beklagten gearbeitet. Danach
hat sie zu unterschiedlichen Zeiträumen teilschichtig als Bürokraft in der Firma des
Beklagten mitgearbeitet. Während der Ehe ist sie an multipler Sklerose erkrankt. Sie ist
dauerhaft erwerbsunfähig. Seit dem Jahr 2001 bezieht sie eine Rente wegen voller
Erwerbsminderung. Darin ist der mit der Scheidung durchgeführte
Versorgungsausgleich berücksichtigt. Dieser beläuft sich auf insgesamt 60,70 €
zugunsten der Klägerin. Eine eigene Altersvorsorge betreibt die Klägerin nicht. Sie ist
Anspruchsberechtigte aus zwei beitragsfrei gestellten Direktversicherungen, die von der
"Zahntechnik N GmbH" für sie abgeschlossen worden sind. Die Leistungen aus beiden
Versicherungen werden im Jahr 2019 zur Auszahlung fällig.
9
Die Parteien haben in der Ehe in einer in ihrem Miteigentum stehenden Immobilie auf
der C-Strasse in E gewohnt. Das Haus wurde nach der Trennung der Parteien im
Januar 2001 bis zu seiner Veräußerung von der Klägerin und den gemeinsamen
Kindern alleine bewohnt.
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In dem abzuändernden Vergleich vor dem Oberlandesgericht Hamm vom 22.11.2004
haben die Parteien wechselseitig auf die Geltendmachung von
Zugewinnausgleichsansprüchen verzichtet. Der Beklagte hat sich zur Zahlung von
Ehegattenunterhalt in Höhe von 950 € monatlich ab Dezember 2004 verpflichtet.
11
Außerdem haben sie vereinbart, dass die gemeinsame Immobilie auf der C-Strasse
möglichst schnell veräußert werden und die sich daraus ergebende Veränderung der
wirtschaftlichen Situation unterhaltsrechtlich Berücksichtigung finden soll (Ziffer 4 des
Vergleichs). Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Vergleichstext auf Bl. 622 f. der
Beiakten (Az. (108) 117 F 4880/01 AG Dortmund) verwiesen.
Nach der Veräußerung der Ehewohnung auf der C-Strasse, die zeitlich nach Abschluss
des abzuändernden Vergleichs aber vor dem hier maßgeblichen Anspruchszeitraum
erfolgt ist, sind Restverbindlichkeiten aus in der Ehe begründeten Darlehensverträgen
mit der E2 Bank (zu den Kontonummern mit den Endziffern – 304 und – 500) und bei der
Sparkasse E (zu der Kontonummer mit der Endziffer – 539) offen geblieben. Die
genannten Darlehen, welche vom Beklagten alleine zurückgeführt werden, sind im
Zusammenhang mit der Gartengestaltung des gemeinsamen Hauses und der
allgemeinen Lebenshaltung aufgenommen worden. Ein noch verbliebener Resterlös
aus dem Hausverkauf wurde zwischen den Parteien aufgeteilt.
12
Im Frühjahr 2005 ist der Vater des Beklagten verstorben. Dadurch haben sich die
Rentenzahlungsverpflichtungen des Beklagten aus dem Übernahmevertrag des
Gesellschafteranteils an der "Zahntechnik N GmbH" verringert.
13
Die Klägerin hat den Beklagten mit außergerichtlichem Schreiben vom 9.5.2009
vergeblich zur Zahlung eines höheren Ehegattenunterhalts aufgefordert. Sie hat Klage
erhoben und erstinstanzlich beantragt,
14
den Beklagten zur Zahlung rückständigen Ehegattenunterhalts in Höhe von 7.840 €
für Mai 2005 bis einschließlich September 2005 nebst 5 % Zinsen über dem jeweils
gültigen Basiszinssatz ab dem 2.9.2005 und - in Abänderung des Vergleichs vor
dem Oberlandesgericht Hamm vom 22.11.2004 - zur Zahlung von 2.266 €
Ehegattenunterhalt monatlich zu verurteilen.
15
Der Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
16
die Klage abzuweisen.
17
Im Wege der Widerklage hat er beantragt,
18
den Vergleich vor dem Oberlandesgericht Hamm vom 22.11.2004 dahingehend
abzuändern, dass er mit Wirkung ab Mai 2005 nur noch verpflichtet ist, 636,74 € zu
zahlen, und seine Verpflichtung zur Zahlung von Ehegattenunterhalt mit Wirkung ab
Januar 2008 insgesamt entfällt.
19
Die Klägerin hat beantragt,
20
die Widerklage abzuweisen.
21
Das Familiengericht hat Klage und Widerklage abgewiesen. Zur Begründung seiner
Entscheidung hat es ausgeführt, dass eine wesentliche Änderung der
Einkommensdifferenz beider Parteien, die zu einem anderen als dem titulierten
Unterhaltsbetrag führt, nicht vorliege. Eine zeitliche Befristung des Ehegattenunterhalts
hat es vor dem Hintergrund der langen Ehezeit und der Erkrankung der Klägerin
abgelehnt. Zur Berechnung des Einkommens des Beklagten hat es sich auf die
22
Ausführungen des Dipl.-Kfm. X in seinem – vom Familiengericht in Auftrag gegebenen –
Sachverständigengutachten vom 4.9.2007 und in der Gutachtenergänzung vom
8.1.2008 bezogen. Hinsichtlich des Inhalts des genannten Sachverständigengutachtens
und seiner Ergänzung wird auf die in den Akten befindlichen Anlagen zu Bl. 636 und
678 d. A. Bezug genommen. Hinsichtlich der Einzelheiten des angefochtenen Urteils
wird auf Bl. 726 ff. d. A. verwiesen.
Gegen das Urteil richten sich die Berufungen der Parteien, die sie im Wesentlichen wie
folgt begründen:.
23
Der Beklagte behauptet, positive Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erziele er
nicht. Hierzu beruft er sich auf mehrere Darlehensverbindlichkeiten, die er zum Zwecke
der Anschaffung des vermieteten Grundstücks auf der K-Strasse und zum Zwecke
seiner Renovierung und Instandhaltung aufgenommen hat. Er ist der Ansicht, bei der
Ermittlung der Höhe seiner Krankenversicherungskosten, die er für sich und die beiden
gemeinsamen Kinder aufbringe, sei die Selbstbeteiligung als abzugsfähiger Betrag zu
berücksichtigen. Im Übrigen habe er zum Zwecke der Erfüllung seiner Verpflichtung aus
dem notariellen Übernahmevertrag vom 25.3.1992 diverse Kredite aufnehmen bzw.
bestehende Lebensversicherungen beleihen müssen. Die dafür aufgewandten
Zinsleistungen seien einkommensmindernd zu berücksichtigen. Für die Betreuung des
gemeinsamen Sohnes K3 sei ein Betreuungsbonus von seinem Einkommen in Abzug
zu bringen. Andererseits müsse sich die Klägerin den auf sie entfallenden Erlös aus
dem Verkauf des Hauses in der C-Strasse als Einkommen zurechnen lassen und zur
Erhöhung ihrer Renteneinkünfte verwenden.
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Im Übrigen beruft sich der Beklagte auf den Gesichtspunkt der Verwirkung (§ 1579
BGB). Er ist der Ansicht, die Klägerin habe ihren Anspruch auf Ehegattenunterhalt
verwirkt, da sie die mit Schreiben der Rentenversicherung vom 11.11.2008
angekündigte Rentennachzahlung nicht bereits im Senatstermin vom 9.12.2008
offenbart habe.
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Darüber hinaus ist er der Ansicht, der Ehegattenunterhaltsanspruch sei gem. § 1578b
BGB zu befristen. Zumindest sei er auf einen angemessenen Lebensbedarf
herabzusetzen. Hierzu behauptet er, ein ehebedingter Nachteil auf Seiten der Klägerin
liege nicht vor. Ihre Erkrankung an multipler Sklerose sei nicht ehebedingt, sondern
schicksalhaft. Im Übrigen sei sie durch die Direktversicherungen über seine Firma
ausreichend für ihr Alter abgesichert.
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Der Beklagte beantragt,
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das erstinstanzliche Urteil des Familiengerichts dahingehend abzuändern, dass er
in Abänderung des Vergleichs vor dem Oberlandesgericht Hamm vom 22.11.2004
mit Wirkung ab November 2007 nicht mehr zur Zahlung von Ehegattenunterhalt an
die Klägerin verpflichtet ist.
28
Die Klägerin hat zunächst beantragt, den Beklagten unter Zurückweisung seiner
Berufung zu verurteilen, in Abänderung des Vergleichs vor dem Oberlandesgericht
Hamm vom 22.11.2004 ab Mai 2005 monatlichen Ehegattenunterhalt in Höhe von 2.215
€ zu zahlen. Im Termin vom 9.12.2008 hat sie ihren Antrag im Rahmen der bewilligten
Prozesskostenhilfe gestellt. Sie beantragt nunmehr,
29
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen und das erstinstanzliche Urteil des
Familiengerichts dahingehend abzuändern, dass der Beklagte in Abänderung des
Vergleichs vor dem Oberlandesgericht Hamm vom 22.11.2004 zur Zahlung von
Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 1.325 € für die Zeit von Mai bis
einschließlich Dezember 2005 und in Höhe von monatlich 1.050 € ab Januar 2009
verurteilt wird.
30
Der Beklagte beantragt,
31
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
32
Die Klägerin ist der Ansicht, das Familiengericht habe das Einkommen des Beklagten
unzutreffend ermittelt. Es habe die Steuererstattungen, die der Beklagte im
Anspruchszeitraum erhalten habe, zu Unrecht nicht berücksichtigt. Die Einkünfte aus
Vermietung und Verpachtung seien zu gering bemessen. Die nach dem Verkauf des
Hauses auf der C-Strasse verbliebenen Restverbindlichkeiten aus Darlehen hätten nicht
berücksichtigt werden dürfen. Der Beklage hätte diese Verbindlichkeiten mit dem Erlös
aus dem Hausverkauf ablösen müssen.
33
Im Übrigen ist sie ist der Ansicht, eine Befristung oder Herabsetzung des
Ehegattenunterhalts sei nicht gerechtfertigt. Hierzu behauptet sie, ihre Erkrankung an
multipler Sklerose sei ehebedingt durch die Geburt der gemeinsamen Tochter ausgelöst
worden. Außerdem sei ihr ein ehebedingter Nachteil dadurch entstanden, dass sie
infolge der mit der Kindererziehung verbundenen beruflichen Einschränkungen in der
Ehe weniger Rentenanwartschaften habe erwerben können als dies ohne die Ehe der
Fall gewesen wäre.
34
Der Senat hat zu der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob die Erkrankung der
Klägerin ursächlich oder mitursächlich durch die Geburt der gemeinsamen Tochter
ausgelöst worden ist, ein Sachverständigengutachten des Prof. Dr. med. U aus C2
eingeholt. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des
Gutachtens vom 28.7.2009 auf Bl. 1307 ff. d. A. verwiesen. Außerdem hat er unter
Vorgabe eines fiktiv berechneten Einkommens der Klägerin eine Vergleichsberechnung
zu der Frage erstellen lassen, wie hoch die Rente der Klägerin wegen voller
Erwerbsminderung gewesen wäre, wenn sie nicht geheiratet, keine Kinder bekommen
und bis zu ihrer krankheitsbedingten Erwerbsunfähigkeit in ihrem erlernten Beruf
gearbeitet hätte. Hinsichtlich des Ergebnisses der Vergleichsberechnung wird auf die
Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 9.2.2010 (Bl. 1549 ff.,
1570 ff. d. A.) und auf die mündlichen Ausführungen des Rentenberaters S im
Senatstermin vom 20.4.2010 verwiesen.
35
II.
36
Die wechselseitigen Berufungen sind prozessual nach altem – bis zum 31.8.2009
geltenden – Recht zu behandeln, da das Verfahren auf Verurteilung zur Zahlung von
Ehegattenunterhalt durch Einreichung der Klageschrift am 12.9.2005 und damit vor dem
1.9.2009 eingeleitet worden ist (Art. 111 I 1 FGGRG). Sie sind zulässig, insbesondere
fristgerecht eingelegt.
37
Die Berufung des Beklagten hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Dabei geht der Senat davon aus, dass die
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Klägerin ihren ursprünglich gestellten Antrag auf Abänderung des Vergleichs vom
22.11.2004 teilweise zurückgenommen hat, indem sie im Termin vom 20.4.2010 an ihrer
Antragstellung im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe festgehalten hat.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Abänderung des zwischen den Parteien
geschlossenen Unterhaltsvergleichs vor dem Oberlandesgericht Hamm vom 22.11.2004
nicht zu, denn die der Bemessung der Höhe des Ehegattenunterhalts zugrunde
liegenden Verhältnisse haben sich in dem maßgeblichen Anspruchszeitraum nicht zu
ihren Gunsten geändert (§ 323 ZPO).
39
Der Anspruch des Beklagten auf Abänderung des zwischen den Parteien am
22.11.2004 geschlossenen Vergleichs im Zeitraum ab November 2007 folgt aus den §§
323 ZPO, 313 I, 1572 Nr. 1 BGB.
40
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von
Ehegattenunterhalt wegen Krankheit (§ 1572 Nr. 1 BGB), denn infolge ihrer Erkrankung
an multipler Sklerose kann von ihr vom Zeitpunkt der Scheidung ab eine
Erwerbstätigkeit nicht mehr erwartet werden. Spätestens seit November 2007 haben
sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien zugunsten des
Beklagten so wesentlich geändert, dass ihm ein Festhalten an der vertraglichen
Regelung vom 22.11.2004 nicht mehr zugemutet werden kann (§ 313 I BGB). Das gilt
insbesondere für die zukünftigen, von der Herabsetzung und Befristung gem. § 1578b
BGB betroffenen Zeiträume.
41
A)
42
Bei der Bemessung der Höhe des Unterhaltsanspruchs der Klägerin sind die Parteien
nicht an die Grundlagen des abzuändernden Vergleichs gebunden.
43
Zwar richtet sich die Abänderung des Prozessvergleichs vom 22.11.2004 gem. § 313 I
BGB nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Ist in den
maßgeblichen Verhältnissen seit Abschluss des Vergleichs eine Änderung eingetreten,
muss die gebotene Anpassung der getroffenen Unterhaltsregelung an die veränderten
Verhältnisse nach Möglichkeit unter Wahrung des Parteiwillens und der ihm
entsprechenden Grundlagen erfolgen. Lässt sich dem Vergleich und dem ihm zu
Grunde liegenden Parteiwillen jedoch kein hinreichender Ansatz für ein Anpassung
entnehmen, kann es geboten sein, die Abänderung ohne fortwirkende Bindung an seine
Grundlagen vorzunehmen und den Unterhalt - wie bei einer Erstfestsetzung - nach den
gesetzlichen Vorschriften zu bemessen (vgl. BGH NJW 2010, 440, 441; FamRZ 2001,
1140, 1142).
44
Vorliegend erscheint es geboten, die Abänderung des Prozessvergleichs vom
22.11.2004 ohne Bindung an seine Grundlagen vorzunehmen. Zum einen enthält der
Vergleich keine Berechnungsgrundlagen. Hätten die Parteien für den Fall der
Abänderung eine Bindung an die Vergleichsgrundlagen gewollt, hätte es nahe gelegen,
die wesentlichen Berechnungsgrundlagen im Vergleichstext festzuhalten. Zum anderen
war den Parteien bereits bei Abschluss des Vergleichs bewusst, dass sich aufgrund der
geplanten völligen Umgestaltung der Wohnsituation der Klägerin in absehbarer Zeit
eine Neugestaltung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse ergeben würde, die eine
Neuberechnung des Ehegattenunterhaltsanspruchs erforderlich machen würde. Das
folgt aus der Regelung in Ziffer 4) des abzuändernden Vergleichs, wonach sie sich
45
darüber einig waren, dass die gemeinsame Immobilie auf der C-Strasse veräußert und
der Unterhalt danach neu berechnet werden sollte. Unter diesen Umständen entsprach
es nicht den Interessen der Parteien, sich bei Abschluss des Vergleichs an die zur
Bemessung des darin titulierten Ehegattenunterhalts maßgeblichen Umstände zu
binden.
Da sich die für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Umstände im
Anspruchszeitraum mehrfach verändert haben, ist für die Berechnung der Höhe des
Ehegattenunterhalts der Klägerin nach Zeitabschnitten wie folgt zu unterscheiden:
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1)
47
Zeitraum Mai bis Oktober 2005
48
Für diesen Zeitraum steht der Klägerin kein höherer als der durch den abzuändernden
Vergleich titulierte Ehegattenunterhaltsanspruch gegen den Beklagten zu.
49
a)
50
Bei der Bemessung der Höhe des Unterhaltsanspruchs geht der Senat im oben
genannten Zeitraum von einem anrechenbaren Einkommen des Beklagten in Höhe von
2.397,10 € aus. Sein Einkommen berechnet sich wie folgt:
51
Bruttoeinkommen aus selbständiger Tätigkeit
0,00 €
Bruttoeinkommen als Geschäftsführer der Y GmbH
8.186,67 €
52
Bruttoeinkommen als Geschäftsführer der B GmbH
1.350,00 €
53
abzgl. Steuerlast (fiktiv)
- 1.445,66 €
54
abzgl. Kranken- und Pflegeversicherung
- 381,37 €
55
abzgl. Selbstbeteiligung zur Krankenversicherung (Beklagter)
0,00 €
abzgl. Selbstbeteiligung zur Krankenversicherung (B2)
- 46,83 €
abzgl. Selbstbeteiligung zur Krankenversicherung (K3)
- 46,83 €
56
abzgl. Altersvorsorgleistungen
- 2.012,52 €
57
abzgl. Darlehensverbindlichkeiten (für die ehemalige Ehewohnung)
- 696,08 €
abzgl. Rentenzahlungen an die eigene Mutter
- 2.454,20 €
abzgl. Barunterhalt für B2 (Vorwegabzug)
- 582,00 €
58
abzgl. Betreuungsbonus für K3
0,00 €
anrechenbares Erwerbseinkommen
1.871,17 €
59
60
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
525,94 €
61
62
anrechenbare Gesamteinkünfte:
2.397,10 €
63
aa)
64
Einkünfte aus seiner selbständigen Tätigkeit als Gesellschafter der "Zahntechnik N
GmbH" und als Mitgesellschafter der "B GmbH" erzielt der Beklagte nicht.
65
Nach den mit den wechselseitigen Berufung nicht angegriffenen Ausführungen des
Sachverständigen Dipl.-Kfm. X in seinem Gutachten vom 4.9.2007 und den
ergänzenden Ausführungen in seiner Stellungnahme vom 8.1.2008 hat der Beklagte im
Anspruchszeitraum seit Mai 2005 keine positiven Einkünfte aus seiner selbständigen
Tätigkeit für die beiden Gesellschaften erzielt. Die Gewinn- und Verlustrechnungen der
beiden Gesellschaften wiesen nach den vom Sachverständigen zu Recht
vorgenommenen Korrekturen, insbesondere hinsichtlich der Auflösung der in den
Vorjahren gebildeten Ansparabschreibungen bei der "Zahntechnik N GmbH" (vgl. BGH
FamRZ 2004, 1177, 1178), in den Jahren 2005 und 2006 ausschließlich Verluste auf.
66
Die vor dem Anspruchszeitraum (im Jahr 2004) erzielten Gewinne des Beklagten
bleiben bei der Bemessung der Höhe seines Einkommens außer Betracht. Für die
Zukunft ab dem Jahr 2010 sind die Gewinne aus dem Jahr 2004 nicht mehr
repräsentativ. Für in der Vergangenheit liegende Unterhaltszeiträume ist grundsätzlich
von den in dieser Zeit tatsächlich erzielten Einkünften aus selbständiger Tätigkeit
auszugehen. Dabei kann zur Vereinfachung zwar auch ein Mehrjahresdurchschnitt
zugrunde gelegt werden. Das setzt jedoch voraus, dass der rückständige Unterhalt auch
für diese Gesamtzeit zu ermitteln ist (vgl. BGH FamRZ 2007, 1532, 1534). Vor dem
Anspruchszeitraum erzielte Gewinne sind daher bei der Bemessung des rückständigen
Unterhalts nicht berücksichtigungsfähig.
67
Selbst, wenn ein Mehrjahresdurchschnitt aus den im Anspruchszeitraum liegenden
Betriebsergebnissen in den Jahren 2005 bis 2008 gebildet wird – für das Jahr 2009
liegen noch keine Gewinn- und Verlustrechnungen vor – ,kann nicht von einem
positiven Einkommen des Beklagten aus seiner selbständigen Tätigkeit ausgegangen
werden. Dass der Beklagte in den Jahren 2007 und 2008 positive Gewinne in einer
Höhe erzielt hat, die die in den Jahren 2005 und 2006 erwirtschafteten Verluste
ausgleichen mit der Folge, dass sich im Mehrjahreszeitraum von 2005 bis 2008
insgesamt ein positives Einkommen des Beklagten aus seiner selbständigen Tätigkeit
ergibt, behauptet die – insoweit darlegungs- und beweisbelastete – Klägerin nicht. Dies
lässt sich auch nicht ohne weiteren Sachvortrag der Klägerin aus den vom Beklagten im
Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen entnehmen.
68
Die Zugrundelegung eines geringeren als des Vier-Jahreszeitraums (von 2005 bis
2008) für die Bemessung des Einkommens des Beklagten aus selbständiger Tätigkeit
hält der Senat nicht für angemessen, da die Gewinne der von ihm geführten
Unternehmen - ausweislich der vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnungen – im
Anspruchszeitraum erheblichen Schwankungen unterworfen waren und hinreichende
Anhaltspunkte für eine dauerhafte Veränderung der wirtschaftlichen Lage der
Unternehmen nicht vorliegen.
69
bb)
70
Der Unterhaltsberechnung zugrunde zu legen ist aber das Einkommen des Beklagten
aus seiner Geschäftsführertätigkeit für die "Zahntechnik N GmbH" und für die "B GmbH".
Dieses betrug – ausweislich der von ihm zu den Akten gereichten Lohnabrechnungen –
im Jahr 2005 brutto 98.240 € für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der "Zahntechnik N
GmbH" und 16.200 € brutto für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der "B GmbH". Der
Verzicht des Beklagten auf die in den Vorjahren zur Auszahlung gelangte Tantieme ist
nicht zu beanstanden, da er nach den nicht angegriffenen Ausführungen des
Sachverständigen X in seinem Gutachten vom 4.9.2007 der Aufrechterhaltung der
wirtschaftlichen Handlungsfähigkeit der Unternehmen diente, die Grundlage für das
Geschäftsführergehalt des Beklagten sind.
71
Einen darüber hinaus gehenden zusätzlichen Nutzungsvorteil aus der privaten Nutzung
des Firmenfahrzeugs muss sich der Beklagte nicht zurechnen lassen. Der private
Nutzungsvorteil für das Firmenfahrzeug ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats
in der Regel mit dem nach Steuerrecht zu veranschlagenden Wert (Einprozentregelung)
zu bemessen (vgl. Senat NJW-RR 2009, 294, 297). Eine darüber hinausgehende
Berücksichtigung eines Nutzungsvorteils kommt ohne Vorliegen besonderer Umstände,
die von der unterhaltsberechtigten Klägerin darzulegen und gegebenenfalls zu
72
beweisen sind, nicht in Betracht. Besondere Umstände, die den Ansatz eines höheren
Vorteils als 1% des Anschaffungswertes rechtfertigen, hat sie nicht vorgetragen. In Höhe
von 1% des Anschaffungswertes ist der Nutzungsvorteil für das Firmenfahrzeug jedoch
bereits einkommenserhöhend in dem der Unterhaltsberechnung zugrunde gelegten
Bruttoeinkommen des Beklagten als Geschäftsführer der "Zahntechnik N GmbH"
enthalten. Das folgt aus dem Inhalt der von ihm zu den Akten gereichten
Lohnabrechnungen.
cc)
73
Darüber hinaus erzielt der Beklagte positive Einkünfte aus Vermietung und
Verpachtung. Ausweislich der von ihm zu den Akten gereichten Gewinn- und
Verlustrechnungen für den mit der Vermietung befassten Gewerbebetrieb für die Jahre
2007 und 2008 und den vom Sachverständigen X verwerteten Anlagen "GSE" zu
seinen Steuererklärungen für die Jahre 2005 und 2006 hat er in dem vom Senat der
Berechnung zugrunde gelegten Mehrjahreszeitraum 2005 bis 2008 durchschnittlich
4.507,60 € aus gewerblicher Vermietung vereinnahmt. Seine Einnahmen aus privater
Vermietung betrugen in dem genannten Mehrjahreszeitraum – ausweislich der von ihm
zu den Akten gereichten Anlagen "V" zu den Steuererklärungen 2005 bis einschl. 2008
– durchschnittlich 1.803,65 €. Das entspricht einem Durchschnittseinkommen von
6.311,25 € jährlich, bzw. 525,94 € monatlich. Seine Einnahmen aus Vermietung und
Verpachtung stellen sich im Einzelnen wie folgt dar:
74
Einkommen aus gewerblicher Vermietung K-Strasse 15 (Gewerbebetrieb)
75
Jahr 2005
Jahr 2006
Jahr 2007
Jahr 2008
Gewinn / Verlust
- 22.875,00
- 1.290,00 € - 2.489,00
1.423,00 €
Korrektur
Gebäudeabschreibung
8.773,00 €
8.773,00 €
9.950,40 € 9.950,40 €
Korrektur
Instandhaltungsaufwand
23.258,40 € - 5.814,60 € - 5.814,60
- 5.814,60
Gewinn jährlich:
9.156,40 €
1.668,40 €
1.646,80 € 5.558,80 €
durchschnittlich
4.507,60 €
jährlich,
bzw.
375,63 €
monatlich
76
Einkommen aus privater Vermietung K-Strasse 15 (Anlage "V" zur Steuererklärung)
77
Jahr 2005
Jahr 2006
Jahr 2007
Jahr 2008
78
Gewinn / Verlust
- 1.332,00
- 12.716,00
- 3.882,00
12.673,00
Korrektur
Gebäudeabschreibung
1.952,00 €
1.952,00 €
1.952,00 €
1.952,00 €
Korrektur Erhaltungsaufwand
0,00 €
9.327,20 €
- 2.331,80
- 2.331,80
620,00 €
- 1.436,80 €
- 4.261,80
12.293,20
durchschnittlich
1.803,65 €
jährlich,
bzw.
150,30 €
monatlich
Der vom Beklagten steuerlich geltend gemachte Abzug für Gebäudeabschreibungen ist
zu korrigieren, denn Abschreibungen auf Gebäude sind unterhaltsrechtlich nicht
berücksichtigungsfähig, weil ihnen kein realer Wertverlust zugrunde liegt (vgl. BGH
FamRZ 2005, 1159, 1160). Die Höhe der vom Beklagten geltend gemachten
Gebäudeabschreibungen ergibt sich aus den von ihm vorgelegten Anlagen "GSE" bzw.
"V" zu den Steuererklärungen für das jeweilige Veranlagungsjahr sowie aus den
Gewinn- und Verlustrechnungen des mit der Vermietung befassten Gewerbebetriebs für
die Jahre 2007 und 2008.
79
Hinsichtlich der Berücksichtigungsfähigkeit der vom Beklagten geltend gemachten
Instandhaltungs-, bzw. Erhaltungsaufwendungen für das Grundstück auf der K-Strasse
folgt der Senat den Ausführungen des Sachverständigen X in seinem Gutachten vom
4.9.2007 und den ergänzenden Ausführungen in seiner Stellungnahme vom 8.1.2008.
80
Für das Jahr 2005 hat der Beklagte im Rahmen der gewerblichen Vermietung
insgesamt einen Betrag von 29.073 € als Instandhaltungsaufwendungen steuerlich
geltend gemacht. Die Höhe der Instandhaltungsaufwendungen wird von der Klägerin mit
der Berufung nicht angegriffen. Die Instandhaltungsaufwendungen sind aus
unterhaltsrechtlicher Sicht jedoch auf einen längeren Zeitraum zu verteilen, wobei der
Senat den vom Sachverständigen gewählten Fünf-Jahreszeitraum für angemessen hält.
Daraus errechnet sich ein jährlich zu berücksichtigender Abzugsbetrag von 5.814,60 €.
81
Im Rahmen der privaten Vermietung hat der Beklagte im Jahr 2006 insgesamt 11.659 €
als Erhaltungsaufwendungen steuerlich geltend gemacht. Auch dieser Betrag ist nach
den Ausführungen des Sachverständigen, denen sich der Senat anschließt,
unterhaltsrechtlich auf fünf Jahre zu verteilen. Das führt zu einer jährlichen Belastung in
Höhe von 2.331,80 €.
82
Soweit der Beklagte darüber hinaus Tilgungsleistungen von seinen Einkünften aus
Vermietung und Verpachtung in Abzug bringen will, kann dem nicht gefolgt werden.
Nach seinem – durch Vorlage von Kontoauszügen belegten - Sachvortrag erbringt er für
das Grundstück auf der K-Strasse Tilgungsleistungen für Darlehn mit den
nachfolgenden Endziffern wie folgt:
83
Bezeichnung
monatliche. Tilgung
Restvaluta
84
Darlehen Sparkasse E – 951
210,00 €
29.770,18 €
Darlehen Sparkasse E – 688
370,67 €
31.442,26 €
Darlehen Sparkasse E – 908
95,00 €
7.424,75 €
Darlehen Sparkasse E – 235
880,00 €
22.127,53 €
Darlehen E2 – 306
453,94 €
59.186,98 €
Darlehen E2 – 501
353,43 €
ca. 30.000 €
Dabei handelt es sich mit Ausnahme des Darlehns bei der Sparkasse mit der Endziffer –
235 um in den Jahren 2005 bis 2007 aufgenommene Kredite zur Finanzierung der
Instandhaltungsaufwendungen an dem Grundstück. Insoweit kann mangels
entsprechenden Sachvortrages des Beklagten nicht festgestellt werden, dass und in
welchem Umfang die mit diesen Kreditbeträgen beglichenen
Instandhaltungsaufwendungen bereits bei der Erstellung der Gewinn- und
Verlustrechnung für den mit der Vermietung befassten Gewerbebetrieb und im Rahmen
der jeweiligen Anlage "V" zur Steuererklärung Berücksichtigung gefunden haben. Das
geht zu Lasten des insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten, denn eine
doppelte Berücksichtigung der Instandhaltungskosten über die tatsächlichen Ausgaben
für Instandhaltung und Renovierung und über die dafür aufgewandten
Finanzierungsleistungen kommt nicht in Betracht.
85
Soweit der Beklagte Tilgungsleistungen für das Anschaffungsdarlehn bei der Sparkasse
mit der Endziffer –235 von seinem Einkommen aus Vermietung und Verpachtung in
Abzug bringen will, übersieht er, dass es sich dabei um eine besondere Form der
Vermögensbildung handelt, die zwar eheprägend ist, deren Berücksichtigung aber zu
einer einseitigen Belastung der unterhaltsberechtigten Klägerin führen würde, die von
der mit der Tilgung einhergehenden Vermögensbildung nach der Scheidung der Ehe
nicht mehr profitiert. Unter diesen Umständen kommt eine Berücksichtigung der
Tilgungsleistungen für das im Alleineigentum stehende Grundstück des Beklagten
lediglich im Rahmen der angemessenen Altersvorsorge, nicht aber als Abzugsposten
bei der Ermittlung der Höhe seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in
Betracht (vgl. BGH FamRZ 2008, 963, 965).
86
dd)
87
Einen Wohnwert für das mietfreie Wohnen in dem nach der Scheidung der Parteien
erworbenen Haus auf dem B-Weg in I muss sich der Beklagte nicht zurechnen lassen.
Nach dem Inhalt des Sachverständigengutachtens des Sachverständigen X vom
4.9.2007, dem das Familiengericht in seinem angefochtenen Urteil gefolgt ist, wird der
Wohnvorteil des Beklagten durch die von ihm zu erbringenden Zinsleistungen aus den
Darlehn bei der Sparkasse E mit den Endziffern –322 und –800 aufgezehrt. Diese
Feststellungen werden – nach entsprechendem Hinweis des Senats im Termin vom
20.4.2010 - von der Klägerin in zweiter Instanz nicht mehr angegriffen.
88
ee)
89
Für die Berechnung des Nettoeinkommens des Beklagten sind die Steuern und die
Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung sowie für die Altersvorsorge
90
vom Bruttoeinkommen des Beklagten abzuziehen.
Bei der Berechnung der Steuerlast geht der Senat vom sog. "Für-Prinzip" aus, d. h. es
werden die Steuern in Abzug gebracht, die auf Seiten des Beklagten unter
Berücksichtigung seines unterhaltsrechtlich ermittelten Einkommens angefallen wären.
91
Tatsächlich hat der Beklagte insbesondere in den Jahren 2005 bis 2007 nur in geringem
Umfang Steuern gezahlt, wie die nachfolgende Auswertung seiner Lohnbelege und
seiner Steuerbescheide zeigt:
92
Jahr 2005
Jahr 2006
Jahr 2007
Jahr 2008
Abzug vom Lohn
- 39.533,22
- 33.193,69
- 33.519,87
- 32.826,57€
erstattet aus den
Vorjahren
37.938,44 €
36.322,42 €
22.972,16 €
732,80 €
Steuerlast / Vorteil
gesamt:
- 1.594,78 €
3.128,73 €
- 10.547,71
- 32.093,77 €
93
Dabei beruht die Höhe der Steuererstattungen in den Jahren 2005 bis 2007 im
Wesentlichen auf der Geltendmachung von Verlusten aus Gewerbebetrieb und aus
Vermietung und Verpachtung unter Berücksichtigung der Gebäudeabschreibungen, die
unterhaltsrechtlich nicht anzuerkennen sind.
94
Können steuerlich geltend gemachte Verluste unterhaltsrechtlich nicht
einkommensmindernd berücksichtigt werden, hat die dadurch erzielte Steuerersparnis
ebenfalls außer Betracht zu bleiben, weil sie ohne unterhaltsrechtlich nicht
anzuerkennende Verluste und ohne die Übernahme des Grundbesitzes nicht
eingetreten wäre. Es ist dann eine fiktive Steuerberechnung vorzunehmen auf der
Grundlage der unterhaltsrechtlich anzuerkennenden Einkommenspositionen (vgl. BGH
FamRZ 2005, 1159, 1161; Wendl/Staudigl-Kemper, Das Unterhaltsrecht in der
familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 1 Rz. 583c m. w. N.). Hinzu kommt, dass die im
Vergleich zu den Vorjahren hohe Steuerlast aus dem Jahr 2008 im Wesentlichen darauf
beruht, dass die Gewinne aus der Vermietung und Verpachtung, die unterhaltsrechlich
auf einen Mehrjahreszeitraum zu verteilen sind ,steuerlich zum großen Teil in diesem
Jahr angefallen sind.
95
Unter diesen Umständen ist die Steuerlast nach dem "Für-Prinzip" fiktiv zu berechnen.
Das führt unter Anwendung der Grundsteuertabelle für das Jahr 2005 zu einer
Steuerlast in Höhe von insgesamt 17.347,89 €, bzw. 1.445,66 € monatlich. Auf der
Grundlage der vom Beklagten geltend gemachten und in seinem Steuerbescheid vom
2.5.2006 anerkannten Sonderausgaben berechnet sich seine Steuerlast für das Jahr
2005 wie folgt, wobei der Senat von dem im Steuerbescheid ausgewiesenen
Steuerbrutto des Beklagten aus nichtselbständiger Tätigkeit ausgegangen ist:
96
Steuerbrutto als Geschäftsführer der Y u. der B
111.813,84 €
97
Einkommen aus selbständiger Tätigkeit
0,00 €
Einkommen aus Vermietung und Verpachtung
6.311,25 €
Gesamteinkünfte:
118.125,09 €
Sonderausgaben
Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
- 1.308,00 €
Unterhaltsleistungen
- 13.805,00 €
Renten u. dauernde Lasten
- 29.450,00 €
Steuerberatungskosten
- 1.015,00 €
Beschränkt abziehbare Sonderausgaben
- 5.069,00 €
Außergewöhnliche Belastungen
- 12.561,00 €
zu versteuerndes Einkommen
54.917,09 €
Einkommensteuer
15.151,00 €
Kirchensteuer
1.363,59 €
Solidaritätszuschlag
833,30 €
Steuerlast (fiktiv)
17.347,89 €
dd)
98
Die Ausgaben des Beklagten für die Kranken- und Pflegeversicherung im Jahr 2005
sind belegt durch Vorlage des Beitragsbescheides der D vom 7.12.2004. In dem
Monatsbeitrag von 381,37 € sind die Krankenversicherungskosten für die beiden
gemeinsamen Kinder enthalten. Sie stellen einen in den pauschalisierten Bedarfssätzen
der Düsseldorfer Tabelle nicht enthaltenen Mehrbedarf der Kinder dar. Die Übernahme
dieser Kosten durch den Beklagten wirkt sich daher gegenüber dem Anspruch der
Klägerin einkommensmindernd zu seinen Gunsten aus.
99
Gleiches gilt für die im Rahmen der Selbstbeteiligung vom Beklagten aufgewandten
Krankheitskosten. Diese stellen – entgegen der Ansicht der Klägerin - keine Kosten der
allgemeinen Lebensführung dar, die vom Selbstbehalt zu tragen sind. Mit dem
Abschluss einer privaten Krankenversicherung ist in der Regel die Entrichtung
geringerer Krankenversicherungsbeiträge verbunden. Diese kommen auch der Klägerin
zugute mit der Folge, dass sie die damit verbundenen Aufwendungen gegen sich gelten
lassen muss (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 19.12.2006 – 10 UF 183/05 -,
abgedruckt in "juris", Rn. 66).
100
Die von der Klägerin bestrittenen Kosten für die Selbstbeteiligung sind jedoch nur in
dem Umfang abzugsfähig, in dem sie tatsächlich angefallen sind. Die Darlegungs- und
Beweislast hierfür trägt der Beklagte. Er hat zwar durch Vorlage der
Leistungsabrechnung seiner Krankenkasse vom 13.1.2006 nachgewiesen, dass er im
Wege der Selbstbeteiligung für die beiden gemeinsamen Kinder im Jahr 2005 je 562 €
getragen hat. Ob und in welcher Höhe er wegen eigener Aufwendungen für
Krankheitskosten aus der Selbstbeteiligung in Anspruch genommen worden ist, hat er
jedoch nicht belegt. Die von ihm behauptete Inanspruchnahme in Höhe von 1.000 € im
101
Jahr 2005 muss daher außer Ansatz bleiben.
ff)
102
Neben den Kosten für die Krankenversicherung kann der Beklagte für das Jahr 2005
insgesamt 24.150,25 € (2.012,52 €monatlich) für Altersvorsorgeleistungen von seinem
Bruttoeinkommen in Abzug bringen.
103
Die vom Beklagten im Jahr 2005 für seine Altersvorsorge aufgewandten Beträge stellen
sich nach dem von ihm belegten Sachvortrag wie folgt dar:
104
Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung
936,00 €
Beiträge für die Risikolebensversicherung bei der "D2"
542,00 €
Beiträge für die Rentenversicherung bei der "D2"
3.915,00 €
Beiträge für die B3 Lebensversicherung
1.883,64 €
Beiträge für die Lebensversicherung bei der "T"
10.489,20 €
Direktversicherung Arbeitgeber
2.147,52 €
Altersvorsorgleistungen gesamt:
19.913,36 €
zzgl. Tilgungsleistungen für das Hausgrundstück B-Weg
138,05 €
zzgl. Tilgungsleistungen für das Hausgrundstück K-Strasse
10.560,00 €
gesamt:
30.611,41 €
105
Dass die Versicherungsverträge bei der B3, der T und der D2 Rentenversicherung für
betriebliche Zwecke beliehen sind, um damit die Rentenleistungen zu finanzieren, die
der Beklagte aufgrund des Notarvertrages vom 25.3.1992 bedienen muss, steht der
Berücksichtigungsfähigkeit der Versicherungsbeiträge als Altersvorsorgeleistungen
nicht entgegen, denn es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beklagte
die mit den Versicherungen abgesicherten Darlehen in Zukunft nicht zurückzahlen kann
mit der Folge, dass er die Versicherungen verwerten muss und sie dann nicht mehr für
die Altersvorsorge zur Verfügung stehen.
106
Die Berücksichtigung der Direktversicherung des Arbeitgebers rechtfertigt sich daraus,
dass die vom Arbeitgeber dafür aufgewandten Beiträge im Bruttolohn des Beklagten
enthalten und daher einkommenserhöhend berücksichtigt worden sind. Anders verhält
es sich bei den vom Sachverständigen X in seinem Gutachten in Abzug gebrachten
Beiträgen für die M Lebensversicherung. Diese werden - ausweislich der vom Beklagten
zu den Akten gereichten Bescheinigung der Versicherung vom 27.8.2008 -
ausschließlich vom Arbeitgeber des Beklagten finanziert, ohne dass sie dem der
Einkommensberechnung zugrundeliegenden Bruttoeinkommen zufließen.
107
Die der Vermögensbildung dienenden Tilgungsleistungen auf die im Alleineigentum
des Beklagten stehenden Grundstücke dienen ebenfalls der Altersvorsorge und sind
daher im Rahmen einer angemessenen Absicherung im Alter berücksichtigungsfähig.
108
Ob darüber hinaus weitere Beiträge für eine Kapitallebensversicherung bei der "I2" und
für eine Direktversicherung bei der "S2" als Altersvorsorgeleistungen anerkannt werden
können, kann dahingestellt sein, denn der Beklagte betreibt unter Berücksichtigung der
bereits genannten Versicherungen und Tilgungsleistungen Altersvorsorge in einem
Umfang, der über das angemessene Maß hinausgeht.
109
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat in seiner
ständigen Rechtsprechung anschließt, ist angemessen für die primäre Altersvorsorge
eines Selbständigen regelmäßig der Betrag, den ein Nichtselbständiger für seine
Altersversorgung entrichtet. Das sind in der Regel 20 % seines Bruttoeinkommens (vgl.
BGH FamRZ 2006, 387, 389; Senat NJW-RR 2009, 294, 297 f.). Dabei ist das gesamte
Bruttoeinkommen des Beklagten zugrunde zu legen (vgl. BGH NJW 2009, 2523, 2527;
Senat, a. a. O.). Der Beklagte hat im Jahr 2005 insgesamt 114.440,00 € aus seiner
Tätigkeit als Geschäftsführer und 6.311,25 € aus Vermietung und Verpachtung und
damit insgesamt 120.751,25 € brutto verdient. 20 % davon sind 24.150,25 €. Das
entspricht einer monatlichen Belastung in Höhe von 2.012,52 €.
110
Ein höherer Betrag für die sekundäre Altersvorsorge ist dem Beklagten nicht
zuzubilligen. Zwar ist dem Unterhaltsschuldner grundsätzlich gestattet, einen weiteren
Betrag von bis zu 4 % des Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres für eine - über die
primäre Altersversorgung hinausgehende - zusätzliche Altersversorgung einzusetzen
(vgl. BGH FamRZ 2006, a. a. O.). Das wären, gemessen an dem vom Sachverständigen
Wolfgang Deitmar in seinem Gutachten vom 4.9.2007 ermittelten Bruttoeinkommen des
Beklagten im Jahr 2004 von 160.594,00 € weitere 6.423,76 €, bzw. 535,31 € monatlich.
Die Berücksichtigung zusätzlicher Aufwendungen scheidet jedoch aus, wenn die
angemessene Altersversorgung des Unterhaltsschuldners insoweit bereits auf andere
Weise gesichert ist (vgl. BGH FamRZ 2006, a. a. O.). Vorliegend geht der Senat im
Wege der Schätzung (§ 287 ZPO) davon aus, dass die zusätzliche Altersvorsorge des
Beklagten bereits durch die Mieteinnahmen aus dem in seinem Alleineigentum
stehenden Grundstück auf der K-Strasse gesichert ist. Dabei hat er berücksichtigt, dass
das Einkommen des Beklagten in der Zeit nach 2004 zurückgegangen ist mit der Folge,
dass er im Durchschnitt weniger als die für das Jahr 2005 ermittelten 535,31 € monatlich
für die Sicherstellung seiner zusätzliche Altersvorsorge aufwenden muss. Für die
Berücksichtigung einer zusätzlichen Altersvorsorge bei der Ermittlung des
anrechenbaren Einkommens des Beklagten ist daher kein Raum.
111
gg)
112
Die Berücksichtigung der monatlichen Rentenzahlungen des Beklagten an seine Mutter
rechtfertigt sich daraus, dass es sich dabei um eine eheprägende Schuld handelt, die
aus der Übernahme der vom Beklagten geführten Firma (der "Zahntechnik N GmbH")
resultiert, die die Grundlage für sein Einkommen als Geschäftsführer darstellt. Nach dem
Inhalt des Notarvertrages vom 25.3.1992 beläuft sie sich nach dem Tod des Vaters des
Beklagten der Höhe nach auf 80 % von 6.000 DM. Das entspricht einer monatlichen
Belastung in Höhe von 4.800 DM, bzw. 2.454,20 €.
113
Soweit der Beklagte im Unterhaltsverfahren einen höheren Betrag als Abzugsposten
geltend macht, kann dem nicht gefolgt werden. Sein Vortrag ist widersprüchlich. Nach
dem Inhalt des Notarvertrages vom 25.3.1992 sind lediglich 2.454,20 € geschuldet.
Zwar sieht die Regelung in Ziffer 3) des Notarvertrages die Möglichkeit einer Anpassung
der geschuldeten Rente nach dem Preisindex für die Lebenshaltung in einem 4-
114
Personenhaushalt vor. Ob und in welchem Umfang Anpassungen erfolgt sind, hat der
Beklagte jedoch nicht schlüssig vorgetragen. Nach seinem Vortrag im Termin vom
20.4.2010 soll zum 1.1.2010 eine Anpassung um ca. 1 % erfolgt sein. Das würde eine
Erhöhung um rund 25 € zur Folge haben. Der Beklagte behauptet aber eine Erhöhung
um rund 100 € auf 2.556,42 €. Konkrete Angaben zu Absprachen und Vereinbarungen
mit seiner Mutter über die Anpassung der geschuldeten Rente hat er nicht gemacht.
Die monatlichen Zinsleistungen für die von ihm aufgenommenen Darlehen bei der "B3",
der "D2" und der "T" zur Finanzierung der Rentenzahlungen an seine Mutter kann er
ebenfalls nicht einkommensmindernd geltend machen. Insoweit fehlt es an einem
substantiierten Sachvortrag des Beklagten zur Notwendigkeit der Darlehensaufnahme.
Die Notwendigkeit der Krediteingehung ergibt sich auch nicht ohne weiteres aus der
Vielzahl der vom Beklagten zu den Akten gereichten Unterlagen betreffend die von ihm
betriebenen Unternehmen. Insoweit hätte es ihm oblegen, konkreten Sachvortrag zur
wirtschaftlichen Lage der Unternehmen und zu alternativen Möglichkeiten der
Finanzierung der Rentenzahlungen an seine Mutter zu führen. Dazu hat er nichts
vorgetragen.
115
hh)
116
Soweit der Beklagte Zins- und Tilgungsleistungen auf Darlehen erbringt, die im
Zusammenhang mit der Innehaltung der Ehewohnung auf der C-Strasse eingegangen
und als Restverbindlichkeiten nach dem Verkauf des Hausgrundstücks stehen
geblieben sind, sind diese Beträge unterhaltsrechtlich als abzugfähig zu behandeln.
117
Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende, vom Sachverständigen Dipl.-
Kaufmann X in seinem Gutachten ausgewiesene Belastungen im Jahr 2005:
118
Zins und Tilgung E2 Bank zur Endziffer -304
2.098,00 €
Zins E2 Bank zur Endziffer -500
3.879,00 €
Tilgung Sparkasse E zur Endziffer -539
2.376,00 €
gesamt:
8.353,00 €
119
Das entspricht einer monatlichen Belastung in Höhe von 696,08 € im Jahr 2005.
120
Die Zins- und Tilgungsleistungen sind berücksichtigungsfähig, weil der Beklagte damit
eine gemeinsame – in der Ehe eingegangene – Schuld beider Eheleute tilgt. Eine
Verpflichtung des Beklagten zur Rückführung dieser Verbindlichkeiten mit dem Erlös
aus dem Hausverkauf bestand – entgegen der Ansicht der Klägerin – nicht.
121
Ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Schreibens der Rechtsanwälte L pp. vom
7.9.2005 haben die Parteien aus dem Verkauf des Hausgrundstücks einen
Restkaufpreis nach Abzug von Verbindlichkeiten in Höhe von 47.698,80 € erzielt. Die
Restsalden aus den oben genannten Krediten betrugen seinerzeit mindestens 65.000 €,
wie die nachfolgende Übersicht zeigt:
122
123
Bezeichnung
Darlehenssumme
Restvaluta
E2 Bank, Endziffer –304
25.565 €
15.403,76 €, Stand: 12/08
E2 Bank, Endziffer –500
40.000 €
39.839,27 €, Stand: 9/06
Sparkasse E, Endziffer -539
25.564,59 €
10.122,70 €, Stand: 12/08
123
Eine vollständige Ablösung der Darlehen hätte daher mit dem Resterlös aus dem
Hausverkauf nicht erreicht werden können.
124
Darüber hinaus besteht eine Verpflichtung des Beklagten zur Verwertung seines
Vermögens aus dem Hausverkauf gem. § 1581 S. 2 BGB nur im Rahmen der Billigkeit.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Beklagten von dem Resterlös in Höhe von
47.698,80 €, nach Abzug der durch die Veräußerung entstandenen Kosten und
Gebühren, nur ein Teilbetrag in Höhe von 24.810,39 € im Juni 2005 zugeflossen ist.
Einen Anteil in Höhe von 17.667,79 € hat – ausweislich des Schreibens der
Rechtsanwälte L pp. vom 7.9.2005 – die Klägerin erhalten. Eine Verpflichtung der
Klägerin gem. § 1577 III BGB zum Verbrauch des auf sie entfallenden Resterlöses
gerade zum Zwecke der Rückführung der gemeinsamen Verbindlichkeiten aus der
Veräußerung des betroffenen Hausgrundstücks wird von keiner Partei behauptet. Im
Gegenteil hat die Klägerin den auf sie entfallenden Anteil am Resterlös
beanstandungslos entgegen genommen und für eigene Zwecke verbraucht. Eine solche
Verpflichtung ergibt sich auch nicht aus dem Inhalt des abzuändernden Vergleichs vom
22.11.2004. Unter diesen Umständen erscheint es unbillig, eine einseitige
Verwertungsobliegenheit zu Lasten des Beklagten anzunehmen.
125
ii)
126
Die Höhe des vom Einkommen des Beklagten vorweg abzuziehenden Kindesunterhalts
für die bis August 2006 noch minderjährige gemeinsame Tochter B2 bemisst sich in der
Zeit vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts am 1.1.2008
nach dem geschuldeten Tabellenbetrag der Düsseldorfer Tabelle (Zahlbetrag zuzüglich
anteiliges Kindergeld). Insoweit gehen die Parteien übereinstimmend von einer – im
gesamten Anspruchszeitraum erfüllten - Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von
Kindesunterhalt in Höhe 505 € monatlich aus. Das entspricht dem Tabellenbetrag aus
der 3. Altersstufe, 13. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle, Stand: 1.7.2005,
mit 582 € monatlich.
127
jj)
128
Ein weiterer Abzug für den beim Beklagten lebenden gemeinsamen Sohn K3 kommt
nicht in Betracht. Unstreitig hat der Beklagte im Anspruchszeitraum keinen Barunterhalt
für K3 geleistet.
129
Zwar kann das Einkommen des Unterhaltspflichtigen aus einer neben der
Kinderbetreuung ausgeübten überobligatorischen Tätigkeit um einen zu
pauschalisierenden Betreuungsbonus gekürzt werden. Das setzt jedoch voraus, dass
besondere Erschwernisse verbunden mit der Kinderbetreuung dargelegt werden (vgl.
Leitlinien des Oberlandesgerichts Hamm zum Unterhaltsrecht – kurz: HLL -, Stand:
1.7.2005, Ziffer 10.3). Daran fehlt es.
130
Zu Beginn des Anspruchszeitraums war K3 bereits 14 Jahre alt. Der Beklagte hat nichts
dazu vorgetragen, dass er nur unter besonderen Vorkehrungen dazu in der Lage war,
Beruf und Kinderbetreuung miteinander zu vereinbaren. Die von ihm aufgewandten
Kosten für die Schülerhilfe und den Nachhilfeunterricht stellen keine
Betreuungsleistungen dar. Sie sind Teil des Mehrbedarfs des Kindes (vgl. OLG Hamm
FamRZ 2007, 77, 78), für den die Eltern grundsätzlich anteilig nach der Höhe ihrer
Einkünfte aufzukommen haben, wenn und soweit es sich eine notwendige
Förderungsmaßnahmen handelt. Der – insoweit darlegungs- und beweispflichtige -
Beklagte hat jedoch weder schlüssig dargelegt noch unter Beweis gestellt, dass die von
der Klägerin bestrittenen Kosten für die Schülerhilfe und die Nachhilfe notwendig waren.
131
b)
132
Auf Seiten der Klägerin ist für den Zeitraum von Mai bis Oktober 2005 von einem
bereinigten Einkommen in Höhe von mindestens 931,71 € auszugehen. Zahlungen auf
den Kindesunterhalt für K3 hat sie im oben genannten Zeitraum nicht erbracht.
133
aa)
134
Nach dem Inhalt des von ihr vorgelegten Rentenbescheides vom 1.7.2007 hat sie im
oben genannten Zeitraum eine monatliche Rente wegen voller Erwerbsminderung in
Höhe von bis zu 735,84 € erhalten. Ausweislich ihres Rentenbescheides vom 5.11.2008
stand ihr jedoch eine Rente in Höhe von 937,87 € monatlich bis einschließlich Juni
2005, bzw. 933,25 € ab Juli 2005 und 931,71 € im Oktober 2005 zu. Der Differenzbetrag
zwischen geschuldeter und der tatsächlich geleisteten Rente ist spätestens im Jahr
2009 nachgezahlt worden.
135
Bei der Berechnung des Renteneinkommens für das Jahr 2005 hält es der Senat für
gerechtfertigt, von den geschuldeten und nicht von den tatsächlich zur Auszahlung
gelangten Rentenleistungen auszugehen.
136
Zwar wird es in der Regel, jedenfalls dann, wenn sich die Rentennachzahlungen nicht
in erheblichem Maße auf die Bedürftigkeit des Unterhaltsgläubigers auswirken,
sachgerecht erscheinen, diese auf das Jahr ihrer Auszahlung und gegebenenfalls auf
die Folgejahre zu verteilen. Vorliegend handelt es sich jedoch um eine
Rentennachzahlung von erheblicher Höhe, die die Bedarfslage der Klägerin nachhaltig
verändert hat. Nach den vorliegenden Rentenbescheiden vom 5.11.2008 und vom
11.11.2008 hat die Klägerin im Jahr 2009 eine Nachzahlung in Höhe von insgesamt
10.679,35 € für den Zeitraum vom 1.6.2004 bis zum 31.12.2008 erhalten. Unter diesen
Umständen könnte dem Beklagten, wäre der Unterhalt für den maßgeblichen Zeitraum
nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, ein Anspruch auf Erstattung des
zuviel gezahlten Unterhalts in dem von der Nachzahlung betroffenen Zeitraum nach den
Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gegen die Klägerin zustehen (vgl.
BGH NJW 1983, 1481, 1482; FamRZ 1989 718, 719).
137
Darüber hinaus betrifft die Nachzahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung
einen über den Anspruchszeitraum hinausgehenden Zeitraum. Eine Berücksichtigung
erst im Jahr ihrer Auszahlung würde daher zu nicht gerechtfertigten Verschiebungen der
Einkünfte der Klägerin im Verhältnis zu denen des Beklagten führen.
138
Letztlich ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihren Bedarf bis zum Jahr 2009
– zumindest teilweise – aus dem Erlös aus dem Verkauf des Hauses auf der C-Strasse
gedeckt hat. Unter diesen Umständen erscheint es nicht gerechtfertigt, die
Rentennachzahlungen bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin erst
im Jahr 2009 zu berücksichtigen.
139
bb)
140
Zusätzliche Einkünfte aus der Verwertung oder der Nutzung des Vermögens aus dem
Verkauf der Ehewohnung auf der C-Strasse muss sich die Klägerin nicht zurechnen
lassen.
141
Eine Obliegenheit zur Verwertung des Erlöses gem. § 1577 III BGB besteht nicht, denn
es wäre unbillig, dem Beklagten das Behaltendürfen seines Anteils an dem
Verwertungserlös zu gestatten, der Klägerin dagegen nicht.
142
Es besteht daher allenfalls eine Obliegenheit der Klägerin zur Ziehung von Nutzungen
(in Form von Zinsen) aus dem Erlös, der infolge der Veräußerung des Familienheims
anstelle ihres Wohnwertes getreten ist (vgl. BGH FamRZ 2005, 1159, 1161; FamRZ
2008, 963, 964 f.). Dem steht jedoch entgegen, dass die Klägerin den Erlös in Höhe von
insgesamt 17.667,79 € berechtigterweise verbraucht hat zur Begleichung einer
Maklergebühr (4.524 €), von Mietrückständen (7.033,96 €), von Material- und
Arbeitskosten für den Umbau der von ihr bewohnten Wohnung (5.000 €) und für den
Ausgleich ihres überzogenen Girokontos (2.800 €).
143
Der Verbrauch des Erlöses durch die unterhaltsberechtigte Klägerin wäre nur dann nicht
berücksichtigungsfähig, wenn er auf einem unterhaltsrechtlich vorwerfbaren Verhalten
beruhen würde (vgl. BGH, Urteil vom 17.2.2010 - XII ZR 140/08 -). Dafür, dass die
Klägerin bei dem Verbrauch ihrer Einkünfte aus der Veräußerung des gemeinsamen
Hausgrundstücks unterhaltsrechtlich vorwerfbar gehandelt hat, bestehen jedoch keine
Anhaltspunkte. Soweit der Beklagte in zweiter Instanz Bedenken gegen das Bestehen
der Mietrückstände sowie gegen die Notwendigkeit der Ausgaben für den
Wohnungsumbau und für die Überziehung des Girokontos durch die Klägerin geäußert
hat, hat er im Termin vom 20.4.2010 durch die Erklärung seines
Prozessbevollmächtigten, dass die vorbereitend geladenen Zeugen nicht vernommen
werden müssen, zu erkennen gegeben, dass er an seinem Bestreiten nicht länger
festhalten will. Es ist daher hinsichtlich des Verbrauchs des Veräußerungserlöses vom
Sachvortag der Klägerin auszugehen.
144
c)
145
Bei der Berechnung der Höhe des der Klägerin zustehenden Ehegattenunterhalts ist
unter Berücksichtigung des dem Beklagten zu belassenden Erwerbstätigenbonus von
einem Erwerbseinkommen des Beklagten im Zeitraum von Mai bis Oktober 2005 in
Höhe von 1.603,86 € (6/7 von 1.871,17 €) zuzüglich sonstiger Einkünfte aus Vermietung
und Verpachtung in Höhe von 525,94 €, mithin insgesamt von 2.129,80 € auszugehen.
Die Differenz zum bereinigten Einkommen der Klägerin von mindestens 931,71 €, aus
welcher sich ihr Unterhaltsanspruch nach dem Halbteilungsgrundsatz bemisst, beträgt
weniger als 1.900 €. Das hat zur Folge, dass ihr für den oben genannten Zeitraum kein
höherer als der bereits titulierte Ehegattenunterhalt von 950 € monatlich zusteht.
146
2)
147
Zeitraum November und Dezember 2005
148
Im November 2005 hat sich das bereinigte Einkommen der Klägerin auf wenigstens
599,71 € verringert. Das ist der Betrag, der ihr von ihrem Renteneinkommen in Höhe von
931,71 € im oben genannten Zeitraum nach Abzug des Tabellenkindesunterhalts für
den gemeinsamen Sohn K3 verblieben ist.
149
Seit November 2005 zahlt die Klägerin aufgrund eines Anerkenntnisurteils des
Familiengerichts Dortmund vom 23.11.2005 Kindesunterhalt für den beim Beklagten
lebenden Sohn K3 in Höhe von 316 € monatlich. Das entspricht einem Tabellenbetrag
von wenigstens 114 % aus der 3. Einkommensgruppe, 3. Altersstufe der Düsseldorfer
Tabelle vom 1.7.2005, in Höhe von 332 € monatlich (316 € Zahlbetrag zuzüglich 16 €
anteiliges Kindergeld). Zwar bleibt der Zahlbetrag von 316 € wegen der
unterschiedlichen Anrechnung des Kindergeldes bis zur 6. Einkommensgruppe (316 €
Zahlbetrag zuzüglich 77 € anteiliges Kindergeld) unverändert mit der Folge, dass der
Zahlung der Klägerin auch der Tabellenbetrag einer anderen Einkommensgruppe der
Düsseldorfer Tabelle zugrunde liegen kann. Mangels hinreichenden Sachvortrages der
Klägerin zu den Grundlagen des Anerkenntnisurteils vom 23.11.2005 kann im Rahmen
des Vorwegabzuges von ihrem Einkommen jedoch nur von dem geringsten in Betracht
kommenden Tabellenbetrag ausgegangen werden.
150
Damit erhöht sich die Differenz der Einkünfte der Parteien (Einkommen des Beklagten
von 2.129,80 € abzüglich Einkommen der Klägerin von 599,71 €) auf einen Betrag der
ebenfalls unterhalb von 1.900 € liegt mit der Folge, dass auch für diesen Zeitraum ein
Abänderungsanspruch der Klägerin nicht besteht.
151
3)
152
Zeitraum November und Dezember 2007
153
Für November und Dezember 2007 beträgt der Unterhaltsanspruch der Klägerin 688 €
monatlich.
154
a)
155
Auf Seiten des Beklagten ist für den oben genannten Zeitraum von einem geringfügig
geänderten Einkommen auszugehen, welches sich wie folgt berechnet:
156
Bruttoeinkommen als Geschäftsführer der Y GmbH
7.958,38 €
157
Bruttoeinkommen als Geschäftsführer der B GmbH
1.000,00 €
158
159
abzgl. Steuerlast (fiktiv)
- 1.364,98 €
159
abzgl. Kranken- und Pflegeversicherung
- 388,46 €
160
abzgl. Selbstbeteiligung zur Krankenversicherung (Beklagter)
- 83,33 €
abzgl. Selbstbeteiligung zur Krankenversicherung (B2)
- 46,83 €
abzgl. Selbstbeteiligung zur Krankenversicherung (K3)
- 0,00 €
161
abzgl. Altersvorsorgleistungen
- 1.896,86 €
162
abzgl. Darlehensverbindlichkeiten (für die ehemalige Ehewohnung)
- 372,83 €
abzgl. Rentenzahlungen an die eigene Mutter
- 2.454,20 €
abzgl. Barunterhalt für B2 (Vorwegabzug)
- 659,00 €
163
anrechenbares Erwerbseinkommen
1.691,87 €
164
165
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
525,94 €
166
167
anrechenbare Gesamteinkünfte:
2.217,81 €
168
aa)
169
Ausweislich der vom Beklagten zu den Akten gereichten Lohnabrechnungen hat sich
sein Geschäftsführergehalt im Jahr 2007 gegenüber dem aus 2005 verringert. Sein
Bruttoeinkommen aus seiner Tätigkeit für die "Zahntechnik N GmbH" betrug im Jahr
2007 insgesamt 95.500,56 €. Sein Bruttoeinkommen aus seiner Geschäftsführertätigkeit
für die Firma "B GmbH" belief sich auf insgesamt 12.000 € brutto. Das entspricht einem
monatlichen Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 8.958,38 €.
170
bb)
171
Entsprechend der Verringerung seines Bruttoeinkommens verringert sich die fiktiv zu
berechnende Steuerlast, wobei der Senat insoweit von den im Steuerbescheid des
Beklagten vom 26.3.2008 für das Jahr 2007 ausgewiesenen Beträgen – einschließlich
des darin festgestellten Steuerbrutto aus nichtselbständiger Tätigkeit – ausgegangen ist.
Danach berechnet sich seine Steuerlast nach der Grundsteuertabelle wie folgt:
172
Steuerbrutto als Geschäftsführer der Y u. der B
99.353,00 €
Einkommen aus Vermietung und Verpachtung
6.311,25 €
Gesamteinkünfte:
105.664,25 €
Sonderausgaben
Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
- 1.308,00 €
Unterhaltsleistungen
- 13.805,00 €
Renten u. dauernde Lasten
- 29.450,00 €
gezahlte Kirchensteuer (Rest)
- 360,00 €
Beschränkt abziehbare Sonderausgaben
- 5.069,00 €
Kinderfreibeträge
- 5.808,00 €
zu verst. Einkommen
49.864,25 €
173
174
Einkommensteuer
13.040,00 €
Kindergeld
1.848,00 €
Ermäßigung für Handwerkliche Leistungen
- 399,00 €
Kirchensteuer
1.173,60 €
Solidaritätszuschlag
717,20 €
Steuerlast (fiktiv)
16.379,80 €
175
Das entspricht einer fiktiven monatlichen Steuerlast in Höhe von 1.364,98 €.
176
cc)
177
Die Krankenversicherungsbeiträge in der dargestellten Höhe (4.661,52 € p. a.) sind
belegt durch Vorlage der Versicherungsbescheinigung vom 18.8.2008. Belegt ist auch
die Inanspruchnahme des Beklagten aus der Selbstbeteiligung im Jahr 2007 für ihn
selbst in Höhe von 1.000 € und für das Kind B2 in Höhe von 562 €. Die
Inanspruchnahme in Höhe der Selbstbeteiligung für den Sohn K3 ist nicht belegt und
muss daher außer Ansatz bleiben.
178
dd)
179
Die im Jahr 2007 für die Altersvorsorge aufgewandten Leistungen stellen sich, nach
Vorlage entsprechender Versicherungsbescheinigungen der Lebens- und
Rentenversicherer und der entsprechenden Jahreskontoauszüge betreffend die
Tilgungsleistungen auf Grundstücksdarlehen, wie folgt dar:
180
Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung
955,20 €
Beiträge für die Risikolebensversicherung bei der "D2"
542,48 €
Beiträge für die Rentenversicherung bei der "D2"
3.915,00 €
Beiträge für die B3 Lebensversicherung
1.883,64 €
Beiträge für die Lebensversicherung bei der "T"
11.423,31 €
Direktversicherung Arbeitgeber
2.147,52 €
Altersvorsorgleistungen gesamt:
20.867,15 €
zzgl. Tilgungsleistungen für das Hausgrundstück B-Weg
16.524,00 €
zzgl. Tilgungsleistungen für das Hausgrundstück K-Strasse
10.560,00 €
gesamt:
47.951,15 €
181
Die Höhe ist der berücksichtigungsfähigen Altersvorsorgeleistungen ist jedoch begrenzt
auf 22.762,36 €, bzw. 1.896,86 € monatlich. Das entspricht 20 % seines
Bruttoeinkommens von insgesamt 113.811,81 € (107.500,56 € Erwerbseinkommen +
6.311,25 € Mieteinnahmen).
182
ee)
183
Für Zins- und Tilgungsleistungen auf Restverbindlichkeiten aus dem Verkauf der
Ehewohnung auf der C-Strasse können im Jahr 2007 lediglich die durch Vorlage der
Jahreskontoauszüge belegten Zahlungen auf den Kredit bei der E2 Bank mit der
Endziffer –304 in Höhe von rund 2.098 € (174,86 € monatlich) und bei der Sparkasse E
mit der Endziffer –539 In Höhe von 2.376 € (198 € monatlich) Berücksichtigung finden
können. Zahlungen auf den Kredit bei der E2 Bank mit der Endziffer –500 hat der
Beklagte für das Jahr 2007 weder schlüssig dargelegt noch belegt. Da der Kredit, wie
184
sich aus dem vom Beklagten vorgelegten Jahreskontoauszug für das Jahr 2008 ergibt,
nicht mit gleichbleibenden Raten bedient wird, hätte es ihm oblegen, zumindest die
Höhe seiner Zahlungen hierauf im Jahr 2007 darzulegen. Daran fehlt es.
Insgesamt können daher für den oben genannten Zeitraum nur Zins- und
Tilgungsleistungen in Höhe von 4.474 €, bzw. 372,83 € monatlich berücksichtigt
werden.
185
ff)
186
Für den Kindesunterhalt für die gemeinsame Tochter B2 kann der Beklagte im Jahr
2007 den von ihm – nach dem Willen der Parteien geschuldeten - tatsächlich
geleisteten Unterhalt in Höhe von 505 € zuzüglich des vollen Kindergeldes von
seinerzeit 154 € von seinem Einkommen absetzen. Die im Jahr 2007 noch im Haushalt
der Klägerin lebende Tochter ist im September 2006 volljährig geworden. Mit dem
Zeitpunkt ihrer Volljährigkeit bestand ihr gegenüber eine anteilige
Barunterhaltsverpflichtung beider Elternteile nach dem Verhältnis ihrer Einkünfte. Da
sich die Parteien jedoch darauf geeinigt haben, dass der Beklagten den vollen
Barunterhalt von B2 alleine sicherstellt, erscheint es angemessen, ihm auch das volle
Kindergeld für die Tochter zu belassen (vgl. BGH FamRZ 2006, 99, 101 f.).
187
b)
188
Auf Seiten der Klägerin ist – ausweislich des Rentenbescheides vom 11.11.2008 - von
einem Einkommen aus geschuldeter Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe
von 934,05 € auszugehen. Tatsächlich hat sie im oben genannten Zeitraum monatliche
Rentenleistungen in Höhe von 739,79 € erhalten. Hinzu kommt die im Jahr 2009 erfolgte
Nachzahlung von 3.690,97 € für den Zeitraum vom 1.6.2007 bis zum 31.12.2008,
welche anteilig auf 19 Monate (mit 194,26 € monatlich) zu verteilen ist.
189
Nach Abzug des Tabellenkindesunterhalts für K3 (332 € monatlich) betrug ihr
bereinigtes Einkommen im oben genannten Zeitraum somit 602,05 €.
190
c)
191
Daraus errechnet sich unter Berücksichtigung des Erwerbstätigenbonus zugunsten des
Beklagten ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Ehegattenunterhalt in Höhe von
781 € monatlich wie folgt:
192
6/7 bereinigtes Erwerbseinkommen des Beklagten
1.450,18 €
zuzüglich Mieteinkünfte des Beklagten
525,94 €
abzüglich bereinigtes Einkommen der Klägerin
- 602,05 €
193
Differenz:
1.374,06 €
, davon 1/2 (gerundet) =
688,00 €
194
4)
195
Zeitraum Januar bis einschließlich Juni 2008
196
Im Zeitraum von Januar bis Juni 2008 verringert sich der Unterhaltsanspruch der
Klägerin infolge der Veränderung der bereinigten Einkünfte beider Parteien geringfügig
auf 665 € monatlich.
197
a)
198
Das der Unterhaltsberechnung für den oben genannten Zeitraum zugrundezulegende
bereinigte Einkommen des Beklagten beträgt insgesamt 2.182,93 €. Es berechnet sich
wie folgt:
199
Bruttoeinkommen als Geschäftsführer der Y GmbH
7.804,27 €
200
Bruttoeinkommen als Geschäftsführer der B GmbH
1.000,00 €
201
abzgl. Steuerlast (fiktiv)
- 1.362,83 €
202
abzgl. Kranken- und Pflegeversicherung
- 430,05 €
203
abzgl. Selbstbeteiligung zur Krankenversicherung (Beklagter)
- 0,00 €
abzgl. Selbstbeteiligung zur Krankenversicherung (B2)
- 0,00 €
abzgl. Selbstbeteiligung zur Krankenversicherung (K3)
- 0,00 €
204
abzgl. Altersvorsorgleistungen
- 1.866,04 €
205
abzgl. Darlehensverbindlichkeiten (für die ehemalige Ehewohnung)
- 529,16 €
abzgl. Rentenzahlungen an die eigene Mutter
- 2.454,20 €
abzgl. Barunterhalt für B2 (Vorwegabzug)
- 505,00 €
206
anrechenbares Erwerbseinkommen
1.656,99 €
207
208
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
525,94 €
209
210
anrechenbare Gesamteinkünfte:
2.182,93 €
211
aa)
212
Der Beklagte hat im Jahr 2008 - ausweislich der von ihm zu den Akten gereichten
Lohnbelege – 93.651,28 € brutto aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer für die
"Zahntechnik N GmbH" und weitere 12.000 € brutto aus seiner Geschäftsführertätigkeit
für die "B GmbH" verdient.
213
bb)
214
Ausweislich seines Steuerbescheides für das Jahr 2008 hat er von den Vorjahren
abweichende Werbungskosten geltend gemacht. Seine fiktive Steuerlast berechnet sich
daher unter Berücksichtigung des im Steuerbescheid ausgewiesenen
Bruttoarbeitslohns von 97.813 € wie folgt:
215
Steuerbrutto als Geschäftsführer der Y u. der B
97.813,00 €
Einkommen aus Vermietung und Verpachtung
6.311,25 €
Gesamteinkünfte:
104.124,25 €
Sonderausgaben
Werbungskosten
- 924,00 €
Unterhaltsleistungen
- 11.400,00 €
Renten u. dauernde Lasten
- 29.450,00 €
gezahlte Kirchensteuer (Rest)
- 726,00 €
Berufsausbildungskosten
- 511,00 €
216
Beschränkt abziehbare Sonderausgaben
- 5.069,00 €
Kinderfreibeträge
- 5.808,00 €
zu verst. Einkommen
50.236,25 €
217
Einkommensteuer
13.193,00 €
Kindergeld
1.848,00 €
Ermäßigung für Handwerkliche Leistungen
- 600,00 €
Kirchensteuer
1.187,37 €
Solidaritätszuschlag
725,61 €
Steuerlast (fiktiv)
16.353,98 €
218
cc)
219
Seine Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge haben sich – ausweislich der
Versicherungsbescheinung vom 18.8.2008 – auf insgesamt 5.160,60 € erhöht. Die von
der Klägerin bestrittenen Zahlungen auf den Selbstbehalt (für ihn und die Kinder) hat der
Beklagte für das Jahr 2008 nicht belegt. Ein Abzug von seinem Einkommen in Höhe der
Selbstbeteiligungssätze erscheint daher nicht gerechtfertigt.
220
dd)
221
Im Jahr 2008 hat der Beklagte – ausweislich der von ihm zu den Akten gereichten
Belege – folgende Beträge für seine Altersvorsorge aufgewandt:
222
Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung
955,20 €
Beiträge für die Risikolebensversicherung bei der "D2"
542,48 €
Beiträge für die Rentenversicherung bei der "D2"
3.915,00 €
Beiträge für die B3 Lebensversicherung
1.883,64 €
Beiträge für die Lebensversicherung bei der "T"
11.564,34 €
Direktversicherung Arbeitgeber
2.147,52 €
Altersvorsorgleistungen gesamt:
20.867,15 €
zzgl. Tilgungsleistungen für das Hausgrundstück B-Weg
22.331,60 €
zzgl. Tilgungsleistungen für das Hausgrundstück K-Strasse
10.560,00 €
gesamt:
53.899,78 €
223
Davon sind 20 % von seinem Bruttoeinkommen in Höhe von insgesamt 111.962,53 €
(105.651,28 € Erwerbseinkommen + 6.311,25 € Mieteinnahmen), mithin 22.392,51 €,
bzw. 1.866,04 € monatlich unterhaltsrechtlich berücksichtigungsfähig.
224
ee)
225
Die Zins- und Tilgungsleistungen auf die ehebedingten Darlehensverbindlichkeiten
betreffend das veräußerte Hausgrundstück auf der C-Strasse berechnen sich im Jahr
2008 ausweislich der vom Beklagten vorgelegten Jahreskontoauszüge wie folgt:
226
E2 Bank zur Endziffer -304
2.098,00 €
E2 Bank zur Endziffer -500
1.791,86 €
Sparkasse E zur Endziffer -539 (monatlich 205 €)
2.460,00 €
gesamt:
6.349,86 €
227
Das entspricht einer monatlichen Belastung in Höhe von 529,16 €. Dabei sind –
mangels ausreichenden Sachvortrages des Beklagten - die im Jahreskontoauszug vom
7.12.2009 ausgewiesenen Zahlungen auf Kredit bei der E2 Bank mit der Endziffer –500
nur insoweit berücksichtigungsfähig, als sie mit "Zins" und "Tilgung" bezeichnet sind
und eindeutig dem Beklagten zugeordnet werden können.
228
ff)
229
Nach der Änderung des § 1612b BGB mit Wirkung zum 1.1.2008 ist der Kindesunterhalt
wegen der nunmehr bedarfsdeckenden Funktion des Kindergeldes nicht mehr mit dem
Tabellenbetrag, sondern mit dem Zahlbetrag in Abzug zu bringen (vgl. BGH NJW 2009,
2523, 2526 f.; Senat FamRZ 2008, 1937, 1940 f.). Das gilt auch für den vom Beklagten
unstreitig geschuldeten und tatsächlich gezahlten Volljährigenunterhalt für die
gemeinsame Tochter B2 in Höhe von 505 € monatlich.
230
b)
231
Auf Seiten der Klägerin ist für den oben genannten Zeitraum nach Abzug des unstreitig
geschuldeten Zahlbetrages auf den Unterhalt für den gemeinsamen Sohn K3 in Höhe
von 316 € von ihrem Renteneinkommen in Höhe von monatlich 934,05 € von einem
bereinigten Einkommen in Höhe von 618,05 € auszugehen.
232
c)
233
Der Unterhaltsanspruch der Klägerin berechnet sich daher unter Berücksichtigung des
Erwerbstätigenbonus zugunsten des Beklagten wie folgt:
234
6/7 bereinigtes Erwerbseinkommen des Beklagten
1.420,28 €
235
zuzüglich Mieteinkünfte des Beklagten
525,94 €
abzüglich bereinigtes Einkommen der Klägerin
- 618,05 €
Differenz:
1.328,17 €
, davon 1/2 (gerundet) =
665,00 €
236
5)
237
Zeitraum Juli bis einschließlich Dezember 2008
238
In diesem Zeitraum hat sich das bereinigte Einkommen der Klägerin geringfügig erhöht.
Unter Berücksichtigung ihrer tatsächlich zur Auszahlung gelangten Rente in Höhe von
745,89 €, des Rentennachzahlungsanspruchs in Höhe von 194,26 € und des von ihr
geschuldeten Kindesunterhalts in Höhe von 316 € beträgt es 624,15 € monatlich.
239
Die Differenz der beiderseitigen Einkünfte beläuft sich danach auf 1.322,07 € (1.946,22
€ Einkommen des Beklagten / 624,15 € Einkommen der Klägerin). Davon stehen der
Klägerin ½, mithin gerundet 662 € als Ehegattenunterhalt zu.
240
6)
241
Zeitraum Januar bis einschließlich Juni 2009
242
Im Jahr 2009 haben sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten infolge der
Erhöhung seines Einkommens als Geschäftsführer der "Zahntechnik N GmbH"
verändert. Das hat zur Folge, dass sich der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von
Ehegattenunterhalt auf 899 € monatlich erhöht.
243
a)
244
Nach den vorgelegten Unterlagen ist im Jahr 2009 von einem bereinigten Einkommen
des Beklagten in Höhe von insgesamt 2.734,31 € monatlich (aus Steuerklasse 1)
auszugehen. Sein Einkommen berechnet sich wie folgt:
245
Bruttoeinkommen als Geschäftsführer der Y GmbH
9.325,89 €
246
Bruttoeinkommen als Geschäftsführer der B GmbH
1.000,00 €
247
abzgl. Steuerlast (fiktiv)
- 2.028,75 €
248
abzgl. Kranken- und Pflegeversicherung
- 430,05 €
249
abzgl. Selbstbeteiligung zur Krankenversicherung (Beklagter)
- 0,00 €
abzgl. Selbstbeteiligung zur Krankenversicherung (B2)
- 0,00 €
abzgl. Selbstbeteiligung zur Krankenversicherung (K3)
- 0,00 €
250
abzgl. Altersvorsorgleistungen
- 2.170,37 €
251
abzgl. Darlehensverbindlichkeiten (für die ehemalige Ehewohnung)
- 529,16 €
abzgl. Rentenzahlungen an die eigene Mutter
- 2.454,20 €
abzgl. Barunterhalt für B2 (Vorwegabzug)
- 505,00 €
252
anrechenbares Erwerbseinkommen
2.208,38 €
253
254
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
525,94 €
255
256
anrechenbare Gesamteinkünfte:
2.734,31 €
257
aa)
258
Ausweislich der von ihm vorgelegten Lohnabrechnungen für das Jahr 2009 hat der
259
Beklagte in diesem Jahr insgesamt 111.910,72 € aus seiner Tätigkeit als
Geschäftsführer für die "Zahntechnik N GmbH" verdient. Das ist der Betrag, der in der
Lohnabrechnung für Dezember 2009 als Jahresbruttoeinkommen ausgewiesen ist.
Darin ist eine Tantieme in Höhe von rund 21.000 € brutto erhalten, die im September
2009 zur Auszahlung gelangt ist. Dass die Tantieme dem Beklagten vertraglich nicht
zugestanden hat, ist von ihm weder vorgetragen noch hinreichend belegt worden.
bb)
260
Unter Berücksichtigung des in seinen Lohnabrechnungen für Dezember 2009
ausgewiesenen Steuerbrutto (102.805,60 € aus seiner Tätigkeit für die "Zahntechnik N
GmbH" und 12.000 € für die "B GmbH") sowie seiner Mieteinkünfte erhöht sich die
fiktive Steuerlast bei einem zu versteuernden Einkommen von 67.228,85 € - ausgehend
von den fortgeschriebenen Sonderausgaben für das Jahr 2008 – nach der
Grundsteuertabelle auf insgesamt 24.344,94 € (20.172,00 € Einkommensteuer
zuzüglich 1.848 € Kindergeld / 600 € Ermäßigung für Handwerkerleistungen + 1.815,48
€ Kirchensteuer + 1.109,46 € Solidaritätszuschlag). Das entspricht einer monatlichen
Belastung für Steuern (nach der Steuerklasse 1) in Höhe von 2.028,75 €.
261
cc)
262
Der für die Altersvorsorge des Beklagten abzugsfähige Betrag von 20 % seines
Bruttoeinkommens bemisst sich aus einem Gesamteinkommen von 130.221,97 €
(123.910,72 € Erwerbseinkommen + 6.311,25 € Einkünfte aus Vermietung und
Verpachtung) mit 26.044,39 € p. a., bzw. 2.170,37 € monatlich. Anhaltspunkte dafür,
dass sich seine tatsächlichen Ausgaben für die Altersvorsorge im Jahr 2009 gegenüber
denjenigen aus dem Jahr 2008 nachhaltig verändert haben, bestehen nicht.
263
dd)
264
Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte hat der Senat die Zahlungen des Beklagten
auf die Darlehensverbindlichkeiten für die Restschulden aus der Veräußerung des
ehemaligen Hausgrundstücks der Parteien auf der Balsterstasse fortgeschrieben. Dabei
ist berücksichtigt, dass die Höhe der bis Ende 2008 belegten Zahlungen auf die
genannten Kreditverbindlichkeiten von der Klägerin nicht bestritten worden ist.
265
b)
266
Nach Abzug des Erwerbstätigenbonus verblieb dem Beklagten für den oben genannten
Zeitraum ein Erwerbseinkommen in Höhe von 1.892,89 € monatlich. Sein
anrechenbares Gesamteinkommen betrug unter Berücksichtigung seiner
Mieteinnahmen (525,94 € monatlich) insgesamt 2.418,83 €.
267
Die Klägerin hat – ausweislich des Rentenbescheides vom 11.11.2008 – im oben
genannten Zeitraum 937,64 € monatliche Renteneinkünfte erzielt. Davon verblieben ihr
nach Abzug des Kindesunterhalts für den gemeinsamen Sohn in Höhe von 316 €
(Zahlbetrag) insgesamt 621,64 € monatlich.
268
Die Differenz der beiderseitigen Einkünfte betrug 1.797,19 €. Davon stehen der Klägerin
½, mithin gerundet 899 € Ehegattenunterhalt monatlich zu.
269
Im Hinblick auf die Minderjährigkeit des von dem Beklagten betreuten gemeinsamen
Sohnes, die erhebliche wirtschaftliche Besserstellung des Beklagten gegenüber der
Klägerin und den Umstand, dass die Klägerin infolge ihrer Erkrankung nicht in der Lage
ist, Einkünfte hinzu zu verdienen, hält der Senat die Wesentlichkeitsgrenze des § 323
ZPO für überschritten mit der Folge, dass eine Anpassung des Unterhalts an die
geänderten Verhältnisse zu erfolgen hat.
270
d)
271
Die erneute Eheschließung des Beklagten im April 2009 führt zu einer Änderung der
Höhe des Unterhaltsanspruchs der Klägerin nicht, denn die Bemessung ihres Unterhalts
nach der vom Bundesgerichtshof vorgeschlagenen Dreiteilungsmethode führt
rechnerisch zu einem höheren Unterhaltsanspruch als den, der der Klägerin ohne
Berücksichtigung der Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber seiner neuen Ehefrau
zustünde. Da ihr Anspruch aber nicht höher sein kann als der Bedarf, der sich nach den
ehelichen Lebensverhältnissen ergibt, ist der Unterhaltsanspruch der Klägerin auf den
Betrag zu begrenzen, der sich ohne Berücksichtigung der neuen Ehefrau des Beklagten
ergäbe (vgl. BGH FamRZ 2009, 416, 418).
272
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den wandelbaren ehelichen
Lebensverhältnissen wirkt sich der Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten in der
Regel auf den Bedarf des geschiedenen Ehegatten aus. Deswegen wird der Bedarf des
geschiedenen Ehegatten bei Hinzutreten eines neuen Ehepartners auf Seiten des
Unterhaltsverpflichteten in der Weise berechnet, dass die Summe der anrechenbaren
Einkünfte der geschiedenen Ehegatten und des neuen Ehepartners
zusammengerechnet und durch Drei geteilt wird. Dabei ist der Splittingvorteil des
Unterhaltsschuldners aus seiner neuen Ehe zu berücksichtigen (vgl. BGH FamRZ 2009,
579, 583). Im Übrigen kann, wenn der Unterhaltsschuldner und sein neuer Ehegatte in
einer Bedarfsgemeinschaft zusammenleben, in der Regel davon ausgegangen werden,
dass dadurch eine Ersparnis bei den allgemeinen Kosten für die Lebenshaltung eintritt
(vgl. BGH FamRZ 2008, 595, 598). Diese Ersparnis bemisst der Senat entsprechend
Ziffer 6.2 HLL (Stand: 1.1.2010) mit bis zu 20 % (bis zu 10 % für jeden Ehegatten in der
Haushaltsgemeinschaft). Sie ist nach der Rechtsprechung des Senats bereits auf der
Bedarfsebene zu berücksichtigen, weil sie sich - unabhängig von der Leistungsfähigkeit
des Unterhaltsschuldners - bereits auf seinen Bedarf und den seines neuen Ehepartners
auswirkt und daher im Falle einer Nichtberücksichtigung bei der Dreiteilung zu einer
ungerechtfertigten Ungleichbehandlung des geschiedenen Ehegatten mit dem neuen
Ehegatten führen würde (vgl. Senat, Beschluss vom 28.4.2009 – 2 WF 1/09 -,
abgedruckt bei "juris", Rn. 38; OLG Brandenburg, Urteil vom 8.12.2009 – 10 UF 17/05 -,
abgedruckt bei "juris", Rn. 123 f.; OLG Köln, Urteil vom 22.12.2009 – 4 UF 79/09 -,
abgedruckt bei "juris", Rn. 24). Damit ist dann, wenn keine besonderen Umstände
vorliegen, die für eine geringere als die genannte Ersparnis sprechen, der
Aufteilungsschlüssel nach der Dreiteilung auf 36,666 % zugunsten des
unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten im Verhältnis zu je 31,666 % für den
Unterhaltsverpflichteten und seinen neuen Ehepartner zu modifizieren.
273
Ausgehend von einem anrechenbaren Gesamteinkommen der Unterhaltsgemeinschaft
in Höhe von mindestens 4.765,73 € (2.944,39 € Einkommen des Beklagten + 621,64 €
Einkommen der Klägerin + mindestens 1.199,70 € Einkommen der neuen Ehefrau)
betrüge der Anspruch der Klägerin wenigstens 1.588,58 € abzüglich 621,64 €
(bedarfsdeckende Eigeneinkünfte), mithin gerundet 967 € monatlich. Unter
274
Berücksichtigung der Ersparnis des Beklagten und seiner neuen Ehefrau aufgrund des
ehelichen Zusammenlebens betrüge der Anspruch der Klägerin nach der veränderten
Verteilungsquote wenigstens 1.126 € gerundet monatlich (4.765,73 x 36,666 % / 621,64
€ Eigeneinkommen). Der Unterhaltsanspruch der Klägerin nach der
Dreiteilungsmethode wäre damit in jedem Fall höher als der Bedarf, der ihr nach der
oben vorgenommen Berechnung auf der Grundlage eines nach der Steuerklasse 1 zu
versteuernden Einkommens des Beklagten zustünde. Im Einzelnen berechnet sich ihr
Unterhaltsanspruch nach der Dreiteilungsmethode wie folgt:
aa)
275
Bei der Ermittlung des Gesamteinkommens bemisst sich das in die
Unterhaltsberechnung nach Dreiteilung einzustellende Einkommen des Beklagten für
die Zeit von April bis Juni 2009 wie folgt:
276
Bruttoeinkommen als Geschäftsführer der Y GmbH
9.325,89 €
277
Bruttoeinkommen als Geschäftsführer der B GmbH
1.000,00 €
278
abzgl. Steuerlast (fiktiv nach Steuerklasse 3)
- 1.415,60 €
279
abzgl. Kranken- und Pflegeversicherung
- 430,05 €
280
abzgl. Selbstbeteiligung zur Krankenversicherung (Beklagter)
- 0,00 €
abzgl. Selbstbeteiligung zur Krankenversicherung (B2)
- 0,00 €
abzgl. Selbstbeteiligung zur Krankenversicherung (K3)
- 0,00 €
281
abzgl. Altersvorsorgleistungen
- 2.170,37 €
282
abzgl. Darlehensverbindlichkeiten (für die ehemalige Ehewohnung)
- 529,16 €
abzgl. Rentenzahlungen an die eigene Mutter
- 2.454,20 €
abzgl. Barunterhalt für B2 (Vorwegabzug)
- 505,00 €
283
anrechenbares Erwerbseinkommen
2.821,52 €
284
285
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
525,94 €
286
287
anrechenbare Gesamteinkünfte:
3.347,46 €
288
Nach Abzug des Erwerbstätigenbonus von 403,07 € (1/7 von 2.821,52 €) verblieben
davon anrechenbar 2.944,39 €.
289
Bei einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von 67.228,85 € (s. o.) betrüge die
fiktive Steuerlast des Beklagten nach der Splittingtabelle (aus der Steuerklasse 3)
lediglich 16.987,17 €, bzw. 1.415,60 € monatlich (13.746,00 € Einkommensteuer
zuzüglich 1.848 € Kindergeld / 600 € Ermäßigung für Handwerkerleistungen + 1.237,14
€ Kirchensteuer + 756,03 € Solidaritätszuschlag).
290
bb)
291
Das für die Unterhaltsberechnung nach der Dreiteilungsmethode in Ansatz zu bringende
Einkommen der neuen Ehefrau des Beklagten bemisst sich nach der Höhe des im April
2009 an sie ausgezahlten Arbeitslosengeldes.
292
Darauf, dass ihr Einkommen in der Folgezeit durch Aufnahme einer ¾-schichtigen
Erwerbstätigkeit gestiegen ist, kommt es ebenso wenig an wie auf die Frage, ob sie sich
im Verhältnis zur Klägerin auf ihre teilschichtige Erwerbstätigkeit berufen kann oder ob
ihr fiktiv ein Einkommen aus einer erzielbaren vollschichtigen Tätigkeit zuzurechnen ist,
um die Gleichbehandlung der neuen Ehefrau des Beklagten mit der Klägerin
sicherzustellen (vgl. BGH NJW 2010, 365, 370). Erhöht sich das Einkommen der
Ehefrau des Beklagten, so führt dies rechnerisch dazu, dass die Klägerin über die
Zusammenrechnung der Einkünfte zur Durchführung der Dreiteilung von der Erhöhung
des Einkommens der neuen Ehefrau profitiert mit der Folge, dass sich ihr Anspruch
dadurch rechnerisch nicht verringert, sondern erhöht. Eine rechnerische Erhöhung ihres
Anspruchs nach der Dreiteilung hat jedoch keine Auswirkungen auf ihren geringeren
293
Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen, nach welchem sich ihr
Unterhaltsanspruch bemisst.
7)
294
Zeitraum Juli 2009 bis einschließlich Juli 2010
295
Für den Zeitraum ab Juli 2009 verringert sich der Unterhaltsanspruch der Klägerin auf
monatlich 886 € infolge der Erhöhung ihres Renteneinkommens.
296
Ausweislich des von ihr zu den Akten gereichten Rentenbescheides ist zum 1.7.2009
eine Rentenanpassung erfolgt. Ihre monatliche Rente wegen voller Erwerbsminderung
beträgt danach 963,44 €. Nach Abzug des Kindesunterhalts für den gemeinsamen Sohn
in Höhe von 316 €, der nach dem übereinstimmenden Willen beider Parteien über den
Zeitraum seiner Volljährigkeit im Juni 2009 weiter gezahlt worden ist, verbleiben ihr
davon bereinigt 647,44 € monatlich.
297
Die Differenz zum bereinigten Einkommen des Beklagten (aus der Steuerklasse 1 nach
Abzug des Erwerbstätigenbonus) in Höhe von 2.418,83 € monatlich beträgt 1.771,39 €.
Davon steht der Klägern die Hälfte, mithin gerundet 886 € monatlich als
Ehegattenunterhalt zu.
298
Das entspricht dem Betrag, auf den ihr Unterhaltsanspruch, der sich unter Anwendung
der Dreiteilungsmethode rechnerisch höher darstellt, nach den ehelichen
Lebensverhältnissen begrenzt ist.
299
8)
300
Zeitraum ab August 2010
301
Für die Zeit ab August 2010 hat der Senat berücksichtigt, dass sich die Parteien im
Termin am 20.4.2010 darauf geeinigt haben, dass die Klägerin dem volljährigen Sohn
K3 keinen Unterhalt mehr schuldet. Danach kann davon ausgegangen werden, dass ihr
ab August 2010 die Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von 963,44 €
ungekürzt für die Deckung ihres Lebensunterhalts zur Verfügung steht.
302
Auf Seiten des Beklagten ergibt sich eine Einkommensänderung nicht. Insbesondere
kann nicht davon ausgegangen werden, dass er infolge der zwischen den Parteien
getroffenen Freistellungsvereinbarung für den Volljährigenunterhalt des in seinem
Haushalt lebenden Sohnes aufkommen muss. Nach dem unstreitigen Sachvortrag des
Beklagten beginnt K3 im August 2010 eine Ausbildung im Betrieb des Beklagten. Im
Rahmen seiner Ausbildung erhält er ein Ausbildungsentgelt, welches er sich
bedarfsdeckend auf seinen Unterhaltsanspruch anrechnen lassen muss.
303
Danach wird die Differenz der beiderseitigen Einkünfte der Parteien ab August 2010
1.455,39 € betragen (2.418,83 € bereinigtes Einkommen des Beklagten nach Abzug des
Erwerbstätigenbonus / 963,44 € Einkommen der Klägerin). Der nach den ehelichen
Lebensverhältnissen begrenzte Bedarf der Klägerin beträgt ½ hiervon, mithin gerundet
728 € monatlich.
304
B)
305
Auf den Gesichtspunkt der Verwirkung des Ehegattenunterhalts nach § 1579 Nr. 5 BGB
kann sich der Beklagte nicht berufen.
306
Nach dieser Vorschrift kommt eine Versagung, Herabsetzung oder Begrenzung des
Unterhaltsanspruchs der Klägerin nur in Betracht, wenn sie sich über schwerwiegende
Vermögensinteressen des Beklagten mutwillig hinweggesetzt hat. Dabei kann
dahinstehen, ob die Klägerin gegen ihre Pflicht zur ungefragten Information verstoßen
hat, indem sie dem Beklagten den Inhalt der Schreiben ihrer Rentenversicherung vom
5.11.2008 und vom 11.11.2008, in welchen ihre Rentennachzahlungen angekündigt
worden sind, nicht bereits im Termin vom 9.12.2008 zur Kenntnis gebracht hat.
307
Jedenfalls hat die Klägerin nicht mutwillig gehandelt. Mutwillig handelt nur, wer sich
unterhaltsbezogen leichtfertig über die Vermögensinteressen anderer hinwegsetzt (vgl.
BGH FPR 2008, 379, 381). Daran fehlt es, denn sie hat ihre Rentenerhöhung und die
darauf beruhende Rentennachzahlung bereits weniger als 1 Monat später mit Schriftsatz
ihres Prozessbevollmächtigten vom 7.1.2009 offenbart. Außerdem erfolgten die
Nachzahlungen auf den Rentenanspruch der Klägerin erst später im Laufe des Jahres
2009. Unter diesen Umständen kann ein unterhaltsbezogen leichtfertiges Verhalten der
Klägerin nicht festgestellt werden.
308
C)
309
Der Unterhaltsanspruch der Klägerin ist jedoch gem. § 1578 b I und II BGB mit Beginn
des 1.1.2011 herabzusetzen und sodann zeitlich zu befristen bis zum 31.12.2019.
310
1)
311
Nach § 1578b II kann seit Januar 2008 auch ein Anspruch auf Unterhalt wegen
Krankheit gem. § 1572 BGB zeitlich befristet werden, wenn ein zeitlich unbegrenzter
Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur
Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist
maßgeblich zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die
Möglichkeit für den eigenen Unterhalt selbst zu sorgen, eingetreten sind (§ 1578b I 2, II 2
BGB).
312
a)
313
Ehebedingte Nachteile zulasten der Klägerin sind nicht ersichtlich.
314
aa)
315
Aus der Einschränkung ihrer Erwerbstätigkeit im Zusammenhang mit der
Kindererziehung und Haushaltsführung in der Ehe kann die Klägerin keinen
ehebedingten Nachteil herleiten. Die Arbeitsteilung der Ehegatten und insbesondere
der Umstand, dass die Klägerin ihren erlernten Beruf als Zahntechnikerin nach der
Geburt des ersten gemeinsamen Kindes im September 1988 nicht mehr vollschichtig
ausgeübt sondern danach nur noch teilschichtig als Bürohilfskraft in der Firma des
Beklagten mitgearbeitet hat, hat ihre Fähigkeit, für ihren eigenen Unterhalt zu sorgen,
nicht nachhaltig beeinträchtigt. Das wäre nur dann der Fall der gewesen, wenn die
Klägerin nach der Trennung und Scheidung der Ehe weiterhin in der Lage gewesen
316
wäre, eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Diese Möglichkeit ist ihr jedoch infolge ihrer
Erkrankung an multipler Sklerose dauerhaft verschlossen.
bb)
317
Ein ehebedingter Nachteil kann auch nicht in der Erkrankung der Klägerin an multipler
Sklerose gesehen werden.
318
Die Erkrankung selbst ist nicht schon deswegen als ehebedingter Nachteil zu
betrachten, weil sie während der Ehe eingetreten ist (vgl. BGH NJW 2009, 989, 992).
319
Sie ist auch nicht ursächlich durch die Geburt der gemeinsamen Tochter der Parteien
eingetreten. Nach den in sich schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des
Sachverständigen Prof. Dr. med. U in seinem Gutachten vom 28.7.2009, dem der Senat
folgt, kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen
werden, dass die Geburt des Kindes nicht ursächlich oder mitursächlich für die
Erkrankung der Klägerin war. Gegen die vom Sachverständigen getroffenen
Feststellungen hat die Klägerin keine Einwendungen erhoben.
320
cc)
321
Beim Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB, bei dem die Krankheit nicht ehebedingt ist,
kann sich ein ehebedingter Nachteil daraus ergeben, dass ein Unterhaltsberechtigter
auf Grund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der
krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hat und seine
Erwerbsunfähigenrente infolge der Ehe und Kindererziehung geringer ist, als sie ohne
die Ehe wäre (vgl. BGH 2009, 2450, 2453). In die Betrachtung einzubeziehen ist, dass
der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehmlich Aufgabe des
Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten
regelmäßig ausreichend gewahrt sind (vgl. BGH NJW 2009, 989, 992).
322
Im vorliegenden Fall sind der Klägerin im Versorgungsausgleich Rentenanwartschaften
des Beklagten in Höhe von lediglich 60,70 € übertragen worden, die zu einer Erhöhung
der von ihr bezogenen gesetzlichen Rente wegen voller Erwerbsminderung geführt
haben. Die übertragenen Rentenanwartschaften sind jedoch angesichts dessen, dass
der als selbständiger Unternehmer tätige Beklagte vorwiegend private Vorsorge für sein
Alter getroffen hat, die nicht Gegenstand des Versorgungsausgleichs war, nicht
geeignet, den Nachteil, den die Klägerin durch die Einschränkung ihrer Erwerbstätigkeit
in der Ehe erlitten hat, auszugleichen. Hinzu kommt, dass die Klägerin in Ziffer 2) des
abzuändernden Vergleichs vom 22.11.2004 auf die Durchführung des
Zugewinnausgleichs verzichtet hat. Das hat zur Folge, dass sie von der Teilhabe an der
privaten Altersvorsorge des Beklagten auch über den Ausgleich des Zugewinns aus der
Ehe ausgeschlossen ist.
323
Gleichwohl ist das Vorliegen eines ehebedingten Nachteils infolge der eingeschränkten
Möglichkeit der Klägerin, in der Ehe für den eingetretenen Fall einer Erwerbsminderung
Vorsorge zu treffen, nicht feststellbar.
324
Nach der vom Senat eingeholten Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund
vom 9.2.2010 und den ergänzenden Ausführungen des sachverständigen Zeugen S im
Termin vom 20.4.2010 kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin, hätte sie die
325
Ehe mit dem Beklagten nicht geschlossen und ihre vollschichtige Berufstätigkeit als
Zahntechnikerin fortgeführt, einen Anspruch auf Auszahlung einer höheren Rente
wegen voller Erwerbsminderung gehabt hätte, als denjenigen, der ihr unter
Berücksichtigung der Ehe und der Kindererziehung tatsächlich zusteht.
aa)
326
Nach der Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung vom 9.2.2010 hat die
Klägerin zuletzt im Jahr 1986 aus vollschichtiger Tätigkeit als Zahntechnikerin rund
25.000 DM brutto verdient. Das entspricht einem Monatseinkommen von rund 2.080 DM,
bzw. rund 1.070 € brutto. Unter Zugrundelegung einer vom Senat (nach § 287 ZPO)
geschätzten Gehaltssteigerung von 5 % jährlich hätte sie bis zum Beginn ihres
Rentenbezuges im Jahr 2001 aus vollschichtiger Tätigkeit ein Monatseinkommen von
bis zu 2.020 € brutto erzielen können. Hinsichtlich der fiktiven Berechnung des
Einkommens der Klägerin wird auf die, den Parteien zugestellte, Auflistung in seiner
Verfügung vom 24.11.2009 (Bl. 1343 d. A.) verwiesen.
327
bb)
328
Hätte die Klägerin ohne die Ehe und ohne Kindererziehungszeiten stetig steigende
Einkünfte in der vom Senat geschätzten Höhe erzielt, hätte sie nach Auskunft ihres
Rentenversicherers vom 9.2.2010 Rentenanwartschaften erworben, die im
Anspruchszeitraum zu keiner höheren Rente wegen Erwerbsminderung als maximal
761,21 € monatlich geführt hätten. Darin ist der Betrag aus dem Versorgungsausgleich
mit rund 61 € monatlich enthalten. Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnung wird auf
die – den Parteien zugesandte – Auskunft vom 9.2.2010 verwiesen. Hätte die Klägerin
die Ehe mit dem Beklagten nicht geschlossen, hätte auch kein Versorgungsausgleich
stattgefunden. Ihr Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung hätte daher
nicht wesentlich mehr als 700 € monatlich betragen.
329
Tatsächlich hat sie im Anspruchszeitraum eine um mindestens 200 € monatlich höhere
Rente wegen voller Erwerbsminderung bezogen. Da ist nach den nachvollziehbaren
und von der Klägerin nicht angegriffenen Ausführungen des Zeugen S darauf
zurückzuführen, dass die Höhe ihrer tatsächlich erzielten Rente wegen
Erwerbsminderung im Wesentlichen auf der Berücksichtigung der
Kindererziehungszeiten beruht. Dadurch, dass sie in der Zeit der Kindererziehung mit
dem Durchschnittsentgelt aller Versicherten fingiert wird, welches über dem Einkommen
liegt, welches sie ohne die Ehe aus eigener Erwerbstätigkeit hätte erzielen können,
steht sie sich heute jedenfalls nicht schlechter als sie ohne die Ehe mit dem Beklagten
gestanden hätte.
330
b)
331
Das Fehlen ehebedingter Nachteile führt allerdings nicht zwangsläufig zur Befristung
des Ehegattenunterhalts nach § 1578b II BGB, denn diese Vorschrift beschränkt sich
nach dem Willen des Gesetzgebers nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile,
sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität.
Indem § 1578b I 2 BGB "insbesondere” auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile
abstellt, schließt es andere Gesichtspunkte für die Billigkeitsabwägung nicht aus. Dieser
Umstand gewinnt besonders beim nachehelichen Unterhalt nach § 1572 BGB wegen
einer Krankheit an Bedeutung, denn der Gesetzgeber hat mit der Schaffung des
332
Unterhaltsanspruchs wegen Krankheit oder Gebrechen in § 1572 BGB ein besonderes
Maß an nachehelicher Solidarität festgeschrieben, das auch im Rahmen der
Begrenzung oder Befristung dieses nachehelichen Unterhalts nicht unberücksichtigt
bleiben kann. Auch in solchen Fällen, in denen die fortwirkende eheliche Solidarität den
wesentlichen Billigkeitsmaßstab bildet, fällt den in § 1578b I 3 BGB genannten
Umständen besondere Bedeutung zu (BGH NJW 2009, 2450, 2453 f.). Dabei ist
allerdings zu berücksichtigen, dass es sich bei der Erkrankung der Klägerin um eine
schicksalhafte Entwicklung handelt. Deshalb vermag die Krankheit und die durch sie
bedingte Erwerbsunfähigkeit der Klägerin eine dauerhafte Unterhaltsverantwortung des
geschiedenen Ehegatten für das allein in zeitlichem Zusammenhang mit der Ehe
stehende Krankheitsrisiko nicht ohne Weiteres zu rechtfertigen (vgl. BGH NJW 2009,
989, 992).
Nach Abwägung aller für und gegen eine Befristung sprechenden Umstände hält der
Senat es für billig, einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Ehegattenunterhalt mit
Ablauf des Jahres 2019 zu befristen.
333
Die Befristung des nachehelichen Unterhalts nach § 1578b BGB setzt nicht zwingend
voraus, dass der Zeitpunkt, ab dem der Unterhaltsanspruch entfällt, bereits erreicht ist.
Wenn die dafür ausschlaggebenden Umstände im Zeitpunkt der Entscheidung bereits
eingetreten oder zuverlässig voraussehbar sind, ist eine Begrenzung nicht einer
späteren Abänderung nach § 238 FamFG (= § 323 ZPO a. F.) vorzubehalten, sondern
schon im Ausgangsverfahren auszusprechen (vgl. BGH NJW 2009, 3783, 3784).
Vorliegend ist zuverlässig voraussehbar, dass eine die Unterhaltsleistungen
rechtfertigende Verpflichtung des Beklagten mit Ablauf des Jahres 2019 nicht mehr
bestehen wird.
334
aa)
335
Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass die Klägerin bis zum Zeitpunkt der Befristung
Ende 2019 seit Rechtskraft der Scheidung im Juli 2004 über einen Zeitraum von rund 15
½ Jahren von ihrem Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten profitiert haben wird, der
dann seit 12 Jahren (ab dem 1.1.2008) der Möglichkeit der Befristung nach § 1578b II
BGB unterliegt. Das erscheint nach einer Ehezeit im Sinne von § 1587 II BGB a. F. von
rund 17 Jahren (Beginn: 1.5.1984; Ende 30.9.2001) angesichts ihrer dauerhaften
Erkrankung angemessen, aber auch ausreichend, um der nachehelichen Solidarität des
Beklagten Rechnung zu tragen.
336
Maßgeblich für den Zeitpunkt der Befristung ist dabei insbesondere der Umstand, dass
die über die Firma des Beklagten abgeschlossenen Direktversicherungen nach dem
übereinstimmenden Sachvortrag beider Parteien im Laufe des Jahres 2019 zur
Auszahlung fällig werden und dass die heute 50 Jahre alte Klägerin zu diesem
Zeitpunkt ein Alter erreicht haben wird, in welchem sie nicht mehr weit von der
Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Altersrente entfernt ist. Jedenfalls werden ihr –
nach ihrem eigenen Sachvortrag – aus den beiden Lebensversicherungen
(Direktversicherungen) Leistungen nach einem Rückkaufswert von rund 52.000 €
zufließen, mit denen sie in der Lage ist, ihren Lebensbedarf in ausreichendem Maße
sicherzustellen, ohne dafür auf ihren Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten
zurückgreifen zu müssen.
337
bb)
338
Eine Befristung zu einem früheren Zeitpunkt wird zur Überzeugung des Senats der
Verpflichtung des Beklagten zur Ausübung seiner nachehelichen Solidarität nicht
gerecht.
339
Dabei ist zu berücksichtigen, dass infolge der relativ langen Ehezeit und der
Rollenverteilung in der Ehe, die im Wesentlichen auf einer Hausfrauenehe mit
teilzeitlicher Beschäftigung der Klägerin im Familienbetrieb angelegt war, zu Gunsten
der Klägerin ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist. Dieser
Vertrauenstatbestand geht weit über den durch den angefochtenen Vergleich nach § 36
Nr. 1 EGZPO geschaffenen Vertrauenstatbestand hinaus. Er verbietet es, die seit dem
1.1.2008 bestehende Befristungsmöglichkeit ohne angemessene Übergangsfrist und
ohne die Einräumung der Möglichkeit für die Klägerin, sich auf die geänderten
Lebensverhältnisse langfristig einzustellen, auszuschöpfen. Das gilt jedenfalls für den
Zeitraum, in dem die Klägerin wegen ihrer Erkrankung alleine auf ihre Rente wegen
voller Erwerbsminderung angewiesen und nicht in der Lage ist, zusätzliche Einkünfte
aus ihrem Vermögen zu generieren.
340
Hinzu kommt, dass die Klägerin in der Ehe ein besonderes Maß an ehelicher Solidarität
gepflegt hat, indem sie trotz ihrer Erkrankung und der Mithilfe im Familienunternehmen
die Betreuung und Versorgung der gemeinsamen Kinder sichergestellt hat. Unter diesen
Umständen kann auch vom Beklagten erwartet werden, ein vergleichbares Maß an
nachehelicher Solidarität zu entfalten und für eine zumindest teilweise
Aufrechterhaltung des in der Ehe angelegten Lebensbedarfs der Klägerin über einen
gewissen Zeitraum Sorge zu tragen.
341
Dabei ist zu berücksichtigen, dass zwischen den Parteien ein erhebliches
wirtschaftliches Ungleichgewicht herrscht, welches aufgrund der dargestellten
Umstände weder heute noch zu einem späteren Zeitpunkt über den
Versorgungsausgleich ausgeglichen werden kann. Im Übrigen ist der Beklagte infolge
seiner relativ guten Einkommensverhältnisse nicht der Gefahr ausgesetzt, durch die
Zahlung des Ehegattenunterhalts an die Klägerin für seine neue Familie und sich selbst
nicht angemessen sorgen zu können.
342
2)
343
Neben der Befristung hält es der Senat für gerechtfertigt, den Unterhaltsanspruch der
Klägerin ab Januar 2011 auf zunächst 500 € monatlich und sodann auf 250 € ab Januar
2014 herabzusetzen.
344
Nach § 1578b I 1 BGB ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten auf den
angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen
Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter
Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten
gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Der Maßstab des angemessenen
Lebensbedarfs, der nach § 1578b BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung
des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich dabei nach dem Einkommen, das der
unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen
Einkünften zur Verfügung hätte. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber
zugleich, dass es sich grundsätzlich um einen Bedarf handeln muss, der das
Existenzminimum wenigstens erreicht (vgl. BGH NJW 2009, 3783, 3784).
345
Vorliegend sind keine Interessen der heute volljährigen Kinder mehr zu berücksichtigen.
Mit der der Klägerin zustehenden Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von
derzeit 963,44 € monatlich ist ihr Existenzminimum von 770 € monatlich gedeckt. Da
ihre Erkrankung – wie bereits festgestellt – schicksalsbedingt ist und auch ohne die Ehe
eingetreten wäre, bemisst sich ihr angemessener Lebensbedarf nach der Rente wegen
voller Erwerbsminderung, die ihr ohne die Ehe und ohne die Kindererziehung
zugestanden hätte. Diese wäre, wie die Auskunft der Deutschen Rentenversicherung
vom 9.2.2010 und die ergänzenden Ausführungen des sachverständigen Zeugen S im
Termin vom 20.4.2010 belegen, nicht höher als die derzeit von ihr bezogene Rente.
Unter diesen Umständen erscheint es angemessen, ihren Unterhaltsanspruch bereits in
der Übergangszeit bis zu seiner Befristung herabzusetzen. Dadurch soll ihr zugleich die
Möglichkeit eröffnet werden, sich nach gescheiterter Ehe von den ehelichen
Lebensverhältnissen auf den Lebensbedarf nach den eigenen Einkünften umzustellen.
346
Da eine Herabsetzung des Unterhalts wegen Krankheit erst seit der
Unterhaltsrechtsreform mit Beginn des Jahres 2008 in Betracht kommt und dem
Beklagten wegen der fehlenden Hinzuverdienstmöglichkeit der Klägerin und des in der
Ehe geschaffenen Vertrauenstatbestandes ein erhöhtes Maß an nachehelicher
Solidarität abverlangt werden kann, erscheint es angemessen, der Klägerin eine
Übergangszeit bis zum Beginn der Herabsetzung von zunächst 3 Jahren einzuräumen.
347
Aufgrund des erheblichen wirtschaftlichen Ungleichgewichts beider Parteien und des
nur unvollkommenen Ausgleichs der in der Ehe angelegten Altersvorsorge hält es der
Senat für angemessen, die Herabsetzung in zwei Schritten zu vollziehen, damit die
Klägerin Gelegenheit erhält, sich über einen längeren Zeitraum auf ihren
angemessenen Lebensbedarf umzustellen. Ihr sollen daher weitere 3 Jahre rund 2/3
und bis zur Befristung Ende 2019 weitere 6 Jahre rund 1/3 ihres eheangemessen
Unterhalts zustehen, wobei der Senat eine großzügige Aufrundung dieser Beträge für
angemessen erachtet.
348
D)
349
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 I, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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