Urteil des OLG Düsseldorf vom 11.10.2004

OLG Düsseldorf: fahrzeug, fahrspur, höchstgeschwindigkeit, angepasste geschwindigkeit, leasingnehmer, schutzwürdiges interesse, ärztliche behandlung, fahrstreifen, reparaturkosten, mitverschulden

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-1 U 46/04
Datum:
11.10.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
1. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-1 U 46/04
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung ihres
weiterge-henden Rechtsmittels das am 12. Februar 2004 verkündete
Urteil des Ein-zelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal
teilweise abge-ändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger
13.500,74 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus
12.429,37 € seit dem 30. August 2003 und aus 321,37 € seit dem 8.
Januar 2004 sowie aus 750,00 € seit dem 14. Oktober 2003 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des ersten Rechtszuges fallen zu 45 % dem Kläger und zu
55 % den Beklagten zur Last.
Die im Berufungsrechtszug angefallenen Kosten werden zu 35 % dem
Klä-ger und zu 65 % den Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
I.
1
1) Die zulässige Berufung der Beklagten hat einen Teilerfolg, der sich ausschließlich
auf den Haftungsgrund bezieht. Entgegen der durch das Landgericht vertretenen
Auffassung sind die Beklagten nicht in vollem Umfang für die materiellen und
immateriellen Schäden des Klägers einstandspflichtig, die dieser infolge des
Unfallereignisses vom 3. August 2003 auf der Bundesautobahn A 46 Fahrtrichtung W. in
Höhe des Kilometers XXX erlitten hat. Der Kläger muss sich anspruchsmindernd ein
Mitverschulden an der Entstehung des Schadensereignisses anrechnen lassen,
welches sich mit einer Eigenhaftungsquote von 25 % auswirkt. Damit ist die
Schadensersatzverpflichtung der Beklagten auf den Umfang von 75 % der Schäden des
Klägers begrenzt.
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2) Unbegründet ist das Rechtsmittel der Beklagten in dem Umfang, in welchem sie mit
Angriffen auf die Beweiswürdigung des Landgerichts die Unfallbeteiligung des
3
Beklagten zu 1. und dessen – überwiegende – schuldhafte Mitverursachung der
Kollisionsbeschädigung des durch den Kläger gesteuerten Pkw Marke XXX in Abrede
stellen. Obwohl es nicht zu einer Berührung dieses Wagens mit dem Pkw Mercedes
Benz 190 des Beklagten zu 1. gekommen ist, steht nach dem Ergebnis der
erstinstanzlichen Beweisaufnahme auch zur Überzeugung des Senats fest, dass der
Beklagte zu 1. den Kläger durch ein gravierendes Fehlverhalten anlässlich eines
Fahrspurwechsels zu der schadensstiftenden Ausweichreaktion in Richtung auf die
Mittelleitplanken veranlasst hat. Andererseits wäre es nicht zu dem Schadensereignis
gekommen, wenn der Kläger die am Unfallort vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit
von 80 km/h eingehalten hätte.
3) Unbegründet sind die Rechtsmittelangriffe der Beklagten darüber hinaus hinsichtlich
der einzelnen durch das Landgericht für die Bemessung der Höhe ihrer
Ersatzverpflichtung berücksichtigten Schadenspositionen. Davon ausgenommen sind
lediglich die Mehrwertsteueranteile hinsichtlich der Reparatur- und Gutachterkosten im
Gesamtumfang von 2.624,68 €, die Gegenstand der durch den Kläger in seiner
Berufungserwiderung in Höhe dieses Betrages erklärten Rücknahme sind.
Insbesondere ergeben sich hinsichtlich der Ersatzberechtigung des Klägers die
Fahrzeugschäden betreffend keine Einschränkungen aufgrund der Tatsache, dass er
nur Leasingnehmer des verunfallten Pkw Marke XXX war.
4
Im Einzelnen ist folgendes auszuführen:
5
II.
6
1) Die einschlägigen Anspruchsgrundlagen sind in den Gründen der angefochtenen
Entscheidung zutreffend aufgeführt (Bl. 5 UA; Bl. 158 d. A.). Da sich das Unfallereignis
am 3. August 2003 zugetragen hat, sind die §§ 7, 17 StVG und § 253 Abs. 2 BGB in
jeweils neuer Fassung anzuwenden.
7
2) Gemäß § 529 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und
Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen
zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder
Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen. Zweifel im
Sinne dieser Vorschrift bestehen schon dann, wenn aus der Sicht des
Berufungsgerichts eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit
dafür besteht, dass im Falle einer Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung
keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (vgl. die
Begründung des Rechtsausschusses, Bundestag-Drucksache 14/6036, S. 159; BGH
NJW 2003, 3480).
8
3) Derartige Zweifel bestehen im vorliegenden Fall nicht hinsichtlich der
Tatsachenfeststellungen des Landgerichts, die sich auf die Unfallbeteiligung und
schuldhafte Schadensverursachung des Beklagten zu 1. beziehen.
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a) Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme steht mit der
erforderlichen Sicherheit fest, dass der Pkw XXXdes Beklagten zu 1. das Fahrzeug war,
dessen Fahrer den Kläger wegen eines unachtsamen Fahrspurwechsels zu dem
Ausweichmanöver zwang. Konkret gründet sich diese Feststellung auf die glaubhaften
Bekundungen der unbeteiligten Unfallzeugen XXX. Insbesondere die Angaben des
erstgenannten Zeugen sind so detailliert und präzise, dass das fragliche Geschehen
10
hinreichend aufgeklärt erscheint und die seitens der Beklagten angeregte nochmalige
Befragung der Zeugen nach Maßgabe des § 398 ZPO nicht erforderlich ist.
Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat zunächst vollinhaltlich Bezug auf
die im angefochtenen Urteil dargestellte Beweiswürdigung (Bl. 6, 7 UA; Bl. 159, 160 d.
A.).
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b) Soweit die Beklagten in ihrer Berufungsbegründung die Möglichkeit ansprechen, es
sei nicht auszuschließen, dass die Zeugen im Zusammenhang mit der Identifizierung
des Pkw des Beklagten zu 1. als denjenigen des Unfallverursachers einem Irrtum oder
einer Verwechslung erlegen seien (Bl. 201, 202 d. A.), handelt es sich um eine
spekulative Mutmaßung ohne jede sachliche Fundierung.
12
aa) Die Streckenführung der Bundesautobahn A 46 am Unfallort in Fahrtrichtung W.
zwischen der XXX und der sich daran anschließenden Tunnelunterführung ist
senatsbekannt. Nach Lage der Dinge besteht kein Zweifel, dass dort die Strecke so
übersichtlich ist, dass die Zeugen D. aus der von ihnen geschilderten
Annäherungsposition einen guten Überblick über das Verkehrsgeschehen vor ihnen
hatten. Hinzu kommt, dass sie auf der Autobahn kilometerlang den Pkw des Beklagten
zu 1., der ihnen als der Unfallverursacher aufgefallen war, verfolgt hatten. Erst nach dem
Verlassen der Ausfahrt XXX war es der Zeugin XXX gelungen, den Beklagten zu 1.
anlässlich eines Ampelstopps anzusprechen. Damit hatte die Zeugin in der durch sie
geschilderten Weise hinreichend Gelegenheit, das amtliche Kennzeichen des durch
den Beklagten zu 1. gesteuerten XXX zur Kenntnis zu nehmen und sich dann "die
Nummer" aufzuschreiben (Bl. 132 d. A.).
13
bb) Allein die Tatsache, dass die Beifahrerin des Beklagten zu 1., die Zeugin XXX, ihrer
Darstellung gemäß nichts von dem in Rede stehenden Vorfall mitbekommen hatte,
spricht nicht gegen die Richtigkeit der ausführlichen und stimmigen Bekundungen der
Zeugen XXX. Mangels einer Berührung der beteiligten Fahrzeuge ist es entsprechend
den Ausführungen des Landgerichts durchaus möglich, dass die Zeugin den
kurzzeitigen Fahrspurwechsel entweder überhaupt nicht wahrgenommen hat oder dass
dieser Vorgang – weil vermeintlich gänzlich unauffällig – nicht in ihrer Erinnerung haften
geblieben ist. Die Zeugin konnte sich noch nicht einmal mehr daran erinnern, auf
welcher Fahrspur der Beklagte zu 1. nach der Baustelle auf der Fleher Brücke gefahren
war.
14
cc) Nach dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten ist
gegen den Beklagten zu 1. ein Strafbefehl des Amtsgerichts Düsseldorf wegen
unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB) ergangen, hinsichtlich
dessen er Rechtsmittelverzicht erklärt hat (Bl. 249 ff. d. A.). Es ist nicht zuletzt dieser
Umstand ein gewichtiges Indiz für die Richtigkeit der durch das Landgericht
festgestellten Unfallbeteiligung des Beklagten zu 1..
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4) Nach den Bekundungen der Zeugen XXX ist erwiesen, dass der Beklagte zu 1.
seinen Pkw zunächst auf der mittleren Fahrspur steuerte und er sodann bei der
Annäherung des durch den Kläger auf der Überholspur gesteuerten Pkw XXX den
Versuch unternahm, ebenfalls auf die Überholspur zu wechseln.
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a) Wer – wie hier der Beklagte zu 1. – zum Überholen ausscheren und den Fahrstreifen
wechseln will, muss sich gemäß §§ 5 Abs. 4 S. 1, 7 Abs. 5 S. 1 StVO so verhalten, dass
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eine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs ausgeschlossen ist. Für den Fahrer
bedeutet dies, dass er das Ausscheren bzw. den Fahrstreifenwechsel mit äußerster
Sorgfalt vorbereiten und durchzuführen hat. Kommt es auf einer Autobahn bei einem
Ausscheren von dem rechten auf den linken Fahrbahnstreifen in einem nahen zeitlichen
und örtlichen Zusammenhang mit dem Spurwechsel zu einem Zusammenstoß mit
einem sich bisher auf der linken Spur nähernden Fahrzeug, so spricht der Beweis des
ersten Anscheins dafür, dass der ausscherende Fahrstreifenwechsler den durch ihn zu
beachtenden hohen Sorgfaltsanforderungen nicht Genüge getan hat (Senat, Urteil vom
5. Mai 2003, Az: 1 U 114/02; so auch – allerdings nicht für Autobahnfälle – OLG Bremen
VersR 1997, 253; OLG Hamm VersR 2001, 206; OLG Naumburg, OLGR 2000, 462).
Die Überholfahrstreifen der Autobahn, insbesondere der linke Fahrstreifen, werden nach
der allgemeinen Lebenserfahrung bei flüssigem Verkehr regelmäßig mit angespannter
Aufmerksamkeit und erhöhter Bremsbereitschaft befahren. Dies beruht einerseits auf der
typischerweise dort gefahrenen höheren Geschwindigkeit und andererseits auf dem
Umstand, dass mit Fahrzeugen gerechnet wird, die mit – zum Teil weitaus – geringerer
Geschwindigkeit von dem angrenzenden Fahrstreifen auf die Überholfahrstreifen
wechseln. Wenn es daher auf einer Autobahn bei einem Ausscheren von dem rechten
auf den linken Fahrstreifen zu einem Zusammenstoß mit einem auf dem linken
Fahrstreifen sich bewegenden Fahrzeug kommt, so lässt das regelmäßig auf ein
Aufmerksamkeitsverschulden des ausscherenden Fahrstreifenwechslers schließen,
insbesondere darauf, dass dieser nicht mit der erforderlichen Sorgfalt die notwendige
Rückschau vorgenommen hat.
18
b) Den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis hat der Beklagte weder erschüttert
noch gar widerlegt. Zur Feststellung eines schuldhaften Verhaltens des Beklagten zu 1.
anlässlich des Fahrspurwechsels bedarf es noch nicht einmal der Heranziehung der
Grundsätze über den Anscheinsbeweis. Vielmehr steht bereits nach den glaubhaften
Bekundungen der unbeteiligten Unfallzeugen XXX eine schuldhafte Pflichtverletzung
des Beklagten zu 1. fest.
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aa) Denn beide haben übereinstimmend ausgesagt, der Pkw XXX des Beklagten zu 1.
sei genau in dem Moment nach links ausgeschert, als der auf der äußersten linken Spur
überholende Kläger die Höhe dieses Fahrzeuges erreicht gehabt habe. Unmittelbar
danach sei der "bräunliche" bzw. der "dunkle" Wagen wieder nach rechts auf die
mittlere Spur gezogen worden (Bl. 129, 131 d. A.). Der Fahrer des die Spur
wechselnden Fahrzeuges habe zuvor "kein Lichtzeichen zum Überholen gegeben"
(Aussage XXX; Bl. 130 d. A.). Der Zeuge hat darüber hinaus anschaulich berichtet, der
Fahrer des XXX Pkw habe die mittlere Fahrspur so weit verlassen gehabt, "dass der
XXXfahrer dazu genötigt war, reagieren zu müssen" (Bl. 130 d. A.). Diese Notreaktion
ging nach der Beobachtung beider Zeugen mit der Ausweichlenkung des Klägers in
Richtung auf die Mittelleitplanken einher, wo es zu den Kollisionsberührungen mit den
Front- und Heckseiten des Pkw XXX kam.
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bb) Nach den Aussagen der beiden Zeugen steht außer Zweifel, dass auf der
Überholspur der Kläger in seinem Wagen so dicht zu dem durch den Beklagten zu 1.
geführten Pkw XXX aufgerückt war, dass ersterer beim Anblick des versuchten
Fahrspurwechsels nur die Handlungsalternativen hatte, entweder einen
Ausweichversuch nach links zu unternehmen oder auf der Überholspur mit dem Pkw
Mercedes zu kollidieren. Die Bekundungen der Zeugen lassen den eindeutigen
Rückschluss darauf zu, dass der Kläger keine Chance mehr hatte, die plötzliche
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Gefahrensituation auf der Überholspur durch eine Vollbremsung zu entschärfen oder zu
beseitigen.
c) Gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 StVO darf in allen Fällen ein Fahrstreifen nur gewechselt
werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Der
Fahrspurwechsler muss also höchste Sorgfalt walten lassen. Er muss vor dem
Fahrstreifenwechsel nach links in den Innen- und Außenspiegel blicken, sich nach links
umsehen und rechtzeitig den Fahrtrichtungsanzeiger betätigen (Hentschel,
Straßenverkehrsrecht, 36. Auflage, § 7 StVO, Rdnr. 17). Diese Pflichten hat der Beklagte
zu 1. in grober Weise vernachlässigt und damit die Ausgangsursache für das
klagegegenständliche Schadensereignis gesetzt.
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5) Untauglich sind die durch die Beklagten in ihrer Berufungsbegründung
unternommenen Versuche, Zweifel hinsichtlich der Feststellung der schuldhaften
Unfallverursachung seitens des Beklagten zu 1. auf dem Hintergrund der Aussagen der
Zeugen XXX aufzuzeigen.
23
a) Unzutreffend ist in diesem Zusammenhang zunächst die Darlegung, der Kläger sei
nach seiner Unfallschilderung und nach den polizeilichen Lichtbildern während des
Schleudervorgangs gleich mehrfach auf die mittlere Fahrspur geraten, so dass sich
auch für den Zeugen XXX die Notwendigkeit einer Brems- oder Ausweichreaktion hätte
ergeben müssen (Bl. 206, 207 d. A.).
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aa) Die Sequenz von schematischen Zeichnungen, mit welcher der Kläger als Anlage
zu seiner Klageschrift die Abfolge des Unfallgeschehens zu verdeutlichen versucht
(Bl. 5-12 d. A.) lässt erkennen, dass er im Zuge des dargestellten Schleudervorganges
auf der Überholspur nur einmal in einer solchen Weise auf die mittlere Fahrspur geraten
ist, dass er dort ein kurzfristiges Hindernis für den aufrückenden Zeugen XXX bildete.
Dieser war nach seiner Erinnerung zwischen 30 m und 40 m von dem Ort des fraglichen
Geschehens entfernt (Bl. 9, 130 d. A.). Dazu passt die Bekundung des Zeugen, er habe,
als er den Unfall gesehen habe, selbst nicht gebremst, um sich selbst und andere nicht
zu gefährden (Bl. 131 d. A.). Da sich nach der Unfallrekonstruktion des Klägers seine
Schleuderbewegung fast durchgehend auf der Überholspur zugetragen hat und der
durch ihn gesteuerte Pkw im Zuge des Schleudervorganges nur ganz kurz –
möglicherweise innerhalb von Sekundenbruchteilen – die durch den Zeugen benutzte
mittlere Fahrspur verengt hat, ist nachvollziehbar, dass ihm die Bewegungen des Pkw
XXX keinen Anlass zur Einleitung eines Brems- oder Ausweichmanövers gaben.
25
bb) Insgesamt ist die Feststellung zu treffen, dass der Zeuge XXX trotz seines
vorgerückten Alters situationsadäquat reagiert hat, indem er sogleich die Notwendigkeit
der Verfolgung des flüchtenden Beklagten zu 1. erkannt und er sich nicht weiter um den
– nach seiner richtigen subjektiven Einschätzung – für ihn gefahrenneutralen
Schleudervorgang gekümmert hat.
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b) Die Behauptung der Beklagten, während des Schleudervorganges sei der Pkw XXX
ausweislich der auf den polizeilichen Lichtbildern dargestellten schwarzen
Reifenspuren gleich mehrfach auf die mittlere Fahrspur geraten (Bl. 206 d. A.), ist durch
nichts belegt. Die von der Polizei gefertigten Fotos (Bl. 10-13 d. A.) geben keine
Schleuderspuren wieder, die mehrfach die mittlere Fahrspur erreichen.
27
c) Nicht schlüssig ist darüber hinaus die Darlegung der Beklagten, es sei nicht
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nachvollziehbar, wie der mit einem ABS-System und mit einer elektronischen
Differentialsperre ausgerüstete Pkw XXX bei einem Ausgangstempo von 80 km/h ins
Schleudern geraten sei (Bl. 207 d. A.). Es bedarf keiner weiteren Ausführungen dazu,
dass trotz moderner Elektronik zur Unterstützung der Fahrstabilität ein Fahrzeug dann
außer Kontrolle geraten kann, wenn es bei einer Ausgangsgeschwindigkeit von 80 km/h
oder mehr im Zuge einer plötzlichen Ausweichlenkung nach links mit der
Mittelleitplanke einer Autobahn kollidiert und sodann wegen des Anstoßimpulses
Querbeschleunigungskräfte auf das Fahrwerk einwirken. Allerdings machen - wie noch
darzulegen sein wird – die Beklagten zu Recht geltend, dass zum Zeitpunkt der
Einleitung des kritischen Fahrspurwechsels durch den Beklagten zu 1. der Kläger mit
seinem Pkw eine höhere Ausgangsgeschwindigkeit als 80 km/h inne gehabt haben
muss.
d) Für die Beweiswürdigung ohne wesentliche Bedeutung ist schließlich der Umstand,
dass in der polizeilichen Verkehrsunfallanzeige die Lackfarbe des XXX des Beklagten
zu 1. als "grau" (Bl. 5 Beiakte) angegeben ist, während sie in Wahrheit den Farbton
"dunkelbraun" hat. Ausweislich seiner anwaltlichen Stellungnahme vom 8. Dezember
2003 hat der Beklagte zu 1. in dem seinerzeit gegen ihn zu dem Aktenzeichen XXX StA
Düsseldorf anhängig gewesenen Ermittlungsverfahren ausgeführt, die Unfallstelle sei
"zur fraglichen Zeit von der sommerlichen Mittagssonne überflutet" gewesen. Daran
angeschlossen habe sich ein unbeleuchteter Tunnel, so dass sich eine plötzliche
Veränderung der Lichtverhältnisse ergeben habe (Bl. 61 Beiakte). Mit Rücksicht auf
diese besonderen Lichtverhältnisses ist es möglich, dass nachfolgende
Verkehrsteilnehmer nicht sogleich richtig die Farbe der Lackierung des Pkw des
Beklagten zu 1. erkannt haben. Wie bereits ausgeführt, steht wegen der langen
Verfolgungsfahrt außer jeden Zweifel, dass die Zeugin XXX den Pkw XXX des
Beklagten zu 1. richtig als den Wagen des unfallbeteiligten Fahrers erkannt hat.
29
III.
30
Sachlich begründet ist allerdings der Einwand der Beklagten, der Kläger müsse sich ein
Mitverschulden an der Entstehung des Schadensereignisses anspruchsmindernd
entgegenhalten lassen. Dieses Mitverschulden ist entgegen der durch das Landgericht
vertretenen Ansicht (Bl. 8 UA; Bl. 161 d. A.) auch nicht als so gering zu bewerten, dass
es im Vergleich zu dem Mitverursachungs- und Mitverschuldensanteil des Beklagten zu
1. nicht mehr eigenhaftungsbegründend ins Gewicht fällt.
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1) Der Senat vermag jedoch nicht dem Vorbringen der Beklagten beizupflichten, der
Kläger habe schuldhaft unangemessen und fehlerhaft reagiert, als er den durch ihn
gelenkten Wagen zum Schleudern gebracht habe (Bl. 211 d. A.).
32
a) Zwar hat der Zeuge XXX ausgesagt, "das überholende Auto" habe aus seiner Sicht
"möglicherweise eine zu starke Überreaktion gezeigt, als es sich bei dem Versuch des
Ausweichens hinter dem die Fahrspur wechselnden Pkw XXX es gedreht habe und
dann vor die Leitplanke geprallt sei" (Bl. 130 d. A.).
33
Wie bereits ausgeführt, hatte der Kläger nach der detaillierten Schilderung des
Unfallgeschehens durch den Zeugen nur die Handlungsalternativen, entweder auf das
Fahrzeug aufzufahren, welches kurz vor ihm die Fahrspur wechselte oder in Richtung
der Mittelleitplanken auszuweichen. Wollte er aber den Eintritt eines Schadens an den
Pkw des Unfallgegners vermeiden, so hatte er mangels jeglicher Freiräume nur die
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Möglichkeit, den Pkw XXX nach links in Richtung auf die Mittelleitplanken zu steuern.
Nach der ersten Kollisionsberührung mit diesen geriet dann das durch ihn gesteuerte
Fahrzeug außer Kontrolle.
b) Bei dieser Ausgangssituation gereicht es dem Kläger nicht zum Vorwurf, sich für die
letztgenannte Handlungsalternative entschieden zu haben. Wäre er von hinten auf den
Pkw XXX des Beklagten zu 1. aufgefahren, hätte, abgesehen von dem Eintritt
erheblicher Fremdschäden, auch die konkrete Gefahr des Entstehens gravierender
Körperverletzungen des Beklagten zu 1. und der ihn begleitenden Zeugin XXX
bestanden.
35
c) Selbst wenn aber der Kläger unmittelbar vor dem Kollisionsereignis eine falsche
Reaktion gezeigt hätte, wäre folgendes zu berücksichtigen: Nach ständiger
Rechtsprechung ist das falsche Reagieren eines Verkehrsteilnehmers dann kein
Verschulden, wenn er in einer für ihn nicht vorhersehbaren Gefahrenlage keine Zeit zu
ruhiger Überlegung hat und deshalb nicht das Richtige und Sachgerechte unternimmt,
um den Unfall zu verhüten, sondern aus verständlicher Bestürzung objektiv falsch
reagiert. (Senat, Urteil vom 1. Oktober 2001, Az.: 1 U 206/00).
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2) Jedoch ist dem Kläger als unfallursächliches Mitverschulden anzulasten, ein
Streckenverbot im Sinne des § 41 Abs. 2 Ziff. 7, Zeichen 274 StVO missachtet zu haben.
Unstreitig hatte der Kläger auf der Bundesautobahn 46 im Bereich der Unfallstelle eine
zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h zu beachten. Diese
Geschwindigkeitsbegrenzung hat er jedoch nicht befolgt, indem er anlässlich des
Fahrspurwechsels des Beklagten zu 1. ein Annäherungstempo von ca. 100 km/h inne
hatte.
37
Im Widerspruch zu der durch das Landgericht vorgenommenen Beweiswürdigung lässt
sich die Fahrtgeschwindigkeit des Klägers zu 1. anhand der Aussage des Zeugen XXX
hinreichend sicher feststellen.
38
a) Der Zeuge hat im Einzelnen angegeben, er habe sich auf der mittleren Fahrspur mit
der gleichen Geschwindigkeit wie der 30 m bis 40 m vor ihm fahrende Pkw XXX
fortbewegt, also mit 80 km/h. Bei dieser Sachlage hatten der Zeuge und der Beklagte zu
1. auf der mittleren Fahrspur die zulässige Höchstgeschwindigkeit voll ausgeschöpft. Da
der Kläger der weiteren Schilderung des Zeugen gemäß auf der äußersten linken
Fahrspur einen Überholvorgang vollführte, verstieß er gegen ein faktisches
Überholverbot. Denn nach den Umständen musste sein Annäherungstempo deutlich
über 80 km/h liegen, um den Überholvorgang überhaupt durchführen zu können. Mit
anderen Worten: Bei der durch den Zeugen geschilderten Ausgangssituation war jeder
Überholvorgang zwangsläufig mit einer Überschreitung der zulässigen
Höchstgeschwindigkeit verbunden.
39
b) Der Zeuge XXX hat die Annäherungsgeschwindigkeit des durch den Kläger
gesteuerten Pkw XXX mit ca. 100 km/h angegeben und hat dazu stimmig ausgeführt,
das Fahrzeug sei ungefähr 20 km/h schneller gefahren als er selbst (Bl. 131 d. A.). Da
der Zeuge eine insgesamt sehr präzise und stimmige Schilderung der fraglichen
Ereignisses abgegeben hat, hat der Senat keine durchgreifenden Bedenken, seinen
Feststellungen die Geschwindigkeitsschätzung des Zeugen zu Grunde zu legen.
Aufgrund seiner früheren Berufstätigkeit als Kraftfahrzeugmeister erscheint er als zur
sachkundigen Beobachtung fahrzeugtechnischer Bewegungsvorgänge hinreichend
40
kompetent.
c) Am Unfallort hat der Kläger gegenüber den aufnehmenden Polizeibeamten
angegeben, seine Ausgangsgeschwindigkeit habe ca. 80 km/h bis 90 km/h betragen
(Bl. 3 Beiakte). Nachdem er in der Klageschrift zunächst ein Annäherungstempo von
80 km/h dargelegt hatte (Bl. 2 Beiakte), räumt er nunmehr eine Geschwindigkeit
zwischen 85 km/h bis 90 km/h ein (Bl. 256 d. A.). Da der Kläger jedoch auf der
Überholspur nach der Beobachtung des Zeugen XXX "zügig" (Bl. 131 d. A.) – also nicht
nur mit einer geringen Differenzgeschwindigkeit – an diesem vorbeigefahren war, und
da nach § 5 Abs. 2 Satz 2 StVO der überholende Verkehrsteilnehmer mit einer
wesentlich höheren Geschwindigkeit als der zu Überholende fahren muss, wird die
durch den Kläger als möglich eingeräumte Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h der
tatsächlichen Verkehrssituation unmittelbar vor dem Kollisionsereignis nicht ganz
gerecht. Die nach Lage der Dinge erforderlich gewesene Differenzgeschwindigkeit des
Klägers beim Überholvorgang erklärt sich nur plausibel auf dem Hintergrund der
Geschwindigkeitsangabe des Zeugen von 100 km/h.
41
3) Entgegen der durch das Landgericht vorgenommenen Bewertung kann die damit
verbunden gewesene Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von
80 km/h nicht als nur geringfügig bewertet werden (8 UA; Bl. 161 d. A.). Immerhin
bewegte sich der Kläger am Unfallort um 25 % schneller als dort erlaubt. Für die
vorgeschriebene Geschwindigkeitsbeschränkung gab es auch triftige Gründe: Unstreitig
ist die Unfallstelle im Einfahrtbereich der ersten Tunnelunterführung der Autobahn hinter
der XXX Brücke gelegen. Es bedarf keiner weiteren Ausführungen dazu, dass allein
schon wegen des Wechsels der Lichtverhältnisse bei der Einfahrt in den Tunnel eine
nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 Satz 2 StVO angepasste Geschwindigkeit geboten ist.
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4) Hätte der Kläger die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h eingehalten, hätte
er nach den obigen Darlegungen zwangsläufig davon absehen müssen, den sich
zunächst auf der mittleren Fahrspur fortbewegenden Pkw XXX des Beklagten zu 1. zu
überholen. Wäre aber der Überholvorgang unterblieben, hätte in der weiteren
Konsequenz der Wechsel des Beklagten zu 1. von der mittleren auf die äußerste linke
Fahrspur keine Konfliktsituation mit dem durch den Kläger gesteuerten Fahrzeug
ergeben. Bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit wäre es also nicht zu
der durch den Kläger auf der Überholspur als Notmaßnahme eingeleiteten
Ausweichbewegung zu den Mittelleitplanken hin gekommen, und das Schadensereignis
wäre vermieden worden. Folglich hat sich auch das schuldhafte Fehlverhalten des
Klägers als mitursächlich für die Entstehung des Unfalls ausgewirkt.
43
IV.
44
Bei Abwägung aller unfallursächlichen Umstände gemäß §§ 17, 18 StVG, bei der zu
Lasten eines Beteiligten nur Tatsachen berücksichtigt werden, die unstreitig oder
erwiesen sind oder auf die sich die Partei selbst beruft, kommt in Abweichung von der
Bewertung des Landgerichts dem unfallursächlichen Mitverschulden des Klägers ein
solches Gewicht zu, dass es nicht hinter den den Beklagten zu 1. treffenden
Fahrlässigkeitsvorwurf zurücktreten kann. Allerdings ist der Darlegung im
angefochtenen Urteil beizupflichten, dass der Beklagte zu 1. in einer unverantwortlich
unaufmerksamen Weise den Fahrspurwechsel durchgeführt hat (Bl. 8 UA; Bl. 161 d. A.).
Obwohl er nach Maßgabe des § 7 Abs. 5 StVO höchstmögliche Sorgfalt walten lassen
musste, hat er nach den Aussagen der Zeugen XXX weder in der vorgeschriebenen
45
Weise den Fahrtrichtungsanzeiger betätigt (§ 7 Abs. 5 Satz 2 StVO), noch hat er auf den
die Überholspur benutzenden Folgeverkehr geachtet. Deshalb ist es im Ergebnis
gerechtfertigt, die Beklagten mit dem überwiegenden Haftungsanteil, nämlich mit einer
Quote von 75 %, zu belasten, während den Kläger ein Mitverursachungs- und
Mitverschuldensanteil von 25 % trifft. Die von seinem Fahrzeug ausgegangene
Betriebsgefahr war wegen der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit
erhöht. Zu Lasten der Beklagten wirkt sich jedoch in viel höherem Maße
betriebsgefahrerhöhend die Tatsache aus, dass der Pkw XXX auf der Überholspur für
den Kläger ein plötzliches Frontalhindernis bildete.
V.
46
Unbegründet sind sämtliche Einwendungen der Beklagten, welche die durch das
Landgericht berücksichtigten Schadenspositionen des Klägers in dem Umfang
betreffen, in welchem sie in der Berufungsinstanz noch streitgegenständlich sind.
47
Fahrzeugschaden
48
1) Nachdem dieser erstinstanzlich mit dem Reparaturkostenbetrag laut Gutachten des
Sachverständigen XXX vom 9. August 2003 mit dem Bruttobetrag von 18.081,70 €
verfahrensgegenständlich war, ist dieser nunmehr noch mit dem Nettobetrag von
15.579,43 € anhängig (Bl. 16 d. A.). Denn die durch den Kläger schriftsätzlich unter dem
Datum des 15. Juni 2004 erklärte Teilrücknahme der Klage im Umfang von 2.624,68 €
(Bl. 237 d. A.) bezieht sich mit einem Anteil von 2.502,27 € auf den Mehrwertsteueranteil
des Nettoreparaturkostenaufwandes. Der Kläger ist im Umfang von 75 % dieses Betrags
anspruchsberechtigt.
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2) Entgegen der durch die Beklagten vertretenen Ansicht ergeben sich zum Nachteil des
Klägers keine Besonderheiten aus der Tatsache, dass er nicht Eigentümer des
verunfallten Pkw Marke XXX ist, sondern nur Leasingnehmer aufgrund einer
Gebrauchsüberlassungsvereinbarung mit der XXX Bank. Nach den durch den Kläger
vorgelegten Unterlagen ist davon auszugehen, dass eine zu seinen Gunsten seitens der
Leasinggeberin erteilte Einziehungsermächtigung besteht, aufgrund der er befugt ist, die
Ersatzforderung wegen des Fahrzeugschadens im eigenen Namen gegen die
Beklagten geltend zu machen und Zahlung an sich zu verlangen.
50
Darüber hinaus ist der Kläger berechtigt, die Reparaturkosten fiktiv auf Gutachtenbasis
abzurechnen, obwohl sie ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen XXX vom
9. August 2003 mit 15.579,43 € netto, bzw. 18.081,70 € brutto fast die Höhe des
ausgewiesenen Wiederbeschaffungswertes erreichen (16.206,90 € netto bzw.
18.800,00 € brutto).
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a) Im Falle der Beschädigung eines Leasingfahrzeuges stehen sowohl dem
Leasinggeber aufgrund seines verletzten Eigentums als auch dem Leasingnehmer
wegen der Verletzung seines Besitzrechtes Schadensersatzansprüche zu. Die
Instandsetzungskosten kann der Leasingnehmer beanspruchen, wenn er vertraglich
instand zu setzen hat (Rixecker, Der Haftpflichtprozess, 23. Auflage, Rdnr. 102). Diese
vertragliche Instandsetzungspflicht trifft den Kläger nach Maßgabe der Regelungen zu
den Ziffern 2.2 sowie 2.3 der Geschäftsbedingungen des Leasingvertrages (Bl. 247
d. A.).
52
b) Nach Maßgabe des Schreibens der XXX Bank vom 28. August 2003 an die Beklagte
zu 2. ist der fahrzeugbezogene Ersatzanspruch des Klägers an die Bank abgetreten (Bl.
87 d. A.). Diese Zession schließt hier jedoch nicht die Befugnis des Klägers aus, die
Ersatzansprüche hinsichtlich des Fahrzeugschadens gegen die Beklagten im eigenen
Namen geltend zu machen.
53
aa) Zwar weisen die Beklagten in ihrer Berufungsbegründung einerseits zu Recht
darauf hin, dass die Bedingung für die Auszahlung des Reparaturrechnungsbetrages an
den Kläger, die im zweiten Absatz des bezeichneten Schreibens vom 28. August 2003
formuliert ist, nicht eingetreten ist. Der Kläger verlangt den Reparaturkostenaufwand auf
Gutachtenbasis. Bisher ist es nicht zur Vorlage einer Reparaturrechnung, bzw. einer
quittierten Reparaturrechnung einer herstellergebundenen Werkstatt seitens des
Klägers gekommen. Entgegen der durch die Beklagten vertretenen Ansicht kann dieses
Vorlageerfordernis aber nicht in dem Sinne verstanden werden, dass der Kläger den für
die Instandsetzung des Fahrzeuges notwendigen Betrag ausschließlich unter der
Voraussetzung der Erteilung eines Reparaturauftrages und der Präsentation des
entsprechenden Reparaturkostennachweises vom Unfallgegner ersetzt verlangen darf.
Denn mit der Weisung zu Absatz 2 des Schreibens vom 28. August 2003 soll lediglich
sichergestellt werden, dass das verunfallte Leasingfahrzeug gemäß der Regelung zu
Ziff. 2.2 der Vertragsbedingungen sachgemäß instand gesetzt wird, wobei aus
naheliegenden Gründen die Sachgemäßheit im Sinne einer Reparatur in einer
herstellergebundenen Fachwerkstatt verstanden werden soll. Möchten der
Leasingnehmer und die Leasinggeberin das beschädigte Fahrzeug aber nicht
herrichten lassen und es im Zusammenhang mit einem beabsichtigten Verkauf des
Fahrzeuges bei einer Schadensabrechnung auf Gutachtenbasis belassen, gibt es
keinen Grund mehr, den Leasingnehmer an den Reparaturkostennachweis einer
Fachwerkstatt zu binden.
54
bb) Wird das geleaste Fahrzeug teilweise beschädigt, so ist der Leasingnehmer
aufgrund vertraglicher Regelung üblicherweise verpflichtet, das Fahrzeug auf eigene
Rechnung reparieren zu lassen. Diese Verpflichtung besteht aber dann nicht, wenn die
Reparaturkosten unverhältnismäßig hoch sind. Üblicherweise wird hier ein Grenzwert
von 2/3 des Wiederbeschaffungswertes des Fahrzeuges angenommen, weil dies damit
korrespondiert, dass der Leasingvertrag bei unfallbedingten Reparaturkosten von mehr
als 2/3 des Zeitwertes von beiden Seiten zum Ende eines Vertragsmonats gekündigt
werden kann (BGH WM 1987, 38; BGHZ 97, 65, 66). Diese Voraussetzung ist hier
erfüllt, da – wie bereits ausgeführt – der Instandsetzungsaufwand für den Pkw Audi A 8
fast dessen Wiederbeschaffungswert erreicht und damit deutlich über der 2/3-Grenze
liegt. Diese Zusammenhänge verdeutlichen, aus welchem Grund im vorliegenden Fall
einer Abrechnung der Reparaturkosten auf Gutachtenbasis klagegegenständlich ist.
55
cc) In ihrem Schreiben vom 29. September 2003 hat die XXX Bank dem Kläger die
Ermächtigung erteilt, "etwaige Entschädigungsansprüche wegen Unfallschäden" des
Leasingfahrzeuges "gegenüber der Kfz-Haftpflicht-versicherung im eigenen Namen
geltend zu machen". Nach dem weiteren Inhalt des Schreibens soll "diese
Ermächtigung auch eine Klageerhebung im eigenen Namen" einschließen, wobei das
"Schreiben als Legitimationsnachweis bei Gericht vorgelegt werden mag" (Bl. 97 d. A.).
56
Mit diesem Schreiben hat die Bank dem Kläger eine Einziehungsermächtigung erteilt.
Nach deren Inhalt ist der Kläger als Leasingnehmer aber berechtigt, die Forderung im
eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen und Zahlung an sich zu verlangen. Die
57
Zulässigkeit einer Einziehungsermächtigung wird aus § 185 BGB hergeleitet (vgl. BGHZ
4, 164; BGHZ 70, 393). Zur gerichtlichen Geltendmachung der Forderung im eigenen
Namen ist der Ermächtigte nur berechtigt, wenn er hieran ein eigenes schutzwürdiges
Interesse hat (Palandt/Heinrichs, Kommentar zum BGB, 63. Auflage, § 398 Rdnr. 33 mit
Hinweis auf BGHZ 4, 165; BGHZ 92, 349 sowie BGHZ 96, 153). Diese Voraussetzung
ist hier erfüllt, da das Besitzrecht des Klägers an dem verunfallten Leasingfahrzeug
wegen der Kollisionsschäden beeinträchtigt ist.
dd) Bereits der Regelung zu Ziff. 3.2 der Darlehensbedingungen gemäß ist der Kläger
widerruflich ermächtigt und verpflichtet, Ansprüche wegen eines Fahrzeugschadens im
eigenen Namen und auf eigene Kosten geltend zu machen (Bl. 247 d. A.). Die dem
Kläger spätestens mit dem Schreiben vom 29. September 2003 erteilte
Einziehungsermächtigung hat noch mal eine Bestätigung in dem an den klägerischen
Prozessbevollmächtigten gerichteten Schreiben der XXX Bank vom 8. Juni 2004 (Bl.
246 d. A.) gefunden. Diese Zuschrift ist mehr als ein halbes Jahr nach Eintritt der
Rechtshängigkeit verfasst und steht offensichtlich im Zusammenhang mit der seitens der
Beklagten erhobenen Beanstandung hinsichtlich der Aktivlegitimation des Klägers den
Fahrzeugschaden betreffend. In dem Schreiben wird noch einmal ausdrücklich auf die
Ermächtigung und Verpflichtung des Darlehens- bzw. Leasingnehmers hingewiesen,
gemäß der bezeichneten Regelung zu Ziff. 3.2 "sämtliche Ansprüche im eigenen
Namen und auf eigene Kosten geltend zu machen" (Bl. 246 d. A.). Offensichtlich hat die
XXX Bank kein eigenes Interesse daran, den Reparaturkostenaufwand auf
Gutachtenbasis im eigenen Namen gegen die Beklagten gerichtlich geltend zu machen
oder Zahlung des Ersatzbetrages an sich zu verlangen. Der wirtschaftliche Hintergrund
dürfte darin zu sehen sein, dass es wegen der umfassenden Beschädigung des
Leasingfahrzeuges bereits zu einer Kündigung und Abwicklung der
Gebrauchsüberlassungsvereinbarung mit dem Kläger gekommen ist.
58
3) Ausweislich des durch den Kläger vorgelegten Schadensgutachtens des
Sachverständigen XXX erreichen die Kosten für die Instandsetzung des verunfallten
Pkw Audi A 8 fast dessen Wiederbeschaffungswert. Zu der Höhe einer eventuellen
Wertminderung und zum Umfang des Restwertes unter Berücksichtigung der
Unfallschäden enthält das Gutachten jedoch keine Angaben.
59
Da die Beklagten jedoch keine Einwendungen gegen die Höhe des
klagegegenständlichen Fahrzeugschadens geltend machen sondern insoweit lediglich
– im Ergebnis ohne Erfolg – die Aktivlegitimation des Klägers rügen, ist die Höhe der mit
der Klage verlangten Reparaturkosten in dem auf Gutachtenbasis ermittelten Umfang
von 15.579,43 € netto als unstreitig zu behandeln. Es bedarf deshalb keienr
weitergehenden Erörterung der Fragen, ob die Beklagten bei einer Ersatzbeschaffung
unter Verwertung des Unfallfahrzeuges finanziell weniger belastet worden wären und ob
der Kläger einen dahingehenden Einwand gegen sich gelten lassen müßte.
60
Gutachterkosten
61
Diese Position ist nunmehr mit 765,06 € nach Maßgabe der Rechnung des
Sachverständigen XXX vom 9. August 2003 (Bl. 56 d. A.) unstreitig.
62
Nutzungsausfall
63
Das Landgericht hat in nicht zu beanstandender Weise dem Kläger für zwei Ausfalltage
64
einen Ersatzanspruch in Höhe von insgesamt 158,00 € auf der Grundlage des in der
Berufungsinstanz unstreitigen Tagessatzes von 79,00 € zuerkannt.
1) Entgegen der durch die Beklagten geäußerten Ansicht (Bl. 215 d. A.) steht der
Zuerkennung einer Nutzungsausfallentschädigung nicht die Tatsache entgegen, dass
der Kläger das verunfallte Fahrzeug nicht hat reparieren lassen. Auch im Falle der
Geltendmachung fiktiver Reparaturkosten ist die Verpflichtung des Schädigers des
Fahrzeuges zum Ersatz des Nutzungsausfallschadens nicht schlechthin
ausgeschlossen, sondern auf die Zeit des tatsächlichen Ausfalls begrenzt (BGHZ 66,
239, 249). Unter Berücksichtigung dessen, dass der Kläger während der durch den
Sachverständigen XXX angegebenen voraussichtlichen Reparaturdauer von bis zu 19
Tagen ohnehin 17 Tage lang krankgeschrieben war und er während dieser Zeit
ausweislich des vorgelegten ärztlichen Berichtes des ihn behandelnden Arztes XXX (Bl.
58 ff. d. A.) kein Fahrzeug führen konnte, verbleibt der durch das Landgericht zu Recht in
Ansatz gebrachte tatsächliche Ausfallzeitraum von zwei Kalendertagen. Für diese ist
nach dem Ende der Zeit der ärztlichen Krankschreibung von der Fähigkeit des Klägers
zur Nutzung des Fahrzeuges auszugehen.
65
2a) Auch der Nutzungswille des Klägers kann für die in Rede stehende Zeitspanne von
zwei Tagen nicht in Zweifel gezogen werden. Nach seinem insoweit unwidersprochen
gebliebenen Vorbringen ist er als Geschäftsführer eines Unternehmens tätig (Bl. 99 d.
A.), wobei der verunfallte Pkw das einzige Fahrzeug im Betriebsvermögen ist (Bl. 261 d.
A.). Stimmig erscheint deshalb das Vorbringen des Klägers, er könne sich wegen seiner
Tätigkeit für ein junges Unternehmen längere Ausfallzeiten nicht leisten (Bl. 99 d. A.).
66
b) Der Nutzungswille des Klägers hinsichtlich des unfallgeschädigten Fahrzeuges wird
nicht zuletzt durch die Tatsache dokumentiert, dass er ausweislich des durch ihn
vorgelegten Mietvertrages mit der Firma XXX vom 29. August 2003 von diesem Tage an
bis zum 19. September 2003 ein Fahrzeug des Typs XXXin Anspruch genommen hat
(Bl. 125 d. A.).
67
3) Unzutreffend ist die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe den
klagegegenständlichen Anspruch auf Nutzungsausfall an die Mietwagenfirma XXX
abgetreten (Bl. 255 d. A.). Nach dem Inhalt der durch den Kläger zugunsten der
Autovermietung unterzeichneten Sicherungsabtretungserklärung vom 29. August 2003
betrifft die Zession lediglich Ansprüche auf Ersatz von Mietwagen-, Abschlepp- und
Sachverständigenkosten sowie Forderungen wegen Wertminderung (Bl. 89 d. A.).
68
4) Unbegründet ist darüber hinaus der seitens der Beklagten erhobene Einwand, das
geschädigte Fahrzeug sei unstreitig gewerblich genutzt worden, so dass entgangene
Gebrauchsvorteile konkret nachzuweisen seien (Bl. 255 d. A.).
69
a) Zwar ist entsprechend dem Vorbringen der Beklagten der Pkw XXX auch für das
durch den Kläger geführte Unternehmen zum Einsatz gelangt. Nach dem insoweit
unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Klägers hat er den Wagen – das einzige
Fahrzeug im Betriebsvermögen – jedoch auch für private Zwecke genutzt (Bl. 238, 261
d. A.).
70
b) Der Pkw diente somit nicht unmittelbar der Gewinnerzielung, wie dies etwa bei einem
Taxi oder Mietwagen oder einem Nutzfahrzeug im engeren Sinne der Fall ist. Bei einem
solchen Fahrzeug ist nach der Rechtsprechung des Senats eine abstrakte, also
71
pauschale, Nutzungsentschädigung nicht prinzipiell ausgeschlossen, wobei es nicht
darauf ankommt, wie hoch der private Nutzungsanteil ist. Auch ohne private
Mitbenutzung kann bei einem nur mittelbar der Gewinnerzielung dienenden Pkw,
dessen Ausfall den betrieblichen Ablauf spürbar beeinträchtigt, ein Nutzungsausfall
nach der Tabelle Sanden/Danner/Küppersbusch/Rädel/Splitter zu ersetzen sein. Wird
bei einem Verkehrsunfall ein dem Geschäftsführer von der Gesellschaft zur Verfügung
gestellter Pkw beschädigt, den dieser teilweise geschäftlich, teilweise privat nutzte, ist
ein Anspruch gegen den Schädiger auf Ersatz der entgangenen Gebrauchsvorteile nicht
ausgeschlossen (Senat, Urteil vom 2. April 2001, Az. 1 U 132/00, veröffentlicht in ZfS
2001, 545).
c) Der Ausfall des Pkw XXX als Geschäftswagen war mit einem fühlbaren
wirtschaftlichen Nachteil für das Unternehmen des Klägers verbunden. Dem steht nicht
entgegen, dass er einen konkreten Gewinnverlust nicht beziffern kann. Bei einem Pkw,
der – wie hier – nur mittelbar der Gewinnerzielung dient, ist der Nachweis eines
Gewinnentgangs praktisch unmöglich, jedenfalls in der Regel mit nicht zumutbaren
Aufwendungen verbunden. Beim Ausfall eines ganz oder teilweise unternehmerisch
genutzten Pkw dürfen an das Merkmal der Fühlbarkeit der Gebrauchsentbehrung keine
überzogenen Anforderungen gestellt werden. Dies gilt hier um so mehr aufgrund der
Tatsache, dass die noch streitgegenständliche Ausfallzeit nur eine Spanne von zwei
Kalendertagen umfasst. Eine tatsächliche Vermutung spricht dafür, dass in einem
solchen Fall der betriebliche Ablauf spürbar behindert wird. Wer betrieblich auf ständige
Mobilität angewiesen ist und dazu einen repräsentativen Pkw einsetzt, empfindet den
vorübergehenden Ausfall nicht nur als lästig, sondern als nachhaltige Beeinträchtigung
der Freiheit, Geschäftstermine zu disponieren und wahrzunehmen. Selbst der Verzicht
auf einen Mietwagen wäre kein zwingendes Gegenindiz (Senat a. a. O.).
72
Schmerzensgeld
73
Der insoweit dem Kläger durch das Landgericht zuerkannte Betrag in Höhe von
1.000,00 € zum Ausgleich seiner immateriellen unfallbedingten Beeinträchtigungen ist
unter Berücksichtigung der nach § 253 Abs. 2 BGB maßgeblichen Zumessungskriterien
auf der Grundlage seiner Anspruchsberechtigung von 75 % nicht zu beanstanden. Die
Beklagten dringen nicht mit ihrem Einwand durch, die Behandlungsbedürftigkeit der
attestieren Ischialgie der Lendenwirbelsäule sei nicht unfallbedingt und es sei das dem
Kläger zuerkannte Schmerzensgeld der Höhe nach überzogen (Bl. 219 d. A.).
74
1) Ausweislich des ärztlichen Berichtes des behandelnden Arztes XXX hat der Kläger
eine Distorsion der Hals- und Lendenwirbelsäule erlitten (Bl. 59 ff. d. A.).
75
Zwar lässt sich nicht mit letzter Sicherheit feststellen, ob entsprechend der auf den
ärztlichen Bericht gestützten Annahme des Landgerichts der Kläger unfallbedingt auch
eine Schädigung der Halswirbelsäule davongetragen hat. Er war einerseits nicht von
einem Auffahrunfall mit dem damit typischerweise einhergehenden Heckanstoß
verbunden. Andererseits ist der durch ihn geführte Pkw unstreitig infolge des
Schleudervorganges auch nach einer starken Drehung mit dem hinteren rechten Heck
gegen die Leitplanke geschlagen, wie dies in der durch den Kläger gefertigten
schematischen Zeichnung dargestellt ist (Bl. 10 d. A.).
76
2) Selbst wenn aber der Kläger infolge des Unfalls keinen Distorsionsschaden der
Halswirbelsäule davongetragen hätte, würden jedenfalls allein schon die in dem
77
ärztlichen Bericht als Unfallfolge attestierte Distorsion der Lendenwirbelsäule in Form
einer Ischialgie und die damit für den Kläger verbunden gewesenen immateriellen
Beeinträchtigungen den Ansatz eines Schmerzensgeldes in Höhe von 1.000,00 €
rechtfertigen.
a) Nach dem Inhalt der durch den Kläger zu den Akten gereichten Rechnung des
behandelnden Arztes XXX vom 10. September 2003 hat er sich nach einer
neurologischen und röntgenologischen Untersuchung der Lendenwirbelsäule an
verschiedenen Tagen in der Zeit zwischen dem 4. August 2003 – also beginnend mit
dem auf den Unfall folgenden Tag – und dem 14. August 2003 insgesamt sieben
Infusionsbehandlungen unterziehen müssen (Bl. 115, 116 d. A.). Dem Senat ist aus
eigener Sachkunde bekannt, dass in einer ärztlichen Praxis Infusionsbehandlungen in
der Regel nur bei Ischialgien, Bandscheibenvorfällen und vergleichbaren
Lumbalsyndromen vorgenommen werden, die wegen ihrer Heftigkeit und ihrer
Langwierigkeit nicht erfolgversprechend mit konventionellen Schmerzmitteln bekämpft
werden können.
78
b) Der Kläger war nach den durch ihn vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen bis zum
20. August 2003, also noch fünf Tage nach der letzten Infusionsbehandlung,
arbeitsunfähig. Nach dem bezeichneten Bericht des behandelnden Arztes war der
Kläger noch nicht einmal in der Lage, ein Fahrzeug zu führen (Bl. 59 d. A.). Es liegt auf
der Hand, dass die erzwungene Untätigkeit über einen Zeitraum von 17 Tagen dem
Kläger in seiner Eigenschaft als Jungunternehmer über die rein finanziellen Aspekte
hinaus zu schaffen gemacht hat. Auch wenn mit Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit
die wirbelsäulenbezogenen Beschwerden beseitigt gewesen sein sollten, wird der dem
Kläger zuerkannte Schmerzensgeldbetrag von 1.000,00 € seinen unfallbedingten
immateriellen Beeinträchtigungen in adäquater Weise gerecht.
79
c) Soweit sich die Beklagten in ihrer Berufungsbegründung im Einzelnen kritisch mit der
dem Kläger auch anlässlich der Infusionsbehandlung verabreichten Medikation
auseinandersetzen (Bl. 217/219 d. A.), bedarf es dazu keiner weiteren Ausführungen
des Senats. Selbst wenn die medikamentöse Versorgung des Klägers nicht optimal
oder teilweise sogar falsch gewesen sein sollte, wirkten sich diese Behandlungsmängel
nicht zum Nachteil des Klägers in seiner Eigenschaft als geschädigtes Unfallopfer aus.
Auch das Risiko einer falschen Behandlungsmethode trägt grundsätzlich der
Erstschädiger; ärztliche Kunstfehler unterbrechen grundsätzlich nicht die
haftungsausfüllende Kausalität (van Bühren, Anwalts-Handbuch Verkehrsrecht, Teil 4,
Rdnr. 15 mit Hinweis auf BGH NJW 1989, 768 und weiteren
Rechtsprechungsnachweisen).
80
3) Die Beklagten verweisen auch ohne Erfolg darauf, der Kläger habe allenfalls in
einem zeitlichen, nicht aber in einem kausalen Zusammenhang mit dem Unfallereignis
eine erneute Ischialgie erlitten (Bl. 217 d. A.).
81
a) Zwar trifft es zu, dass nach dem bezeichneten ärztlichen Bericht des XXX der Kläger
bereits im Jahre 1999 wegen einer Ischialgie behandelt worden war (Bl. 58 d. A.).
Offensichtlich hatte der Kläger nach dieser letzten Behandlungsmaßnahme über drei
Jahre lang keine Veranlassung mehr, sich in ärztliche Behandlung zu begeben. Da
jedoch am Tag nach dem Unfallgeschehen erneut eine Ischialgie im Bereich der
Lendenwirbelsäule diagnostiziert wurde, ist davon auszugehen, dass die Kollision in
haftungsbegründender Weise zumindest mitursächlich für den klagegegenständlichen
82
Wirbelsäulenschaden war.
aa) Um die Unfallbedingtheit des vom Anspruchsteller geltend gemachten Verletzungs-
und Beschwerdebildes zu ermitteln, ist der medizinische Befund so, wie er sich
unmittelbar vor dem Unfall darstellte, zu rekonstruieren und mit demjenigen zu
vergleichen, der nach dem Unfall gegeben war. Ergibt der Vergleich, dass nachher ein
Mehr an Verletzungen oder Beschwerden vorlag, so ist diese Verschlimmerung
gegenüber dem Vorzustand eine Folge des Unfalls, denn sie entfällt, wenn man den
Unfall wegdenkt. Zumindest ist sie durch den Unfall mitverursacht worden.
83
bb) Selbst wenn also der Kläger anlagebedingt oder aufgrund von
Verschleißerscheinungen im Bereich der Lendenwirbelsäule schadensanfällig gewesen
sein sollte, wäre jedenfalls diese Anfälligkeit vor dem Unfall mehr als drei Jahre lang
symptomlos geblieben. Der ganz enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem
Schadensereignis und der ärztlichen Diagnose der Ischialgie spricht mit hinreichender
Sicherheit für die Feststellung, dass eine eventuell an der Lendenwirbelsäule
angesiedelte Schadensanfälligkeit durch den Unfall aktiviert worden ist mit der Folge
erheblicher Schmerzbeeinträchtigungen, welche mehrere Infusionsbehandlungen des
Klägers erforderlich machten.
84
b) Unerheblich ist schließlich der Einwand der Beklagten, die kollisionsbedingten
Geschwindigkeitsänderungen, die der durch den Kläger gesteuerte Pkw anlässlich der
mehrfachen Leitplankenberührungen erfahren habe, hätten jeweils unter 20 km/h
gelegen. Insbesondere bedarf es in diesem Zusammenhang nicht der Einholung des
beantragten Unfallrekonstruktionsgutachtens (Bl. 210 d. A.).
85
aa) Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung bisher davon abgesehen, eine
sogenannte Harmlosigkeitsgrenze mit der Maßgabe festzusetzen, dass darunter
liegende Geschwindigkeitsveränderungen anlässlich einer Unfallkollision nicht
geeignet sind, eine Wirbelsäulenschädigung eines Fahrzeuginsassen hervorzurufen.
Allein der Umstand, dass sich ein Unfall mit einer geringen kollisionsbedingten
Geschwindigkeitsänderung ereignet hat, schließt die tatrichterliche
Überzeugungsbildung nach § 286 ZPO von einer Ursächlichkeit etwa für eine HWS-
Ver-letzung nicht aus (BGH NJW 2003, 1116).
86
bb) Unstreitig ist, dass der Pkw XXX mehrfach gegen die Mittelleitplanke geprallt ist,
wobei sich Front- und Heckanstöße eingestellt haben. Bei dieser Sachlage war der
Körper des Klägers Anstoßimpulsen aus verschiedenen Richtungen ausgesetzt.
Folglich kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Gurtsicherung in Verbindung
mit der Rückenstützfunktion des Fahrersitzes in allen Phasen des Schleudervorganges
ausgereicht hat, eine kollisionsbedingte Schädigung der Lendenwirbelsäule zu
vermeiden.
87
Heilbehandlungs- und Attestkosten
88
Aus den oben dargelegten Gründen bestehen gegen die Erstattungsfähigkeit dieser
Positionen in Höhe von 428,49 € bzw. 50,00 € im Umfang der Anspruchsberechtigung
des Klägers von 75 % keine Bedenken.
89
Die erstmals von den Beklagten in ihrer Berufungsbegründung aufgestellte und durch
Parteivernehmung des Klägers unter Beweis gestellte Behauptung, dieser habe die
90
Rechnungsbeträge bereits von seiner Krankenversicherung erstattet bekommen,
unterliegt als neues Angriffsmittel der Zurückweisung gemäß § 531 Abs. 2 Ziff. 3 ZPO.
Unkostenpauschale
91
Diese ist mit 20,00 € unstreitig.
92
Schlussberechnung
93
Die Summe aller oben genannten Schadenspositionen ergibt den Betrag von 18.000,98
€. Der davon dem Kläger zustehende Anteil von 75 % macht den Betrag von 13.500,74
€ aus.
94
VI.
95
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
96
Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hat ihre Grundlage in §§
708 Nr. 10, 713 ZPO.
97
Der Gegenstandswert für den Berufungsrechtszug beträgt bis zum 16. Juni 2004
20.625,66 €. Für die Zeit danach macht er den Betrag von 18.000,98 € aus.
98
Die Beschwer der Parteien liegt jeweils unter 20.000,00 €.
99
Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 543
Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
100