Urteil des OLG Frankfurt vom 11.05.2005

OLG Frankfurt: vollstreckung, sicherheitsleistung, säumnis, quelle, immaterialgüterrecht, zivilprozessrecht, paket, beweiskraft, tatsachenfeststellung, leichtfertigkeit

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Gericht:
OLG Frankfurt 17.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
17 U 230/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 431 HGB, § 435 HGB, § 439
HGB
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts
Frankfurt am Main vom 28.9.2004 teilweise abgeändert.
Das Versäumnisurteil vom 1.12.2003 wird aufrechterhalten, soweit die Beklagte
verurteilt worden ist, an die Klägerin 891,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.02.2003 zu zahlen.
Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits fallen der Klägerin 96 % und der Beklagten 4 %
sowie die durch ihre Säumnis im Termin vom 01.12.2003 entstandenen Kosten zur
Last.
Die Klägerin hat weiter 96 % der außergerichtlichen Kosten des Streithelfers zu
tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden,
wenn nicht die Beklagte oder der Streitverkündete vor der Vollstreckung Sicherheit
in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Beklagte wird als Frachtführerin wegen des Verlustes eines Paketes nach
Schadensregulierung von der Versicherung aus abgetretenem bzw. nach § 67 VVG
übergegangenem Recht in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat die Klage unter Aufhebung des zunächst erlassenen
Versäumnisurteils über die Zahlung von 23.519,43 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.02.2003 durch das
angefochtene Urteil abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die
angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Die zulässige Berufung, mit der die Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils
weiter verfolgt wird, hat im Ergebnis nur zu einem geringen Teil Erfolg.
Die – vom Landgericht nicht in Zweifel gezogene und in der Berufungsinstanz nicht
mehr bestrittene – Aktivlegitimation der Klägerin ergibt sich bereits unabhängig
von der Frage eines Überganges nach § 67 VVG aus den beiden Abtretungen vom
11.05.2001 und 17.01.2004 (Bl. 75, 76 G. A.). Die Klägerin hat wegen des
Verlustes einer Frachtsendung einen Anspruch gegen die Beklagte als
Frachtführerin in Höhe von 891,52 unwidersprochen berechneten Höchstbetrages
(§ 431 HGB). Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist diese Forderung
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(§ 431 HGB). Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist diese Forderung
gemäß § 439 Abs. 3 HGB wegen der unstreitigen Geltendmachung durch
Schreiben des Absenders vom 1.3.2001 (Bl.16 GA) an die Beklagte als
Frachtführerin nicht verjährt.
Die Klägerin kann sich nicht auf einen Wegfall der Haftungsbegrenzung wegen
vorsätzlichen oder leichtfertigen Verhaltens bei Durchführung des
Frachtgeschäftes (§ 435 HGB) berufen. Auf die zutreffenden Ausführungen des
Landgerichts, das sich – allerdings im Zusammenhang mit der Erörterung der
Verjährung - insbesondere auch mit der Frage der sekundären Darlegungslast
befasst hat, wird insoweit Bezug genommen. Das Landgericht hat es im
Tatbestand und in den tatsächlichen Feststellungen in den Gründen als unstreitig
dargestellt, dass der Fahrer des Streithelfers der Beklagten die aus vier Paketen
bestehende Gesamtsendung bei der A, deren Gelände für Nichtberechtigte nicht
zugänglich sei, auf der Rampe abgestellt und den vollständigen Eingang der
Sendung zunächst mündlich, später aber nach Abhandenkommen eines Pakets
nicht mehr schriftlich quittiert bekommen. Das Landgericht ist auf dieser
Grundlage zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass es auf Mängel hinsichtlich
des Sendungsverfolgssystems der Beklagten wegen Fehlen der Ursächlichkeit für
den konkreten Verlust nicht ankomme und den Fahrer auch keine Leichtfertigkeit
treffe, die der Beklagten nach § 428 HGB zugerechnet werden könne.
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Berufung stand. Die Berufung hat
keinen Rechtsfehler oder Fehler in der Tatsachenfeststellung aufgezeigt. Darauf,
dass das Landgericht festgestellt hat, das gesamte, dem Streithelfer übergebene
Transportgut habe aus vier Paketen bestanden, kommt es nicht entscheidend an.
Auch das Landgericht geht, wie der Hinweis auf die drei angekommenen Pakete
zeigt, davon aus, dass nur eines der Pakete abhanden gekommen ist, dass es
aber zunächst mit drei weiteren Paketen auf der Rampe der A abgestellt worden
ist. Die Klägerin kann in zweiter Instanz nicht mehr mit Erfolg geltend machen, das
Landgericht sei von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen und habe
insbesondere zu Unrecht festgestellt, das abhanden gekommene Paket sei dem
Fahrer des Streithelfers übergeben und von diesem auf der Anlieferungsrampe der
A abgestellt worden. Dass dieser Sachverhalt in erster Instanz unstreitig geworden
ist, steht gemäß § 314 ZPO aufgrund der Beweiskraft des Tatbestandes auch für
die Berufungsinstanz fest. Dies hat zur Folge, dass das Bestreiten des im
unberichtigt gebliebenen Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils als unstreitig
dargestellten Vorbringens in zweiter Instanz als neuer Vortrag angesehen werden
muss, der nur unter dem hier nicht vorgetragenen Voraussetzungen des § 531
Abs. 2 ZPO berücksichtigt werden könnte (vgl. Zöller- Vollkommer, ZPO, 24. Aufl.,
§ 314 Rn. 1).
Die Nebenentscheidung beruhen auf §§ 97, 344, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe, die
Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.