Urteil des OLG Frankfurt vom 18.05.2006

OLG Frankfurt: erhöhung des kapitals, sacheinlage, dingliche sicherheit, kapitalerhöhung, grundstück, belastung, verfügung, sparkasse, stammeinlage, verkehrswert

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Gericht:
OLG Frankfurt 20.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
20 W 495/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 7 GmbHG, § 9c GmbHG, §
56 GmbHG, § 57a GmbHG
(Handelsregistereintragung der Erhöhung des
Stammkapitals der GmbH: Überprüfung der Belastung des
als Sacheinlage eingebrachten Grundstücks mit
bestehender Grundschuld zur Absicherung von
Gesellschaftsverbindlichkeiten)
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 550.000,-- EUR.
Gründe
I.
Der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer der Gesellschaft meldete unter
dem 13. Januar 2005 zur Eintragung in das Handelsregister die Erhöhung des
Stammkapitals der Gesellschaft um 550.000,-- EUR auf 601.200,-- EUR an. Die
neue Stammeinlage soll durch den bisherigen Alleingesellschafter durch
Einbringung eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstückes in …
erbracht werden, dessen Wert nach einem eingereichten Gutachten vom 23.
Dezember 2004 auf 550.000,-- EUR geschätzt wurde. Die in Abteilung 3 des
Grundbuches für die Sparkasse ... eingetragene Grundschuld in Höhe von
500.000,-- EUR soll durch die Gesellschaft übernommen werden.
Die Umschreibung des Grundstückes auf die Gesellschaft erfolgte am 05. Januar
2005.
Nachdem der Registerrichter nähere Angaben zu der eingetragenen Belastung im
Hinblick auf die hierdurch bedingte Wertminderung des Grundstückes angefordert
hatte, legte die Betroffene eine Vereinbarung über die Änderung des
Sicherungszwecks zwischen der Sparkasse ..., dem Alleingesellschafter und der
Gesellschaft vor, wonach die auf dem eingebrachten Grundstück eingetragene
Grundschuld nunmehr ausschließlich der Sicherung näher bezeichneter
Forderungen der Sparkasse gegen die Gesellschaft aus dem Geschäftsgiro sowie
fünf Darlehensverträgen dienen soll.
Der Registerrichter des Amtsgerichts wies die Anmeldung der Kapitalerhöhung mit
Beschluss vom 30. Juni 2005 mit der Begründung zurück, der Verkehrswert des
Grundstückes decke im Hinblick auf die eingetragene Grundschuld nicht den
Betrag der Kapitalerhöhung.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies das Landgericht nach Nichtabhilfe
durch das Amtsgericht mit Beschluss vom 11. Oktober 2005 zurück. Zur
Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei dem Grundstück als
Sacheinlage sei auf den Zeitwert im Sinne des Marktpreises abzustellen; dabei
seien eingetragene und zumindest teilweise valutierte Belastungen wertmindernd
zu berücksichtigen. Hieran könne auch der Umstand nichts ändern, dass die
Grundschuldgläubigerin bereits Gläubigerin der GmbH sei und nunmehr für ihre
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Grundschuldgläubigerin bereits Gläubigerin der GmbH sei und nunmehr für ihre
Forderungen eine dingliche Sicherheit auf dem Grundstück der GmbH erhalte, die
ihr auch nach der Einbringung eines unbelasteten Grundstückes hätte bestellt
werden können.
Gegen den landgerichtlichen Beschluss wendet sich die Betroffene mit der
weiteren Beschwerde, mit der sie im Wesentlichen geltend macht, zur
Bestimmung des Wertes eines Sacheinlagegegenstandes sei auf den Wert
abzustellen, der in der handelsrechtlichen Eröffnungsbilanz als Höchstwert
angemessen wäre. Es sei deshalb auf den nach bilanzrechtlichen
Bewertungsvorschriften zu ermittelnden Zeitwert bzw. den
Wiederbeschaffungswert abzustellen. Durch die Grundschuld werde die
Werthaltigkeit der Sacheinlage nicht beeinträchtigt. Da die Grundschuld die
Verbindlichkeiten der Gesellschaft sichere und diese sich durch die Einbringung
des Grundstückes als Sacheinlage nicht erhöhten, sei eine bilanzielle Erhöhung
des Kapitals der Gesellschaft um 550.000,-- EUR gegeben. Der Gesellschaft fließe
durch die Einlage des Grundstückes ein Wert zu, mit dem die auf dem Grundstück
lastenden Grundschulden in voller Höhe abgelöst werden und somit die
Verbindlichkeiten der Gesellschaft zurückgeführt werden könnten. Auf eine
allgemeine Umlauffähigkeit oder einer Eignung als Zugriffsobjekt für sämtliche
Gesellschaftsgläubiger komme es nicht an, vielmehr sei ausreichend, wenn der
Gegenstand der Sacheinlage der Gesellschaft zur Verwendung für ihre Zwecke frei
zur Verfügung stehe und im Rahmen des Gesamtunternehmens den
Gläubigerinteressen nutzbar gemacht werden könne. Der Gesellschaft sei reales
Vermögen zugeflossen, da sie das Grundstück veräußern und sich hierdurch von
Verbindlichkeiten entlasten könne.
II.
Die zulässige weitere Beschwerde führt in der Sache nicht zum Erfolg, da die
Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§
27 Abs. 1 Satz 2 FGG, 546 ZPO).
Die Vorinstanzen haben gemäß §§ 57 a, 9 c Abs. 1 Satz 2 GmbHG die Eintragung
der angemeldeten Kapitalerhöhung zu Recht abgelehnt, da die Sacheinlage zum
maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung nicht in voller Höhe werthaltig ist.
Nach § 57 Abs. 1 und 2 GmbHG ist die beschlossene Erhöhung des Stammkapitals
zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden, nachdem das erhöhte Kapital
durch Übernahme von Stammeinlagen gedeckt ist. Im Falle der Kapitalerhöhung
durch Sacheinlage ist in der Anmeldung die Versicherung abzugeben, dass die
Einlage auf das neue Stammkapital nach § 7 Abs. 2 Satz 1 und 3, Abs. 3 GmbHG
bewirkt ist und der Gegenstand der Leistung sich endgültig in der freien Verfügung
des Geschäftsführers befindet. Außerdem sind gemäß § 57 Abs. 3 Nr. 3 GmbHG
bei einer Sacheinlage die Verträge beizufügen, die der Festsetzung nach § 56
GmbHG zugrunde liegen oder zu ihrer Ausführung geschlossen worden sind. Dabei
sind auch Unterlagen darüber beizufügen, dass der Wert der Sacheinlage den
Betrag der dafür übernommenen Stammeinlage erreicht, da die Bewertung der
Sacheinlage durch das Registergericht zu überprüfen ist (vgl. Keidel/Krafka/Willer,
Registerrecht, 6. Aufl., Rn. 1056; Balser/Bokelmann/Piorreck, Die GmbH, 13. Aufl.
Rn. 343 und 345). Maßgeblicher Stichtag für die Bewertung der Sacheinlage ist bei
der Kapitalerhöhung der Zeitpunkt der Anmeldung ( vgl. OLG Düsseldorf BB 1996,
338; Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Aufl., § 57 a Rn. 11 m.w.N.). Im vorliegenden
Falle ist die Übertragung des Grundstückes durch Umschreibung im Grundbuch
am 05. Januar 2005 erfolgt. In der Anmeldung vom 13. Januar 2005 hat der
Geschäftsführer zwar die gesetzlich vorgeschriebene Versicherung abgegeben und
das Sachverständigengutachten über den Verkehrswert des Grundstückes
vorgelegt. Aus der später von ihm eingereichten Vereinbarung über die Änderung
des Sicherungszweckes vom 06. Mai 2005 ergibt sich jedoch, dass sowohl zum
Zeitpunkt des Eigentumsüberganges als auch zum maßgeblichen Zeitpunkt der
Anmeldung die von der Gesellschaft übernommene dingliche Belastung in Gestalt
der Grundschuld über 500.000,-- DM noch der Absicherung der persönlichen
Schulden des Alleingesellschafters und Geschäftsführers bei der Sparkasse ...
diente und somit bereits deshalb unzweifelhaft nicht werthaltig im Sinne der neuen
Stammeinlage in Höhe von 550.000,-- EUR sein konnte.
Darüber hinaus haben die Vorinstanzen eine Werthaltigkeit in dieser Höhe
unabhängig vom Zeitpunkt des Wirksamwerdens der geänderten
Sicherungsvereinbarung auch mit zutreffenden Erwägungen abgelehnt. Zwar kann
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Sicherungsvereinbarung auch mit zutreffenden Erwägungen abgelehnt. Zwar kann
der Wertansatz grundsätzlich nach allgemeinen Bewertungsregeln wie für die
Eröffnungsbilanz erfolgen; dabei ist jedoch die Verwendungsmöglichkeit für die
Zwecke der Gesellschaft zu berücksichtigen, bei Anlagevermögen also der
Nutzungswert im Rahmen des Gesellschaftsvermögens bzw. der
Wiederbeschaffungswert (vgl. Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Aufl., § 5 Rn. 34;
Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 4. Aufl., § 5 Rn. 36; Michalski, GmbHG, § 5 Rn.
188).
Nach diesen Grundsätzen kann hier entgegen der Auffassung der weiteren
Beschwerde für die Ermittlung des Wertes des Grundstückes als
Sacheinlagegegenstand nicht allein auf dessen von dem Sachverständigen
ermittelten Verkehrswert ohne Berücksichtigung der Belastung durch die
eingetragene Grundschuld in Höhe von 500.000,-- EUR abgestellt werden. Dies
kann insbesondere nicht aus der Erwägung abgeleitet werden, dass es der
Gesellschaft nach Einbringung eines unbelasteten Grundstückes freigestanden
hätte, dieses zur Absicherung eigener Verbindlichkeiten der GmbH ebenfalls mit
einer Grundschuld zu belasten. Denn in diesem Falle wäre der Gesellschaft
zunächst zur freien Verfügung ein höherer Wert zugeflossen.
Im übrigen ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen, dass die Darlehen und
Verbindlichkeiten, deren Absicherung die Grundschuld nunmehr dienen soll, der
Gesellschaft bereits vor der Einbringung gewährt bzw. von ihr eingegangen wurden.
Damit wurde der Gesellschaft durch die Einbringung des bereits belasteten
Grundstückes auch nicht die Möglichkeit eröffnet, sich neues Fremdkapital zu
beschaffen. Auch hieraus folgt, dass durch die Einbringung des bereits fast bis an
die Grenze des Verkehrswertes belasteten Grundstückes der Gesellschaft kein für
ihre Zwecke frei zur Verfügung stehender und für die Gläubigerinteressen
insgesamt nutzbar zu machender Vermögenswert in Höhe von 550.000,-- EUR
zugeflossen ist.
Des weiteren kann aus diesen Gründen die Einbringung des belasteten
Grundstückes entgegen der Auffassung der weiteren Beschwerde hier auch nicht
der Tilgung einer Gesellschaftsschuld in Höhe des gesamten Verkehrswertes des
Grundstückes gleichgestellt werden.
Die weitere Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.
Die Festsetzung des Wertes der weiteren Beschwerde beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30
Abs. 1 KostO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.