Urteil des OLG Celle vom 23.12.2009

OLG Celle: versicherungsnehmer, hinterlegung, ausschluss der haftung, vernehmung von zeugen, sicherheitsleistung, zwangsvollstreckung, haftpflichtversicherer, angemessener zeitraum, rechtskraft

Gericht:
OLG Celle, 03. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 3 U 144/09
Datum:
23.12.2009
Sachgebiet:
Normen:
ZPO § 720 a, VVG a F § 150 Abs 3
Leitsatz:
1. Der Zweck der zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil
hinterlegten Sicherheit erfordert, dass der hinterlegte Betrag dem Vollstreckungsgläubiger nach
Rechtskraft uneingeschränkt zur Verfügung steht.
2. Das Risiko, zum Zeitpunkt der Hinterlegung der Sicherheit die Deckungspflicht aus dem
Haftpflichtversicherungsvertrag gegenüber dem Vollstreckungsschuldner falsch einzuschätzen, trägt
allein der Haftpflichtversicherer.
Volltext:
Oberlandesgericht Celle
Im Namen des Volkes
Urteil
3 U 144/09
16 O 155/08 Landgericht Hannover
Verkündet am
23. Dezember 2009
…,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
X. Versicherung AG, vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Dr. B., …,
Beklagte und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro …
gegen
C.B. GmbH & Co. KG, vertreten durch die persönlich haftende Gesellschafterin, die S. Verwaltungsgesellschaft
mbH, diese vertreten durch die Geschäftsführer M. und B. S. sowie P. Z., …,
Klägerin und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt …
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2009
unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht …, der Richterin am Oberlandesgericht … und der
Richterin am Oberlandesgericht … für Recht erkannt:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 22. Mai 2009 verkündete Urteil des Landgerichts Hannover - 16 O
155/08 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt neu gefasst wird:
Die Beklagte wird verurteilt,
den beim Amtsgericht Köln - Hinterlegungsstelle - unter dem Aktenzeichen 81 HL 399/04 hinterlegten Betrag von
1.511.525,99 € abzüglich am 25. November 2008 gezahlter 100.923,21 €, am 2. Juli 2009 gezahlter 69.597,58 € und
am 11. September 2009 gezahlter 73.857,15 € zuzüglich aufgelaufener Zinsen abzüglich der im
Hinterlegungsverfahren entstandenen Kosten zugunsten der Klägerin freizugeben,
an die Klägerin Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem freizugebenden Betrag seit
dem 31. März 2007, aus 100.923,21 € vom 31. März 2007 bis zum 25. November 2008, aus 69.597,58 € vom 31.
März 2007 bis zum 2. Juli 2009 und aus 73.857,15 € vom 31. März 2007 bis zum 11. September 2009 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die
vollstreckbare Forderung um jeweils 20 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Klägerin vor der
Vollstreckung Sicherheit leistet, die die jeweils zu vollstreckende Forderung um 20 % übersteigt.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Freigabe eines zur Abwendung der von der Klägerin betriebenen
Sicherungsvollstreckung (§ 720 a Abs. 3 ZPO) aus dem vorläufig vollstreckbaren Urteil in dem gegen die
Versicherungsnehmerin der Beklagten vor dem Landgericht Köln geführten Haftpflichtprozess von der
Rechtsvorgängerin der Beklagten hinterlegten Betrages, nachdem dieser Prozess rechtskräftig zugunsten der
Klägerin entschieden worden ist.
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die K. B. GmbH & Co. KG (im Folgenden Klägerin), die sich als Anlagenbauerin
mit dem Bau von industriellen Wärme und Wärmekraftanlagen befasst, beauftragte die P. GmbH (im Folgenden
Insolvenzschuldnerin) auf der Grundlage der zwischen den Firmen bestehenden Kooperationsvereinbarung vom 17.
September 1996 (Anlage B 5, Bl. 148 GA I) mit der Angebotsbearbeitung und Planung einer
Wärmeversorgungsanlage für ein in der Schweiz ansässiges Spanplattenwerk der K. AG. Auf der Grundlage der
Planung der Insolvenzschuldnerin schloss die Klägerin mit ihrer Auftraggeberin einen Werkvertrag über die
Errichtung einer industriellen Wärmeanlage zu einem Pauschalpreis. In der Folgezeit erwies sich die
Tragkonstruktion für den Heißlufterzeuger als fehlerhaft. Außerdem erzielte die Brennkammer die nach der
vertraglichen Vereinbarung geschuldeten Werte nicht, was die Klägerin auf Planungsfehler der Insolvenzschuldnerin
zurückführte. In dem daraufhin vor dem Landgericht Köln geführten Rechtsstreit (85 O 274/00) wurde die
Insolvenzschuldnerin mit vorläufig vollstreckbarem Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln
vom 23. März 2004 (Anlage K 1, Bl. 10 ff. GA I), nach Vernehmung von Zeugen und Einholung eines
Sachverständigengutachtens, zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt in folgender Höhe:
fehlerhaft geplante Tragkonstruktion in Höhe von 110.923,21 €
zu gering dimensionierte Brennkammer in Höhe von 1.178.750,20 €
1.289.673,41 €
Zur Abwendung der von der Klägerin betriebenen Sicherungsvollstreckung nach § 720 a ZPO hinterlegte die
Haftpflichtversicherung der Insolvenzschuldnerin, die Y. Versicherungs AG, die inzwischen mit der Beklagten
verschmolzen ist, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigten (die die Beklagte auch in diesem Verfahren
vertreten), beim Amtsgericht Köln zur Hinterlegungsnummer 81 HL 399/04 1.511.525,99 € (Anlage K 2, Bl. 18 f. GA
I. Anlage B 4, Bl. 94 f. GA I). Im Laufe des vor dem Oberlandesgericht Köln unter dem Aktenzeichen 20 U 101/04
geführten Berufungsverfahrens wurde über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet.
Der Insolvenzverwalter nahm den Rechtsstreit auf. Das Oberlandesgericht Köln bestätigte das landgerichtliche Urteil
mit der Maßgabe, dass die Forderung zur Insolvenztabelle festgestellt wurde, nachdem es ein weiteres
Sachverständigengutachten eingeholt hatte (vgl. Anlage K 4, Bl. 21 ff. GA I). Die gegen die Nichtzulassung der
Revision in diesem Urteil erhobene Nichtzulassungsbeschwerde der Insolvenzschuldnerin hat der 10. Senat des
Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom 22. April 2008 (X ZR 57/07) zurückgewiesen (Anlage K 5, Bl. 35 GA I). Die
Gesamtforderung der Klägerin gegen die Insolvenzschuldnerin, die zur Insolvenztabelle angemeldet wurde, belief
sich zum 31. Mai 2008 auf rd. 2 Mio. €.
Nach übereinstimmender Erledigungserklärung des Rechtsstreits in der Hauptsache in Höhe eines am 25. November
2008 freigegebenen Betrages von 100.923,21 € hat die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, den beim Amtsgericht Köln - Hinterlegungsstelle -
unter dem Az. 81 HL 399/04 hinterlegten Betrag von 1.511.525,99 € abzüglich am 25. November 2008 gezahlter
100.923,21 € zuzüglich aufgelaufener Zinsen abzüglich der im Hinterlegungsverfahren entstandenen Kosten
zugunsten der Klägerin freizugeben und Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz aus dem
freizugebenden Betrag seit dem 31. März 2007 und aus 100.923,21 € für die Zeit vom 31. März 2007 bis 25.
November 2008 an die Klägerin zu zahlen,
weiter
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin vorprozessuale Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 8.594,80 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Zustellung der Klage am 26. Februar 2009 zu
zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ihrer Versicherungsnehmerin gegenüber im Innenverhältnis nicht zur
Deckung verpflichtet gewesen zu sein, soweit der von dieser verursachte Schaden auf einer zu klein geplanten
Brennkammer beruhe, was sie der Klägerin entgegen halten könne. Die zu gering dimensioniert geplante
Brennkammer habe zu Mehrkosten von 1.178.750,20 € nur deshalb geführt, weil die Klägerin infolge der
Pauschalpreisvereinbarung mit ihrer Auftraggeberin, der K. AG, nicht berechtigt gewesen sei, ihr die durch den Bau
einer größeren Brennkammer hervorgerufenen Kosten in Rechnung zu stellen. Bei diesen Kosten handele es sich
damit um SowiesoKosten. Wenn ihre Versicherungsnehmerin sogleich richtig geplant hätte, hätte die Klägerin diese
Mehrkosten ihrer Auftraggeberin in Rechnung gestellt. Nach dem Inhalt des mit der Insolvenzschuldnerin
geschlossenen Versicherungsvertrags sowie den darin einbezogenen ´Besonderen Bedingungen und
Risikobeschreibung zur Haftpflichtversicherung für Architekten und Ingenieure (BBR)´, dort unter Ziffer 5.1.2 (Bl. 87
GA I), und den ´Besonderen Vereinbarungen zur Haftpflichtversicherung für Maschinenbauingenieure (BV)´, dort
unter Ziffer 2.3 (Bl. 84, GA I), sei eine Haftung der Beklagten für von ihrer Versicherungsnehmerin verursachte
SowiesoKosten ausgeschlossen. Nach Ziffer 5.1.2 BBR seien nämlich Ansprüche wegen Schäden aus der
Überschreitung ermittelter Massen und Kosten ausgeschlossen. Nach Ziffer 2.3 BV bestehe ein Ausschluss für
Schäden, die darauf zurückzuführen seien, dass nach allgemeinem technischen Standard eine ordnungsgemäße
Erstellung der Anlage nur zu einem höheren Kostenbetrag, als zum Zeitpunkt der Planung des
Versicherungsnehmers vorgesehen, hätte erfolgen müssen und dieser Umstand ursächlich oder auch nur
mitursächlich gewesen sei und nicht auf einem versehentlichen Berechnungsfehler beruht habe. Danach sei hier von
einem Ausschluss der Haftung der Beklagten auszugehen, weil es sich bei der fehlerhaften Planung der Brennanlage
unter Nichtberücksichtigung des Luftraums für die Kühlung um einen konzeptionellen Planungsfehler der
Insolvenzschuldnerin gehandelt habe, und nicht um einen dem Versicherungsschutz unterfallenden versehentlichen
Berechnungsfehler.
Diese nicht bestehende Deckungspflicht gegenüber ihrer Versicherungsnehmerin könne sie - die Beklagte - dem
Anspruch der Klägerin auf Freigabe des hinterlegten Betrages entgegenhalten. Zweck der Hinterlegung der Sicherheit
sei - aus ihrem Antrag auf Annahme der Hinterlegung, gerichtet an das Amtsgericht Köln, ohne weiteres für die
Klägerin erkennbar - allein die Erfüllung ihrer Verpflichtung aus dem Versicherungsvertrag gewesen, was daraus zu
ersehen sei, dass sie den Antrag auf Hinterlegung ´als Haftpflichtversicherer der Insolvenzschuldnerin´ gestellt habe.
Letztlich hat die Beklagte gemeint, dass sich aus der Drittbezogenheit des Versicherungsrechts ein
Wertungswiderspruch ergebe. Da sie in den Haftpflichtprozess nicht involviert gewesen sei und sich auch nicht habe
einbringen können, sodass dieses Verfahren ihr gegenüber Bindungswirkung nicht erzeuge, müsse sie nunmehr in
dem vorliegenden Verfahren die Möglichkeit haben, die ihr gegenüber der Insolvenzschuldnerin zustehenden
Einwendungen aus dem Versicherungsvertrag zu erheben. Es führe sonst zu dem unerträglichen Ergebnis, dass der
Versicherer über seine Deckungspflicht hinaus dem Geschädigten sogar mehr zu leisten habe, als wenn ein
Direktanspruch bestehen würde. Denn sie selbst sei aufgrund ihrer Deckungspflicht nach § 150 Abs. 3 VVG a. F.
gegenüber ihrer Versicherungsnehmerin, ohne dass ein Gestaltungsspielraum bestanden habe, verpflichtet gewesen,
die geforderte Sicherheit zu leisten, um eventuellen Schäden, die der Insolvenzschuldnerin infolge der Vollstreckung
nach § 720 a ZPO hätten entstehen können, entgegenzuwirken.
Das Landgericht hat der Klage - mit Ausnahme des Anspruchs auf Erstattung der vorprozessual entstandenen
Prozessgebühr des Prozessbevollmächtigten der Klägerin - stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass
der Klägerin gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Freigabe der hinterlegten Sicherheit zustehe und
Einwendungen aus dem Versicherungsverhältnis nicht durchgreifen würden. Ebenso wie im Falle der zur Abwendung
der Zwangsvollstreckung gestellten Bürgschaft führe die Hinterlegung zu einem Direktanspruch des
Hinterlegungsgläubigers gegenüber dem Hinterleger aufgrund des hierdurch entstehenden Pfandrechtes, das
gegenüber der Forderung akzessorisch sei. Daraus folge, dass die Beklagte nicht berechtigt sei, sich gegenüber der
Klägerin auf Einwendungen, die ihren Grund im Deckungsverhältnis haben, zu berufen. Überdies stünden der
Beklagten Einwendungen aus dem Deckungsverhältnis auch nicht zu. Es handele sich hier - anders als die Beklagte
meine - nicht um SowiesoKosten, die von der Deckungspflicht ausgenommen wären. Auch könne die Beklagte aus
dem Zweck der Sicherheitsleistung nichts herleiten. Denn sie habe die Sicherheit zur Abwendung der
Sicherungsvollstreckung bedingungslos und ohne Vorbehalte hinterlegt. Letztlich bestehe auch der von der
Beklagten angenommene Wertungswiderspruch aufgrund der Drittbezogenheit des Versicherungsrechtes nicht. Dies
ergebe sich schon daraus, dass die Beklagte ohne weiteres den Haftpflichtprozess für die Insolvenzschuldnerin
hätte führen und damit dessen Ergebnis beeinflussen können.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie ihr auf Klageabweisung gerichtetes Begehren
weiter verfolgt. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Das Landgericht habe verkannt, dass die Insolvenzschuldnerin Anspruch auf Deckung des von ihr wegen der
Mehrkosten der Brennkammer zu leistenden Schadens nicht gehabt habe. Nach den Feststellungen des
Oberlandesgerichts Köln (Seite 24 des Urteils) habe es sich um Kosten, die auf einer unzureichenden Planung
beruht hätten, gehandelt, die bei einer üblichen vertraglichen Gestaltung, mit einem detaillierten Leistungsverzeichnis
und Abrechnung nach Aufwand, SowiesoKosten dargestellt hätten. Diese seien nach dem Inhalt des
Versicherungsvertrages, dessen vollständigen Verlauf sie nunmehr mit den Anlagen BB 1 und BB 2 (gesondert
geheftet), vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Insolvenzschuldnerin am 10. März 1994 bis zum 23. Juli
2004 (11. Nachtrag) vorgelegt hat, nicht zu ersetzen. In diesem Zusammenhang habe das Landgericht verkannt,
dass sie im Haftpflichtprozess zumindest infolge des umfassenden Rechtsgewährungsanspruchs nach § 150 Abs. 1
VVG a. F., den Interessen ihrer Versicherungsnehmerin widersprechende Erklärungen gar nicht hätte abgeben
können.
Zu Unrecht sei das Landgericht davon ausgegangen, dass die Hinterlegung wegen der damit abgewendeten Befugnis
zur Zwangsvollstreckung Einwendungen aus dem Versicherungsverhältnis nicht ausgesetzt sei. Tatsächlich sei aber
- für die Klägerin erkennbar - die Sicherheit nur für die von der Deckungspflicht der Beklagten umfassten
Zahlungsansprüche hinterlegt worden, was auf einer - nur - vorläufigen Beurteilung durch die Beklagte beruht habe,
die sich auf der Grundlage der Begründung des landgerichtlichen Urteils für eintrittspflichtig gehalten habe.
Das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 3. Mai 2005 (XI ZR 287/04, NJW 2005, 2157 ff.) hält die Beklagte auf den
vorliegenden Fall für nicht anwendbar, da sich dieses auf eine nach § 711 ZPO zur Abwendung der
Zwangsvollstreckung gestellte Prozessbürgschaft beziehe. Dem entgegen habe hier der Klägerin die Möglichkeit
offen gestanden, eine eigene Sicherheitsleistung nach § 709 Abs. 1 ZPO zu erbringen, um gegen die
Insolvenzschuldnerin zu vollstrecken. Dies habe sie indes zugunsten der Sicherungsvollstreckung nach § 720 a
Abs. 1 ZPO unterlassen. Letztere Sicherheit, die vom gesetzlich normierten Regelfall abweiche, biete aber als
Ausnahmevorschrift zu den §§ 708, 709 ZPO dem Gläubiger geringeren Schutz und unterliege zudem
verfassungsrechtlichen Bedenken.
Unzureichend auseinandergesetzt habe sich das Landgericht mit dem daraus erwachsenden Wertungswiderspruch,
dass die Beklagte mit Blick auf den Rechtsgewährungsanspruch der Schuldnerin nach § 150 Abs. 3 VVG a. F. im
Interesse des Versicherungsnehmers Sicherheit zu leisten habe, wenn der angeblich Geschädigte mit
Sicherungsvollstreckung drohe, auch wenn sich - wie hier - später herausstelle, dass die Versicherung im
Innenverhältnis zu ihrer Versicherungsnehmerin zur Deckung nicht verpflichtet gewesen sei, sie damit mehr leisten
müsse als bei einem Direktanspruch des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer. Zivilprozessual werde die
Sicherheit dagegen im Interesse des vollstreckenden Gläubigers geleistet.
Die Beklagte beantragt,
die Klage wird unter Abänderung des am 22. Mai 2009 verkündeten Urteils des Landgerichts Hannover, Az. 16 O
155/08, abgewiesen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts
Hannover vom 22. Mai 2009, Az.: 16 O 155/08, wird zurückgewiesen.
Sie hat den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 8. Juli 2009 (Bl. 224 GA II) in der Hauptsache in Höhe eines Betrages
von 69.597,56 € für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte diesen Betrag am 6. Mai 2009 freigegeben hat und dieser
am 2. Juli 2009 bei ihr eingegangen ist. Mit Schriftsatz vom 21. Juli 2009 (Bl. 274 GA II) hat die Klägerin den
Rechtsstreit in Höhe eines weiteren Teilbetrages von 73.857,15 € in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem die
Beklagte diesen Betrag mit Schreiben vom 21. Juli 2009 freigegeben hat, der am 11. September 2009 bei ihr
eingegangen ist.
Die Beklagte hat sich den Erledigungserklärungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat
angeschlossen.
Im Übrigen verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren - mit Ausnahme der vorgerichtlichen
Rechtsanwaltskosten - weiter und verteidigt das angefochtene Urteil. Ihrem Anspruch auf Freigabe der zur
Abwendung der Zwangsvollstreckung erteilten Sicherheit könne die Beklagte Einwendungen aus dem
Versicherungsvertrag mit der Insolvenzschuldnerin nicht entgegenhalten. Im Rahmen der Rechtsschutzgewährung
sei es ausschließlich Sache des Versicherers, den Umfang seiner Verpflichtung, dem Versicherungsnehmer
Deckung zu leisten, vor Erbringung der Sicherheit zu prüfen. Das Risiko einer Fehlbeurteilung seiner Deckungspflicht
müsse der Versicherer selbst tragen und könne dieses nicht auf den Gläubiger verlagern, was schon daraus deutlich
werde, dass der Gläubiger des Versicherungsnehmers regelmäßig Einblick in das Versicherungsvertragsverhältnis
nicht habe, weshalb er nicht abschätzen könne, in welchem Umfang der Versicherer überhaupt zur Deckung
verpflichtet, bzw. (etwa wegen Obliegenheitsverletzungen oder der unterbliebenen Zahlung von
Versicherungsprämien) von der Leistung insgesamt frei sei. Dass die Beklagte auch nach Abschluss der
Berufungsinstanz ihre Deckungsverpflichtung noch anders eingeschätzt habe, ergebe sich ohne weiteres aus dem
EMailschreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 9. April 2007 (Anlage K 7, Bl. 37 GA I), wonach sie nach
Abschluss des Prozesses vor dem Oberlandesgericht Köln die unverzügliche Freigabe der Sicherheitsleistung
zugesagt, sich mithin für deckungspflichtig gehalten habe, worin überdies ein Anerkenntnis zu sehen sei. Die
Auffassung der Beklagten verkenne den Zweck der Sicherheit, die nur dann den Vollstreckungsgläubiger von
Vollstreckungsmaßnahmen abzuhalten geeignet sei, wenn dieser sich auch auf den Bestand der Sicherheit
verlassen könne, woraus sich ergebe, dass der unter dem Stichwort ´Drittbezogenheit´ angenommene Widerspruch
zwischen dem Versicherungsvertragsrecht und dem Zivilprozessrecht nicht bestehe. Die BBR und BV der Beklagten
seien schon nicht geeignet, den Versicherungsschutz der Insolvenzschuldnerin auszuschließen.
Zur Ergänzung des Sach und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug
genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten nach § 380 BGB i. V. m. § 13 HinterlegungsO ein Anspruch auf
Freigabe der zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Köln vom 1. Juni 2004
hinterlegten Sicherheitsleistung zu, weil sich die Klägerin nach Rechtskraft des Urteils aus der Sicherheit befriedigen
kann und die Beklagte hiergegen Einwendungen, die überwiegend aus dem Innenverhältnis zu der
Insolvenzschuldnerin herrühren, mit Erfolg nicht erheben kann.
1. Der Sicherungsgegenstand der Hinterlegung, die nach § 108 ZPO der Prozessbürgschaft als Sicherheit
gleichsteht, dient der Sicherung der Vollstreckungsbefugnis des Titelgläubigers. Mit der Hinterlegung erlangt der
Sicherungsberechtigte ein Pfandrecht am hinterlegten oder verpfändeten Gegenstand (ZöllerHerget, ZPO, 27. Aufl.,
§ 108 Rn. 15). Das nach § 233 BGB mit der Hinterlegung entstehende gesetzliche Pfandrecht nach § 1257 BGB
dient als angemessener Ausgleich für den Verzicht des Gläubigers auf die ihm eigentlich gestattete vorläufige
Vollstreckung, mithin die Vollstreckungsbefugnis, die er durch den vorläufig vollstreckbaren Titel erlangt hat, d. h.
die Realisierbarkeit der titulierten Ansprüche zu sichern (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2005 - XI ZR 287/04, Juris Rn.
19). Nachdem über die Forderung aus dem Urteil des Landgerichts Köln rechtskräftig entschieden worden ist, steht
der Klägerin damit ein Anspruch auf Verwertung des Pfandrechtes an der die titulierte Forderung sichernden
Sicherheit nach §§ 1228 Abs. 2, 1273 Abs. 2, 1282 Abs. 1 Satz 1 BGB zu. Die Klägerin kann zu diesem Zweck von
der Beklagten die Freigabe der zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gewährten Sicherheit verlangen. Ihre
Forderung übersteigt auch - unstreitig - den zur Sicherheit hinterlegten Betrag, sodass sie die Freigabe des
verbliebenen hinterlegten Betrages (1.267.148,10 €) nebst Zinsen von der Beklagten verlangen kann. Der Anspruch
der Klägerin auf Zinsen ergibt sich in dem hier gegebenen Fall verzögerter Freigabe des hinterlegten Geldbetrages
aus der entsprechenden Anwendung von § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2006 - XI ZR
271/05, Juris), was von der Beklagten mit der Berufung nicht mehr in Abrede genommen wird.
2. Die von der Beklagten erhobenen Einwendungen gegen diesen Anspruch der Klägerin auf Freigabe der
hinterlegten Sicherheit, die überwiegend das Innenverhältnis zwischen der Beklagten und ihrer insolventen
Versicherungsnehmerin betreffen, führen zu keinem abweichenden Ergebnis, da sie insgesamt nicht durchgreifen.
a) Soweit die Beklagte einwendet, im Umfang des für die mit zu geringer Dimensionierung konzipierte Brennkammer
zu leistenden Schadensersatzes zur Deckung im Verhältnis zu ihrer Versicherungsnehmerin nicht verpflichtet
gewesen zu sein, ist dies ohne Belang für ihre Verpflichtung gegenüber der Klägerin, den als Sicherheit hinterlegten
Betrag freizugeben.
aa) Der Zweck der zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil geleisteten
Sicherheit schließt es aus, dass gegenüber dem Freigabeanspruch des nach Rechtskraft zur endgültigen
Vollstreckung befugten Gläubigers mit Erfolg Einwendungen erhoben werden können, die das Verhältnis zwischen
dem die Sicherheit leistenden Haftpflichtversicherer und dessen Versicherungsnehmer, dem
Vollstreckungsschuldner, betreffen. Die Sicherheitsleistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem
vorläufig vollstreckbaren Urteil bezweckt dem Gläubiger, der infolge der Sicherheitsleistung auf die vorläufige
Vollstreckung verzichtet, angemessenen Ausgleich zu schaffen (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2005, XI ZR 287/04,
Juris Rn. 19). Dies gilt sowohl für die Prozessbürgschaft als auch für die Hinterlegung, so dass die Erwägungen der
vorgenannten Entscheidung ohne weiteres auch hier zu Grunde zu legen sind. Angemessen ist dieser Ausgleich
indessen nur, wenn die Sicherheit nach Rechtskraft der vorläufig vollstreckbaren Entscheidung auch tatsächlich zur
Verfügung steht. Nur wenn ihm die Sicherheit nach Eintritt der Fälligkeit uneingeschränkt zur Verfügung steht, wird
man es einem Gläubiger zumuten können, von der Fortführung der Zwangsvollstreckung aufgrund der
Sicherheitsleistung abzusehen.
bb) Würde man dagegen, wie von der Beklagten begehrt, gegenüber dem Anspruch des Gläubigers auf Freigabe des
als Sicherheit hinterlegten Betrages Einwendungen zulassen, die das Verhältnis zwischen Haftpflichtversicherer und
Versicherungsnehmer betreffen, würde damit die Versicherung das allein sie treffende Risiko einer unzutreffenden
Beurteilung ihrer Verpflichtung ihrem Versicherungsnehmer Deckungsschutz zu leisten, auf den
Vollstreckungsgläubiger verlagern, was aus keinem Gesichtspunkt veranlasst ist.
(1) Es gehört zu den Vertragspflichten des Haftpflichtversicherers, nach Eingang der Schadensanzeige die
Haftpflichtfrage zu prüfen (§ 3 Abs. II Nr. 1 AHB). Für die zu der gebotenen Prüfung nötigen Erhebungen steht dem
Haftpflichtversicherer ein angemessener Zeitraum zur Verfügung (Voit in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 3 AHB,
Rn. 3). Am Ende der Prüfung steht die Entscheidung des Haftpflichtversicherers, ob und in welchem Umfang er sich
gegenüber seinem Versicherungsnehmer für eintrittspflichtig hält, was er diesem mitzuteilen hat. Vorliegend hat die
Rechtsvorgängerin der Beklagten ihre Deckungspflicht uneingeschränkt bejaht und der Insolvenzschuldnerin den
sich daraus ergebenden Rechtsschutz (§ 150 Abs. 1 S. 1 VVG a. F.) umfassend gewährt. Auf dieser Grundlage hat
sie sich folgerichtig zur Abwendung der von der Klägerin aus dem vorläufig vollstreckbaren Urteil des Landgerichts
betriebenen Zwangsvollstreckung nach § 720 a ZPO zur Hinterlegung einer Sicherheitsleistung verpflichtet erachtet.
Denn für die Verpflichtung des Versicherers, nach § 150 Abs. 3 Satz 1 VVG a. F. Sicherheit zu leisten, kommt es
nur auf seine tatsächliche Deckungspflicht an (vgl. Langheid in Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl. 2003, § 150, Rn. 18),
die die Beklagte schon vor der Erteilung der Deckungszusage eigenständig und umfassend zu prüfen hatte (§ 3 Abs.
II Nr. 1 AHB). Ist diese nur eingeschränkt gegeben, trifft den Versicherer auch nur eine anteilige
Kostentragungspflicht (vgl. Langheid in Römer/
Langheid, a. a. O., Rn. 13). Dass vorliegend zur Prüfung der Deckungsverpflichtung nicht genügend Zeit zur
Verfügung stand, trägt die Beklagte nicht vor. Soweit sie sich darauf beruft, aufgrund der Sicherungsvollstreckung
der Klägerin in Entscheidungsdruck geraten zu sein, ob sie Sicherheit leisten soll oder einen Deckungsprozess
riskieren will, kann sie damit schon deshalb nicht durchdringen, weil sie - wie bereits ausgeführt - die Prüfung nach
Schadensanzeige durch ihre Versicherungsnehmerin in angemessener Zeit durchzuführen hatte. Sie hätte sich
deshalb bei pflichtgemäßem Handeln schon vor Beginn des ab dem Jahr 2000 vor dem Landgericht Köln geführten
Prozesses Klarheit über ihre Deckungspflicht verschaffen müssen, und hätte dies nicht erst nach Verkündung des
Urteils im Jahr 2004 zu prüfen gehabt, wie sie nunmehr behauptet.
(2) Das in diesem Zusammenhang bestehende Risiko, die Deckungspflicht falsch einzuschätzen, trägt die
Versicherung. Die sich aus einer falschen Beurteilung ergebenden Konsequenzen, dass sie nämlich Leistungen
erbringt, zu denen sie gar nicht verpflichtet ist, oder einen mit ihrem Versicherungsnehmer geführten
Deckungsprozess verliert, lässt sie in die Berechnung der Versicherungsprämie für die Haftpflichtversicherung
einfließen. Schon vor diesem Hintergrund ist Anlass nicht gegeben, Versicherungen von diesem Risiko zu befreien.
Erst recht ergibt sich daraus keine Veranlassung, das Risiko dem Vollstreckungsgläubiger zu überbürden, der -
worauf die Klägerin zu Recht hinweist - außerhalb des Versicherungsvertragsverhältnisses steht, weshalb er
naturgemäß Einblick in ggf. bestehende Störungen durch Obliegenheitsverletzungen o. ä. nicht hat.
(3) Diese Bewertung ändert sich nicht, wenn - was die Beklagte behauptet - sich ihre Beurteilung der Deckungspflicht
im Laufe des Haftpflichtprozesses geändert hätte. Auch dieses Risiko muss die Versicherung und - vermittelt über
die Versicherungsprämie - die Gemeinschaft der Versicherten tragen. Aus den vorgenannten Erwägungen kommt
auch in diesem Fall ein Überbürden des Risikos auf den Vollstreckungsgläubiger nicht in Betracht. Überdies bleibt es
dabei, dass die Versicherung primär und im eigenen Interesse bei Eingang einer Schadensanzeige
eigenverantwortlich zu prüfen hat, ob sie zur Deckung verpflichtet ist, wozu sie sich rechtskundiger Substitution
bedienen und umfassende Unterrichtung durch ihren Versicherungsnehmer verlangen kann. Einer Auferlegung des
Risikos der geänderten Rechtsauffassung zur Deckungspflicht der Versicherung auf den Vollstreckungsgläubiger
bedarf es zudem schon deshalb nicht, weil ihr ein Bereicherungsanspruch gegenüber ihrem Versicherungsnehmer
zustehen kann, wenn sich im Haftpflichtprozess herausstellt, dass der Dritte zwar einen Anspruch gegen den
Versicherungsnehmer hat, für diesen aber kein Versicherungsschutz besteht (Voit, a. a. O., § 149, Rn. 49).
cc) Der weitere Einwand der Beklagten, an dem Vorprozess ihrer Versicherungsnehmerin nicht beteiligt gewesen zu
sein und deshalb Einfluss auf die Beurteilung der Rechtslage nicht gehabt zu haben, ist unzutreffend.
Aus § 3 Abs. II Nr. 3, § 5 Nr. 4 AHB ergibt sich das Recht des Versicherers, den Prozess selbst zu führen. Auf die
überdies ohne weiteres bestehende Möglichkeit, im Wege der Nebenintervention nach § 66 ZPO, die von einer
Streitverkündung nicht abhängig ist, dem Rechtsstreit des Versicherungsnehmers beizutreten, kommt es deshalb
nicht an. Das Argument, nach § 150 VVG a. F. selbst im Falle einer eigenen Beteiligung am Haftpflichtprozess zur
Abgabe von von den Angaben des Versicherungsnehmers abweichenden Erklärungen gleichwohl nicht befugt
gewesen zu sein, erweist sich in Ansehung des primär dem Haftpflichtversicherer zustehenden
Prozessführungsrechts als offenkundig unrichtig. Letztlich war die Insolvenzschuldnerin im Haftpflichtprozess von
den die Beklagte auch in diesem Verfahren vertretenden Prozessbevollmächtigten vertreten worden.
b) Hinzu kommt, ohne dass es entscheidend darauf ankäme, dass die Beklagte gar nicht schlüssig vorträgt, im
Verlauf des in Köln geführten Prozesses Erkenntnisse gewonnen zu haben, die sie zu einer Neubeurteilung der
Deckungspflicht gegenüber der Insolvenzschuldnerin erst nach der nach Abschluss der ersten Instanz erfolgten
Hinterlegung der Sicherheit gezwungen hätten.
Worauf das Landgericht bereits zutreffend hingewiesen hat, ergab sich nämlich schon aus dem Urteil des
Landgerichts Köln (Seite 12), dass die Frage der SowiesoKosten bereits in erster Instanz thematisiert worden war.
Mithin hätte sich die Beklagte ihre Rechtsauffassung bereits auf der Grundlage der damals schon offen zutage
tretenden Umstände bilden können, zumal nach den Urteilsgründen ihre Versicherungsnehmerin selbst den Einwand
der SowiesoKosten erhoben hat. Dass weitergehende tatsächliche Erkenntnisse in zweiter Instanz eine
grundlegende Änderung der Beurteilung ihrer Deckungspflicht bedingten, trägt die Beklagte nicht vor. Soweit sie
darauf abhebt, sie habe aufgrund der - nach ihrer Auffassung - im Urteil des Oberlandesgerichts Köln erstmals
vertretenen Rechtsauffassung erst nach Abschluss der Berufungsinstanz von SowiesoKosten auszugehen gehabt,
trifft dies nach den Urteilsgründen nicht zu. Das Oberlandesgericht Köln hat auf Seite 24 seines Urteils vielmehr
darauf abgestellt, dass hier SowiesoKosten aufgrund der vertraglichen Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrer
Auftraggeberin, der K. AG, nicht abgesetzt werden könnten. Mit der - die Beklagte interessierenden - Frage, ob es
sich bei den Kosten für die Neuerrichtung der Brennkammer um SowiesoKosten handelte, nämlich um solche
Kosten, um die das Werk ohne den Fehler von vornherein teurer geworden wäre, haben sich beide Gerichte gar nicht
befasst. Die Frage der SowiesoKosten wurde vom Landgericht Köln und vom Oberlandesgericht Köln schon deshalb
nur am Rande erörtert, weil infolge der Pauschalpreisvereinbarung dieser Einwand nicht zum Tragen kommen
konnte.
c) Ob sich - nimmt man mit der Beklagten SowiesoKosten an - dann nach den BV und den BBR der Beklagten, die
in den Vertrag mit der Insolvenzschuldnerin einbezogen worden sind, ein Haftungsausschluss für sie ergibt, ist
danach nicht relevant, weil es auf das Innenverhältnis zwischen Versicherungsnehmerin und Versicherer aus den
vorgenannten Gründen nicht ankommt.
d) Aus dem Zweck der hier gestellten Sicherheit ergibt sich auch nichts, was die Beklagte mit Erfolg dem Anspruch
der Klägerin auf Freigabe des hinterlegten Betrages entgegen halten könnte. Das Landgericht hat die Sicherheit zu
Recht dahingehend gewertet, dass diese bedingungslos und ohne Vorbehalt geleistet wurde.
aa) Dem unter II. 2. a) näher dargelegten Zweck der Sicherheit zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem
vorläufig vollstreckbaren Urteil steht nicht entgegen, dass die Beklagte vorliegend mit der Sicherheitsleistung
lediglich ihre sich aus dem Versicherungsvertrag i. V. m. § 150 Abs. 3 VVG a. F. ergebende Verpflichtung
gegenüber ihrer Versicherungsnehmerin erfüllen wollte. Dies liegt zwar auf der Hand und ergibt sich auch daraus,
dass die Beklagte die Sicherheit ´als Haftpflichtversicherer der Insolvenzschuldnerin´ geleistet hat, was aus ihrem
Antrag auf Hinterlegung beim Amtsgericht Köln zu ersehen ist. Indessen führt dies nicht zu einer Einschränkung
ihrer Haftung, weil anderenfalls die Sicherheit ihren Zweck, die Durchsetzung der zu sichernden Forderung nach
Rechtskraft der Entscheidung, aus der vollstreckt wird, zu sichern, nicht erfüllen könnte. Als eine dahin gehende
Einschränkung, die Sicherheit der Klägerin nur in dem Umfang zur Verfügung stellen zu wollen, in dem die Beklagte
der Insolvenzschuldnerin zur Deckung verpflichtet war, ließ sich dieser Zusatz, der ebenso gut Bedeutung nur für
den Anspruch auf Rückgabe der Sicherheit im Falle des Obsiegens der Insolvenzschuldnerin haben konnte,
jedenfalls nicht eindeutig interpretieren. Mit einem ausdrücklichen Vorbehalt oder einer Einschränkung mit Blick auf
den Umfang ihrer Deckungspflicht hat die Beklagte die Sicherheitsleistung gerade nicht versehen. Eine
ausdrückliche Einschränkung hätte im Übrigen auch, was die Beklagte mit der Hinterlegung gerade zu verhindern
suchte, die Klägerin von einer Fortsetzung der Vollstreckung nicht abhalten können.
bb) Die vorgenannte Wertung findet sich auch in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 3. Mai 2005 (a. a.
O.), wobei der Übertragung auf den hier zu beurteilenden Fall nicht entgegensteht, dass dort nach § 711 ZPO und
nicht - wie hier - nach § 720 a ZPO vollstreckt wurde. Die Sicherungsvollstreckung nach § 720 a ZPO dient dem -
gegenüber § 709 ZPO erweiterten - Schutz des Gläubigers, indem ihm die Möglichkeit gegeben wird, auch ohne eine
Sicherheitsleistung die Beitreibung seiner Forderung nach Rechtskraft zumindest vorläufig sicherzustellen. Dies ist
insbesondere dann für den Gläubiger von Bedeutung, wenn - wie hier - eine sehr hohe Forderung vollstreckbar ist, so
dass für eine nach § 709 ZPO regelmäßig zu erbringende Bankbürgschaft hohe Avalprovisionen zu zahlen sind und
wegen der Organisationsform der Schuldnerin - hier einer GmbH - nicht auszuschließen ist, dass sich die Forderung
nach Rechtskraft infolge der Eröffnung der Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Kapitalgesellschaft nicht
mehr realisieren lässt. Verfassungsrechtliche Bedenken - die hier auch nicht ansatzweise dargelegt worden sind -
bestehen gegenüber dieser den Gläubiger schützenden Vorschrift nicht, wenngleich sich auch eine vereinzelte
Stimme hierfür ausspricht (zitiert in ZöllerHerget/Stöber, ZPO, 27. Aufl., § 720 a, Rn. 1). Weshalb der Gläubiger bei
einer Vollstreckung nach § 720 a ZPO nur geringeren Schutz erfahren sollte als bei einer Vollstreckung nach §§ 708,
709 ZPO, ist von der Beklagten ebenfalls nicht nachvollziehbar dargelegt und auch nicht ersichtlich.
e) Der von der Beklagten unter dem Stichwort ´Drittbezogenheit des Versicherungsrechts´ angenommene
Wertungswiderspruch zwischen Zivilprozessrecht und Versicherungsrecht, der sich daraus ergeben soll, dass die
Versicherung hier nach § 150 Abs. 3 VVG a. F. zu weitergehenden Leistungen als sie bei einem Direktanspruch
geschuldet wären, verpflichtet sein soll, besteht tatsächlich nicht.
An der Schnittstelle der divergierenden Interessen des Gläubigers auf vorbehaltlose Sicherung der zu
vollstreckenden Forderung und dem Interesse des Versicherungsnehmers von seinem Haftpflichtversicherer
umfassend von der Ersatzpflicht aus dem Schadensfall freigestellt zu werden, steht die Verpflichtung des
Versicherers umfassend und frühzeitig zu prüfen, in welchem Umfang er zur Deckung gegenüber dem
Versicherungsnehmer verpflichtet ist.
aa) Wird der Versicherer dieser Verpflichtung gerecht, indem er seine Deckungspflicht mit zutreffendem Ergebnis
prüft und demgemäß seinem Versicherungsnehmer Rechtsschutz gewährt, tritt die von der Beklagten angenommene
Diskrepanz nicht auf. Kommt dagegen die Prüfung zu dem Ergebnis, dass die Deckungspflicht nicht oder nur für
einen Teil der gegen den Versicherungsnehmer geltend gemachten Schadensersatzforderung besteht, trifft den
Versicherer - ggf. nach Feststellung im Deckungsprozess - keine oder nur eine anteilige Deckungspflicht, weshalb er
auch nur in diesem Umfang Sicherheit nach § 150 Abs. 3 VVG a. F. zu leisten hat (Langheid in Römer/Langheid, a.
a. O., § 150 Rn. 13, 18).
bb) Kommt die Prüfung des Versicherers dagegen zu einem unzutreffenden Ergebnis, muss sie das sich daraus
ergebende Risiko, ggf. mehr als nach dem Versicherungsvertrag geschuldet dem Vollstreckungsgläubiger zu leisten,
bzw. den Deckungsprozess mit ihrem Versicherungsnehmer führen zu müssen, fraglos selbst tragen und über die
Prämie an ihre Versicherungsnehmer weitergeben.
cc) Anhand der vorstehenden Erwägungen zeigt sich, dass hier kein Wertungswiderspruch zwischen gesetzlichen
Regelungen zum Tragen kommt, sondern es sich vielmehr um eine fehlerhafte Beurteilung der Sach und Rechtslage
durch die Haftpflichtversicherung in einem Einzelfall handelt.
3. Ob in dem EMailschreiben der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 9. April 2007 ein dem Formerfordernis
nach § 781 Satz 2, § 126 Abs. 3 BGB genügendes Schuldanerkenntnis zu sehen ist, kann dahin stehen.
4. Der Zinsanspruch ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges nach §§ 286, 288 BGB.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 91 a ZPO. Soweit die Parteien in der Berufungsinstanz den
Rechtsstreit teilweise in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, entsprach es billigem Ermessen, die dadurch
entstandenen Kosten ebenfalls der Beklagten aufzuerlegen, da sie im Falle streitiger Entscheidung auch in diesem
Umfang unterlegen wäre.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Anlass zur Zulassung der
Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO hat der
Senat nicht.
… … …