Urteil des OLG Frankfurt vom 22.07.2008

OLG Frankfurt: notwendige streitgenossenschaft, ausschluss, hauptsache, squeeze out, sonderprüfung, kostenvorschuss, hinterlegung, entlastung, einberufung, abfindung

Gericht:
OLG Frankfurt 5.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 U 77/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 121 AktG, § 241 AktG, § 243
AktG, § 245 AktG, § 246 AktG
Anfechtungsklagen mehrerer Kläger gegen Beschlüsse der
Hauptversammlung; hilfsweise Erledigungserklärung eines
Teils der Kläger aus Gründen des Kostenrisikos bei
notwendiger Streitgenossenschaft
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 5. Kammer für Handelssachen
des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30.3.2007 (3-5 O 111/06) abgeändert
und zum Zwecke der Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Auf den Hilfsantrag der Kläger zu 2) bis 5), 9) bis 14) und 22) bis 35) wird
festgestellt, dass die Klagen in der Hauptsache erledigt sind. Im Übrigen werden
die Klagen abgewiesen. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird
zurückgewiesen.
Die Klagen der übrigen Kläger bleiben abgewiesen.
Die Berufungen der Kläger zu 1) bis 5) und 36) bis 38) werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des ersten Rechtszuges vor der Verbindung haben in dem
Verfahren des Klägers zu 10) dieser 88 % und die Beklagte 12 %, in dem
Verfahren der Klägerin zu 23) die Klägerin und die Streithelfer zu 41) und zu 42)
jeweils 29 % und die Beklagte 13 %, in den Verfahren der Kläger zu 2), 3), 4), 5),
9), 12), 20) und 25) diese jeweils 89 % und die Beklagte jeweils 11 %, in den
Verfahren der Kläger zu 29), 30), 31), 32), 33), 34) und 35) diese jeweils 91 % und
die Beklagte 9 % zu tragen.
In den Verfahren der Kläger zu 6), 7), 8), 11), 13), 14), 15), 16), 17), 18), 19), 21),
22), 28) und 38) haben die Kosten des ersten Rechtszuges vor der Verbindung die
jeweiligen Kläger zu tragen.
In dem Verfahren der Klägerin zu 27) haben die Kosten des ersten Rechtszuges
vor der Verbindung die Klägerin zu 27) und die Streithelferin zu 43) jeweils zur
Hälfte zu tragen.
Von den Gerichtskosten sowie den außergerichtlichen Kosten der Beklagten des
ersten Rechtszuges nach der Verbindung haben die Kläger zu 10) und 23) sowie
die Streithelfer zu 40) und 41) jeweils 0,3 %, die Kläger zu 19), 24) und 38) jeweils
0,4 %, die Kläger zu 2), 3), 4), 5), 9), 12), 20) und 25) jeweils 0,8 %, die Kläger zu
6), 7), 8), 9), 11), 13), 14), 15), 16), 18), 21) und 22) sowie die Streithelferin zu 39)
jeweils 1,0 %, die Streithelferin zu 43) 1,4 % der Kläger zu 17) 1,6 %, die Klägerin
zu 1) 3,2 %, die Kläger zu 29), 30), 31), 32), 33), 34) und 35) jeweils 4,9 %, die
Kläger zu 27), 28), 36) und 37) sowie die Streithelferin zu 40) jeweils 5,4 %, die
Beklagte 10,7 % zu tragen.
Von den außergerichtlichen Kosten des ersten Rechtszuges nach der Verbindung
des Klägers zu 10) haben dieser 88 % und die Beklagte 12 %, der Klägerin zu 23)
sowie der Streithelfer zu 41) und zu 42) haben diese jeweils 29 % und die Beklagte
11 %, der Kläger zu 2), 3), 4), 5), 9), 12), 20) und 25) haben diese jeweils 89 % und
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11 %, der Kläger zu 2), 3), 4), 5), 9), 12), 20) und 25) haben diese jeweils 89 % und
die Beklagte jeweils 11 %, der Kläger zu 29), 30), 31), 32), 33), 34) und 35) haben
diese jeweils 91 % und die Beklagte 9 % zu tragen.
Die Kläger zu 6), 7), 8), 11), 13), 14), 15), 16), 17), 18), 19), 21), 22), 27), 28) und
38) sowie die Streithelfer zu 39), 40), 42) und 43) haben ihre außergerichtlichen
Kosten des ersten Rechtszuges nach der Verbindung selbst zu tragen.
Von den gerichtlichen Kosten sowie den außergerichtlichen Kosten der Beklagten
des zweiten Rechtszuges haben die Kläger zu 10) und 23) sowie die Streithelferin
zu 41) jeweils 0,5 %, die Kläger zu 19), 24) und 28) jeweils 0,6 %, die Kläger zu 2),
3), 4), 5), 9), 12), 20) und 25) jeweils 1,0%, die Kläger zu 6), 7), 8), 9), 11), 13), 14),
15), 16) und 18) jeweils 1,2 %, die Streithelferin zu 43) 1,6 %, der Kläger zu 17) 1,8
%, die Klägerin 1) 3,6 %, die Kläger zu 29), 30), 31); 32), 33), 34) und 35) jeweils
4,8 %, die Kläger zu 27), 28), 36) und 37) jeweils 5,4 % und die Beklagte 14,5 % zu
tragen.
Von den außergerichtlichen Kosten des zweiten Rechtszuges der Kläger zu 10) und
23) sowie der Streithelferin zu 41) haben diese jeweils 88 % und die Beklagte 12 %,
der Kläger zu 2), 3), 4), 5), 9), 12), 20), 25) haben diese jeweils 89 % und die
Beklagte 11 %, der Kläger zu 29), 30), 31), 32), 33), 34), 35) haben diese jeweils
91 % und die Beklagte 9 % zu tragen.
Die Kläger zu 6), 7), 8), 11), 13), 14), 15), 16), 17), 18), 19), 27), 28) und 38) sowie
die Streithelferin zu 43) haben ihre außergerichtlichen Kosten des zweiten
Rechtszuges selbst zu tragen.
Gründe
I. Gegenstand des Verfahrens sind Anfechtungsklagen gegen ursprünglich 10
Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten am 13./14.12.2005.
Hintergrund ist die auf mehreren Hauptversammlungen erfolgte vollständige
Eingliederung der Beklagten in den amerikanischen Konzern X & Y.
In der streitgegenständlichen Hauptversammlung am 13./14.12.2005 beschloss
die Beklagte unter TOP 2 gem. § 327 a Abs. 1 AktG, die Aktien der
Minderheitsaktionäre gegen Gewährung einer Barabfindung in Höhe von 80,37
Euro je Stückaktie auf die Hauptaktionärin zu übertragen. Unter TOP 3 wurde ein
Bestätigungsbeschluss hinsichtlich eines Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrages (BGAV) aus dem Jahre 2004 gefasst. Des Weiteren
wurden Beschlüsse über die Schaffung genehmigten Kapitals (TOP 4), über die
Vergütung des Aufsichtsrats und eine Satzungsänderung (TOP 5), über die Wahl
des Abschlussprüfers (TOP 6), über den Abschluss eines Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrages mit einer Firma B GmbH mit der Beklagten als
herrschendem Unternehmen (TOP 7), über die Entlastung des Vorstands (TOP 8),
über die Entlastung des Aufsichtsrats (TOP 9) sowie über eine Änderung der
Satzung zur Anpassung an das Gesetz zur Unternehmensintegrität und
Modernisierung des Anfechtungsrechts (TOP 10) gefasst. Weiterhin wurde über
mehrere Geschäftsordnungsanträge abgestimmt sowie über einen Antrag von
Aktionären über die Bestellung eines Sonderprüfers. Letzterer wurde mit den
Stimmen der Hauptaktionärin abgelehnt.
Auf der Hauptversammlung kam es zu Saalverweisen für die Aktionäre Z1 und Z2,
einer Entziehung des Rede- und Fragerechts für die Aktionärin Z3 sowie einer
Beschränkung der Redezeit für den Aktionärsvertreter Dr. Z4. Jedenfalls am ersten
Tag gab es Zugangskontrollen für Minderheitsaktionäre u.a. der Gestallt, dass
diese unaufgefordert ihre Taschen öffnen mussten. Der Aktionärsvertreter Dr. Z5,
der an diesem Tag für die Kläger zu 29 – 33 in Vollmacht an der
Hauptversammlung teilnehmen wollte, verweigerte dies, weswegen ihm der
Zugang verwehrt wurde und er sich hierauf entfernte.
Ergänzend wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, Bd. XXX, Bl. 21 ff.
Bezug genommen.
In einem ersten Freigabeverfahren hinsichtlich der Beschlussfassung zu TOP 2
(Ausschluss der Minderheitsaktionäre) haben das Landgericht Frankfurt am Main
sowie der Senat mit Beschluss vom 16.02.2007 (5 W 43/06) den Antrag der
Beklagten zurückgewiesen. Einem weiteren Freigabeantrag haben das Landgericht
Frankfurt am Main sowie der Senat mit Beschluss vom 12.03.2007 (5 W 6/07)
stattgegeben. Hierauf wurde der Ausschluss der Minderheitsaktionäre am
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stattgegeben. Hierauf wurde der Ausschluss der Minderheitsaktionäre am
12.11.2007 in das Handelsregister eingetragen.
In einer weiteren Hauptversammlung der Beklagten am 27.02.2007 wurde u.a. ein
Bestätigungsbeschluss hinsichtlich der Beschlussfassung zu TOP 2 der
streitgegenständlichen Hauptversammlung vom 13/14.12.2005 (Ausschluss der
Minderheitsaktionäre) gefasst. Die hiergegen erhobenen Anfechtungsklagen hat
das Landgericht Frankfurt am Main mit Urteil vom 21.04.2008 abgewiesen. Dieses
Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Am 23.01.2008 fand wiederum eine Hauptversammlung der Beklagten statt, an
der nur die mittlerweile alleinige Hauptaktionärin teilnahm. Auf der
Hauptversammlung wurden Bestätigungsbeschlüsse zu den angefochtenen
Beschlüssen der Hauptversammlung vom 27.02.2007 zu TOP 2 – 10 gefasst.
Gegen diese Beschlüsse wurde weder Widerspruch zu Protokoll gegeben, noch
wurde die Beschlussfassung angefochten.
Zur Begründung ihrer Anfechtungsklagen haben die Kläger Folgendes geltend
gemacht:
Die Einberufungsfrist sei nicht eingehalten worden. Die Teilnahmebedingungen
seien unzutreffend mitgeteilt worden. Die Zugangskontrolle sei schikanös
gewesen. Es seien anderweitige Film- und Bildaufnahmen gestattet worden. Der
Versammlungsleiter sei ungeeignet gewesen.
Im Beschluss zu TOP 2 fehle der Begriff „angemessen“, als Sitz der
Hauptaktionärin sei nur der Ort angegeben. Ein Ausschluss der
Minderheitsaktionäre nach § 327 a AktG sei mit Artikel 14 GG nicht vereinbar und
daher verfassungswidrig. Bei der Beschlussfassung über den Ausschluss der
Minderheitsaktionäre hätten – anders als dies der Fall war - auch die
Vorzugsaktionäre mit stimmen müssen, bzw. sei ein Sonderbeschluss dieser
erforderlich gewesen. Der Ausschluss der Minderheitsaktionäre sei zu dem
rechtsmissbräuchlich, da die Beklagte aufgrund des Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrags ausgeplündert worden sei, zudem diene er der
Verhinderung der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen. Es hätte
jedenfalls zunächst über die Wirksamkeit der Zustimmung zum Beherrschungs-
und Gewinnabführungsvertrag rechtskräftig entschieden werden müssen. Bei
Vorliegen eines BGAV sei ein sogenanntes Squeeze-Out unstatthaft.
Es habe keine ordnungsgemäße Prüfung durch den sachverständigen SV1
stattgefunden. Der Übertragungsbericht sei unvollständig gewesen. Die
Darstellung der Ermittlung der Börsenkurse sei nicht gegeben gewesen.
Schadensersatzansprüche seien nicht berücksichtigt worden.
Die Art der Abfindung sei unangemessen. Die Gewährleistungserklärung sei
unzureichend, sie erfasse nicht etwaige Erhöhungen in einem Spruchverfahren.
Vorgeschriebene Unterlagen seien nur in Englisch ausgelegt worden. Der
Ausschluss der Minderheitsaktionäre führe zu einem unstatthaften Sondervorteil.
Es sei entgegen der Bestimmungen des WpHG das Erreichen der 95 %-Schwelle
nicht rechtzeitig mitgeteilt worden. Zudem habe die Hauptaktionärin gegen die
Meldepflichten gem. §§ 21, 22 WpHG verstoßen, weswegen ein Stimmverbot nach
§ 28 WpHG bestanden habe. Es habe in der Hauptversammlung eine Verletzung
des Informationsrechts gegeben, da Fragen von Aktionären nicht oder nicht
ausreichend beantwortet seien. Zudem sei es zu unzulässigen Rede- bzw.
Fragezeitbeschränkungen gekommen. Der Aktionärin Z3 sei zu Unrecht das
Mikrophon abgestellt worden. Die Schließung der Rednerliste sei willkürlich
gewesen, ebenso wie dass der Aktionärsvertreter Dr. Z4 am zweiten Tag nicht
mehr habe nochmals sprechen und fragen dürfen.
Der Aktionärsvertreter Z5 sei zu Unrecht nicht zur Versammlung zugelassen
worden. Die Übertragung der Hauptversammlung in Nebenräume sei nicht
vollständig gewährleistet gewesen.
Der Notar habe die Hauptversammlung nicht protokollieren dürfen, da er befangen
gewesen sei. Der Abwahlantrag für den Notar hätte zur Abstimmung gestellt und
der Notar hätte abgewählt werden müssen. Zudem seien Abstimmungsergebnisse
nicht zutreffend ermittelt worden. Die ablehnende Beschlussfassung über den
Antrag auf Abwahl des Versammlungsleiters sei nichtig, da Fragen hierzu nicht
beantwortet seien.
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Die Stimmrechtsvertreter seien nicht auf die Stimmrechtsverbote hingewiesen
worden bei den Beschlüssen, die nicht angekündigt gewesen seien. Nach der
verkündeten Beschlussfassung sei der Sonderprüfungsantrag nicht abgelehnt
worden. Jedenfalls sei er gefasst worden, da für die Hauptaktionärin ein
Stimmverbot bestanden habe.
Hinsichtlich des Bestätigungsbeschlusses zum BGAV (TOP 3) haben die Kläger
vorgetragen, dass dieser anfechtbar sei, da das der herrschenden Gesellschaft
eingeräumte Kündigungsrecht gesetzwidrig sei. Zudem fehle es an einem
Gerichtsstand für die Aktionäre im Inland. Die Unterzeichnung durch die
herrschende Gesellschaft sei unzureichend. Der sachverständige SV1 für die
Angemessenheit von Ausgleich und Abfindung des BGAV sei durch ein
unzuständiges Gericht bestellt worden. Es habe eine unzulässige Parallelprüfung
stattgefunden. Das Angebot führe zu einem Sondervorteil für die Hauptaktionärin.
Bericht und Bewertungsstichtag seien nicht auf den Tag der
streitgegenständlichen Hauptversammlung aktualisiert worden. Es lägen auch hier
Informationsrechtverletzungen und unzureichende Unterlagenauslegung vor.
Zudem hätten hier die Vorzugsaktionäre mit stimmen müssen.
Die Beschlussfassungen über die Entlastung des Vorstandes und Aufsichtsrats
seien anfechtbar, da hier Informationsrechtsverletzungen vorgelegen hätten.
Die Klägerin zu 1) hat behauptet, sie sei zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der
Tagesordnung der streitgegenständlichen Hauptversammlung am 31.10.2005
Inhaberin von Aktien der Beklagten gewesen.
Die Kläger zu 36) und 37) haben behauptet, dass sie am 16.1.2006 neben der
Klageeinreichung per Telefax auch die Originalklage einschließlich eines
Verrechnungsschecks über die Gerichtskosten abgesandt hätten.
Ergänzend wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, Bd. XXX, Bl. 32 ff.
sowie die in erster Instanz eingereichten Schriftsätze der Kläger und Streithelfer
Bezug genommen.
Alle Kläger haben beantragt, den Ausschluss der Minderheitsaktionäre gem. TOP 2
der Hauptversammlung vom 13./14.12.2005 für nichtig zu erklären, hilfsweise
seine Nichtigkeit festzustellen. Darüber hinaus haben jeweils ein Teil der Kläger
und Streithelfer beantragt, auch die Beschlüsse zu TOP 3 bis 10 für nichtig zu
erklären bzw. deren Nichtigkeit festzustellen sowie die Rechtswidrigkeit der
ablehnenden Beschlussfassung zu dem von den Klägern gestellten Antrag auf
Sonderprüfung festzustellen und stattdessen festzustellen, dass der Beschluss
gefasst wurde. Für die Antragstellung im Einzelnen wird auf den Tatbestand des
angefochtenen Urteils, Bd. XXX, Bl. 15 ff. d.A. Bezug genommen.
Die Beklagte ist den Rechtsansichten der Kläger entgegen getreten. Für ihr
Vorbringen wird auf das angefochtene Urteil, Bd. XXX, Bl. 32 ff. d.A. Bezug
genommen. Die Klägerin zu 1) hat zum Beleg ihrer Aktionärsstellung eine
Depotbestätigung ihrer Bank vom 8.10.2004 vorgelegt und um einen gerichtlichen
Hinweis gebeten, falls dies nicht ausreichen sollte. Einen Hinweis hat das
Landgericht nicht gegeben.
Die Klage der Kläger zu 36) und 37) ist per Telefax innerhalb der Frist des § 246
Abs. 1 AktG am 16.1.2006 bei Gericht eingegangen. Sie ist jedoch erst am
7.4.2006 der Bekl. zugestellt worden, was darauf beruht hat, dass bei Gericht erst
mit Schriftsatz vom 4.4.2006 eine Originalklageschrift und zustellungsfähige
Abschriften eingegangen ist sowie der Kostenvorschuss gezahlt worden ist,
nachdem der Prozessbevollmächtigte der Kläger an diesem Tag erstmals bei
Gericht nachgefragt hatte, warum die Klage bislang nicht zugestellt sei.
Der Kläger zu 38) hat ebenfalls per Fax am 16.1.2006 Klage eingereicht. Diese ist
jedoch erst am 16.12.2006 zugestellt worden, da der Kläger erst am 3.11.2006
den Kostenvorschuss eingezahlt hatte. Hierzu hatte ihn das Landgericht bereits
am 9.6.2006 aufgefordert. Gegen diese Kostenanforderung hat der Kläger zu 38)
am 26.10.2006 Beschwerde eingelegt, der durch das Landgericht mit Beschluss
vom 25.10.2006 (Bd. XXIX Bl. 37) nicht abgeholfen und die vom Senat am
13.11.2006 zurückgewiesen worden ist (Bl. 41).
Das Landgericht hat den Beitritt der Streithelfer zu 39) bis 43) zurückgewiesen.
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Es hat die Klage der Kläger zu 1) bis 8), 15) bis 21) und 36) bis 38) abgewiesen.
Auf die Klagen der übrigen Kläger hat das Landgericht die angefochtenen
Hauptversammlungsbeschlüsse für nichtig erklärt. Lediglich hinsichtlich des (in der
Hauptversammlung abgelehnten) Antrags auf Sonderprüfung hat das Landgericht
die Klagen abgewiesen.
Die Klagen der Kläger zu 36), 37) u. 38) hat das Landgericht mangels rechtzeitiger
Klageerhebung innerhalb der Frist des § 246 Abs. 1 AktG als unbegründet
abgewiesen. Die Klagen der Kläger zu 1) – 5) hat es wegen Rechtsmissbrauchs
ebenfalls als unbegründet abgewiesen, da diese Kläger bei dem Anfechtungsgrund
der fehlerhaften Prüferbestellung ins Blaue hinein vorgetragen hätten und sich
nicht „mit den Besonderheiten des vorliegenden Falles vor Klageerhebung im
geringsten vertraut gemacht hätten, sondern nur eine standardmäßig erhobene
Rüge abgespult“ hätten. Hieraus folge, dass sie mit der Klageerhebung erkennbar
die in der streitgegenständlichen Hauptversammlung mehrheitlich beschlossenen
Strukturmaßnahmen behindern, bzw. der Gesellschaft ihren Willen hätten
aufzwingen wollen.
Hinsichtlich der übrigen Kläger hat das Landgericht den Anfechtungsklagen
hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 2 – 10 stattgegeben; lediglich hinsichtlich
des auf der Hauptversammlung abgelehnten Antrags auf Sonderprüfung hat es
die Klagen abgewiesen.
Zur Begründung führt das Landgericht aus, dass alle Beschlüsse der
Hauptversammlung anfechtbar seien, weil den Aktionären zu 29) – bis 33) über
ihren Vertreter Z5 zu Unrecht die Teilnahme an der Hauptversammlung verhindert
wurde, was gemäß § 245 Nr. 2 AktG zur Anfechtungsbefugnis führe. Für die
Einzelheiten der Begründung wird auf das angefochtene Urteil, Bd. XXX, Bl. 46 ff.
Bezug genommen.
Hinsichtlich der Ablehnung des von einem Minderheitsaktionär gestellten Antrags
auf Sonderprüfung könne die von den Klägern begehrte positive Beschlussfassung
(Geltung des mit den Stimmen der Hauptaktionären abgelehnten Beschlusses)
jedoch nicht festgestellt werden, da die Hauptaktionärin insoweit keinem
Stimmverbot unterlegen habe.
Ergänzend wird auf die Begründung des angefochtenen Urteils, Bd. XXX, Bl. 21 ff.
d.A., Bezug genommen.
Die Nebenintervenienten haben gegen die Zurückweisung ihres Beitritts sofortige
Beschwerde eingelegt, über noch nicht rechtskräftig entschieden ist.
Im Übrigen haben gegen das landgerichtliche Urteil die Beklagte sowie die Kläger
zu 1) bis 8), 15) bis 19) und 36) bis 38) Berufung eingelegt. Die Kläger zu 20) und
21) deren Klage abgewiesen wurde, haben keine Berufung eingelegt. Ebenfalls
unangefochten ist das Urteil hinsichtlich der Abweisung des Antrags auf
Durchführung einer Sonderprüfung, da diejenigen Kläger, die einen Antrag auf
Feststellung der Gültigkeit dieses Beschlusses gestellt hatten, keine Berufung
eingelegt haben.Nach Einlegung der Berufung und Berufungsbegründung haben
die Kläger zu 6) bis 8), 11), 13) bis 19), 24), 27) und 28) ihre Klagen
zurückgenommen.
Die Beklagte wiederholt und bekräftigt in der Berufungsbegründung ihr Vorbringen
aus der ersten Instanz und wendet sich gegen die Feststellungen des
Landgerichts, soweit dieses den Klagen stattgegeben hat. Sie ist der Ansicht, dass
jedenfalls durch die Wiederholungsbeschlüsse der Hauptversammlungen vom
27.2.2007 und 23.1.2008 sich die Klagen erledigt haben.
Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Beklagten im Berufungsverfahren Bd. XXXIII
Bl. 1 ff. und Bd. XXXIV Bl. 45 ff. Bezug genommen.
Die Beklagte stimmt den erklärten Klagerücknahmen zu und beantragt im
Übrigen,
1. dass landgerichtliche Urteil insoweit abzuändern, als den Klagen
stattgegeben wurde und auch diese Klagen abzuweisen,
2. die Berufungen der Kläger zu 1) bis 5) und 36) bis 38) zurückzuweisen.
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Die Kläger zu 1) bis 4), 9), 10), 12), 23), 25) bis 27) und 29) bis 38) sowie die
Streithelfer zu 41) und 43) beantragen die Berufung der Beklagten
zurückzuweisen.
Außerdem beantragen der Kläger zu 1), das Urteil des Landgerichts Frankfurt am
Main aufzuheben,
die Kläger zu 2), 3), 4) und 5) das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main
abzuändern und auch auf ihre Klage die Nichtigkeit der Beschlüsse zu TOP 2 und 3
der Hauptversammlung vom 13./14.12.2005 festzustellen bzw. diese für nichtig zu
erklären,
die Kläger zu 36) und 37) das Urteil des Landgericht Frankfurt am Main
abzuändern und auch auf ihre Klage die Nichtigkeit der Beschlüsse zu TOP 2 -10
der Hauptversammlung vom 13./14.12.2005 festzustellen bzw. diese für nichtig zu
erklären,
der Kläger zu 38) das Urteil des Landgericht Frankfurt am Main abzuändern und
auch auf seine Klage die Nichtigkeit des TOP 2 der Hauptversammlung vom
13./14.12.2005 festzustellen bzw. diesen für nichtig zu erklären.
Hilfsweise beantragen die Kläger 1) bis 4), 9), 10), 12), 22), 23), 25) bis 27) und 29)
bis 37) sowie die Streithelfer zu 41) und 43) die Erledigung der Hauptsache
festzustellen.
Für den Fall, dass alle Kläger, die ihre Klagen nicht zurück genommen haben, die
Hauptsache für erledigt erklären,
schließt sich die Beklagte den Erledigungserklärungen an.
Die Kläger wiederholen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Auf die im
Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze wird Bezug genommen.
Die berufungsführenden Kläger sind der Auffassung, dass ihre Klagen weder
rechtsmissbräuchlich noch verspätet gewesen seien. Die Kläger zu 36) und 37)
haben mit Schriftsatz vom 23.7.2007 (Bd. XXXIII, Bl. 138, 144 d.A.) eine
eidesstattliche Versicherung einer Kanzleiangestellten eingereicht, worin diese
versichert, am Tag der Klageeinreichung per Fax auch das Original sowie einen
Verrechnungsscheck zur Post gegeben zu haben.
II. Die von der Beklagten eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere form- und
fristgerecht eingelegt worden; sie hat auch in der Sache überwiegend Erfolg. Der in
der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 6.5.2008 nicht erschienene Kläger
und Berufungsbeklagte zu 22) wurde durch die erschienen Berufungsbeklagen
gem. § 62 Abs. 1 ZPO vertreten.
Soweit die Kläger Berufung eingelegt haben, sind die gestellten Hauptanträge
zulässig; in der Sache haben sie jedoch keinen Erfolg. Die hilfsweise gestellten
Anträge, die Erledigung der Hauptsache festzustellen, sind hingegen zulässig und
begründet. Der von dem Kläger zu 38) nach Schluss der mündlichen Verhandlung
im Berufungsverfahren hilfsweise gestellte und der Beklagten zugestellte Antrag
nach § 244 Satz 2 AktG ist nicht rechtshängig geworden (BGH, Urt. v. 9.7-1997,
NJW-RR 1997, S. 1486; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 296a, Rn. 2a m.w.N.); er war
insbesondere auch nicht von der ihm gewährten Schriftsatzfrist gedeckt (§ 283
ZPO).
1. Die Klage der Klägerin zu 1) ist bereits deshalb unbegründet und ihre Berufung
war zurückzuweisen, da sie trotz Bestreitens der Beklagten keinen
aussagekräftigen Beleg dafür vorgelegt hat, dass sie im Jahr 2005 Aktien der
Beklagten hielt. Denn die eingereichte Bescheinigung vom 8.10.2004 sagt über
einen Aktienbesitz am 31.10.2005 nichts aus. Da dies offensichtlich ist, bedurfte
es eines gerichtlichen Hinweises insoweit nicht.
Entsprechendes gilt hinsichtlich der Kläger zu 36) bis 38), da sie die Frist gemäß §
246 Abs. 1 AktG zur Erhebung der Klage versäumt haben.
Hinsichtlich der Kläger zu 36) und 37) kann dabei dahinstehen, ob diese am
16.01.2006 eine Originalklageschrift nebst Abschriften und einen Scheck für den
Gerichtskostenvorschuss an das Gericht übersandt haben, wie dies in der
Berufungsbegründung durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung der
Kanzleiangestellten glaubhaft gemacht wird. Denn in jedem Fall hätten die Kläger,
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Kanzleiangestellten glaubhaft gemacht wird. Denn in jedem Fall hätten die Kläger,
nachdem über mehrere Monate hinweg weder eine Zustellung noch eine Einlösung
des Schecks erfolgte, bei Gericht nachfragen müssen. Nach der Rechtsprechung
darf insoweit nur circa 3 Wochen abgewartet werden (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26.
Aufl., § 167 Rn. 15 m.w.N.). Dass die Kläger erst mit Schriftsatz vom 04.04.2006,
also nach mehr als zwei Monaten nachfragten, geht zu ihren Lasten. Die
Klagezustellung erfolgte mithin nicht mehr „demnächst“ i. S. d. § 167 ZPO.
Im Ergebnis Gleiches gilt hinsichtlich des Klägers zu 38). Denn dieser blieb nach
dem Hinweis des Kammervorsitzenden vom 09.06.2006 über 4 Monate untätig,
bevor er am 24.10.2006 gegen die Vorschussanordnung Beschwerde einlegte und,
nachdem dieser mit Beschluss vom 25.10.2006 nicht abgeholfen wurde, am
03.11.2006 den Kostenvorschuss leistete. Die von dem Kläger in seinem
Schriftsatz vom 19.5.2008 (Bd. XXXIV, Bl. 248 d.A.) gezogene Parallele zu einer
Nebenintervention verfängt bereits deshalb nicht, da – anders als die Erhebung
einer Klage – ein Nebenintervention keine gerichtlichen Verfahrensgebühren
auslöst und die Zustellung einer Nebeninterventionsschrift daher nicht von der
Zahlung eines Gerichtskostenvorschusses abhängig ist.
Die Zurückweisung der Berufungen/Abweisung der Klagen dieser Kläger mangels
Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 245 Abs. 1 Nr. 1 bzw. 246 Abs. 1 AktG
scheitert auch nicht daran, dass es sich bei Aktionären, die Beschlüsse einer
Hauptversammlung anfechten, um notwendige Streitgenossen handelt. Denn bei
den Fragen der Aktionärsstellung sowie einer rechtzeitigen Erhebung der Klage
handelt es sich um eine (materiell-rechtliche) Vorfragen, die nicht notwendig allen
Aktionären gegenüber einheitlich beantwortet werden müssen, wie dies hinsichtlich
der Nichtigkeit eines auf der Hauptversammlung gefassten Beschlusses der Fall
ist.
Die fehlende Anfechtungsbefugnis gen. § 245 Abs. 1 Nr. 1 AktG und die
Versäumung der Anfechtungsfrist gem. § 246 Abs. 1 AktG wären nur dann
unschädlich, wenn die angefochtenen Beschlüsse gem. § 241 AktG nichtig wären.
Dies jedoch ist nicht der Fall.
Der Beschluss der Hauptversammlung der Antragstellerin vom 13./14.12.2005 zu
TOP 2 ist weder seinem Inhalt nach sittenwidrig, noch mit dem Wesen der
Aktiengesellschaft unvereinbar, noch verletzt sein Inhalt Vorschriften, die
ausschließlich oder überwiegend zum Schutze der Gläubiger der Gesellschaft oder
sonst im öffentlichen Interesse gegeben sind, denn er hat in § 327a AktG eine
gesetzliche Grundlage.
Die Vorschriften über den Ausschluss von Minderheitsaktionären nach §§ 327 a ff.
AktG sind auch nicht verfassungswidrig. Sie verletzen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG
nicht. Dies gilt gleichermaßen, als der Ausschluss vor dem rechtskräftigen
Abschluss eines Anfechtungsprozesses auf Grund eines Freigabeverfahrens nach §
327 e Abs. 2, § 319 Abs. 6 AktG vollzogen werden kann (vgl. BVerfG,
Nichtannahmebeschluss v. 30.05.2007 zitiert nach Juris Rn. 17 ff.).
Es besteht auch kein Nichtigkeitsgrund gemäß §§ 241 Nr. 1, 121 Abs. 3 AktG, denn
die Hauptversammlung wurde nicht unter Verstoß gegen § 121 Abs. 3 AktG
einberufen. Die Bedingungen, von denen die Teilnahme an der Hauptversammlung
und die Ausübung des Stimmrechts abhängen, wurden zutreffend angegeben.
Nach der im Zeitpunkt der Einberufung maßgeblichen Satzungsbestimmung des §
21 konnte die Hinterlegung auch bei einer anderen in der Einberufung
angegebenen Stelle erfolgen, so dass der Hinweis in den Teilnahmebedingungen,
„dass die Hinterlegung auch dann als bei einer der genannten Stellen als bewirkt
gilt, wenn Aktien mit Zustimmung einer Hinterlegungsstelle für diese bei einem
anderen Kreditinstitut bis zur Beendigung der Hauptversammlung gesperrt
gehalten werden", nicht zu beanstanden ist.
Die Formulierung in der Einberufung „Im Fall der Hinterlegung bei einem
deutschen Notar oder bei einer Wertpapiersammelbank wird gebeten, die von
diesen ausgestellte Hinterlegungsbescheinigung spätestens bis zum 7.12.2005 bei
der Gesellschaft einzureichen" ist keine zusätzliche Teilnahmebedingung, sondern
lediglich eine organisatorische Bitte der Gesellschaft.
Auch die angegebene Hinterlegungsfrist ist bei einer zweitägigen
Hauptversammlung nicht zu beanstanden, selbst wenn der Beschluss erst am
zweiten Tag der Hauptversammlung gefasst wird. Es ist anerkannt, dass bei
(vorsorglich) auf zwei Tagen einberufenen Hauptversammlungen bei der
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(vorsorglich) auf zwei Tagen einberufenen Hauptversammlungen bei der
Berechnung der Hinterlegungsfrist nach § 123 a.F. AktG auf den ersten Tag der
Hauptversammlung abzustellen ist.
Die Hauptversammlung ist auch ordnungsgemäß nach § 130 AktG beurkundet
worden. Selbst wenn der Notar gemäß § 3 BeurkG von der Beurkundung
ausgeschlossen wäre, begründete dies nicht die Nichtigkeit der
Hauptversammlungsbeschlüsse (vgl. etwa Hüffer, AktG, 7. Aufl., § 130 Rn. 10).
Hinsichtlich der Beschlüsse zu TOP 3-10 sind ohnehin keine Nichtigkeitsgründe
gem. § 241 AktG geltend gemacht worden.
2. Die Klagen der übrigen im Berufungsverfahren noch beteiligten Kläger waren
ursprünglich begründet, wie dies das Landgericht hinsichtlich der Kläger zu 9) bis
14) und 22) bis 35) zutreffend begründet hat, weswegen insoweit auf die
Begründung des angefochtenen Urteils, Bd. XXX, Bl. 45 ff. d.A. Bezug genommen
wird. Dies galt jedoch auch bezüglich der Kläger zu 2) bis 5), deren Klagen das
Landgericht wegen Rechtsmissbrauchs für unbegründet gehalten hat. Denn zum
einen erscheint es bereits sehr zweifelhaft, aus einem Vortrag „ins Blaue hinein“,
der sich im Verlauf des Prozesses als unzutreffend erweist, ohne weiteres darauf
zu schließen, dass es den Klägern nicht um die Verfolgung legitimer Interessen,
sondern nur darum ging, die von dem Mehrheitsaktionär beabsichtigte
Umstrukturierung des Unternehmens zu behindern und stattdessen der Beklagten
ihre eigenen Auffassungen aufzuzwingen. Jedenfalls kann der im Ergebnis
unzutreffende Vortrag zu einem von mehreren Anfechtungsgründen nicht die
Klagen im Übrigen unbegründet machen. Durchschlagend war im Ergebnis die
Rüge des Ausschlusses des Aktionärsvertreters Z5. Diesbezüglich steht ein
Rechtsmissbrauch der Kläger zu 2) bis 5) nicht im Raum.
Die Klagen der Kläger zu 2) bis 5), 9) bis 14) und 22) bis 35) sind jedoch im Verlauf
des Prozesses unbegründet geworden, da jedenfalls durch die
Bestätigungsbeschlüsse auf der Hauptversammlung der Beklagten am 23.1.2008
eine Erledigung der Hauptsache eingetreten ist.
Da diese Bestätigungsbeschlüsse nicht angefochten wurden, sind sie in
Bestandskraft erwachsen. Mögliche Anfechtungsgründe gemäß § 243 AktG sind
geheilt (vgl. z.B. Spindler/Stilz/Würthwein, Komm. zum AktG, § 244 Rz. 4 m.w.N.).
Dies gilt insbesondere auch für den – ursprünglich durchgreifenden -
Anfechtungsgrund eines rechtswidrigen Ausschlusses des Aktionärsvertreters Z5
von der streitgegenständlichen Hauptversammlung am 13./14.12.2005. Es gilt
jedoch auch für alle anderen geltend gemachten (auch inhaltlichen) Mängel gem. §
243 AktG. Von der Bestandswirkung nicht berührt wären lediglich
Nichtigkeitsgründe gemäß § 241 AktG. Wie unter 1. ausgeführt, liegen solche
jedoch nicht vor.
Unabhängig von ihrer ursprünglichen Begründetheit waren die in der mündlichen
Verhandlung am 6.5.2008 gestellten Hauptanträge der Kläger daher abzuweisen
(vgl. Spindler/Stilz/Würthwein, a.a.O. Rz. 34).
3. Soweit die Kläger und Streithelfer hilfsweise die Anträge gestellt haben, die
Erledigung der Hauptsache festzustellen, sind diese Anträge zulässig und auch
begründet.
a) Dies gilt zunächst unabhängig davon, dass sich der Kläger zu 38) der hilfsweisen
Erledigungserklärung nicht angeschlossen hat. Denn zwar sind die Kläger
notwendige Streitgenossen gem. § 62 ZPO und es wird teilweise die Auffassung
vertreten, dass solche nur einheitlich den Rechtsstreit in der Hauptsache für
erledigt erklären können (z.B. OLG Naumburg, Beschl. vom 14.3.2005 - 9 Wx 5/04 -
, zit. nach juris Rn. 3, Landgericht Frankfurt am Main, Urt. vom 21.4.2008 - 3-5 O
56/07, Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 62, Rn. 25). Liegt der Grund für die
notwendige Streitgenossenschaft nicht in der Notwendigkeit gemeinsamer
Rechtsverfolgung („notwendige Streitgenossenschaft aus materiellen Gründen“),
ist dies jedoch nicht zwingend: Denn bei der im vorliegenden Fall gegebenen
„notwendigen Streitgenossenschaft aus prozessualen Gründen“ (vgl. statt aller:
Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 246, Rn. 3 m.w.N.) ist der Grund der notwendigen
Streitgenossenschaft nur, dass eine eventuelle Nichtigerklärung eines
Hauptversammlungsbeschlusses für und gegen alle Beteiligten wirkt und es daher
nicht zu einander widersprechenden Urteilen kommen darf. Wird nun auf Antrag
eines Klägers dessen Klage in der Hauptsache für erledigt erklärt, die Klage eines
anderen Klägers, der seinen Antrag unverändert aufrecht erhält, jedoch wegen des
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anderen Klägers, der seinen Antrag unverändert aufrecht erhält, jedoch wegen des
Eintritts der Erledigung abgewiesen, widersprechen sich diese Entscheidungen
nicht.
Zumindest für den vorliegenden Fall einer notwendigen Streitgenossenschaft aus
nur prozessualen Gründen ist daher der herrschenden Meinung in der Literatur zu
folgen, dass ebenso wie eine Klagerücknahme auch die Erklärung der Erledigung
der Hauptsache durch nur einen Teil der Kläger möglich ist (vgl.
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 65. Aufl., § 62, Rn. 20;
MünchKomm/Schultes, ZPO, 3. Aufl., § 62 Rn. 49; Thomas/Putzo, 28. Aufl., § 62,
Rn. 17).
b) Auch die nur hilfsweise abgegebene Erledigungserklärung ist im vorliegenden
Fall zulässig. Während in der Literatur (z.B.
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 65. Aufl., § 91a, Rn. 76;
Pieckenbrock ZZP 112, S. 353) teilweise eine solche schlechthin für zulässig
gehalten wird, sieht die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes diese
regelmäßig als unzulässig an (BGH Urt. vom 16.3.2006 – I ZR 92/03, zit. nach juris
Rn. 20; Urt. vom 27.2.2007 – XI ZR 55/06, zit. nach juris Rn. 35; anders noch Urt.
vom 19.3.1998 – I ZR 264/95, zit. nach juris Rn. 24, 25). Zur Begründung verweist
der Bundesgerichtshof darauf, dass es regelmäßig an dem erforderlichen
Feststellungsinteresse fehle, da die mit der Erledigungserklärung erstrebte
günstige Kostenfolge wegen des abzuweisenden Hauptantrages nicht eintreten
könne (Urt. vom 16.3.2006 a.a.O).
Vorliegend besteht nun die Besonderheit, dass die Kläger sowohl
Nichtigkeitsgründe gem. § 241 AktG als auch Anfechtungsgründe gem. § 243 AktG
geltend machen, insgesamt jedoch ein einheitlicher Streitgegenstand vorliegt.
Eine Erledigung kommt jedoch nur für die Anfechtungsgründe in Betracht, da die
vorgetragenen Nichtigkeitsgründe nicht durch Bestätigungsbeschlüsse geheilt
werden können. Es muss den Klägern daher die Möglichkeit gegeben werden,
einerseits (durch den Hauptantrag) eine rechtskraft- und rechtsmittelfähige
Entscheidung über die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe herbei zu führen
und andererseits (durch den Hilfsantrag) ihr Kostenrisiko hinsichtlich der von der
Erledigung betroffenen Anfechtungsgründe zu verringern.
c) Wie unter 2) dargelegt waren die Klagen wegen Vorliegens eines
Anfechtungsgrundes gem. § 243 AktG zunächst begründet und haben sich dann
jedenfalls durch die Bestätigungsbeschlüsse vom 23.1.2008 erledigt. Auf die mit
dem Hilfsantrag erklärte Erledigung – der sich die Beklagte mangels Erklärung
durch alle Kläger nicht angeschlossen hat – war dies im Urteilstenor festzustellen.
4. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs.
1, 100 Abs. 2, 101 Abs. 2, 269 Abs. 3 Satz 2, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die
zweitinstanzlichen Streithelfer zu 41) und 43) waren in die Kostenentscheidung
einzubeziehen, zumal sie bisher noch nicht rechtskräftig aus dem Verfahren
ausgeschieden sind. Über zweitinstanzlich verursachten Kosten bezüglich der
Streithelferin zu 39) war nicht zu entscheiden, da das von ihr als „Berufung“
bezeichnete Rechtmittel als sofortige Beschwerde gegen das Zwischenurteil des
Landgerichts Frankfurt am Main vom 30.03.2007 anzusehen ist und die
Kostenentscheidung insoweit in dem Beschwerdeverfahren erfolgt.
Wegen der Abweichung von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg
vom 14.3.2005 – 9 Wx 5/04 – wird die Revision zugelassen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.