Urteil des OLG Düsseldorf vom 02.04.2009

OLG Düsseldorf: wiedereinsetzung in den vorigen stand, arglistige täuschung, stand der technik, ausschluss der haftung, brand, anhörung, beweisverfahren, rückzahlung, kaufvertrag, kaufpreis

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-12 U 56/08
Datum:
02.04.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
12. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-12 U 56/08
Vorinstanz:
Landgericht Duisburg, 3 O 233/07
Tenor:
Dem Kläger wird wegen der Versäumung der Frist zur Begründung der
Berufung gegen das am 5. März 2008 verkündete Urteil der 3.
Zivilkammer -Einzelrichter- des Landgerichts Duisburg
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Die Berufung des Klägers gegen das am 5. März 2008 verkündete Urteil
der 3. Zivilkammer -Einzelrichter- des Landgerichts Duisburg wird
zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten
gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils
vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.)
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I.
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Die Beklagte war Eigentümerin der im erstinstanzlichen Schlussantrag des Klägers
näher bezeichneten Eigentumswohnung. Am 4. Mai 2004 gab der Kläger ein notariell
beurkundetes Angebot ab, das Wohnungseigentum von der Beklagten zu einem
Kaufpreis in Höhe von 108.200 € unter Ausschluss der Haftung der Verkäuferin für
Sachmängel am Grundstück und des Gebäudes (§ 4 Abs. 1 des Angebots) zu erwerben.
Ausweislich des beurkundeten Angebots erklärte der Kläger, sich an dieses bis zum 30.
September 2004 gebunden zu halten. Gemäß notarieller Urkunde vom 22. Juni 2004
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erklärte die Beklagte, das Kaufangebot des Klägers anzunehmen. In der Folgezeit
zahlte der Kläger den im Angebot vom 4. Mai 2004 genannten Kaufpreis in voller Höhe
an die Beklagte. Er wurde als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Mit
anwaltlichem Schreiben vom 12. Oktober 2006 erklärte der Kläger gegenüber der
Beklagten die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung. Mit der
Behauptung, die Beklagte habe ihm hinsichtlich des Grundbesitzes das Vorliegen von
Sachmängeln arglistig verschwiegen und ihn über die Vermietung getäuscht, außerdem
habe der Wert der Wohnung maximal nur 40.000 € betragen, verlangt der Kläger von der
Beklagten Zug um Zug gegen Rückgewähr des Wohnungseigentums die Rückzahlung
des beurkundeten Kaufpreises sowie wegen im Zusammenhang mit dem Erwerb des
Grundbesitzes aufgewendeter Nebenkosten Schadensersatz in Höhe von 6.500 €,
mithin insgesamt 114.700 € (nebst Zinsen).
Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien im Übrigen einschließlich der
dort gestellten Anträge wird auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil Bezug
genommen.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen
ausgeführt: Dem Kläger stünden gegen die Beklagte keine vertraglichen oder
bereicherungsrechtlichen Ansprüche auf Rückzahlung des Kaufpreises sowie auf
Schadensersatz zu. Den ihm obliegenden Beweis dafür, dass das ihm übertragene
Objekt zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit Mängeln behaftet gewesen sei, die ihm
die Beklagte oder für diese zurechenbar handelnde Personen arglistig verschwiegen
hätten, habe der Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erbracht. Bereits
das im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens des Landgerichts Duisburg zu Az.
13 OH 122/06 eingeholte und auf Grund einer Ortsbesichtigung vom 28. Februar 2007
erstellte Gutachten des Sachverständigen B... vom 20. März 2007 habe insoweit und
insbesondere auch hinsichtlich der vom Kläger gerügten Schimmel- und
Feuchteschäden keine eindeutigen Aussagen getroffen. Dies gelte umso mehr, als das
Gutachten den am 2. Mai 2006 in dem Wohngebäude erfolgten Brand nicht
berücksichtigt habe. Nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des
Sachverständigen im Rahmen seiner mündlichen Anhörung sei die Überzeugung von
einem arglistigen Handeln der Beklagten nicht zu gewinnen. Bezüglich der Feuchtigkeit
sowie der Schimmelpilzbildung in dem Objekt habe der Sachverständige dargelegt,
dass die von ihm bei der Begutachtung festgestellten Erscheinungen nicht mit
hinreichender Sicherheit auf einen früheren Entstehungsbeginn als zwei Jahre vor der
Besichtigung zurückzuführen seien. Auch hinter den Rigipsverkleidungen vorhandener
Schimmelpilz könne sich im Zusammenhang mit einer möglichen Taupunktverlagerung
erst nachträglich, das heißt erst nach dem Vorsetzen der Rigipskonstruktion entwickelt
haben. Ferner sei das Vorbringen des Klägers hinsichtlich einer angeblich permanent
durchnässten Holzpaneelwand (Küche) durch den Sachverständigen nicht bestätigt
worden. Einzelne Risse in dem Gebäude seien entgegen dem Vortrag des Klägers für
die Statik nicht relevant. Soweit der Sachverständige im Dachstuhl des Gebäudes eine
vermutlich mit Hausschwamm befallene und nach dem Brand freigelegte Pfette
beschrieben habe, könne nicht davon ausgegangen werden, dass dies der
Geschäftsführerin der Komplementärin der Beklagten und/oder ihrem Vater, dem
Zeugen M..., bereits im Jahre 2004 bekannt gewesen sei. Beide hätten solches nicht
bestätigt. Vielmehr habe der Zeuge M... glaubhaft bekundet, das Dachgeschoss sei
bereits vor dem Brand ausgebaut und vermietet worden und die Pfetten seien
dementsprechend, und zwar bereits im Jahre 1985, verkleidet worden. Das im Jahre
1906 errichtete Gebäude habe zudem, wie der Sachverständige ausgeführt habe, dem
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damaligen Stand der Technik entsprochen. In Ermangelung einer anderweitigen
Zusicherung durch die Beklagte habe der Kläger bei Erwerb des Wohnungseigentums
hinsichtlich der Isolierung des Gebäudes gegen eindringende Feuchtigkeit nicht auf die
Einhaltung heute üblicher Standards vertrauen dürfen. Auf die im Rahmen des
selbständigen Beweisverfahrens erfolgten Angaben des Sachverständigen bezüglich
der Renovierungs- und Sanierungsbedürftigkeit des Objekts könne sich der Kläger
ebenfalls nicht berufen. Bei seiner mündlichen Anhörung habe der Sachverständige
klargestellt, bei seiner Besichtigung des Gebäudes von dem Brand im Jahre 2006 nichts
gewusst und diesen bei seiner damaligen Begutachtung daher auch nicht berücksichtigt
zu haben. Schließlich könne auch ein arglistiges Verschweigen von Rissbildungen in
der Erkerfassade sowie von korrodierenden Stahlträgern nicht festgestellt werden.
Dagegen spreche die Bekundung des Zeugen M..., auf eine entsprechende
bauaufsichtsrechtliche Rüge der Stadt O. aus dem Jahre 1999 hin seien bereits vor der
Veräußerung des Wohnungseigentums an den Kläger Sanierungsarbeiten durchgeführt
worden. Aber auch das eigene Vorbringen des Klägers lasse einen Schluss auf
arglistiges Handeln auf Seiten der Beklagten nicht zu, da hiernach diese Mängel von
außen unübersehbar hätten gewesen sein sollen.
Das Urteil ist dem Kläger am 27. März 2008 zugestellt worden. Gegen dieses hat er mit
am 25. April 2008 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Innerhalb der noch
laufenden Frist zur Begründung der Berufung hat er die Verlängerung dieser Frist
beantragt. Mit Verfügung des Senatsvorsitzenden ist die Berufungsbegründungsfrist bis
zum 23. Juni 2008 verlängert worden. Mit am 25. Juni 2008 eingegangenem Schriftsatz
hat der Beklagte die Berufung begründet. Er hat mit am 8. Juli 2008 eingegangenem
Schriftsatz wegen der Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung die
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und diesen Antrag unter Beifügung
eidesstattlicher Versicherungen zweier Mitarbeiterinnen der Kanzlei seiner
Prozessbevollmächtigten (Bl. 246-248 GA) begründet (vgl. S. 1 bis 4 des Schriftsatzes v.
02.07.2008, Bl. 230-233).
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In der Sache verfolgt der Kläger sein Klageziel nach Maßgabe seiner vor dem
Landgericht gestellten Anträge in vollem Umfang weiter und trägt insoweit im
Wesentlichen vor: Das Landgericht habe die Beweislastverteilung verkannt. Da die
Beklagte im Rahmen des dem Rechtsstreit vorangegangenen selbständigen
Beweisverfahrens innerhalb der ihr dort gemäß §§ 492 Abs. 1, 411 Abs. 4 ZPO
gesetzten Frist keine Einwendungen gegen das Sachverständigengutachten vom 20.
März 2007 erhoben habe, trage sie hier die Beweislast dafür, dass das in dem
selbständigen Beweisverfahren erzielte Beweisergebnis unzutreffend sei. Das genannte
Gutachten habe tauglichen Beweis dafür erbracht, dass die Beklagte ihm, dem Kläger,
offenbarungspflichtige Mängel des Objekts arglistig verschwiegen habe. Soweit der
Sachverständige während des hiesigen Rechtsstreits im Rahmen seiner mündlichen
Anhörung weitere Ausführungen gemacht habe, hätten diese nicht berücksichtigt
werden dürfen. Das Landgericht habe verfahrensfehlerhaft unter Verstoß gegen §§ 492
Abs. 1, 411 Abs. 4, 296 Abs. 1, Abs. 4 ZPO die Beweisaufnahme durch Anhörung des
Sachverständigen B... fortgesetzt. Dies sei wegen des fruchtlosen Ablaufs der der
Beklagten im selbständigen Beweisverfahren gesetzten Frist, zu dem schriftlichen
Gutachten Stellung zu nehmen, unstatthaft gewesen. Zu Unrecht habe das Landgericht
auch eine arglistige Täuschung der für die Beklagte Handelnden verneint.
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Ferner ergebe sich eine erhebliche Mangelhaftigkeit des ihm, dem Kläger, übertragenen
Grundbesitzes aus weiteren Umständen. Im Zuge der Sanierungsarbeiten nach dem
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Brand hätte sich ein mit brandschutzrechtlichen Vorschriften nicht vereinbarer Zustand
der Wohnung gezeigt. Nach Entfernung der Decken- und Wandverkleidungen habe sich
herausgestellt, dass die Decken lediglich an Drähten aufgehangen gewesen und in den
Brandschutzwänden Rohre verlegt worden seien. Nach Aufnahme der Oberböden sei
festzustellen gewesen, dass die der Befestigung der Böden dienenden Querbalken an
den Köpfen durchgefault und lediglich notdürftig sowie provisorisch repariert worden
seien.
Schließlich müsse die Beklagte den gezahlten Kaufpreis auch deshalb nach § 812 BGB
zurückerstatten, weil ein wirksamer Kaufvertrag zwischen den Parteien schon nicht
zustandegekommen sei. Soweit das Kaufangebot vom 4. Mai 2006 seine, des Klägers,
Bindung bis zum 30. September 2004 vorgesehen habe, handele es sich um eine von
der Beklagten verwendete Vertragsabschlussklausel, die ihn gemäß § 308 Nr. 1 BGB
unangemessen benachteiligt habe und daher unwirksam sei. Die sieben Wochen
später, am 22. Juni 2004, von der Beklagten erklärte Annahme des Kaufangebots sei
nicht mehr rechtzeitig im Sinne des § 147 Abs. 2 BGB erfolgt.
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Der Kläger beantragt,
10
1.
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ihm wegen der Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das
angefochtene Urteil Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren,
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2.
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn
114.700 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz,
Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung der Eigentumswohnung Nr.
… in der …Straße …, O., eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts O. von …,
Blatt …, Gemarkung …., Flur .., Flurstück …, zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
15
den Wiedereinsetzungsantrag, hilfsweise die Berufung zurückzuweisen.
16
Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches
Vorbringen. Den Rechtsausführungen der Berufung tritt sie entgegen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen
Bezug genommen.
18
II.
19
Die Berufung ist zulässig. Wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ist
dem Kläger auf sein zulässiges Gesuch hin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu
gewähren. Nach dem von ihm glaubhaft gemachten Sachverhalt ist der Kläger ohne
eigenes oder ein ihm gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Verschulden seiner
Prozessbevollmächtigten an der Einhaltung der Frist zur Berufungsbegründung
gehindert gewesen.
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III.
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In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die
Klage abgewiesen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine dem Kläger günstigere
Entscheidung.
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Der Kläger hat gegen die Beklagte weder aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB noch aus §§ 812
Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit 142, 123 BGB oder aus §§ 346 Abs. 1, 434, 437 Nr. 2,
440, 323 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung der von ihm auf die fragliche
Kaufpreisvereinbarung geleisteten 108.200 €. Von ihm im Zusammenhang mit dem
Erwerb des Grundbesitzes aufgewendete Nebenkosten kann er von der Beklagten
bereits dem Grunde nach nicht ersetzt verlangen.
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1.
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Entgegen der Ansicht der Berufung kann der Kläger einen auf Rückzahlung der 108.200
€ gerichteten Anspruch gegen die Beklagte aus ungerechtfertigter Bereicherung nicht
daraus herleiten, dass von den Parteien schon keine einander entsprechenden
Willenserklärungen hinsichtlich des Erwerbs des Grundbesitzes abgegeben wurden.
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Ob die Bestimmungen des beurkundeten Kaufangebots vom 4. Mai 2004 eine von der
Beklagten gestellte Vertragsabschlussklausel enthalten und der Kläger sich insoweit auf
eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 308 Nr. 1 BGB berufen kann, kann hier
offen bleiben.
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Sofern die Bestimmung bezüglich der Bindung des Klägers an sein Kaufangebot eine
unwirksame Klausel darstellen sollte, hätte dies nach § 306 Abs. 1 BGB grundsätzlich
keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der sonstigen Vereinbarungen der Parteien
und es wäre gemäß § 306 Abs. 2 BGB insoweit auf die gesetzlichen Vorschriften
abzustellen.
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Ob zwischen den Parteien ein Kaufvertrag durch das Angebot des Klägers vom 4. Mai
2004 und die Annahmeerklärung der Beklagten vom 22. Juni 2004, dieses Angebot
anzunehmen, zustandegekommen ist, hängt danach wegen § 147 Abs. 2 BGB davon
ab, ob der Kläger unter regelmäßigen Umständen mit dem Eingang der Antwort auf sein
Angebot sieben Wochen nach Abgabe desselben noch zu rechnen hatte. Von welcher
Höchstfrist insoweit auszugehen wäre, kann hier allerdings dahinstehen.
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Zwei einander korrespondierende Willenserklärungen der Parteien würden nämlich
auch dann vorliegen, sollte das Kaufangebot des Klägers nicht innerhalb der Frist des §
147 Abs. 2 BGB angenommen worden sein. Die Annahmeerklärung der Beklagten vom
22. Juni 2004 würde im Falle ihrer Verspätung gemäß § 150 Abs. 1 BGB als neuer
Antrag gelten. Dieser ist mit Blick auf die Bezugnahme auf das Angebot vom 4. Mai
2006 auch hinreichend bestimmt. Den Antrag der Beklagten vom 22. Juni 2004 hat der
Kläger stillschweigend angenommen, indem er den im "Angebot" vom 4. Mai 2004
genannten Kaufpreis von 108.200 € vollständig an die Beklagte zahlte. Zwar fehlt es
insoweit an einer gemäß § 311 b Abs. 1 S. 1 BGB grundsätzlich notwendigen
notariellen Beurkundung der Annahmeerklärung des Klägers. Dies führt indes nicht
wegen § 125 S. 1 BGB zur Unwirksamkeit des Vertrags. Dieser ist vielmehr nach § 311
b Abs. 1 S. 2 BGB seinem ganzen Inhalt nach gültig geworden, da die Auflassung des
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Objekts und die Eintragung des Klägers als Wohnungseigentümer in das Grundbuch
nachfolgten.
2.
30
Der Kaufvertrag ist auch nicht nach § 138 BGB nichtig. Für seine Behauptung, der Wert
der Wohnung habe maximal 40.000 € betragen, fehlen hinreichender Vortrag und ein
Beweisantritt des Klägers.
31
3.
32
Der Kaufvertrag der Parteien ist auch nicht gemäß § 142 Abs. 1 BGB als von Anfang an
nichtig anzusehen. Seine auf den Abschluss des Kaufvertrages gerichtete
Willenserklärung hat der Kläger nicht wirksam angefochten, da ihm ein
Anfechtungsgrund nicht zustand. Er kann sich nicht gemäß § 123 BGB darauf berufen,
zur Abgabe seiner Willenserklärung durch arglistige Täuschung bestimmt worden zu
sein. Da ihm Mängel der Kaufsache nicht arglistig verschwiegen wurden, kann der
Kläger auch keinen kaufvertragsrechtlichen Anspruch auf Kaufpreisrückzahlung gemäß
§§ 346 Abs. 1, 434, 437 Nr. 2 BGB geltend machen und einen solchen nicht aus einer
vermeintlichen Unwirksamkeit des zu Gunsten der Beklagten ausbedungenen
Ausschlusses der Sachmangelgewährleistung aus § 444 BGB herleiten.
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a.
34
Zutreffend ist das Landgericht bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass die
Beweislast für das Vorliegen offenbarungspflichtiger Mängel zum Zeitpunkt des
Vertragsschlusses sowie für ein arglistiges Verschweigen dieser Mängel durch den
Verkäufer bei dem Käufer, hier also dem Kläger, liegt (vgl. für § 123 BGB:BGH, NJW
2001, 64 [65] zu III.; Palandt/Heinrichs/Ellenberger, BGB, 68. Aufl., § 123 Rdnr. 30; für §
444 BGB: OLG Hamm, MDR 2005, 621, bei juris zu Rdnr. 15; OLG Köln, Urteil v. 20.
Dezember 2006 –11 U 133/06, bei juris zu Rdnr. 4).
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Das Landgericht hat die Voraussetzungen einer arglistigen Täuschung durch die
Beklagte nicht festgestellt. An diese Tatsachenfeststellungen ist der Senat gemäß § 529
Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden. Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser
Feststellungen zeigt auch die Berufung, die auf die Beweiswürdigung des Landgerichts
im Einzelnen schon nicht eingeht, nicht auf.
36
b.
37
Soweit die Berufung unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des 10. Zivilsenats des
hiesigen Oberlandesgerichts meint, das Landgericht habe die Beweislastverteilung
verkannt, ist dem nicht zu folgen.
38
Für eine Umkehr der nach allgemeinen Grundsätzen regelmäßig den Käufer treffenden
Beweislast besteht hier kein rechtlich anerkennenswerter Grund.
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Es erscheint bereits fraglich, ob denjenigen, der in einem selbständigen
Beweisverfahren innerhalb einer ihm dort gemäß §§ 492 Abs. 1, 411 Abs. 4 ZPO
gesetzten Frist keine Einwendungen erhoben hat, in einem späteren
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Hauptsacheverfahren grundsätzlich die Beweislast dafür trifft, dass das in dem
vorangegangenen Beweisverfahren erzielte Beweisergebnis unzutreffend ist. Dies
bedarf hier allerdings keiner Entscheidung.
Vorliegend hat eine Beweislastumkehr zum Nachteil der Beklagten jedenfalls deshalb
auszuscheiden, weil das schriftliche Sachverständigengutachten vom 20. März 2007,
wie bereits das Landgericht dargelegt hat, an einem ersichtlichen und wesentlichen
Mangel leidet. Dieser liegt darin begründet, dass der Sachverständige, wie er bei seiner
Anhörung in diesem Rechtsstreit eingehend dargelegt hat, bei der Erstellung seines
schriftlichen Gutachtens den Brand vom 2. Mai 2006, die Löscharbeiten, den
nachfolgenden Leerstand der Wohnung des Klägers, die wegen des Brandes
entstandene Renovierungs- und Sanierungsbedürftigkeit des Objekts sowie die Frage
nach den Auswirkungen der genannten Umstände für den von ihm bei der
Objektbesichtigung vorgefundenen Zustand nicht berücksichtigt hatte. Dies gilt
insbesondere auch hinsichtlich der Feuchtigkeits- und Schimmelerscheinungen. Diese
hätte der Sachverständige von sich aus schon deshalb berücksichtigen müssen, weil
bereits in der Antragsschrift zum Beweisverfahren der Brand vom 2. Mai 2006 erwähnt
wurde (vgl. S. 4 der Antragsschrift, Bl. 4 der Akte 13 OH 122/06 - Landgericht Duisburg).
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Das Gutachten des Sachverständigen B... vom 20. März 2007 war danach offensichtlich
fehlerhaft und bedurfte schon deshalb keiner Widerlegung.
42
c.
43
Ohne Erfolg macht der Kläger des Weiteren geltend, das Landgericht habe unter
Verstoß gegen die Präklusionsnorm des § 296 Abs. 1 ZPO den Sachverständigen B...
zur Erläuterung des Gutachtens aus dem selbständigen Beweisverfahren geladen und
hierbei zu seinem Nachteil hervorgebrachte Erkenntnisse verwertet.
44
Es kann dahinstehen, ob es einen Verstoß gegen § 296 Abs. 1 ZPO darstellt, wenn das
zur Entscheidung der Hauptsache berufene Gericht eine Beweiserhebung durch
Beauftragung eines Sachverständigen durchführt, nachdem gegen ein im Rahmen
eines dem Rechtsstreit vorangegangenen selbständigen Beweisverfahrens eingeholtes
Gutachten innerhalb einer dort nach §§ 492 Abs. 1, 411 Abs. 4 ZPO gesetzten
Stellungnahmefrist keine Einwendungen erhoben wurden (vgl. dazu OLG Zweibrücken,
OLGR Zweibrücken 2006, 408 ff., bei juris zu Rdnrn. 20-22, a. A. OLG Brandenburg,
Urteil v. 15. Mai 2008 -5 U 88/07-, bei juris zu Rdnr. 44).
45
Vorliegend ist ein Verfahrensfehler des Landgerichts jedenfalls deshalb nicht gegeben,
weil das früher eingeholte Gutachten angesichts des unberücksichtigt gebliebenen
unstreitigen Brandschadens offensichtlich unrichtig und die Behebung dieses Mangels
geboten war.
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Selbst wenn aber die Anhörung des Sachverständigen verfahrensfehlerhaft gewesen
wäre, könnte sich der Kläger hierauf nicht mit Erfolg berufen.
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Der fragliche Verfahrensfehler wäre gemäß § 295 ZPO geheilt, weil der Kläger vor dem
Landgericht zum Ergebnis der Beweisaufnahme mündlich verhandelt hat, ohne den
vermeintlichen Mangel zu rügen.
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Zudem hätte selbst ein etwaiger, nicht durch Heilung kompensierter Verstoß gegen §
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296 Abs. 1 ZPO zu keinem anderen Ergebnis geführt. Es entspricht ständiger
höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass die Zulassung eines wegen § 296 Abs. 1,
Abs. 2 ZPO an sich ausgeschlossenen Vorbringens nicht mit einem Rechtsmittel
angegriffen werden kann (vgl. BGH, NJW 1991, 1896 f., bei juris zu Rdnrn. 3 f.; BGH,
NJW 1999, 2269 [2270], zu II. 2. c.; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 29. Aufl., § 296 Rdnr.
44).
Nach den Ausführungen des Sachverständigen bei seiner Anhörung und den Angaben
der vernommenen Zeugen ist das Landgericht zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass
der Kläger für die behauptete arglistige Täuschung über Mängel des Objekts
beweisfällig geblieben ist. Der Beweiswürdigung des Landgerichts ist der Kläger, wie
bereits oben erwähnt, nicht entgegengetreten.
50
d.
51
Soweit der Kläger erstmals mit der Berufung darlegt, das Wohnungseigentum sei auch
insoweit mangelbehaftet, als brandschutzrechtliche Bestimmungen nicht eingehalten
worden, die Decken lediglich an Drähten aufgehängt gewesen und Querbalken zur
Befestigung der Oberböden durchgefault gewesen seien, führt dies zu keiner
abweichenden Beurteilung. Dieser Vortrag ist bereits zu unbestimmt, um aus ihm auf
konkrete und gegebenenfalls offenbarungspflichtige Sachmängel schließen zu können.
Jedenfalls ist das Vorbringen deshalb unbeachtlich, weil es nicht darlegt, dass auf
Seiten der Beklagten die fraglichen Umstände zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses
bekannt gewesen seien. Dies gilt umso mehr, als der Kläger selbst auf diese Umstände
erst nach im Zusammenhang mit der Brandsanierung erfolgter Entfernung von Decken-
und Wandverkleidungen sowie der Eröffnung der Oberböden aufmerksam geworden
sein will und zudem unstreitig die Wohnung schon vor ihrem Verkauf an den Kläger seit
vielen Jahren vermietet war.
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Es kommt aus den vorstehend genannten Gründen nicht mehr darauf an, ob das im
zweiten Rechtszug neue Vorbringen des Klägers wegen nicht entschuldigter
Verspätung ohnehin nicht berücksichtigungsfähig ist.
53
e.
54
Eine angebliche arglistige Täuschung über die Vermietungssituation hat der Kläger
angesichts des entgegenstehenden Vortrags der Beklagten nicht hinreichend dargelegt.
55
Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Klägers vom 19.03.2009 gibt keine
Veranlassung, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.
56
IV.
57
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 238 Abs. 4 ZPO.
58
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
59
Die Zulassung zur Revision ist nicht veranlasst.
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Streitwert für die Berufungsinstanz: 114.700 €.
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Sch. O. L.
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