Urteil des OLG Düsseldorf vom 16.02.2006

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Oberlandesgericht Düsseldorf, I-2 U 32/04
Datum:
16.02.2006
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-2 U 32/04
Tenor:
Auf die Berufungen der Beklagten sowie die Streithelfer
zu 1), 3), 4) wird das am 26. Februar 2004 verkündete
Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf
teilweise abgeändert. Die Klage gegen die Beklagte zu 1)
wird, soweit sie von den Parteien nicht bereits überein-
stimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt worden
ist, insgesamt abgewiesen. Die Klage gegen die Beklagte
zu 2) wird im Umfang des landgerichtlichen Urteilsaus-
spruches zu Ziffer II. abgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) wer-
den der Klägerin auferlegt.
Dieses Teilurteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin
darf die Vollstreckung der Beklagten zu 1) wegen ihrer
außergerichtlichen Kosten gegen Sicherheitsleistung in
Höhe von € 30.000,00 abwenden, wenn nicht die Beklag-
te zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leistet.
Die Revision der Klägerin wird zugelassen.
G r ü n d e :
1
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 0 101 xxx (Anlage
SE 1 = Anlage K 1 zur Anlage SE 19 = Anlage H2 zum Anlagenkonvolut CBH 14; vgl.
auch die dt. Übersetzung der B 1-Schrift dieses Patents gemäß Anlage K 3;
nachfolgend: Klagepatent), das auf einer Anmeldung vom 5. Juli 1983 beruht. Der
Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents ist am 9. August 1989 bekannt gemacht
worden. Die Klagepatentschrift ist in der englischen Verfahrensprache abgefasst. Zu
den für das Klagepatent benannten Vertragsstaaten gehört die Bundesrepublik
Deutschland.
2
Mit ihrer kurz vor Ablauf des Klagepatents am 5. Juli 2003 eingereichten Klage aus März
2003 hat die Klägerin die Beklagten wegen Verletzung des Patentanspruches 11 des
Klagepatents auf Unterlassung und Rechnungslegung in Anspruch genommen und
überdies begehrt, festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet
sind, ihr allen Schaden zu ersetzen , der ihr durch die seit dem 9. September 1989
begangenen patentverletzenden Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
Nach Ablauf der Schutzdauer des Klagepatents ist der Unterlassungsantrag in der
mündlichen Verhandlung des Landgerichts vom 15. Januar 2004 von den Parteien
übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt worden.
3
Der Patentanspruch 11 des Klagepatents lautet wie folgt:
4
"A sintered anisotropic permanent magnet consisting essentially of 8 – 30 at % R, 2 – 28
at % B and the balance being Fe, comprising at least 50 vol% of a phase consisting of at
least one Fe-B-R type compound, stable at room temperature and above, having a
tetragonal structure with its C0 axis being about 1.2 nm (12 Ä) and its a0 axis is about
0.8 nm (8 Ä) , where R stands for at least one rare earth element inclusive yttrium, and
further comprising non magnetic phases and a mean crystal grain size of 1-80 µm."
5
Dieser Patentanspruch ist in der Klagepatentschrift wie folgt ins Deutsche übersetzt
worden:
6
"Gesinterter, anisotroper Permanentmagnet, welcher im wesentlichen aus 8 – 30 Atom-
% R, 2 – 28 Atom - % B besteht und wobei der Rest Fe ist, und welcher wenigstens 50
Vol -% einer Phase umfasst, welche aus wenigstens einer Verbindung des Typs Fe-B-
R, welche bei Raumtempe- ratur und darüber stabil ist und eine tetragonale Struktur
aufweist, be- steht, wobei deren c0 -Achse etwa 1,2 nm (12 Ä) beträgt und deren a0 -
Achse etwa 0,8 nm (8 Ä) beträgt, wobei R für wenigstens eine Seltener- deelement
einschließlich Yttrium steht, und welcher weiterhin nicht-mag- netische Phasen und eine
mittlere Kristall-Korngröße von 1 – 80 µm auf- weist."
7
Die Beklagte zu 2) hat im Dezember Nichtigkeitsklage betreffend das Klagepatent
erhoben, die unter dem Aktenzeichen 1 Ni 65/04 beim Bundespatentgericht
rechtshängig ist (vgl. Anlage CBH 14). Der Nichtigkeitsklage der Beklagten zu 2) ist die
Streithelferin N GmbH als Nebenintervenient beigetreten (vgl. Anlage ROHK 14).
Außerdem haben die Streithelferinnen der Beklagten S E Mobile Communications
International AB und E GmbH im Dezember 2004 Nichtigkeitsklage betreffend das
Klagepatent beim Bundespatentgericht eingereicht (vgl. Anlage SE 19). Die Klägerin hat
den Nichtigkeitsklagen widersprochen. Entscheidungen des Bundespatentgerichts in
diesen Nichtigkeitsverfahren liegen bisher nicht vor.
8
Die Klägerin hat zahlreiche Lizenzen an dem Klagepatent erteilt. Unstreitig sind
9
während der Laufzeit des Klagepatents erfindungsgemäße Permanentmagnete von der
Klägerin selbst und folgenden Lizenznehmern der Klägerin auf den Markt gebracht
worden (vgl. hierzu die eigene Veröffentlichung der Klägerin gemäß Anlage BB-KMG 5):
B Magnetism Technology Co. (China), B Technology Development Co., Ltd. (China),
San N High -Tech Inc. (China), sold by Beijing San H Trading Co. (China), Y (Group)
Co., Ltd. (China), HM Technology Corp. (Taiwan), DM Co., Ltd. (Japan), SE Chemical
Co. , Ltd. (Japan), KDT Corp. (Japan), Ht Metals, Ltd. (Japan), Ht Magnetics Corp.
(USA), Mq, Inc. (USA), The M C Company Plc. (U. K.), manufactured by M C Inc. (USA),
N. V. P` Gloeilampenfabrieken (Niederlande), Nm Magnets Oy (Finnland), Magnetfabrik
S GmbH (Deutschland), Vm GmbH (Deutschland).
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Außerdem hat die Klägerin erklärt, sie betrachte die von Matsushita/Panasonic an S E
erfolgten Lieferungen von Lautsprechern, die mit den erfindungsgemäßen Magneten
ausgerüstet sind, als unter ihrer Lizenz vorgenommen (vgl. hierzu Anlagen SE 17 und
SE 18).
11
Bei den Beklagten handelt es sich Telekommunikationsunternehmen, wobei es Aufgabe
und wesentliches Ziel der Beklagten zu 1) ist, die Mobilfunkaktivitäten des Konzerns der
Deutschen Telekom zu bündeln (vgl. Anlage K 18). Die am 24. Juli 1997 gegründete
Beklagte zu 1) ist eine Holdinggesellschaft, in der die Anteile verschiedener
Tochtergesellschaften gebündelt sind, und zwar u. a. zu 100 % die Anteile der
deutschen Tochtergesellschaft, der Beklagten zu 2), die am 4. Juni 1992 gegründet
worden ist . Zwischen der Beklagten zu 2) als beherrschten Unternehmen und der
Beklagten zu 1) als herrschendem Unternehmen ist ein Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrag am 4. Dezember 2004 geschlossen worden, hinsichtlich
dessen die Klägerin nur dasjenige vorgetragen hat, was sich aus der von ihr
überreichten Anlage K 17 ergibt. - Die Beklagte zu 2) bietet den Benutzern von
Mobilfunktelefonen als Dienstleistung vorrangig die Benutzung ihres Mobilfunknetzes
an. Überdies vertreibt sie aber auch Mobilfunktelefone, die sie in der Vergangenheit, um
Kunden für ihr Netz zu gewinnen, zum Teil unter Einstandspreis abgegeben hat. Sie
selbst stellt keine Mobilfunktelefone her. Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin
überlässt die Beklagte zu 1) die konkrete Abwicklung der Mobiltelefon-Geschäfte der
Beklagten zu 2) (vgl. Vortrag im Schriftsatz vom 8. Dezember 2003 Seite 3 oben – Bl.
121 GA). Die Beklagte zu 1) ist allerdings unter der Internet-Adresse www.T.net im
Internet erreichbar (vgl. Anlage K 19) und verweist auf ihrer Internetseite u. a. auf
"Produkte und Services" in mehreren Ländern, wobei verdeutlicht wird, dass zu diesen
Produkten auch Mobilfunktelefone gehören. Klickt man dort nun auf den Link
"Deutschland", gelangt man auf die Internetseiten der Beklagen zu 2) (vgl. Anlage K 20).
12
Die Beklagte zu 2) hat während der Laufzeit des Klagepatents u.a. folgende
Mobilfunktelefone vertrieben:
13
- N 6210, - N 3330 D 1, - N 8210, - SM C 45, - SM M 35i, - E T 68 , - E T 28s, - M T 191, -
A 302, - SAGEM MC 959, - P Xenium 9@9 , - SG SGH-Q100.
14
Diese 12 Mobilfunktelefon-Typen waren mit Lautsprechermagneten und/oder
Vibrationsmotormagneten bestückt.
15
Die Klägerin behauptet, die vorgenannten Mobilfunktelefone seien von ihr in den Jahren
2001 und 2002 untersucht worden und sie habe dabei festgestellt, dass bei diesen
16
Telefonmodellen zum Einsatz gekommene und in ihren Anlagen K 13 bis K 16 näher
bezeichnete und beschriebene Magnete (insgesamt 16) wortsinngemäß von der
technischen Lehre des Patentanspruches 11 des Klagepatents Gebrauch machten.
Dabei seien diese Magnete sämtlich aufgrund ihrer Oberflächenbeschichtung bzw. ihrer
Kristallkorngröße als höchstwahrscheinlich chinesischer Herkunft identifiziert worden.
Die Magnete trügen jedoch sämtlich keine Markierungen, zu deren Anbringung ihre
chinesischen Lizenznehmer verpflichtet seien. Bei der Vorbereitung der Klage sei sie in
verschiedenen Mobitelefonen auf Magnete gestoßen, die höchstwahrscheinlich von ihr
selbst bzw. einem ihre Lizenznehmer stammten. Diese Mobiltelefone seien von ihr
jedoch in die vorliegende Klage nicht mit einbezogen worden (vgl. Schriftsatz vom 8.
Dezember 2003 Seite 6 – Bl. 124 GA).
Die Beklagten haben erstinstanzlich geltend gemacht, sie bestritten die gesamte von
der Klägerin gegebene Darstellung des technologischen Hintergrundes und die
gesamten technischen Zusammenhänge der angeblichen Patentverletzung mit
Nichtwissen. Sie hätten keine Kenntnis über die in den von der Beklagten zu 2)
vertriebenen Mobilfunktelefonen enthaltenen Magnete und könnten auch nicht aufgrund
eigener Wahrnehmung feststellen, ob sie aus einem Material bestünden , welches in
Patentanspruch 11 des Klagepatents beschrieben sei. Die Beklagte zu 2) fungiere
ausschließlich als eine Art Zwischenhändler, indem sie bereits fertige und
originalverpackte Mobilfunktelefone unverändert weiterverkaufe. Selbst wenn sie diese
Verpackungen aufmache und das Mobilfunktelefon zerlege, sei es ihr nicht möglich,
festzustellen, aus welchem Material die für die Lautsprecher und Vibrationsmotoren
bestimmten Magneten bestünden und insbesondere, ob sie die chemische Verbindung
und die Struktur aufwiesen, die der Patentanspruch 11 des Klagepatents im Einzelnen
beschreibe. Die Klage sei auch deshalb nicht begründet, weil sie angeblich
Verletzungsgegenstände umfasse, die mit Zustimmung der Klägerin in Verkehr
gebracht worden seien. Im Übrigen sei die Beklagte zu 1) nicht passivlegitimiert, da sie
kein operatives Geschäft betreibe . Sie stelle eine reine Holdinggesellschaft dar. Soweit
die Klage sich nicht auf Magnete, sondern auf Mobilfunktelefone beziehe, sei die Klage
bereits deshalb abzuweisen, weil Mobilfunktelefone nicht Gegenstand des Anspruches
11 des Klagepatents seien. Auch fehle es am Verschulden, so dass ein
Schadensersatzanspruch schon deshalb nicht in Betracht komme. Einer der
Hauptlieferanten der Beklagten zu 2) sei die Fa. P, die auf der Homepage der Klägerin
als deren Lizenznehmerin angegeben werde. Sie – die Beklagten - hätten daher davon
ausgehen dürfen, dass die von P und mittelbar über andere Anbieter bezogenen
Lautsprecher der mobilen Endgeräte lizenziert gewesen seien. Jedenfalls aber seien
etwaige Ansprüche verjährt oder verwirkt, da die Klägerin schon Anfang der 90er Jahre
von der Firma P darauf aufmerksam gemacht worden sei, dass es offenbar zahlreiche
Hersteller gebe, die das Klagepatent verletzten.
17
Das Landgericht hat in der Sache wie folgt erkannt:
18
I.
19
Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem
Umfang sie (die Beklagten)
20
21
Mobiltelefone, die Permanentmagnete als Bestandteil ihrer Lautsprecher und/oder
22
Vibrationsmotoren enthalten haben,
23
in der Bundesrepublik Deutschland bis zum 5. Juli 2003 angeboten, in Ver- kehr
gebracht und/oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder be- sessen haben,
24
25
sofern der Permanentmagnet gesintert und anisotrop war, im wesentlichen aus 8 bis 30
Atom-% R, 2 – 28 Atom- % B bestanden hat und der Rest Fe war, der Magnet
wenigstens 50 Volumen-% einer Phase umfasst hat, die aus wenigstens einer
Verbindung des Typs Fe-B-R bestanden hat, welche bei Raumtemperatur und darüber
stabil ist und eine tetragonale Struktur auf gewiesen hat, wobei deren c0 -Achse etwa
1,2 nm (12 Angström) und deren a0 -Achse etwa 0,8 nm (8 Angström) war, wobei R für
wenigstens ein Selten- erdeelement einschließlich Yttrium steht, und der Magnet
weiterhin nicht- magnetische Phasen und eine mittlere Kristallkorngröße von 1 bis 80 µm
aufgewiesen hat,
26
und zwar unter Angabe
27
a. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Liefer - zeiten und
Lieferpreisen sowie den Anschriften der Abnehmer,
28
b. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Ange- botszeiten
und Angebotspreisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger, c. der
betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe,
Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
29
d. des erzielten Gewinns unter Angabe der nach den einzelnen Kostenfakto- ren
aufgeschlüsselten Gestehungskosten,
30
31
wobei
32
- die Angaben zu a. und b unter Aufschlüsselung der Magnetgrößen und Mag-
netstärken sowie des Magnettyps (d. h. Lautsprecher – oder Vibrationsmag- net) zu
machen sind,
33
- die Verpflichtung zur Rechnungslegung für die Beklagte zu 1) sich auf sol- che
Handlungen der vorstehend beschriebenen Art bezieht, die seit dem 24. Juli 1997
begangen worden sind, und die Verpflichtung für die Beklagte zu 2) sich auf solche
Handlungen der vorstehend beschriebenen Art bezieht, die seit dem 4. Juni 1992
begangen worden sind,
34
- den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht ge- werblichen
Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu
bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichte- ten, vereidigten, in der
Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschafts- prüfer mitzuteilen, sofern die
Beklagten dessen Kosten tragen und in er- mächtigen und verpflichten, der Klägerin auf
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konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in
der Rechnung ent- halten ist.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der
Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. be- zeichneten, bis zum 5.
Juli 2003 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, wobei sich
die Schadensersatzhaftung der Beklag- ten zu 1) auf Handlungen in der Zeit seit dem
24. Juli 1997 beschränkt und die Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 2) sich auf
Handlungen bezieht, die in der Zeit seit dem 4. Juni 1992 begangen worden sind.
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III. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
37
Zur Begründung der Verurteilung der Beklagten hat das Landgericht u. a. ausgeführt,
hinsichtlich der in der Klage genannten Modelle und der in ihnen enthaltenen
Lautsprecher- und/oder Vibrationsmotormagnete habe die Klägerin substantiiert und
schlüssig vorgetragen, dass diese von der technischen Lehre des Klagepatents
Gebrauch machten. Das Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen der von der Klägerin
substantiiert behaupteten Verwirklichung der Erfindungsmerkmale durch die (in der
Klageschrift genannten) Magnete, die in den (in der Klageschrift genannten)
Mobiltelefonen enthalten seien, sei unbeachtlich. Dass die somit als unstreitig zu
behandelnde Benutzung des Klagepatents durch die Beklagten rechtmäßig erfolgt sei,
lasse sich nicht feststellen. Soweit die Beklagten den Erschöpfungseinwand erhöben,
wäre es nach allgemeinen Darlegungs- und Beweisgrundsätzen ihre Sache gewesen
darzutun, dass sämtliche in den streitbefangenen Mobiltelefonen enthaltenen
patentverletzenden Magnete von der Klägerin oder von deren Lizenznehmern stammten.
Soweit im Einzelfall Magnete Verwendung gefunden haben sollten, die mit Zustimmung
der Klägerin in Verkehr gelangt seien, wären etwaige Rechte aus dem Klagepatent
erschöpft, so dass die Klägerin in Ansehung solcher Magnete (und mit ihnen
ausgestatteter Mobiltelefone) keine Ansprüche zustehen würden. Einer ausdrücklichen
Klarstellung im Urteilstenor bedürfe dies jedoch nicht. Die Beklagten treffe an den
widerrechtlichen Benutzungshandlungen auch ein zumindest fahrlässiges Verschulden.
Bei der Herstellung und dem Vertrieb von Mobiltelefonen sei die Miniaturisierung ein
bedeutsames Anliegen. Die Erfindung habe hierzu einen (wesentlichen ) Beitrag
geleistet. Dies werde durch die von der Klägerin im Verhandlungstermin vom 15. Januar
2004 überreichten druckschriftlichen Nachweise belegt, ohne dass die Beklagten dem
Stichhaltiges entgegengesetzt hätten. Erst dank der Erfindung des Klagepatents sei es
möglich gewesen , die Mobiltelefonlautsprecher kleiner auszubilden als dies bei
Verwendung eines Magneten nach dem Stand der Technik möglich gewesen wäre. Dies
habe sich auch entscheidend auf die Miniaturisierung des Mobilfunktelefons selbst
ausgewirkt. Wenn demnach die Verwendung patentgemäßer Hochleistungsmagnete mit
dafür verantwortlich sei, dass einerseits qualitativ hochwertige, andererseits jedoch klein
dimensionierte Lautsprecher hätten geschaffen werden können, die dazu beigetragen
hätten, leistungsstarke Mobiltelefone zu verkleinern, könne den Beklagten als weltweit
tätigen Fachunternehmen im Bereich der Telekommunikation angesichts des
Stellenwertes der angestrebten Verkleinerung von Handys nicht verborgen geblieben
sein, dass hierfür auch die neuartigen, leistungsfähigen, miniaturisierten Lautsprecher
verantwortlich gewesen seien. Dann aber hätte es unmittelbar nahe gelegen, dass
diesbezüglich fremde Schutzrechte existieren könnten. Hätten sie deshalb
Nachforschungen angestellt, wäre ihnen zur Kenntnis gelangt, dass die Miniaturisierung
der Mobiltelefonlautsprecher als dem größten mechanischen Bauteil eines Handys
maßgeblich auf der Verwendung hochleistungsfähiger Permanentmagnete beruhe und
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dass diese für die Klägerin geschützt seien. Die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen
bestünden nicht nur in der von der Klägerin begehrten Feststellung der
Schadensersatzpflicht der Beklagten, sondern die Beklagten seien gemäß §§ 242, 259
BGB auch zur Rechnungslegung verpflichtet. Schließlich sei neben der Beklagten zu 2)
auch die Beklagte zu 1) passivlegitimiert. Die eigenen Äußerungen der Beklagten zu 1)
gemäß Anlagen K 18 und K 19 widerlegten die Einlassung der Beklagten, dass die
Beklagte zu 1) eine "reine" Holdinggesellschaft sei, die am operativen Geschäft und den
Vertriebshandlungen der Beklagten zu 2) nicht beteiligt sei. Außerdem biete die
Beklagte zu 1) auf ihrer Internetseite unter der Rubrik "Produkte und Service" einen Link
an, der , wenn man Informationen zu Produkten und Service in Deutschland wünsche,
auf die Internetseiten der Beklagten zu 2) führe. Zumindest durch die erwähnte
Internetpräsentation stehe außer Zweifel, dass die Beklagte zu 1) den Vertrieb der
Beklagten zu 2) in einer Weise unterstütze, die, wenn nicht als Mittäterschaft, so
jedenfalls als Beihilfe zu werten sei. Soweit die Beklagten sich auf die Einrede der
Verjährung und den Einwand der Verwirkung beriefen, gehe beides fehl.
Gegen dieses Urteil richten sich die Berufungen der Beklagten, die Berufungen eines
Teiles der Streithelfer der Beklagten sowie die Unterstützungshandlungen des anderen
Teiles der Streithelfer der Beklagten, die ihrerseits nicht selbst Berufung eingelegt
haben, jedoch den Beklagten in der Berufungsinstanz als Streithelfer beigetreten sind,
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Die Beklagten und ihre Streithelfer machen u.a. geltend, das Landgericht habe
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zu Unrecht eine Beteiligung der Beklagten zu 1) an den Handlungen der Beklagten zu
2) angenommen, und zwar unter Offenlassen, ob die Beklagte zu 1) Mittäterin oder
bloße Gehilfin der Beklagten zu 2 ) gewesen sei. Insoweit sei darauf zu verweisen, dass
Beihilfe schon deshalb ausscheide, weil diese vorsätzliches Handeln in zweifacher
Hinsicht voraussetze. Eine andere Person müsse eine vorsätzliche Handlung begehen
und diese Person müsse zu einer Tat bestimmt oder ihr müsse dabei Beistand geleistet
werden. Fahrlässige Beihilfe sei nicht möglich. Da das Landgericht ohnehin nur von
fahrlässigem Verhalten der Beklagten zu 2) ausgegangen sei, wobei selbst dieser
Verschuldensvorwurf aber zu weitgehend sei, komme Beihilfe nicht in Betracht. Die
Beklagte zu 1) sei aber auch nicht Mittäterin mit der Beklagten zu 2). Der bloße
Umstand, dass sie die Holdinggesellschaft der T-Gruppe sei, der auch die Beklagte zu
2) angehöre, reiche nicht aus. Die Feststellung des Landgerichts, dass der User auf der
Internetseite der Beklagten zu 1) im Hinblick auf Service und Produkte in Deutschland
einen Link zu der Beklagten zu 2) finde, reiche schon deshalb nicht aus , da der vom
Landgericht insoweit in Bezug genommene Internetausdruck aus einer Zeit stamme , als
das Klagepatent bereits durch Zeitablauf erloschen gewesen sei. Der Beklagten zu 1)
sei es auch tatsächlich nicht möglich, die Auskünfte zu erteilen, zu denen sie verurteilt
worden sei. Eine vom Landgericht angenommene quasigesamtschuldnerische Haftung
für Auskunftsansprüche gebe es im Patentrecht nicht.
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Das Landgericht habe auch die Bedeutung des Klagepatents für die Miniaturisierung
von Mobiltelefonen verkannt und sei daher bei der Prüfung, ob den Beklagten ein
Verschulden vorzuwerfen sei, zu einem unzutreffenden Ergebnis gelangt. Bei den hier
relevanten Magnetgrößen würden sich - und wiederum nur bei einem theoretischen
Vergleich der Materialen mit Spitzenqualität bzw. Spitzeneigenschaft – die
Größenunterschiede auf die Bauhöhe der verwendeten Ringmagneten in einem Bereich
auswirken, der unter 1 mm liege und für Mobiltelefone nicht relevant sei. Heutige
Telefone in Barrenform hätten ein Bauhöhe zwischen 16 und 22 Millimetern, und zwar
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abhängig von den in den Telefonen vorhandenen elektronischen Bauteilen wie z. B.
einer Digitalkamera. Eine überragend technologische und wirtschaftliche Bedeutung
habe die klagepatentgemäße Technik für Mobilfunktelefone nicht, insbesondere nicht für
deren Miniaturisierung. Dies zeigten auch Anlage CBH 11 sowie die als Anlage CBH 12
vorgelegten Handys aus dem Jahre 2000, die mit nicht patentgemäßen Magneten
erheblich kleiner seien als mit patentgemäßen Magneten ausgerüstete Handys aus der
ersten Hälfte der neunziger Jahre, und das als Anlage CBH 15 vorgelegte Gutachten,
welches zwei M-Mobiltelefone zum Gegenstand habe, die Mitte der 90er Jahre von M
hergestellt und von der Beklagten zu 2) vertrieben worden seien. Diese enthielten nicht
patentgemäße Magnete, gleichwohl blieben sie in ihrer Größe nicht hinter den von der
Klägerin untersuchten Magneten zurück. Auch im Hinblick auf die Kosten eines
Mobilfunktelefons hätten die Magneten, deren Preis im Bereich der Größenordnung von
1 Cent anzusiedeln sei, keinen relevanten Einfluss. Die Spekulationen des
Landgerichts , dass den Beklagten als weltweit tätigen Fachunternehmen im Bereich
der Telekommunikation angesichts des Stellenwerts der angestrebten Verkleinerung
von Mobilfunk-Telefonen nicht verborgen geblieben sein könne, dass hierfür auch die
neuartigen leistungsfähigen miniaturisierten Lautsprecher verantwortlich seien, treffe
also nicht zu. Selbst wenn sie, die Beklagten, jedoch auf das Klagepatent aufmerksam
geworden wären, hätten die unübersichtliche Lizenzsituation, die fehlende
Kennzeichnung der Magnete und der unüberbrückbare Abstand zu den
Magnetherstellern am Anfang der Lieferkette dazu geführt, dass sie sich niemals einen
verlässlichen Überblick über die Patentsituation hätten verschaffen können. Selbst unter
dem Druck dieses Rechtsstreits sei dies bisher nicht möglich gewesen. Unzumutbar
wäre es gewesen, darauf laufe jedoch das landgerichtliche Urteil im Ergebnis hinaus,
der Beklagten zu 2) für jedes einzelne Handy, welches von ihr in den Verkehr gebracht
worden sei, die Pflicht aufzuerlegen, die umfassende Benutzungs- und Lizenzsituation
hinsichtlich der in dem Handy enthaltenen Magneten für die Lautsprecher und
Vibrationsmotoren prophylaktisch aufzuarbeiten. Eine eigenständige Prüfung der
Patentsituation sei der Beklagten zu 2) als reine Händlerin der Handys jedoch
überhaupt nicht möglich gewesen . Die vom Landgericht unzutreffend unterstellte
Bedeutung der patentgemäßen Magnete für die Miniaturisierung von Mobilfunktelefonen
sei in keiner Weise in der Literatur oder in den Lieferantenbeziehungen thematisiert
worden, so dass auch von daher die Beklagte zu 2) keine Veranlassung gehabt habe,
sich mit der Patentrechtssituation bezüglich der Magneten zu befassen.
Der Vortrag der Klägerin zur Benutzung des Klagepatents bleibe bestritten. Dabei sei
darauf zu verweisen, dass der Vortrag der Klägerin zur Verwirklichung des Merkmals,
dass die Phase bestehend aus der Verbindung Fe-B-R wenigstens 50 %
Volumenprozent ausmache, bisher nicht einmal substantiiert sei. Die Klägerin habe
nicht im Einzelnen dargetan , welcher Volumenprozentsatz der vorgenannten
Verbindung jeweils bei den einzelnen Magneten, die gemäß den Anlagen K 13 bis K 16
untersucht worden seien, verwirklicht sei. Es würden von der Klägerin aus
verschiedenen Umständen Schlussfolgerungen auf das Vorhandensein von wenigstens
50 Volumen-% einer Phase, die aus wenigstens einer Verbindung des Typs Fe-B-R
besteht, gezogen, die so nicht gezogen werden könnten. Die von der Klägerin selbst
vorgelegten Schnittbilder sprächen dafür, dass die Hauptphase jeweils lediglich deutlich
weniger als 50 Volumen-% ausmache.
43
Zumindest aber sei eine Aussetzung des Rechtsstreits im Hinblick auf die von der
Beklagten zu 2) und /oder die von S E erhobenen Nichtigkeitsklagen veranlasst, da
diese mit einiger Sicherheit zur Vernichtung des Klagepatents führen würden.
44
Die Beklagten und ihre Streithelfer beantragen,
45
auf die eingelegten Berufungen hin das Urteil der 4 b Zivilkammer des Landgerichts
Düsseldorf vom 26. Februar 2004 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen,
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hilfsweise, den Rechtsstreit bis zu einer rechtskräftigen Entschei- dung über die
betreffend das Klagepatent anhängigen Nichtig- keitsklagen auszusetzen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufungen gegen das Urteil der 4 b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom
26. Februar 2004 und die Aussetzungsanträge der Beklagten und ihrer Streithelfer
zurückzuweisen, hilfsweise, das Urteil mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass Ziffer I.
des Tenors wie folgt lautet:
49
Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin darüber Rechnung zu
legen, in welchem Umfang sie bis 5. Juli 2003
50
51
Permanentmagnete in Mobiltelefonen als Bestandteil von Lautsprechern und/oder
Vibrationsmotoren
52
53
in Deutschland angeboten, in Verkehr gebracht und/oder zu den genannten Zwecken
eingeführt oder besessen ha- ben,
54
55
wenn die Permanentmagnete gesintert und anisotrop wa- ren, im wesentlichen aus 8 bis
30 Atom-% R, 2 – 28 Atom- % B bestanden hat und der Rest Fe war, der Mag- net
wenigstens 50 Volumen-% einer Phase umfasst hat, die aus wenigstens einer
Verbindung des Typs Fe-B-R bestanden hat, welche bei Raumtemperatur und darüber
stabil war und eine tetragonale Struktur aufgewiesen hat, wobei deren c0 -Achse etwa
1,2 nm (12 Angström) und deren a0 -Achse etwa 0,8 nm (8 Angström) war, wobei R für
wenigstens ein Seltenerdeelement einschließlich Yttri- um steht, und der Magnet
weiterhin nicht-magnetische Phasen und eine mittlere Kristallkorngröße von 1 bis 80µm
aufgewiesen hat,
56
und zwar unter Angabe
57
a. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefer- mengen, Lieferzeiten und
Lieferpreisen sowie den An- schriften der Abnehmer,
58
b. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Ange- botsmengen, Angebotszeiten
und Angebotspreisen so- wie den Namen und Anschriften der Angebotsempfän- ger, c.
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbe- trägern, deren Auflagenhöhe,
Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
59
d. des erzielten Gewinns unter Angabe der nach den ein- zelnen Kostenfaktoren
aufgeschlüsselten Gestehungs- kosten,
60
61
wobei
62
die Angaben zu a. und b unter Aufschlüsselung der Mag- netgrößen und Magnetstärken
sowie des Magnettyps (d. h. Lautsprecher – oder Vibrationsmagnet) zu machen sind,
63
die Verpflichtung zur Rechnungslegung für die Beklagte zu 1) sich auf solche
Handlungen der vorstehend beschriebe- nen Art bezieht, die seit dem 24. Juli 1997
begangen wor- den sind, und die Verpflichtung für die Beklagte zu 2) sich auf solche
Handlungen der vorstehend beschriebenen Art bezieht, die seit dem 4. Juni 1992
begangen worden sind,
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den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschrif- ten der nicht gewerblichen
Abnehmer und Angebotsemp- fänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnen-
den, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten, in der
Bundesrepublik Deutschland ansässi- gen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die
Beklagten dessen Kosten tragen und in ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf
konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein be- stimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in
der Rech- nung enthalten ist.
65
und Antrag II. unverändert bleibt.
66
Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil als zutreffend und rügt den neuen
Sachvortrag der Beklagten und insbesondere ihrer Streithelfer als verspätet. Sie macht
geltend, die Beklagten hätten ihren erstinstanzlichen Vortrag zur Benutzung der Lehre
des Klagepatents nicht in relevanter Weise bestritten. Soweit die Beklagten und ihre
Streithelferinnen darauf verwiesen, dass "Kobalt" aus dem Kreis derjenigen Elemente
ausgeschlossen sei, der aufgrund des Ausdruckes "im wesentlichen" als weiterer
Bestandteil zu den in Anspruch 11 genannten Bestandteilen des Magneten hinzutreten
könne, sei dies unzutreffend. Eine unwesentliche Zugabe von Kobalt, insbesondere im
einstelligen Prozentbereich, werde durch den Patentanspruch 11 nicht ausgeschlossen.
Die in den Berichten gemäß Anlagen K 13 – K 16 getroffene Feststellung, dass die
Verbindung Nd2Fe14 B als Hauptphase vorliege, "bedeute selbstverständlich", dass
diese Phase mehr als 50 Volumen% des Magneten ausmache.
67
Die Beklagten hätten auch schuldhaft gehandelt, da sie sich vor Aufnahme des
verletzenden Vertriebs über etwaige relevante Schutzrechte hätten informieren müssen.
Es liege hier kein mit dem Sachverhalt, der der Entscheidung "Strickwarenhandel" des
Landgerichts Düsseldorf zugrunde liege , vergleichbarer Sachverhalt vor. Wer
wissentlich ein komplexes Technologieprodukt wie ein Mobiltelefon in den Vertrieb
seines Unternehmens aufnehme, der müsse von vornherein damit rechnen, dass jeder
Aspekt dieses Produktes unter eines oder mehrere relevante Schutzrechte fallen könne.
Wer das damit verbundene Risiko meiden möchte, müsse seinen Vertrieb auf weniger
anspruchsvolle technische Produkte beschränken. Zutreffend sei das Landgericht davon
ausgegangen, dass die erfindungsgemäßen Magnete eine wesentliche Voraussetzung
für die Miniaturisierung von Mobiltelefonen bei guter Klangqualität gewesen seien. Die
gegen diese Feststellung des Landgerichts gerichteten Angriffe der Beklagtenseite
68
seien nicht begründet.
Zu Unrecht bestreite die Beklagtenseite die Passivlegitimation der Beklagten zu 1).
Ausweislich der Anlage K 18 bündele die Beklagte zu 1) die Mobilfunkaktivitäten der
Beklagten zu 2) und habe somit einen wesentlichen Einfluss auf deren Aktivitäten. Die
Ausübung dieses Einflusses auf die Aktivitäten der Beklagten zu 2) geschehe bewusst
und gewollt. Auf die konkrete Kenntnis des Klagepatents und seiner Verletzung komme
es in diesem Zusammenhang nicht an. Aber auch der Internetauftritt gemäß Anlage K 19
verdeutliche, dass die Beklagte zu 1) im Zusammenwirken mit der Beklagten zu 2)
handele. Der Einwand der Beklagtenseite, der Internetausdruck gemäß Anlage K 19
stamme aus einer Zeit nach Ablauf des Klagepatents, sei nicht relevant. Vielmehr wäre
es angesichts dieser Anlage in Verbindung mit der Anlage K 18 Sache der Beklagten
gewesen, auszuführen, dass und warum die Beklagte zu 1) sich während der Laufzeit
des Klagepatents anders verhalten hätte, als dies durch die Anlage K 19 dokumentiert
wird.
69
Wenn und soweit ein Schadensersatzanspruch mangels Verschulden der Beklagten
nicht gegeben sein sollte, hätten die Beklagten jedenfalls das durch die
Verletzungshandlungen Erlangte nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte
Bereicherung herauszugeben.
70
Wegen der weiteren Einzelheiten des umfangreichen Vorbringens der Parteien und
ihrer Streithelfer wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die
Sitzungsniederschriften des Landgerichts und des Senats verwiesen.
71
II.
72
Die zulässigen Berufungen der Beklagten und der Nebenintervenienten S E, N und P
sind, soweit der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist und daher durch Teilurteil
gemäß § 301 Abs. 1 ZPO entschieden werden konnte, sachlich gerechtfertigt. Zur
Endentscheidung reif ist der Rechtsstreit im Hinblick auf die von der Klägerin gegen die
Beklagte zu 1) geltend gemachten Ansprüche und hinsichtlich des gegen die Beklagte
zu 2) geltend gemachten Begehrens, deren Schadensersatzpflicht entsprechend dem
landgerichtlichen Urteilsausspruch zu Ziffer II. festzustellen, während es hinsichtlich der
gegen die Beklagte zu 2) im Übrigen geltend gemachten Ansprüche, wie sich aus dem
zeitgleich mit diesem Teilurteil verkündeten Hinweis- und Beweisbeschluss des Senats
ergibt, noch weiterer Sachaufklärung bedarf. Die von der Klägerin gegen die Beklagte
zu 1) in der Berufungsinstanz weiterverfolgten Rechnungslegungs- und
Schadensersatzansprüche (hilfsweise Bereicherungsansprüche) wegen Verletzung des
Klagepatents sind nicht gerechtfertigt. Auch die ursprünglich eingeklagten, nach Ablauf
der Schutzdauer des Klagepatents jedoch in der Hauptsache für erledigt erklärten
Unterlassungsansprüche gegen die Beklagte zu 1) entbehrten einer rechtlichen
Grundlage. Der gegen die Beklagte zu 2) im Rahmen eines Feststellungsbegehrens
geltend gemachte Schadensersatzanspruch gemäß dem landgerichtlichen
Urteilsausspruch zu Ziffer II. ist nicht gerechtfertigt.
73
1. a) Das Landgericht hat die Haftung der Beklagten zu 1) in dem angefochtenen Urteil
bejaht, ohne anzugeben , auf welche rechtliche Grundlage dabei abzustellen ist. Am
Ende der Ziffer VI. der Entscheidungsgründe seines Urteils spricht das Landgericht von
"Beihilfe" und von "Mittäterschaft" an patentverletzenden Handlungen der Beklagten zu
2), wobei es letztlich offen lässt, ob es die Haftung der Beklagten zu 1) aufgrund einer
74
"Beihilfe" oder einer "Mittäterschaft" an patentverletzenden Handlungen der Beklagten
zu 2) für gegeben erachtet. Unter beiden Gesichtspunkten lässt sich jedoch eine
Haftung der Beklagten zu 1) nicht feststellen.
Beihilfe setzt eine vorsätzliche Mitwirkung an einer vorsätzlichen rechtswidrigen
Patentverletzung voraus (vgl. Benkard/Bruchhausen, PatG, 9. Auf. , § 10 Rdn. 28 m. w.
N.). Mittäterschaft setzt ebenfalls ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken bei
Benutzungshandlungen im Sinne von §§ 9, 10 PatG voraus (Benkard/ Bruchhausen a.a.
O. Rdn. 27). Für eine solche Annahme geben die vom Landgericht zur Begründung
dieser Tatbestände herangezogenen Anlagen K 17 bis K 19 jedoch nichts her. Es mag
zwar anzunehmen sein, dass die Beklagte zu 1) die grundsätzlichen
Geschäftsaktivitäten der Beklagten zu 2) – u. a. Einkauf und Verkauf von Mobiltelefonen
– billigt und auch ganz allgemein werblich durch Aufzeigen von Bezugsmöglichkeiten
unterstützt. Das bloße Aufzeigen von Bezugsmöglichkeiten stellt jedoch kein Anbieten
im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG dar. Das Anbieten besteht darin, dass jemand einem
anderen in Aussicht stellt, diesem die tatsächliche Verfügungsgewalt über eine
erfindungsgemäße Sache zu verschaffen, woraufhin der andere in die Lage versetzt
wird, Gebote auf Überlassung abgeben zu können (vgl. z. B. BGH, GRUR 1970, 358,
360 – Heißläuferdetektor). Aus der Sicht von Interessenten , die auf die Werbung der
Beklagten zu 1) stoßen, besteht kein Zweifel, dass Gebote auf Überlassung von Handys
nicht an die Beklagte zu 1) gerichtet werden können, sondern dass nur die Beklagte zu
2) als mögliche Bezugsquelle und Adressatin von Geboten in Betracht kommen kann.
75
b. Auch wenn man einmal unterstellen würde, dass die Beklagte zu 2) bei einer
etwaigen Verletzung des Klagepatents fahrlässig gehandelt hat – was, wie noch unter
Ziffer 2. darzulegen sein wird - nicht der Fall ist, lässt sich aus den vom Landgericht
angeführten Gründen und auch aus dem Umstand, dass seit dem 4. Dezember 2000 ein
Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen der Beklagten zu 1) und der
Beklagten zu 2) besteht, keine Haftung der Beklagten zu 1) aus unerlaubten
Handlungen der Beklagten zu 2) in Verbindung mit dem Angebot und Vertrieb der im
Tatbestand oben genannten 12 Mobilfunktelefone herleiten.
76
Für das Patentrecht gelten keine dem §§ 14 Abs. 7 MarkG, 13 Abs. 4 UWG a. F., 8 UWG
n. F. (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 7. 4. 2005 – I ZR 221/02 – Meißner Dekor)
vergleichbare Regelungen. Im Verhältnis der Holding-Gesellschaft als einem
beherrschenden Unternehmen zu der Tochtergesellschaft, deren Anteile sie hält, gilt
allenfalls § 831 BGB. Es kann jedoch schon nicht festgestellt werden, dass der
Tatbestand des § 831 Abs. 1 S. 1 BGB erfüllt ist, der eine Weisungsgebundenheit des
"Verrichtungsgehilfen", d. h. der Tochtergesellschaft, hier der Beklagten zu 2), bei
Ausführung der Verrichtung, nämlich beim Einkauf und Verkauf einzelner
Mobilfunktelefone voraussetzt.
77
Insoweit fehlt es an einem entsprechenden Vortrag der Klägerin. Der zwischen den
Beklagten zu 1) und 2) geschlossene Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ist
nicht vorgelegt worden. Erfahrungsgemäß nimmt und kann die Holdinggesellschaft
jedoch keinen Einfluss auf Einkaufsentscheidungen der Tochtergesellschaft nehmen;
vielmehr sind diese Entscheidungen regelmäßig der Geschäftsführung der
Tochtergesellschaft vorbehalten. - Im Übrigen gibt es keinen Anhalt dafür, dass die
Beklagte zu 1) bei der Auswahl der Geschäftsführung der Tochtergesellschaft nicht die
erforderliche Sorgfalt beachtet hat.
78
Für die Zeit nach Klagezustellung gilt nichts anderes: Die Klägerin hat nicht dargelegt,
die Beklagte zu 1) habe u. a. aufgrund des Beherrschungs.- und
Gewinnabführungsvertrages überhaupt die Möglichkeit gehabt, die Beklagte nunmehr
zu einem bestimmten Einkaufs- und Verkaufsverhalten bezüglich bestimmter
Mobilfunktelefone anzuhalten (§ 831 Abs. S. 1 BGB).
79
2. a) Ein weiterer selbständiger Grund für die Abweisung der gegen die Beklagte zu 1)
gerichteten Klage ergibt sich aufgrund folgender Überlegungen: Eine Haftung der
Beklagten käme nur in Betracht, wenn die Beklagte zu 2) schuldhaft gehandelt hätte
(vgl. insoweit auch die Regelung in dem oben genannten § 17 Abs. 7 MarkG ). Davon
kann jedoch keine Rede sein, selbst wenn man einmal unterstellt, dass die in den oben
genannten 12 Mobilfunktelefon-Typen enthaltenen und von der Klägerin näher
bezeichneten 16 Magnete von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch
machen.
80
Fahrlässig handelt nach § 276 Abs. 1 BGB , wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt
außer acht lässt. Als Sorgfaltpflichtverletzung will es die Klägerin ansehen, dass die
Beklagte zu 2) die Schutzrechtslage auf dem Gebiet von Permanentmagneten nicht
verfolgt hat. Dazu war sie jedoch im Hinblick auf die mit der Klage angegriffenen und
von ihr lediglich vertriebenen Mobiltelefone nicht verpflichtet.
81
Bei der Beklagten zu 2) handelt es sich um ein Dienstleistungsunternehmen der
Telekommunikationsbranche, welches neben dem Angebot zahlreicher
Dienstleistungen in Bezug auf die zur Verfügungsstellung eines Mobilfunknetzes auch
ein umfangreiches Angebot an Waren hat, welches sie nur als reine Händlerin anbietet.
Die angegriffenen Mobilfunktelefone gehören zu den Waren, die die Beklagte nicht
herstellt, sondern als reine Händlerin anbietet, und stammen von namhaften Herstellern,
die weltweit operieren und deren Name und Ruf auf dem Handy-Markt heute jedermann
geläufig ist wie z. B. der Name des Marktführers N oder auch die Namen von SM, M, E,
P und SG, wobei die Beklagte zu 2) die Telefone zum Teil über die deutschen
Tochtergesellschaften dieser namhaften Hersteller erworben hat. In einem solchen Fall
wie dem vorliegenden durfte sich die Beklagte zu 2) darauf verlassen, dass der
jeweilige Hersteller die sein Fachgebiet betreffenden technischen Schutzrechte
beachtete und ihm keine patentverletzende Ware liefern werde.
82
Zutreffend verweist das Landgericht Düsseldorf in seiner in GRUR 1989, 583 ff
veröffentlichten Entscheidung "Strickwarenhandel" darauf, dass es bei der
Beantwortung der Frage, inwieweit von den beteiligten Wirtschaftkreisen die
Schutzrechtslage nachzuhalten sei, es letztlich um die Zuweisung von
Verantwortungsbereichen zwischen Schutzrechtsinhaber, Hersteller oder Importeur und
den auf den verschiedenen Vertriebsstufen tätigen Unternehmen gehe. Deren
Interessen müssten berücksichtigt und gegeneinander abgewogen werden. Einerseits
könne nicht – zu Lasten des Schutzrechtsinhabers – völlige Nachlässigkeit gegenüber
den bestehenden Schutzrechten geduldet werden, andererseits dürften auch nicht –
zugunsten des Schutzrechtsinhabers – Anforderungen gestellt werden, die nicht mehr
praktikabel seien und unter wirtschaftlich vernünftigen Bedingungen nicht erfüllt werden
könnten.
83
Zutreffend wird in der Entscheidung "Strickwarenhandel" des Landgerichts Düssel-dorf
unter Zitierung einer früheren Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf aus-geführt,
dass es nach der Verkehrsauffassung keineswegs zu den Pflichten eines
84
Wiederverkäufers gehöre, eine technische Konstruktion in allen Einzelheiten darauf hin
zu untersuchen, ob diese unter Patentschutz stünde und ob der Patentinhaber entweder
selbst der Fabrikant gewesen sei oder durch einen Lizenzvertrag seine Zustimmung zur
Herstellung des fraglichen Stückes gegeben habe. Wollte man dem Wiederverkäufer vor
jedem Geschäftsabschluss eine Überprüfung der Patentlage zumuten, so würde man
ihn praktisch zur Einrichtung eines eigenen Patentbüros oder zur Inanspruchnahme
eine Patentanwalts zwingen, was zu einer untragbaren Verteuerung und Verzögerung
des Handels führen müsste. Dem Wiederverkäufer sei auch deshalb nicht in jedem Fall
die Nachforschung nach entgegenstehenden Patenten zuzumuten, weil der Maßstab,
der an die Prüfungspflicht des Fabrikanten gelegt werde, ein besonders scharfer sei.
Der Wiederverkäufer müsse sich daher in der Regel darauf verlassen dürfen, dass der
Fabrikant seiner Prüfungspflicht genügt habe und keine Konstruktion herausbringe,
welche von einem fremden Patent Gebrauch macht. Normalerweise sei daher dem
Wiederverkäufer das Recht einzuräumen, es bei der Vorprüfung des Fabrikanten
bewenden zu lassen und den Gegenstand ohne zusätzliche eigene Überprüfung der
Patentlage weiter zu veräußern, falls nicht besondere Umstände vorlägen, die jeden
vorsichtigen Geschäftsmann zu einem Abgehen von diesem Vertrauensprinzip
veranlassen müsste.
Dass diesen rechtlichen Erwägungen zu folgen ist, macht in besonders krasser Weise
der hier vorliegende Fall deutlich, in dem es um den Verkauf von Mobilfunktelefonen
geht. Mobilfunktelefone sind, wie auch die Klägerin einräumt, High-Tech-Produkte, die
sich aus zahlreichen Bauteilen zusammensetzen, die zum Teil nur schwer in ihre
Einzelteile zu zerlegen sind und auch nur schwer , wenn überhaupt, zu analysieren
sind, insbesondere gilt dies im Hinblick auf die detaillierte Materialzusammensetzung
der einzelnen Bauteile und im Hinblick auf die detaillierte Elektronik- und Chip- Technik.
In einem solchen Produkt sind technische Lehren ganz unterschiedlicher
Technikgebiete verwirklicht. Es sei hier beispielhaft nur auf die Zusammensetzung des
Gehäuse- und des Magnetmaterials , auf die Gestaltung und Konstruktion des Displays,
die Art der Speicherung von Daten, die Ausbildung des Akkus usw. verwiesen. Der
Magnet für den Lautsprecher und gegebenenfalls für den Vibrationsmotor ist nur ein
Bauteil von vielen Bauteilen eines solchen Mobilfunktelefons. Mit der Anlage BB-KMG 4
ist deutlich gemacht, dass für die unterschiedlichen Bauteile eines Mobilfunktelefons
zahlreiche Schutzrechte bestehen können, hinsichtlich der der Händler überprüfen
müsste, ob sie verwirklicht sind oder nicht. Er müsste dann in der Tat allein dafür ein
Patentbüro einrichten, welches langwierige Untersuchungen hinsichtlich jedes
einzelnen Produktes und der in ihm verwirklichten Bauteile vornehmen müsste, was zu
einer untragbaren Verteuerung und Verzögerung des Handels mit solchen Artikeln
führen würde. Es kommt hinzu, dass der Händler sich dann nicht damit begnügen
könnte, zu prüfen, ob ein Schutzrecht besteht und ob von diesem Gebrauch gemacht
wird, vielmehr müsste er , da hinsichtlich zahlreicher Bauteile eines Handys lizenzierte
Schutzrechte bestehen können, dann auch überprüfen, ob die einzelnen Bauteile mit
Erlaubnis des Schutzrechtsinhabers in den Verkehr gelangt sind oder nicht, was letztlich
mit einer umfassenden Dokumentation für jedes kleine Bauteil des Handys einherginge.
85
Der Auffassung der Klägerin, ein bloßes Handelsunternehmen müsse, wenn es bei
einem High-Tech-Produkt, bei dem jeder Aspekt dieses Produktes unter eines oder
auch mehrere relevante Schutzrechte fallen könnte, nicht diesen Aufwand treiben wolle,
davon Abstand nehmen, das Produkt in sein Sortiment aufzunehmen (vgl. Bl. 877 GA),
kann nicht gefolgt werden. Dieses würde letztlich den Handel mit diesen Produkten
unnötig und gesamtwirtschaftlich betrachtet unsinnig verteuern und verzögern. Der
86
Auffassung der Klägerin zu folgen, würde letztlich dazu führen, dass jedes
Handelsunternehmen, um zu erkennen, ob ein Bauteil eines Artikels seines Sortiments
als Gegenstand eines aktuellen technischen Schutzrechtes in Betracht kommt, und um
die Schutzrechtslage zu prüfen, Sachverständige hinzuziehen (Techniker, Ingenieure,
Patentanwälte, Rechtsanwälte und z. B. Institute wie Fresenius) muss, was
insbesondere auch für den vorliegenden Fall gilt, deren Mitwirkung es an sich nach der
Art seiner Tätigkeit nicht bedarf. All das wäre mit einem ganz erheblichen Aufwand
verbunden, der auch dementsprechend erhebliche Kosten verursachen würde. Bei
Mobilfunktelefonen , die von einer Vielzahl von Händlern vertrieben werden, müsste
jeder einzelne Händler für seinen Vertriebsbereich sicherstellen, dass keine
technischen Schutzrechte verletzt werden. Mit einer bloßen Erklärung des Herstellers
dürfte er sich dabei, wenn die Überprüfung einen Sinn haben sollte, nicht zufrieden
geben, da kein Hersteller einräumen wird, patentverletzend zu arbeiten. Das würde eine
gesamtwirtschaftlich betrachtet unsinnige Vervielfältigung von Prüfungspflichten
bedeuten, die einfacher und sachnäher auf der Herstellerstufe erfüllt werden können.
Der Händler von Handys namhafter Weltfirmen – und nur um solche Handys geht es
hier - darf sich deshalb in der Regel darauf verlassen, dass die Hersteller die
Schutzrechtslage überprüft haben und beachten. Der Hersteller kennt sein Fachgebiet
und die technische Entwicklung. Ihn sprechen die in Patentveröffentlichungen
gegebenen neuen technischen Lehren an. Vom Hersteller kann daher erwartet werden,
dass er die Erteilung von Schutzrechten auf seinem Fachgebiet verfolgt und dass er
sich, wenn er sich technischer Neuerungen bedient, vergewissert, dadurch keine
fremden Schutzrechte zu verletzen. Ohne besondere Veranlassung braucht der Händler
solcher Handys nicht anzunehmen, dass der Hersteller diese Pflicht nicht beachtet
haben könnte.
Was hier für Händler ganz allgemein ausgeführt ist, hat auch für die Beklagte zu 2) zu
gelten, die in Bezug auf die Mobiltelefone ebenfalls nur Händlerin ist, wenn auch eine
"qualifizierte" Händlerin, nämlich eine Händlerin, die im Hinblick auf das von ihr zur
Verfügung zu stellende bzw. zur Verfügung gestellte Mobilfunknetz ein
Technologieunternehmen darstellt, welches auch mit der Technik befasst und vertraut
sein wird, die sich in einem Mobilfunktelefon gerade im Hinblick auf die Möglichkeit der
Nutzung des von ihr zur Verfügung gestellten bzw. des von ihr zur Verfügung zu
stellenden Netzes verwirklicht. Die Beklagte zu 2) ist jedoch keine Herstellerin von
Mobilfunktelefonen und es ist ihr als bloße Händlerin von Mobilfunktelefonen auch
angesichts des bei ihr vorauszusetzenden Technologiewissens bezüglich eines
Mobilfunknetzes und der Schnittstellen eines Mobilfunktelefons zu diesem Netz bei der
Vielzahl der von ihr vertriebenen Mobilfunktelefone mit einer vielfachen Anzahl
unterschiedlicher Baugruppen und Einzelteile im Sinne der oben zitierten Ausführungen
des Landgerichts Düsseldorf aus der Entscheidung "Strickwarenhandel" nicht zumutbar,
beim Erwerb und dem Weiterverkauf von Mobilfunktelefonen namhafter Weltfirmen,
diese unterschiedlichen Produkte mit unterschiedlichen Baugruppen im Einzelnen zu
"sezieren", um festzustellen, ob möglicherweise selbst Komponenten von Zulieferteilen
der ihr zum Vertrieb gelieferten Mobilfunktelefone trotz entgegenstehender Zusage der
Lieferanten (Hersteller) Schutzrechte Dritter verletzen. Regelmäßig treten die durch
Schutzrechte abgedeckten Details nach außen nicht sichtbar in Erscheinung, sondern
betreffen technische Funktionen, die nur durch ein Zerlegen des Handys und durch
aufwendige Analysen eruierbar sind, wie die in den Übersichten in Anlage BB-KMG 4
genannten Schutzrechte deutlich machen. Wie die Streithelferin N unwiderlegt
vorgetragen hat, beziehen sich ca. 400 Schutzrechte pro Mobiltelefon unmittelbar auf
das Gebiet der Telekommunikation und stehen zahllose (zumindest hundert) weitere
87
Patente im Zusammenhang mit LCD-Displays.
Für die Beklagte zu 2) bestand hier in concreto auch keine Veranlassung anzunehmen,
dass die Hersteller ihrer Verpflichtung zur Überprüfung und Beachtung der
Schutzrechtslage nicht hinreichend nachgekommen waren. Insbesondere bot auch der
Umstand, dass es auf dem Mobiltelefonmarkt im Laufe der Jahre zu einer
Miniaturisierung der Mobiltelefone gekommen war, keine Veranlassung anzunehmen,
die Hersteller hätten etwaige die Miniaturisierung ermöglichende Schutzrechte nicht
beachtet.
88
Die Argumentation des Landgerichts, mit der es begründet, dass die Beklagte als bloße
Händlerin derartiger Mobilfunktelefone gleichwohl Veranlassung gehabt habe, die
Schutzrechtslage bezüglich der in Rede stehenden Mobilfunktelefone zu überprüfen,
geht dahin, dass es der Beklagten zu 2) als weltweit tätigem Fachunternehmen im
Bereich der Telekommunikation angesichts des Stellenwerts der angestrebten
Verkleinerung von Handys nicht verborgen geblieben sein könne, dass hierfür auch die
neuartigen , leistungsfähigen, miniaturisierten Lautsprecher verantwortlich gewesen
seien und dass es deshalb für sie nahe gelegen habe, dass diesbezüglich fremde
Schutzrechte existieren könnten. Wenn sie dann Nachforschungen angestellt hätte,
wäre ihr zur Kenntnis gelangt, dass die Miniaturisierung der Lautsprecher als dem
größten mechanischen Bauteil eines Handys maßgeblich auf der Verwendung
hochleistungsfähiger Permanentmagnete beruhe und dass diese für die Klägerin
patentiert seien.
89
Diese Argumentationskette ist nicht überzeugend. Es bestand für die Beklagte zu 2)
angesichts des Bezugs der Mobilfunktelefone von namhaften Herstellern auch bei einer
neuen technischen Entwicklungslinie dieser Telefone keine Veranlassung, selbst
Nachforschungen anzustellen. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass die
Beklagte zu 2) – wie überdies jeder kundige Beobachter des Marktes für
Mobilfunktelefone – wusste, dass Mobilfunktelefone technisch hochwertige Geräte sind,
bei denen ständig Neu- und Weiterentwicklungen stattfinden und dass diese
Innovationen bzw. Details dieser Innovationen durch Patente und dergl. geschützt sein
mögen. Die Beklagte zu 2) wird damit auch gerechnet haben bzw. hätte damit rechnen
müssen, dass jeder Handytyp, der als Weiterentwicklung in ihr Vertriebsprogramm
aufgenommen wird, neue patent – oder gebrauchsmustergeschützte Details aufweist.
Natürlich darf sich auch ein Handelsunternehmen in Anbetracht dieser Sachlage nicht
"blind" stellen. Das bedeutet aber nicht, dass es zu jedem Detail - gegebenenfalls unter
Hinzuziehung externer Techniker, Patent- und Rechtsanwälte – aufwendige
Nachforschungen betreiben muss. Vielmehr darf sich ein Handelsunternehmen und
auch die Beklagte zu 2) als im Sinne der obigen Ausführungen "qualifiziertes"
Handelsunternehmen bei einer solchen Sachlage grundsätzlich darauf verlassen, wenn
es Mobilfunktelefone von namhaften Herstellern bezieht, dass diese die ihnen
obliegende Prüfungspflicht erfüllt haben.
90
Das zuvor Ausgeführte gilt auch im Hinblick auf relativ auffällige Neuerungen, so dass
die sog. Miniaturisierungsproblematik irrelevant ist. Aufgrund des ausführlichen
Vortrages der Streithelfer, wobei vor allem auf die Ausführungen von P auf Bl. 481 – 489
GA und Bl. 1005 – 1012 GA und von N auf Bl. 585 – 594 GA und 960 – 963 GA zu
verweisen ist, ist im Übrigen aber auch davon auszugehen, dass das Landgericht,
soweit es davon spricht, dass die Miniaturisierung der Lautsprecher als dem größten
mechanischen Bauteil eines Handys maßgeblich auf der Verwendung
91
hochleistungsfähiger (nach dem Klagepatent geschützter) Permanentmagnete beruhe,
einer Fehlvorstellung unterlegen ist.
Nichts ist dafür dargetan, dass die Beklagte zu 2) auf Grund etwa früheren Verhaltens
ihrer Lieferanten (Hersteller) Anlass gehabt hätte , Patentverletzungen zu vermuten,
zumal sie durch Freistellungserklärungen ihrer Lieferanten darin bestätigt wurde, dass
dies auch bei diesen Lieferungen nicht der Fall war. Es bestand für sie im Gegenteil
überhaupt keine Veranlassung, diesen Freistellungserklärungen der Unternehmen nicht
zu trauen, zumal es sich um die auf dem Handy-Markt führenden namhaften
Unternehmen mit Weltgeltung handelte . Es gab für sie keinen Anhaltspunkt dafür, die
namhaften Hersteller der Mobilfunktelefone hätten nicht vom Berechtigten eingekauft
und die Schutzrechtslage unzureichend geprüft.
92
Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Klägerin sich bis kurz vor
Ablauf des Patentschutzes nicht um ihre eigene Rechtsposition gekümmert hat. Es ist
weder dargetan, dass sie bis zur Klageerhebung an die Beklagten herangetreten ist,
noch dass sie überhaupt Anstalten getroffen hat, gegen unberechtigte Hersteller und
Zulieferer vorzugehen.
93
Ferner gibt es keinerlei Bewerbung der angeblichen Vorzüge der geschützten Magnete
gegenüber den Verkehrskreisen, denen die Beklagte zu 2) angehört, und des Einflusses
auf die Technik und Gestaltung von Lautsprechern /Vibratoren in Mobilfunktelefonen.
Die Internetmitteilungen der Klägerin richten sich ausschließlich an Bezieher von
Magneten.
94
Bis zur Erhebung der gegen die Beklagten gerichtete Klage im März 2003 gab es
offensichtlich auch keine Verletzungsklagen gegen andere Unternehmen.
95
Dass alles zwingt zu dem Schluss, dass der Beklagten zu 2) – Rechtswidrigkeit ihrer mit
der Klage beanstandeten Handlungen einmal unterstellt – jedenfalls bis zur Zustellung
der Klage am 26. März 2003 kein Verschulden zur Last fällt.
96
Aber auch für die Zeit danach bis zum Ablauf des Klagepatents am 5. Juli 2003 ist der
Beklagten zu 2) kein Verschuldensvorwurf zu machen. Vom Zeitpunkt der Zustellung
der Klage hatte die Beklagte zu 2) zwar Kenntnis von dem Klagepatent, doch kann ihr
erst ab einem Zeitpunkt nach einem angemessenen Überprüfungszeitraum der Vorwurf
schuldhaften Verhaltens gemacht werden. Dieser angemessener Überprüfungszeitraum
endete hier nicht - wie im Regelfall einer Patentverletzung - nach 1 Monat, also am 26.
April 2003, sondern nicht vor Ablauf der Schutzdauer des Klagepatents am 5. Juli 2003.
97
Wie nämlich bereits ausgeführt, kann sich ein Händler wie die Beklagte zu 2) an sich
darauf verlassen, dass die Bezugsquellen (namhafte Weltfirmen) die Rechtslage geprüft
haben und etwaige Schutzrechte nicht verletzen, etwa weil vom Berechtigten Teile
bezogen worden sind. Die vorsichtige Ausdrucksweise der Klägerin auf Seite 6 ihres
Schriftsatzes vom 8. Dezember 2003 ("höchstwahrscheinlich") lässt erkennen, dass
diese selbst damit rechnete, der Beklagten zu 2) könne der Nachweis gelingen, vom
Berechtigten bezogen zu haben. Daher brauchte die Beklagte zu 2) nicht sofort an
rechtswidrige Benutzungshandlungen zu denken, sondern ihr war ein geräumiger
Prüfungszeitraum hinsichtlich der Überprüfung des Bezuges vom Berechtigten zu
gewähren.
98
Auch die mit der Klageschrift überreichten Anlagen K 13 bis K 16 mussten überprüft
werden, was den Beklagten selbst gar nicht möglich war. - Die Klägerin hat sich nach
der Erstellung der vorgenannten Anlagen bis zur Erhebung der Klage 1 bis 2 Jahre Zeit
gelassen. Die Analysen zeigten zudem nicht unmittelbar die Verwirklichung aller
Merkmale des Anspruches 11 des Klagepatents auf, vielmehr hat die Klägerin nur
geltend gemacht, die Verwirklichung einiger Merkmale ergäbe sich zwingend aus den
Analysen (vgl. Klageschrift Seiten 24 ff – Bl. 24 ff GA). Eine Überprüfung auch dieser
Gegebenheiten innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klage war der Beklagten
zu 2) ersichtlich nicht möglich; etwas derartiges zu verlangen, wäre unrealistisch.
99
Es ist, worauf im Übrigen ergänzend zu verweisen ist, überdies nicht vorgetragen und
auch nicht zwingend anzunehmen, dass die Beklagte zu 2) die mit der Klage
angegriffenen Mobilfunktelefone mit den angeblich patentverletzenden Magneten
gemäß Anlagen K 13 bis K 16 auch noch nach Zustellung der Klage, insbesondere in
der Zeit vom 26. April 2003 bis 5 Juli 2003 eingekauft und vertrieben hat.
100
Nach alledem haftet die Beklagte zu 2) nicht wegen schuldhafter Patentverletzung,
sondern allenfalls wegen ungerechtfertigter Bereicherung nach §§ 812 ff BGB (vgl.
Benkard/Rogge, a. a. O. 139 Rdn. 81 ff ; Schulte/Kühnen, PatG, 7. Aufl. § 139 Rdn. 107 -
111 m. w. N.).
101
b) Auf Herausgabe einer bei der Beklagten zu 2) eingetretenen Bereicherung würde
aber nicht die Beklagte zu 1) haften. Bei dem hier gegebenen Fall der
Eingriffskondiktion ist ein Bereicherungsanspruch nur gegeben, soweit derselbe
Vorgang (Eingriff in das Patentrecht), den Vermögensnachteil des Entreicherten (das ist
hier der Gebrauch der geschützten Lehre bzw. der Verbrauch der sich aus dem
Ausschließlichkeitsrecht ergebenden Marktchance – vgl. Schulte/Kühnen a. a. O. Rdn.
111; Kraßer, PatR, 5. Aufl., S. 879) und den Vorteil des Bereicherten bewirkt hat (vgl.
Palandt/Sprau, BGB, 65. Aufl., § 812 Rdn. 36 m. w. N.). Der Vermögenszuwachs durch
die rechtswidrige Benutzung der patentgeschützten Lehre müsste unmittelbar bei der
Beklagten zu 1) eingetreten sein (Benkard/Rogge a. a. O. § 139 Rdn. 83). Das ist hier
ersichtlich nicht der Fall. Die Gebrauchsvorteile bzw. Marktchancen, die der Beklagten
zu 2) zufließen, werden auch über den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag
nicht unmittelbar an die Beklagte zu 1) "weitergereicht". "Gewinnabführung" in
derartigen Fällen bedeutet nur, dass die Beklagte zu 2) nach Abschluss des
Geschäftsjahres oder dergleichen den Bilanzgewinn an die beherrschende Beklagte zu
1) abführen muss. Diese ist also nicht unmittelbar bereichert.
102
3. Auch im Hinblick auf den ursprünglich geltend gemachten und später für erledigt
erklärten Unterlassungsanspruch war die Beklagte zu 1), die, wie sich aus den
Ausführungen zu oben Ziffer II.,1. ergibt, weder Gehilfin noch Mittäterin einer
unerlaubten Handlung war, nicht passivlegitimiert, und zwar auch nicht unter dem
Gesichtspunkt der Störerhaftung (§ 1004 BGB analog). Wie schon oben dargelegt, ist
nicht ersichtlich, dass die Beklagte zu 1) eine Prüfungspflicht und Eingriffsbefugnis in
Bezug auf Ankaufs- und Verkaufshandlungen der Beklagten zu 2) bezüglich bestimmter
Mobilfunktelefone hatte. Da sie solche Pflichten und Befugnisse nicht hatte, kommt aber
auch eine Störerhaftung nicht in Betracht (vgl. BGH, GRUR 1997, 313 –
Architektenwettbewerb).
103
Da somit sämtliche mit der Klage gegen die Beklagte zu 1) geltend gemachten
Ansprüche, und zwar auch soweit sie inzwischen in der Hauptsache für erledigt erklärt
104
worden sind, nicht gerechtfertigt waren bzw. sind, war die Klage gegen die Beklagte zu
1) mit der sich aus § 91 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge, dass die Klägerin die
außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) zu tragen hat, insgesamt abzuweisen.
4.
105
Aus den obigen Ausführungen zu Ziffer II. 2 a) ergibt sich zugleich, dass auch die Klage
gegen die Beklagte, soweit sie entsprechend Ziffer II. des Urteilsauspruches des
angefochtenen Urteils darauf gerichtet ist, festzustellen, dass die Beklagte zu 2)
verpflichtet ist, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. bezeichneten, seit
dem 4, Juni 1992 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird,
nicht gerechtfertigt ist. Der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch
wegen Patentverletzung setzt nach § 139 Abs. 2 PatG ein Verschulden des Verletzers
voraus. Ein Verschulden der Beklagten zu 2) kann nach den obigen Ausführungen zu
Ziffer II. 2. a) aber nicht festgestellt werden.
106
5. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108
ZPO.
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Gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wird die Revision für die Klägerin zugelassen, da die
Rechtssache im Hinblick auf die Frage der Haftung einer Holdinggesellschaft als
beherrschendem Unternehmen für Patentverletzungen ihrer Tochtergesellschaft als dem
beherrschten Unternehmen und auch die Frage des Umfangs der Sorgfaltspflichten
eines Handelsunternehmens bei der Beachtung fremder Schutzrechte (Patente) von
grundsätzlicher Bedeutung ist.
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