Urteil des OLG Frankfurt vom 22.11.2010

OLG Frankfurt: geschäftsführer, zwischenverfügung, handelsregister, auflösende bedingung, prüfungspflicht, anteil, abtretung, urkunde, anfechtung, datum

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Gericht:
OLG Frankfurt 20.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
20 W 333/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 15 GmbHG, § 16 GmbHG, §
40 GmbHG, § 123 BGB, § 142
BGB
Anmerkung
Ein Rechtsmittel ist nicht bekannt geworden.
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Alleiniger Gründer und einziger Geschäftsführer der Beschwerdeführerin ist der
Beteiligte zu 2).
Die erste zum Registerordner aufgenommene Gesellschafterliste vom 18.12.2001
(Bl. 16 Sonderband) weist diesen zum damaligen Zeitpunkt als alleinigen
Gesellschafter mit einer Stammeinlage in Höhe von 25.000,00 Euro aus.
Unter dem ...07.2010 reichte sodann der Notar Dr. N1 seine Urkunde Nr. .../10 A
(neue Gesellschafterliste der Beschwerdeführerin, datiert auf den 02.07.2010)
versehen mit seiner Bescheinigung nach § 40 Absatz 2 GmbHG zum
Handelsregister zur Aufnahme in den Registerordner ein. Auf dieser
Gesellschafterliste waren als Gesellschafter nunmehr der Beteiligte zu 2) mit
einem Geschäftsanteil Nr.1 in Höhe von Euro 12.250,00 sowie ein Herr A mit den
Anteilen Nr. 2 und 3 in Höhe von jeweils Euro 4.250,00, Nr. 4 in Höhe von Euro
3.000,00 sowie dem Anteil Nr. 5 in Höhe von Euro 1.250,00 benannt.
Es erfolgte eine Zwischenverfügung des Amtsgerichts an den Notar vom
08.07.2010 wegen eines fehlenden Siegels.
Parallel dazu wurde mit Faxschreiben des Verfahrensbevollmächtigten der
Beteiligten vom 08.07.2010 (Bl. 18 Registerband) beantragt, dass das Amtsgericht
eine möglicherweise von einem Notar Dr. N1 eingereichte Gesellschafterliste nicht
beachten und eine entsprechende Änderung in den Personen der
Gesellschafter/Mehrheitsverhältnisse nicht zum Handelsregister eingetragen
werden solle. Mit diesem Schreiben wurde dem Amtsgericht in Anlage eine
„Gesellschafterliste“ (Stand 08.07.2010) mit übersandt, die keine Unterschrift
erkennen lässt (Bl. 23 Registerband). Dort sind als Gesellschafter der Beteiligte zu
2) mit einem Geschäftsanteil Nr.1 in Höhe von Euro 12.250,00, ein Herr A mit den
Anteilen Nr. 2 und 4 in Höhe von jeweils Euro 4.250,00 sowie Nr. 6 (ehem. 3) in
Höhe von Euro 3.000,00 und außerdem ein Herr B mit dem Anteil Nr. 5 (ehem. 3)
in Höhe von Euro 1.250,00 benannt. Hintergrund dieses Schreibens war
ausweislich dessen Inhalts, dass der Beteiligte zu 2) aufgrund einer e-mail des
Mitgesellschafters A erfahren habe, dass der Insolvenzverwalter über das
Vermögen des Herrn B dessen Geschäftsanteil an Herrn A verkauft und
abgetreten haben soll. Es wird aufgeführt, wieso der Insolvenzverwalter zu diesem
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abgetreten haben soll. Es wird aufgeführt, wieso der Insolvenzverwalter zu diesem
Verkauf nicht berechtigt gewesen sei und abschließend um Hinweis gebeten, ob
die Zuordnung eines formalen Widerspruchs gegen eine neu eingereichte
Gesellschafterliste notwendig sei.
Dieses Faxschreiben wurde vom Amtsgericht an den Notar Dr. N1 zusammen mit
einem Antwortschreiben des Amtsgerichts vom 22.07.2010 (Bl. 25 f der
Registerakte) an den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten übersandt.
In diesem Antwortschreiben wies das Amtsgericht darauf hin, dass das Gericht die
Gesellschafterliste nur in formeller und nicht in materieller Hinsicht prüfe, und eine
formell richtige Liste nicht zurückgewiesen werden könne. Es bestehe jedoch die
Möglichkeit, einen Widerspruch eintragen zu lassen. Auf die Eintragungspflicht für
sogenannte Zwischenlisten wurde hingewiesen.
Wohl unter dem 28.07.2010 hat das Amtsgericht sodann die von Notar Dr. N1
eingereichte neue Gesellschafterliste mit dem Stand 02.07.2010 für den
Registerordner freigegeben.
Diese Liste ist die derzeit aktuelle zum Registerordner aufgenommene
Gesellschafterliste der Beschwerdeführerin.
Nachfolgend ging dann noch das Schreiben des Notars Dr. N1 vom 27.07.2010 (Bl.
30 Registerband) ein, mit dem Hinweis, die übersandte Gesellschafterliste sei
jedenfalls nicht offensichtlich unrichtig; eine materiell-rechtliche Prüfung sehe das
Gesetz nicht vor und die Veräußerung des Geschäftsanteils durch den
Insolvenzverwalter sei wirksam gewesen.
Mit Schreiben vom 03.08.2010 (Ausdruck Bl. 32 d. Registerakte) unter dem Betreff
„Übermittlung C GmbH HRB ...“ und dem Hinweis: „Übermittlung durch den Notar
als Bote“ übersandte sodann der Notar N2 ein Anschreiben des Beteiligten zu 2)
als Geschäftsführer der Beschwerdeführerin vom 02.08.2010 (Bl. 93 ff der
Registerakte) nebst einer von ihm mit Datum 02.08.2010 unterschriebenen
Gesellschafterliste, die ausweislich des Textes den Gesellschafterstand zu diesem
Tag ausweisen soll. Dort sind als Gesellschafter der Beteiligte zu 2) mit einem
Geschäftsanteil Nr.1 in Höhe von Euro 12.250,00, Herr A mit den Anteilen Nr. 2
und 3 in Höhe von jeweils Euro 4.250,00 sowie Nr. 4 in Höhe von Euro 3.000,00 und
außerdem Herr B mit dem Anteil Nr. 5 in Höhe von Euro 1.250,00 benannt. In dem
Begleitschreiben wies der Beteiligte zu 2) darauf hin, dass es nach Mitteilung und
Nachweis entsprechend § 40 Absatz 1 Satz 2 GmbHG erforderlich sei, die
geänderten Gesellschaftsverhältnisse in Bezug zur Gesellschafterliste vom
02.07.2010 anzuzeigen, um die Wirkungen der tatsächlichen
Gesellschafterverhältnisse gemäß § 16 Absatz 1 GmbHG herbeizuführen. Er habe
von dem Gesellschafter A erfahren, dass der Insolvenzverwalter über das
Vermögen des Gesellschafters B mit notariellen Verträgen vom 01.04.2010 und
17.06.2010 versucht habe, den Geschäftsanteil Nr. 5 des Gesellschafters B an der
Beschwerdeführerin an den Gesellschafter A zu verkaufen und abzutreten. Ein
entsprechender Vertrag sei jedoch unwirksam, da er ohne seine Zustimmung als
Gesellschafter erfolgt sei; diese gelte auch im Insolvenzverfahren eines
Gesellschafters. Im übrigen ist die weitere Begründung identisch mit dem Inhalt
des Schreibens vom 08.07.2010 (Bl. 18 ff d. Registerakte).
Die Einreichung dieser weiteren Liste bildet nun den eigentlichen Gegenstand des
Beschwerdeverfahrens.
Das Amtsgericht hat mit Zwischenverfügung vom 05.08. 2010 (Bl. 33
Registerordner) darauf hingewiesen, dass diese weitere Liste formell zu
beanstanden sei. Da die Anteilsübertragung nur durch notarielle Urkunde erfolgen
könne (§ 15 III GmbHG) sei die Liste gemäß § 40 II GmbHG durch den Notar zu
erstellen und entsprechend zu bescheinigen. Es wurde eine Erledigungsfrist
gesetzt und auf das amtsgerichtliche Schreiben vom 22.07.2010 in Bezug auf die
Möglichkeit der Eintragung eines Widerspruchs hingewiesen.
Mit Schreiben vom 05.08.2010 (Bl. 34 der Registerakte) nahm der Verfahrens-
bevollmächtigte der Beteiligten, zunächst nur für den Beteiligten zu 2), im
Wesentlichen wie folgt Stellung: Der Geschäftsführer habe unverzüglich nach
Wirksamwerden jeder Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder ihrer
Beteiligung eine von ihm unterschriebene Liste zum Handelsregister einzureichen.
Die Prüfungspflicht des Wirksamwerdens liege ausschließlich beim Geschäftsführer.
Das Registergericht habe nicht zu prüfen, ob der Geschäftsführer das
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Das Registergericht habe nicht zu prüfen, ob der Geschäftsführer das
Wirksamwerden einer Veränderung der Gesellschafterverhältnisse geprüft habe
oder ob ein Wirksamwerden einer Veränderung in den Gesellschafterverhältnissen
eingetreten sei. Hierfür hafte der Geschäftsführer nach § 40 Absatz 3 GmbHG.
Sobald der Geschäftsführer eine Änderung in den Status der
Gesellschafterverhältnisse bemerke, hätte dieser eine diese Veränderung
berücksichtigende Gesellschafterliste beim Handelsregistergericht einzureichen.
Die Kenntnis von der Änderung werde dem Geschäftsführer durch einen
überzeugenden Nachweis verschafft, auch dem Beteiligten zu 2) sei ein
entsprechend überzeugender Nachweis verschafft worden. Eine inhaltliche,
materielle Überprüfung der Gesellschafterliste durch das Registergericht finde
nicht statt, lediglich ob die nach § 40 GmbHG erforderlichen Angaben gemacht
worden seien und die neue Liste bruchlos an die vorangegangene Liste anknüpfe.
Der Rechtsgrund der Veränderung habe für das Registergericht keine Rolle zu
spielen. Dafür, dass das Registergericht kein materielles Prüfungsrecht habe, wird
auf die Motive des Gesetzgebers Bezug genommen und darauf hingewiesen, dass
andernfalls dem Registergericht, so wie dem Geschäftsführer in § 40 Absatz 3
GmbHG, ebenfalls ein entsprechender Haftungstatbestand hätte zugeordnet
werden müssen. Im übrigen könne das Wirksamwerden von Veränderungen in den
Gesellschafterverhältnissen nicht nur im Rahmen eines notariellen Vertrages nach
§ 15 Absatz 3 GmbHG vollzogen werden.
Das Amtsgericht hat sodann mit weiterer Zwischenverfügung vom 06.08.2010 (Bl.
42 der Registerakte) darauf hingewiesen, dass die mit Zwischenverfügung vom
05.08.2010 monierten Mängel nicht behoben worden seien und eine Freigabe der
Liste daher nicht erfolgen könne. Seitens des Amtsgerichts würden lediglich
formelle Mängel beanstandet, da zur formellen Prüfung auch die Frage gehöre, ob
die Gesellschafterliste von der dazu berechtigten Person unterschrieben worden
sei. Da davon auszugehen sei, dass die zuletzt eingereichte Gesellschafterliste
des Notars Dr. N1 korrekt sei, könne ein neuer Gesellschafterwechsel nur aufgrund
notarieller Urkunde erfolgen (§ 15 Absatz 3 GmbHG). Ein Vorgang, der die
Zuständigkeit des Geschäftsführers betreffen würde (Erbfolge, Namens oder
Wohnortänderung) liege offensichtlich nicht vor. Selbst wenn sich nachträglich die
Unrichtigkeit einer Gesellschafterliste herausstelle, sei der Geschäftsführer nicht
berechtigt, von sich aus eine neue Liste einzureichen; er könne die Liste nicht
eigenmächtig korrigieren.
Mit Schreiben vom 06.08.2010 (Bl. 44 der Registerakte) nahm der
Verfahrensbevollmächtigte für den Beteiligten zu 2) nochmals Stellung. Er
wiederholte im Wesentlichen die Einwände aus seinem Schriftsatz vom 05.08.2010
und wies darauf hin, dass es sich bei den mitgeteilten Mängeln nicht um solche
handele, die das Registergericht prüfen dürfe. Das Registergericht überschreite mit
der von ihm vorgenommenen materiellen Prüfung seine Prüfungskompetenz. Dem
Handelsregister komme nach der gesetzlichen Regelung nur eine verwahrende
Aufgabe zu. Der Beteiligte zu 2) habe keine eigenmächtige Korrektur der
Gesellschafterliste vorgenommen, sondern auf Mitteilung eines Gesellschafters
und sei anhand der dargelegten Nachweise zur vollen Überzeugung gelangt, eine
neue Gesellschafterliste einzureichen, die die geänderten
Gesellschafterverhältnisse wiedergebe.
Sodann hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten mit Schriftsatz vom
18.08.2010 (Bl. 59 ff der Registerakte) ausdrücklich nur im Namen der Beteiligten
zu 1) Beschwerde gegen die Zwischenverfügung vom 05.08.2010 eingelegt. Darin
wiederholt er im Wesentlichen den bisherigen Vortrag. Er trägt vor, dass dem
Beteiligten zu 2) als Geschäftsführer der Beschwerdeführerin von mehreren
Gesellschaftern mitgeteilt worden sei, dass sich die Gesellschafterverhältnisse der
Beschwerdeführerin gegenüber der Gesellschafterliste vom 02.07.2010 wirksam
geändert hätten und entsprechende Nachweise geführt worden seien, was ihn
veranlasst habe, nach Prüfung die neue Gesellschafterliste einzureichen.
Nunmehr habe der Insolvenzverwalter über das Vermögen des Gesellschafters B
die der Gesellschafterliste vom 02.07.2010 zugrundeliegende Übertragung dessen
Geschäftsanteils an den Mitgesellschafter A, die durch notarielle Urkunden des
Notars Dr. N1 erfolgt sei, gemäß §§ 123, 142 BGB angefochten. Zum Nachweis für
die Anfechtungserklärung legt er Kopien zweier Schreiben des Insolvenzverwalters
D an die Rechtsanwälte des Mitgesellschafter A vom 09.08.2010 und 12.08.2010
vor (Bl. 79 ff der Registerakte).
Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 19.08.2010 (Bl. 83 f der
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Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 19.08.2010 (Bl. 83 f der
Registerakte) nicht abgeholfen. Zum Umfang der formellen Prüfungspflicht des
Registergerichts gehöre die Prüfung, ob die dazu berechtigten Personen die
Gesellschafterliste unterschrieben haben. Eine materielle Prüfungspflicht habe das
Registergericht nicht, so dass davon ausgegangen werden müsse, dass die zuvor
von Notar Dr. N1 eingereichte Gesellschafterliste korrekt sei. Ein erneuter
Gesellschafterwechsel könne daher nur aufgrund notarieller Urkunde erfolgen (§ 15
Absatz 3 GmbHG). Die eingereichte Liste vom 02.08.2010 sei allerdings vom
Geschäftsführer unterschrieben, wobei offensichtlich kein Vorgang vorliege, der in
die Zuständigkeit des Geschäftsführers gehöre (Erbfolge, Namens- oder
Wohnortänderung). Dem Registergericht seien auch keine Unterlagen
(gerichtliches Urteil, Erklärung der Beteiligten, Erklärung des beurkundenden
Notars Dr. N1) vorgelegt worden, aus denen sich die Unwirksamkeit der der Liste
vom 02.07.2010 zugrundeliegenden Anteilsübertragung ergebe. Die weiteren mit
Zwischenverfügung vom 06.08.2010 mitgeteilten Gründe wurden wiederholt.
Dieser Nichtabhilfebeschluss wurde dem Verfahrensbevollmächtigten der
Beschwerdeführerin durch das Amtsgericht übersandt.
II.
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin ist entsprechend § 382 Absatz 4 FamFG
statthaft und auch im übrigen zulässig, da sie insbesondere form- und fristgerecht
eingelegt wurde (§§ 63, 64 FamFG).
Bei einer Zwischenverfügung handelt es sich um keine Endentscheidung gemäß §
58 Absatz 1 FamFG, so dass dagegen nur dann eine Beschwerde möglich ist, wenn
diese gesetzlich zugelassen ist. Für das Handelsregisterverfahren ist diese
Zulassung in § 382 Absatz 4 FamFG geregelt. Zwar erfasst diese Vorschrift vom
Wortlaut her nur Anmeldungen, die zu einer Eintragung in das Handelsregister
führen sollen, mithin nicht die hier streitige Aufnahme der eingereichten
Gesellschafterliste vom 02.08.2010 in den Registerordner. Der Senat geht jedoch
bei einer an dem Zweck der Einführung von § 382 Absatz 4 FamFG orientierten
Auslegung davon aus, dass der Gesetzgeber mit der neuen Gesetzesfassung
keine Einschränkung gegenüber der bis 01.09.2009 bestehenden
Rechtsanwendung schaffen wollte. In den Motiven wurde insoweit dargelegt, dass
in Absatz 4 „…die von der Rechtsprechung anerkannte Anfechtbarkeit der
Zwischenverfügung in Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- und
Vereinsregistersachen ausdrücklich geregelt…“ werde. Eine solche Regelung durch
Gesetz sei erforderlich, da gemäß § 58 Absatz 1 FamFG Ausnahmen vom
Grundsatz, dass die Beschwerde nur gegen Endentscheidungen stattfinde, durch
Gesetz bestimmt sein müssten (BT-Drucksache 16/6308, Seite 286). Zum
Zeitpunkt der Gesetzgebung war jedoch in der Rechtsprechung anerkannt, dass
auch gegen eine Zwischenverfügung, mit der eine Aufnahme einer
Gesellschafterliste wegen eines behebbaren Hindernisses moniert wurde,
Beschwerde eingelegt werden könne (so beispielsweise OLG München, Beschlüsse
vom 08.09.2009, Az. 31 WX 82/09, und 27.05.2009, Az. 31 WX 38/09, LG Dresden
2. Kammer für Handelssachen, Beschluss vom 08.04.2009, Az. 42 HK T 10/09, LG
München I 17. Kammer für Handelssachen, Beschluss vom 20.08.2009, Az. 17 HKT
13711/09 und LG Gera 2. Kammer für Handelssachen, Beschluss vom 18.06.2009,
Az. 2 HK T 16/09 jeweils zitiert nach juris).
Es muss daher trotz der nach dem Wortlaut eindeutigen Gesetzesfassung davon
ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber diese Möglichkeit lediglich übersehen
hat und nicht ausschließen wollte.
Auch das Thüringer Oberlandesgericht 6. Zivilsenat (Beschluss vom 25.05.2010,
Az. 6 W 39/10, zitiert nach juris) und das Hanseatische Oberlandesgericht
Hamburg (Beschluss vom 12.07.2010, Az. 11 W 51/10, zitiert nach juris) gehen in
ihren Entscheidungen ohne weitere Begründung unter Bezugnahme auf § 382
Absatz 4 FamFG davon aus, dass die Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung
im Zusammengang mit der Einreichung einer Gesellschafterliste zulässig ist.
Die Beschwerdeführerin ist auch beschwerdeberechtigt. Die Aufnahme der jeweils
aktuellen Gesellschafterliste in den Registerordner ist bereits deswegen auch in
ihrem Interesse, weil im Verhältnis zu ihr nur der als Inhaber eines
Geschäftsanteils gilt, wer als solcher in der zum Registerordner aufgenommenen
Gesellschafterliste verzeichnet ist (§ 16 Absatz 1 Satz 1 GmbHG).
Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Beschwerdeschrift vom 18.08.2010 zwar
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Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Beschwerdeschrift vom 18.08.2010 zwar
ausdrücklich nur gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts vom 05.08.2010
Beschwerde eingelegt. Aus deren Begründung, in der auch auf die weitere
Zwischenverfügung des Amtsgerichts vom 06.08.2010 Bezug genommen wird, mit
der die Zwischenverfügung vom 05.08.2010 aufrechterhalten und in der Sache
weiter ausgeführt wurde, ist jedoch zu entnehmen, dass sie sich in der Sache auch
gegen diese weitere Zwischenverfügung wendet. Im Hinblick darauf, dass die
Beschwerdeführerin ihr Ziel der Aufnahme der Gesellschafterliste zum
Registerordner weiterhin verfolgt, ist davon auszugehen, dass sie mit der
Beschwerde auch der weiteren Begründung des Amtsgerichts in dessen
Nichtabhilfebeschluss vom 19.08.2010 entgegentritt, in dem dieses über die
Zwischenverfügungen hinaus auch darauf Bezug genommen hat, dass ihm bislang
keine Unterlagen eingereicht worden seien, aus denen sich die Unwirksamkeit der
der Liste vom 02.07.2010 zugrundeliegenden Anteilsübertragung ergebe.
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Das Amtsgericht hat im Ergebnis zu Recht die mit Datum vom 02.08.2010 vom
Beteiligten zu 2) unterschriebene Gesellschafterliste nicht in den Registerordner
aufgenommen.
Zunächst ist davon auszugehen, dass dem Amtsgericht durch die Neufassung von
§ 40 GmbHG vom Gesetzgeber keine inhaltliche Prüfungspflicht der von einem
Berechtigten eingereichten neuen Gesellschafterliste auferlegt wurde.
Dies ist mittlerweile, soweit ersichtlich, einhellige Auffassung in Rechtsprechung
und Literatur (u.a. Thüringer Oberlandesgericht 6. Zivilsenat, Beschluss vom
22.03.2010, Az. 6 W 110/10; OLG München 31. Zivilsenat, Beschluss vom
08.09.2009, Az. 31 Wx 082/09, jeweils zitiert nach juris; Zöllner/Noack in
Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 40 Rn. 75; Altmeppen in Roth/Altmeppen,
GmbHG, München 2009, § 40 Rn. 11; Mayer in ZIP 2009, S. 1037, 1039) und
entspricht auch der aus den Gesetzesmaterialien ersichtlichen Absicht des
Gesetzgebers. Danach nimmt das Registergericht die Gesellschafterlisten lediglich
entgegen und hat auch keine inhaltliche Prüfpflicht (BT-Drucksache 16/6140, Seite
44).
Weiterhin wird aus dieser gesetzgeberischen Intention, soweit ersichtlich einhellig,
gefolgert, dass das Registerrecht als Verwahrstelle aber zu prüfen habe, ob die
eingereichte Gesellschafterliste den vom Gesetz aufgestellten formalen
Voraussetzungen einer Gesellschafterliste entspricht (so neben den zuvor
genannten Fundstellen u.a. OLG Bamberg, Beschluss vom 02.02.2010, Az. 6 W
40/09, zitiert nach juris; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17.Auflage, § 40
Rn.15; Schneider in GmbHR 2009, S.393, 394), wobei im einzelnen noch
Unterschiede im angenommenen Umfang des formalen Prüfungsrechts bestehen.
Dem Amtsgericht ist zunächst zuzustimmen, wenn es darauf hinweist, dass es
grundsätzlich bereits zu seiner formalen Prüfungspflicht gehöre, ob die dazu
berechtigten Personen die Gesellschafterliste eingereicht und unterschrieben
haben.
Diese formale Prüfungspflicht kann nach Ansicht des Senats aber nur dahingehend
verstanden werden, dass die Gesellschafterliste dann zurückgewiesen werden
kann, wenn für das Amtsgericht ohne weiteres ein Sachverhalt feststeht, nach
dem entweder eine vom Notar einzureichende Gesellschafterliste oder aber eine
vom Geschäftsführer einzureichende Liste vorzulegen ist, und die dann tatsächlich
vorgelegte Gesellschafterliste nicht diesem Unterschriftserfordernis entspricht.
Dies wäre beispielsweise bei Einreichung durch einen Notar der Fall, der auf eine
von ihm beurkundete Anteilsabtretung Bezug nimmt, dann aber eine von dem
Geschäftsführer unterschriebene Gesellschafterliste vorgelegt.
Das insoweit bestehende formale Prüfungsrecht erfasst also beispielsweise nicht
einen Sachverhalt, in dem durch den Einreicher gar kein Sachverhalt zu den
Hintergründen der Änderung in der Gesellschafterstellung vorgetragen wird. In
diesem Fall muss sich das Amtsgericht bei seiner Prüfung darauf beschränken, ob
die jeweiligen Formalien von § 40 Absatz 1 GmbHG, bei Einreichung durch einen
Geschäftsführer, bzw. § 40 Absatz 2 GmbHG, bei Einreichung durch den Notar,
beachtet worden sind. Ein Amtsgericht hat insoweit kein Recht, unter Hinweis auf
formale Bedenken hinsichtlich der Frage, ob die Gesellschafterliste nicht
richtigerweise durch einen Notar oder aber den Geschäftsführer hätte
unterschrieben werden müssen, deren Aufnahme zum Registerordner von einer
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unterschrieben werden müssen, deren Aufnahme zum Registerordner von einer
vorherigen Offenbarung der der neuen Liste zugrundeliegenden Übertragungsakte
abhängig zu machen. Ein derartiges Verlangen würde der oben dargelegten
Intention des Gesetzgebers widersprechen.
Aber auch dann, wenn sich wie hier für das Amtsgericht ein Sachverhalt ergibt,
wonach die neue Gesellschafterliste unterschrieben durch den Geschäftsführer
eingereicht wird, mit dem Hinweis, auf eine nach seiner Ansicht unwirksame und
mittlerweile angefochtene, der letzten Gesellschafterliste vom 02.07.2010
zugrundeliegenden Abtretung, besteht kein formaler Mangel der
Gesellschafterliste.
Für den Geschäftführer ergeben sich nämlich, über die vom Amtsgericht in den
Zwischenverfügungen erwähnten Fälle der Erbfolge, Namens- oder
Wohnortänderung hinaus, weitere gesetzliche Zuständigkeiten zur Einreichung. So
beispielsweise bei Wirksamwerden einer auflösend bedingten Abtretung, einer
Rückübertragungsklausel sowie generell im Rahmen einer Nachkontrolle
vorangegangener Änderungen, insbesondere auch nach Tätigwerden des Notars
und Übermittlung der Listenabschrift nach § 40 Absatz 2 S. 1 Halbsatz 2 GmbHG.
Für den Bereich der hier fraglichen Anfechtung der Anteilsabtretung gilt nichts
anderes.
Mögliche spätere Unwirksamkeitsgründe sind nach dem ausdrücklichen Wortlaut
der Vorschrift unbeachtlich. Dies bedeutet, dass den Notar in den Fällen, in denen
die Änderung der Gesellschafterstellung bereits aufgrund seines Vertrages
eingetreten ist, diese mithin nicht noch von dem Eintritt einer aufschiebenden
Bedingung abhängt, keine Pflicht zur Überwachung trifft. Tritt später die auflösende
Bedingung ein, oder stellt sich im Nachhinein ein anderer Unwirksamkeitsgrund
heraus, dann ist alleine die Geschäftsführung im Rahmen ihrer allgemeinen Pflicht
zur Nachkontrolle vorangegangener Änderungen nach § 40 Abs. 1 GmbHG zur
Listenkorrektur verpflichtet (BegrRegE BR-Drucks 354/07, S. 101; Bayer in Lutter
/Hommelhoff, aaO, § 40 Rn 16, 31; Wicke, GmbHG, München 2008 aaO, § 40 Rn.
11; Bednarz, BB 2008, 1854, 1860).
Vorliegend besteht daher im Falle der Anfechtung der der Abtretung
zugrundeliegenden Einigung grundsätzlich eine Zuständigkeit der
Geschäftsführung zur Einreichung einer neuen Liste und nicht eines Notars.
Bei der sich sodann stellenden Frage, ob der Geschäftsführer diese Liste schon mit
dem Anspruch auf Aufnahme in den Registerordner zum Handelsregister
einreichen kann, handelt es sich dann aber nicht mehr um die Frage der formalen
Richtigkeit der übersandten Gesellschafterliste, sondern vielmehr um die im
materiellen Bereich liegende Frage des § 40 Absatz 1 Satz 1 GmbHG, wonach die
Geschäftsführer unverzüglich „…nach Wirksamwerden jeder Veränderung in den
Personen der Gesellschafter…“ die bestimmten formalen Anforderungen
genügende Gesellschaft- erliste einzureichen haben.
Inwieweit dem Registergericht, über die Prüfung der formalen Voraussetzungen
einer Gesellschafterliste hinaus, auch ein derartiges inhaltliches Prüfungsrecht
zusteht, ist umstritten.
So weist das Oberlandesgericht Bamberg in seinem oben zitierten Beschluss vom
02.02.2010 allgemein darauf hin, dass dem Registergericht kein materielles
Prüfungsrecht hinsichtlich der nach § 40 GmbHG einzureichenden
Gesellschafterliste zustehe. Mayer (aaO) weist darauf hin, dass das Gesetz keine
inhaltliche Prüfungspflicht vorsehe und schließt aus der besonderen Bedeutung der
Aufnahme der Gesellschafterliste im Handelsregister, dass in der Praxis keine
Verzögerungen auftreten dürften und ein Prüfungsrecht daher wohl nur bei
formalen Mängeln und auch dort nur in Evidenzfällen erfolgen dürfe. Weiterhin wird
teilweise, ohne Erörterung der Frage einer Berechtigung, allgemein darauf
hingewiesen, dass es eine inhaltliche Prüfung der Gesellschafterliste durch das
Registergericht nicht gebe, bzw. dieses eine solche nicht vornehme (Kort, GmbHR
2009, 169, 171; Hasselmann, NZG 2009, 486, 490).
Der Senat folgt demgegenüber der Auffassung, dass das Registergericht die
Aufnahme der Gesellschafterliste zum Registerordner auch dann verweigern kann,
wenn es sichere Kenntnis von der inhaltlichen Unrichtigkeit der eingereichten Liste
hat (so auch Thüringer Oberlandesgericht 6. Zivilsenat, aaO; OLG München,
Beschluss vom 08.09.2009, aaO; Wachter in NZG 2009, S. 1001, 1003; Bayer in
Lutter/Hommelhoff, aaO, § 40 Rn.15: Altmeppen in Roth/Altmeppen,aaO, § 40 Rn.
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Lutter/Hommelhoff, aaO, § 40 Rn.15: Altmeppen in Roth/Altmeppen,aaO, § 40 Rn.
11: Schmidt in Ernsthaler/Füller/Schmidt. GmbHG, 2.Auflage, 2010; Schneider,
aaO).
Im Hinblick auf die durch die Aufnahme der Gesellschafterliste in den
Registerordner eintretende Legitimations- und Rechtsscheinswirkung (vgl. § 16
GmbHG) darf das Registergericht nicht wissentlich an der Schaffung eines falschen
Rechtsscheins mitwirken und damit möglicherweise die Grundlage für
Schädigungen Dritter oder von Gesellschaftern schaffen.
Insoweit greift auch nicht der Hinweis der Beschwerdeführerin, es spreche gegen
ein materielles Prüfungsrecht des Registergerichts, dass diesem, wie dem
Geschäftsführer in § 40 Absatz 3 GmbHG, vom Gesetzgeber nicht ebenfalls ein
entsprechender Haftungstatbestand zugeordnet worden sei, da es im Hinblick auf
die allgemein gesetzlich bereits normierte Amtshaftung einer solchen besonderen
Haftungsnorm nicht bedurfte.
Das Amtsgericht hat danach die Aufnahme der Gesellschafterliste vom
02.08.2010 in den Registerordner im Ergebnis zu Recht abgelehnt, da diese Liste
schon nach dem eigenen Vortrag der Beschwerdeführerin keine bereits
eingetretene Veränderung im Gesellschafterbestand im Sinne von § 40 Absatz 1
Satz 1 GmbHG ausweist (so zur Frage der Einreichung der Gesellschafterliste
durch einen Notar zum Zeitpunkt einer noch nicht eingetretenen Bedingung auch
OLG München, Beschluss vom 08.09.2009, Az. 31 Wx 82/09, zitiert nach juris).
Die Beschwerdeführerin hat insoweit lediglich vorgetragen und belegt, dass die der
aktuell freigegebenen Gesellschafterliste vom 02.07.2010 zugrundeliegende
Abtretung von dem Insolvenzverwalter nach § 123, 142 BGB angefochten wurde.
Diese Anfechtung alleine stellt aber nach den allgemeinen Grundsätzen des
Anfechtungsrechts keinen Sachverhalt dar, mit dem automatisch die
Rückübertragung des Geschäftsanteils des Gesellschafters A auf den
Gesellschafter B einhergehen, mithin ein „Wirksamwerden“ der
Gesellschafterveränderung im Sinne von § 40 Absatz 1 Satz 1 GmbHG vorliegen
würde.
Auf diesen Umstand hat das Amtsgericht im Rahmen seiner
Nichtabhilfeentscheidung vom 19.08.2010 letztlich ersichtlich ebenfalls abgestellt,
in dem es darauf hinwies, dass ihm auch keine Unterlagen (gerichtliches Urteil,
Erklärung der Beteiligten, Erklärung des beurkundenden Notars Dr. N1) vorgelegt
worden seien, aus denen sich die Unwirksamkeit der der Liste vom 02.07.2010
zugrundeliegenden Anteilsübertragung ergebe.
Abschließend wird darauf hingewiesen, dass das Amtsgericht zu prüfen haben wird,
inwieweit der Geschäftsführer aufzufordern ist, den nach eigenem Vortrag vor
Einreichung der derzeit im Registerordner aufgenommenen letzten
Gesellschafterliste vom 02.07.2010 bestehenden Gesellschafterstand, also mit
einem Anteil des Herrn B, noch nachzumelden.
Weiterhin wird das Amtsgericht zu prüfen haben, ob eine amtswegige Berichtigung
der Namensschreibung des Beteiligten zu 2) zu erfolgen hat, da dieser im
Handelsregister als Geschäftsführer mit dem Nachnamen „…“ eingetragen wurde.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 84 FamFG.
Einer Verfahrenswertfestsetzung bedurfte es nicht (Festgebühr nach §§ 131 c
Absatz 1, 79 Absatz 1 KostO i.V.m. § 1 i.V.m. Anlage zu § 1 HRegGebVO).
Die Rechtsbeschwerde wird im Hinblick auf die noch nicht höchstgerichtlich
geklärten und umstrittenen Fragen der Abgrenzungskriterien für die Anwendung
von § 40 GmbHG und des Prüfungsumfanges des Registergerichts zugelassen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.