Urteil des OLG Frankfurt vom 04.06.2009

OLG Frankfurt: internet, hessen, öffentliche ordnung, eugh, schutz von minderjährigen, verbraucher, tochtergesellschaft, ausschluss der strafbarkeit, ddr, veranstaltung

Gericht:
OLG Frankfurt 6.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 U 93/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 3 Abs 1 UWG, § 4 Nr 11
UWG, § 8 Abs 1 UWG, § 8 Abs
3 Nr 1 UWG, § 1 GlüStVtr BE
(Wettbewerbsverstoß im Internet: Zulässigkeit der
Veranstaltung von Sportwetten mit Erlaubnis einer DDR-
Behörde oder eines anderen Mitgliedstaates der
Europäischen Union nach Inkrafttreten des Staatsvertrages
zum Glücksspielwesen; Zulässigkeit online angebotener
Pferdewetten)
Leitsatz
Das in § 4 IV Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) geregelte Verbot des Veranstalters und
Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet ist mit dem Verfassungsrecht und dem
Gemeinschaftsrecht vereinbar. Wer über das Internet die Möglichkeit anbietet oder
verschafft, Sportwetten zu festen Gewinnquoten einzugehen, verstößt daher nicht nur
gegen § 4 IV GlüStV), sondern verhält sich zugleich wettbewerbswidrig (§ 4 Nr. 11 UWG).
Dies gilt auch, wenn der Anbieter über eine noch während des Bestehens der DDR oder
eine in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erteilte Erlaubnis verfügt.
Tenor
1. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-- EUR,
ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle der Beklagten zu 1) zu
vollziehen an ihrem Geschäftsführer, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu
unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen Verkehr zu
Zwecken des Wettbewerbs
1.1 über das Internet im Bundesland Hessen befindlichen Personen die Möglichkeit
anzubieten oder zu verschaffen, Sportwetten zu festen Gewinnquoten ohne
behördliche Erlaubnis einzugehen oder abzuschließen, sei es durch Abschluss
eines Wettvertrages mit der Beklagten zu 1) oder einer Tochtergesellschaft der
Beklagten zu 1), wenn dies geschieht wie nachstehend wiedergegeben
(Es folgen Abbildungen, die aus technischen Gründen nicht dargestellt werden
können die Red.).
Seite 3-17 wie Bl. 1543 ff.
über das Internet im Bundesland Hessen Sportwetten zu festen Gewinnquoten
ohne behördliche Erlaubnis zu bewerben und/ oder bewerben zu lassen wie
nachfolgend wiedergegeben (wie Bl. 1541)
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind,
der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dieser aus den in Ziff. 1.1
beschriebenen Handlungen seit dem 01.01.2008 entstanden ist oder künftig noch
entstehen wird.
3. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über die
Umsätze, die mit oder aufgrund von Handlungen nach Ziff. 1.1 seit dem
01.01.2008 dadurch erzielt worden sind, dass die Beklagte zu 1) oder eines ihrer
Tochterunternehmen Sportwetten von Teilnehmern innerhalb des Gebiets des
Landes Hessen entgegengenommen hat.
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Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in
Höhe von 300.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin, die A- mbH („…“), nimmt die Beklagte zu 1) und deren
Geschäftsführer, den Beklagten zu 2), wegen des Anbietens und Bewerbens von
Sportwetten im Bundesland Hessen wettbewerbsrechtlich auf Unterlassung,
Auskunft und Schadensersatz in Anspruch.
Zur Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 I Nr. 1 ZPO auf die
tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 165 ff. d.A.) Bezug
genommen. Zur näheren Konkretisierung des von der Klägerin erstinstanzlich
beanstandeten Internetauftritts der Beklagten zu 1) wird auf die Anlagen K 1 (Bl.
10 d.A.), K 2 (Bl. 11 d.A.) sowie K 14 und K 29 verwiesen. Zu ergänzen ist: Die
Beklagte zu 1) weist eingangs ihrer AGB darauf hin, dass sie (über ihren
Internetauftritt „www-…de“) die Sportwetten an die C Ltd. vermittle, so dass der
Wettvertrag des Kunden in der Regel mit der maltesischen Gesellschaft zustande
komme und mit der Beklagten zu 1) nur dann, wenn der Kunde der
Wettvermittlung widerspreche (vgl. Anlage K 30 sowie ferner Seite 11 des
Schriftsatzes der Klägerin vom 30.06.2008 / Bl. 1549 d.A. und Anlage 7 zum
Schriftsatz der Beklagten vom 13.02.2009). Bei der C Ltd. handelt es sich um eine
100%ige Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1). Die Klägerin hat in erster Instanz
beantragt,
1. die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu
Zwecken des Wettbewerbs in dem Gebiet des Landes Hessen Sportwetten ohne
behördliche Erlaubnis zu veranstalten, anzubieten oder zu bewerben,
2. den Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eine der
Unterlassungsverpflichtungen gem. Ziffer 1, ein Ordnungsgeld bis zu einer Höhe
von 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle der
Beklagten zu 1) zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, oder Ordnungshaft bis zu
sechs Monaten anzudrohen,
3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der
Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden ist oder künftig
entstehen wird, dass die Beklagte zu 1) im Gebiet des Landes Hessen ohne
behördliche Erlaubnis Sportwetten veranstaltet, angeboten oder beworben hat
oder zukünftig veranstaltet, anbietet oder bewirbt,
4. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, welche
Umsätze die Beklagte zu 1) dadurch erzielt hat, dass sie Sportwetten von
Teilnehmern innerhalb des Gebietes des Landes Hessen angenommen hat.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der
Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m.
§ 284 I, IV StGB und § 5 I des Gesetzes über staatliche Sportwetten,
Zahlenlotterien und Zusatzlotterien in Hessen nicht zu. Zwar seien die Parteien
Wettbewerber und bei den von der Beklagten zu 1) auch in Hessen veranstalteten
Sportwetten nach dem Buchmacherprinzip (ODDSET-Wetten) handele es sich um
Glücksspiele i.S.v. § 284 StGB. Jedoch schließe die der Beklagten zu 1) am
14.09.1990 von der Stadt Stadt1 erteilte Erlaubnis zum Abschluss von
Sportwetten (Anlagen B 1-3) – unabhängig von dem räumlichen Geltungsbereich,
den sie verwaltungsrechtlich habe – eine Strafbarkeit der Beklagten nach § 284
StGB bundesweit aus. Außerdem sei angesichts der rechtlichen Fragwürdigkeit des
staatlichen Wettmonopols, die insbesondere durch die Entscheidung des EuGH in
der Sache „Placanica“ vor Augen geführt werde, das Verhalten der Beklagten zu
1) jedenfalls solange nicht wettbewerbsrechtlich unlauter, solange die Beklagte zu
1) ihre Tätigkeit über eine nicht widerrufene Erlaubnis der Stadt1 ausübe und die
grundlegende juristische Auseinandersetzung höchstrichterlich nicht abschließend
geklärt sei.
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Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie hat ihr
erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft und mit der
Berufungsbegründung zunächst angekündigt, die erstinstanzlichen Klageanträge
erneut zu stellen. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin geltend gemacht,
auch soweit die Beklagte zu 1) über das Internet Sportwetten an die C Ltd.
vermittle, verstoße sie gegen § 284 StGB. Da die C Ltd. im Außenverhältnis nicht
weiter in Erscheinung trete, sei die Beklagte zu 1) insoweit nicht nur als
Vermittlerin, sondern zugleich als Veranstalterin im Sinne von § 284 StGB
anzusehen.
Zum 01.01.2008 sind der Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland
(Glücksspielstaatsvertrag, GlüStV) und das Hessische Glücksspielgesetz in Kraft
getreten; zugleich ist das Gesetz über staatliche Sportwetten, Zahlenlotterien und
Zusatzlotterien in Hessen aufgehoben worden. Die Beklagte zu 1) bietet auch
nach dem 01.01.2008 im Internet – auch für Wettinteressenten, die sich in Hessen
aufhalten – den Abschluss bzw. die Vermittlung von Sportwetten zu festen
Gewinnquoten an; insoweit wird auf die Abbildungen im Schriftsatz der Klägerin
vom 30.06.2008 (dort Seite 3, 5 ff. / Bl. 1541, 1543 ff. d.A.) Bezug genommen.
Die Klägerin grenzt das von ihr angestrebte Verbot des Anbietens und Bewerbens
von Sportwetten nunmehr ausdrücklich auf zwei Vertriebswege ein, nämlich auf
Angebote und Werbung im Internet sowie auf Angebote über in Hessen befindliche
Wettbüros. Sie stützt ihr Begehren jetzt auch auf den Glücksspielstaatsvertrag,
insbesondere, soweit das Internet betroffen ist, auf das gesetzliche Verbot des
Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet gemäß § 4 IV
GlüStV. Die Klägerin trägt vor, zur Beachtung dieses Verbots im Bundesland
Hessen genüge es nicht, wenn die Beklagte zu 1) ihren Internetauftritt durch einen
Disclaimer ergänze, mit dem erklärt werde, dass Spielinteressenten, die sich in
Hessen aufhalten, nicht teilnehmen dürften. Praktikabel, zumutbar und erforderlich
seien vielmehr technische Kontrollmaßnahmen wie eine Geolokalisation oder
Mobilfunkortung.
Die Klägerin behauptet, die Beklagten böten ihre Glücksspiele außerdem nach wie
vor, auch nach dem 01.01.2008, terrestrisch über Wettbüros in Hessen an,
namentlich über Wettbüros in der D-Straße und der E-Straße in Stadt2. Zum Beleg
hierfür bezieht sich die Klägerin auf Lichtbilder der genannten Wettbüros mit der
Beschriftung „Sportwetten …“ und zwei Spielquittungen, die den Satz enthalten
„Diese Wette wird vermittelt an C Ltd. “ (Anlage CBH 16 / Bl. 1617 ff. d.A.). Die
Klägerin ist der Auffassung, die Beklagten seien für entsprechende Handlungen
der C Ltd. verantwortlich, da es ihnen obliege, die 100%ige Tochtergesellschaft der
Beklagten zu 1) zu rechtmäßigem Verhalten anzuhalten. Hierbei seien für die
Feststellung der Wiederholungsgefahr nicht nur die Handlungen der Beklagten seit
dem 01.01.2008, sondern auch die Handlungen seit der Grundsatzentscheidung
des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 heranzuziehen.
Auskunfts- und Schadensersatzansprüche für die Zeit bis zum Inkrafttreten des
Glücksspielstaatsvertrags macht die Klägerin nicht mehr geltend.
Unter Zurücknahme der weitergehenden Berufung beantragt die Klägerin
nunmehr, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten wie folgt zu
verurteilen:
1. Die Beklagten werden verurteilt, es unter Androhung eines vom Gericht für
jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von
250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle der
Beklagten zu 1) zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, oder Ordnungshaft bis zu
sechs Monaten zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland im
geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs 1.1 über das Internet im
Bundesland Hessen befindlichen Personen die Möglichkeit anzubieten oder zu
verschaffen, Sportwetten zu festen Gewinnquoten ohne behördliche Erlaubnis
einzugehen oder abzuschließen, sei es durch Abschluss eines Wettvertrages mit
der Beklagten zu 1) oder einer Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1),
1.2 über im Bundesland Hessen befindliche Wettbüros Personen die
Möglichkeit anzubieten oder zu verschaffen, Sportwetten zu festen Gewinnquoten
ohne behördliche Erlaubnis einzugehen oder abzuschließen, sei es durch
Abschluss eines Wettvertrages mit der Beklagten zu 1) oder einer
Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1),
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1.3 über das Internet im Bundesland Hessen Sportwetten zu festen
Gewinnquoten ohne behördliche Erlaubnis zu bewerben und/ oder bewerben zu
lassen wie nachfolgend wiedergegeben
(Es folgen Abbildungen, die aus technischen Gründen nicht dargestellt werden
können - die Red.).
(Abb. wie Bl. 1541)
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet
sind, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dieser aus den in Ziff. 1.1
und 1.2 beschriebenen Handlungen seit dem 01.01.2008 entstanden ist oder
künftig noch entstehen wird.
3. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über die
Umsätze, die mit oder aufgrund von Handlungen nach Ziff. 1.1 oder 1.2 seit dem
01.01.2008 dadurch erzielt worden sind, dass die Beklagte zu 1) oder eines ihrer
Tochterunternehmen Sportwetten von Teilnehmern innerhalb des Gebiets des
Landes Hessen entgegengenommen hat.
Hilfsweise:
1. Die Beklagten werden verurteilt, es unter Androhung eines vom Gericht für
jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von
250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle der
Beklagten zu 1) zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, oder Ordnungshaft bis zu
sechs Monaten zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland im
geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
1.1 über das Internet im Bundesland Hessen befindlichen Personen die
Möglichkeit anzubieten oder zu verschaffen, Sportwetten zu festen Gewinnquoten
ohne behördliche Erlaubnis einzugehen oder abzuschließen, sei es durch
Abschluss eines Wettvertrages mit der Beklagten zu 1) oder einer
Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1), wenn dies geschieht wie nachstehend
wiedergegeben
(Es folgen Abbildungen, die aus technischen Gründen nicht dargestellt werden
können - die Red.).
S. 27-41 = Abb. wie Bl. 1543 ff.
1.2 über im Bundesland Hessen befindliche Wettbüros Personen die
Möglichkeit anzubieten oder zu verschaffen, Sportwetten zu festen Gewinnquoten
ohne behördliche Erlaubnis einzugehen oder abzuschließen, sei es durch
Abschluss eines Wettvertrages mit der Beklagten zu 1) oder einer
Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1), wenn dies geschieht wie nachstehend
wiedergegeben
(Es folgen Abbildungen, die aus technischen Gründen nicht dargestellt werden
können - die Red.).
S. 42-43 = Abb. wie Bl. 1558 f.
Äußerst hilfsweise:
1. Die Beklagten werden verurteilt, es unter Androhung eines vom Gericht für
jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von
250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle der
Beklagten zu 1) zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, oder Ordnungshaft bis zu
sechs Monaten zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland im
geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über das Internet im
Bundesland Hessen befindlichen Personen die Möglichkeit anzubieten oder zu
verschaffen, Sportwetten zu festen Gewinnquoten ohne behördliche Erlaubnis
einzugehen oder abzuschließen, sei es durch Abschluss eines Wettvertrages mit
der Beklagten zu 1) oder einer Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1), wenn dies
geschieht wie unter den im ersten Hilfsantrag wiedergegebenen Screenshots und
ohne dabei geeignete Vorkehrungen zum Ausschluss der Teilnahme von in Hessen
befindlichen Personen zu treffen, nämlich durch einen dem Kunden zwingend vor
der Spielteilnahme zur Kenntnis zu bringenden Hinweis darauf, dass die
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der Spielteilnahme zur Kenntnis zu bringenden Hinweis darauf, dass die
Spielteilnahme von in Hessen befindlichen Personen verboten ist und durch
Einsatz von Verifikationsverfahren wie Geolokalisationsmaßnahmen oder
Mobilfunknummerntracking.
Die Beklagten beantragen,
1. die Berufung zurückzuweisen,
2. vorsorglich für den Fall des Unterliegens anzuordnen, dass die
Zwangsvollstreckung aus dem Urteil gegen eine vom Gericht zu bestimmende
Sicherheitsleistung durch die Beklagten ohne Rücksicht auf eine
Sicherheitsleistung der Klägerin abgewendet werden kann.Die Beklagten rügen,
dass die Klägerin die Klage geändert habe. Eine unzulässige Klageänderung sehen
die Beklagten darin, dass die Klägerin in zweiter Instanz sich zusätzlich auf
Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags sowie auf neue Wettscheine und
den aktuellen Internetauftritt der Beklagten zu 1) stütze und insbesondere auch
die Vermittlung von Wettverträgen an die Fa. C Ltd. erfassen wolle. Diese
Vermittlungstätigkeit sei von dem erstinstanzlich beantragten
Veranstaltungsverbot nicht umfasst gewesen.
In der Sache sind die Beklagten der Auffassung, dass der am 01.01.2008 in Kraft
getretene Glücksspielstaatsvertrag einer Weiterführung ihrer Tätigkeit, dem
Veranstalten und Vermitteln von Sportwetten, auch im Internet, rechtlich nicht
entgegenstehe. Die rechtliche Bedeutungslosigkeit des Glücksspielstaatsvertrages
für die Entscheidung des vorliegenden Falles folge zum einen daraus, dass die
Bundesländer ihrer EU-rechtlichen Notifizierungspflicht nicht ordnungsgemäß
nachgekommen seien. Außerdem habe den Bundesländern für das
Glücksspielrecht die Regelungskompetenz gefehlt. Der Glücksspielstaatsvertrag
könne das beantragte Unterlassungsgebot aber auch deshalb nicht rechtfertigen,
weil sowohl das dort (u.a.) für Sportwetten normierte staatliche
Glücksspielmonopol als auch das Verbot der Vermittlung und Veranstaltung
öffentlicher Glücksspiele im Internet (§ 4 IV GlüStV) gegen deutsches
Verfassungsrecht und europäisches Gemeinschaftsrecht verstießen. Des weiteren
stehe die der Beklagten zu 1) von der Stadt1 erteilte Erlaubnis, die gemäß Art. 19
des Einigungsvertrages auch für Hessen gelte und das Veranstalten von
Sportwetten – auch im Internet – mit umfasse, einem auf die Bestimmungen des
Glücksspielstaatsvertrags gestützten Tätigkeitsverbot entgegen, weil hierdurch die
Rechtsposition der Beklagten zu 1) in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise
beeinträchtigt würde. Zumindest aber dürften die Beklagten auf die Geltung der
erteilten Genehmigung vertrauen, so dass ihnen weder ein Verschulden noch
wettbewerbswidriges Verhalten angelastet werden könne.
Die Beklagten beantragen, den Rechtsstreit bis zur Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts über die unter den Az. AR 8312/08 und AR 8313/08
geführten Verfassungsbeschwerden der Beklagten zu 1), die sich gegen den
Glücksspielstaatsvertrag in Verbindung mit den Ausführungsgesetzen der Länder
Baden-Württemberg und Thüringen richteten, bzw. bis zu einer Entscheidung des
EuGH über einschlägige Vorlagefragen der Verwaltungsgerichte Gießen, Stuttgart
und Köln auszusetzen. Sie verweisen insoweit auf ein Schreiben des
Bundesverfassungsgerichts vom 05.01.2009 (Anlage 1 zum Schriftsatz der
Beklagten vom 13.02.2009).
Für den Fall, dass die Berufung nicht zurückgewiesen wird, beantragen die
Beklagten außerdem hilfsweise, dem EuGH folgende Frage zur Entscheidung
vorzulegen (vgl. Bl. 381 d.A.): Sind die Artikel 43 EG und 49 EG in dem Sinne
auszulegen, dass sie nationalen Regelungen entgegenstehen, die das Anbieten
von Sportwetten und ihr Vermitteln einem Unternehmen verbieten, wenn dieses
Unternehmen über eine nationale Konzession zum Abschluss und zum Vermitteln
von Sportwetten bzw. aus einer bestimmten Region eines Mitgliedsstaates mit
eigener Gesetzgebungshoheit im Bereich der Sportwetten verfügt, und die
Vermittlung an einen Veranstalter aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat,
insbesondere an das eigene 100%-ige Tochterunternehmen, erfolgt, soweit die
nationalen Regelungen die genannten Tätigkeiten ordnungsbehördlich verbieten
und/oder eine nationale Regelung diese Tätigkeiten mit einer Freiheitsstrafe von
bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bedroht, und wenn der Veranstalter, an den
die Vermittlung erfolgt, und/oder der Vermittler selbst die hierfür erforderliche
Konzession oder Genehmigung des jeweiligen Mitgliedsstaats, oder im Falle der
Bundesrepublik Deutschland des Landes, in dem das Angebot erfolgt, nicht
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Bundesrepublik Deutschland des Landes, in dem das Angebot erfolgt, nicht
erlangen kann, der Veranstalter aber eine in dem Mitgliedstaat seiner
Niederlassung erteilte Zulassung zum Veranstalten von Sportwetten besitzt?
Die Beklagten behaupten, die C Ltd. verfüge über eine Erlaubnis der maltesischen
Behörden zum Veranstalten und Vermitteln von Wetten. Hierzu verweisen sie auf
eine im Internet zugängliche Auflistung, in der die genannte Gesellschaft unter
„…“ geführt wird (Anlage 9 zum Schriftsatz der Beklagten vom 13.02.2009). Des
weiteren tragen die Beklagten vor, sie seien für das wettbewerbliche Verhalten der
C Ltd. nicht verantwortlich, zumal diese Gesellschaft – unstreitig – eine andere
Geschäftsführung habe als die Beklagte zu 1).
Weiter bestreiten die Beklagten, dass sich der Aufenthaltsort eines
Spielinteressenten mit technischen Mitteln wie der Geolokalisation stets
zuverlässig und mit zumutbarem Aufwand feststellen lasse.
Schließlich bestreiten die Beklagten, in Hessen Wettbüros zu unterhalten oder in
vertraglicher Beziehung zu Sportwettenvermittlern aus Hessen zu stehen. Sie
tragen vor, früher habe sich die Beklagte zu 1) der Vermittlungsgesellschaft „X ...-
GmbH“ bedient, die ihrerseits auch vertragliche Beziehungen zu Annahmestellen
in Hessen unterhalten habe. Diese GmbH sei mittlerweile insolvent. Die
Aufmachung der auf den vorgelegten Fotos abgebildeten Annahmestellen könne
wohl darauf beruhen, dass vor Jahren eine Vermittlung an die X ...-GmbH
stattgefunden habe. Das dort abgebildete Logo der Beklagten entspreche auch
nicht dem aktuellen Logo, bei dem seit ca. Ende 2006 der Schriftzug „Das
Original“ hinzugefügt sei. Die Beklagten sind der Ansicht, der auf Wettbüros
bezogene Klageantrag könne nicht damit gerechtfertigt werden, dass irgendwelche
Annahmestellen ohne Genehmigung der Beklagten zu 1) deren altes Logo
nutzten.
Vorsorglich begehren die Beklagten Vollstreckungsschutz. da durch die
Vollstreckung eines der Klage stattgebenden Urteils der Beklagten zu 1) ein
irreversibler finanzieller Schaden drohe und der Beklagte zu 2) in die Insolvenz
getrieben werde. Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie die nachfolgenden Ausführungen unter
Ziff. II. Bezug genommen.
II. Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Die Klägerin strebt mit ihrer Berufung
auch nach der Neufassung der Klageanträge weiterhin das Ziel an, die durch das
angefochtene Urteil bewirkte Beschwer – teilweise – zu beseitigen. Zwar verfolgt
die Klägerin ihre Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz für den Zeitraum bis
zum 31.12.2007 nicht mehr weiter, nachdem der Senat im Verhandlungstermin
vom 08.05.2008 darauf hingewiesen hatte, dass derartige Ansprüche zu verneinen
sein dürften, weil bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom
28.03.2006 kein Wettbewerbsverstoß anzunehmen sei (vgl. BGH, WRP 2008, 661 –
ODDSET) und für die weitere Zeit („Übergangszeit“) bis zum 31.12.2007 jedenfalls
das Verschulden zu verneinen sein dürfte. Gleichwohl stützt die Klägerin die
Unterlassungsansprüche weiterhin auch auf §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 284 StGB
und insoweit auch auf das Verhalten der Beklagten vor dem 01.01.2008,
insbesondere auch auf deren Präsentation im Internet, die sich im Übrigen von
dem nach dem 31.12.2007 fortgesetzten Internetauftritt nicht in relevanter Form
unterscheidet.
Dem Hauptantrag zu Ziff. 1.1 nebst den hierauf bezogenen Anträgen auf
Auskunftserteilung und Schadensersatz war nicht zu entsprechen. Dieser Antrag
beschränkt sich nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit (§ 253 II Nr. 2 ZPO), auf
ein nach dem geltenden Recht unzulässiges Verhalten, das zugleich von der in
Hessen tätigen Klägerin als wettbewerbswidrig beanstandet werden kann.
Unterlassungsanträge müssen so deutlich gefasst sein, dass nach einem
antragsgemäß erlassenen Verbot für den Schuldner kein Zweifel über Inhalt und
Umfang der Unterlassungsverpflichtung besteht; insbesondere darf die
Entscheidung, was dem Schuldner verboten ist, nicht dem Vollstreckungsverfahren
überlassen bleiben (vgl. BGH, WRP 2008, 98 – Versandkosten; Tz. 13 ff. m.w.N.).
Unterlassungsanträge, die lediglich den Gesetzesinhalt wiederholen, sind
grundsätzlich unzulässig (vgl. BGH WRP 2000, 289 – Gesetzeswiederholende
Unterlassungsanträge).
Demnach dürfte ein Klageantrag, der lediglich das in § 4 IV GlüStV normierte
gesetzliche Verbot wiedergibt, nicht hinreichend bestimmt sein. Hiervon
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gesetzliche Verbot wiedergibt, nicht hinreichend bestimmt sein. Hiervon
abgesehen kann der in dem hier gestellten Klageantrag verwendeten Formulierung
„die Möglichkeit anzubieten oder zu verschaffen …“ bei fehlender Bezugnahme
auf die konkrete Verletzungsform aber auch nicht mit der gebotenen Klarheit
entnommen werden, dass sich das beantragte Verbot auf ein Veranstalten und
Vermitteln öffentlicher Sportwetten im Internet mit einer Teilnahmemöglichkeit in
Hessen (vgl. hierzu § 3 IV GlüStV) beschränkt. Vielmehr kann die verwendete
Formulierung dahin verstanden werden, dass Verhaltensweisen einbezogen seien,
durch die in Hessen befindlichen Personen über das Internet die Möglichkeit einer
Spielteilnahme außerhalb Hessens aufgezeigt werde. Die Abweichungen des
Klageantrags vom Wortlaut des Gesetzes (§§ 3 IV, 4 IV GlüStV) bewirken hier
mithin keine Konkretisierung und Verdeutlichung des angestrebten Verbotes,
sondern führen eher zu weiteren Unklarheiten. Für ein Verbot nach Maßgabe des §
284 StGB ist der Hauptantrag gleichfalls nicht hinreichend bestimmt, weil ihm nicht
zu entnehmen ist, welche konkreten tatsächlichen Voraussetzungen erfüllt sein
müssen, um die – interpretationsbedürftigen und im Einzelnen umstrittenen –
Tatbestandsmerkmale der genannten Strafrechtsnorm zu verwirklichen.
Die eben aufgezeigten Einwände bestehen gegenüber dem (ersten) Hilfsantrag zu
Ziff. 1.1 im Ergebnis nicht. Dieser Antrag ist hinreichend bestimmt und insgesamt
zulässig.
Die hinreichende Bestimmtheit des Hilfsantrags zu Ziff. 1.1 ergibt sich aus der
Einbeziehung der konkreten Verletzungsform, nämlich des Internetauftritts der
Beklagten zu 1). Charakteristisch für die im Antrag wiedergegebene
Verletzungshandlung und somit maßgebend für den Inhalt und Umfang des
beantragten Verbots sind folgende Umstände: Es handelt sich um einen frei
zugänglichen Internetauftritt der Beklagten zu 1), in dem Sportwetten zu festen
Gewinnquoten dergestalt angeboten werden, dass eine Spielteilnahme unmittelbar
über das Internet erfolgen kann, wobei Spieler, die sich in Hessen aufhalten, weder
durch technische Beschränkungen von einer Spielteilnahme ausgeschlossen, noch
durch einen entsprechenden Disclaimer von einer Spielteilnahme abgehalten
werden. Der Wettvertrag kommt entweder mit der Beklagten zu 1) selbst oder
durch deren Vermittlung mit der C Ltd. zustande (vgl. Seite 7 des in Bezug
genommenen Internet-Ausdrucks).
Soweit im Hinblick auf den Hilfsantrag zu Ziff. 1.1 eine Klageänderung vorliegt, ist
diese zulässig.
Die Klägerin greift allerdings in zweiter Instanz auch die Vermittlung von
Wettverträgen an; in dem neugefassten Klageantrag stellt sie dies durch die
Formulierung „… sei es durch Abschluss eines Wettvertrages mit der Beklagten zu
1) oder einer Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1)“ klar. Der für den Inhalt der
erstinstanzlich formulierten Klageanträge maßgebende Begriff des
„Veranstaltens“, der sich auf den Tatbestand des § 284 StGB bezog, erfasste
jedoch gleichfalls nicht nur solche Wettverträge, die die Beklagte zu 1) im eigenen
Namen abschließt.
Der Veranstalter wird zwar in der Regel auf eigene Rechnung tätig; notwendig ist
dies aber nicht. Veranstalter i.S.v. § 284 StGB ist vielmehr – nach herrschender
Meinung, die der Senat teilt – derjenige, der verantwortlich und organisatorisch
den äußeren Rahmen für die Abhaltung des Glücksspiels schafft und der
Bevölkerung Gelegenheit zum Abschluss vom Spielverträgen gibt (vgl. Tröndle/
Fischer, StGB, 55. Auflage, § 284 Rn 18a m.w.N.; s.a. Bayerischer VGH, Urteil vom
18.12.2008 – 10 BV 07.774 – Juris-Rn 30). Danach umfasste der im ursprünglichen
Klageantrag verwendete Begriff des Veranstaltens auch eine Vermittlungstätigkeit,
die sich – wie den vorgelegten Internetausdrucken zu entnehmen ist – vom
Eigengeschäft nur dadurch unterscheidet, dass der Kunde gemäß einer
Textpassage eingangs der AGB vorbehaltlich seines Widerspruchs zum
Vertragsabschluss mit einer Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1) gelenkt wird.
Soweit die Einbeziehung der Vermittlungstätigkeit der Beklagten zu 1) nach
Maßgabe ihres Internetauftritts gleichwohl eine Klageänderung darstellen sollte, ist
diese jedenfalls sachdienlich (§ 533 Nr. 1 ZPO). Denn die für und gegen eine
Zulässigkeit des Eigengeschäfts der Beklagten zu 1) sprechenden Gesichtspunkte
sind im Wesentlichen auch für die Beurteilung des Vermittlungsgeschäfts relevant.
Die – etwaige – Klageänderung ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch
nicht deshalb unzulässig, weil sie nicht auf Tatsachen gestützt werden könnte, die
vom Berufungsgericht nach § 529 I ZPO zugrunde gelegt werden dürfen (§ 533 Nr.
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vom Berufungsgericht nach § 529 I ZPO zugrunde gelegt werden dürfen (§ 533 Nr.
2 ZPO). Der Vortrag, dass die Beklagte zu 1) gemäß ihren AGB Wettverträge an
die C Ltd. vermittle, ist in zweiter Instanz allerdings neu. Die Klägerin hatte zwar
schon gegenüber dem Landgericht im nachgelassenen Schriftsatz vom
21.02.2007 zur Vermittlertätigkeit der Beklagten zu 1) vorgetragen; hierbei
handelte es sich jedoch nicht um zulässiges Erwiderungsvorbringen gemäß § 283
ZPO. Zu berücksichtigen ist der neue Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren
aber schon deshalb, weil er unstreitig ist (vgl. Zöller, ZPO, 27. Auflage, § 531 Rn 21
m.w.N.).
Eine Klageänderung in der Form einer Klageerweiterung liegt vor, soweit die
Klägerin ihr Unterlassungsbegehren nun auch auf Bestimmungen des
Glücksspielstaatsvertrages, insbesondere auf § 4 IV GlüStV, stützt. Auch diese
Klageänderung ist sachdienlich und damit zulässig. Da der
Glücksspielstaatsvertrag erst nach Einleitung des Berufungsverfahrens in Kraft
getreten ist, hatte die Klägerin keine Möglichkeit, die Klageanträge schon in erster
Instanz auf Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages zu stützen. Es wäre
sachwidrig, den vorliegenden Rechtsstreit auf die Prüfung der Frage zu
beschränken, ob ein Verstoß gegen §·284 StGB vorliegt, und die Klägerin bezüglich
der Frage, ob der im Kern unveränderte Internetauftritt der Beklagten zu 1) – auch
– gegen den Glücksspielstaatsvertrag, insbesondere dessen § 4 IV, verstößt, auf
einen neuen Rechtsstreit zu verweisen. Die Beklagten hatten im
Berufungsverfahren ausreichend Gelegenheit, sich auf den Vorwurf eines
Verstoßes gegen § 4 IV GlüStV einzustellen und hiergegen zu verteidigen.
Soweit eine Klageänderung (Klageerweiterung) schließlich darin liegen mag, dass
die Klägerin in zweiter Instanz aktuellere Abbildungen des Internetauftritts der
Beklagten zu 1) einbezogen und zum Gegenstand ihres Hilfsantrags gemacht hat,
ist ebenfalls Sachdienlichkeit gegeben. Der Internetauftritt der Beklagten zu 1) hat
sich in den für die Beschreibung des Inhalts und des Umfangs des angestrebten
Verbots wesentlichen Kriterien nicht verändert. Soweit in zweiter Instanz auch die
Vermittlungstätigkeit der Beklagten zu 1) nach Maßgabe ihres Internetauftritts
Streitgegenstand ist, wird auf die obenstehenden Ausführungen zu diesem Punkt
verwiesen.
Der Hilfsantrag zu Ziff. 1.1 ist begründet.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die
Beklagte zu 1) aus §§ 3 I, 4 Nr. 11, 8 I, III Nr. 1 UWG i.V.m. § 4 IV GlüStV zu. Ein
Wettbewerbsverstoß liegt sowohl nach dem zum 30.12.2008 geänderten UWG
(UWG 2008) vor als auch nach dem UWG in der zuvor geltenden Fassung (UWG
2004).
Die Beklagten sind der Feststellung des Landgerichts, die Parteien stünden bei der
Veranstaltung von Sportwetten im Wettbewerb miteinander, nicht
entgegengetreten. Nach dem hier vorgetragenen Sach- und Streitstand gibt es
keine Grundlage für eine abweichende Einschätzung durch den Senat. Die
Beklagte zu 1) verstößt gegen § 4 IV GlüStV, indem sie gemäß den in den
Hilfsantrag zu Ziff. 1.1 einbezogenen Abbildungen – auch in Hessen – öffentliche
Glücksspiele im Internet veranstaltet und vermittelt. Bei den von der Beklagten zu
1) angebotenen Sportwetten zu festen Gewinnquoten handelt es sich um
Glücksspiele (§ 3 I 3 GlüStV). Sie sind öffentlich, da über den frei zugänglichen
Internetauftritt der Beklagten zu 1) ein größerer, nicht geschlossener
Personenkreis die Möglichkeit zur Teilnahme erhält (§ 3 II GlüStV). Die Beklagte zu
1) veranstaltet und vermittelt die Sportwetten im Internet, da sie in ihrem
Internetauftritt eine Spielteilnahme dergestalt anbietet, dass die Spielteilnahme
unmittelbar über das Internet erfolgen kann.
Die Vorschrift des § 4 IV GlüStV ist weder aus formalen Gründen unwirksam bzw.
unbeachtlich, noch verstößt sie inhaltlich gegen Verfassungsrecht oder das EU-
Gemeinschaftsrecht.
Der Senat folgt nicht dem Einwand der Beklagten, die Bestimmungen des
Glücksspielstaatsvertrages könnten nicht angewandt werden, weil die
Bundesländer ihrer EU-rechtlichen Notifizierungspflicht nicht nachgekommen
seien.
Es mag zutreffen, dass gesetzliche Glücksspielverbote und -beschränkungen der
Notifizierungspflicht gemäß der Richtlinie 98/ 48/ EG (Informationsrichtlinie)
unterliegen (vgl. hierzu die Schlussanträge des Generalanwalts Yves Bot vom
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unterliegen (vgl. hierzu die Schlussanträge des Generalanwalts Yves Bot vom
14.10.08 in der beim EuGH anhängigen Sache C-42/07 Liga Portuguesa, ZfWG
2008, 323 ff., Tz. 150 ff.). Auf die Geltung des Glücksspielstaatsvertrags jedenfalls
in Hessen wirkt sich dies jedoch nicht aus, weil der Glücksspielstaatsvertrag selbst
notifiziert wurde und das Hessische Glücksspielgesetz als Ausführungsgesetz
mangels eines rechtlich relevanten, vom Staatsvertrag abweichenden
Regelungsgehalts selbst nicht notifizierungspflichtig ist (vgl. Hessischer VGH,
Beschluss vom 13.08.08 – 7 B 29/08 – Juris-Rn 5 f. m.w.N.; s.a. VGH Baden-
Württemberg, Beschluss vom 17.03.08 – 6 S 3069/07 – Juris-Rn 10; Bayerischer
VGH, Beschluss vom 16.09.08 – 10 CS 08.1909 – Juris-Rn 11; OVG Hamburg,
Beschluss vom 26.09.08 – 4 Bs 96/08 – Juris-Rn 62 ff.).
Den Bundesländern fehlte für das Glücksspielrecht und insbesondere das Verbot
des Veranstaltens und Vermittelns im Internet (§ 4 IV GlüStV) auch nicht die
verfassungsrechtliche Regelungskompetenz. Von einer möglichen
Gesetzgebungskompetenz aus Art. 74 I Nr. 1, 11 GG hat der Bund jedenfalls nicht
in der Weise Gebrauch gemacht, dass den Ländern der Erlass der in § 4 IV GlüStV
getroffenen Regelung nach Art. 72 I GG verwehrt gewesen wäre (vgl. BVerfG,
Nichtannahmebeschluss vom 14.10.2008 – 1 BvR 928/08, Tz. 25). Dies ist auch
nicht durch den Erlass des TMG geschehen.
Das Verbot des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im
Internet gemäß § 4 IV GlüStV verstößt nicht gegen materielles Verfassungsrecht.
Die Beklagten werden durch diese Bestimmung in ihren Grundrechten,
insbesondere in ihrer Berufsfreiheit gemäß Art. 12 I GG, nicht verletzt.
Auch soweit § 4 IV GlüStV zu einer objektiven Berufswahlbeschränkung führt, ist
der darin liegende, gravierende, Grundrechtseingriff gerechtfertigt. Er dient, wie
das BVerfG in seinem Nichtannahmebeschluss vom 14.10.2008 (1 BvR 928/08) im
Einzelnen dargelegt hat, einem besonders wichtigen Gemeinwohlziel, nämlich der
Bekämpfung der Glücksspielsucht, und ist zur Erreichung dieses Ziels geeignet,
erforderlich und angemessen, also insgesamt verhältnismäßig (a.a.O., Tz. 28, 40,
48, 58 f.; vgl. ferner in der Grundsatzentscheidung des BVerfG v. 28.03.2006 – 1
BvR 1054/01 – Tz. 139 sowie den weiteren Nichtannahmebeschluss des BVerfG
vom 17.12.2008 – 1 BvR 3409/08). Diese Einschätzung wird durch das von den
Beklagten vorgelegte Schreiben des Bundesverfassungsgerichts (Präsidialrat) vom
05.01.2009 schon deshalb nicht in Frage gestellt, weil die fraglichen
Vorlageverfahren beim EuGH im Wesentlichen die Problematik des staatlichen
Glücksspielmonopols in seiner derzeitigen Ausgestaltung berühren. Hiervon zu
trennen ist das in § 4 IV GlüStV normierte Internet-Verbot, das unabhängig von der
Frage gilt, ob das deutsche Sportwettenmonopol mit europäischem
Gemeinschaftsrecht und deutschem Verfassungsrecht zu vereinbaren ist.
Zu den besonderen Gefahren, die mit einem Glücksspielangebot im Internet
verbunden sind hat das BVerfG in der Entscheidung vom 14.10.2008 u.a.
folgendes ausgeführt (Tz. 40, 48):
„Das Spielen per Internet ist durch ein hohes Maß an Bequemlichkeit sowie durch
eine zeitlich unbeschränkte Verfügbarkeit des Angebots gekennzeichnet. Hinzu
kommt ein im Vergleich zur Abgabe des Lottoscheins in der Annahmestelle
höherer Abstraktionsgrad, der geeignet ist, das virtuelle Glücksspiel in der
Wahrnehmung des Spielers aus seinem Bedeutungszusammenhang
herauszulösen und insbesondere die Tatsache des Einsatzes - und möglichen
Verlustes von Geld - in den Hintergrund treten zu lassen. Die Möglichkeiten des
Internet-Glücksspiels zu beschneiden, bedeutet, die Umstände der Teilnahme für
den Einzelnen zu erschweren und ihm den Vorgang des Spielens bewusster zu
machen. Hierdurch kann einem Abgleiten in problematisches Spielverhalten
entgegenwirkt werden. Hinzu kommt, dass nach wie vor erhebliche Bedenken
bestehen, ob sich bei einer Teilnahme an Glücksspielen per Internet der im
Rahmen der Suchtprävention besonders wichtige Jugendschutz effektiv
verwirklichen lässt (vgl. BVerfGE 115, 276 <315>). Auch zur Vermeidung
derartiger Präventionslücken ist das Internetverbot das geeignete Mittel. (…)
Auch hinsichtlich der Erforderlichkeit des Verbots der Veranstaltung und
Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV) ergeben sich
keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Es ist nicht ersichtlich,
welche alternativen Maßnahmen in Betracht kämen, um den spezifischen
Gefährdungen des Glücksspiels bei der Nutzung dieses Mediums wirksam zu
begegnen. Wie bereits angesprochen, können im Internet die Spielverträge
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begegnen. Wie bereits angesprochen, können im Internet die Spielverträge
bequem und rund um die Uhr von zuhause aus abgeschlossen werden. Die hiermit
einhergehenden Effekte der Gewöhnung und Verharmlosung sind
systemimmanent, weshalb sie auch nicht durch Beschränkungen oder Auflagen
ausgeglichen werden können. Ebenfalls nicht anderweitig zu lösen sind die
spezifischen Gefährdungen jugendlicher Spieler. (…)“ Dem schließt sich der Senat
in vollem Umfang an, wobei anzumerken ist, dass die Gefährlichkeit von
Sportwetten im Internet jedenfalls nicht geringer ist als diejenige von Lotterien im
Internet.
Der vorstehend referierten Einschätzung des BVerfG kann nicht erfolgreich
entgegengehalten werden, dass auch bei Internet-Glücksspielen das
Spielverhalten sachgerecht reglementiert und kontrolliert werden könne. Soweit
der Jugendschutz betroffen ist, ließen sich hinreichend wirksame Kontrollen, die –
über die Abfrage der Personalausweisnummer und die Vorlage einer Ausweiskopie
hinausgehend – Umgehungs- und Manipulationsmöglichkeiten tatsächlich
ausschließen können, allenfalls durch aufwändige technische Maßnahmen
realisieren, deren Umsetzung realistischerweise kaum erwartet werden kann (vgl.
auch BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 14.10.2008 – 1 BvR 1054/01 – Tz. 48).
Auch kann der Gefahr der Spiel- und Wettsucht bei Erwachsenen nicht hinreichend
zuverlässig entgegengewirkt werden. Neben der für einen suchtgefährdeten
Spieler mangels eines persönlichen Kontakts bestehenden Möglichkeit, die
Identitätskontrollen eines Wettanbieters zu unterlaufen, ist hierbei zu
berücksichtigen, dass es auf einem für gewerbliche Anbieter, die die
Erlaubnisvoraussetzungen erfüllen, geöffneten Glücksspielmarkt im Internet eine
Mehrzahl von Anbietern gäbe, derer sich ein (potentiell) Spielsüchtiger
abwechselnd oder gleichzeitig bedienen könnte, was die Wirksamkeit
entsprechender Kontrollen zusätzlich in Frage stellen würde.
Der Einwand der Beklagten, das durch § 4 IV GlüStV normierte Internet-Verbot
führe nur dazu, dass die Sportwetten-Angebote im Internet illegalen Anbietern,
insbesondere aus dem Ausland, überlassen würden, verfängt ebenfalls nicht. Denn
derartige Überlegungen können keine Verpflichtung des Gesetzgebers zu einer
Verringerung des nach seiner Einschätzung gebotenen Schutzstandards
begründen (vgl. BGH, GRUR 2008, 534, Tz. 41 – ueber18.de; s.a. Bayerischer VGH,
Urteil vom 18.12.2008 – 10 BV 07.558 – Juris-Rn 120).
Die der Beklagten zu 1) am 14.09.1990 von der Stadt Stadt1 erteilte Erlaubnis
dispensiert sie nicht von der Beachtung des in § 4 IV GlüStV normierten Verbots.
Dieses Verbot bewirkt auch keine verfassungswidrige Beeinträchtigung speziell
derjenigen Unternehmen, die wie die Beklagte zu 1) über eine noch während des
Bestehens der DDR erteilte Konzession verfügen.
Der Glücksspielstaatsvertrag dürfte die von Behörden der DDR vor dem Beitritt der
DDR zur Bundesrepublik Deutschland erteilten Glücksspiel-Konzessionen als
solche unberührt gelassen haben (vgl. hierzu näher das von den Beklagten
vorgelegte Gutachten „Bestandskräftige Sportwettenerlaubnisse in der
Neuordnung des Glücksspielrechts“ des Prof. Dr. SV1 vom 12.10.2007, insb. S. 27
f.). Jedenfalls ist eine solche Auslegung des Glücksspielstaatsvertrags – sollte sie
verfassungsrechtlich im Hinblick auf Art. 14 GG geboten sein – möglich.
Besteht die der Beklagten zu 1) erteilte Erlaubnis als solche fort, so befreit sie die
Beklagten jedoch nicht von der Bindung an die für alle Konzessionsinhaber
verbindlichen gesetzlichen Regelungen zur Ausübung des Gewerbes. Die Erlaubnis
der Beklagten zu 1) beinhaltet die Formulierung „mobile Wetten“; daher mag sie
die Erlaubnis zum Veranstalten und Vermitteln gesetzlich zulässiger Internet-
Wetten mit enthalten haben. Durch diese Erlaubnis wurden die damaligen
gesetzlichen Regelungen zu der Art und Weise, in der Sportwetten angeboten
werden dürfen, aber nicht zugunsten der Beklagten zu 1) festgeschrieben. Ein
etwaiger Bestandsschutz der Erlaubnis besteht nur im Rahmen der allgemein
geltenden gesetzlichen Ausübungsregelungen. Das Internet-Verbot gemäß § 4 IV
GlüStV gilt daher auch für die Inhaber einer noch zu Zeiten der DDR erteilten
Erlaubnis, und zwar unabhängig von der Frage, welchen räumlichen
Geltungsbereich die betreffende Erlaubnis hat (in diesem Sinne auch Bayerischer
VGH, Beschluss vom 20.11.2008 – 10 CS 08.2399 – Juris-Rn 72 f.;
Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 03.04.2009 – 11 ME 399/08 – Juris-Rn 56).
Es kommt hinzu, dass die der Beklagten zu 1) von der Stadt Stadt1 erteilte
Erlaubnis das Anbieten und Vermitteln von Sportwetten auf dem Gebiet des
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Erlaubnis das Anbieten und Vermitteln von Sportwetten auf dem Gebiet des
Landes Hessen, um das es im vorliegenden Rechtsstreit ausschließlich geht, nicht
umfasst. Der Senat teilt die in der verwaltungsgerichtlichen Rechtssprechung
überwiegend vertretene Auffassung, dass in der DDR erteilte Genehmigungen zur
Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten allenfalls im Gebiet der
ehemaligen DDR, nicht jedoch in den westlichen Bundesländern Geltung
beanspruchen können.
Insoweit wird auf die einschlägige Entscheidung des BVerwG (Urteil vom
21.06.2006 – 6 C 19/06 – Juris-Rn 51 ff., 54 ff.) verwiesen. Zwar hat das BVerfG das
Urteil des BVerwG durch Kammerbeschluss vom 22.11.2007 (1 BvR 2218/06)
aufgehoben. Diese Aufhebungsentscheidung gründete indessen darauf, dass die
Untersagungsverfügung zu dem vom BVerwG als maßgeblich betrachteten
Zeitpunkt (vor der Grundsatzentscheidung des BVerfG vom 28.03.2006)
verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen war (BVerfG, a.a.O., Juris-Rn 30). Die
Aufhebungsentscheidung bezog sich nicht auf die Aussagen des BVerwG zur
Reichweite der DDR-Erlaubnisse. Diese Aussagen hält der Senat weiterhin für
zutreffend (ebenso Sächsisches OVG, Beschluss vom 12.12.2007 – 3 BS 286/06 –
Juris-Rn 18; OVG Hamburg, Beschluss vom 20.11.2008 – 4 Bs 5/08 – Juris-Rn 15;
Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 03.04.2009 – 11 ME 399/08 – Juris-Rn 46
m.w.N. auch zur Gegenansicht). Ergänzend ist anzumerken, dass eine allenfalls im
Gebiet der ehemaligen DDR geltende Erlaubnis zur Veranstaltung von
Glücksspielen auch nicht zu einem bundesweiten Ausschluss der Strafbarkeit nach
§ 284 StGB führt (so aber VG Stuttgart, Beschluss vom 20.02.2007 – 4 K 4582/06).
Vielmehr ist die strafrechtliche Legalisierungswirkung der Erlaubnis mit ihrer
verwaltungsrechtlichen Regelungswirkung identisch, so dass ein Verstoß gegen §
284 StGB nur entfällt, soweit die Erlaubnis reicht (vgl. BVerwG, Urteil vom
21.06.2006 – 6 C 19/06 – Juris-Rn 49 f.).
Das BVerwG hatte sich in der genannten Entscheidung vom 21.06.2006 zwar nicht
mit Glücksspielen im Internet zu befassen, sondern mit einem Vermittlungsbüro
der hiesigen Beklagten in Bayern. Die Ausführungen zur räumlichen Begrenzung
der DDR-Erlaubnis gelten jedoch in gleicher Weise für Wettangebote im Internet.
Bei der Frage, an welchem Ort ein über das Internet präsentiertes Glücksspiel
veranstaltet oder vermittelt wird, ist darauf abzustellen, wo dem jeweiligen
Teilnehmer die Möglichkeit zur Spielbeteiligung eröffnet wird (§ 3 IV GlüStV);
maßgebend ist der Ort, an dem sich der Spieler während seiner, über das Internet
vermittelten, Teilnahmeerklärung aufhält. Die Beklagten veranstalten und
vermitteln dann keine Sportwetten in Hessen, wenn sie die über das Internet
verbreitete Teilnahmemöglichkeit den Spielinteressenten, die sich in Hessen
aufhalten, nicht eröffnen. Eines bundesweiten Verzichts der Beklagten auf das
Internetangebot, der dann zugleich auch Bundesländer erfassen würde, für die die
der Beklagten zu 1) erteilte Erlaubnis Geltung hat, bedarf es hierzu nicht (vgl.
Sächsisches OVG, Beschluss vom 12.12.2007 – 3 BS 286/06 – Juris-Rn 20). Vor
diesem Hintergrund besteht kein Anlass, bei der Frage nach der räumlichen
Begrenzung der erteilten Erlaubnis zwischen terrestrischen Wettangeboten und
Wettangeboten über das Internet zu differenzieren. Der Anwendung des § 4 IV
GlüStV im vorliegenden Fall steht auch nicht der Anwendungsvorrang des
europäischen Gemeinschaftsrechts entgegen. Allerdings kann die Unlauterkeit
einer Wettbewerbshandlung (UWG 2004) bzw. geschäftlichen Handlung (UWG
2008) nicht aus einem Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung hergeleitet
werden, die mit Gemeinschaftsrecht unvereinbar ist (vgl. BGH, GRUR 2008, 438 ff.,
Tz. 24 – ODDSET). Die Vorschrift des § 4 IV GlüStV verstößt indessen nicht gegen
das Gemeinschaftsrecht (Artt. 43, 49 EG). Die gegenteilige Einschätzung der EU-
Kommission, die insoweit ein Vertragsverletzungsverfahren (Nr. 2007/4866) gegen
die Bundesrepublik Deutschland betreibt, teilt der Senat nicht.Eine Beschränkung
der Dienstleistungsfreiheit und ggf. der Niederlassungsfreiheit, wie sie hier als
Konsequenz des § 4 IV GlüStV unterstellt werden kann, kann durch zwingende
Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, sofern sie geeignet ist, die
Erreichung des mit ihr verfolgten Zwecks zu gewährleisten, die Beschränkung nicht
über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich ist, und sie
nicht diskriminierend angewandt wird (vgl. EuGH, NJW 2007, 1515 ff., Tz. 49 –
Placanica u.a.).
Soweit es um Beschränkungen des Glücksspielmarktes geht, hat der EuGH in
ständiger Rechtsprechung eine Reihe von zwingenden Gründen des
Allgemeininteresses anerkannt, nämlich die Ziele des Verbraucherschutzes, der
Betrugsvorbeugung und der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu
überhöhten Ausgaben für das Spielen sowie der Verhütung von Störungen der
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überhöhten Ausgaben für das Spielen sowie der Verhütung von Störungen der
sozialen Ordnung im Allgemeinen (vgl. EuGH, NJW 2004, 139 ff., Tz. 67 – Gambelli
u.a.; NJW 2007, 1515 ff., Tz. 46 – Placanica u.a., jeweils m.w.N.). In diesem Kontext
können die sittlichen, religiösen oder kulturellen Besonderheiten und die sittlich
und finanziell schädlichen Folgen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft, die mit
Spielen und Wetten einhergehen, ein ausreichendes Ermessen der staatlichen
Stellen rechtfertigen, festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der
Verbraucher und der Sozialordnung ergeben (Urteile Gambelli u. a., Tz. 63, und
Placanica u.a., Tz. 47). Es steht den Mitgliedstaaten insofern frei, die Ziele ihrer
Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen und gegebenenfalls das
angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen; die von ihnen vorgeschriebenen
Beschränkungen müssen allerdings gemäß der Rechtsprechung des EuGH
verhältnismäßig sein (Urteil Placanica u.a., Tz. 48). Ein anerkennenswertes Ziel
kann darin bestehen, durch Zulassungsbeschränkungen die Gelegenheiten zum
Spiel zu vermindern (vgl. Urteil Placanica u.a., Tz. 52). In diesem Zusammenhang
können auch Beschränkungen der Anzahl der Wirtschaftsteilnehmer grundsätzlich
gerechtfertigt sein; derartige Beschränkungen müssen jedoch in jedem Fall dem
Anliegen gerecht werden, die Gelegenheiten zum Spiel wirklich zu vermindern und
die Tätigkeiten in diesem Bereich kohärent und systematisch zu begrenzen (vgl.
Urteile Gambelli u. a., Tz. 62 u. 67, und Placanica u.a., Tz. 53). Die neuere
Entscheidung des EuGH vom 13.09.2007 (C-260/04) weicht von diesen
Grundsätzen nicht ab (vgl. dort, Tz. 26 ff.). Die Entscheidung betraf bestimmte
Modalitäten der Konzessionsvergabe für die Veranstaltung von Pferdewetten, die
von der betroffenen (italienischen) Regierung gerade nicht mit dem Ziel einer
Verminderung der Wettgelegenheiten gerechtfertigt wurden (a.a.O., Tz. 30 f.).
Die Entscheidung des EuGH im Fall Lindmann vom 13.11.2003 (C-42/02) bezog
sich auf eine Vorschrift mit diskriminierendem Charakter, die allenfalls dann zu
rechtfertigen gewesen wäre, wenn ein besonderer Zusammenhang zwischen
Gefahren, die mit dem Betreiben vom Glücksspielen verbunden sind, und der
Teilnahme der Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedstaats an in anderen
Mitgliedstaaten veranstalteten Lotterien feststellbar gewesen wäre. Der EuGH hat
in der Lindmann-Entscheidung einen solchen Zusammenhang nicht
angenommen, weil die ihm übermittelten Akten „kein Element statistischer oder
sonstiger Natur“ aufwiesen, das entsprechende Schlussfolgerungen, auch zur
Schwere der mit dem Betreiben vom Glücksspielen verbundenen Gefahren,
zugelassen hätte. Hieraus kann nach der Einschätzung des Senats indessen nicht
abgeleitet werden, dass der EuGH die den Mitgliedsstaaten für Regelungen zur
Beschränkung des Glücksspiels nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsprechung
(zuletzt der Urteile Gambelli und Placanica) eingeräumte
Entscheidungsprärogative generell durch formale Nachweispflichten limitiert habe.
Zur Rechtfertigung des in § 4 IV GlüStV normierten Internetverbots ist es nicht
erforderlich, dass der Staat den formalisierten Nachweis einer besonderen
Gefährlichkeit des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im
Internet durch Vorlage empirischer Belege oder statistischer Nachweise erbringt.
Den Mitgliedsstaaten steht es, wie bereits ausgeführt, frei, das angestrebte
Schutzniveau auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen, wobei eine legitime
Zielsetzung, deren Berechtigung ihrerseits keiner zusätzlichen Rechtfertigung
bedarf, schon darin bestehen kann, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern.
Bei der Verfolgung dieses Ziels ist sodann kohärent und systematisch vorzugehen.
Dies gilt jedenfalls dann, wenn das gesetzte Ziel durch Beschränkungen der
Anzahl der Wirtschaftsteilnehmer erreicht werden soll.
Dass die Gelegenheiten zum Glücksspiel durch das Internetverbot gemäß § 4 IV
GlüStV eingedämmt werden, kann ernsthaft nicht bestritten werden (vgl. zu den
Auswirkungen moderner Kommunikationsmittel, insb. des Internet, auf die
Bereitschaft zum Glücksspiel auch die Schlussanträge des Generalanwalts Yves
Bot vom 14.10.2008 in der beim EuGH anhängigen Sache C-42/07 Liga
Portuguesa, ZfWG 2008, 323 ff., Tz. 42 ff.). Hierbei konnte der Staat
ermessensfehlerfrei davon ausgehen, dass eine besondere Suchtgefährdung
durch das Glücksspiel im Internet besteht. Dies hat das BVerfG in seiner
Nichtabhilfeentscheidung vom 14.10.2008, auf die an dieser Stelle nochmals
Bezug genommen wird, bereits zutreffend dargelegt. Des Weiteren teilt der Senat
in vollem Umfang die Einschätzung des Generalanwalts Yves Bot, der in seinen
eben erwähnten Schlussanträgen u.a. folgende Ausführungen (dort Tz. 264 ff.)
gemacht hat:„264. Die Frage, die sich stellt, ist daher, ob der Schutz der
Verbraucher und der Schutz der öffentlichen Ordnung legitime Gründe für die
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Verbraucher und der Schutz der öffentlichen Ordnung legitime Gründe für die
Beschränkung der freien Wettdienstleistungen im Internet sein können. Anders
gesagt, es geht um die Feststellung, ob die Glücks- und Geldspiele im Internet die
Verbraucher und die öffentliche Ordnung gefährden können. Meines Erachtens ist
diese Frage zu bejahen.265. Wie ausgeführt verfügen die Mitgliedstaaten bei der
Festlegung des Schutzniveaus, das sie in Bezug auf die Glücks- und Geldspiele
garantieren wollen, die zu Ausgaben verleiten und mit denen bedeutende
Geldbeträge eingenommen werden können, über ein weites Ermessen.266. Die
Glücks und Geldspiele im Internet wie z. B. die Wetten weisen die genannten
Merkmale auf. Die Ausweitung des Ausschließlichkeitsrechts von Santa Casa auf
die im Internet angebotenen Lotterien und Wetten scheint mir umso mehr
gerechtfertigt, als die Gefahren für die Verbraucher und die öffentliche Ordnung
meines Erachtens im Hinblick auf die Online-Spiele potenziell bedeutender sind als
bei den traditionell angebotenen Spielen.267. So ist im Hinblick auf die Gefahren
für die Verbraucher anerkannt, dass die Risiken übermäßiger Ausgaben und echter
Spielsucht im Allgemeinen durch folgende Umstände verstärkt werden: die
Kontinuität des Spieleangebots, die Häufigkeit der Gewinne, die von den Gewinnen
ausgehende Verlockung oder Anziehungskraft, die Möglichkeit hoher Einsätze, die
Möglichkeit der Kreditaufnahme für Spieleinsätze, die Installation von
Spielgelegenheiten an Orten, an denen einem Spielimpuls nachgegeben werden
kann, und schließlich das Fehlen von Aufklärungskampagnen über die mit dem
Spiel verbundenen Gefahren.268. Festzustellen ist, dass das Spieleangebot im
Internet mehrere dieser Risikofaktoren vereint. Zum einen nämlich kann über das
Angebot jederzeit verfügt werden, und der Spieler hat ohne Ortswechsel Zugang
zum Angebot. Es besteht somit keinerlei räumliche oder zeitliche Schranke mehr
zwischen dem Verbraucher und dem Spieleangebot. Überdies ermöglicht das
Internet die Vornahme der Spielhandlung in einem Zusammenhang, in dem der
Spieler vollständig isoliert ist.269. Zum anderen erlaubt das Internet dem Spieler
in technischer Hinsicht den Zugang zu allen Online-Spieleanbietern. Auch
erfordern die Online-Spiele nicht die Herstellung materieller Güter, so dass das
Sortiment der angebotenen Spiele sehr umfangreich sein kann. Das
Spieleangebot im Internet beläuft sich daher auf ein Vielfaches des Angebots
traditioneller Spiele. Zudem können Wirtschaftsteilnehmer im Internet Wetten oder
Lottospiele anbieten, bei denen eine sofortige Kenntnis der Ergebnisse möglich ist,
so dass die Verbraucher innerhalb kurzer Zeit viele Mal erneut spielen können.270.
Zudem ermöglichen die durch das Internet hergestellten Beziehungen dem
Erbringer von Online-Diensten nicht, die Identität des Verbrauchers zu
kontrollieren, wie es im Rahmen eines Vertragsabschlusses zwischen physisch
anwesenden Personen möglich ist. Die Verbote zum Schutz von Minderjährigen
oder von gefährdeten Personen können viel leichter umgangen werden. Die
Internet-Beziehungen sind anonym.271. Schließlich kann dem Spieler ein Kredit für
Online-Spiele angeboten werden, und Zahlungen per Internet sind sehr einfach
vorzunehmen.272. Diese verschiedenen Faktoren zusammen zeigen meines
Erachtens, dass die Spiele im Internet potenziell eine erhöhte Gefahr für die
Verbraucher bedeuten, vor allem für die Minderjährigen und die schwächsten
Verbraucher, denen es nicht gelingt, ihre Spielpraxis unter Kontrolle zu
bringen.“Das Internetverbot gemäß § 4 IV GlüStV ist nach alldem geeignet, das
mit ihm berechtigterweise verfolgte Ziel einer Verminderung der
Glücksspielgelegenheiten durch die Unterbindung einer besonders
gefahrenträchtigen Vermarktungsform des Glücksspiels zu erreichen. Es ist zu
diesem Zweck auch erforderlich und (i.e.S.) verhältnismäßig. Insoweit wird unter
nochmaliger Bezugnahme auf die Entscheidung des BVerfG vom 14.10.2008 in
vollem Umfang auf die obigen Ausführungen zur Verfassungsmäßigkeit des
Internetverbots verwiesen.
Auch der Anforderung des EuGH, dass die Maßnahmen, die zur Erreichung des
Schutzziels ergriffen werden, dem Anliegen gerecht werden müssen, die
Gelegenheiten zum Spiel wirklich zu vermindern und die Tätigkeiten in diesem
Bereich kohärent und systematisch zu begrenzen, ist in dem hier erforderlichen
Ausmaß Genüge getan.
Das Kohärenzkriterium dient der Unterbindung einer willkürlichen bzw.
rechtsmissbräuchlichen staatlichen Vorgehensweise. Im Bereich des
Glücksspielrechts erlangt es besondere Bedeutung, wenn die Berechtigung eines
vollständigen oder partiellen staatlichen Glücksspielmonopols auf dem Prüfstand
steht oder wenn es um anderweitige Beschränkungen der Anzahl der
Wirtschaftsteilnehmer geht. Der Staat handelt nicht kohärent und systematisch,
wenn er – angeblich zur Eindämmung des Glücksspiels – private Anbieter vom
Markt ausschließt, um durch Ausnutzung der Spielleidenschaft seiner Bürger
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Markt ausschließt, um durch Ausnutzung der Spielleidenschaft seiner Bürger
selbst finanzielle Vorteile zu erzielen.
Das in § 4 IV GlüStV normierte Internetverbot gilt hingegen nicht nur für private
Anbieter, sondern für jedermann, auch den Staat selbst und die weiteren in § 10 II
GlüStV definierten Anbieter, denen eine Erlaubnis gemäß § 4 I GlüStV erteilt
werden kann. Mag es im Zusammenhang mit einem staatlichen
Glücksspielmonopol fraglich erscheinen, ob eine auf alle Erscheinungsformen des
Glücksspiels bezogene Gesamtkohärenz zu fordern ist oder ob eine bei sektoraler
Betrachtungsweise anzunehmende Kohärenz genügt, so kommt es jedenfalls für
die Rechtfertigung des Internetverbots auf eine Gesamtkohärenz nicht an. Insoweit
kann ergänzend nochmals auf die Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom
14.10.2008 (dort Tz. 302 ff.) verwiesen werden, wobei zu beachten ist, dass es im
dortigen Fall nicht um ein vollständiges, auch für den Staat und staatliche
Gesellschaften verbindliches Internet-Verbot geht, sondern um die Rechtfertigung
eines auf Lotterien und Wetten im Internet bezogenen Monopols. Der
Generalanwalt hat zur Rechtfertigung einer auf Internetspiele begrenzten
Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit Folgendes ausgeführt:„302. Dass die
genannten Ziele kohärent und systematisch verfolgt werden, wäre nur in Frage
gestellt, wenn die portugiesische Regierung den Betrieb von Internetspielen
zulassen würde, die mit den Lotterien und Wetten, deren Betrieb Santa Casa
vorbehalten ist, vergleichbar sind. Die Frage könnte sich etwa stellen, wenn die
Portugiesische Republik den Unternehmen, die eine Konzession für den Betrieb
von Kasinospielen besitzen, erlauben würde, im Internet Lotterien anzubieten, die
in ihrer Funktionsweise mit den von Santa Casa angebotenen Lotterien
vergleichbar sind.303. Die Frage stellt sich dagegen nicht bei der Entwicklung der
Kasinospiele in ihrer traditionellen Form. Die Bedingungen, unter denen diese Form
von Glücksspiel praktiziert wird, sind völlig anders als die der Internet-Lotterien und
-Wetten. Es genügt die Feststellung, dass die Kasinospiele voraussetzen, dass sich
der Spieler physisch an den Öffnungstagen und zu den Öffnungszeiten in ein
Spielkasino begibt. Außerdem befinden sich die Spielkasinos in Portugal in genau
festgelegten Bezirken.304. Zwar können auch die Kasinospiele Gefahren für die
Verbraucher und die öffentliche Ordnung mit sich bringen. Da sie jedoch auf einer
völlig anderen Funktionsweise beruhen als die Online Spiele, liegt die Entscheidung
der Portugiesischen Republik, den Betrieb der Kasinospiele über ein
Konzessionssystem zu regeln statt den Betrieb Santa Casa zuzuweisen, in ihrem
Ermessen.“Dem schließt sich der Senat an. Infolgedessen kommt es im
vorliegenden Fall nicht darauf an, ob Glücksspiele, die außerhalb des Internets
angeboten werden, (ebenfalls) in der nach den Zielvorstellungen des Staates
gebotenen Weise reglementiert werden. Dementsprechend ist insbesondere nicht
näher auf die für das Automatenspiel geltenden Regelungen und deren Lockerung
zum 01.01.2006 sowie auf die Regelungen des Spielbankenbetriebs einzugehen.
Zu konstatieren ist allerdings, dass das Verbot gemäß § 4 IV GlüStV nicht für den
Abschluss und das Vermitteln von Pferdewetten gilt. Pferdewetten können auch
über das Internet angeboten werden. Hierin liegt eine gewisse Inkonsequenz, die
bei wertender Betrachtung den Vorwurf mangelnder Kohärenz der
internetbezogenen staatlichen Glücksspielregelungen jedoch nicht rechtfertigt.
Pferdewetten dürfen seit langem aufgrund des Rennwett- und Lotteriegesetzes
vom 08.04.1922 von konzessionierten privaten Buchmachern angeboten werden.
Die Sonderstellung der Pferdewetten hat historische Gründe, die Fortgeltung
dieser Sonderstellung hat ihre Ursache im föderalen System der Bundesrepublik
Deutschland. Die Existenz dieser Sonderstellung belegt kein willkürliches oder
rechtsmissbräuchliches Vorgehen des Staates zur Förderung seiner eigenen
fiskalischen Interessen. Ohnehin machen Pferdewetten nur einen geringen
Prozentsatz des Glücksspielmarktes aus; die von ihnen ausgehenden
Suchtgefahren treffen nur einen sehr geringen Teil der Bevölkerung (vgl.
Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 16.02.2009 – 11 ME 367/08 – Juris-Rn 27).
Der Anreizwirkung von Pferdewetten im Internet sind bei lebensnaher Betrachtung
im Wesentlichen diejenigen ausgesetzt, die im Bereich der Pferderennen über
Kenntnisse verfügen und mit den im Wettangebot genannten Pferden eine auf
deren Wettkampfqualitäten bezogene Vorstellung verbinden und die sich deshalb
die Fähigkeit zuschreiben, auf den Rennausgang aussichtsreich wetten zu können.
Im Unterschied hierzu bedarf die subjektiv so empfundene „Wettkompetenz“ im
Bereich der allgemeinen Sportwetten, grundsätzlich keiner besonderen
Voraussetzungen, die nur von einem sehr kleinen Teil der Bevölkerung erfüllt
würden. Bei den allgemeinen Sportwetten geht es im Wesentlichen um den
Fußballsport und weitere Breitensportarten, durch die sich eine Vielzahl von
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Fußballsport und weitere Breitensportarten, durch die sich eine Vielzahl von
Personen emotional angesprochen zu Ergebnisprognosen angeregt fühlen. Der
Senat verneint daher im Ergebnis trotz der Zulässigkeit online angebotener
Pferdewetten einen Verstoß gegen das Kohärenzgebot im Bereich der Internet-
Glücksspiele.
Für die auf das Internetverbot bezogene Kohärenzprüfung kommt es auch nicht
auf ein etwaiges „Vollzugsdefizit“ bei der Umsetzung der Regelungen des
Glücksspielstaatsvertrags insgesamt an. Denn das Internetverbot stellt eine aus
sich heraus wirksame Maßnahme zur Bekämpfung übermäßigen Glücksspiels dar.
Für eine inkonsequente Vorgehensweise des Staates bei der Umsetzung dieses
konkreten Verbots gibt es keine Anhaltspunkte.
Das Internetverbot wird auch nicht diskriminierend angewandt. Es gilt für alle
Glücksspielanbieter gleichermaßen. Zwar trifft das Internetverbot in seinen
Auswirkungen gerade auch private Wettanbieter aus anderen Mitgliedsstaaten, für
die das Internet eine naheliegende Vermarktungsmöglichkeit darstellt. Diese
Beschränkung wird aber durch die bereits dargelegte besondere Gefährlichkeit des
Glücksspielangebots im Internet gerechtfertigt.
Nach allem ist der Senat der Auffassung, dass das Internetverbot gemäß § 4 IV
GlüStV mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang steht. Dieser Einschätzung neigen
teilweise auch Gerichte zu, die das im Glücksspielstaatsvertrag fortgeschriebene
staatliche Glücksspielmonopol, das in der Rechtsprechung wesentlich häufiger
thematisiert wird als das Internetverbot, als gemeinschaftsrechtswidrig oder
zumindest bedenklich ansehen (a.A. allerdings OLG Koblenz, Beschluss vom
20.01.2009 – 1 W 6/09 – Juris-Rn 27 ff.). So hat das VG Berlin in seinem Beschluss
vom 22.10.2008 – 35 A 513.07 – ausgeführt, es drängten sich keine
durchgreifenden Zweifel an der Vereinbarkeit des Internetverbots mit
höherrangigem Recht auf. Auf Grund der besonderen Gefährdungspotentiale des
Anbietens von Sportwetten (im Gegensatz zur Vermittlung z.B. von Lotto 6 aus
49) im Internet spreche vielmehr einiges dafür, dass die Verbotsnorm des § 4 IV
GlüStV mit höherrangigem Recht zu vereinbaren sei (a.a.O., Juris-Rn 11). Auch das
ebenfalls von den Beklagten zitierte OVG Rheinland-Pfalz hat in seiner, für den
beschwerdeführenden Sportwettenvermittler grundsätzlich günstigen
Entscheidung vom 18.08.2008 – 6 B 10338/08 – diesem auferlegt, im
Geschäftslokal keine Internetsportwetten zuzulassen.
Offenbleiben kann in diesem Zusammenhang, ob die C Ltd., an die die Beklagte zu
1) Wetten vermittelt, über eine einschlägige Erlaubnis der maltesischen Behörden
verfügt. Eine derartige Erlaubnis könnte weder die C Ltd. noch die mit ihr
kooperierende Beklagte zu 1) von der Beachtung der in Deutschland geltenden
Ausübungsvorschriften einschließlich des §·4 IV GlüStV freistellen. Denn im Bereich
des Glücksspielrechts gilt das Herkunftslandprinzip nicht (vgl. Hefermehl/ Köhler /
Bornkamm, UWG, 27. Auflage, §·4 Rn 11.178 a.E.). Die Richtlinie 2000/31/EG über
den elektronischen Geschäftsverkehr nimmt den Glücksspielbereich vom
Herkunftslandprinzip ausdrücklich aus; aus der Dienstleistungsrichtlinie
2006/123/EG ergibt sich nichts anderes.
Hieraus ist zumindest zu folgern, dass ein in einem anderen Mitgliedsstaat
konzessioniertes Unternehmen bei seiner Tätigkeit in Deutschland, auch bei einer
auf Deutschland bezogenen Internet-Tätigkeit, die deutschen
Marktverhaltensregeln beachten muss. Die Frage, ob die in einem anderen
Mitgliedsstaat erteilte Erlaubnis eine geschäftliche Betätigung auf dem deutschen
Glücksspielmarkt (im Rahmen der hier geltenden Marktverhaltensregeln)
überhaupt ermöglicht und eine inländische Erlaubnis insoweit entbehrlich macht,
ist für die hier zu treffende Entscheidung unerheblich.
Eine Aussetzung des Rechtsstreits im Hinblick auf bei dem EuGH anhängige Vor-
abentscheidungsersuchen oder eine eigene Vorlage an den EuGH gemäß Art. 234
EG-Vertrag ist nicht veranlasst.
Die von den Beklagten unter Hinweis auf das Schreiben des BVerfG vom
05.01.2009 angesprochenen Vorabentscheidungsersuchen des VG Köln (vom
21.09.2006), des VG Gießen (vom 07.05.2007) und des VG Stuttgart (vom
24.07.2007) betreffen zum einen die Problematik der Gesamtkohärenz im Hinblick
auf die Frage, ob das staatliche Glücksspielmonopol mit dem Gemeinschaftsrecht
vereinbar ist. Um die Vereinbarkeit des Internetverbots gemäß § 4 IV GlüStV mit
dem Gemeinschaftsrecht geht es insoweit nicht. Die weitere Vorlagefrage der
Verwaltungsgerichte Gießen und Stuttgart geht dahin, ob ein Anbieter aus dem
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Verwaltungsgerichte Gießen und Stuttgart geht dahin, ob ein Anbieter aus dem
EU-Ausland, der dort über eine Genehmigung verfügt, in Deutschland Sportwetten
anbieten darf, ohne über eine entsprechende deutsche Genehmigung zu verfügen.
Auch diese Frage ist für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits
unerheblich, weil der Anbieter aus dem anderen Mitgliedstaat, wie eben
ausgeführt, jedenfalls an die in Deutschland geltenden Ausübungsvorschriften
einschließlich des § 4 IV GlüStV gebunden ist. Von den ansonsten anhängigen
Vorabentscheidungsersuchen deutscher Gerichte hat, soweit ersichtlich, lediglich
der Vorlagebeschluss des VG Schleswig vom 30.01.2008 – 12 A 102/06 – einen
direkten Bezug zu § 4 IV GlüStV. Die dortige Vorlagefrage zu d) lautet:
„Ist Art. 49 EG dahingehend auszulegen, dass dieser einer nationalen Regelung
entgegensteht, die das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele
im Internet untersagt, wenn insbesondere gleichzeitig – wenngleich auch nur für
eine Übergangsfrist von einem Jahr – die Veranstaltung und Vermittlung im
Internet unter Einhaltung von Jugend- und Spielerschutzbestimmungen ermöglicht
wird, um zum Zweck eines Verhältnismäßigkeitsausgleichs namentlich zweier
gewerblicher Spielvermittler, die bislang ausschließlich im Internet tätig sind, eine
Umstellung auf die nach dem Staatsvertrag zugelassenen Vertriebswege zu
ermöglichen?“
Das Übergangsjahr 2008 ist indessen verstrichen, so dass die in § 25 VI GlüStV
getroffene Übergangsregelung keine Bedeutung mehr hat. Im Übrigen bestand die
Möglichkeit einer befristeten Erlaubnis nach § 25 VI GlüStV nur unter den dort im
Einzelnen genannten Voraussetzungen und auch nur für das Veranstalten und
Vermitteln von Lotterien, deren Gefährdungspotential niedriger eingeschätzt
werden kann als das von Sportwetten. Ein (zwischenzeitlicher) Verstoß gegen das
Kohärenzgebot wird durch die Existenz des § 25 VI GlüStV nicht nahegelegt.
Von einer eigenen Vorlage an den EuGH gemäß Art. 234 EG hat der Senat
abgesehen, da er keine ernstlichen Zweifel an der
Gemeinschaftsrechtskonformität des § 4 IV GlüStV hat.
Der Verstoß der Beklagten zu 1) gegen § 4 IV GlüStV stellt zugleich einen
Wettbewerbsverstoß nach §§ 3 I, 4 Nr. 11 UWG dar. Bei dem in § 4 IV GlüStV
normierten Internetverbot handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung
gemäß § 4 Nr.·11 UWG. Des Weiteren ist der Verstoß geeignet, den Wettbewerb
zum Nachteil der Mitbewerber und der Verbraucher nicht nur unerheblich zu
beeinträchtigen (§ 3 UWG 2004), bzw. die Interessen der Mitbewerber und
Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen (§ 3 I UWG 2008).
Ohne Erfolg berufen sich die Beklagten unter Bezugnahme auf die Entscheidung
„Sportwetten-Genehmigung" des BGH (GRUR 2002, 269, 270) darauf, dass das
beanstandete Verhalten angesichts der bestehenden Genehmigung der Stadt
Stadt1, auf die die Beklagten vertrauen dürften, nicht wettbewerbswidrig
sei.Voraussetzung für den Unterlassungsanspruch ist ein objektiver
Wettbewerbsverstoß; auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum kann sich der
Verletzer seit der Neufassung des UWG in 2004 nicht mehr berufen (vgl. BGH,
GRUR 2005, 778, 779 – Atemtest; Hefermehl/ Köhler / Bornkamm, UWG, § 4 Rn
11.53 f.). Hiervon abgesehen konnten die Beklagten nicht mehr vertrauensvoll
annehmen, die erteilte Gewerbegenehmigung sei eine ausreichende Grundlage für
eine bundesweite Geschäftstätigkeit, nachdem das BVerwG in seiner Entscheidung
vom 21.06.2006 und nachfolgend einige Oberverwaltungsgerichte, darunter das
Sächsische OVG mit Beschluss vom 12.12.2007, dieser Sichtweise
entgegengetreten waren.
Der Wettbewerbsverstoß der Beklagten zu 1) begründet den gegen sie geltend
gemachten Unterlassungsanspruch (§ 8 I UWG). Der Beklagte zu 2) haftet neben
der Beklagten zu 1) als deren Geschäftsführer, da er, mit
Wettbewerbsförderungsabsicht zugunsten der Beklagten zu 1) handelnd, für den
Verstoß verantwortlich ist. Da das Verhalten der Beklagten seit dem 01.01.2008
den mit dem Hilfsantrag geltend gemachten Unterlassungsanspruch bereits
rechtfertigt, kommt es auf etwaige Wettbewerbsverstöße der Beklagten vor dem
01.01.2008 nicht mehr an.
Die Verurteilung beschränkt sich antragsgemäß auf Sportwettangebote, durch die
im Bundesland Hessen befindlichen Personen die Möglichkeit zur Spielteilnahme
eröffnet wird. Wesentlich ist, dass ein Spielinteressent von seinem Aufenthaltsort
in Hessen aus unmittelbar über das Internet Wetten abschließen kann.
Charakteristisch für die in den Tenor einbezogene konkrete Verletzungsform und
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Charakteristisch für die in den Tenor einbezogene konkrete Verletzungsform und
damit maßgebend für den nach der Kerntheorie zu bestimmenden Verbotsumfang
ist, dass Spieler, die sich in Hessen aufhalten, weder durch technische
Beschränkungen von einer Spielteilnahme ausgeschlossen, noch durch einen
entsprechenden Disclaimer von einer Spielteilnahme abgehalten werden.
Ein Disclaimer, der geeignet ist, Interessenten von einer Spielteilnahme
abzuhalten, kann allerdings nicht allein schon in einem schlichten Hinweis der
Beklagten darauf gesehen werden, dass es ihnen (vorübergehend) untersagt sei,
Wetten anzunehmen, die von dem Gebiet des Landes Hessen aus abgegeben
werden (vgl. hierzu die – auf Baden-Württemberg bezogene – Textpassage in der
ersten Abbildung im Tenor, letzter Absatz). Erklärungen, die vom angesprochenen
Verkehr als gleichsam „augenzwinkernde“ Pflichtangabe gedeutet werden können,
die man folgenlos missachten könne, genügen keinesfalls. Ausreichend weit von
der konkreten Verletzungsform entfernt wäre eine deutliche und
unmissverständlich ernsthafte Ablehnung des Abschlusses von Wettverträgen
oder Wettvermittlungsverträgen mit Personen, die sich innerhalb des Gebietes
Hessens aufhalten. Die Ernsthaftigkeit der Ablehnung könnte dadurch deutlich
gemacht werden, dass jeder Wettinteressent für die Anmeldung bei der Beklagten
zu 1) versichern muss, dass er sich in diesem Moment nicht im Gebiet des
Bundeslandes Hessen aufhält, und dass der Hinweis gegeben wird, dass, wenn
dies nicht der Fall sein sollte, kein rechtswirksamer Vertrag zustande kommen
kann (vgl. Sächsisches OVG, Beschluss vom 12.12.2007 – 3 BS 286/06 – Juris-Rn
20).
Ein Einsatz von Verifikationsverfahren, durch den der Abschluss von Wettverträgen
mit Spielern aus Hessen ausgeschlossen würde, würde gleichfalls genügen, um
aus dem Kernbereich der konkreten Verletzungsform herauszuführen; er ist hierzu
aber nicht unabdingbar erforderlich. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der
Kernbereich der konkreten Verletzungsform, die im vorliegenden Fall auch durch
die Abwesenheit eines ernstgemeinten Disclaimers charakterisiert wird, nicht mit
dem Umfang des zugrunde liegenden gesetzlichen Verbots gleichgesetzt werden
kann. Daher kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob zur Beachtung des in § 4 IV
GlüStV normierten Internetverbots in Hessen eine Lokalisierung mit technischen
Mitteln (vgl. § 25 VI Nr. 4 GlüStV) zwingend notwendig ist. Offenbleiben kann
demnach auch die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob es praktikable und
zuverlässige technische Lokalisierungsmethoden bislang überhaupt gibt (vgl.
hierzu zuletzt Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 03.04.2009 – 11 ME 399/08
– Juris-Rn 51 ff.).
Der Hauptantrag zu Ziff. 1.2, der das Anbieten von Sportwetten über im
Bundesland Hessen befindliche Wettbüros betrifft, ist nicht hinreichend bestimmt
und damit unzulässig. Denn aus der Formulierung des Antrags wird nicht
ausreichend deutlich, welches mit Wettbüros im Zusammenhang stehende
Verhalten den Beklagten konkret untersagt werden soll.Der Hilfsantrag zu Ziff. 1.2
ist zulässig, aber unbegründet.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagten auf dem Gebiet des Landes
Hessen ohne Erlaubnis der zuständigen Behörde C veranstaltet oder vermittelt (§
4 I 2 GlüStV) und hierdurch eine weiterhin bestehende Wiederholungsgefahr
begründet haben. Auf die daran ggf. anknüpfende Frage, ob § 4 I GlüStV in
Verbindung mit den Vorschriften, die eine Erlaubniserteilung an staats-
unabhängige Privatunternehmen ausschließen, verfassungsgemäß und mit dem
Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, kommt es somit nicht an.
Die Beklagten bestreiten, in Hessen Wettbüros zu unterhalten oder in vertraglicher
Beziehung zu Sportwettenvermittlern aus Hessen zu stehen. Die von der Klägerin
vorgelegten Lichtbilder (Bl. 1617 ff. d.A.) belegen zwar, dass zwei Wettbüros in
Stadt2 noch im Juni 2008 mit dem (früheren) Logo der Beklagten zu 1) beschriftet
waren, wobei die Art und Weise der Beschriftung durchaus den Eindruck erweckt,
es handele sich um für die „Sportwetten …“ tätige Wettbüros. Dieser äußere
Eindruck reicht aber nicht zum Beweis dafür aus, dass es sich um Wettbüros der
Beklagten zu 1) handelt oder jedenfalls um Wettbüros, die für die Beklagte zu 1)
Wetten vermitteln.
Zunächst rechtfertigt die äußere Kennzeichnung für sich allein nicht die
Feststellung, dass die Beklagte zu 1) selbst Inhaberin der betreffenden Wettbüros
sei oder gewesen sei. Möglich erscheint auch, dass die Kennzeichnung lediglich
verdeutlichen soll, an welchen Sportwettenveranstalter die im Wettlokal
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verdeutlichen soll, an welchen Sportwettenveranstalter die im Wettlokal
abzuschließenden Wetten vermittelt werden. Insoweit kommt als Veranstalter, an
den die Wetten vermittelt werden, neben der Beklagten zu 1) insbesondere die C
Ltd. in Betracht. Tatsächlich wird in den von der Klägerin vorgelegten
Teilnahmebestätigungen, die die Person des Vermittlers nicht ausweisen, erklärt,
die Wette werde an die C Ltd. vermittelt. Bei dieser Gesellschaft handelt es sich
zwar um eine 100%ige Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1). Aus der alleinigen
Gesellschafterstellung der Beklagten zu 1) folgt aber nicht ohne weiteres, dass sie
für etwaige Wettbewerbsverstöße der Tochtergesellschaft einzustehen habe (vgl.
hierzu Hefermehl/ Köhler/ Bornkamm, UWG, § 8 Rn 2.31). Besondere Umstände,
die eine Haftungserstreckung auf die Beklagte zu 1) rechtfertigen könnten, hat die
Klägerin nicht dargetan. Die alleinige Gesellschafterstellung und die sich hieraus
ergebenden Einwirkungsmöglichkeiten begründen eine Haftungserstreckung nicht.
Soweit es um die Frage geht, ob die Beklagte zu 1) unter Benutzung der fraglichen
Wettbüros als Vermittler aufgetreten ist, ist zu berücksichtigen, dass das Logo der
Beklagten in einer älteren, seit Ende 2006 nicht mehr aktuellen, Ausgestaltung
verwendet wurde. Auch wenn die Ausstattung des Lokals mit dem Logo der
Beklagten zu 1), die schon einige Jahre zurückliegen mag, deshalb erfolgt sein
sollte, weil die Beklagte zu 1) damals als Veranstalter oder Vermittler fungierte, so
können sich die Verhältnisse in der Zwischenzeit geändert haben, wobei sich der
Inhaber des Wettbüros zur weiteren Verwendung des (alten) Logos auch ohne
weitere Beteiligung der Beklagten zu 1) schon deshalb als berechtigt angesehen
haben kann, weil die Wetten an die C Ltd. vermittelt werden.
Auf eine frühere Einbindung der Beklagten zu 1) in die Tätigkeit hessischer
Wettbüros weist neben der Ausstattung mit dem (alten) Logo der Beklagten zu 1)
auch der eigene Vortrag der Beklagten hin, die einräumen, dass die Beklagte zu 1)
sich früher der Vermittlungsgesellschaft „X-GmbH“ bedient habe, die ihrerseits
auch vertragliche Beziehungen zu Annahmestellen in Hessen unterhalten habe.
Unterstellt man danach, dass in der Vergangenheit in Hessen abgeschlossene
Wettverträge an die Beklagte zu 1) – mit deren Kenntnis und Billigung – vermittelt
wurden, so bleibt jedenfalls offen, bis wann dies geschehen ist. Etwaige Vorfälle bis
zur Entscheidung des BVerfG vom 28.03.2006 wären irrelevant, da sich daraus
kein Wettbewerbsverstoß ergeben könnte (vgl. hierzu BGH, WRP 2008, 661 –
ODDSET). Ob (noch) im Übergangszeitraum bis zum 31.01.2007 entsprechende
Vermittlungsvorgänge stattgefunden haben, ist ungewiss. Doch selbst wenn dies
festgestellt werden könnte und auf dieser Grundlage ein Wettbewerbsverstoß zu
bejahen wäre, was sehr zweifelhaft erscheint (vgl. OLG München, Urteil vom
16.10.2008 – 29 U 1669/08 – Juris-Rn 44), so könnte angesichts der gesetzlichen
Klarstellung durch das Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages zum
01.01.2008 doch keine über dieses Datum fortwirkende Wiederholungsgefahr
angenommen werden.
Von einem einschlägigen Verstoß der Beklagten nach dem 01.01.2008 kann nicht
ausgegangen werden. Danach lässt sich ein Wettbewerbsverstoß der Beklagten,
der eine Begehungsgefahr im Sinne des Klageantrags zu 1.2 begründen könnte,
nicht feststellen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die Beklagten
den diesbezüglichen Vortrag der Klägerin nicht substantiiert bestritten hätten. Es
war zuvörderst Sache der Klägerin, konkret die Tatsachen darzulegen, aus denen
sich der mit dem Hilfsantrag zu Ziff. 1.2 geltend gemachte Unterlassungsanspruch
ergeben soll. Dies ist der Klägerin nicht gelungen. Es ist nicht ersichtlich, dass sie
hierbei die ihr zu Gebote stehenden zumutbaren Recherchemöglichkeiten
wahrgenommen und erfolglos ausgeschöpft hätte.
Der Hauptantrag zu Ziff. 1.3, der sich unter Bezugnahme auf die konkrete
Verletzungsform auf Werbung für Sportwetten bezieht, ist zulässig und begründet.
Die in Bezug genommene konkrete Verletzungsform wird dadurch charakterisiert,
dass die Beklagten im Internet für öffentliches Glücksspiel – Sportwetten – werben,
das im Internet veranstaltet bzw. vermittelt wird und somit gemäß § 4 IV GlüStV
verboten ist. Hierdurch verstoßen die Beklagten gegen § 5 III und § 5 IV GlüStV.
Zugleich liegt hierin ein erheblicher bzw. spürbarer Wettbewerbsverstoß, aus dem
ein entsprechender Unterlassungsanspruch der Klägerin folgt (§§ 3 I, 4 Nr. 11, 8 I,
III Nr. 1 UWG).
Auch bezüglich des Werbeverbots ist die Verurteilung antragsgemäß auf Hessen
beschränkt. Insoweit ist für die in den Tenor einbezogene konkrete
Verletzungsform und damit zugleich für den nach der Kerntheorie zu
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Verletzungsform und damit zugleich für den nach der Kerntheorie zu
bestimmenden Verbotsumfang maßgebend, dass kein Disclaimer vorhanden ist,
der klar und eindeutig gestaltet und aufgrund seiner Aufmachung als ernst
gemeint aufzufassen ist (vgl. hierzu auch BGH, GRUR 2006 ff., Tz. 22 –
Arzneimittelwerbung im Internet).
Die auf Auskunft und Schadensersatzfeststellung gerichteten Folgeanträge haben
Erfolg, soweit sie auf den Hilfsantrag zu Ziff. 1.1 rückbezogen sind (§ 9 UWG, §·242
BGB). Ein Verschulden der Beklagten ist für den hier allein noch geltend
gemachten Zeitraum ab dem 01.01.2008 zu bejahen. Die Rechtslage ist im
Hinblick auf das Veranstalten, Vermitteln und Bewerben von Sportwetten im
Internet durch das Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages hinreichend geklärt
worden. Die insoweit insbesondere von der Europäischen Kommission geäußerten
Bedenken gegen die Vereinbarkeit der entsprechenden Vorschriften mit
höherrangigem Recht führen nicht zur Annahme eines unverschuldeten
Rechtsirrtums. Die Beklagten mussten ernsthaft damit rechnen, dass das
zuständige Gericht einen Wettbewerbsverstoß bejahen werde. Indem sie Verhalten
nach dem 01.01.2008 fortsetzten, handelten sie auf eigenes Risiko.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I ZPO; hierbei wurden das Maß des
wechselseitigen Obsiegens und Unterliegens sowie die teilweise
Berufungsrücknahme berücksichtigt. Zu beachten war, dass bei einer Gewichtung
der einzelnen Ansprüche dem Unterlassungsanspruch und insoweit wiederum dem
auf die Sportwetten im Internet bezogenen Unterlassungsanspruch die größte
Bedeutung zuzumessen war.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711
ZPO. Vollstreckungsschutz war den Beklagten nicht zu gewähren, da die
Voraussetzungen des § 712 I ZPO nicht dargetan sind. Es ist nicht ersichtlich, dass
die Vollstreckung den Beklagten einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen
würde. Zu unmittelbaren Zahlungspflichten führt die Verurteilung der Beklagten
nicht. Dass die Vollstreckung des Unterlassungsausspruchs für die Beklagten
existenzgefährdend sein könnte, ist schon deshalb nicht nachzuvollziehen, weil
sich das Unterlassungsgebot auf Hessen beschränkt.
Die Revision war zuzulassen, weil die Frage, ob das Verbot des Veranstaltens und
das Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet (§ 4 IV GlüStV) mit dem
Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr.
1 ZPO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.