Urteil des OLG Frankfurt vom 14.07.2010

OLG Frankfurt: gläubigerbenachteiligung, rechtliches gehör, gesetzliche vermutung, mietvertrag, kaufvertrag, liquidität, kaufpreis, form, gegenleistung, abtretung

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Gericht:
OLG Frankfurt 17.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
17 U 239/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 30 Abs 1 GmbHG, § 133 Abs
2 InsO
Leitsatz
1. Die unmittelbare Gläubigerbenachteiligung durch entgeltlichen schuldrechtlichen
Vertrag nach § 133 Absatz 2 InsO beurteilt sich bei zeitgleichem Abschluss mehrerer
Verträge (hier: Kaufvertrag, Darlehensvertrag, Mietvertrag) danach, ob sie einem
einheitlichen wirtschaftlichen Zweck dienen wird und in dessen Rahmen dem Vermögen
der Insolvenzschuldnerin Liquidität zuführen sollen.
2. Zur Anfechtbarkeit der Übereignung von Anlagegegenständen, die
Stammkapitalcharakter aufweisen nach § 133 Absatz 2 InsO in Verbindung mit § 30
Absatz 1 GmbHG
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Limburg an der Lahn
(Az.: 4 O 334/08) wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung
in Höhe von 110% des insgesamt vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn
nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des von ihm
zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten als Insolvenzverwalter über das Vermögen der
A mbH, Stadt1, im Wege der Stufenklage auf Erteilung von Auskunft über den
Zustand, das Vorhandensein, sowie bei etwaig erfolgter Veräußerung, über die
Bedingungen der Veräußerung bestimmter Anlagegegenstände, auf Versicherung
an Eides statt, auf Bereitstellung zur Abholung durch die Klägerin, hilfsweise
Rückübereignung, sowie auf Zahlung eines noch zu spezifizierenden Betrages
(Herausgabe des Surrogats bzw. Schadensersatz) in Anspruch.
Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die
tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter der
Gemeinschuldnerin A mbH (HRB ... des Amtsgerichts Limburg) zu verurteilen, der
Klägerin in schriftlicher Form Auskunft zu erteilen über den Zustand, das
Vorhandensein, sowie bei etwaig erfolgter Veräußerung, über die Bedingungen der
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Vorhandensein, sowie bei etwaig erfolgter Veräußerung, über die Bedingungen der
Veräußerung für jeden auf Bl. 2 – 7 der Klageschrift (Bl. 2 – 7 d.A.) aufgeführten
Gegenstand.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat die Klage (vollumfänglich) abgewiesen. Zur Begründung hat
es ausgeführt, es könne dahin stehen, ob die Verträge zwischen der Klägerin und
der Schuldnerin wirksam abgeschlossen worden seien. Der Beklagte könne
jedenfalls gem. § 146 Abs. 2 InsO die Herausgabe der Gegenstände verweigern,
weil die von der Klägerseite vorgelegten und auf den 28.01.2005 datierten
Verträge gem. § 133 Abs. 2 InsO anfechtbar seien.
Es liege eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung vor. Bei der Beurteilung, ob
eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung vorliege, seien die drei zwischen der
Klägerin und der Schuldnerin abgeschlossenen Verträge in ihrer wirtschaftlichen
Gesamtheit zu betrachten. Sie hätten ganz offenkundig von vorneherein nur
zusammen unterschrieben werden sollen. Die vorgenommene Vertragsgestaltung
sei von vorneherein darauf angelegt gewesen, dass die Klägerin ohne
entsprechende, gleichwertige Gegenleistungen Eigentum an einem Teil des
Anlagevermögens der Schuldnerin habe erwerben sollen. So sei die Klägerin
vertraglich lediglich dazu verpflichtet gewesen, das gewährte Darlehen mit 11%
jährlich zu tilgen und mit 6% zu verzinsen, während die Klägerin gleichzeitig
monatliche Mietzahlungen in Höhe von 10.500 € habe verlangen können. Bezogen
auf das erste Jahr bedeute dies, dass die Klägerin lediglich 51.000 € (33.000 € an
Tilgung und 18.000 € an Zinsen) hätte zahlen müssen, während sie gegen die
Schuldnerin einen Mietzinsanspruch in Höhe von 126.000 € gehabt hätte.
Entgegen der Ansicht der Klägerin handele es sich auch nicht um eine übliche
Form des „sale and lease back“ – Geschäfts. Denn die gewählte
Vertragsgestaltung führe gerade nicht dazu, dass die Schuldnerin an Liquidität
gewonnen habe. Die Klägerin habe die gesetzliche Vermutung des
Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin und der entsprechenden
Kenntnis der Klägerin hiervon nicht widerlegt. Selbst wenn – wie klägerseits
vorgetragen – Anfang 2005 tatsächlich noch Vollbeschäftigung bei der Schuldnerin
bestanden haben sollte, schließe dies keineswegs aus, dass die Schuldnerin im
Hinblick auf die sich schon abzeichnende Umsatzentwicklung die
Rechtshandlungen in Gläubigerbenachteiligungsabsicht vorgenommen habe.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten
Berufung, mit der sie das erstinstanzliche Urteil in vollem Umfang zur Überprüfung
durch den Senat stellt. Sie rügt, das Landgericht habe eine unzulässige
Überraschungsentscheidung getroffen und gegen den verfassungsrechtlichen
Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verstoßen.
Nachdem die Klägerin im Hinblick auf die in der mündlichen Verhandlung vom
18.05.2009 vom Gericht angesprochenen entscheidungserheblichen
Rechtsprobleme im Detail mit Schriftsatz vom 08.06.2009 unter Beweisantritt
vorgetragen gehabt habe, habe das Gericht in der zweiten mündlichen
Verhandlung vom 24.08.2009 überhaupt keine rechtlichen Ausführungen mehr
gemacht. Das Gericht habe insbesondere mit keinem Wort darauf hingewiesen,
dass es eine „unmittelbare Gläubigerbenachteiligung“ in Betracht ziehe und dabei
bezüglich der Vertragsgestaltung allein auf die vertragliche Vereinbarung in den
drei Verträgen und insoweit lediglich auf das erste Vertragsjahr abstelle und dabei
unberücksichtigt lasse, dass im ersten Vertragsjahr die gesamte
Darlehensforderung der Gemeinschuldnerin ausgeglichen worden sei. Das Urteil
sei auch in materiell-rechtlicher Hinsicht fehlerhaft, weil das Landgericht verkannt
habe, dass die Klägerin der Gemeinschuldnerin mittels Zahlungen in Höhe von
214.850,00 € und Abtretung des Umsatzsteuerguthabens in Höhe von 18.707,87
€ im Jahre 2005 Liquidität zugeführt habe. Bei der Prüfung der unmittelbaren
Gläubigerbenachteiligung müsse jeder der drei am 28.01.2005 geschlossenen
Vertrage für sich (isoliert) überprüft werden.
Die Klägerin nimmt Bezug auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und vertieft ihn. Sie
behauptet, die von der Gemeinschuldnerin erzielten Kaufpreise blieben nicht hinter
dem Wert der streitbefangenen Kaufgegenstände zurück. Die Miete sei eher
zugunsten der Gemeinschuldnerin zu niedrig bemessen. Die an die Klägerin
verkauften und zurück gemieteten Anlagegegenstände, bei denen es sich in
erheblichem Umfang um gebrauchte Minibagger und Radlader gehandelt habe,
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erheblichem Umfang um gebrauchte Minibagger und Radlader gehandelt habe,
seien bereits zum Zeitpunkt des Verkaufs (28.01.2005) erheblich abgenutzt
gewesen. Sie habe – unstreitig - von der Fa. B im Juni 2005 und im September
2005 insgesamt 5 Minibagger und weitere 5 Radlader nebst Zubehör (Tieflöffel
etc.) neu erworben, darüber Kauf- und Finanzierungsverträge über insgesamt
373.009,60 € abgeschlossen und die Geräte der Gemeinschuldnerin anstelle von
bisher mietweise überlassenen alten 5 Radladern und alten 5 Minibaggern
überlassen. Die Klägerin habe einen angeblichen Benachteiligungsvorsatz der
Gemeinschuldnerin nicht gekannt. Dem stehe, so meint die Klägerin, schon
entgegen, dass mit dem Kaufvertrag die Gemeinschuldnerin Teile des
Anlagevermögens gegen eine gleichwertige Gegenleistung veräußert habe und die
Gemeinschuldnerin durch den Mietvertrag gegen eine relativ niedrige Miete eine
mindestens gleichwertige Gegenleistung erhalten habe, erst recht unter
Berücksichtigung der Neuinvestition der Klägerin in neue Radlager und Bagger.
Gegen einen Benachteiligungsvorsatz der Gemeinschuldnerin habe gesprochen,
dass diese am 28.01.2005 noch volle Auftragsbücher gehabt habe.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Limburg vom 02.10.2009 zu
Az. 4 O 334/08 nach den Schlussanträgen der Klägerin erster Instanz zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte rügt die Unzulässigkeit der Berufung unter Hinweis darauf, dass die in
der Berufungsschrift als Partei bezeichnete Klägerin, die C …-GmbH, nicht mehr
existent, sondern in Liquidation sei.
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und
Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Sie vertritt die Auffassung, bei dem
erstinstanzlichen Urteil handele es sich nicht um eine
Überraschungsentscheidung. Das Landgericht habe zutreffend festgestellt, das die
streitgegenständlichen Verträge unmittelbar gläubigerbenachteiligende Wirkung
entfaltet hätten. Insoweit könne entgegen der Auffassung der Klägerin nicht auf die
im Jahr 2005 erfolgten Zahlungen der Klägerin in Höhe von 214.058,00 € und die
Abtretung eines Umsatzsteuerguthabens in Höhe von 18.707,87 € abgestellt
werden. Die ausweislich der Buchhaltung des gemeinschuldnerischen
Unternehmens (unstreitig am 07.10.2005 in Höhe von 50.000,00 €, am
18.10.2005 in Höhe von 40.000,00 €, am 17.11.2005 in Höhe von 30.000,00 €
sowie weitere 94.600,00 €) seitens der Klägerin an die Gemeinschuldnerin
erfolgten Geldzahlungen seien keine Zins- und Tilgungsleistungen auf die
streitgegenständlichen Verträge gewesen, sondern Kapitalzuschüsse der Klägerin
als Alleingesellschafterin an das in der Krise befindliche gemeinschuldnerische
Unternehmen.
II.
1.
Der Umstand, dass sich die Klägerin in Liquidation befindet, berührt weder ihre
Partei- noch ihre Prozessfähigkeit. Denn die Klägerin ist unstreitig bislang nicht im
Handelsregister gelöscht.
2.
a.
stehenden Klageanträge entschieden. Dem steht nicht entgegen, dass die
Klägerin erstinstanzlich nur den Klageantrag zu I. gestellt hat. Denn eine
einheitliche Entscheidung über die mehreren in einer Stufenklage verbundenen
Anträge ist dann zulässig, wenn schon die Prüfung des Auskunftsanspruchs ergibt,
dass dem Hauptanspruch die materiell-rechtliche Grundlage fehlt (vgl. BGH, VU
vom 28.11.2001, VIII ZR 37/01, NJW 2002, 1042 ff.; zit. nach juris, Rn. 20).
b.
stehe der klageweise geltend gemachte Auskunftsanspruch schon dem Grunde
nach deshalb nicht zu, weil der Beklagte gem. §§ 146 Abs. 2, 133 Abs. 2 InsO die
Herausgabe der streitgegenständlichen Anlagegegenstände verweigern könne.
Der Senat folgt dem Landgericht in der rechtlichen Beurteilung, dass die
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Der Senat folgt dem Landgericht in der rechtlichen Beurteilung, dass die
Voraussetzungen einer Gläubigeranfechtung gemäß § 133 Abs. 2 InsO – bezogen
auf die auf den 28.01.2005 datieren, zwischen der Klägerin und der
Gemeinschuldnerin geschlossenen Verträge – vorliegen. Zutreffend ist zunächst
die in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils formulierte
Annahme, eine Benachteiligung sei dann als i.S. des § 133 Abs. 2, Satz 1 InsO
anzusehen, wenn diese
eintritt (vgl. Kirchhof in:
Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Aufl. 2008, Rn. 113 zu § 129;
Hess: Insolvenzrecht, Großkommentar, Heidelberg 2007, Rn. 209 zu § 133; BGH,
Urt. v. 15.12.1994, IX ZR 153/93, BGHZ 128, 184 ff., zit. nach juris, Rn. 20
m.w.Nw.). Bei entgeltlichen Leistungen ist die Vollwertigkeit dieses Entgelts
zugleich Maßstab für den Eintritt der unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung (vgl.
BGH, Urt. v. 06.04.1995, IX ZR 61/94, BGHZ 129, 236 ff., zit. nach juris, Rn. 11).
Insoweit hat das Landgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass das Erfordernis
der Unmittelbarkeit (allein) bezwecke, denjenigen Nachteil als unerheblich
auszuschließen, der durch den späteren Verlust oder die Entwertung der
Gegenleistung beim Insolvenzschuldner eintrete. Der Anfechtungstatbestand des
§ 133 Abs. 2 InsO setzt zudem voraus, dass die entgeltliche Leistung, die die
unmittelbare Gläubigerbenachteiligung herbeiführt, in einem
besteht. Er verlangt, dass die Gläubiger unmittelbar
benachteiligt werden. Daran fehlt es bei einem Vertrag, auf Grund
dessen der spätere Gemeinschuldner für das, was er aufgibt, eine vollwertige
Gegenleistung erhält (vgl. BGH, Urt. v. 09.02.1955, IV ZR 173/54, NJW 1955, 709).
Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht die drei am 28.01.2005 zwischen der Klägerin
und der Schuldnerin abgeschlossenen Verträge (Kaufvertrag, Darlehensvertrag,
Mietvertrag) einer im Hinblick auf ihre
gläubigerbenachteiligende Wirkung unterzogen.
Zwar ist der Klägerin in der Beurteilung zu folgen, dass bei der Prüfung eines
Anfechtungstatbestandes auf ihre Ursächlichkeit
für gläubigerbenachteiligende Folgen zu überprüfen ist (vgl. dazu Kirchhof, a.a.O.,
Rn. 55 zu § 129 m.w.Nw.). Denn jede selbständig anfechtbare Rechtshandlung
begründet ein eigenes, selbständiges Rückgewährschuldverhältnis (vgl. BGH, Urt.
v. 07.02.2002, IX ZR 115/99, WM 2002, 561 ff., zit. nach juris, Rn. 15 m.w.Nw.). Dies
gilt insbesondere für zeitgleich abgeschlossene und ggf. in einer einzigen Urkunde
niedergelegte Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte, deren Anfechtbarkeit
wegen des Abstraktionsgrundsatzes regelmäßig gesondert zu beurteilen ist (vgl.
BGH, Urt. v. 24.05.2007, IX ZR 105/05, NJW-RR 2007, 1275 ff., zit. nach juris, Rn.
27; Kirchhof, a.a.O., Rn. 57 zu § 129 InsO).
Auch wären bei (unzulässiger) isolierter Betrachtungsweise des Kaufvertrags vom
28.01.2005 die Voraussetzungen der unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung
nicht erfüllt. Denn aufgrund der Ausführungen in Rn. 147 (Bl. 179 d.A.) des in
Anlage B 4 (Bl. 157 ff. d.A.) vorgelegten Behördengutachtens des …
Landeskriminalamts vom 15.01.2008 kann angenommen werden, dass die bei der
Veräußerung angesetzten Einzelwerte der in Anlage 1 zum Kaufvertrag
aufgelisteten Anlagegegenstände - bis auf eine Ausnahme - den durch ein
Gutachten des Sachverständigen SV1, Stadt2, ermittelten Zeitwerten lagen, der in
Höhe von 300.000,00 € angesetzte Kaufpreis daher nicht hinter dem Wert der
verkauften Waren zurückblieb.
Die Klägerin verkennt jedoch, dass der Kaufvertrag nicht isoliert zu betrachten ist,
dass sein Abschluss vielmehr Teil eines war, der auf einem
vorgefassten Plan beruhte und der daher als zu
erfassen ist (vgl. Kirchhof, a.a.O., Rn. 65 zu § 129 InsO). Maßgeblich ist in diesem
Fall das wirtschaftlich Gewollte, das ggf. durch die Aufspaltung in mehrere
Rechtsgeschäfte verdeckt werden soll (vgl. BGH, Urt. v. 05.12.1991, IX ZR 271/90,
WM 1992, 411 ff., zit. nach juris, Rn. 17). Davon geht ersichtlich auch die Klägerin
selbst aus, wenn sie sich darauf beruft, es habe sich vorliegend um ein zulässiges
sale-and-lease-back-Geschäft gehandelt. Ein sale-and-lease-back-Geschäft
besteht jedenfalls aus zwei Einzelgeschäften, nämlich einem Kauf- und einem
Leasingvertrag, die dem gemeinsamen Zweck der Liquiditätszufuhr und ggf.
weitergehenden steuerlichen Zwecken dienen. Gleichermaßen wie bei einem sale-
and-lease-back-Geschäft würde auch die (klägerseits geforderte) isolierte
Betrachtungsweise der drei auf den 28.01.2005 datierten Verträge – worauf das
Landgericht zutreffend hingewiesen hat - eine künstliche Aufteilung bedeuten und
den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht entsprechen. Daher hat das
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den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht entsprechen. Daher hat das
Landgericht zutreffend angenommen, dass sich der vereinbarte Kaufpreis nur
unter Beachtung der die Zahlungspflicht der Klägerin betreffenden Regelungen der
beiden anderen zeitgleich abgeschlossenen Verträge beurteilen lässt.
Aus dem Darlehensvertrag vom 28.01.2005 ergibt sich, dass der in Höhe von
300.000,00 € zzgl. MWSt. bestimmte Kaufpreis nach den Vereinbarungen der
Vertragsparteien zu leisten war. Die Zuführung von Liquidität in Höhe
des Kaufpreises oder jedenfalls in Höhe des Sachwerts der veräußerten
Anlagegegenstände in das Gesellschaftsvermögen der Gemeinschuldnerin war
danach gerade nicht gewollt. Darauf hat das Landgericht in den
Entscheidungsgründen zutreffend maßgeblich abgestellt.
Vielmehr wurde der Kaufpreis nach § 1 Nr. 2 des Darlehensvertrags
Dabei handelte es sich um eine Kreditgewährung an die Klägerin als
Alleingesellschafterin der Schuldnerin, deren Valutierungsvorgang als
„Auszahlung“ von Gesellschaftsvermögen den Tatbestand des § 30 Abs. 1
GmbHG in der bis zum Inkrafttreten des MoMiG (Gesetz zur Modernisierung des
GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23.10.2008) gültigen
Altfassung, auf die für die Beurteilung des Darlehensvertrags vom 28.01.2005
abzustellen ist, anzusehen ist (vgl. Ekkenga in: Münchener Kommentar zum
GmbHG, München 2010, Rn. 223 zu § 30). Die Gewährung eines Darlehens durch
eine GmbH an ihre Konzernmutter (sog. „upstream-Darlehen“) stellt sich nur dann
nicht als für die Tochtergesellschaft nachteiliges Rechtsgeschäft dar, wenn diese
im Austausch gegen die Darlehensvaluta einen
und eine angemessene Verzinsung erhält (vgl. BGH, Urt. v.
01.12.2008, II ZR 102/07 – „MPS“ -, BGHZ 179, 71 ff., zit. nach juris, Rn. 10). Daran
fehlt es hier mit der Folge, dass die Darlehensgewährung insgesamt unzulässig
war (vgl. Hueck/Fastrich in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl. 2010, Rn. 55 zu §
30).
Der mit Vertrag vom 28.01.2005 begründete Darlehensrückzahlungsanspruch der
Gemeinschuldnerin war , weil die Darlehensrückzahlung durch die
sowohl in § 3 (3) des Kaufvertrags als auch in § 2 (4) des Mietvertrags
niedergelegte dauerhaft nicht durchsetzbar war. Die
vertraglichen Vereinbarungen begründeten Verpflichtung der Klägerin, dem
Vermögen der Gemeinschuldnerin alsbald einen den veräußerten
Anlagegegenständen entsprechenden Gegenwert zuzuführen (vgl. dazu: BGH, Urt.
v. 21.05.1980, VIII ZR 40/79, WM 1980, 779 ff., zit. nach juris, Rn. 7).
Sie berechtigten die Klägerin vielmehr zur Verrechnung ihrer Darlehensraten mit
Mietzinsansprüchen, die nicht vollwertig waren, weil die Mieten aus dem
zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gemeinschuldnerin
zu zahlen waren und entsprechend §§ 30 Abs. 1, 31 Abs. 1 GmbHG der
Rückforderung unterlagen (vgl. Habersack in: Großkommentar zum GmbHG, 2006,
Rn. 130 zu §§ 32 a, b). Die Gebrauchsüberlassung, insbesondere aufgrund eines
Miet- oder Pachtverhältnisses, kann ebenso den Tatbestand einer
eigenkapitalersetzenden Leistung erfüllen wie die Gewährung eines Darlehens (vgl.
BGH, Urt. v. 11.07.1994, II ZR 162/92, BGHZ 127, 17 ff., zit. nach juris, Rn. 9
m.w.Nw.). Die Gebrauchsüberlassung der in Anlage 1 zum Kauf- und zum
Mietvertrag vom 28.01.2005 aufgeführten Anlagegegenstände an die
Gemeinschuldnerin war – bezogen auf den 28.01.2005 – kapitalersetzend, weil
nicht davon ausgegangen werden kann, dass sich die Gemeinschuldnerin
der Klägerin als ihrer Gesellschafterin auf dem Kapitalmarkt einen Kredit hätte
beschaffen können, der es ihr ermöglicht hätte, die benötigten
Anlagegegenstände selbst zu kaufen (vgl. dazu: BGH, Urt. v. 16.10.1989, II ZR
307/88, BGHZ 109, 55 ff., zit. nach juris, Rn. 14).
Zwar sagt der eigene Vortrag der Klägerin, wonach es der Mietvertrag der
Gemeinschuldnerin erlaubt habe, notwendige Anlagegegenstände, statt selbst zu
finanzieren, durch Zahlung eines laufenden Mietentgeltes zu nutzen, wobei die
Gemeinschuldnerin in den zusätzlichen Genuss neuwertiger Bagger und Radlader
gekommen sei, ohne sie finanzieren zu müssen, noch nichts über die
Kreditwürdigkeit der Gemeinschuldnerin aus. Dass diese am 28.01.2005 fehlte,
folgt jedoch aus dem in Anlage B 4 (Bl. 157 ff. d.A.) vorgelegten Gutachten des
Landeskriminalamts ... vom 15.01.2008 (Az.-Nr. 5 Js 5509/06).
Ausweislich der Ausführungen zu Rn. 70 (Bl. 168 d.A.) dieses Gutachtens war am
31.12.2003 ein erheblicher Gewinnvortrag in Höhe von rd. T€ 430,8 in der Bilanz
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31.12.2003 ein erheblicher Gewinnvortrag in Höhe von rd. T€ 430,8 in der Bilanz
der Gemeinschuldnerin verzeichnet. Bedingt durch einen hohen Jahresfehlbetrag in
2004 sank dieser Gewinnvortrag auf rd. T€ 95,5. Dieser Ausweis konnte nur durch
den Verkauf der hier streitgegenständlichen Anlagegegenstände an die Klägerin
erreicht werden. Ohne diesen Verkauf wäre das Eigenkapital der
Gemeinschuldnerin vollständig aufgezehrt gewesen und darüber hinaus noch ein
(aktivistischer) Eigenkapitalposten „Nicht durch Eigenkapital gedeckter
Fehlbetrag“ entstanden.
Nach den Ausführungen zu Rn. 88, 134, 144 ff. des LKA-Gutachtens vom
15.01.2008 kam der in der Bilanz der Schuldnerin zum 31.12.2004 in Höhe von rd.
T€ 69,8 ausgewiesene Bilanzgewinn in erster Linie dadurch zustande, dass
sonstige außerordentliche Erträge in Höhe von rd. T€ 210,8 aus der Veräußerung
der hier streitgegenständlichen Teile des Anlagevermögens realisiert worden
waren. Ohne diese Erträge hätte zum 31.12.2004 eine
vorgelegen (Rn. 88 und Rn. 92 des Gutachtens, Bl. 171/172 d.A.). Unter der
Annahme, dass kein Verkauf/Abgang des Anlagevermögens erfolgt wäre, hätte
sich zum Stichtag 31.12.2004 ein Bilanzverlust von rd. T€ 140,9 ergeben (Rn. 145
des Gutachtens, Bl. 178 R d.A.). Es kann nicht angenommen werden, dass die
Gemeinschuldnerin vor diesem Hintergrund Fremdkreditmittel in Höhe des mit der
Klägerin vereinbarten Kaufpreises von 300.000,00 € netto von Dritter Seite hätte
erhalten können.
Darauf, ob die unstreitig im Verlauf des Jahres 2005 (20.09.2005: 29.850,00 €;
07.10.2005: 50.000,00 €, 18.10.2005: 40.000,00 €, 17.11.2005: 40.000,00 € und
30.000,00 €, 18.11.2005: 25.000,00 €) von der Klägerin an die Schuldnerin
geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt 214.850,00 € sowie die am
29.11.2005 erfolgte Abtretung des Umsatzsteuerguthabens in Höhe von
18.707,87 € zur (teilweisen) Tilgung der Kaufpreisforderung geführt haben, kommt
es nicht streitentscheidend an. Denn eine einmal (hier am 28.01.2005)
eingetretene unmittelbare Gläubigerbenachteiligung kann nicht durch spätere
Umstände – vor Vollendung der Vermögensverschiebung – wieder beseitigt
werden (vgl. BGH, Urt. v. 15.12.1994, IX ZR 153/93, BGHZ 128, 184 ff., zit. nach
juris, Rn. 27). Maßgeblicher Zeitpunkt für das Eintreten einer unmittelbaren
Gläubigerbenachteiligung i.S. des § 133 Abs. 2 InsO ist also der Inhalt des
Vertrages selbst und seine Auswirkungen auf das Vermögen des Schuldners;
später eingetretene Umstände bleiben unberücksichtigt (vgl. Kirchhof, a.a.O., Rn.
44 zu § 133 InsO; BGH, Urt. v. 06.04.1995, IX ZR 61/94, BGHZ 129, 236 ff., zit.
nach juris, Rn. 17). Daraus folgt, dass das Landgericht in rechtsfehlerfreier Weise
von der Erhebung der klägerseits für den Wert der Anlagegegenstände
angebotenen Beweise abgesehen hat. Auch der (erstmals) in der
Berufungsbegründung enthaltene Vortrag der Klägerin, aufgrund der Vermietung
sei sie zum Ersatz der erworbenen Minibagger und Radlader durch Neugeräte
verpflichtet gewesen, vermag der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn dieses
Neugeräte wurden klägerseits fremdfinanziert, der Schuldnerin (nur) mietweise
überlassen und unterlagen in der Insolvenz einem Aussonderungsrecht Dritter (der
Vorbehaltsverkäufer).
Nach § 133 Abs. 2 InsO anfechtbar war auch das in der der
.
Gläubigerbenachteiligung ergibt sich insoweit daraus, dass entgegen § 30 Abs. 1
GmbHG zum Stammkapital gehöriges Vermögen der Schuldnerin an die Klägerin
als Muttergesellschaft übertragen wurde.
Die Eigentumsübertragung erfolgte am 28.01.2005 dadurch, dass die Schuldnerin
der Klägerin gemäß § 1 des Kaufvertrags die in der Anlage 1 zu diesem Vertrag
aufgeführten Fahrzeuge, Maschinen, Werkzeuge und sonstigen Gegenstände
„übertrug“. Die nach § 929 BGB für den Eigentumsübergang notwendige
Besitzübergabe wurde gemäß § 930 BGB dadurch ersetzt, dass zwischen den
Vertragsparteien ein Mietvertrag geschlossen wurde, vermöge dessen die Klägerin
mittelbaren Besitz an den veräußerten Gegenständen erlangte.
des Schuldners benachteiligen die Insolvenzgläubiger dann
i.S. des § 133 Abs. 2 InsO unmittelbar, wenn eine
Verbindlichkeit des Schuldners erfüllt wird (vgl. OLG Koblenz ZInsO
2006, 946, 948; Kirchhof, a.a.O., Rn. 44 zu § 133 InsO). Diese Voraussetzungen
liegen hier vor, weil die Eigentumsübertragung der in Anlage 1 zum Kaufvertrag
aufgeführten Anlagegegenstände auf die Klägerin gegen § 30 Abs. 1 GmbHG
verstieß. Die veräußerten Anlagegegenstände zählten im Veräußerungszeitpunkt
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verstieß. Die veräußerten Anlagegegenstände zählten im Veräußerungszeitpunkt
zum Stammkapital, bei dem es sich um „das im Gesellschaftsvertrag festgesetzte
Sollvermögen, welchem das Aktivermögen der Gesellschaft als Deckung
gegenübersteht“, handelt (vgl. Thiessen in: Bork/Schäfer (Hrsg.), GmbhG, Köln
2010, Rn. 6 zu § 30). Maßgeblich dafür, ob Vermögen zur Erhaltung des
Stammkapitals erforderlich ist, ist eine , nicht eine
Betrachtungsweise (vgl. Thiessen, ebd.). Wie vorstehend dargelegt, wäre die
Gemeinschuldnerin unter Außerachtlassung der aus den veräußerten
Anlagegegenständen resultierenden Erträge bilanziell überschuldet gewesen.
Zu einer nach § 30 GmbHG verbotenen Auszahlung kommt es nach der
gebotenen bilanziellen Betrachtungsweise zwar dann nicht, wenn die Auszahlung
durch einen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch der Gesellschaft
kompensiert wird, der im Sinne des Bilanzrechts vollwertig ist (vgl. Hommelhoff in:
Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl. 2009, Rn. 25 zu § 30). Der Übereignung der
verkauften Anlagegegenstände stand - bezogen auf den 28.01.2005 – jedoch kein
derart gleichwertiger Gegenanspruch zu. Denn der Kaufpreisanspruch war
aufgrund der getroffenen Darlehens- und Verrechnungsabrede nicht durchsetzbar.
Insoweit wird auf obige Ausführungen zur Anfechtbarkeit des
vollumfänglich Bezug genommen.
Auch hinsichtlich der Bejahung der - unter b) bis d) der Entscheidungsgründe des
landgerichtlichen Urteils – abgehandelten weitergehenden Voraussetzungen des
Anfechtungstatbestands des § 133 Abs. 2 InsO kann dem erstinstanzlichen Urteil
vollumfänglich gefolgt werden. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der zutreffenden
Annahme, dass es der Klägerin nicht gelungen ist, den Anforderungen des § 133
Abs. 2, Satz 2, 2. Hbs. InsO entsprechend die Vermutung für ihre Kenntnis des
Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes zu widerlegen.
Auch unter Berücksichtigung der Berufungsangriffe kann nicht angenommen
werden, der Klägerin sei unbekannt gewesen, dass die Gemeinschuldnerin Ende
2004/Anfang 2005 nicht in der Lage war, sich auf dem Finanzmarkt von Dritter
Seite einen Kredit zur Finanzierung der streitgegenständlichen Anlagegegenstände
zu beschaffen. Die Klägerin hat selbst nicht vorgetragen, sie habe die
Vorjahresbilanz der Gemeinschuldnerin und den Eintritt erheblichen Verlusts im
Jahre 2004 nicht gekannt. Kannte die Klägerin aber die finanziell angespannte
Finanzlage ihrer Tochtergesellschaft, so spricht dies jedenfalls nicht gegen,
sondern allenfalls für die Kenntnis deren Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes.
Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglos gebliebenen
Berufung zu tragen.
Das Urteil ist nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung
hat und weder der Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 ZPO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.