Urteil des OLG Hamm vom 03.01.2008

OLG Hamm: vollstreckungsverfahren, aussetzung, widerruf, reststrafe, anhörung, verdacht, strafvollzug, entlassung, datum

Oberlandesgericht Hamm, 3 Ws 704/07
Datum:
03.01.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
3. Strafsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
3 Ws 704/07
Vorinstanz:
Landgericht Bielefeld, StVK O 2730/07 (17)
Tenor:
Die Beschwerde wird auf Kosten des Verurteilten (§ 473 Abs. 1 StPO)
als unbegründet verworfen.
Gründe:
1
I.
2
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 07.11.2007 hat die Strafvollstreckungskammer
den durch seine Verteidigerin gestellten Antrag des Verurteilten auf Beiordnung seiner
Verteidigerin zur Pflichtverteidigerin für das Vollstreckungsverfahren – es stand eine
Entscheidung der Strafvollstreckungskammer über den Fortbestand der durch
Beschluss des Landgerichts Bielefeld vom 17.08.2007 angeordneten bedingten
Entlassung des Verurteilten nach § 57 StGB an – zurückgewiesen, da die anstehende
Entscheidung weder besondere rechtliche noch tatsächliche Schwierigkeiten aufweise
und die mündliche Anhörung gezeigt habe, dass der Verurteilte durchaus in der Lage
sei, selbst seine Interessen sachgerecht zu vertreten.
3
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Verurteilten, der die
Strafvollstreckungskammer durch Beschluss vom 27.11.2007 nicht abgeholfen hat.
4
II.
5
Die Beschwerde des Verurteilten ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
6
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 20.12.2007 u. a.
folgendes ausgeführt:
7
"Es kann dahinstehen, ob die Beschwerde bereits deshalb unzulässig ist, weil das
Vollstreckungsverfahren inzwischen bestandskräftig abgeschlossen wurde (vgl. zum
Streitstand Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 141 Rn. 10 a.E.). Denn die
Strafvollstreckungskammer hat den vor Abschluss des Verfahrens über den Widerruf der
zuvor beschlossene Aussetzung der Reststrafe eingereichten Antrag des Verurteilten
auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers letztlich zu Recht als unbegründet abgelehnt.
8
Zwar ist in Rechtsprechung und Schrifttum allgemein anerkannt, dass die Vorschrift des
§ 140 Abs. 2 StPO, die die Bestellung eines Pflichtverteidigers im Erkenntnisverfahren
regelt, auch im Strafvollstreckungs- bzw. Bewährungsverfahren entsprechende
Anwendung findet (zu vgl. BVerfG, NJW 1992, 2947 (Aussetzung einer lebenslangen
Strafe); 2002, 2773; OLG Hamm, NStZ 1983, 189; NStZ-RR 1999, 319, NStZ-RR 2000,
113, StraFo 2000, 32; 2001, 394; 2002, 29; OLG Stuttgart, StV 1993, 378; Meyer-
Goßner, StPO, 50. Aufl., § 140 Rdnr. 33, 33 a m. w. N.). Danach muss im
Vollstreckungsverfahren in entsprechender Anwendung von § 140 Abs. 2 StPO ein
Verteidiger bestellt werden, wenn die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage oder und
Unfähigkeit des Verurteilten, seine Rechte sachgemäß wahrzunehmen, dies gebietet.
Allerdings müssen die Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 StPO im Licht der
Besonderheiten des Vollstreckungsverfahrens gesehen werden (vgl. OLG Hamm,
Beschl. vom 17. April 2001 in 2 Ws 85/01; 4. Februar 2002 in 2 Ws 12/02; 10. Mai 2002
in 2 Ws 99/02). Es ist insoweit nicht auf die Schwere oder die Schwierigkeit im
Erkenntnisverfahren, sondern auf die Schwere des Vollstreckungsfalles für den
Verurteilten oder auf besondere Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage im
Vollstreckungsverfahren abzustellen (KG, StraFo 2002, 244; Meyer-Goßner, a.a.O.). Für
die Beurteilung der Schwierigkeit der Rechtslage kam es nur auf die Frage an, ob der
Verurteilte im Strafvollzug – wie von der Justizvollzugsanstalt angeführt – tatsächlich
Drogen konsumiert hatte und ob hierauf ein Widerruf nach § 454 a StPO gestützt werden
durfte. Die Strafvollstreckungskammer hat den Beschluss vom 25.09.2007 (Bl. 153 ff.
Bd. I d. VH), der auf § 454 a Abs. 2 StPO basierte, letztlich mit Beschluss vom
19.10.2007 (Bl. 197 ff. d. VH) deshalb aufgehoben, weil – nach ihre Bewertung – zum
Nachteil des Verurteilten Tatsachen berücksichtigt worden seien, zu denen er nicht
gehört worden war, und der Verdacht des Drogenkonsums im Rahmen der mündlichen
Anhörung schließlich ausgeräumt worden sei. Maßgeblich war allein die Beurteilung
des "Widerrufsgrundes", der weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht Fragen
aufwarf, die in der Sache über die Probleme hinausgehen, die in einem die Aussetzung
der Reststrafe oder deren Widerruf betreffenden Verfahren regelmäßig zu beurteilen
sind. Dass der Verurteilte selbst nicht in der Lage war, seine Rechte angemessen
wahrzunehmen, ist nicht ersichtlich.
Der Beschwerde ist dem gemäß ein Erfolg zu versagen."
9
Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an und macht sie zur Grundlage seiner
Entscheidung.
10