Urteil des OLG Frankfurt vom 10.10.2004

OLG Frankfurt: gemeinnützige arbeit, aussetzung, zuständigkeitsübertragung, bewährung, ausbildung, vollstreckung, quelle, weisung, auflage, körperverletzung

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Gericht:
OLG Frankfurt 3.
Strafsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 Ws 1068/04
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 58 Abs 3 S 2 JGG
(Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung:
Zweckmäßigkeit einer Zuständigkeitsübertragung für
weitere Entscheidungen)
Tenor
Für die Entscheidungen, die infolge der Aussetzung der Vollstreckung der
Jugendstrafe aus dem Urteil der 2. Strafkammer - Jugendkammer - des
Landgerichts Fulda vom 2.11.2001 erforderlich werden, ist das Amtsgericht -
Jugendrichterin - Königstein zuständig.
Gründe
Durch Urteil der Kammer vom 2.11.2001, rechtskräftig am 15.5.2002, wurde
gegen den Verurteilten wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung eine Jugendstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten
verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die
Bewährungszeit wurde am ...11.2001 auf 3 Jahre bemessen, sie läuft also noch bis
... 5.2005. Ferner wurde der Verurteilte der Leitung und Aufsicht eines
Bewährungshelfers unterstellt und die Auflage erteilt, 20 Stunden gemeinnützige
Arbeit „nach Weisung des Bewährungshelfers“ zu erbringen, die er bisher nicht
abgeleistet hat. Mit Beschluss vom 20.7.2002 hatte die Kammer die weiteren
Entscheidungen, die infolge der Strafaussetzung erforderlich werden, mit Blick auf
den damaligen Wohnort des Verurteilten in O1 auf den Jugendrichter des dortigen
Amtsgerichts übertragen, der die Bewährungsaufsicht mit Beschluss vom 9.7.2002
übernahm. Der Verurteilte unterzog sich in der Folgezeit zunächst einer
stationären Drogentherapie und wohnt nach deren Abschluss in der
Therapeutischen Einrichtung O2, in der er bis zum Abschluss seiner 3 ½ jährigen
Ausbildung als Elektroinstallateur (derzeit ist er im 2. Lehrjahr) verbleiben wird.
Mit Beschluss vom 18.5.2004 übertrug daraufhin - auf Anregung des AG Bad
Hersfeld, das nach zutreffender und vom Senat geteilter Ansicht selbst eine
Weiterübertragung der Zuständigkeit nicht aussprechen konnte (vgl. BGH, MDR
1986, 952; Brunner/Dölling, JGG, 11. Aufl., § 58 Rn 7; Eisenberg, JGG, 10. Aufl., § 58
Rn 39) - die Kammer die Bewährungsaufsicht an die Jugendrichterin des
Amtsgericht Königstein. Diese lehnte die Übernahme mit Verfügung vom
26.8.2004 ab, woraufhin die Kammer die Sache dem gem. §§ 58 III 3, 42 III 2 JGG
zuständigen Senat zur Bestimmung der Zuständigkeit vorgelegt hat.
Die Entscheidung über die Zweckmäßigkeit einer Zuständigkeitsübertragung nach
§ 58 III 2 JGG hat nach den Besonderheiten des Einzelfalls unter Abwägung der
Gesichtspunkte der Entscheidungsnähe und der Kenntnis der Persönlichkeit des
Verurteilten zu erfolgen (OLG Stuttgart, NStZ 1990, 358; OLG Zweibrücken, NStZ
2002, 498, 499). Ersterer gibt hier den Ausschlag.
Hält sich der Verurteilte längerfristig und dauernd in erheblicher Entfernung vom
Bezirk des erkennenden Gerichts auf und ist nicht nur die Überwachung erteilter
Auflagen, sondern auch deren Anpassung an die Entwicklung des Jugendlichen
geboten, so ist der Jugendrichter am Wohnort mit seinen ständigen Verbindungen
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geboten, so ist der Jugendrichter am Wohnort mit seinen ständigen Verbindungen
zu Bewährungshelfer, Jugendgerichtshilfe und mit dem Verurteilten sonst
befassten Institutionen für die Bewährungsüberwachung und die in deren Rahmen
zu treffenden Entscheidungen eher berufen (vgl. BGH bei Böhm, NStZ 1997, 483;
Eisenberg § 58 Rn 37 und Brunner/Dölling, § 58 Rn 6a). So liegt die Sache hier.
Der Verurteilte wird noch längerfristig zu Ausbildungszwecken in O2 wohnen. Zwar
endete die Unterstellung unter die Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers
mit Ablauf des ...5.2004 (§ 24 I 1 JGG), Der Verurteilte hält indes - freiwillig - noch
Kontakt zu ihm. Es wird ferner darüber zu entscheiden sein, ob entweder die
Bewährungsauflage dem Bestimmtheitsgebot entsprechend (vgl. hierzu Senat,
NStZ-RR 1997, 2 -st. Rspr.) auszugestalten oder aber aufzuheben ist. Beides setzt
im vorliegenden Einzelfall gerade Kenntnisse von örtlichen Gegebenheiten bzw.
den engen Kontakt des Gerichts zum Bewährungshelfer oder zur
Jugendgerichtshilfe voraus. Im ersteren Falle muss das Gericht, das bisher nur den
Umfang der zu erbringenden Leistung bestimmt hat, noch die Zeit, innerhalb
derer sie zu erfüllen ist, vor allem aber ihre Art und nach Möglichkeit auch den Ort
ihrer Erbringung und die Institution, der sie zugute kommen soll, festlegen. Im
zweiten müssen die zeitlichen Ressourcen, die dem Verurteilten neben seiner
Ausbildung verbleiben, ermittelt und bewertet werden. Überdies erscheint trotz
des beachtlichen Therapieerfolgs der Verurteilten seine weitere räumlich nahe
gerichtliche Überwachung und „Begleitung“ zur Vermeidung von Rückschlägen
angezeigt.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.