Urteil des OLG Düsseldorf vom 08.01.2009

OLG Düsseldorf: örtliche zuständigkeit, culpa in contrahendo, auflage, gerichtsstand, gerichtsbarkeit, bezirk, zweigniederlassung, entlastung, gestatten, öffentlich

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-20 W 130/08
Datum:
08.01.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
20. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-20 W 130/08
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten wird der
Beschluss der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 3.
September 2008 abgeän-dert und wird der Antrag der Antragstellerin als
unzulässig zurückgewiesen, ei-ne Auskunft der weiteren Beteiligten ihr
gegenüber über Namen und Anschriften von Kunden (Bestandsdaten)
unter Verwendung von IP-Adressen und Verbin-dungszeitpunkten
(Verkehrsdaten), die auf der Datei der Anlage Ast 8 enthalten sind und
die sich auf eine Verletzung ihrer, der Antragstellerin, Rechte an Ton-
aufnahmen des Künstlers L. beziehen, und zwar in elektronischer Form
durch Komplettierung einer der weiteren Beteiligten übermittelten Excel-
Datei, für zu-lässig zu erklären.
Gründe
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Die Antragstellerin macht geltend, Inhaberin des Rechtes zu sein, den Tonträger "Ganz
anders" des Künstlers L. über dezentrale Computernetzwerke auszuwerten und ihn dort
öffentlich zugänglich zu machen. Die Tonaufnahme sei über Internetanschlüsse, die die
in B. ansässige weitere Beteiligte Kunden zur Verfügung gestellt habe, in sogenannten
Tauschbörsen oder anderen dezentralen Computernetzwerken rechtswidrig öffentlich
zugänglich gemacht worden. Vor einer Inanspruchnahme der weiteren Beteiligten auf
Auskunft über Namen und Anschriften der fraglichen Kunden nach dem mit dem Gesetz
zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7. Juli
2008 eingefügten § 101 Abs. 2 Nr. 3 UrhG – Bestandsdaten unter Verwendung von
Verkehrsdaten nach § 3 Nr. 30 TKG - hat die Antragstellerin beim Landgericht
Düsseldorf nach dem ebenfalls neuen Absatz 9 der Vorschrift beantragt, der – mit der
Angabe "Niederlassung West, E. Str., 40231 Düsseldorf" bezeichneten - weiteren
Beteiligten die Erteilung der Auskunft zu gestatten. Mit dem angefochtenen Beschluss
hat das Landgericht - noch ohne eine Beteiligung der weiteren Beteiligten am Verfahren
– dem Antrag stattgegeben. Hiergegen wendet sich die weitere Beteiligte jetzt mit der
vorliegenden sofortigen Beschwerde, die die Antragstellerin zurückgewiesen sehen will.
Die weitere Beteiligte stellt die Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs, dessen sich
die Antragstellerin berühmt, in Abrede, verneint aber bereits die örtliche Zuständigkeit
des Landgerichts Düsseldorf für die vorliegend erstrebte Gestattung.
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Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Gegen eine Entscheidung nach § 101 Abs. 9
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Satz 3 UrhG ist nach Satz 6 der Vorschrift die sofortige Beschwerde zum
Oberlandesgericht gegeben, wobei für das Verfahren nach Satz 4 die Vorschriften des
Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend
gelten. Der beschließende Senat hält die sofortige Beschwerde, mit der sich die einem
Auskunftsanspruch Ausgesetzte erstmals am vorliegenden Gestattungsverfahren
beteiligt, auch unter dem Gesichtspunkt für zulässig, dass es für das Rechtsmittel einer
Beschwer bedarf.
Nach § 20 Abs. 1 FGG steht die Beschwerde jedem zu, dessen Recht durch die
anzufechtende Verfügung beeinträchtigt ist. Zwar setzt die Beschwerdeberechtigung an
sich den Eingriff in wirkliches eigenes Recht des Beschwerdeführers voraus
(Briesemeister in Jansen, FGG, 3. Auflage, § 20 Rn. 3ff.), was vorliegend bei der
weiteren Beteiligten nicht leicht zu erfassen ist. Das neu geschaffene
Anordnungsverfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG rechtfertigt aber, auch wenn es in der
Person des Verletzten nur einen Antragsteller kennt, doch die Annahme, auch der zur
Auskunft Verpflichtete werde durch die Anordnung in eigenen Belangen in einem
solchen Ausmaß betroffen, dass er zum einen neben dem Verletzten als Antragsteller
am Verfahren zu beteiligen ist, zum anderen bei einer seinem Begehren
widersprechenden Anordnung auch das Recht der Beschwerde hat.
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Die Regierungsbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der
Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums äußert sich zum Zweck des
Anordnungsverfahrens des § 101 Abs. 9 UrhG unter B Besonderer Teil, zu Artikel 2
(Änderung des Patentgesetzes) Nr. 4 § 140b (BT-Ds. 16/5048, S. 38), auf den Artikel 6
(Änderung des Urheberrechtsgesetzes) Nr. 19 § 101 verweist (BT-Ds. 16/5048, S. 49)
wie folgt: "Im Hinblick auf die besondere Schutzwürdigkeit von Verkehrsdaten und um
Internet-Provider und Telekommunikationsunternehmen von der Prüfung zu entlasten,
ob eine offensichtliche Patentrechtsverletzung vorliegt, erscheint es sachgerecht, den
Auskunftsanspruch unter einen Richtervorbehalt zu stellen, wie dies in Absatz 9
vorgesehen ist. ... Der Entwurf sieht eine Regelung vor, die dem Rechtsinhaber hilft, die
Identität des Verletzers zu ermitteln, ohne den zur Auskunft Verpflichteten über Gebühr
zu belasten."
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Vorliegend mag es dahinstehen, ob der zur Auskunft Verpflichtete ein Interesse, die
Bekanntgabe der Verkehrsdaten für zulässig erklärt zu sehen - das er nach § 101 Abs. 9
Satz 1 UrhG nicht mit einem eigenen Antrag verfolgen kann -, nach der Zurückweisung
eines entsprechenden Antrags des Verletzten, seinerseits mit der Beschwerde
weiterverfolgen darf. Jedenfalls ginge es ihm mit einer eigenen Beschwerde wie mit
einem eigenen Antrag um die Erweiterung der eigenen Handlungsmöglichkeiten und -
im positiven Sinne - um die in der Regierungsbegründung angesprochene Entlastung
von der eigenen Prüfung, ob eine offensichtliche Rechtsverletzung vorliegt, durch die
gerichtliche Anordnung.
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Vorliegend interessiert nur ein Bestreben des zur Auskunft Verpflichteten, den Antrag
eines Verletzten, die Verwendung von Verkehrsdaten für zulässig zu erklären, nicht
erfolgreich zu sehen. Erreicht er das Ziel nicht, vermindern sich seine
Handlungsmöglichkeiten zwar noch nicht unmittelbar. Denn trotz einer Erklärung der
Verwendung der Verkehrsdaten für zulässig kann er die Auskunft verweigern und es auf
eine gerichtliche Inanspruchnahme ankommen lassen; denn ein Gebot der Auskunft
unter Verwendung von Verkehrsdaten enthält die Erklärung nicht. In der Zurückweisung
des Antrags des Verletzten ist in jedem Fall aber eine Entlastung des zur Auskunft
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Verpflichteten von der Zulässigkeitsprüfung zu sehen. Vor allem aber wird die
Möglichkeit des Verletzten blockiert, ihn mit einem Rechtsstreit auf Auskunft zu
überziehen. Ersichtlich kann er nämlich im Gerichtswege auf eine Auskunft unter
Verwendung von Verkehrsdaten nur in Anspruch genommen werden, wenn der
Verletzte zuvor die Anordnung über die Zulässigkeit nach § 101 Abs. 9 Satz 1 UrhG
erwirkt hat. Zudem ist die Gefahr nicht gänzlich von der Hand zu weisen, dass er in
einem späteren Rechtsstreit auf Auskunftserteilung mit Vorbringen ausgeschlossen
wird, welches im Anordnungsverfahren unterblieben war. Schließlich ist mit einem
Interesse des zur Auskunft Verpflichteten zu rechnen, seine Kunden erst nach einer
möglichst gründlichen gerichtlichen Prüfung preiszugeben und so denkbaren
Ansprüchen von ihrer Seite wegen Verletzung der Verträge vorzubeugen. Es ist nicht zu
verkennen, dass ohne eine Beteiligung des zur Auskunft Verpflichteten am
Anordnungsverfahren die Entscheidungsgrundlage für das Gericht allein mit dem
Vortrag des Verletzten schmal ist.
Die sofortige Beschwerde ist schon deshalb begründet, weil das Landgericht Düsseldorf
für den gestellten Antrag nicht zuständig ist. Für die begehrte Anordnung ist nach § 101
Abs. 9 Satz 2 und 3 UrhG zwar das Landgericht, dort die Zivilkammer, sachlich und
funktionell zuständig. Das Landgericht hat sich aber zu Unrecht als örtlich zuständig für
die beantragte Anordnung angesehen. Die örtliche Unzuständigkeit des
erstinstanzlichen Gerichts kann mit der Beschwerde geltend gemacht werden, jedenfalls
dann, wenn die Entscheidung auch in der Sache für unrichtig gehalten wird; dem steht §
7 FGG, der Handlungen eines örtlich unzuständigen Gerichts für nicht unwirksam
erklärt, nicht entgegen (Müther in Jansen, FGG, 3. Auflage, § 7 Rn. 16; Zimmermann in
Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Auflage, Vorb. § 7 Rn. 36; Bumiller, FGG, 8. Auflage, §
7 Rn. 16; jeweils mit weiteren Nachweisen).
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Örtlich ist für die begehrte Anordnung nach § 101 Abs. 9 Satz 2 UrhG dasjenige
Landgericht zuständig, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete "seinen
Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung" hat; zwischen einer Haupt- und einer
Zweigniederlassung unterscheidet das Gesetz hier nicht. Die Antragstellerin des
vorliegenden Falls hält das Landgericht Düsseldorf für örtlich zuständig, weil die weitere
Beteiligte, die sie als zur Auskunft verpflichtet ansieht, hier eine Niederlassung
unterhalte. Der Sitz der weiteren Beteiligten – einen Wohnsitz gibt es nicht, weil sie
keine natürliche Person ist, sondern eine Handelsgesellschaft - begründet zweifellos
nicht den Gerichtsstand Düsseldorf, denn sie hat ihren Sitz in B., also nicht im Bezirk
des Landgerichts Düsseldorf. Das Landgericht Düsseldorf ist aber auch nicht deshalb
zuständig, weil das Gesetz der Antragstellerin das Recht gäbe, statt des Gerichts am
Sitz der weiteren Beteiligten ein Gericht zu wählen, in dessen Bezirk die weitere
Beteiligte eine Niederlassung unterhalten würde. In Betracht käme nur eine
Zweigniederlassung, weil sich hier keine Hauptniederlassung befindet.
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§ 101 Abs. 9 Satz 2 UrhG ist so zu verstehen, dass die Vorschrift – nach den
Gegebenheiten bei dem im Einzelfall zur Auskunft Verpflichteten, einer natürlichen oder
einen juristischen Person, mit inländischem Sitz oder ohne einen solchen – in örtlicher
Hinsicht überhaupt einen Gerichtsstand bestimmt, entweder also das Wohnsitzgericht
oder das Sitzgericht oder das Gericht einer Niederlassung, nicht aber diese Gerichte im
Einzelfall für gleichermaßen zuständig erklärt und einem Antragsteller zwischen ihnen
die Wahl einräumt. Hinsichtlich der beiden an erster und zweiter Stelle benannten
Anknüpfungspunkte für die örtliche Zuständigkeit, also des Wohnsitzes und des Sitzes,
ist ohnehin klar, dass eine Wahl nicht in Betracht kommt: Entweder hat der zur Auskunft
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Verpflichtete einen "Wohnsitz" oder einen "Sitz". Dann ist es aber auch nicht
gerechtfertigt, hinsichtlich des verbleibenden dritten Anknüpfungspunktes ein Wahlrecht
anzunehmen. In der Regierungsbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur
Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums heißt es zudem
am angegebenen Ort: "Da es in diesem Fall keinen Gerichtsstand nach den Vorschriften
des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gibt, ist in
entsprechender Anwendung des § 143 Abs. 1 PatG eine ausschließliche Zuständigkeit
der landgerichtlichen Zivilkammer vorzusehen. Die örtliche Zuständigkeit soll sich nach
Wohnsitz, Sitz oder Niederlassung des zur Auskunft Verpflichteten richten, da
andernfalls nur ein Gerichtsstand nach dem Wohnsitz etc. des Verletzten in Frage käme
und dann für Auswärtige umfangreiche Regelungen getroffen werden müssten". Von
einer Wahl unter verschiedenen Gerichtsständen ist nicht die Rede. Die Regelung in §
101 Nr. 9 UrhG unterscheidet sich also von den Regeln der Zivilprozessordnung über
den Gerichtsstand in ihren §§ 12 ff, wo für Zivilprozesse mehrere Gerichtsstände
vorgesehen und in § 35 dem Kläger ausdrücklich unter mehreren Gerichten die Wahl
gegeben wird.
Die Annahme, dass für eine bestimmte Anordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG ein einziges
Gericht örtlich zuständig sein soll, entspricht zudem den Regelungen für andere
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (siehe die Aufzählungen bei Müther,
a.a.O., vor §§ 3-7 Rn. 5 bis 9; Sternal in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Auflage, Vorb.
§§ 3-5 und 7 Rn. 7; Bumiller, a.a.O., Vor §§ 3-5 Rn. 1). Das Gesetz über die
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geht von einer mehrfachen örtlichen
Zuständigkeit nur dann aus, wenn der – einzig - für die Zuständigkeit maßgebliche
Umstand, z. B. der Wohnsitz mehrfach vorliegt (vgl. Müther a.a.O. § 4 Rn. 2). Die
Konkurrenz entscheidet sich dann grundsätzlich auch nicht durch die Wahl eines
Verfahrensbeteiligten, etwa eines Antragstellers. Der Vorzug gebührt nach § 4 FGG
vielmehr dem zuständigen Gericht, welches zuerst in der Sache tätig geworden ist. Auf
die Wahl eines Antragstellers kommt es nur dann an, wenn das Gesetz sie vorsieht -
etwa über einen Verweis auf § 35 ZPO –, wie zum Beispiel in Gewaltschutzsachen (vgl.
Müther, a.a.O. Rn. 1).
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Schließlich ist kein vernünftiger Grund dafür zu erkennen, dass der eine Anordnung
nach § 101 Abs. 9 UrhG erstrebende Verletzte bei einer zur Auskunft verpflichteten
juristischen Person mit einem inländischen Sitz und zusätzlich Niederlassungen im
Inland die freie Wahl haben soll, das Verfahren statt am Ort des Sitzes, wo also die
Verwaltung geführt wird, am Ort einer beliebigen Niederlassung zu betreiben. Denn es
geht ja, anders als in § 21 Abs. 1 ZPO, nicht darum, dem Kläger eines Zivilprozesses
die Klage, die auf den Geschäftsbetrieb einer Niederlassung Bezug hat, vor dem Gericht
desjenigen Ortes zu ermöglichen, wo sich eine Niederlassung befindet. In der
Konstellation des § 101 Abs. 9 UrhG hat die begehrte Auskunft für den Verletzten nicht
von vornherein einen Bezug zu einer bestimmten Niederlassung des zur Auskunft
Verpflichteten. Es ist vielmehr eine Frage der innerbetrieblichen Organisation des
Verpflichteten, wo er die Geschäfte erledigt, deretwegen von ihm Auskunft verlangt wird.
Mit Belangen des Auskunftsverpflichteten lässt sich die vom Antragsteller des
vorliegenden Verfahrens in Anspruch genommene Wahlfreiheit ohnehin nicht
begründen; denn bei freier Wahl kann das Anordnungsverfahren ja gerade auch an
einem Ort betrieben werden, wo der Verpflichtete die fraglichen Geschäfte nicht erledigt.
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Sieht man – entgegen der hier vertretenen Auffassung – den Antragsteller des
Verfahrens nach § 101 Abs. 9 UrhG aber doch als grundsätzlich berechtigt an, statt des
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Gerichtes am Wohnsitz oder Sitz des zur Auskunft Verpflichteten ein solches am Ort
einer Niederlassung zu wählen, ist ihm zumindest aber nur die Wahl des Gerichts am
Ort einer Niederlassung zu gestatten, die analog zu § 21 Abs. 1 ZPO einen Sachbezug
zu der Angelegenheit aufweist, deretwegen Auskunft zu erteilen ist. Die Auswahl eines
Gerichts ohne einen solchen Bezug würde jeder sachlichen Rechtfertigung entbehren.
Der beschließende Senat teilt nicht die Auffassung der Antragstellerin des vorliegenden
Verfahrens, dass es keines solchen Bezugs bedürfe, weil ihn § 101 Abs. 9 Satz 2 UrhG
als autonome Regelung selbst nicht fordere und für eine Analogie zu § 21 Abs. 1 ZPO
die Grundlage fehle. Der Auskunftsanspruch habe nämlich seine Grundlage nicht in
rechtsgeschäftlichen Beziehungen. Es spiele keine Rolle, wo die Verletzer der
Urheberrechte die Verträge mit der weiteren Beteiligten geschlossen haben.
Der Antragstellerin ist in der Einschätzung zuzustimmen, dass die für die
Zuständigkeitsbestimmung nach § 21 Abs. 1 ZPO maßgeblichen rechtsgeschäftlichen
Beziehungen zu einer bestimmten Niederlassung als Anknüpfungspunkt für die örtliche
Zuständigkeit im Verfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG nicht entscheidend sein können.
Bevor der Verletzer überhaupt identifiziert ist, ist unbekannt, wo er den Internetzugang
bei dem zur Auskunft Verpflichteten bestellt hat. Auch ist die bloße Aufnahme der
Vertragsbeziehung für die Rechtverletzung indifferent. Rechtsverletzend ist erst die
Inanspruchnahme bestimmter Leistungen des Internetzugangs; zudem zieht erst sie die
Auskunftspflicht gemäß § 101 Abs. 2 Nr. 3 UrhG nach sich. Wenn überhaupt die Wahl
eines Gerichts am Ort einer Niederlassung in Betracht kommt, ist allenfalls ein Gericht
am Ort einer Niederlassung zu wählen, in der ein wesentlicher Beitrag zu diesen
Dienstleistungen geleistet und damit auch die Auskunftspflicht begründet worden ist.
Angemerkt sei, dass selbst die Zuständigkeit eines Gerichts am Ort der Niederlassung
nach § 21 Abs. 1 ZPO durch von dort ausgehende Vertragsverletzungen, unerlaubte
Handlungen und unter ihrem Namen vorgenommenen unerlaubten Wettbewerb, ihr
zuzurechnende culpa in contrahendo oder auch Gefährdungshaftungen begründet
werden kann (Roth in Stein/Jonas ZPO, 22. Auflage, § 21 Rn. 20; auch Vollkommer in
Zöller, ZPO, 27. Auflage, § 21 Rn. 11).
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Ob die weitere Beteiligte in Düsseldorf überhaupt eine Zweigniederlassung hat, ist nach
dem Vortrag der Beteiligten schon nicht zweifelsfrei. Jedenfalls aber fehlen
hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme einer Niederlassung, in der ein
wesentlicher Teil der Dienstleistungen der weiteren Beteiligten für die beanstandeten
rechtsverletzenden Tätigkeiten nach § 101 Abs. 2 Nr. 3 UrhG erbracht worden wäre.
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Eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache
zwecks – formloser - Abgabe der Sache an das örtlich zuständige Gericht von Amts
wegen (vgl. Müther, a.a.O. § 7 Rn. 16; Zimmermann, a.a.O. Rn. 37) kommt im
vorliegenden Verfahren nicht in Betracht. Zwar wird zum Teil selbst in Antragsverfahren
eine solche Befugnis des Gerichts angenommen (von Schuckmann in Jansen, FGG, 3.
Auflage, § 1 Rn. 143; Bumiller, a.a.O. Rn. 5). Zutreffender erscheint es aber, in solchen
Verfahren für eine Abgabe die Zustimmung des Antragstellers zu verlangen, weil
nämlich das Antragserfordernis Ausdruck seiner Dispositionsbefugnis ist (Müther, a.a.O.
Vor §§ 3-7 Rn. 34; Schmidt in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Auflage, § 1 Rn. 41). Die
Antragstellerin der vorliegenden Sache hat klar zum Ausdruck gebracht, dass es ihr
gerade auf eine Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf ankommt und nicht auf eine
Entscheidung eines gerichtlicherseits für örtlich zuständig gehaltenen anderen Gerichts,
wie es das Gericht des Sitzes der weiteren Beteiligten wäre.
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Angesichts der Schwierigkeit der Rechtslage unterbleibt die Anordnung einer
Kostenerstattung, § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG.
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