Urteil des OLG Frankfurt vom 01.07.2005

OLG Frankfurt: stammeinlage, begründung des urteils, vernehmung von zeugen, treu und glauben, aufschiebende bedingung, klageerweiterung, geschäftsführer, stammkapital, einzahlung, abtretung

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Gericht:
OLG Frankfurt 10.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 U 98/02
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 3 GmbHG, § 5 Abs 4
GmbHG, § 19 Abs 5 GmbHG,
InsO
(Erneute Geltendmachung einer Stammeinlageforderung
einer insolventen GmbH mit Beteiligung an einem Cash-
Pool-System)
Leitsatz
1. Zur Werthaltigkeit von Stammeinlagen, die auf ein sog. Pool-Konto weitergeleitet
werden
2. Zur Frage des Vorliegens einer verdeckten Sacheinlage
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klageerweiterung wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 %
des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der
Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden
Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Der Kläger nimmt in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen
der ... GmbH, vormals A GmbH in O1 den Beklagten als Erwerber eines
Geschäftsanteils (§ 16 III GmbHG) auf Leistung der Stammeinlage in Anspruch; der
Beklagte behauptet u. a., dass die Stammeinlagen vollständig erbracht seien. Im
Zentrum der Auseinandersetzung der Parteien steht dabei die Behauptung des
Klägers, durch seitens der Gesellschafter auf die Stammeinlagen in voller Höhe
erbrachte Zahlungen sei ein Freiwerden von der Verpflichtung zur Erbringung der
Stammeinlage nicht eingetreten, weil entsprechende Zahlungen seitens der
Insolvenzschuldnerin wieder an die Gesellschafterin B GmbH O2 ausgekehrt
worden seien (§ 19 V GmbHG – Kategorie des Hin- und Herzahlens). Insofern ist
unstreitig, dass das Stammkapital der damaligen A GmbH in O1 200.000,00 DM
betrug. Gehalten wurden insofern Geschäftsanteile in Höhe von 180.000,00 DM
von der C GmbH (um einen Teil hiervon geht es im vorliegenden Rechtsstreit) und
in Höhe von 20.000,00 DM von der D GmbH (dies betrifft nicht den Gegenstand
des Rechtsstreits). Der Geschäftsanteil der C GmbH in Höhe von 180.000,00 DM
wurde am 26.06.1997 an die E GmbH übertragen, von dieser geteilt und in Höhe
eines Teilgeschäftsanteils von 97.000,00 DM am 04.07.1997 an den Beklagten
veräußert. § 10 des diesbezüglichen Vertrages lautet u.a.:
„Die Abtretung ist aufschiebend bedingt durch die volle Einzahlung der
ausstehenden Stammeinlage auf 97.000,- DM ...“
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Der Kläger behauptet, auf das Zielkonto des Cash-Pool-Verfahrens geleistete
Zahlungen auf die Stammeinlage hätten der Insolvenzschuldnerin nicht
hinreichend zur freien Verfügung gestanden, im übrigen sei diesbezüglich von
einem unzulässigen Hin- und Herzahlen auszugehen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des
angefochtenen Urteils verwiesen.
Im ersten Rechtszug hat der Kläger den Beklagten auf Zahlung eines Teilbetrages
von 25.000,00 DM nebst Zinsen (entspricht 12.782,30 €) nebst 9,26 % Zinsen seit
dem 26.01.2001 in Anspruch genommen. Das Landgericht hat nach Vernehmung
von Zeugen in seinem am 08. April 2002 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen;
hinsichtlich der Begründung des Urteils wird auf Blatt 334-343 d.A. Bezug
genommen. Der Kläger hat gegen dieses Urteil, das ihm am 11. April 2002
zugestellt worden ist, am 13.05.2002 (Montag) Berufung eingelegt und das
Rechtsmittel nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis einschließlich
zum 15.07.2002 am 10.07.2002 begründet. In dieser Berufungsbegründung hat
der Kläger den Klageantrag auf insgesamt 21.000,00 € nebst Zinsen erhöht. Er
behauptet, an die Insolvenzschuldnerin eingezahlte Gelder hätten sich
„verflüchtigt“; der Beklagte hafte auch deshalb, weil er mit drei Unternehmen (F
GmbH, D GmbH, B GmbH O2) „wirtschaftlich identisch“ gewesen sei; geleistete
Stammeinlagen seien „postwendend“ an die B GmbH O2 „zurückgeflossen“. Die
Stammeinlage sei zwar gezahlt worden, jedoch an die B GmbH O2
zurückgeflossen und insbesondere mit Ansprüchen aus einem Kaufvertrag vom
01.07.1997 verrechnet worden.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Limburg vom
08.04.2002 – 5 0 5/01 – den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 21.000,00 €
nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 26.01.2001 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die erweitere Klage abzuweisen.
Er tritt der Klageerweiterung unter jeglichem rechtlichen Ansatz entgegen. Im
übrigen widerspricht er dem Vorbringen des Klägers und wertet dies dahin, dass es
sich um ein Vorbringen ins Blaue hinein handele.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen
gewechselten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren,
sowie auf die im Senatstermin am 01. Juli 2005 abgegebenen Erklärungen der
Parteien Bezug genommen.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet; die im zweiten
Rechtszug vorgenommene Klageerweiterung ist unzulässig und war daher als
solche abzuweisen.
I. Die Berufung des Klägers ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und
begründet worden, mithin zulässig.
Soweit der Kläger im zweiten Rechtszug den Klageantrag erweitert hat, ist dies
nicht zulässig. Da der Kläger mit der Differenz von 8.217,70 € einen anderen Teil
der seiner Meinung nach offenen Stammeinlage geltend macht, handelt es sich
um eine Klageänderung i. S. v. § 263, 264 Nr. 2 ZPO. Der Beklagte hat in diese
Klageänderung nicht eingewilligt (§ 533 ZPO), und die Klageerweiterung ist auch
nicht sachdienlich. Da es sich bei der Klage auch unter Berücksichtigung der vom
Kläger eingeführten Klageerweiterung nach wie vor um eine Teilklage handelt,
könnte auch durch eine Zulassung der Klageerweiterung für verbliebene Teile der
angeblichen Forderung ein weiterer Rechtsstreit nicht vermieden werden; die
Klageerweiterung ist somit nicht sachdienlich.
II. Die Berufung ist im Hinblick auf den Streitgegenstand des erstinstanzlichen
Verfahrens unbegründet, weil die Stammeinlagen für die Insolvenzschuldnerin
wirksam erbracht sind und eine Haftung des Beklagten aus § 16 III GmbHG nicht
besteht.
1. Zunächst einmal ist davon auszugehen, dass seitens der Gesellschafter
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1. Zunächst einmal ist davon auszugehen, dass seitens der Gesellschafter
Zahlungen auf die zu erbringenden Stammeinlagen in insgesamt voller Höhe
erbracht worden sind, und dass gegen die Werthaltigkeit dieser Zahlungen auch
nicht spricht, dass sie weiter auf das zentrale Pool-Konto überwiesen wurden.
a) Das Landgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass
Zahlungen auf die Stammeinlagen in voller Höhe erbracht worden sind. Insofern
wird auf folgendes hingewiesen.
Das Stammkapital der Insolvenzschuldnerin betrug, wie bereits angesprochen,
20.000,00 DM, und hiervon waren entsprechend den von den
Ursprungsgesellschaftern gehaltenen Geschäftsanteilen von der C GmbH
180.000,00 DM, von der D GmbH 20.000,00 DM zu erbringen. Im hiesigen
Rechtsstreit geht es um den erstgenannten Geschäftsanteil in Höhe von
ursprünglich 180.000,00 DM, der am 26.06.1997 an die E GmbH übertragen, von
dieser dann am 04.07.1997 in verschiedene Teile geteilt und hiervon ein
Teilgeschäftsanteil in Höhe von 97.000,00 DM an den Beklagten übertragen wurde.
Wie zwischenzeitlich aufgrund der Vernehmungen der Zeugen Dr. Z1 und Z2
unstreitig geworden ist, wurden 1/4 des gesamten Stammkapitals von 200.000,00
DM (50.000,00 DM) am 12.06.1997 auf ein Konto der Insolvenzschuldnerin in O3
eingezahlt und dieser Betrag dann auf ein Konto der Insolvenzschuldnerin in O1
transferiert, wovon der Betrag später auf das zentrale Pool-Konto weitergeleitet
wurde. Diese Zahlung von 50.000,00 DM betraf im Verhältnis des Wertes der
Geschäftsanteile (90 % zu 10 %) den größeren Geschäftsanteil von 180.000,00 DM
in Höhe von 45.000,00 DM, den kleineren Geschäftsanteil von 20.000,00 DM in
Höhe von 5.000,00 DM. Nach dieser Zahlung war somit bezüglich des
Geschäftsanteils der C GmbH, der von dieser entsprechend ihrem Geschäftsanteil
in Höhe von 180.000,00 DM zu erbringen war, noch eine Stammkapitalforderung
von 135.000,00 DM offen. Der Ausgleich dieser offenen Forderung von 135.000,00
DM erfolgte am 07.07.1997 auf ein Konto der Insolvenzschuldnerin in O1 und
wurde von diesem auf das zentrale Pool-Konto weitergeleitet. Die Stammeinlagen
sind also auf das Konto der Insolvenzschuldnerin geflossen, und zwar sowohl
hinsichtlich des kleineren Geschäftsanteils als auch hinsichtlich der Stammeinlage
in Höhe von 180.000,00 DM, bezüglich deren Einlageverpflichtung der Beklagte als
Rechtsnachfolger in Anspruch genommen wird.
b) An der Werthaltigkeit der Überweisungen ergeben sich im Hinblick darauf keine
durchgreifenden Bedenken, dass sie in der Folgezeit vom Geschäftskonto der
Insolvenzschuldnerin auf das zentrale Pool-Konto weitergeleitet wurden.Der Senat
hat in seinem am 01. April 2005 (10 U 61/02) hinsichtlich der Werthaltigkeit der auf
die Stammeinlagen geleisteten Zahlungen trotz Weiterleitung auf das zentrale
Pool-Konto folgendes ausgeführt:
„... ergeben sich im Hinblick darauf, dass diese Zahlungen ... weiter auf das
zentrale Pool-Konto geleitet wurden, keine durchgreifenden Zweifel an der
Werthaltigkeit der diesbezüglichen Zahlungen.
... So ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Geschäftsführer der
Insolvenzschuldnerin die eingezahlten Beträge hätten ohne weiteres von deren
Geschäftskonto auf ein anderes Konto transferieren können, da es nicht am
ACMS-Verfahren teilnahm. Im übrigen war aber auch nach der Überweisung der
Beträge auf das zentrale Pool-Konto durch die Regelungen der ACMS-
Vereinbarung ... gewährleistet, dass der Cash-Pool nicht dazu führen konnte, den
Beteiligten Vor-Ort-GmbHs das Stammkapital zu entziehen. Die Geschäftsführer
der Insolvenzschuldnerin konnten nämlich sowohl über das in den Cash-Pool
einbezogene Konto der Vor-Ort-GmbH als auch über das Cash-Pool-Zentralkonto
verfügen, die Guthaben der einzelnen Vor-Ort-GmbH´s wurden auf dem Cash-
Pool-Zentralkonto getrennt verwaltet, und die Überweisung auf den Cash-Pool
konnte somit nicht zu einer Entziehung der Stammeinlagen zu Lasten der darin
zusammengeschlossenen Gesellschaften führen. Auch das ... Bedenken, wonach
Guthabenkonten unter bestimmten Umständen vom Pool nicht mehr hätten voll
bedient werden können, rechtfertigt insofern keine andere Beurteilung. Nach Ziff. 4
der ACMS-Vereinbarung konnte nämlich eine Haftung der Vor-Ort-GmbH für ihr
nicht zurechenbare Belastungen nur insoweit entstehen, als die Einhaltung der
übernommenen Zahlungsverpflichtungen das zur Erhaltung des
Stammkapitals/Grundkapitals erforderliche Vermögen im Zeitpunkt der Eingehung
der Zahlungsverpflichtung nicht berührte. Unabhängig hiervon war aber auch eine
Gefährdung des Stammkapitals insofern ausgeschlossen, als nach Ziff. 8 der
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Gefährdung des Stammkapitals insofern ausgeschlossen, als nach Ziff. 8 der
ACMS-Vereinbarung die Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin diese
Vereinbarung jederzeit mit einer relativ kurzen Frist kündigen konnten. Schließlich
war zu berücksichtigen, dass die Beklagten – ohne dass dem der Kläger im zweiten
Rechtszug entgegengetreten wäre – vorgetragen haben, dass der Pool stets ein
erhebliches Guthaben in Höhe zweistelliger oder sogar dreistelliger Millionenhöhe
aufgewiesen habe, eine Gefährdung der Stammeinlage für die
Insolvenzschuldnerin somit nicht gegeben war.“
Daran hält der Senat fest. Die Weiterleitung auf das zentrale Pool-Konto ändert
danach an der Werthaltigkeit der auf die Stammeinlage geleisteten Zahlungen
nichts, weil die Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin die Beträge auf ein
anderes Konto hätten transferieren können, sie im übrigen sowohl über das in den
Cash-Pool einbezogene Konto der Vor-Ort-GmbH als auch über das Cash-Pool-
Zentralkonto verfügen konnten und dort die Guthaben der einzelnen Vor-Ort-
GmbH´s getrennt verwaltet wurden, durch die Regelung der ACMS-Vereinbarung
die Erhaltung des Stammkapitals der beteiligten Vor-Ort-GmbH´s gesichert war
und im übrigen ohnehin diese Vereinbarung hätte mit einer relativ kurzen Frist
gekündigt werden können. Insofern hat das Landgericht zutreffend ausgeführt,
dass die Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin die Beträge nicht hätten auf
das zentrale Pool-Konto weiterleiten müssen, sie diesbezüglich aber ohnehin
verfügungsbefugt waren, die einzelnen Unterkonten dort eigenständig geführt
wurden, und gewährleistet war, dass auch bei einer Haftung einer Vor-Ort-GmbH
für fremde Debetsalden eine Entziehung der Stammeinlage nicht eintreten
konnte. Soweit der Kläger demgegenüber im zweiten Rechtszug Zweifel an einer
Verfügungsbefugnis der Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin äußert oder
zumindest deren Abhängigkeit vom Beklagten vermutet, genügt dies den
Anforderungen substantiierten Vorbringens nicht.
Im übrigen hat das Landgericht auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die
Insolvenzschuldnerin noch nach Auflösung des Cash-Pool-Zentralkontos eine
Überweisung von 219.000,00 DM zu einem Zeitpunkt erhielt, zu dem
Gesamtverbindlichkeiten ihrerseits gegenüber dem Cash-Pool-Zentralkonto in
Höhe von 7.353.753,09 DM aufgelaufen waren. Dieses Vorbringen, das der
Beklagte noch dahin vertieft hat, dass die Insolvenzschuldnerin allein im Jahre
1998 3,6 Mio. DM aus dem Cash-Pool erhalten habe, hat der Kläger im zweiten
Rechtszug nicht bestritten, stellt aber jetzt allgemein die Behauptung in den
Raum, es habe sich insofern nur um Darlehen gehandelt. Diesem Vorbringen des
Klägers fehlt es aber zum einen an der erforderlichen Substantiierung, zum
anderen wäre der Kläger mit entsprechendem Vorbringen im zweiten Rechtszug
ohnehin ausgeschlossen (§ 531 II Nr. 3 ZPO).
2. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass es sich unter dem
Gesichtspunkt des Hin- und Herzahlens um den Tatbestand einer verdeckten
Sacheinlage (§ 19 V GmbHG) gehandelt habe; das diesbezügliche Vorbringen des
Klägers ist vielmehr völlig unsubstantiiert. Der Kläger hat insofern in der
Berufungsbegründung behauptet, die Stammeinlage sei „postwendend“ an die B
GmbH O2 zurückgeflossen; sie sei zwar gezahlt, jedoch an die B GmbH O2
zurückgeflossen und mit deren Ansprüchen, insbesondere mit Ansprüchen aus
einem Kaufvertrag vom 01.07.1997, verrechnet worden. Dieses Vorbringen ist
bereits deshalb widersprüchlich, weil nur eines von beiden möglich sein kann:
Entweder ist die Stammeinlage zurückgeflossen oder es hat eine Verrechnung
zwischen Ansprüchen der B GmbH O2 und solchen der Insolvenzschuldnerin
stattgefunden, die es aber nach Zahlung der Stammeinlage nicht mehr gab. Das
Vorbringen des Klägers ist im übrigen auch deshalb unsubstantiiert, weil der Kläger
im zweiten Rechtszug seine erstinstanzlich geäußerte Behauptung, seitens der
Insolvenzschuldnerin sei aufgrund des Kaufvertrages vom 01.07.1997 ein Kaufpreis
zu zahlen gewesen, ausdrücklich aufgegeben hat (S. 5 der Berufungsbegründung,
Bl. 366 d.A.). Deshalb ist es völlig unvereinbar, dass wenn der Kläger an späterer
Stelle im Berufungsverfahren ohne auch nur den Versuch einer Substantiierung
die allgemeine Behauptung in den Raum stellt, die B GmbH habe der
Insolvenzschuldnerin den Warenbestand und die Betriebs- und
Geschäftsausstattung für 2.087.024,60 DM verkauft (S. 3 des Schriftsatzes vom
21.03.2003, Bl. 467 d.A.) und aufgrund des Kaufvertrages sei eine Verbindlichkeit
in Höhe von insgesamt 2.087.024,60 DM seitens der B GmbH O2 geflossen (S. 8
des gleichen Schriftsatzes, Bl. 472 d.A.). An anderer Stelle räumt der Kläger
ausdrücklich ein, dass der Text des Kaufvertrages vom 01.07.1997 dafür spreche,
dass die B GmbH O2 einen negativen Kaufpreis an die hiesige Schuldnerin habe
zahlen sollen, hierauf komme es indes nicht an (S. 9 des genannten Schriftsatzes,
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zahlen sollen, hierauf komme es indes nicht an (S. 9 des genannten Schriftsatzes,
Bl. 473 d.A.). Warum es hierauf nicht ankommen soll, ist in keiner Weise
nachvollziehbar. Es verbleibt vielmehr dabei, dass das diesbezügliche Vorbringen
des Klägers in keiner Weise den Anforderungen substantiierten Vortrags genügt.
3. Unabhängig von Vorstehendem haftet der Beklagte aber im vorliegenden Fall
bereits deshalb nicht, weil nach § 10 des Abtretungsvertrages die Abtretung
aufschiebend bedingt ist durch die volle Einzahlung der ausstehenden
Stammeinlage auf 97.000,00 DM; die Wirksamkeit des Erwerbsvorganges war
durch diese Vertragsbestimmung davon abhängig gemacht worden, dass die
Stammeinlage vollständig eingezahlt war. Der Regelungsgehalt dieser
Bestimmung ist klar: Der Erwerber des Teilgeschäftsanteils war offensichtlich nicht
bereit, eine Haftung nach § 16 III GmbHG einzugehen, er war vielmehr nur zur
Übernahme des Teilgeschäftsanteils für den Fall bereit, dass die Stammeinlage
vollständig eingezahlt war und ihn diesbezüglich somit eine Haftung nicht treffen
konnte; andernfalls wollte er nicht erwerben. Dass aber heißt, dass ein Anspruch
gegenüber dem Beklagten in jedem Falle nicht besteht: Entweder war – wovon der
Senat ausgeht – die Stammeinlage wirksam erbracht, dann gibt es keine Haftung
nach § 16 III GmbHG mehr; oder sie war es nicht, dann ist der Beklagte nicht
Erwerber geworden, und seine Haftung scheidet dann unter diesem Gesichtspunkt
aus.
a) Die in § 10 des Vertrages vereinbarte Bedingung ist wirksam. Eine
Abtretungsvereinbarung über einen Geschäftsanteil einer GmbH kann
grundsätzlich mit einer Bedingung versehen werden (RGZ 79, 182 ff. 185; Jasper in
Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 3, 2. Aufl. 2003, § 24 Rdn.
135 m. w. Nachw.). Im vorliegenden Falle steht auch der Annahme einer den § 158
ff. BGB unterliegenden Bedingung nicht entgegen, dass die wirksame Erbringung
der Stammeinlage keine Tatsachen-, sondern eine Rechtsfrage ist. Die rechtliche
Wirksamkeit eines bestimmten tatsächlichen Verhaltens kann nämlich durchaus
als Bedingung eines Rechtsgeschäfts i. S. v. § 158 BGB vereinbart werden (BGH
LM Nr. 1 zu § 159 BGB; OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 150 f., 151 m. w. Nach.; zust.
Staudinger/Bork, BGB, Neubearb. 2003, Vorbem. zu §§ 158-163 Rdn. 29;
Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl. 2005, Einf. v. § 158 Rdn. 6).
b) An der Abhängigkeit des Erwerbs eines Geschäftsanteils durch den Beklagten
vom Eintritt der Bedingung der rechtlich wirksamen Einzahlung der Stammeinlage
konnte sich auch nicht dadurch etwas ändern, dass eine Anmeldung des Erwerbs
erfolgt wäre. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien erfolgte die
Anmeldung des Erwerbs gegenüber der Insolvenzschuldnerin dadurch, dass der
Notar ihr gemäß § 7 der Urkunde vom 04.07.1997 eine beglaubigte Abschrift der
Urkunde übersandte; den Geschäftsführern der Insolvenzschuldnerin war daher,
wie der Beklagte unbestritten vorgetragen hat, die Vereinbarung der
aufschiebenden Bedingung in § 10 des Vertrages bekannt. Ist aber für die
Wirksamkeit der Abtretung eines Geschäftsanteils zwischen Veräußerer und
Erwerber eine Bedingung vereinbart worden, und ist diese Bedingung der
Gesellschaft bei der Anmeldung erkennbar, dann kann die Anmeldung auch erst
mit Eintritt der Bedingung wirksam werden (BGH NJW-RR 1991, 926 ff., 928).
c) Die vom Kläger gegen die Einschlägigkeit der in § 10 des Vertrages getroffenen
Regelung für den hiesigen Rechtsstreit angeführten Gesichtspunkte tragen nicht.
Soweit der Kläger die genannte Bestimmung dahin auslegen will, aufschiebende
Bedingung der Wirksamkeit der Abtretung sei nicht die wirksame Erbringung der
Stammeinlage, sondern nur ein tatsächlicher Zahlungsfluss gewesen, ist diese
Auffassung mit dem unmissverständlichen Wortlaut der Bestimmung unvereinbar.
Der Kläger beruft sich auch ohne Erfolg auf § 162 BGB. Insofern meint zwar der
Kläger, der Beklagte habe als verantwortlicher Geschäftsführer der B GmbH O2
den Eintritt der Bedingung (Erbringung der Stammeinlage) verhindert. Der
Beklagte tritt dem aber entgegen und trägt vor, dass es diesbezüglich kein
unzulässiges Verhalten gegeben habe, vielmehr aus dem Pool nicht das Geringste
an die B GmbH O2 geflossen sei. Ein substantiiertes Vorbringen, dass der Beklagte
mit einem gegen Treu und Glauben verstoßenden Verhalten die Einzahlung der
Stammeinlage verhindert hätte, ist dem Klägervortrag nicht zu entnehmen.
Schließlich weist der Kläger auch ohne Erfolg darauf hin, dass der Beklagte selbst
davon ausgegangen sei, er sei wirksam Gesellschafter geworden. Die Beurteilung
der Frage, ob der Beklagte Gesellschafter geworden ist oder nicht, stellt eine vom
Gericht zu beurteilende Rechtsfrage dar, die von der diesbezüglichen damaligen
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Gericht zu beurteilende Rechtsfrage dar, die von der diesbezüglichen damaligen
Einschätzung des Beklagten nicht abhängig ist.
4. Daraus folgt: Der Beklagte haftet in keinem Falle auf die Einzahlung des
Stammkapitals in Höhe eines übernommenen Geschäftanteils gemäß § 16 III
GmbHG. Nach Auffassung des Senats folgt dies daraus, dass das Stammkapital
vollwirksam eingezahlt ist und somit rückständige Leistungen nicht vorhanden
sind. Selbst wenn man dies aber anders sehen und davon ausgehen wollte, dass
das Stammkapital noch nicht wirksam eingezahlt worden sei, würde dies an der
Erfolglosigkeit der Berufung des Klägers nichts ändern. In diesem Falle wäre dann
nämlich die in § 10 des Erwerbsvertrages vereinbarte Bedingung nicht eingetreten
und der Beklagte somit überhaupt nicht Erwerber geworden, so dass dann bereits
unter diesem Gesichtspunkt eine Haftung des Beklagten nicht gegeben sein
könnte.
IV. Insgesamt war somit die Berufung des Klägers zurückzuweisen und die
zweitinstanzlich vorgenommene Klageerweiterung als unzulässig abzuweisen. Die
Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Ziff. 10,
711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die diesbezüglichen Voraussetzungen nicht
vorliegen (§ 543 ZPO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.