Urteil des OLG Frankfurt vom 21.07.2009

OLG Frankfurt: satzung, einberufung, ende der frist, verlängerung der frist, geschäftsjahr, versammlung, bestätigung, entlastung, anpassung, tagesordnung

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Gericht:
OLG Frankfurt 5.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 U 139/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 118 Abs 1 AktG, § 121 Abs 3
AktG, § 123 Abs 3 S 4 AktG, §
241 AktG, § 16 AktGEG
Anfechtung von Bestätigungsbeschlüssen einer
Aktiengesellschaft: Hinweispflichten in der Einberufung zur
Hauptversammlung
Leitsatz
Zur Frage, ob die Einberufung zur Hauptversammlung einen Hinweis enthalten muss
a) auf den Regelungsgehalt der § 123 Abs. 3 Satz 4 AktG
b) darauf, ob ein Aktionär seine Aktien nach dem Stichtag für den "record date" bis zum
Ende der Hauptversammlung halten muss
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des
Landgerichts Frankfurt am Main vom 23. September 2008 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der
Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte
vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden
Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger ist Aktionär der Beklagten und hat vorliegend Nichtigkeits- und
Anfechtungsklage gegen Bestätigungsbeschlüsse der Hauptversammlung der
Beklagten vom 29.05.2008 erhoben.
§17 der Satzung der Beklagten (Bl. 87 bis 96 d. A.), auf die wie auf sämtliche
nachfolgend bezeichneten Aktenstellen Bezug genommen wird, war durch
Beschluss der Hauptversammlung vom 1.12.2006 auszugsweise dahin gefasst
worden:
Ӥ 17 Teilnahme an der Hauptversammlung Abs. 1: Zur Teilnahme an der
Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts sind nur diejenigen
Aktionäre berechtigt, die sich unter Vorlage eines Nachweises ihres Anteilsbesitzes
bis zum Ablauf des 7. Tages vor der Hauptversammlung bei der Gesellschaft unter
der in der Einladung angegebenen Adresse oder einer in der Einladung
bezeichneten Stelle angemeldet haben. Die Anmeldung bedarf der Textform (§
126 b BGB) und muss in deutscher oder englischer Sprache erfolgen.
(2) Der Nachweis des Anteilsbesitzes nach Abs. 1 muss sich auf den in der
Einberufung benannten, gesetzlich bestimmten Zeitpunkt vor der
Hauptversammlung beziehen. Er ist durch eine in Textform (§ 126 b BGB) erstellte
Bestätigung des depotführenden Instituts entweder in deutscher oder englischer
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Bestätigung des depotführenden Instituts entweder in deutscher oder englischer
Sprache zu erbringen. In der Einberufung können weitere Institute, von denen der
Nachweis erstellt werden kann, zugelassen werden. ….”
Auf Grundlage des neugefassten § 17 der Satzung hatte die Beklagte zu ihrer
Hauptversammlung am 24. Mai 2007geladen. In dieser Hauptversammlung
wurden u. a. folgende Beschlüsse gefasst: zu TOP 2 über die Verwendung des
Bilanzgewinns für das Geschäftsjahr 2006, zu TOP 3 die Entlastung der Mitglieder
des Vorstands für das Geschäftsjahr 2006, zu TOP 4 die Entlastung der Mitglieder
des Aufsichtsjahrs für das Geschäftsjahr 2006, zu TOP 5 die Wahl der A AG zum
Abschlussprüfer und Konzernabschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2007 sowie zu
TOP 6 die Wahl von 4 bestimmten Personen zu Aufsichtsratsmitgliedern.
U. a. der hiesige Kläger hatte im Verfahren 3/5 O 178/07 des Landgerichts
Frankfurt am Main gegen den satzungsändernden Beschluss der
Hauptversammlung vom 1.12.2006 Nichtigkeits- und gegen die genannten
Beschlüsse der Hauptversammlung vom 24. Mai 2007 Nichtigkeits- und
Anfechtungsklage erhoben. Das Landgericht hatte die Nichtigkeitsklagen für
unbegründet gehalten, den Anfechtungsklagen hingegen stattgegeben. Mit Urteil
vom 17.03.2009 (5 U 9/08) hat der Senat die Berufung der damaligen Kläger
zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Die
Sache ist nunmehr beim BGH anhängig (Az.: II ZR 105/09).
Zwischenzeitlich hatte die Beklagte zur Hauptversammlung am 29.05.2008 - im
Bundesanzeiger am 15.04.2008 veröffentlicht - eingeladen (Bl. 49 bis 56 d. A.)
unter Bekanntmachung der Tagesordnung, die zu TOP 2 a) bis e) die
Beschlussfassung über die Bestätigung der angefochtenen Beschlüsse der
Hauptversammlung vom 24. Mai 2007 vorsah. In der Einladung heißt es
auszugsweise zur
”Teilnahme an der Hauptversammlung….
Zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des
Stimmrechts sind gemäß § 17 der Satzung diejenigen Aktionäre berechtigt, die
sich unter Vorlage eines von ihrem depotführenden Institut ausgestellten
Nachweises ihres Anteilsbesitzes bis zum Ablauf des 21. Mai 2008 (24:00 Uhr im
MESZ) bei der Gesellschaft unter der nachfolgenden Adresse angemeldet haben:
…Der Nachweis muss sich auf den Beginn des 8. Mai 2008 (0:00 Uhr MESZ)
beziehen und muss … zusammen mit der Anmeldung … zugehen. …Nach
ordnungsgemäßem Eingang des Nachweises werden den Aktionären
Eintrittskarten für die Hauptversammlung übersandt. …”
In der Hauptversammlung wurden die Bestätigungsbeschlüsse gefasst, gegen die
der anwesende Kläger stimmte und anschließend zur Niederschrift des Notars
Widerspruch einlegte. Die Kläger hat die Auffassung vertreten, die
Bestätigungsbeschlüsse seien nichtig, da sie in einer unter Verstoß gegen § 121
Abs. 3 Satz 2 AktG einberufenen Hauptversammlung gefasst worden seien, denn §
17 Abs. 2 der Satzung sei nicht nur unbestimmt und deshalb unzulässig, sondern
diese Satzungsbestimmung beruhe bereits auf einem nichtigen
satzungsändernden Beschluss der Hauptversammlung vom 1.12.2006. Auch jene
Versammlung sei unter Verstoß gegen § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG einberufen
worden, weil – ohne satzungsmäßige oder rechtliche Grundlage - fälschlich zwei
verschiedene Möglichkeiten für den Nachweis der Berechtigung zur Teilnahme und
Ausübung des Stimmrechts aufgezeigt worden seien.
Es habe die bisherige Satzungsregelung mit dem Hinterlegungserfordernis weiter
gegolten, und zwar mit der weiteren Folge, dass die Einberufungsfrist von 30 Tagen
vom Hinterlegungstag (21. Tag vor der Versammlung) zurückzurechnen sei und
sich nicht nur um 7 Tage, sondern um insgesamt 21 Tage verlängert habe, so
dass die Bekanntmachung am 15.04.2008 die Einberufungsfrist nicht habe wahren
können. Die nichtige Satzungsbestimmung habe nicht deshalb, weil sie im
Handelsregister eingetragen gewesen sei, der Einladung zugrunde gelegt werden
dürfen.
Es habe außerdem in der Einberufung die Angabe gefehlt, dass für die Teilnahme
oder die Ausübung des Stimmrechts im Verhältnis zur Gesellschaft als Aktionär
nur derjenige gelte, der den Nachweis erbracht habe (§ 123 Abs. 3 Satz 4 AktG).
Das stehe nicht in Einklang mit EU-Aktionärsrichtlinie (2007/36 EG Nr. L 184, kurz
ARUG), nach der bei der Einberufung der Hauptversammlung die Angabe
aufzunehmen sei, dass nur Personen zur Teilnahme und Stimmabgabe berechtigt
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aufzunehmen sei, dass nur Personen zur Teilnahme und Stimmabgabe berechtigt
seien, die an dem Stichtag Aktionäre seien, was sich auch aus der Begründung
des Referentenentwurfs zur Umsetzung der ARUG ergebe.
Wegen Nichtigkeit der Beschlüsse der Hauptversammlung vom 24.05.2007
scheide ihre Bestätigung aus. Jedenfalls seien die Bestätigungsbeschlüsse
anfechtbar, weil – wie der Kläger behauptet hat - der Geschäftbericht der
Gesellschaft für das Jahr 2006, also der Jahresabschluss der Beklagten und der
Konzernabschluss für das Geschäftsjahr 2006 sowie der gemeinsame Lagebericht
für die AG und den B Konzern sowie der Bericht des Aufsichtsrates für das
Geschäftsjahr 2006 nicht vorgelegt worden seien.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Da schon die Einladung zur
Hauptversammlung am 1.12.2006 den gesetzlichen Anforderungen entsprochen
habe, sei die Satzungsregelung in § 17 wirksam.
Die Geschäftsberichte, Jahresabschlüsse sowie der gemeinsame Lagebericht des
Jahres 2006 seien ab dem Zeitpunkt der Einberufung auf der Homepage der
Beklagten im Internet zugänglich und in den Geschäftsräumen ausgelegt
gewesen, während der Hauptversammlung hätten sie sich vollständig am
Wortmeldetisch befunden.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil (Bl. 116 bis 124 d. A), auf die
angefochtene Entscheidung wird auch wegen weiterer Einzelheiten des
erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der gestellten Anträge Bezug
genommen, die Klage als unbegründet abgewiesen, einen Ladungs- oder
Bekanntmachungsmangel für die Hauptversammlung am 1.12.2006 verneint, § 17
Abs. 2 der Satzung für wirksam und die Beklagte nicht für verpflichtet gehalten,
darauf hinzuweisen, dass eine Aktienveräußerung nach dem Stichtag unschädlich
für das Teilnahme und Stimmrecht sei. Die Ausgangsbeschlüsse seien lediglich
anfechtbar gewesen, also der Bestätigung zugänglich, das Vorbringen des Klägers,
notwendige Unterlagen hätten nicht ausgelegen, sei nach der Erwiderung der
Beklagten unsubstantiiert und ins Blaue hinein erfolgt.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er unter Bezugnahme auf
seinen erstinstanzlichen Vortrag das Klagebegehren weiterverfolgt.
Er hält die Argumentation des Landgerichts für widersprüchlich, wenn es bei
Einberufung einer nach dem 1.11.2005 stattfindenden Hauptversammlung die
Angabe dessen, was sich aus § 123 Abs. 3 Satz 2 und 3 AktG ergibt, für
erforderlich, aber die Angabe dessen für entbehrlich halte, was sich § 123 Abs. 3
Satz 4 AktG normiert. Das Unterlassen dieser Angabe führe den Aktionär in die
Irre, weil er dann annehme, er müsse seinen Aktienbesitz bis zur Versammlung
aufrechterhalten, um seines Teilnahme und Stimmrechts nicht verlustig zu gehen.
Das mit der Klage gerügte Fehlen von Unterlagen sei darauf gestützt, dass diese
Vorlage in der Tagesordnung zur Hauptversammlung nicht genannt worden sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am
Main vom 23.09.2008 – 3 -5 O 119/08 - abzuändern und festzustellen, dass
folgender in der Hauptversammlung der Beklagten vom 29.05.2008 unter Punkt 2)
der Tagesordnung gefasste Beschluss nichtig ist:„Beschlussfassung über die
Bestätigung der von der Hauptversammlung der Gesellschaft am 24.05.2007
gefassten Beschlüsse gemäß § 244 AktG
a) Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns für das
Geschäftsjahr 2006
b) Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das
Geschäftsjahr 2006
c) Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats für das
Geschäftsjahr 2006
d) Beschlussfassung über die Wahl der A AG, O1 zum Abschlussprüfer und
Konzernabschlussprüfer
e) die Wahl folgender Herren als Aufsichtsratsmitglieder: C, selbständiger
Unternehmensberater, O2D, selbständiger Unternehmensberater, O3Dr. E,
Rechtsanwalt und Partner der Anwaltssozietät …, O4F, Geschäftsführer der G
GmbH, O5
Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung
ihres erstinstanzlichen Vortrags.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug
wird auf die zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug
genommen.
II. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und -
nach Verlängerung der Frist zur Berufungsbegründung - gerechtfertigt worden.
Das Rechtsmittel ist nicht begründet, weder beruht das angefochtene Urteil im
Ergebnis auf einem Rechtsfehler (§ 546 ZPO), noch rechtfertigen die nach § 529
ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1
ZPO).
Im Ergebnis ist dem Landgericht darin zu folgen, dass die Bestätigung (§ 244
AktG) der in der Hauptversammlung vom 24.05.2007 gefassten
Ausgangsbeschlüsse nicht daran scheitert, dass diese ihrerseits nichtig gewesen
seien, denn nichtige Beschlüsse hätten nicht bestätigt werden können (allgemeine
Meinung, vgl. nur Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 244, Rz. 2).
Die bestätigten Beschlüsse der Hauptversammlung vom 24.05.2007 waren nicht
nichtig. Wie der Senat in dem im Vorprozess ergangenen Urteil vom 17. März 2009
(5 U 9/08, veröffentlicht bei Juris), auf dessen Gründe unter II. (Seite 8 ff) er Bezug
nimmt, ausgeführt hat (Seite 11 ff), lag der einzig in Betracht kommende
Nichtigkeitsgrund gemäß § 241 Nr. 1 AktG nicht vor, weil für die Einberufung zur
Hauptversammlung vom 24.05.2007 die geänderte Fassung des § 17 der Satzung
der Beklagten maßgeblich dafür war, welche Angaben in der Einberufung gemäß §
121 Abs. 3 Satz 2 AktG erforderlich waren.
§ 17 der Satzung der Beklagten ist wirksam.Der satzungsändernde Beschluss der
Hauptversammlung vom 1.12.2006 zu §§ 16, 17 der Satzung war nicht nichtig, weil
auch dieser Beschluss nicht in einer Hauptversammlung gefasst worden war, die
unter Verstoß gegen § 121 Abs.3 Satz 2 AktG einberufen gewesen wäre. Denn,
was der Senat im Urteil vom 17. März 2009 näher ausgeführt hat (Seite 9 bis 11
oben), waren in der Einberufung zu jener Hauptversammlung die Bedingungen,
von denen die Teilnahme an der Hauptversammlung und die Ausübung des
Stimmrechts abhängen, korrekt angegeben. Obwohl die Satzung der Beklagten
vor der Hauptversammlung vom 1.12.2006 noch nicht an die neue Vorschrift des §
123 AktG angepasst war, ist in der Einberufung zutreffend auf Möglichkeit des
alternativen Nachweises durch Hinterlegung oder Vorlage eines Nachweises des
Aktienbesitzes durch das depotführende Institut hingewiesen worden. Zu diesen
Bedingungen gehört der Nachweis der Berechtigung zur Teilnahme.§ 16 Satz 2
EGAktG zur Anwendung des ab 1.11.2005 geltenden Gesetzes zur
Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts („UMAG“)
bestimmt bei Gesellschaften, die wie im Fall der Beklagten ihre Satzung noch nicht
an die gesetzliche Neuregelung angepasst hatten, die Fortgeltung der bisherigen
Satzungsregelung mit einer Anpassung für den Hinterlegungsstichtag. Die
Beklagte ist, wie in § 16 Satz 2 EGAktG vorausgesetzt, ein börsennotiertes
Unternehmen. Ob und inwieweit neben den Nachweismöglichkeiten, wie sie in der
(Alt-) Satzung geregelt sind, die Nachweismöglichkeiten des novellierten
Gesetzesrechts für börsennotierte Unternehmen gelten sollen, bedarf der
Auslegung der Übergangsbestimmung. Diese nimmt der Senat in ständiger
Rechtsprechung (zuletzt Urteil vom 17. März 2009, ferner Urteil vom 13. Januar
2009 - 5 U 13/08, zitiert nach Juris, Rz. 16 ff) dahin vor, dass die Anordnung zur
Fortgeltung der alten Satzungsbestimmung in § 16 Satz 2 EGAktG nur den
Anwendungsbereich des Satzes 1 in § 123 AktG n. F betrifft. Die vom Senat
vertretene Auslegung entspricht den Geboten der Rechtssicherheit und wird –
soweit ersichtlich - einschränkungslos in der Rechtsprechung (vgl. OLG Stuttgart
vom 12.10.2007, 20 U 13/07 - ZIP 2007, 182; OLG Stuttgart vom 15.10.2008, 20 U
19/07 – zitiert nach juris, dort Rz. 76; OLG München vom 17.1.2008, 7 U 2358/07 –
AG 2008, 508; LG Krefeld vom 20.12.2006, 11 O 70/06 – ZIP 2007, 730, Senat 5 U
65/07 vom 14.10.2008 – nicht veröffentlicht) wie von der ganz überwiegenden
Fachliteratur (vgl. etwa Hüffer, a. a. O., § 123 Rz. 17, derselbe a. a. O. Rz. 11;
Schmitt/Lutter/Ziemons, AktG, 2008, § 123 Rz. 37) gutgeheißen.
Die Neufassung des § 17 der Satzung ist hinreichend bestimmt und wirksam. Die
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Die Neufassung des § 17 der Satzung ist hinreichend bestimmt und wirksam. Die
Formulierung in § 17 Abs. 2 der Satzung: ”Der Nachweis des Anteilsbesitzes nach
Abs. 1 muss sich auf den in der Einberufung benannten, gesetzlich bestimmten
Zeitpunkt vor der Hauptversammlung beziehen.”, räumt dem Vorstand nicht
unzulässiger Weise ein Bestimmungsrecht ein, weil sich der Nachweis des
Anteilsbesitzes gemäß § 123 Abs. 3 S. 3 AktG auf den Beginn des 21. Tages vor
der Versammlung zu beziehen hat und nicht ersichtlich ist, warum es erforderlich
sein sollte, diese gesetzliche Bestimmung wörtlich in die Satzung zu übernehmen
(Senatsurteil vom 17. März 2009, S. 11).
In der Einladung zur Hauptversammlung vom 24.05.2007 bedurfte es ebenso
wenig wie in derjenigen zur Hauptversammlung vom 29.05.2008 eines Hinweises
auf den Regelungsgehalt in § 123 Abs. 3 Satz 4 AktG, wonach im Verhältnis zur
Gesellschaft für die Teilnahme an der Hauptversammlung oder die Ausübung des
Stimmrechts als Aktionär nur gilt, wer den Nachweis erbracht hat.Die Bedeutung
der durch das UMAG eingeführten Vorschrift erschöpft sich darin, eine
unwiderlegliche Vermutung der Mitgliedschaft im Verhältnis zur Gesellschaft
anzuordnen und eine der Eintragung des Namensaktionärs im Aktienregister (§ 67
Abs. 2 AktG ) entsprechende Anordnung zu treffen (vgl. BT-Drucks. 15/5092, S.
14). Für derartige Legitimationsregelungen ist anerkannt, dass sie keine
Bedingungen der Teilnahme und Stimmrechtsausübung darstellen und selbst
dann nicht mitgeteilt werden müssen, wenn die Satzung mit der gesetzlichen
Regelung übereinstimmende Bestimmungen enthält (vgl. OLG Düsseldorf, ZIP
1997, 1153, 1160/1 m. w. N.).Aus der ”Richtlinie 2007/36/EG L 184/17 vom 11. Juli
2007 über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsennotierten
Gesellschaften“ (ARUG) und dem Referentenentwurf zum ARUG
(Bundesratsdrucksache 847/08) kann der Kläger nichts für seine abweichende
Rechtsansicht herleiten. Die Richtlinie fordert in Artikel 5 Abs. 3 c), dass die
Einberufung die Erläuterung enthält, dass nur die Personen berechtigt sind, an der
Hauptversammlung teilzunehmen und ihr Stimmrecht auszuüben, die an diesem
Stichtag Aktionäre sind. Dem genügten die Einberufungen der Beklagten, weil dort
jeweils klar zum Ausdruck gebracht war, dass die Teilnahme- und
Stimmberechtigung von der Vorlage des geforderten Nachweises abhing, dass das
diesbezüglich keinen höheren Erkenntnisgewinn bringenden Wort „nur“ fehlte, ist
unschädlich. Dem Referentenentwurf zum ARUG ist zu entnehmen
(Begründungsteil, S. 40), dass die Entwurfsverfasser die in der
Richtlinienbestimmung zusätzlich geforderte (warnende) Erläuterung bereits als
von der allgemeinen Formulierung in § 121 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 („Voraussetzungen
für die Teilnahme“) AktG in der Fassung des Entwurfs – hiernach sind die
Voraussetzungen für die Teilnahme an der Hauptversammlung und die Ausübung
des Stimmrechts sowie gegebenenfalls den Nachweisstichtag nach § 123 Abs. 3
Satz 3 (AktG in der Fassung des Entwurfs) anzugeben - erfasst und keiner
expliziten Erwähnung für bedürftig halten.
Die Einberufungen zur Hauptversammlung hatten keine Angaben zu der Frage zu
enthalten, ob ein Aktionär seine Aktien nach dem Stichtag für den „record date“
bis zum Ende der Hauptversammlung halten muss, weil dies gerade keine
Bedingung für die Teilnahme und Stimmrechtsausübung im Sinne von § 121 Abs.
3 Satz 2 AktG ist (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 15.10.2008, AG 2009, 124, Juris-
Rz. 78).Auch die ARUG fordert dies nicht, sie sieht in Artikel 7 Abs. 1 b) lediglich
vor, dass die Mitgliedstaaten sicher stellen, dass das Recht eines Aktionärs, seine
Aktien zu veräußern oder anderweitig zu übertragen, in dem Zeitraum zwischen
dem Nachweisstichtag und der Hauptversammlung keiner Beschränkung
unterliegt, der es zu anderen Zeiten nicht unterliegt.Das vom Kläger zu Unrecht
mit dem vom UMAG nicht veränderten Wortlaut des § 118 Abs. 1 AktG begründete
Argument, das Unterlassen des Hinweises wecke bei dem typischen Kleinaktionär
die irrige Vorstellung, er müsse seine Aktien bis zur Hauptversammlung halten,
um teilnahme- und stimmberechtigt zu sein, lasse sich also ohne die Angabe, er
dürfe seine Aktien nach dem Nachweiszeitpunkt insoweit gefahrlos veräußern, von
der Teilnahme an der Versammlung abhalten, greift nicht durch. Zu Recht hat das
Landgericht darauf hingewiesen, dass weder die Vorschriften §§ 121 ff AktG, noch §
53a AktG die Gesellschaft verpflichten, ihren Aktionären Rechtsvorschriften des
Aktiengesetzes zu erläutern.
Mit der Erwähnung der Regelung des § 123 Abs. 3 Satz 4 AktG, die mit dieser
Frage in nur mittelbarem Zusammenhang steht, die der Kläger aber in diesem
Zusammenhang für geboten hält, wäre dem Aktionär nicht gedient, weil nicht
ersichtlich ist, die Mitteilung der Vorschrift in der Einladung könnte geeignet sein,
eine etwaige derartige Fehlvorstellung des Aktionärs auszuräumen.Zu Unrecht
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eine etwaige derartige Fehlvorstellung des Aktionärs auszuräumen.Zu Unrecht
verweist der Kläger auf das Senatsurteil vom 17.06.2008 (5 U 27/07, veröffentlicht
bei Juris). In jener Entscheidung hat der Senat in einem Fall, in dem die Satzung
von Namensaktien ausging, während (noch) Inhaberaktien vorlagen, nur die
Vorgaben von § 123 Abs. 3 Satz 2 bis 4 AktG für maßgeblich erklärt , jedoch nicht
ausgeführt, dass die Regelung des § 123 Abs.3 Satz 4 AktG in der Einberufung
habe angegeben werden müssen.
Nachdem für die Einberufung im Hinblick auf die vorstehend begründete
Wirksamkeit der Satzungsänderung zu §§ 16, 17 durch Beschluss der
Hauptversammlung vom 1.12.2006 die geänderte Fassung des § 17 maßgeblich
dafür war, welche Angaben in der Einberufung gemäß § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG
erforderlich waren, sind die in der Hauptversammlung vom 29.05.2008 gefassten
Bestätigungsbeschlüsse nicht, was allein in Betracht zu ziehen war, gemäß § 241
Nr. 1 AktG nichtig.
Die Bestätigungsbeschlüsse sind weiter nicht wegen eines Gesetzes- oder
Satzungsverstoßes anfechtbar (§ 243 Abs. 1 AktG).
Der vom den Kläger gerügte Verstoß der Nichtbeachtung der Einberufungsfrist (§
123 Abs. 2 AktG), der einen Anfechtungsgrund darstellen würde (§ 243 Abs. 1
AktG; Senatsurteil vom 17.03.2009, S. 12 mittig; Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 241 Rz.
9), liegt nicht vor. Der Einwand fußt auf der zu Unrecht reklamierten Nichtigkeit der
Anpassung des § 17 der Satzung an das UMAG in der Hauptversammlung vom
1.12.2006 und ist unberechtigt. Die Bekanntmachung der Einladung im 15.04.2008
elektronischen Bundesanzeiger am 15.04.2008 war rechtzeitig und hat die
satzungsmäßige gesetzliche Mindestfrist von 30 Tagen vor dem maßgeblichen
Stichtag (§ 123 Abs. 1 AktG) gewahrt. Weil die Satzung eine Anmeldung vorsieht,
tritt für die Berechnung der Einberufungsfrist an die Stelle des Tages der
Versammlung der Tag, bis zu dessen Ablauf sich die Aktionäre vor der
Versammlung anzumelden hatten (§ 123 Abs. 2 S. 2 AktG). Dies war der 21. Mai
2008, weil der sich eigentlich bei Rückrechnung ergebende 21. Tag vor der
Hauptversammlung - der 22. Mai 2008 - auf den Feiertag Fronleichnam fiel und
deshalb an seine Stelle der zeitlich vorhergehende Werktag trat (§ 123 Abs. 4
AktG). Bei Rückrechnung vom 21. Mai 2008, wobei dieser Tag nicht mitgerechnet
wird (§ 123 Abs. 4 AktG), fällt das Ende der Frist auf den 21. April 2008.Soweit der
Kläger die Ansicht vertritt, die Einberufungsfrist sei ferner deshalb nicht gewahrt
gewesen, weil die Anpassung der Satzung an § 123 AktG am 1.12.2006 nichtig sei
und mangels Anpassung nach der unveränderten Satzungsbestimmung mit dem
Hinterlegungserfordernis die Einberufungsfrist vom 21. Tag vor der Versammlung
zurückzurechnen sei, greift das deshalb nicht durch, weil die Satzungsänderung –
wie vorstehend ausgeführt - wirksam war (vgl. Senatsurteil vom 17.03.2009, S. 15,
2. Abs.).
Der vom Kläger weiter gerügte Anfechtungsgrund, den er in der Berufungsinstanz
dahin darlegt, das mit der Klage gerügte Fehlen von Unterlagen sei darauf
gestützt, dass diese Vorlage in der Tagesordnung zur Hauptversammlung nicht
genannt worden sei, ist nicht zu berücksichtigen. Erstinstanzlich hatte der Kläger
noch behauptet – woran er in der Berufungsinstanz nicht festhält, entgegen § 175
Abs. 2 Satz 1 AktG seien in der Hauptversammlung der Jahresabschluss der
Beklagten und der Konzernabschluss für das Geschäftsjahr 2006 sowie der
gemeinsame Lagebericht für die AG und den B Konzern sowie der Bericht des
Aufsichtsrats für das Jahr 2006 nicht vorgelegt worden.Die Anfechtungsgründe
müssen in ihrem wesentlichen tatsächlichen Kern innerhalb der Anfechtungsfrist (§
246 Abs. 1 AktG) klageweise geltend gemacht werden (vgl. BGHZ 15, 177, 180;
BGHZ 32, 318, 323; BGHZ 120, 141, 156; Senatsurteil vom 17.07.2007 – 5 U
229/05, AG 2007, 672, Juris-Rz. 30). Das ist mit dem behaupteten
Anfechtungsgrund in der Einkleidung des zweitinstanzlichen Vortrags nicht
geschehen, weil innerhalb der Anfechtungsfrist, also in der Klageschrift vom Kläger
im Tatsächlichen etwas ganz anderes, also ein anderer Anfechtungsgrund geltend
gemacht worden war.Der Einwand geht aber zudem in der Sache fehl, denn in der
Einladung werden auf S. 6 unter dem Punkt ”Verfügbarkeit von Unterlagen” die
vom Kläger benannten sämtlich aufgeführt und als auf der Homepage der
Gesellschaft zur Einsichtnahme und zum Download zur Verfügung stehend, in den
Geschäftsräumen am Sitz der Gesellschaft als zur Einsichtnahme ausliegend
bezeichnet und ihre unverzügliche, kostenlose Übersendung in Abschrift an jeden
Aktionär angeboten und darauf hingewiesen, dass sie auch in der
Hauptversammlung ausliegen werden.
37 Die Kostenentscheidung folgt aus 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die
vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.Die Revision war nicht
zuzulassen, weil die Voraussetzungen von § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.