Urteil des OLG Brandenburg vom 14.07.2004

OLG Brandenburg: firma, mandat, entlastung, gesellschafter, stammkapital, unternehmensgruppe, geschäftsführer, auszahlung, verfügung, stammeinlage

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 7.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 U 143/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 19 GmbHG, § 398 BGB
GmbH: Rückführung einer im Gründungsstadium ausgekehrten
Stammeinlage; Wirksamkeit der Abtretung einer
Einlageforderung
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 14.7.2004 verkündete Urteil des
Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden,
sofern der Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I.
Der Beklagte und Frau F. S. gründeten durch Gesellschaftsvertrag vom 24.09.1999 (Bl.
326 – 329 d. A.) die Firma N. GmbH. Beide Gesellschafter wurden zum Geschäftsführer
bestellt. Die Stammeinlage – für beide Gesellschafter – in Höhe von 50.000,00 DM wurde
am 20.10.1999 eingezahlt (Bl. 334 d.A.). Die Gesellschaft wurde am 16.12.1999 in das
Handelsregister eingetragen (Bl. 420 d.A.). Die am 15.12.1999 beschlossene Änderung
der Firma NS... GmbH wurde am 14.04.2000 in das Handelsregister eingetragen. Durch
Beschluss vom 03.08.2000 wurde der Beklagte als Geschäftsführer abberufen (Bl. 420
d.A.).
Der Beklagte ließ sich am 02.11.1999 von dem Konto der Gesellschaft 50.000,00 DM in
bar auszahlen. Das Konto stand danach mit 1.076,94 DM im Soll (Bl. 336 d.A.). Am
13.02.2003 schlossen die Firma NS... GmbH und der Kläger einen Abtretungsvertrag.
Danach trat die GmbH ihre Ansprüche gegen den Beklagten auf Zahlung des von
diesem „am 02.11.1999 vom Geschäftskonto entnommenen Stammkapitalbetrages in
Höhe von DM 50.000,00„ an den Beklagten zur Begleichung offener Anwaltshonorare ab.
Der Kläger hat den Beklagten aus abgetretenem Recht gemäß §§ 30, 31 GmbHG für die
Rückführung des Stammkapitals der Gesellschaft in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat die Klage durch Versäumnisurteil vom 10.10.2003 abgewiesen. Der
Kläger hat hiergegen Einspruch eingelegt.
Er hat beantragt,
das Versäumnisurteil aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an ihn
25.564,59 € nebst Zinsen in Höhe von 6,42 % seit dem 03.11.1999 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
Der Beklagte hat die Wirksamkeit der Abtretung geleugnet, indem er die in dem
Abtretungsvertrag erwähnten Anwaltshonorare des Klägers bestritten hat. Er hat
behauptet, die Zedentin habe den von ihm abgehobenen Betrag von 50.000,00 DM als
Darlehen den Firmen ND… GmbH und N. GmbH zur Verfügung gestellt. Die NS… GmbH
(Zedentin) habe ihm durch Beschluss vom 04.12.2003 (Bl. 500, 501 d.A.) Entlastung
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(Zedentin) habe ihm durch Beschluss vom 04.12.2003 (Bl. 500, 501 d.A.) Entlastung
erteilt und ihm gegenüber auf ihre Ansprüche verzichtet (Bl. 493 d.A.).
Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil der Zinsen stattgegeben. Zur
Begründung hat es ausgeführt, der Klageanspruch sei aus § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt.
BGB (Eingriffskondiktion) gerechtfertigt. Die Einwendungen des Beklagten hat das
Landgericht nicht durchgreifen lassen.
Der Beklagte hat gegen das ihm am 02.08.2004 zugestellte Urteil am 01.09.2004
Berufung eingelegt und diese am 04.10.2004, einem Montag, begründet.
Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
vorgetragenen Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.
Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 19.4.2006 (Bl. 864 - 868
d.A.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der
mündlichen Verhandlungen vom 30.5.2007 (Bl. 1007 f.d.A.) und vom 14.11.2007 (Bl.
1033 f.d.A.) verwiesen.
II.
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Dem Kläger steht gegen den Beklagten der in Höhe von 25.564,59 € geltend
gemachte Zahlungsanspruch aus abgetretenem Recht zu (§ 398 BGB). Die Firma NS…
GmbH (im folgenden: Zedentin) hat dem Kläger ausweislich der Urkunde vom
13.02.2003 (Bl. 339 d.A.) „ihre Ansprüche gegen den Beklagten auf Zahlung des am
02.11.1999 vom Geschäftskonto entnommenen Stammkapitalbetrages in Höhe von
50.000,00 DM (= 25.564,59 €)" abgetreten.
Die Auslegung der Abtretungsvereinbarung ergibt, dass die Zedentin dem Kläger ihre -
gesamten - „Ansprüche„ gegen den Beklagten abgetreten hat, die ihr mit Rücksicht
darauf zustanden, dass dieser sich am 02.11.1999 vom Geschäftskonto den Betrag in
Höhe von 50.000,00 DM bar hat auszahlen lassen.
Durch die Auszahlung der 50.000,00 DM sind der Zedentin allerdings nicht Ansprüche
aus §§ 31 Abs. 1, 30 GmbHG erwachsen. Denn der auf die Stammeinlagen gezahlte
Betrag hat der Zedentin deswegen nicht zur Verfügung gestanden, weil er dem
Beklagten alsbald, nämlich noch im Gründungsstadium ausgekehrt wurde. Eine solche
Rückzahlung unterfällt nicht den Kapitalerhaltungsregeln der §§ 30 ff. GmbHG, sondern
der Kapitalaufbringungsvorschrift des § 19 GmbHG (OLG Celle NZG 2000, 147).
Die Auskehr des auf die Stammeinlageverpflichtung des Beklagten selbst gezahlten
Betrages von 25.000,00 DM (12.782,30 €) hat dazu geführt, dass der Zedentin in dieser
Höhe gegen den Beklagten ein Zahlungsanspruch aus § 19 GmbHG zustand.
Soweit es die Auskehr des auf die Stammeinlageverpflichtung der Gesellschafterin S.
gezahlten Betrages von 25.000,00 DM betrifft, kommt ein Anspruch aus § 19 GmbHG
gegen den Beklagten nicht in Betracht. Ein solcher Anspruch richtet sich nämlich gegen
den Einlageverpflichteten selbst, der seine Leistung auf die Stammeinlage - noch - nicht
erbracht hat, wenn sie ihm im Gründungsstadium zurückfließt (Baumbach/Hueck,
GmbHG, 18. Aufl., § 19 GmbHG, Rdnr. 9).
Die Auszahlung an den Beklagten hat vielmehr zu einem Bereicherungsanspruch (§ 812
Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB) der Zedentin geführt, weil der Beklagte hierdurch etwas ohne
rechtlichen Grund auf Kosten der Zedentin erlangt hat.
2. Der Kläger ist sachbefugt, die an ihn abgetretenen Ansprüche gegenüber dem
Beklagten geltend zu machen. Die Abtretung der Ansprüche der Zedentin an den Kläger
ist wirksam.
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a) Hinsichtlich des Bereicherungsanspruches ergeben sich keine Bedenken gegen die
Wirksamkeit der Abtretung, wie das Landgericht insoweit richtig erkannt hat. Für die
Abtretung dieses Anspruches kommt es nicht darauf an, ob dem Kläger gegenüber der
Zedentin Honoraransprüche zustanden. Die Auszahlung an den Beklagten hat nämlich
unmittelbar für ihn zu einer ungerechtfertigten Bereicherung geführt, die er gegenüber
der Zedentin auszugleichen hat.
b) Soweit es die Ansprüche der Zedentin gegen den Beklagten aus § 19 GmbHG betrifft,
ist die Abtretung gleichfalls wirksam. Für die Abtretung einer Einlageforderung gemäß §
19 GmbHG gilt, dass sie nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Ihre Wirksamkeit setzt
allerdings voraus, dass der für die Forderung erzielte Erlös vollwertig ist, und zwar auch
dann, wenn es sich um die Mindesteinlage handelt (Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16.
Aufl., § 19 GmbHG, Rdnr. 32).
3. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Senat hat der Kläger den ihm
obliegenden Beweis geführt, dass er im Hinblick auf die ausstehende
Einlageverpflichtung des Beklagten (25.000,00 DM = 12.782,30 €) der Zedentin
gegenüber eine vollwertige Gegenleistung erbracht hat, indem er für sie – jedenfalls
nach Maßgabe seiner noch offenen Anwaltsrechnungen in Höhe von insgesamt
34.289,60 DM (17.531,99 €) – als Rechtsanwalt tätig wurde.
a) Die im Termin vom 30.05.2007 vernommenen Zeugen G. S. und K. K. konnten
allerdings den Sachvortrag des Klägers nicht bestätigen.
Der Zeuge S. konnte zu einer Vereinbarung über Honorare dem Grunde und der Höhe
nach keine Angaben machen. Er hat lediglich ausgesagt, dass das Büro des Klägers
Vertragsentwürfe gefertigt habe. Zu Einzelheiten konnte er sich nicht erklären.
Der Zeuge K. hat bekundet, er könne keine Angaben zu den Aufträgen der
Rechtsanwälte und den von ihnen erbrachten Leistungen machen.
b) In der Beweisaufnahme im Termin vom 14.11.2007 ist dem Kläger jedoch der ihm
obliegende Beweis gelungen.
Der Senat ist aufgrund der Aussagen der Zeugen O. D. und J. W., die beide
Rechtsanwälte sind, davon überzeugt (§ 286 ZPO), dass der Kläger im Auftrage der
Zedentin Anwaltsleistungen erbracht hat, die nach Maßgabe der Rechnungen vom
09.08.2001 (Bl. 711, 712, 713 d.A.) mit jedenfalls insgesamt 34.289,60 DM (17.531,99 €)
zu vergüten sind.
aa) Der Zeuge D. hat ausgesagt, dass er – intern im Büro des Klägers – mit der
Bearbeitung der Verträge befasst war, welche die Neugründungen und Übertragung von
Geschäftsanteilen der „S.gruppe„ auf die Zedentin betrafen.
Der Zeuge W. hat diese Aussage bestätigt, indem er die Aufgabenverteilung im Büro
des Klägers dahingehend schilderte, dass dort einzelne Dezernate gebildet worden
waren, die weitgehend wirtschaftlich voneinander unabhängig waren. Der Zeuge W.
erklärte, dass der Beklagte im Zusammenhang mit der Umstrukturierung der
Unternehmen des Zeugen G. S. als Investor aufgetreten sei und dass es sich hierbei um
ein umfangreiches Mandat gehandelt habe, über das auch dezernatübergreifend
gesprochen worden sei.
Der Zeuge D. hat sich zurückhaltend geäußert; er wies darauf hin, dass er zu den schon
sechs Jahre zurückliegenden Vorgängen – ohne Vorhalt der einzelnen Urkunden und
Verträge – keine ins Einzelne gehende Erinnerung mehr habe. Er konnte jedoch
angeben, dass bei den Beurkundungen der von ihm ausgearbeiteten Urkunden/Verträge
der Beklagte als derjenige auftrat, der entscheidend Einfluss auf den Ablauf des
Notartermins nahm; in Erinnerung geblieben ist dem Zeugen D., dass der Beklagte der
Notarangestellten in einem Termin ein Trinkgeld gab, damit diese über die Geschäftszeit
hinaus weiter tätig werde.
Der Zeuge D. hat die ihm damals übertragene Aufgabenstellung dahingehend
beschrieben, dass er mit der Vorbereitung der Übertragung von Geschäftsanteilen und
Neugründungen der Unternehmensgruppe S. befasst war sowie mit der Vorbereitung
des Kaufvertrages über das – den Geschäftsgegenstand bildende – Grundstück. Seine
Aufgabe bestand darin, ein Konzept zu entwickeln: die einzelnen Verträge, wozu auch
der Grundstücksvertrag gehörte, waren aufeinander abzustimmen, um eine
Gesellschaftsstruktur zu erreichen, die aus einer Ober- bzw. Muttergesellschaft und
weiteren Gesellschaften bestand. Für die Ausarbeitung der Verträge habe er zwar auf
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weiteren Gesellschaften bestand. Für die Ausarbeitung der Verträge habe er zwar auf
Vertragsmuster zurückgreifen können, musste jedoch, um die Gesamtschau, nämlich
die Stimmigkeit der einzelnen Verträge zu gewährleisten, die Verträge jeweils dahin
ausgestalten, dass die gesamte Gesellschaftsstruktur keine Ungereimtheiten aufwies.
Insoweit hat er seine anwaltliche Tätigkeit als eigenständig geschildert. Nach seiner
Aussage, so ist der Zeuge zu verstehen, waren die herangezogenen Vertragsmuster
eine bloße Arbeitshilfe, auf denen er aufbauend die neue Unternehmensgruppe gebildet
hat, für die der Beklagte als Investor auftrat.
Die zuletzt genannte Eigenschaft des Beklagten trat dem Zeugen D. während seiner
gesamten Arbeit immer wieder vor Augen. Zwar konnte er sich an die einzelnen
Mandantengespräche, die er im Zusammenhang mit der Vorbereitung und
Ausarbeitung der Verträge führte, nicht mehr im Rahmen der Vernehmung erinnern.
Immer jedoch war ihm der Beklagte als derjenige gegenüber getreten, der als Investor
der „Herr des Verfahrens„ war.
bb) Der Senat ist aufgrund der Aussage des Zeugen D. davon überzeugt, dass die
Zedentin den Kläger damit beauftragt hat, die den Rechnungen vom 09.08.2001 (Bl.
711, 712, 713 d.A.) zugrunde liegenden Anwaltsleistungen zu erbringen.
An den Grundstücksvertrag, der das Betriebsgrundstück der Zedentin betraf, konnte der
Zeuge sich insofern noch genau erinnern, als er den Ablauf der Beurkundung vor dem
Notar sehr detailliert hat schildern können. So habe ihn der Notar gebeten, einen Teil der
Urkunden zu verlesen, weil er - der Notar - erkältet war. Konkret sei es um an diesem
Tage gleichfalls beurkundeten Grundstückskaufvertrag gegangen. Dieser habe 16 Seiten
umfasst. Deren Verlesung sei dem Notar aus gesundheitlichen Gründen zu viel
gewesen.
Nach Vorhalt der einzelnen Rechnungen, welche die Gesellschaftsgründungen betrafen,
konnte der Zeuge sich an die hierzu ausgearbeiteten Gesellschaftsverträge erinnern. Er
hat dabei betont, dass er, wie bereits ausgeführt, die gesamten Verträge zu einem
einheitlichen Konzept zusammengefasst habe.
cc) Die Beweisaufnahme vom 14.11.2007 hat dem Senat weiter die Überzeugung
verschafft, dass die in den genannten Rechnungen ausgeworfenen Anwaltshonorare
auch der Höhe nach gerechtfertigt sind.
Soweit es den jeweiligen Gegenstandswert der anwaltlichen Leistung des Klägers betrifft,
bestehen gegen die Ansätze keine Bedenken.
Der Gegenstandswert der einzelnen Gesellschaftsverträge richtet sich, wie dies üblich
ist, nach dem Stammkapital der Gesellschaft, so dass jeweils 50.000,00 DM anzusetzen
waren. Soweit es den Grundstücksübertragungsvertrag anbelangt, war es sachgerecht,
den Grundstückswert zugrunde zu legen, und zwar nach Maßgabe der Bewertung der
Unternehmensübertragung. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass der
Gegenstandswert mit 2.350.000,00 DM richtig angesetzt ist. Der Beklagte kann sich
hierbei nicht auf ein einfaches Bestreiten zurückziehen, da ihm der entsprechende
Vertrag zur Verfügung steht.
Dass der Kläger in allen Fällen jeweils eine 10/10 Geschäfts- und Besprechungsgebühr
gemäß § 118 Abs. 1 BRAGO angesetzt hat, führt angesichts des von dem Zeugen D.
eindrucksvoll geschilderten Arbeitsaufwandes zu keinen Bedenken. Dem Zeugen D. ist
ganz sicherlich in seiner Einschätzung zu folgen, dass die von ihm entfaltete anwaltliche
Tätigkeit nicht als eine durchschnittliche Leistung zu qualifizieren ist. Zu berücksichtigen
ist hierbei nämlich, dass eine eigenständige anwaltliche Arbeit gefordert war, die darauf
ausgerichtet sein musste, ein komplexes Unternehmen, bestehend aus verschiedenen
Gesellschaften, zu entwickeln. Diese Arbeit erforderte ein großes Maß an Sorgfalt und
Aufwand wie auch Verantwortung, die sich nicht vergleichen lässt mit bloßen anwaltlichen
Standardleistungen.
Von daher gesehen handelte es sich bei dem Grundstücksübertragungsvertrag
keineswegs um ein gewöhnliches Vertragswerk, das die Vertragsschließenden in aller
Regel von dem Urkundsnotar sich entwerfen lassen. Hier ging es vielmehr um das
Kernstück der Unternehmensgruppe, das in gesellschaftsrechtlicher wie auch in
steuerrechtlicher Hinsicht auf die einzelnen Gesellschaftsverträge abzustimmen war.
Folglich erforderte der Entwurf des Grundstücksvertrages auch eine entsprechende
anwaltliche Arbeitsleistung, die nicht nur darin bestand, die einzelnen vertraglichen
Pflichten einer Grundstücksübertragung festzulegen. Die Grundstücksübertragung
konnte nicht gesondert von den übrigen gesellschaftsrechtlichen Verträgen vereinbart
werden. Insofern ist es richtig, wenn der Zeuge D. seine Arbeit dahingehend beschrieben
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werden. Insofern ist es richtig, wenn der Zeuge D. seine Arbeit dahingehend beschrieben
hat, dass er die Verträge in einer Gesamtschau zu behandeln hatte. Dann aber ist es
gerechtfertigt, die gesamte anwaltliche Arbeit einheitlich als nicht mehr als eine
Durchschnittsangelegenheit zu qualifizieren.
Dass es sich bei dem Mandat der Zedentin in der Tat um ein umfangreiches handelte,
hat auch der Zeuge W. bestätigt, der zwar hiermit wegen der Aufgabenverteilung im
Büro des Klägers nicht selbst befasst war, aber gleichwohl wiederholt den Aufwand
miterlebt hat, weil das Mandat, wie dies auch nachvollziehbar ist, in der Kanzlei immer
wieder zur Sprache kam.
dd) Die Aussagen der beiden Zeugen sind glaubhaft, sie sind in sich schlüssig und
nachvollziehbar. Beide Zeugen haben, wie dies nach so langer Zeit verständlich ist,
keine weitergehenden Erinnerungen an Einzelheiten mehr gehabt. Der Zeuge D. war der
„interne„ Sachbearbeiter im Büro des Klägers, er hat den Ablauf des Mandats indessen
so eingehend geschildert, dass der Senat von der Richtigkeit des Sachvortrages des
Klägers zu seinen Honorarforderungen überzeugt ist. Dabei hat der Zeuge W. die
Aussage des Zeugen D. in vielerlei Hinsicht bestätigen können, weil er zu der
Aufgabenverteilung wie auch dazu, in welcher Weise das - von dem Beklagten initiierte -
Mandat das Büro des Klägers beschäftigt hat, weitere Erklärungen abgeben konnte.
Beide Zeugen haben auf den Senat einen glaubwürdigen Eindruck gemacht.
Der Zeuge D. hat sich zurückhaltend geäußert und jeweils von sich aus erklärt, wann und
inwieweit er sich nicht mehr genau an einzelne Vorgänge erinnern konnte. Er hat sich bei
seiner Vernehmung ruhig und überlegt verhalten.
Der Zeuge W. hat von vornherein darauf hingewiesen, dass er mit der Angelegenheit als
solcher nicht befasst war.
Zwar haben die Zeugen seinerzeit mit dem Kläger in anwaltlicher Verbundenheit
zusammen gearbeitet. Das berührt ihre Glaubwürdigkeit jedoch nicht. Sie sind
inzwischen beim Kläger ausgeschieden, und es sind keine Gründe erkennbar geworden,
dass sie in irgendeiner Weise von dem Kläger abhängig wären.
4. Das Landgericht hat die Einwendungen des Beklagten mit zutreffender Begründung
nicht durchgreifen lassen.
a) Die Behauptung des Beklagten, er habe den abgehobenen Betrag von 50.000,00 DM
verwendet, um Darlehen an die von ihm genannten, im Unternehmensverbund mit der
Zedentin stehenden Firmen auszuzahlen, ist nur durch – die mit Schriftsatz des
Beklagten vom 12.02.2004 vorgelegten – Urkunden belegt, die der Beklagte allein ohne
Mitwirkung eines Dritten errichtet hat (Bl. 374 – 377 d.A.). Damit handelt es sich hierbei
um bestrittenen Parteivortrag des Beklagten, für den er Beweis nicht angetreten hat.
Außerdem ist der Sachvortrag des Beklagten so nicht nachvollziehbar.
Das Landgericht hat daher den Vortrag des Beklagten unter Hinweis auf weitere
Einzelheiten zutreffend als nicht ausreichend erachtet (Seiten 3, 4 des Urteils – Bl. 534,
535 d.A.).
b) Die Behauptung des Beklagten, ihm sei – unter Verzicht und Einschluss auf den
streitbefangenen Anspruch – durch die notarielle Vereinbarung vom 04.12.2000 (Bl. 500
– 502 d.A.) Entlastung erteilt worden, führt nicht zu einem Wegfall des Klageanspruchs.
Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass für einen auf die Klageforderung
bezogenen Verzicht schon nicht ausreichend vorgetragen sei, weil nichts dafür
ersichtlich sei, dass die Gesellschafter der Zedentin Kenntnis von der Abhebung durch
den Beklagten gehabt hätten. Eine Entlastung stellt den Geschäftsführer allein von
solchen Ansprüchen frei, die bei sorgfältiger Prüfung aller Vorlagen und erstatteter
Berichte erkennbar waren (Lutter/Hommelhoff, § 46 GmbHG, Rdnr. 14).
5. Die Zulässigkeit der erstmals im Berufungsrechtszug erklärten Hilfsaufrechnung
(Seite 3 der Berufungsbegründung – Bl. 560 d.A.) mit Forderungen des Beklagten gegen
den Kläger auf Zahlung von 25.564,59 € (50.000,00 DM) richtet sich nach § 533 ZPO.
Der Kläger hat ausweislich der Seite 1 der Sitzungsniederschrift vom 04.05.2005 (Bl. 650
d.A.) erklärt, dass er in die Aufrechnungserklärung nicht einwillige (§ 533 Nr. 1 ZPO).
Die Sachdienlichkeit des Aufrechnungseinwandes (§ 533 Nr. 1 ZPO) ist zu verneinen. Der
Einwand des Beklagten ist als solcher nicht unstreitig, weil der Kläger Erfüllung geltend
macht und hierfür Beweis antritt (Seite 6 der Berufungserwiderung – Bl. 589 d.A.).
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Im Übrigen enthält das Berufungsvorbringen keine inhaltliche Auseinandersetzung mit
dem angefochtenen Urteil, die zu dessen Abänderung führte.
Dies gilt auch insoweit, als der Beklagte unter Bezug auf den Vortrag des Klägers auf
Seite 4 des Schriftsatzes vom 09.07.2004 (Bl. 521 d.A.) darauf verweist, danach sei „das
Stammkapital eben doch Gegenstand der Vergleichsverhandlungen und des
Vergleiches„ gewesen (Seite 5 der Berufungsbegründung – Bl. 562 d.A.). Der Kläger hat
sich hierzu inhaltlich völlig anders geäußert, indem er vorgetragen hat, der Beklagte
habe im Rahmen der Verhandlungen ausdrücklich erklärt, das Stammkapital sei noch
vollständig vorhanden, lediglich gemindert um die Entstehungskosten der Gesellschaft
(Bl. 521 d.A.).
Bei dieser Ausgangslage kann eine Entlastung des Beklagten im Hinblick auf den
Klageanspruch nicht angenommen werden, solange es an seiner Darlegung fehlt,
sämtliche Gesellschafter seien bei der Beschlussfassung vollständig über alle Umstände
seiner Entnahme vom 02.11.1999 unterrichtet gewesen. Hierzu hat der Beklagte jedoch
keine Einzelheiten vorgetragen.
Der Schriftsatz des Beklagten vom 14.12.2007 gibt zu einer Wiedereröffnung der
mündlichen Verhandlung keinen Anlass.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür in § 543 Abs. 2 ZPO aufgestellten
Voraussetzungen nicht vorliegen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711
ZPO.
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