Urteil des OLG Frankfurt vom 17.06.2009

OLG Frankfurt: eurocard, bit, erschütterung, kreditkarte, aktivlegitimation, missbrauch, sorgfaltspflicht, verwahrung, anwendungsbereich, entwendung

1
2
3
4
Gericht:
OLG Frankfurt 23.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
23 U 22/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 280 BGB, § 675 BGB
(Missbrauch von Kreditkarten bei Bargeldabhebung an
Geldautomaten: Anscheinsbeweis für
Sorgfaltspflichtverletzung des Kunden; Erschütterung des
Anscheinsbeweises)
Leitsatz
Zum Anscheinsbeweis bei Verwendung zutreffender PIN (Geheimzahl) beziehungsweise
Kreditkarten (hier: Eurocard) und den Anforderungen an seiner Erschütterung.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 26.9.2005 verkündete Urteil
der 25. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von
120 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, die keiner Änderung
oder Ergänzung bedürfen, wird zunächst gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug
genommen.
Das Landgericht hat die auf Rückzahlung bzw. Schadensersatz aufgrund diverser
unrechtmäßiger Eurocard-Transaktionen gerichtete Klage mit der Begründung
abgewiesen, dass der Kläger im Hinblick auf die an ihn erfolgten Zessionen nach §
134 BGB iVm Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG mangels des erforderlichen
Verbraucherschutzinteresses im Sinne des Art. 1 § 3 Nr. 8 RBerG nicht
aktivlegitimiert sei. Außerdem bestünden die geltend gemachten Ansprüche schon
dem Grund nach nicht, weil der Beklagten gegenüber den Zedenten jeweils ein
Schadensersatzanspruch in Höhe der streitgegenständlichen Auszahlungen auf
die Kreditkarte wegen pVV aufgrund grob fahrlässiger Verletzung der
Sorgfaltspflichten der Zedenten bei der Verwahrung der persönlichen Geheimzahl
(PIN) zustehe.
Gegen das ihm am 5.10.2005 zugestellte Urteil des Landgerichts hat der Kläger
am 20.10.2005 fristgerecht Berufung eingelegt und diese am 4.1.2006 innerhalb
der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet.
In der Berufungsbegründung hat der Kläger angeführt, dass das Landgericht zu
Unrecht die Aktivlegitimation verneint habe. Sie sei trotz der erforderlichen
Einzelfallbetrachtung im Hinblick auf die gebotene Klärung verbraucherrechtlich
5
6
7
8
9
10
11
12
Einzelfallbetrachtung im Hinblick auf die gebotene Klärung verbraucherrechtlich
relevanter Fragen gegeben. Dies mache bereits der erstinstanzlich unter Beweis
gestellte Vortrag, dass es in drei Fällen (A, B und C) trotz verschlossener PIN-
Briefe zu missbräuchlichen Abhebungen vom Konto gekommen sei, deutlich. Des
weiteren habe der Sachverständige SV1 in einem Prozess vor dem Landgericht in
Hannover dargelegt, dass das PIN-Verfahren mit Hilfe kryptologischer und/oder
mathematischer Methoden (sog. smart attacks) gebrochen werden könne. Das
Landgericht habe zudem die Voraussetzungen und den Anwendungsbereich der
Regeln über den Anscheinsbeweis sowie die Grundsätze des Urteils des BGH vom
5.10.2004 (Az. XI ZR 210/03; BGHZ 160, 308) zu den Kartenschadensfällen
verkannt und rechtsfehlerhaft entschieden. So fehle es hinsichtlich der
Kreditkarten der Beklagten bereits an einem feststehenden Lebenssachverhalt,
weil die Beklagte sich weigere, zu ihrem Sicherheitssystem vorzutragen. Ein
Anscheinsbeweis setze die Feststellung voraus, dass die PIN-Entschlüsselung mit
größtmöglichem finanziellem Aufwand mathematisch ausgeschlossen sei.
Zunächst sei zu klären, welches Sicherheitssystem mit welchem Schlüssel
verwendet worden sei, wie die Prüfwerte für Karte und PIN ermittelt würden und ob
nur eine alleinige Zuordnung des Prüfwertes zu einer einzigen PIN möglich sei,
ferner welches Sicherheitssystem bei der Beklagten bzw. im Bankrechenzentrum
existiere. Hierzu müsse die Beklagte aufgrund der sekundären Darlegungslast
gemäß BGH vortragen. Eine Übertragung oder Heranziehung anderer Urteile
komme nicht in Betracht. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung müsse die
Revision zugelassen werden.
In einem weiteren Schriftsatz vom 19.3.2007 hat der Kläger vorgebracht, dass nun
weitere Fälle von missbräuchlichen Abhebungen trotz verschlossener PIN-Briefe
(Dr. D betreffend Mastercard, E betreffend Eurocard) bekannt geworden seien.
Außerdem habe Prof. SV2 und seine Forschungsgruppe von der Universität in
Massachusetts herausgefunden, dass zumindest in der USA verwendete
Kreditkarten mit RFID-Transpondern angreifbar seien, weil mit Hilfe von
Bastlergeräten Informationen durch den ungeöffneten Briefumschlag gelesen
werden könnten. Vertrauliche Unterlagen der Kreditwirtschaft zum ec-Verfahren
lägen vor, was für Innentäterattacken spreche. Die Ausarbeitungen israelischer (F
und G, Tel Aviv) und britischer (Prof. H, Cambridge) Wissenschaftler hätten
ergeben, dass es in verschiedener Hinsicht möglich sei, die Schnittstellen
anzugreifen und Daten auszuspähen. Mr. I (Cambridge) habe festgestellt, dass
durch einen Angriff die meist unverschlüsselte Verifikationsmitteilung des
Rechenzentrums an den jeweiligen Geldautomaten inhaltlich verändert werden
könne; daneben habe Mr. I zusammen mit Mr. J festgestellt, dass ein
Programmierer, der die PIN-Verifikationsmethode kenne, in der Lage sei, durch
Versuche die richtige PIN zu ermitteln.
Man müsse auch die Möglichkeit des Erratens und die von Innentäterattacken,
auch von Mitarbeitern von Fremdfirmen, die in die Transaktionen einbezogen
seien, ggf. in Zusammenwirken mit Kriminellen, berücksichtigen.
Mit Schriftsatz vom 28.10.2008 hat der Kläger mitgeteilt, dass der Fall Dr. D nicht
mehr zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht werde, und er hat Parallelen
zwischen den Karten der Beklagten und der VISA-Karte vermutet bzw. gezogen
sowie auf einen Hacker-Angriff auf das Geldautomatennetz der K-Bank verwiesen.
Des weiteren hat der Kläger mit Schriftsatz vom 6.1.2009 der mit
Hinweisschreiben des Senats vom 31.10.2008 angekündigten Absicht der
Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO unter Verneinung dessen
Voraussetzungen widersprochen und seine Auffassung zur sekundären, nicht
erfüllten Darlegungslast der Beklagten unterstrichen.
Mit Schriftsätzen vom 11.3.2009 und 8.5.2009 hat der Kläger zur Untermauerung
des Vorliegens von Sicherheitsmängeln auf Angriffe gegen externe Dienstleister
und Schwachstellen bei der PIN-Bearbeitung und -Übermittlung hingewiesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 26.9.2005 abzuändern
und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 24.207,75 Euro nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 11.296,92 Euro seit dem
3.7.2003 sowie aus 12.910,83 Euro seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
13
14
15
16
17
18
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die Entscheidung des Landgerichts unter Wiederholung und
Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie hält die Aktivlegitimation des
Klägers für nicht gegeben und sieht einen Widerspruch zwischen dieser und der
Notwendigkeit einer Einzelfallprüfung der den Zessionen zugrundeliegenden
Sachverhalte. Die unrichtigen Behauptungen des Klägers zu den Fällen A, B-B und
C seien bereits erstinstanzlich widerlegt worden; ein Schluss auf Sicherheitslücken
sei nicht möglich. Der Kläger habe nichts vorgebracht, was die Sicherheit des
Systems der Beklagten in Frage stellen könne, weswegen vorliegend auch die
Ausführungen des BGH zur sekundären Beweislast nicht griffen, da diese ein
Aufzeigen von Sicherheitslücken voraussetzten. Das Landgericht habe auch die
Regeln über den Anscheinsbeweis und die Grundsätze des Urteils des BGH vom
5.10.2004 rechtsfehlerfrei angewendet. Dies entspreche auch der Rechtsprechung
des OLG Frankfurt am Main zu Kreditkarten (Az. 8 U 268/01, Urteil vom 7.5.2002;
19 U 71/03, Urteil vom 15.7.2003; zuletzt 16 U 70/05, Urteil vom 30.3.2006), der
zufolge nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises davon auszugehen sei,
dass mittels gestohlener oder sonst abhanden gekommener Kreditkarten am
Geldautomaten nur deshalb Auszahlungen vorgenommen werden konnten, weil
der Karteninhaber mit seiner Geheimzahl nicht sorgfältig umgegangen sei bzw.
diese pflichtwidrig bei sich getragen habe. Der typische Lebenssachverhalt
bestehe darin, dass mit Zahlungskarten, die u.a. mit PINs gesichert sind, nur dann
erfolgreich Geld am Geldautomaten abgehoben werden könne, wenn dies vom
Karteninhaber selbst erfolge, er Dritte bevollmächtigt habe oder diese durch
unsorgfältigen Umgang mit Kreditkarte und PIN an letztere gelangt seien. Fragen
des Sicherheitssystems hätten damit nichts zu tun. Anhaltspunkte für einen
atypischen Verlauf habe der Kläger nicht dargetan. Im übrigen habe die Beklagte -
soweit zumutbar – ohnehin schon umfassend zu ihrem System vorgetragen und
die technischen Aufzeichnungen zu den streitigen Auszahlungsvorgängen
vorgelegt. Im Jahr 2001 sei ihr System von einer Schlüsselbreite von 56 Bit auf das
sog. Triple-DES-Verfahren mit mindestens 128 Bit erhöht worden. Ihr
Sicherheitssystem sei mehrfach der sachverständigen Beurteilung unterzogen
worden mit dem Ergebnis der Feststellung der Sicherheit des Systems; so habe
dem Urteil des 8. Zivilsenats des OLG Frankfurt am Main vom 7.5.2002 das auch
in diesem Verfahren von ihr bereits vorgelegte Gutachten des anerkannten
Sachverständigen Dr. SV3 vom BSI zugrunde gelegen, das hier gemäß § 411a
ZPO verwertet werden könne. Weder PIN noch Referenzwert würden auf den
Kreditkarten der Beklagten gespeichert, wie durch Sachverständigengutachten
und Urteil des 8. Zivilsenats des OLG Frankfurt am Main bestätigt. Nach dem Urteil
des 16. Zivilsenats des OLG Frankfurt am Main vom 30.3.2006 (ebenfalls zu
Eurocard) böten die angeblichen Systemunsicherheiten keine Grundlage für eine
Beweisaufnahme und liefen auf eine Ausforschung hinaus. Auch vor diesem
Hintergrund habe der Kläger den Anscheinsbeweis nicht erschüttern können. Es
gebe keinen Grund für eine Revisionszulassung.
Die Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 28.10.2008 beträfen durchweg
andere Sicherheitssysteme und hätten mit dem System der Beklagten nichts zu
tun.
Auch im Hinblick auf den Schriftsatz des Klägers vom 6.1.2009 werde die
nochmalige Forderung nach weiteren Systemauskünften zurückgewiesen und
bleibe es beim Fehlen der für eine Beweisaufnahme erforderlichen
Anknüpfungstatsachen. Ohnehin stünden einer Beweisaufnahme aufgrund
Zeitablaufs ebenso wie im Parallelverfahren 23 U 38/05 praktische und
prozessuale Gründe entgegen. Ein Beweissicherungsverfahren zur
Sicherheitsstruktur im maßgeblichen Zeitraum der Abhebungen vom 15.9.1999
bis 24.4.2003 habe der Kläger nicht durchgeführt. Vortrag zu anderen Kartentypen
anderer Emittenten biete keine Anhaltspunkte für sicherheitsrelevante Mängel
beim Sicherheitssystem der Beklagten, das unabhängig von der Schüsselbreite
wiederholt begutachtet worden sei mit dem Ergebnis der Bestätigung der
Sicherheit.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien
wird auf deren im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
19
20
21
22
23
24
Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet, hat
aber in der Sache keinen Erfolg.
Es liegt kein Berufungsgrund im Sinne des § 513 ZPO vor, denn weder beruht die
Entscheidung des Landgerichts im Ergebnis auf einer Rechtsverletzung nach § 546
ZPO noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine
andere Entscheidung.
Das Landgericht hat zu Recht einen Zahlungsanspruch des Klägers gegen die
Beklagte aufgrund diverser angeblich unrechtmäßiger Eurocard-Transaktionen
verneint, denn die jeweiligen Belastungen erfolgten nicht ohne Rechtsgrund nach
Bereicherungsrecht.
Aus dem Geschäftsbesorgungsverhältnis zwischen den Zedenten und der
Beklagten kann kein Zahlungsanspruch abgeleitet werden, weil es sich bei den
Geldautomatenauszahlungen trotz des Diebstahls bzw. Abhandenkommens der
Karten um legitimierte Auszahlungen handelt, mit denen die Beklagte die Konten
der Zedenten belasten durfte. Sie kann sich darauf berufen, dass die aus dem
Kartenvertrag berechtigten Zedenten gegen ihre nebenvertragliche Pflicht
verstoßen haben, die Karten mit besonderer Sorgfalt aufzubewahren und dafür
Sorge zu tragen, dass kein unbefugter Dritter Kenntnis von der PIN
(Personenidentitätsnummer) erhält. Es ist davon auszugehen, dass die Zedenten
gegen diese Sorgfaltspflicht in einer allerdings im Einzelnen nicht bekannten Art
und Weise verstoßen haben, z.B. in der Form, dass sie die Karte zusammen mit
einem Schriftstück aufbewahrt haben, aus dem sich die PIN ergibt.
Nicht zu folgen ist dem Landgericht indessen, soweit es die Klageabweisung auf
eine fehlende Aktivlegitimation des Klägers gestützt hat.
Nach der seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung von Art. 1 § 3 Ziff. 8 des
Rechtsberatungsgesetzes ist ein Verbraucherschutzverband wie der Kläger zur
gerichtlichen Einziehung fremder und zu Einziehungszwecken abgetretener
Forderungen von Verbrauchern berechtigt, "wenn es im Interesse des
Verbraucherschutzes erforderlich ist". Dies stellt ein zwar einschränkendes, jedoch
gemäß der Entscheidung des BGH vom 14.11.2006 (BGHZ 170, 18; ebenso LG
Bonn WM 2005, 1772) weit auszulegendes Zulässigkeitskriterium dar. Hiernach ist
die gerichtliche Einziehung von Forderungen durch Verbraucherzentralen gemäß
Art. 1 § 3 Nr. 8 RBerG im Interesse des Verbraucherschutzes erforderlich, wenn sie
nicht nur Individualinteressen, sondern auch einem kollektiven
Verbraucherinteresse dient und eine effektivere Durchsetzung dieses Interesses
ermöglicht (BGH aaO). Das Landgericht hat unter Hinweis auf eine (mittlerweile
aufgehobene) Entscheidung des OLG Düsseldorf (NJW 2004, 1532) das Vorliegen
eines Verbraucherschutzinteresses im vorliegenden Fall zu Unrecht verneint. Der
Begriff des Verbraucherschutzinteresses ist dabei entgegen der Auffassung des
Klägers (der meint, dass eine nicht überprüfbare Ermessensentscheidung des
Verbraucherverbandes vorliege) gerichtlich nachprüfbar. In einem Fall wie dem
vorliegenden sprechen mehrere Gründe für eine Bejahung des
Verbraucherschutzinteresses. Der Gesetzgeber wollte nicht, dass die
Verbraucherschutzverbände zu Lasten von Inkassobüros und Rechtsanwälten in
großem Stil Forderungen einziehen und hat deshalb die genannte Einschränkung
"wenn dies im Interesse des Verbraucherschutzes erforderlich ist" hinzugefügt.
Dabei ist die Geltendmachung und Durchsetzung von Ansprüchen durch
Verbraucherschutzverbände geboten, wenn von einem Verstoß nicht nur das
Einzelinteresse eines Verbrauchers betroffen ist (Micklitz/Beuchler, NJW 2002, 1502
f). Dies kann im vorliegenden Fall ohne Weiteres gesagt werden. Eine
Geltendmachung von mehreren abgetretenen Ansprüchen durch eine
Verbraucherzentrale ist im Vergleich zu einer Einzelklage effektiver, da der
Verbraucherzentrale regelmäßig wesentlich mehr aussagekräftige und
repräsentative Informationen zu der jeweiligen verbraucherrelevanten Frage zur
Verfügung stehen, die einen gebündelten und vertieften Sachvortrag ermöglichen.
Da indirekt auch das Interesse einer Vielzahl anderer Verbraucher, die mit dem
selben Problem konfrontiert sind, gefördert wird, ist es offenbar sinnvoll,
förderungswürdig und dem Sinn der Änderung des Artikel 1 § 3 Ziffer 8 des
Rechtsberatungsgesetzes entsprechend, wenn in einem Fall wie dem vorliegenden
das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Bestimmung bejaht wird. Der Kläger
weist zu Recht darauf hin, dass er mehrere Sammelklagen erhoben hat, um
bestimmte typische Sachverhalte zur Klärung zu unterbreiten, die massenhaft
auftreten. Die Bündelung von Ansprüchen hat auch wegen der damit verbundenen
25
26
27
28
29
30
31
auftreten. Die Bündelung von Ansprüchen hat auch wegen der damit verbundenen
Streitwerterhöhung die erstinstanzliche Zuständigkeit des Landgerichts und die
Möglichkeit eines Berufungsverfahrens bei einem OLG zur Folge. Ein solcher über
den Einzelfall hinausgehender Bezug in Verbindung mit Kostenvorteilen ist danach
ausreichend (ebenso Senat im Parallelverfahren betreffend ec-Karten mit Triple-
DES Schlüssel 128 Bit mit rechtskräftigem Urteil vom 30.1.2008, Az. 23 U 38/05 –
bei juris).
Davon abgesehen bleiben die Angriffe der Berufung jedoch ohne Erfolg.
Das gilt insbesondere für den Hauptvorwurf des Klägers, das Landgericht habe die
Voraussetzungen und den Anwendungsbereich der Regeln über den
Anscheinsbeweis sowie die Grundsätze des Urteils des BGH vom 5.10.2004 (Az. XI
ZR 210/03, BGHZ 160, 308) zu den Kartenschadensfällen verkannt und
rechtsfehlerhaft entschieden.
Wie der Senat im Parallelverfahren betreffend ec-Karten mit Triple-DES Schlüssel
128 Bit mit rechtskräftigem Urteil vom 30.1.2008 (Az. 23 U 38/05) festgestellt hat,
besteht in Fällen, d.h. Lebenssachverhalten wie den vorliegenden mit Diebstahl
bzw. Abhandenkommen der Karte und anschließendem Karteneinsatz mit PIN ein
entsprechender Anscheinsbeweis dafür, dass die Zedenten gegen die oben
beschriebene Sorgfaltspflicht verstoßen haben. Das Bestehen eines solchen
Anscheinsbeweises wird von der ständigen Rechtsprechung (vgl. Senat a.a.O.; OLG
Frankfurt OLGR 2007, 294) anerkannt, abgesehen von hier nicht einschlägigen, da
nicht in concreto behaupteten und belegten Ausnahmefällen wie dem vorherigen
Ausspähen der Karte.
Inhalt und Umfang des Anscheinsbeweises in solchen Fällen ergeben sich aus der
grundlegenden Entscheidung des BGH vom 5.10.2004 (Az. XI ZR 210/03, BGHZ
160, 308). Zu Recht ist der BGH dort davon ausgegangen, dass der Beweis des
ersten Anscheins dafür spricht, dass der Karteninhaber die PIN auf der ec-Karte
notiert oder gemeinsam mit dieser verwahrt hat, wenn zeitnah nach dem
Diebstahl einer ec-Karte oder Verwendung dieser Karte und Eingabe der PIN an
Geldausgabeautomaten Bargeld abgehoben wird. Die Möglichkeit eines
Ausspähens der persönlichen Geheimzahl (PIN) durch einen unbekannten Dritten
kommt als andere Ursache grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn die ec-Karte
in einem näheren zeitlichen Zusammenhang mit der Eingabe der PIN durch den
Karteninhaber an einem Geldausgabeautomaten oder einem POS-Terminal
entwendet worden ist, was vorliegend jedoch auch nach dem Vortrag des Klägers
in keinem der 10 Fälle geschehen ist.
Nach diesem Urteil ist der Karteninhaber verpflichtet, dem Anscheinsbeweis durch
konkrete Darlegung und gegebenenfalls den Nachweis der Möglichkeit eines
atypischen Verlaufs die Grundlage zu entziehen (BGH a.a.O.). Dabei kommt es
nicht darauf an, ob es die theoretische Möglichkeit der Kenntniserlangung der PIN
durch Dritte gibt.
Der BGH hat sich in seiner Grundsatzentscheidung aber nicht nur, worauf zu Recht
Willershausen (in jurisPR-BKR 4/2008 Anm. 4) hingewiesen hat, zum Fall des
Diebstahls einer Karte geäußert, auch wenn dies dem der Entscheidung
zugrundeliegenden Sachverhalt entspricht. Vielmehr wurde vom BGH
grundsätzlich entschieden, dass in Fällen, in denen an Geldautomaten unter
Verwendung der zutreffenden Geheimzahl Geld abgehoben wurde, der Beweis des
ersten Anscheins dafür spricht, dass entweder der Kartenbesitzer als rechtmäßiger
Kontoinhaber die Abhebungen selbst vorgenommen hat oder, dass ein Dritter
nach der Entwendung der Karte von der Geheimnummer nur wegen ihrer
Verwahrung gemeinsam mit der Karte Kenntnis erlangen konnte.
Das OLG Karlsruhe hat mit Urteil vom 6.5.2008 (Az. 17 U 170/07 - bei juris) auf der
Grundsatzentscheidung des BGH aufbauend entschieden, dass der erste Anschein
auch dann dafür spricht, dass der Berechtigte die Abhebungen selbst veranlasst
hat oder er die ec-Karte gemeinsam mit der Geheimnummer pflichtwidrig so
verwahrt hat, dass ein unberechtigter Dritter diese zwischenzeitlich verwenden
konnte, wenn Abhebungen mit einer ec-Karte unter Verwendung der PIN an einem
Geldautomaten vorgenommen werden und sich nicht mehr klären lässt, ob der
Berechtigte durchgehend im Besitz der Karte war. Ferner hat es festgestellt, dass
der Inhaber einer ec-Karte den Anscheinsbeweis nicht erschüttern kann, wenn er
sich auf die abstrakte Gefahr der unberechtigten Ausspähung von Daten und
Herstellung von Kartendubletten beruft und gleichzeitig vorträgt, die ec-Karte
zuvor ausschließlich in den Schalterräumen seiner Bank eingesetzt zu haben, in
32
33
34
35
36
37
38
zuvor ausschließlich in den Schalterräumen seiner Bank eingesetzt zu haben, in
der Missbrauchsfälle bisher nie bekannt geworden sind.
Es ist kein Grund dafür ersichtlich, diese grundlegenden Maßstäbe der
Rechtsprechung nicht entsprechend auch auf den streitgegenständlichen Einsatz
von Kreditkarten, hier der Eurocard anzuwenden, da in diesem Zusammenhang
keine wesentlichen Unterschiede zwischen diesen Kartentypen bestehen. Insoweit
wird im einzelnen auch auf die ausführliche, überzeugende Begründung im Urteil
des Landgerichts Bezug genommen. Schließlich hat gleichfalls das OLG
Brandenburg mit Urteil vom 7.3.2007 (Az. 13 U 69/06 – bei juris) die
Anwendbarkeit dieser Grundsätze zum Anscheinsbeweis auf Kreditkarten bejaht.
Danach ist vorliegend von einem Anscheinsbeweis dafür auszugehen, dass
entweder die Kartenbesitzer als rechtmäßige Kontoinhaber die Abhebungen selbst
vorgenommen haben oder dass die Zedenten jeweils gegen ihre oben
beschriebene Sorgfaltspflicht verstoßen haben und ein Dritter nach der
Entwendung oder dem sonstigen Abhandenkommen der Karte von der
Geheimnummer nur wegen ihrer Verwahrung gemeinsam mit der Karte Kenntnis
erlangen konnte. Das Landgericht hat im unstreitigen Teil des Tatbestands
festgestellt, dass die streitbefangenen Abhebungen kurze Zeit nach dem
Kartenverlust und damit zeitnah im Sinne der zitierten Rechtsprechung des BGH
erfolgt sind.
Diesen Anscheinsbeweis hat der Kläger nicht erschüttert bzw. entkräftet, denn
hierzu wäre es erforderlich gewesen, dem Anscheinsbeweis durch konkrete
Darlegung und gegebenenfalls den Nachweis der Möglichkeit eines atypischen
Verlaufs die Grundlage zu entziehen.
Vorliegend fehlt es indessen bereits an einer solchen substantiierten Darlegung
durch den Kläger für die unterschiedlich gelagerten Sachverhalte und erst recht an
einem entsprechenden Nachweis.
Der primär darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat Lücken oder Schwächen
im allein streitgegenständlichen Sicherungssystem der Beklagten nicht konkret
und substantiiert dargelegt sowie (insbesondere nicht im Berufungsverfahren)
unter Beweis gestellt, sondern sich in der Berufungsbegründung auf die Rüge
beschränkt, es fehle hinsichtlich der Kreditkarten der Beklagten bereits an einem
feststehenden Lebenssachverhalt, weil die Beklagte sich weigere, zu ihrem
Sicherheitssystem vorzutragen. Zunächst solle nach seiner Ansicht zu klären sein,
welches Sicherheitssystem mit welchem Schlüssel verwendet worden sei, wie die
Prüfwerte für Karte und PIN ermittelt würden und ob nur eine alleinige Zuordnung
des Prüfwertes zu einer einzigen PIN möglich sei, ferner welches Sicherheitssystem
bei der Beklagten bzw. im Bankrechenzentrum existiere; hierzu müsse die
Beklagte aufgrund der sekundären Darlegungslast gemäß BGH vortragen.
Dieser Standpunkt des Klägers ist jedoch unzutreffend, denn die Beklagte hat
bereits hinreichend ihrer sekundären Darlegungslast genügt und im Rahmen des
nach der Rechtsprechung des BGH (a.a.O.) Zumutbaren - wobei auch ihre
berechtigten, nicht zuletzt im Kundeninteresse liegenden
Geheimhaltungsinteressen zu beachten sind – wiederholt zu ihrem
Sicherheitssystem vorgetragen sowie insbesondere die technischen
Aufzeichnungen zu den streitigen Auszahlungsvorgängen vorgelegt; zumindest
letzteres wird vom Kläger nicht in Abrede gestellt.
Das OLG Brandenburg hat mit dem oben zitierten Urteil (a.a.O.) zu einem
vergleichbaren Kreditkarten-Sachverhalt ebenfalls die Ansicht vertreten, dass es
nicht generell so ist - wie aber der Kläger meint -, dass der Karteninhaber nicht in
der Lage ist, Sicherheitslücken im System des Kartenausgebers aufzuzeigen.
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH zur sekundären Darlegungslast kann es
zwar Sache einer nicht primär darlegungs- und beweispflichtigen Partei sein, sich
im Rahmen der ihr nach § 138 Abs. 2 ZPO obliegenden Erklärungspflicht zu den
Behauptungen der beweispflichtigen Partei konkret zu äußern, wenn diese
außerhalb des von ihr vorzutragenden Geschehensablaufs steht und keine nähere
Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, ihr Prozessgegner aber die
wesentlichen Umstände kennt und es ihm zumutbar ist, dazu nähere Angaben zu
machen. Das gilt gemäß OLG Brandenburg auch für das die Kreditkarte
ausgebende Kreditinstitut hinsichtlich der von ihm - im Rahmen des Zumutbaren
und gegebenenfalls in verallgemeinernder Weise - darzulegenden
Sicherheitsvorkehrungen, wodurch der Karteninhaber in die Lage versetzt wird,
Beweis der von ihm vermuteten Sicherheitsmängel antreten zu können. Diesen
39
40
41
42
43
Beweis der von ihm vermuteten Sicherheitsmängel antreten zu können. Diesen
Anforderungen genügenden Vortrag hat die Beklagte im vorliegenden Verfahren
gebracht.
So ist auch geklärt, dass im Jahr 2001 das System der Beklagten von einer
Schlüsselbreite von 56 Bit auf das sog. Triple-DES-Verfahren mit mindestens 128
Bit erhöht worden ist, was der Kläger nicht in erheblicher Weise bestritten hat.
Ebenso hat die Beklagte dargelegt, dass weder PIN noch Referenzwert auf ihren
Kreditkarten gespeichert werden, und sich auf eingeholte, dem Kläger bekannte
Sachverständigengutachten und das Urteil des 8. Zivilsenats des OLG Frankfurt
am Main (s.o.) zur Bestätigung berufen. Dem ist der Kläger ebenfalls nicht in
erheblicher Weise entgegen getreten.
Zu Recht hat die Beklagte ferner darauf verwiesen, dass ihr Sicherheitssystem
mehrfach der sachverständigen Beurteilung unterzogen worden ist mit dem
Ergebnis der Feststellung der Sicherheit des Systems, und zwar auch bereits für
den Zeitraum der Verwendung der Schlüsselbreite von 56 Bit, weshalb hierin kein
entscheidender Unterschied liegt. So hat dem Urteil des 8. Zivilsenats des OLG
Frankfurt am Main vom 7.5.2002 (WM 2002, 2101; zustimmende Anmerkung
Meder WuB I D S a Kreditkarte 1.03) das auch in diesem Verfahren von ihr bereits
vorgelegte Gutachten des Sachverständigen Dr. SV3 vom Bundesamt für
Sicherheit in der Informationstechnik vom 10.12.2000 zur Eurocard (Bl. 286ff d.A.)
zugrunde gelegen, dessen Verwertung nach § 411a ZPO hier möglich ist, wie der
Senat im Hinweisschreiben vom 31.10.2008 mitgeteilt hat; der Kläger ist dem
nicht entgegen getreten.
Vor diesem Hintergrund und auf dieser Grundlage hat der Kläger nicht gemäß der
ihn selbst treffenden primären Darlegungslast konkret und substantiiert
vorgebracht, an welchen Stellen genau welche Sicherheitslücken oder –schwächen
bei der Beklagten bestehen sollen, was ihm aber auf der Grundlage des
Beklagtenvorbringens und der vorgelegten Unterlagen einschließlich des
Sachverständigengutachtens möglich gewesen wäre und Voraussetzung einer
Beweisaufnahme ist, die den Vortrag entsprechender Anknüpfungstatsachen
erfordert. Der Verweis des Klägers auf mehr theoretisch gebliebene Möglichkeiten
der Kenntniserlangung der PIN durch Dritte oder gar auf Angriffe auf bzw.
Sicherheitsmängel von anderen Kartensystemen anderer Emittenten als der
Beklagten und mit anderen Sicherheitssystemen genügt demgegenüber diesen
Anforderungen nicht und bietet keine Grundlage für eine Beweisaufnahme.
So hat denn auch der 8. Zivilsenat des OLG Frankfurt am Main mit o.g. Urteil vom
7.5.2002 (a.a.O.) festgestellt, dass keine Bedenken bestehen, insoweit von einem
Anscheinsbeweis auszugehen, wenn wegen der außerordentlichen Schwierigkeiten,
die PIN-Nummer zu ermitteln, angenommen werden muss, dass der
Karteninhaber die Nummer pflichtwidrig bei sich getragen hat; ein allenfalls
theoretischer abweichender Geschehensablauf ist danach so fernliegend, dass er
außer Betracht zu lassen ist. In seiner o.g. Urteilsanmerkung hat Meder (a.a.O.)
dem Gericht zunächst darin zugestimmt, dass bei einem Missbrauch der Karte mit
PIN ein typischer Geschehensablauf vorliege, der einen Anscheinsbeweis
hinsichtlich der Sorgfaltspflichtverletzung zulasse. Darüber hinaus hat Meder
nachvollziehbar und plausibel erläutert, dass technisch keine realistische
Möglichkeit besteht, dass ein Dieb mit wirtschaftlich sinnvollem Aufwand die PIN
ermittelt. Außerdem ist er auf die Unterschiede zwischen Kreditkarten und ec-
Karten eingegangen und hat insbesondere herausgearbeitet, dass bei letzteren
die PIN offline gelesen wird, weshalb er mit guten Gründen die Meinung vertritt,
dass bei einer Kreditkarte - wie vorliegend - die Ermittlung der PIN noch
unwahrscheinlicher sei als bei einer ec-Karte.
Diese Beurteilung des Senats deckt sich ferner mit der des 16. Zivilsenats des
OLG Frankfurt am Main in seinem Urteil vom 30.3.2006 (NJW-RR 2007, 198)
ebenfalls zur Eurocard in einem vergleichbaren Sachverhalt, wonach
Behauptungen allgemeiner Natur zur angeblichen Möglichkeit einer PIN-Ermittlung
nicht berücksichtigungsfähig und eher spekulativ sind sowie ohne konkrete
Anknüpfungstatsachen auf eine unzulässige Ausforschung hinauslaufen. Des
weiteren hat der 16. Zivilsenat zutreffend unter Bezugnahme auf die
Rechtsprechung (OLG Frankfurt am Main, NJW-RR 2004, 206 ff.) darauf
hingewiesen, dass es für einen signifikanten Anstieg von PIN-Entschlüsselungen
keinen greifbaren Anhaltspunkt gibt, und auch von keinem Experten bestritten sei,
dass alle Kreditkartengeschäftsaktionen an Geldausgabeautomaten stets online
geprüft werden.
44
45
46
47
48
49
50
51
Hier wie dort hat die Beklagte zudem im einzelnen dargelegt, dass die
Überprüfung der PIN online durch einen Zentralrechner erfolgt ist, was durch die
von ihr jeweils vorgelegten Autorisierungsprotokolle bewiesen ist. Die Abhebung
erfolgte unter korrekter Eingabe der PIN, was sich eindeutig aus den von der
Beklagten für alle geltend gemachten Fälle vorgelegten
Transaktionsdokumentationen ("Auflistung Autorisierungen") ergibt.
Es kommt hinzu, dass die streitgegenständlichen Vorfälle bereits aus dem
Zeitraum 1999-2003 stammen, also wie der vom 16. Zivilsenat entschiedene
Vorfall aus dem Jahre 2002 aus einer Zeit, als die technischen Möglichkeiten für
Manipulationen noch erheblich geringer waren als heute.
Die Beurteilung des Senats im vorliegenden Fall steht ferner auch im Einklang mit
dem rechtskräftigen Urteil des Senats vom 30.1.2008 im Parallelverfahren
betreffend ec-Karten mit Triple-DES Schlüssel 128 Bit (Az. 23 U 38/05, WM 2008,
534, mit zustimmender Anmerkung Meder/Flick WuB I D 5 b Debit-Karte 1.08), wo
der Kläger auch beteiligt war und dem zufolge der Senat auf der Grundlage der
durchgeführten Beweisaufnahme mit Zeugenvernehmung und
Sachverständigengutachten einschließlich Erläuterung die Überzeugung gewonnen
hat, dass das dort verwandte System ebenfalls mit Triple-DES-Schlüssel,
bestehend aus 128 Bit, im entscheidungserheblichen Zeitraum (Dezember 1999
bis Februar 2003) den Sicherheitserfordernissen entsprach. Eine darüber
hinausgehende, vom Kläger geforderte Beweisaufnahme hat der Senat aus
praktischen und prozessualen Gründen nicht für erforderlich gehalten, die hier
entsprechend gelten und auf die Bezug genommen wird.
Außerdem ist jedenfalls im Berufungsverfahren kein den genannten Vorgaben
entsprechender Beweisantritt des Klägers zu konkreten Sicherheitsmängeln im
Kartensystem der Beklagten erfolgt. Soweit der Berufungsführer aber das
Übergehen von Beweisangeboten als rechtsfehlerhaft rügen will, muss er es
erwähnen und den Rechtsfehler darstellen (ebenso Zöller-Heßler, ZPO, 27. Aufl.
2009, § 520 Rn 41 m.w.N.), weshalb er es letztlich auch wiederholen muss.
Soweit der Kläger – wenn auch zur Begründung der Aktivlegitimation – darauf
verwiesen hat, dass es in drei Fällen (A, B und C) trotz verschlossener PIN-Briefe
zu missbräuchlichen Abhebungen vom Konto gekommen sei, führt das auch in
diesem Kontext zu keiner anderen Beurteilung.
Die Beklagte hatte bereits in der ersten Instanz beim Fall A den Kundenstatus
bestritten, den der Kläger auch in der Berufungsbegründung nicht unter Beweis
gestellt hat. Hinsichtlich des Falles B folgt aus deren Schreiben vom 20.6.2002 (Bl.
718ff d.A.), dass sie den PIN-Brief sehr wohl geöffnet hatte, weshalb das
diesbezügliche Vorbringen des Klägers unschlüssig ist. Zum Fall C hatte die
Beklagte zu Recht eingewendet, dass dieser eine Visa-Karte und nicht die Eurocard
der Beklagten hatte, was im übrigen auch dem eigenen Vortrag des Klägers
entspricht (Bl. 849 d.A.). Eine Erschütterung des oben ausgeführten
Anscheinsbeweises hinsichtlich des Kartensystems der Beklagten kann somit auch
hierauf nicht gestützt werden.
Das weitere Vorbringen des Klägers nach der Berufungsbegründungsfrist im
Schriftsatz vom 19.3.2007 insbesondere zu den beiden angeführten Fälle
angeblich verschlossener PIN-Briefe (Dr. D Mastercard, E Eurocard) ist von der
Beklagten bestritten worden und damit als neues, nicht unstreitiges Angriffsmittel
(vgl. dazu BGH MDR 2005, 527; Zöller-Gummer/Heßler, § 531 Rn 22 mwN)
mangels Darlegung bzw. Vorliegens eines der Zulassungsgründe nach § 531 Abs.
2 ZPO nicht zu berücksichtigen. Darüber hinaus betreffen diese beiden
angeführten Fälle nach dem Vorbringen der Beklagten keine von ihr emittierten
Karten, was etwa mit dem Vortrag des Klägers zur Betreuung der Mastercard
durch die Pluscard GmbH übereinstimmt. Auf die Auflage des Senats vom
17.9.2008 hin, die Relevanz für die streitgegenständlichen, von der Beklagten
betreuten Eurocard-Fälle darzulegen, hat der Kläger denn auch mitgeteilt, den Fall
Dr. D nicht mehr zum Gegenstand des Rechtsstreits zu machen. Emittentin der
Eurocard im Fall E ist nach dem insoweit deckungsgleichen Vortrag der Parteien
aber ebenfalls nicht die Beklagte, sondern die Sparkasse …; im übrigen gilt
insoweit der Ausschluss nach § 531 Abs. 2 ZPO.
Hinsichtlich der übrigen, allgemeinen Gesichtspunkte wie etwa RFID-Transponder,
Innentäterattacken, Angriffen auf Schnittstellen oder Erraten von PINs etc., die
auch bereits Gegenstand des Parallelverfahrens 23 U 38/05 gewesen sind, wird zur
52
53
54
55
56
57
auch bereits Gegenstand des Parallelverfahrens 23 U 38/05 gewesen sind, wird zur
Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Senats im dortigen,
den Parteien bekannten Urteil Bezug genommen, mit denen im einzelnen die
Erforderlichkeit einer Beweisaufnahme und die Erschütterung des
Anscheinsbeweises verneint worden ist. Diese Gesichtspunkte betreffen auch
keine Spezifika des Kartensystems der Beklagten, weshalb die dortigen
Ausführungen, denen auf der Grundlage des hiesigen Vorbringens in der Sache
nichts weiteres hinzuzufügen ist, auch hier entsprechend gelten.
Der Schriftsatz des Klägers vom 28.10.2008 u.a. zu Geldautomaten der K-Bank
oder zur SparCard 3000 plus mit Gutachten ... vom 5.7.2007 (das zudem einen
vorliegend in concreto weder behaupteten noch unter Beweis gestellten Zugriff auf
die Programmierschnittstelle eines der in den zugrunde liegenden Fällen
benutzten Geldautomaten voraussetzt) bietet ferner aus den genannten Gründen
wie Betroffenheit eines anderen Kartensystems ebenfalls keinen Anlass zu einer
abweichenden Beurteilung.
Dasselbe gilt für den Schriftsatz des Klägers vom 6.1.2009, der sich in erster Linie
mit dem Fehlen der Voraussetzungen eines Beschlusses nach § 522 Abs. 2 ZPO
befasst und im übrigen zur sekundären, nach seiner Auffassung nicht erfüllten
Darlegungslast der Beklagten weitgehend bereits erfolgten und oben
berücksichtigten Vortrag wiederholt hat.
Soweit der Kläger mit den Schriftsätzen vom 11.3.2009 und 8.5.2009 zur
Untermauerung des Vorliegens von angeblichen Sicherheitsmängeln auf Angriffe
gegen externe Dienstleister und diverse Schwachstellen bei der PIN-Bearbeitung
und -Übermittlung hingewiesen hat, handelt es sich im wesentlichen um Vortrag
zu anderen Kartentypen anderer Emittenten, womit ein konkreter Bezug zum
Sicherheitssystem der Beklagten und damit die Relevanz für das vorliegende
Verfahren fehlt. Auch hier bleibt es wie im übrigen dabei, dass das Vorbringen des
Klägers nicht über unbeachtliche, weil bloß theoretische bzw. abstrakte
Möglichkeiten der Kenntniserlangung der PIN durch Dritte hinausgeht und nicht zur
Erschütterung des zugunsten der Beklagten geführten Anscheinsbeweises genügt.
Dass die streitgegenständlichen Sachverhalte in concreto auf diesen angeblichen
Sicherheitsmängeln beruhen, hat der Kläger in diesem Kontext ebenso wenig
substantiiert behauptet und unter Beweis gestellt wie bei den oben behandelten
angeblichen Sicherheitslücken.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711
ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da der Rechtsstreit keine grundsätzliche
Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§
543 ZPO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.