Urteil des OLG Dresden vom 20.07.2010

OLG Dresden: gemeinschaftspraxis, orthopädie, zustand der mietsache, mietvertrag, entgangener gewinn, chirurgie, vermietung, konkurrenz, prävention, minderung

Leitsatz
Im Verstoß des Vermieters gegen eine vertragliche Konkur-
renzschutzklausel liegt kein Mangel der Mietsache i.S.v.
§ 536 As. 1 BGB (entgegen OLG Düsseldorf NZM 2001, 1033; KG
NZM 2007, 566; OLG Koblenz NZM 2008, 405). Der Mieter kann
aber gemäß § 280 Abs. 1 BGB den Ersatz des auf dem Verstoß
beruhenden Schadens verlangen.
OLG Dresden, 5. Zivilsenat, Urteil vom 20.07.2010,
Az.: 5 U 1286/09
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Oberlandesgericht
Dresden
5. Zivilsenat
Aktenzeichen: 5 U 1286/09
8 O 3194/07 LG Leipzig
Verkündet am 20.07.2010
Die Urkundsbeamtin:
D……
Justizobersekretärin
IM
NAMEN
URTEIL
In dem Rechtsstreit
Dr. W……. B….
,
Kläger und Berufungsbeklagter
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
gegen
S.. GmbH & Co. KG
,
v.d.d. W…….. ………. GbR,
d.v.d.d. Gesellschafter..
Beklagte und Berufungsklägerin
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
wegen Forderung
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hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden auf-
grund der mündlichen Verhandlung vom 15.06.2010 durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Kazele,
Richter am Oberlandesgericht Alberts und
Richterin am Oberlandesgericht Niklas
für Recht erkannt:
1.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des
Landgerichts Leipzig, 8. Zivilkammer, vom 14.07.2009
(8 O 3194/07) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, die durch die Vermietung
von Praxisräumen in dem Objekt "Praxisklinik am J…………"
in ……. an die Gemeinschaftspraxis Dr. med. H……. und Dr.
med. S…….. eingetretene Konkurrenzsituation in Bezug
auf die im gleichen Objekt gelegene Praxis des Klägers
zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu beseitigen.
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, die an
die Gemeinschaftspraxis Dr. med. H……. und Dr. med.
S…….. vermieteten Praxisräume um zusätzliche Flächen zu
erweitern, ohne den Konkurrenzschutz des Klägers wie-
derherzustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückge-
wiesen.
3.
Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tra-
gen der Kläger 5/8 und die Beklagte 3/8.
4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger und die Beklagte können die Zwangsvollstrek-
kung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von
110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht
der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstre-
ckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
5.
Die Revision wird zugelassen.
Beschluss:
Der
Streitwert
für
das
Berufungsverfahren
wird
auf
101.807,31 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten über den Umfang vertraglich gewährten
Konkurrenzschutzes in einem Mietvertrag über eine Arztpra-
xis.
4
Der Kläger ist Arzt und Facharzt für Orthopädie. Er schloss
am 28.03./26.04.2002 mit S…….. W…….. einen Mietvertrag (An-
lage K 1) über Räume im 3. OG des Hauses J………….. in …….
("Praxisklinik am J…………") zum Betrieb einer Arztpraxis für
Orthopädie. Am 07./13.11.2002 kam es zu einem Nachtrag (An-
lage K 2). Der Mietvertrag ist auf eine feste Vertragslauf-
zeit von 10 Jahren vom 01.07.2002 bis zum 30.06.2012 abge-
schlossen. Dem Kläger ist ein Optionsrecht für eine zweima-
lige Verlängerung um jeweils 5 Jahre eingeräumt. Die monat-
liche Gesamtmiete für die Räumlichkeiten betrug im Zeitraum
vom 01.11.2002 bis zum 01.07.2007 1.785,42 EUR und beträgt
seit dem 01.07.2007 1.868,39 EUR. Die Beklagte ist zum
01.01.2005 in die Vermieterstellung eingetreten.
Die Parteien streiten über die Reichweite der Konkurrenz-
schutzklausel in § 9 des Mietvertrages. Diese lautet: "Der
Vermieter gewährt für die Fachrichtung Orthopädie und den
Schwerpunkt Chirotherapie des Mieters Konkurrenzschutz im
Projekt, ausgenommen ist die Traumatologie für Kinder und
Jugendliche und die Chirotherapie Kinder und Jugendlicher.
Der Vermieter kann an einen Arzt derselben Fachdisziplin mit
demselben Schwerpunkt, die bereits im Projekt vertreten ist,
nur dann eine Vermietung an einen solchen Kollegen vorneh-
men, wenn der Mieter sein Einverständnis hierzu schriftlich
erklärt hat. Die Konkurrenzschutzklausel wird nur gegenüber
Mietern im Objekt wirksam."
Im Sommer 2003 wurde von Rechtsvorgänger der Beklagten im
selben Hause ein Mietvertrag zum Betrieb einer Arztpraxis
für die Fachdisziplin Chirurgie/Unfallchirurgie/D-Arzt mit
dem Arzt Dr. O… H……. geschlossen, in welchen mit Wirkung zum
Sommer 2004 der Arzt Dr. L… S…….. zusätzlich eintrat. Auch
dieser Mietvertrag ist auf 10 Jahre befristet, verbunden mit
einer zweifachen Verlängerungsoption jeweils für 5 Jahre,
und er enthält einen Konkurrenzschutz für die Fachrichtung
der Chirurgie und den Schwerpunkt der Unfallchirurgie. Die
Gemeinschaftspraxis von Dr. H……n und Dr. S…….. bezeichnet
sich in ihrem Internetauftritt ("www………….de") als Schwer-
punktpraxis für Arthroskopie und Gelenkchirurgie. Sie ist
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auf chirurgischem Gebiet tätig und führt u.a. operative Ein-
griffe an den Stütz- und Bewegungsorganen durch.
Die Parteien streiten darüber, ob die Gemeinschaftspraxis
damit in einem Bereich tätig wird, welcher dem Kläger auf-
grund der Konkurrenzschutzklausel in § 9 seines Mietvertra-
ges vorbehalten ist. Dabei ist zwischen den Parteien insbe-
sondere umstritten, ob der dem Kläger gewährte Konkurrenz-
schutz nur das Fachgebiet der Orthopädie oder zusätzlich
auch die Traumatologie umfasst und inwieweit dadurch ein
Konkurrenzverhältnis für die von der Gemeinschaftspraxis an-
gebotene Unfallchirurgie entsteht.
Der Kläger hat mit dem Schreiben seines Prozessbevollmäch-
tigten vom 12.08.2005 (Anlage K 3) den Verstoß der Beklagten
gegen die vertragliche Konkurrenzschutzklausel gerügt, die
Beklagte zur Beseitigung aufgefordert sowie erklärt, er wer-
de die Miete nur noch unter Vorbehalt zahlen und Minderungs-
ansprüche geltend machen.
Der Kläger macht sowohl den mietrechtlichen Erfüllungsan-
spruch als auch das Eingreifen von Mietminderungen geltend.
So verlangt er die Rückzahlung von überzahlter Miete im
Zeitraum von August 2005 bis September 2007 i.H.v. 23.334,93
EUR und begehrt die Feststellung, dass die Miete - wegen der
bestehenden Konkurrenzsituation - um 50 % der Warmmiete ge-
mindert ist.
Wegen des Sachvortrages im Übrigen und der in 1. Instanz ge-
stellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des
Landgerichts Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage mit seinem Urteil vom
14.07.2009 antragsgemäß stattgegeben, die Beklagte also ver-
urteilt, die im Hause bestehende Konkurrenzsituation zu be-
seitigen und an den Kläger überzahlte Miete i.H.v. 23.334,93
EUR zurückzuzahlen. Ferner hat das Landgericht festgestellt,
dass die vom Kläger für die Praxisräume zu zahlende Warmmie-
te für den Zeitraum der andauernden Konkurrenzsituation um
50 % gemindert ist.
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Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausge-
führt, die Auslegung der Konkurrenzschutzklausel in § 9 des
Mietvertrages ergebe, dass sich der Konkurrenzschutz sowohl
auf die Fachrichtung Orthopädie als auch auf die Traumatolo-
gie erstrecke. Zwischen diesem, von der Konkurrenzschutz-
klausel geschützten, Tätigkeitsbereich des Klägers und dem
Tätigkeitsbereich der Gemeinschaftspraxis beständen Über-
schneidungen in wesentlichen Punkten. Demzufolge verstoße
die Vermietung von Räumlichkeiten an die Gemeinschaftspraxis
gegen den dem Kläger gewährten Konkurrenzschutz. Der Verstoß
gegen den vertraglich Konkurrenzschutz sei auch als Mietman-
gel i.S.v. § 536 BGB zu verstehen. Die Höhe der angemessenen
Minderung schätzt das Landgericht nach § 287 ZPO auf 50 %.
Gegen das ihr am 22.07.2009 zugestellte Urteil hat die Be-
klagte am 17.08.2009 Berufung eingelegt und diese - nach
entsprechender Fristverlängerung - am 30.09.2009 begründet.
Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor, das Landgericht habe
zwar zutreffend angenommen, dass der Umfang des dem Kläger
gewährten Konkurrenzschutzes durch Auslegung von § 9 des
Mietvertrages zu ermitteln sei. Die Auslegung habe das Land-
gericht aber fehlerhaft vorgenommen. Maßgeblich für die Aus-
legung sei die Sächsische Weiterbildungsordnung in der zum
Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebenden, also in der bis
zum 31.12.2005 geltenden, Fassung. Danach gehöre die Trauma-
tologie nicht zur Fachdisziplin der Orthopädie. Soweit in
die Konkurrenzschutzklausel mit aufgenommen worden sei, dass
die Traumatologie für Kinder und Jugendliche nicht erfasst
sei, bedeutet dies nicht im Umkehrschluss, dass die übrige
Traumatologie von der Konkurrenzschutzklausel hätte erfasst
werden sollen. Der Kläger genieße demzufolge Konkurrenz-
schutz nur für die Fachdisziplin der Orthopädie und den
Schwerpunkt Chirotherapie. Im Kern sei die Tätigkeit in die-
ser Fachrichtung abgegrenzt von derjenigen der Gemein-
schaftspraxis, welche sich auf die Fachrichtung der Chirur-
gie und den Schwerpunkt der Unfallchirurgie erstrecke. So-
weit sich beide Fachdisziplinen in Teilbereichen überschnit-
ten, führe auch dies nicht zu einem Verstoß gegen den ver-
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traglich zugesagten Konkurrenzschutz des Klägers, denn es
sei das medizinische Grundkonzept der Praxisklinik am J…………
(Anlage B 1) zu berücksichtigen, welches als Anlage 1 dem
Mietvertrag beigefügt worden und in der Vorbemerkung zum
Mietvertrag in Bezug genommen worden sei. Danach sollte im
Wechselspiel zwischen Spezialisierung und Integration ein
medizinisches Gesamtprofil der Praxisklinik erreicht werden.
Überschneidungen in Teilbereichen, welche auch die Sächsi-
sche Weiterbildungsordnung vorsehe, seien danach von den
Mietern auch unter Berücksichtigung des vertraglichen Kon-
kurrenzschutzes hinzunehmen. Berücksichtige man diese Über-
legungen bei der Auslegung der Konkurrenzschutzklausel, dann
seien keine wesentlichen Überschneidungen der Tätigkeitsbe-
reiche der Praxis des Klägers einerseits und der Gemein-
schaftspraxis Dr. H……./Dr. S…….. andererseits festzustellen.
Jedenfalls treffe den Kläger ein Mitverschulden an der ein-
getretenen Konkurrenzsituation, weil er vor Abschluss des
Vertrages mit Herrn Dr. H……. gewusst habe, dass sich dieser
auf Gelenkchirurgie habe spezialisieren wollen.
Das Landgericht habe weiterhin rechtsfehlerhaft angenommen,
dass ein etwaiger Verstoß gegen die Konkurrenzschutzklausel
ein Mietmangel i.S.v. § 536 BGB sei. Zudem sei im Falle des
Vorliegens eines Mangels auch die angenommene Minderungshöhe
von 50 % zu hoch. Soweit sich der Kläger hilfsweise auf das
Bestehen von Schadensersatzansprüchen in Höhe des geltend
gemachten Minderungsbetrages berufe, sei dies nicht begrün-
det, weil er das Entstehen eines entsprechenden Schadens
nicht dargelegt habe.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des am 14.07.2009 verkündeten Urteils
des Landgerichts Leipzig, Az. 8 O 3194/07, die Klage
abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
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sowie
hilfsweise, für den Fall, dass der Senat nicht von ei-
ner Minderung ausgehe, festzustellen, dass der Kläger
berechtigt ist, von der Beklagten Schadensersatz in Hö-
he von 50 % der Warmmiete für die von ihm gemieteten
Praxisräume zu begehren, solange die durch die Vermie-
tung von Praxisräumen an die Gemeinschaftspraxis Dr.
med. H……. & Dr. med. S…….. eingetretene Konkurrenzsitu-
ation angedauert hat.
Er verteidigt zunächst das Urteil des Landgerichts mit der
darin enthaltenen Begründung. Weiterhin führt er aus, aus
den in Anlage 1 der Weiterbildungsordnung der Sächsischen
Landesärztekammer vom 22.11.2002 enthaltenen Gebietsdefini-
tionen ergebe sich, dass das Fachgebiet der Orthopädie ge-
genüber dem Fachgebiet der Chirurgie die speziellere Fach-
disziplin für die "Prävention, Erkennung, die operative und
nichtoperative Behandlung von Verletzungen und Verletzungs-
folgen der Stütz- und Bewegungsorgane" sei. Diesem Umstand
sei inzwischen dadurch Rechnung getragen, dass der Schwer-
punkt Unfallchirurgie des Fachgebietes Chirurgie dem Fachge-
biet der Orthopädie zugeschlagen worden sei, mit der Folge,
dass die bisherige Facharztbezeichnung für Orthopädie nun
geändert worden sei in "Facharzt für Orthopädie und Unfall-
chirurgie". Diese Bezeichnung dürfe auch der Kläger führen,
wie sich aus der als Anlage K 7 vorgelegten Urkunde vom
06.11.2008 ergebe. Ein etwaiges Mitverschulden des Klägers
am Entstehen der Konkurrenzsituation sei schon deshalb abzu-
lehnen, weil dem Kläger zu keinem Zeitpunkt bekannt gewesen
sei, welche Vereinbarungen die Beklagte bzw. ihre Rechtsvor-
gänger mit den Konkurrenten in Bezug auf Mietzweck und Kon-
kurrenzschutz treffen würden.
Sofern der Verstoß der Beklagten gegen den vertraglichen
Konkurrenzschutz nicht als Mangel i.S.v. § 536 BGB anzusehen
sein sollte, stütze er den auf Rückzahlung von überzahlter
Miete gerichteten Antrag hilfsweise darauf, dass ihm in
gleicher Höhe durch den in der Verletzung des vertraglichen
Konkurrenzschutzes durch die Beklagte liegenden Vertragsver-
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stoß ein materieller Schaden entstanden sei. Dem Kläger sei
ein erheblicher Umsatznachteil dadurch entstanden, dass die
in der konkurrierenden Gemeinschaftspraxis ausgeführten Ope-
rationen, insbesondere am Kniegelenk, einen außerbudgetären
Honoraranspruch des behandelnden Arztes ausgelöst hätten.
Für die häufigsten Operationen am Kniegelenk eines Privatpa-
tienten lasse sich mit dem OP-Tag sowie der Vor- und Nachbe-
handlung für die gesamte Behandlung ein Rechnungsbetrag von
800,00 EUR bis 1.000,00 EUR abrechnen. Die Gemeinschaftspra-
xis habe in den Jahren 2007 bis 2009 allein im Falle von
Arthroskopien durchschnittlich 858 Patienten jährlich behan-
delt. Wenn sich nur ein Bruchteil der mit diesen Leistungen
in der Gemeinschaftspraxis behandelten Patienten von dem
Kläger hätten behandeln lassen, der ohne den Konkurrenz-
schutzverstoß der alleinige Anbieter dieser ärztlichen Leis-
tungen in der Praxisklinik gewesen wäre, hätte dies zu Um-
sätzen des Klägers geführt, die weit größer wären, als der
in erster Linie im Wege der Mietminderung geltend gemachte
Betrag. Im Übrigen könne der dem Kläger entstandene Schaden
in Anlehnung an die Grundsätze der Minderung gemäß § 287 ZPO
geschätzt werden. Im Übrigen erleide der Kläger infolge des
Konkurrenzschutzverstoßes einen Schaden dadurch, dass der
goodwill seiner Praxis gemindert sei. Ferner sei ihm durch
die Konkurrenzsituation die Bildung einer Gemeinschaftspra-
xis unmöglich, welche zu einer Steigerung des Wertes der
Praxis um ca. 1/3 führen würde.
Mit Wirkung zum 01.01.2009 ist die W…….. ………. GbR, ……-……..-
Straße .., ….. …….., infolge der Veräußerung des Grundstü-
ckes J………… . in ……. mit notarieller Urkunde des Notariats ..
…….., Notar ….., vom 18.12.2008 auf Vermieterseite in den
streitgegenständlichen Mietvertrag eingetreten.
Der Senat hat den Kläger und den informierten Vertreter der
Beklagten F…….. persönlich angehört.
Wegen des Sachverhaltes im Übrigen wird auf die gewechselten
Schriftsätze und die Sitzungsniederschriften vom 01.12.2009
sowie vom 15.06.2010 Bezug genommen.
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II.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg.
Die Berufung ist unbegründet, soweit sie sich gegen den in
Ziffer 2 und 3 des Tenors des erstinstanzlichen Urteils zum
Ausdruck gebrachten Anspruch des Klägers auf Gewährung des
in § 9 des Mietvertrages gewährten Konkurrenzschutzes rich-
tet. Der Kläger kann aus § 9 des Mietvertrages von seiner
Vermieterin, der W…….. ………. GbR, verlangen, dass sie Behand-
lungen durch die Gemeinschaftspraxis Dr. H……./Dr. S…….. von
Verletzungen der Stütz- und Bewegungsorgane unterbindet,
denn solche Behandlungen fallen in den Bereich des in § 9
des Mietvertrages gewährten Konkurrenzschutzes (dazu 1.).
Mit dem Übergang des Mietvertrages auf Vermieterseite zum
01.01.2009 auf die W…….. ………. GbR entfiel gemäß §§ 265, 325
ZPO nicht die Passivlegitimation der Beklagten für den An-
spruch auf Gewährung des Konkurrenzschutzes im vorliegenden
Rechtsstreit, denn im Falle des auf Erfüllung des Mietver-
trages in Anspruch genommenen Vermieters ist das Mietobjekt
als im Streit befangene Sache anzusehen (vgl. RG, Urteil vom
03.05.1921, III 485/20, RGZ 102, 177; BGH, Urteil vom
16.12.2009, VIII ZR 313/08, NJW 2010, 1068), und die Veräu-
ßerung des Mietobjektes an die W…….. ………. GbR erfolgte nach
Rechtshängigkeit des vorliegenden Verfahrens. Der Anspruch
des Klägers auf Gewährung des vertraglich versprochenen Kon-
kurrenzschutzes ist auch nicht durch die Unmöglichkeit sei-
ner Erfüllung gemäß § 275 Abs. 1 BGB erloschen (dazu 2.).
Dagegen hat die Berufung Erfolg, soweit sie sich gegen den
in Ziffer 1 des Tenors des erstinstanzlichen Urteils titu-
lierten Anspruch des Klägers auf Rückzahlung überzahlter
Miete in Höhe von 23.334,93 EUR und gegen die Feststellung
in Ziffer 4 des Tenors des erstinstanzlichen Urteils wendet,
die Warmmiete sei während des Bestehens der Konkurrenzsitua-
tion durch die Behandlungen der Gemeinschaftspraxis um 50 %
gemindert. Beiden Titulierungen liegt die Ansicht des Land-
gerichts zugrunde, die vertragswidrige Konkurrenz führe zu
einem Mangel der Mietsache. Der Senat vertritt jedoch die
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Auffassung, dass eine bestehende, vertragswidrige Konkur-
renzsituation nicht - ohne weitere Voraussetzungen - als
Mangel im Sinne von § 536 BGB anzusehen ist (dazu 3.). Dem-
entsprechend kann sich der Kläger nicht - entsprechend sei-
nem Hauptvorbringen - darauf berufen, er könne die für Au-
gust 2005 bis September 2007 gezahlte Miete im Umfang je-
weils einer halben Monatsmiete zurückverlangen, weil die
Miete aufgrund des in der vertragswidrigen Konkurrenzsitua-
tion bestehenden Mietmangels um 50 % gemindert gewesen wäre.
Soweit der Kläger - mit seinem Hilfsvorbringen - geltend
macht, ihm stehe ein Schadensersatzanspruch wegen der ver-
tragswidrigen Konkurrenzsituation in mindestens derjenigen
Höhe zu, wie in Ziffer 1 des Tenors des erstinstanzlichen
Urteils tituliert wurde, hat er damit mangels schlüssigen
Vortrages keinen Erfolg (dazu 4.). Schließlich ist auch der
Hilfsantrag des Klägers zum Ausspruch in Ziffer 4 des Tenors
des erstinstanzlichen Urteils nicht begründet, wonach der
Kläger die Feststellung begehrt, er könne Schadensersatz in
Höhe von 50 % der Warmmiete verlangen, solange die vertrags-
widrige Konkurrenzsituation bestehe (dazu 5.).
1.
Die Tätigkeit der Gemeinschaftspraxis Dr. H……./Dr.
S…….. fällt insoweit in den Schutzbereich der Konkur-
renzschutzklausel des § 9 des Mietvertrages, als sie
die operative und nicht operative Behandlung von Ver-
letzungen und Verletzungsfolgen der Stütz- und Bewe-
gungsorgane betrifft.
Nach § 9 wird der Konkurrenzschutz gewährt für die
Fachrichtung Orthopädie und den Schwerpunkt Chirothera-
pie. Unter Orthopädie ist zu verstehen die Prävention,
Erkennung und Behandlung von angeborenen und erworbenen
Formveränderungen und Funktionsstörungen, Erkrankungen,
Verletzungen und Verletzungsfolgen der Stütz- und Bewe-
gungsorgane und die Rehabilitation. Dies ergibt sich
sowohl aus der Definition des Begriffes der Fachdiszip-
lin Orthopädie in § 1 Ziffer 1 3. Absatz des Mietver-
trages als auch aus der zum Zeitpunkt des Vertrags-
schlusses und bis zum 31.12.2005 geltenden Fassung der
Weiterbildungsordnung der Sächsischen Landesärztekammer
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(veröffentlicht unter "www.slaek.de"), die nach über-
einstimmenden Vortrag beider Parteien zur Auslegung des
Mietvertrages heranzuziehen ist. Vergleicht man diese
Beschreibung der Orthopädie mit der Definition der Chi-
rurgie (Erkennung und Behandlung von chirurgischen Er-
krankungen, Verletzungen und Fehlbildungen mit den ent-
sprechenden Untersuchungsverfahren, konservativen und
operativen
Behandlungsverfahren
des
Gebietes
ein-
schließlich der gebietsbezogenen Intensivmedizin, den
Nachsorgeverfahrens des Gebiets sowie der Rehabilitati-
on in jedem Lebensalter) sowie der Definition des - da-
maligen - Schwerpunktes der Unfallchirurgie (Präventi-
on, Erkennung, operative und nicht operative Behandlung
von Verletzungen und deren Folgezuständen einschließ-
lich der Nachsorge und Rehabilitation) nach derselben
Weiterbildungsordnung, so ergibt sich, dass die Ortho-
pädie im Vergleich zur Chirurgie nach der genannten
Weiterbildungsordnung die speziellere Fachdisziplin ist
für die "Prävention, Erkennung sowie operative und
nicht operative Behandlung von Verletzungen und Verlet-
zungsfolgen der Stütz- und Bewegungsorgane". Soweit al-
so auf diesem Gebiet die Gemeinschaftspraxis Behandlun-
gen durchführt, fallen diese in den Schutzbereich des
dem Kläger gewährten Konkurrenzschutzes für die Fach-
richtung der Orthopädie. Es kommt hinzu, dass die For-
mulierung der Konkurrenzschutzklausel dafür spricht,
dass Konkurrenzschutz ausdrücklich auch für die Trauma-
tologie (Unfallchirurgie) gewährt wird, wenn es heißt,
ausgenommen sei - nur - die Traumatologie für Kinder
und Jugendliche. Darauf kommt es indessen nicht ent-
scheidend an, denn nach dem Wortlaut der Konkurrenz-
schutzklausel des § 9 wird jedenfalls ausdrücklicher
vertraglicher Konkurrenzschutz für die Fachrichtung der
Orthopädie gewährt.
In diesem Schutzbereich wird die Gemeinschaftspraxis
tätig, wenn sie Operationen an den Stütz- und Bewe-
gungsorganen vornimmt. Davon aber ist auszugehen, denn
das Landgericht hat festgestellt, dass die Gemein-
schaftspraxis nach den Informationen auf ihrer eigenen
13
Internetseite im Jahr der Rechtshängigkeit der Klage
2007 eine große Anzahl an arthroskopischen Gelenkopera-
tionen, Schulteroperationen, Kniegelenksoperationen so-
wie Operationen des Ellenbogens durchgeführt hat. Die
Gemeinschaftspraxis bezeichnet sich selbst als Schwer-
punkt-Praxis für Arthroskopie und Gelenkchirurgie, wie
der Kläger bereits in der Klageschrift unwidersprochen
vorgetragen hat. Angesichts dieser greifbaren Anhalts-
punkte für eine erhebliche Behandlungstätigkeit der Ge-
meinschaftspraxis innerhalb des Schutzbereiches der
Konkurrenzschutzklausel reicht das pauschale Bestreiten
der Beklagten von Operationen der Gemeinschaftspraxis
in diesem Bereich in wesentlichem Umfang nicht aus.
Nach Auffassung des Senats kann das Eingreifen des Kon-
kurrenzschutzes auch nicht mit der Erwägung verworfen
werden, die Überschneidung des Tätigkeitsbereiches der
Gemeinschaftspraxis einerseits und des Tätigkeitsberei-
ches des Klägers andererseits erstrecke sich nur auf
Nebengebiete und sei deshalb von vornherein nicht vom
Konkurrenzschutz erfasst. Anders als der vertragsimma-
nente Konkurrenzschutz ist der im vorliegenden Fall
maßgebliche, vertraglich vereinbarte Konkurrenzschutz
nicht von vornherein auf die Haupttätigkeit des ge-
schützten Mieters beschränkt (vgl. BGH, Urteil vom
03.07.1985, VIII ZR 128/84, NJW-RR 1986, 9). Die Um-
schreibung des Konkurrenzschutzes mit einer Fachdiszip-
lin, die im Vertrag auch genau definiert wird, spricht
zudem dafür, dass sich der Schutz vor der Konkurrenz
auf die gesamte Bandbreite der geschützten Fachrichtung
erstrecken sollte. Nach Auffassung des Senats führt
auch die Vorbemerkung zum Mietvertrag und die darin
enthaltene Bezugnahme auf das medizinische Grundkonzept
der Praxisklinik nicht dazu, dass der vertraglich ein-
geräumte Konkurrenzschutz jeweils nur auf ein Kernge-
biet der betroffenen Fachrichtung begrenzt ist. Das me-
dizinische Grundkonzept sieht zwar eine integrative
Versorgung innerhalb der Praxisklinik vor und geht dem-
zufolge von einer engen Zusammenarbeit der dort nieder-
gelassenen Ärzte aus. In einem kollegialen Umfeld kann
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dies dazu führen, dass einzelne Überschreitungen zwi-
schen den Fachrichtungen von den betroffenen Ärzten we-
niger beanstandet werden. Eine von vornherein eingrei-
fende, rechtliche Begrenzung des vertraglich eingeräum-
ten Konkurrenzschutzes hat das medizinische Grundkon-
zept aber nicht zur Folge, denn auch dieses geht davon
aus, dass die einzelnen Ärzte voneinander getrennte
Fachrichtungen vertreten, wenngleich diese zum Zwecke
einer integrativen Versorgung des betroffenen Patienten
Hand in Hand miteinander zusammenarbeiten.
Nachdem dem den Konkurrenzschutz beherrschenden Priori-
tätsprinzip (vgl. OLG Köln, Urteil vom 27.05.2005, 1 U
72/04, NZM 2005, 866) genießt der Kläger demnach Kon-
kurrenzschutz vor den dargestellten Behandlungen der
Gemeinschaftspraxis an den Stütz- und Bewegungsorganen.
Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung
trifft den Kläger auch kein Mitverschulden am Entstehen
der eingetretenen Konkurrenzsituation unter dem Aspekt,
dass er vor Abschluss des Vertrages mit Herrn Dr. H…….
gewusst habe, dass sich dieser auf Gelenkchirurgie habe
spezialisieren wollen. Diesem Einwand steht die Rege-
lung in § 9 Satz 2 des Mietvertrages entgegen, wonach
die Vermietung an einen Arzt mit demselben Fachgebiet
und demselben Schwerpunkt nur dann vorgenommen werden
kann, wenn der Mieter sein Einverständnis hierzu
schriftlich erklärt. Diese Regelung erhellt, dass eine
Vermietung an einen Konkurrenten nur nach einer nach-
weisbaren Erklärung durch den Mieter möglich ist. Umge-
kehrt kann aus einem Verhalten des Mieters, welches
nicht in einer schriftlichen Erklärung mündet, nicht
ohne weiteres auf eine Obliegenheitsverletzung im Sinne
eines Mitverschuldens geschlossen werden. Selbst wenn
also der Kläger Kenntnis von der entsprechenden Absicht
des Herrn Dr. H……. gehabt haben sollte, hat er jeden-
falls kein schriftliches Einverständnis erklärt und
kann deshalb nach dem Sinn der Regelung in § 9 Satz 2
des Mietvertrages nicht als Mitverursacher der entstan-
denen Konkrrenzsituation angesehen werden.
15
2.
Der in Ziffern 2 und 3 des Tenors der erstinstanzlichen
Entscheidung zum Ausdruck gebrachte Anspruch des Klä-
gers auf Herstellung und Beibehaltung des Konkurrenz-
schutzes aus § 9 des Mietvertrages ist nach dem Vortrag
der Beklagten nicht infolge Unmöglichkeit nach § 275
Abs. 1 BGB erloschen.
Zwar hat die Beklagte bereits in der Klageerwiderung
vom 23.11.2007 vorgetragen, es sei ihr nicht möglich,
den mit der Gemeinschaftspraxis bestehenden, befriste-
ten Mietvertrag zu kündigen und dadurch die Konkurrenz-
situation zu beseitigen. Eine anspruchsvernichtende Un-
möglichkeit der Beseitigung der Konkurrenzsituation
kann vom Senat aber erst dann angenommen werden, wenn
der Schuldner des Anspruches, hier die Beklagte als
Vermieter bei Rechtshängigkeit, darlegt und beweist,
dass die Erfüllung ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Urteil
vom 12.03.2003, XII ZR 18/00, NJW 2003, 2158; KG, Be-
schluss vom 25.09.2008, 8 U 44/08, ZMR 2009, 119). Für
eine solche Annahme reicht aber der Sachvortrag der Be-
klagten nicht aus. Zwar liegt es nahe, dass der Beklag-
ten bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin kein Recht zur außer-
ordentlichen Kündigung des Mietvertrages mit der Ge-
meinschaftspraxis zusteht. Möglich wäre aber auch eine
Einigung zwischen der Beklagten bzw. ihrer Rechtsnach-
folgerin und der Gemeinschaftspraxis über eine vorzei-
tige Aufhebung des Mietvertrages gegebenenfalls gegen
eine Geldzahlung. Aus dem Sachvortrag der Beklagten er-
gibt sich nicht, dass über eine solche Lösung ernsthaf-
te Gespräche mit der Gemeinschaftspraxis aufgenommen
worden wären. Demzufolge kann der Senat nicht feststel-
len, dass für die Beklagte bzw. ihrer Rechtsnachfolge-
rin eine Beseitigung der Konkurrenzsituation unmöglich
wäre. Ein möglicherweise gegebenes Unvermögen der Be-
klagten bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin würde allerdings
dann in der Zwangsvollstreckung Bedeutung erlangen
(vgl. BGH, Urteil vom 12.03.2003, a.a.O.).
3.
Die unter Verstoß gegen die vertragliche Regelung in §
9 des Mietvertrages bestehende Konkurrenzsituation ist
16
nach Auffassung des Senats nicht als Mangel der Mietsa-
che im Sinne von § 536 BGB anzusehen.
Über die Frage, ob eine Konkurrenzschutzverletzung als
Mietmangel anzusehen ist, wird in Rechtsprechung und
Literatur gestritten. Während sich in der jüngeren Zeit
verschiedene Oberlandesgerichte für die Annahme eines
Mietmangels ausgesprochen haben (vgl. OLG Düsseldorf,
Urteil vom 06.07.2001, 24 U 174/00, NZM 2001, 1033; KG,
Urteil vom 25.01.2007, 8 U 140/06, NZM 2007, 566; OLG
Koblenz, Urteil vom 15.12.2006, 10 U 1013/05, NZM 2008,
405) vertreten ältere Gerichtsentscheidungen (vgl. BGH,
Urteil vom 23.12.1953, VI ZR 244/52, BB 1954, 177; OLG
Frankfurt/M., Urteil vom 01.07.1985, 4 U 167/84, EWiR
1985, 555) sowie aktuelle Stimmen aus der Literatur
(Eckert in Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des Gewerblichen
Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 10. Aufl., Rn. 729 f.;
Leo/Ghassemi-Tabar NZM 2009, 337, 342 f.) die gegentei-
lige
Auffassung
(differenzierend
Hüb-
ner/Griesbach/Schreiber
in
Lindner-
Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, Kap. 14 Rn.
176f.: Mietmangel nur bei Verstoß gegen den vertragsim-
manenten Konkurrenzschutz, nicht aber bei Verstoß gegen
den vertraglich vereinbarten Konkurrenzschutz). Der
Bundesgerichtshof hat in einem Beschluss vom 09.08.2006
(XII ZR 165/05, NJW 2006, 3060), in welchem es um die
Höhe eines Gebührenstreitwertes ging, die angesprochene
Rechtsfrage offen gelassen.
Nach Auffassung des Senats sprechen die besseren Gründe
dafür, bei Vorliegen einer vertragswidrigen Konkurrenz-
situation ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht von
einem Mangel i.S.v. § 536 BGB auszugehen. Ein Mangel
i.S.v. § 536 BGB ist eine für den Mieter nachteilige
Abweichung des tatsächlichen vom vertraglich geschulde-
ten Zustand der Mietsache, wobei sowohl tatsächliche
Umstände als auch rechtliche Verhältnisse in Bezug auf
die Mietsache als Fehler in Betracht kommen können. Da-
bei ist allerdings, um Ausuferungen des Fehlerbegriffes
zu vermeiden, stets eine unmittelbare Beeinträchtigung
der Tauglichkeit bzw. eine unmittelbare Einwirkung auf
17
die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache erforderlich,
wohingegen Umstände, welche die Eignung der Mietsache
zum vertragsgemäßen Gebrauch nur mittelbar berühren,
nicht als Mängel zu qualifizieren sind (vgl. BGH, Ur-
teil vom 16.02.2000, XII ZR 279/97, NJW 2000, 1714; Ur-
teil vom 15.10.2008, XII ZR 1/07, NJW 2009, 664). Nach
diesen Kriterien fällt die vertragswidrige Konkurrenz-
situation nicht unter den Begriff des Mangels, weil sie
nur zu einer mittelbaren Beeinträchtigung der Eignung
der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch führt. Die
angemieteten Räume oder deren Wert werden nicht unmit-
telbar beeinflusst, weil die Konkurrenzschutzpflicht
nur eine schuldrechtliche Verpflichtung des Vermieters
gegenüber dem Mieter bewirkt (in diesem Sinne BGH, Ur-
teil vom 23.12.1953, a.a.O.). Gegen eine unmittelbare
Einwirkung des Konkurrenzschutzverstoßes auf die gemie-
teten Räume spricht auch, dass der Inhalt und Umfang
des Anspruches auf Konkurrenzschutz stark mit der Per-
son des Mieters verknüpft ist. So ist bei den identi-
schen Räumen und dem gleichen Inhalt der Konkurrenz-
schutzklausel im Mietvertrag das Bestehen eines Konkur-
renzschutzes davon abhängig, ob zum Zeitpunkt des Ver-
tragsabschlusses bereits ein Konkurrenz des Mieters im
selben Objekt Räume gemietet hatte. Befand sich der
Konkurrent bei Vertragsabschluss schon im Gebäude, kann
ihn der Mieter mit der Konkurrenzschutzvereinbarung
nicht abwehren, während ihm ein entsprechender Anspruch
zusteht, wenn der Konkurrent zu einem späteren Zeit-
punkt eingezogen ist. Die Auswirkungen des Konkurrenz-
schutzes auf die gemieteten Räume sind demnach mittel-
bar, nicht aber unmittelbar (in diesem Sinne auch
Leo/Ghassemi-Tabar, a.a.O.).
Soweit von den Befürwortern der Annahme eines Sachman-
gels zur Begründung der erforderlichen Unmittelbarkeit
darauf verwiesen wird, dass die Miete für ein Objekt
ohne Konkurrenz im Allgemeinen höher sei als diejenige
für Räume, bei denen eine Konkurrenzsituation bestehe,
beruht diese Annahme nach dem Kenntnisstand des Senats
nicht auf einer gesicherten Tatsachengrundlage. Dem Se-
18
nat, welcher nach der Geschäftsverteilung eine Sonder-
zuständigkeit für Mietsachen hat, ist aus Beweisaufnah-
men mit Sachverständigen zur ortsüblichen Höhe der Mie-
te bekannt, dass sich die Miete für gewerbliche Räume
auf der Grundlage einer Fülle verschiedener Faktoren
bildet, bei denen die Lage und Ausstattung des Objek-
tes, aber auch die Verfügbarkeit und Eignung für einen
besonderen Zweck eine bestimmende Rolle spielen. Die
Gewährung eines Konkurrenzschutzes ist ein Faktor unter
vielen anderen, und es kann keinesfalls gesichert davon
ausgegangen werden, dass er eine maßgebliche Rolle bei
der Bestimmung der Höhe der Miete spielt. Wenn man also
auf der Basis der dargestellten Überlegung u.a. des
Kammergerichts die Unmittelbarkeit als Voraussetzung
eines Mangels i.S.v. § 536 BGB bejahen wollte, setzte
dies die Feststellung von Tatsachen voraus, wonach der
Mieter ohne Vereinbarung der Konkurrenzschutzklausel
eine bestimmte, niedrigere Miete hätte zahlen müssen,
als sie - mit der Klausel - tatsächlich vereinbart wur-
de. Im vorliegenden Fall fehlt es aber bereits an ent-
sprechendem Sachvortrag von Seiten des Klägers. Auf die
Frage des Senats im Beschluss vom 16.02.2010, ob der
Kläger eine entsprechende Behauptung aufstellen wolle,
hat der Kläger im Schriftsatz seines Prozessbevollmäch-
tigten vom 09.06.2010 auf Seite 3 ausgeführt, die Anga-
be einer fiktiven Miete für den Fall, dass die Parteien
von vornherein gar keinen oder einen nur eingeschränk-
ten Konkurrenzschutz für den Kläger hätten vereinbaren
wollen, habe spekulativen Charakter, weil sich bei An-
mietung der Räumlichkeiten durch den Kläger die Frage
gar nicht gestellt hätte, ob die Räume auch ohne Kon-
kurrenzschutz angeboten worden wären. Zudem hat die Be-
klagte im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom
24.03.2010 auf Seite 3 ausgeführt, für die vermietete
Praxis sei die ortsübliche Miete vereinbart worden, oh-
ne dass ein Zuschlag zur Miete für die Einräumung des
Konkurrenzschutzes vorgenommen worden sei.
Jedenfalls im vorliegenden Falle kann deshalb mangels
Unmittelbarkeit der Auswirkungen der vertragswidrigen
19
Konkurrenzsituation ein Mangel der streitgegenständli-
chen Räume i.S.v. § 536 BGB nicht angenommen werden.
4.
Grundsätzlich kann der Kläger aus § 280 Abs. 1 BGB Er-
satz verlangen, soweit ihm durch den Verstoß der Be-
klagten gegen die vertragliche Pflicht zum Schutz vor
Konkurrenz ein Schaden entstanden ist. Soweit der Klä-
ger
die
Zahlung
eines
bezifferten
Schadens
von
23.334,93 EUR geltend macht, der ihm im Zeitraum von
August 2005 bis September 2007 entstanden sei, fehlt es
nicht an der Passivlegitimation der Beklagten, denn der
Übergang des Mietverhältnisses auf die W…….. ………. GbR
erfolgte zu einem nach diesem Zeitraum liegenden Zeit-
punkt (vgl. zum Anspruchsübergang bei Eigentümerwechsel
BGH, Beschluss vom 29.09.2004, XII ZR 148/02, NZM 2005,
17).
Der Kläger hat aber nicht schlüssig vorgetragen, dass
ihm der geltend gemachte Schaden infolge der vertrags-
widrigen Konkurrenzsituation entstanden ist.
Der Kläger trägt zunächst vor, der Schaden sei ihm in-
folge entgangener Umsätze entstanden, welche die Ge-
meinschaftspraxis mit der Durchführung von Operationen
aus dem geschützten Bereich in der Praxisklinik erzielt
habe. Der dazu erfolgte Sachvortrag ist aber nicht ge-
eignet, schlüssig einen Schaden darzulegen. So läge ein
zu ersetzender Schaden des Klägers nicht in dem entgan-
genen Umsatz, sondern im entgangenen Gewinn (§ 252 S. 1
BGB). Welcher Gewinnanteil in den vorgetragenen Umsät-
zen der Gemeinschaftspraxis steckt, hat der Kläger aber
- trotz eines entsprechenden Hinweises im Beschluss des
Senats vom 16.02.2010 - nicht vorgetragen. Zudem wird
aus dem von der Gemeinschaftspraxis durch die Operatio-
nen erzielten Gewinn erst dann ein auf der Vertrags-
pflichtverletzung beruhender, entgangener Gewinn des
Klägers, wenn der Kläger die von der Gemeinschaftspra-
xis durchgeführten Operationen ohne Vertragspflichtver-
letzung selbst und zusätzlich zu den Operationen durch-
geführt hätte, die er im maßgeblichen Zeitraum unabhän-
gig davon ausgeführt hat. Auch zu diesen Voraussetzun-
20
gen hat der Kläger nicht konkret vorgetragen. Es fehlt
Vortrag sowohl zu der Frage, welcher Anteil der Patien-
ten der Gemeinschaftspraxis im Falle eines bestehenden
Konkurrenzschutzes ihre Operationen beim Kläger hätte
durchführen lassen als auch dazu, inwieweit es dem Klä-
ger angesichts seiner tatsächlichen Belastung im Scha-
denszeitraum möglich gewesen wäre, zusätzlich Operatio-
nen zu übernehmen, die tatsächlich von der Gemein-
schaftspraxis durchgeführt wurden. Auf entsprechende
Hinweise des Senats im Beschluss vom 16.02.2010 sowie
im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 15.06.2010
trug der Kläger auch keine Anhaltspunkte vor, anhand
derer der Senat den Umfang der Patientenwanderung bzw.
der Auslastung des Klägers hätte schätzen können.
Soweit der Kläger die Berechnung des Schadens darauf
stützt, der goodwill seiner Praxis sei wegen der Kon-
kurrenzsituation mindestens um 25 % gemindert, fehlt
ebenfalls die Darlegung des konkret dem Kläger entstan-
denen Schadens. So stellt er den Wert des goodwills
seiner Praxis nicht dem Wert des goodwills gegenüber,
den sie hätte, wenn die vertragswidrige Konkurrenzsitu-
ation nicht vorliegen würde. Gleiches gilt, soweit der
Kläger geltend macht, er habe einen ideellen Wertver-
lust von ca. 1/3 dadurch erlitten, dass er aufgrund der
Konkurrenzsituation bisher keine Gemeinschaftspraxis
durch Assoziierung mit einem Partner hätte bilden kön-
nen. Zwar trägt der Kläger insofern unter Bezugnahme
auf die als Anlage K 8 vorgelegte Tabelle vor, dies ma-
che ca. einen Betrag von 60.000,00 EUR aus. Die beige-
fügte Tabelle enthält aber Angaben über den ideellen
Praxiswert und Substanzwert bei Einzelpraxisübernahme
und Gemeinschaftspraxisbeitritt in Westdeutschland nach
Arztgruppen 2002/2003. Ein konkreter Bezug zum Wert der
Einzelpraxis des Klägers im Zeitraum 2005 bis 2007 und
einem möglichen Wert, den die Praxis als Gemeinschafts-
praxis im selben Zeitraum gehabt hätte, fehlt. Zudem
wäre auch anhand der vom Kläger dargestellten Zahlen
noch nicht dargelegt, inwieweit mit dem höheren Praxis-
wert eine Wertsteigerung im Vermögen des Klägers einge-
21
treten wäre, denn der höhere Gesamtwert der Gemein-
schaftspraxis würde sich auf mehrere Ärzte verteilen,
so dass der auf den Kläger als einzelnen Arzt entfal-
lende Anteil nicht notwendigerweise höher sein müsste,
als der Wert der Einzelpraxis. Im Übrigen hat der Klä-
ger nach Auffassung des Senats bisher nicht schlüssig
dargelegt, dass die Bildung einer Gemeinschaftspraxis
nur wegen der bestehenden Konkurrenzsituation unter-
blieb.
Soweit der Kläger im nicht nachgelassenen Schriftsatz
vom 17.06.2010 um weitere Hinweise und eine erneute
Schriftsatzfrist bittet, war diesem Wunsch im Hinblick
auf den Beschleunigungsgrundsatz des Zivilprozesses
nicht zu entsprechen. Dem Kläger war seit den Hinweisen
des Senates im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom
01.12.2009 bekannt, dass der Senat dem Grunde nach kei-
ne Minderung der Miete, aber das Bestehen von Schadens-
ersatzansprüchen für möglich hielt. Zu dem Vortrag im
Schriftsatz des Klägervertreters vom 29.01.2010 hat der
Senat im Rahmen seines Beschlusses vom 16.02.2010 ge-
zielte Hinweise erteilt und den Kläger auf Bedenken an
der Schlüssigkeit seines Vorbringens hingewiesen. Bis
zur mündlichen Verhandlung vom 15.06.2010 hatte der
Kläger erneut fast vier Monate Zeit, seinen Sachvortrag
zu ergänzen. Demnach hatte der Kläger ausreichend Zeit,
seinen
Sachvortrag
unter
Berücksichtigung
der
Rechtsauffassung des Senats zu konkretisieren. Eine
weitere Gelegenheit zur Nachbesserung seines Sachvor-
trages muss dem Kläger deshalb nicht gewährt werden.
5.
Der Hilfsantrag des Klägers zu Ziffer 4 des Tenors des
erstinstanzlichen Urteils ist unbegründet, denn der
Kläger hat nicht dargelegt, dass ihm konkret durch die
vertragswidrige Konkurrenzsituation ein Schaden im Um-
fang von 50 % der Warmmiete für die von ihm gemieteten
Praxisräume entsteht. Im Wesentlichen kann dazu Bezug
genommen werden auf die Ausführungen oben unter 4. Auch
für eine Schadensschätzung des Senats fehlen danach
hinreichende Anhaltspunkte.
22
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 Abs. 1 S. 1
ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit
auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.
Der Senat lässt gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO die
Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtspre-
chung zu. Die für den vorliegenden Rechtsstreit maßgeb-
liche Frage, ob die Verletzung eines vertraglich einge-
räumten Konkurrenzschutzes als Sachmangel i.S.v. § 536
BGB anzusehen ist, wird in der Rechtsprechung unheit-
lich behandelt, und es existiert dazu - soweit ersicht-
lich - keine höchstrichterliche Entscheidung jüngeren
Datums.
Dr. Kazele
Alberts
Niklas