Urteil des OLG Brandenburg vom 06.08.2010

OLG Brandenburg: erbengemeinschaft, grundstück, grundbuchamt, miteigentumsanteil, urkunde, nachlass, erblasser, form, berechtigung, miterbe

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 5.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 Wx 95/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 1922 Abs 1 BGB, § 2033 Abs 2
BGB, § 29 Abs 1 GBO
Zurückweisung eines Antrags einer Erbengemeinschaft auf
Eintragung hälftigen Miteigentums durch Grundbuchamt,
Ablehnung der Grundbuchberichtigung
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 3 gegen den Beschluss des Amtsgerichts
Oranienburg vom 6. August 2010 wird zurückgewiesen.
Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 16.000 €
Gründe
I.
Eingetragene Eigentümer des unter der laufenden Nummer 2 des Grundbuchs von F…
Blatt 241 eingetragenen Grundstücks Flurstück 16/2 der Flur 1 sind der Pastor im
Ruhestand J… D… und M… D… in Erbengemeinschaft. J… D…, der Ehemann der
Beteiligten zu 1 und Vater der Beteiligten zu 2 und 3 ist am 22. November 2009 in B…
verstorben und wurde von den Beteiligten zu 1 bis 3 beerbt. Diese schlossen zur UR-Nr.
19/2010 des Notars … mit Amtssitz in B… einen „Erbauseinandersetzungsvertrag“.
Unter Ziffer II ist als Nachlasswert des Erblassers unter Ziffer 2 u. a. aufgeführt ein
hälftiger Miteigentumsanteil an dem Grundstück in F…, …straße 6 bis 10, eingetragen
im Grundbuch von F… Blatt 241, Flur 1, Flurstück 16. Ausweislich der Ziffer IV der
notariellen Urkunde hatte der Notar das Grundbuch von F… vor der Beurkundung nicht
eingesehen. Unter Ziffer III ist unter 2. geregelt, dass der hiesige Beteiligte zu 3. den
Miteigentumsanteil des Erblassers an dem vorbezeichneten Grundstück in F… erhalten
soll. Unter Ziffer IV haben die Beteiligten zu 1 bis 3 insoweit die Auflassung erklärt. Dort
heißt es: „Die Erben, die Erschienenen zu 1 und 2 und der von der Erschienenen zu 2
Vertretene, das ist der hiesige Beteiligte zu 3., sind sich darüber einig, dass der ……… ½
Miteigentumsanteil an dem im Grundbuch von F… Blatt 241 eingetragenen Grundstück
auf den von der Erschienenen zu 2 Vertretenen übergeht, und bewilligen und beantragen
dementsprechend die Umschreibung der Grundbücher“. Mit notariell beglaubigter
Genehmigungserklärung vom 5. Februar 2010 genehmigte der Beteiligte zu 3 die in der
Urkunde vom 15. Januar 2010 die durch die Beteiligte zu 2 abgegebenen Erklärungen.
Mit Schreiben vom 1. April 2010 beantragte der Verfahrensbevollmächtigte der
Beteiligten zu 1 bis 3 für diese unter Vorlage unter anderem des
Erbauseinandersetzungsvertrages vom 15. Januar 2010 und der beglaubigten
Genehmigungserklärung vom 5. Februar 2010 die Eintragung des Beteiligten zu 3 als
Eigentümer zur Hälfte im Grundbuch.
Mit Schreiben vom 26. Juli 2010 wies das Grundbuchamt darauf hin, dass neben dem am
22. November 2009 verstorbenen J… D… in Erbengemeinschaft M… D… eingetragen
sei. Der Erbauseinandersetzungsvertrag habe unter Mitwirkung des Miterben M… D…
erfolgen müssen. Einzelne Erben könnten nur über ihren Anteil am Nachlass, nicht
jedoch über einzelne Nachlassgegenstände verfügen.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1 bis 3 wies mit Schreiben vom 2.
August 2010 darauf hin, dass der beurkundete Erbauseinandersetzungsvertrag Herrn J…
D…, also ein Mitglied der im Grundbuch eingetragenen Erbengemeinschaft betreffe. Der
Vertrag beziehe sich nicht auf die Auseinandersetzung der im Grundbuch eingetragenen
Erbengemeinschaft selbst. Die Auslegung des Vertrages vom 15. Januar 2010 ergebe,
dass das Grundbuch dahingehend zu berichtigen sei, dass der Beteiligte zu 3 als
Rechtsnachfolger nach J… D… im Grundbuch einzutragen sei; diese
Grundbuchberichtigung werde hiermit beantragt.
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Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Grundbuchamt den Antrag auf Eintragung
des Eigentumswechsels zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, in der
eindeutig mit Erbauseinandersetzungsvertrag bezeichneten Urkunde hätten sich die
Erben nach J… D… dahingehend auseinandergesetzt, dass der Beteiligte zu 3 den
hälftigen Miteigentumsanteil an dem in F…, Blatt 241 eingetragenen Grundbesitz
erhalten solle. Die Auflassung sei ebenfalls in der Urkunde erklärt worden. Im Grundbuch
seien derzeit noch der Erblasser und M… D… in Erbengemeinschaft eingetragen. Die
Erbauseinandersetzung hinsichtlich des Grundstücks hätte also auch unter Mitwirkung
des M… D… erfolgen müssen. Eine Auslegung dahin, dass es sich hierbei um einen
Erbteilsübertragungsvertrag und somit um eine Grundbuchberichtigung handele,
komme nicht in Betracht.
Gegen diesen Beschluss haben die Beteiligten zu 1 bis 3 mit Schriftsatz vom 12. August
2010, beim Grundbuchamt eingegangen am 16. August 2010, Beschwerde eingelegt
und zur Begründung ausgeführt, das Grundbuchamt verkenne, dass es sich hier nicht
um einen Erbauseinandersetzungsvertrag zwischen den zur Zeit im Grundbuch von F…
Blatt 241 eingetragenen Eigentümern handele. Wenn in dem
Erbauseinandersetzungsvertrag vom 15. Januar 2010 geregelt sei, dass der Beteiligte zu
3 den Miteigentumsanteil des Erblassers an dem Grundstück in F… erhalten solle, so sei
damit selbstverständlich gemeint, dass er als Miteigentümer im Grundbuch eingetragen
werden möchte und damit an die Stelle des Erblassers in Erbengemeinschaft mit M…
D… trete. Das Grundbuch sei dahingehend zu berichtigen, dass M… D… einerseits und
der Beteiligte zu 3 andererseits als Eigentümer in Erbengemeinschaft einzutragen seien.
Dies werde hiermit beantragt.
II.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 3 ist zulässig, §§ 71, 73 GBO, Artikel 111 Abs. 1
FGG-RG; das Rechtsmittel bleibt indes in der Sache ohne Erfolg.
Das Grundbuchamt hat zutreffend den Antrag auf Eintragung eines hälftigen
Miteigentumsanteils an dem verfahrensgegenständlichen Grundstück zurückgewiesen
und in nicht zu beanstandender Weise es auch abgelehnt, die nunmehr beantragte
Grundbuchberichtigung dahingehend vorzunehmen, dass die Erbengemeinschaft aus
den Beteiligten zu 3 und M… D… bestehe.
1.
Eingetragene Eigentümerin des verfahrensgegenständlichen Grundstücks war bzw. ist
eine Erbengemeinschaft bestehend aus dem verstorbenen Pastor J… D… (im Folgenden:
Erblasser) sowie M… D…. Der Erblasser ist am 22. November 2009 verstorben und
wurde ausweislich des vorgelegten Erbscheins von den Beteiligten zu 1 bis 3 beerbt. Dies
hatte zur Folge, dass Eigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundstücks
nunmehr eine Erbengemeinschaft ist, die aus M… D… sowie den Beteiligten zu 1 bis 3
als Erben nach J… D… besteht. Nach dem Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge (§
1922 Abs. 1 BGB) ist mit dem Erbfall die Erbschaft ungeteilt als Ganzes auf die Miterben,
also auf die Beteiligten zu 1 bis 3 übergegangen. Sie sind damit kraft Gesetzes in die
Rechtsposition des Erblassers, die an dem verfahrensgegenständlichen Grundstück
bestand, eingetreten und bilden damit, ebenfalls kraft Gesetzes, gemeinsam mit M…
D… eine Gesamthandsgemeinschaft. Der Anteil des jeweiligen Erben an dieser
Erbengemeinschaft verschafft diesen keine unmittelbare gegenständliche Beziehung
zum Nachlass oder zu Teilen davon. Der einzelne Miterbe hat vielmehr lediglich eine
Gesamtberechtigung am Nachlass und einen Anspruch auf dessen Auseinandersetzung,
bis dahin aber keine unmittelbare dingliche Berechtigung am einzelnen
Nachlassgegenstand, selbst dann, wenn der Nachlass nur noch aus einer Sache besteht
(BGH NJW 2001, 2396; Palandt/Edenhofer, BGB, 69. Aufl., 2010, § 2032, Rn. 1).
Über ihre Berechtigung an der Erbengemeinschaft, in die sie als Rechtsnachfolger nach
dem Erblasser eingetreten sind, konnten die Beteiligten zu 1 bis 3 lediglich nach
Maßgabe des § 2033 BGB verfügen, das heißt, jeder Miterbe konnte über seinen Anteil
an dem Nachlass verfügen (§ 2033 Abs. 1 Satz 1 BGB), nicht jedoch über seinen Anteil
an den einzelnen Nachlassgegenständen (§ 2033 Abs. 2 BGB).
Die in dem Erbauseinandersetzungsvertrag vom 15. Januar 2010 enthaltene
Übertragung eines hälftigen Miteigentumsanteils an dem Grundstück Flur 1, Flurstück 16
ist eine solche, nach § 2033 Abs. 2 BGB unzulässig Verfügung über den Anteil an einem
einzelnen Nachlassgegenstand. Der Gegenstand der Übertragung ist in diesem Vertrag
unter II 2 eindeutig als hälftiger Miteigentumsanteil an diesem Grundstück bezeichnet.
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unter II 2 eindeutig als hälftiger Miteigentumsanteil an diesem Grundstück bezeichnet.
Folgerichtig heißt es dann unter Ziffer III 2, dass der Beteiligte zu 3 diesen
Miteigentumsanteil des Erblassers erhalten solle und in Ziffer IV wird hinsichtlich dieses
Miteigentumsanteils folgerichtig die Auflassung erklärt. Dass eindeutig die Übertragung
eines hälftigen Miteigentumsanteils in Form des Bruchteilseigentums gemeint und
gewollt war, ergibt sich weiter aus dem Umstand, dass die Beteiligten ausdrücklich
vereinbart haben, dass eine Vormerkung, die allein bei der Übertragung eines
Miteigentumsanteils, nicht aber bei der Übertragung eines Erbanteils in Betracht kommt,
zur Sicherung des Anspruches nicht eingetragen werden soll.
Da die Erbengemeinschaft hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Grundstückes
mit diesem Vertrag nicht auseinandergesetzt werden sollte und konnte, weil das weitere
Mitglied der Erbengemeinschaft M… D… an diesem Vertrag nicht beteiligt war, hat das
Grundbuchamt zu Recht zunächst den Eintragungsbeteiligten zu 3 als Eigentümer eines
hälftigen Miteigentumsanteils an diesem Grundstück, wie dies zunächst mit Schreiben
vom 1. April 2010 beantragt worden war, abgelehnt.
2.
Das Grundbuchamt hat aber auch zu Recht die auf den entsprechenden Hinweis erfolgte
Beantragung einer Grundbuchberichtigung dahingehend, dass der Beteiligte zu 3 an
Stelle des Erblassers Mitglied der Erbengemeinschaft sein soll, abgelehnt.
Eine solche Grundbuchberichtigung käme lediglich dann in Betracht, wenn durch den
Vertrag vom 15. Januar 2010 der Erbanteil des Erblassers an der im Grundbuch
eingetragenen Erbengemeinschaft auf den Beteiligten zu 3 übertragen worden wäre.
Dann wäre der Beteiligte zu 3 kraft rechtsgeschäftlicher Vereinbarung insoweit in die
Rechtsstellung des Erblassers eingetreten mit der Folge, dass er als Mitglied der
Erbengemeinschaft an dem verfahrensgegenständlichen Grundstück eine
entsprechende eigentumsrechtliche Position erlangt hätte, so dass dann das Grundbuch
zu berichtigen wäre.
Allerdings kann der Vertrag vom 15. Januar 2010, der nach seinem eindeutigen Wortlaut
auf die Übertragung eines hälftigen Miteigentumsanteils auf den Beteiligten zu 3
gerichtet ist, nicht in der Weise ausgelegt werden, dass damit ein entsprechender
Erbanteil des Erblassers auf den Beteiligten zu 3 übertragen werden sollte.
Gegen eine solche Auslegung spricht schon der insoweit eindeutige Wortlaut des
Vertrages, der die Position des Erblassers ausdrücklich dahingehend beschreibt, dass
dieser Inhaber eines hälftigen Miteigentumsanteils (nach dem Inhalt der Urkunde hat der
Notar die entsprechenden Angaben der Beteiligten zu 1 bis 3 insoweit nicht durch
Einsicht in das Grundbuch überprüft) ist und dieser Miteigentumsanteil durch Auflassung
und Eintragung auf den Beteiligten zu 3 übertragen werden soll.
Dem notariellen Vertrag vom 15. Januar 2010 lässt sich ein durch Auslegung zu
ermittelnder anderer Wille der Beteiligten nicht entnehmen, insbesondere nicht der Wille,
einen in diesem Vertrag nicht näher bezeichneten Erbanteil des Erblassers auf den
Beteiligten zu 3 zu übertragen. Ein solcher rechtsgeschäftlicher Wille der Beteiligten lässt
sich im Wege der Auslegung schon deswegen nicht ermitteln, weil die Übertragung eines
Erbanteiles nicht als Minus in der Übertragung eines hälftigen Miteigentumsanteils
enthalten ist. Bei der Übertragung eines Miteigentumsanteils und der Übertragung eines
Erbanteiles handelt es sich vielmehr um völlig unterschiedliche Rechtsgeschäfte mit für
die Beteiligten unterschiedlichen rechtlichen Folgen. Bei der Übertragung eines
Miteigentumsanteils rückt der Erwerber lediglich hinsichtlich dieses Anteils in die
Rechtsposition des Übertragenden ein, bei der Übertragung eines Erbanteils rückt er
umfassend in die Rechtsposition des Erben ein. Es lässt sich der Urkunde aber nicht
entnehmen, dass die Beteiligten zu 1 bis 3 den Vertrag auch dann in dieser Form
geschlossen hätten, wenn sie gewusst hätten, dass der Beteiligte zu 3 damit umfassend
in die Rechtsposition des Erblassers als Mitglied einer Erbengemeinschaft eintreten soll.
Scheidet damit aber eine vom Wortlaut abweichende Auslegung des notariellen
Vertrages vom 15. Januar 2010 jedenfalls im Grundbuchverfahren, in dem durch den
Bestimmtheitsgrundsatz und dem Erfordernis der urkundlich belegten
Eintragungsunterlagen (§ 29 GBO) der Auslegung enge Grenzen gezogen sind (vgl.
Meikel/Böttcher, GBO, 10. Aufl 2009, § 20 Rdnr. 113) aus, so ist durch diesen Vertrag
jedenfalls nicht in der Form des § 29 Abs. 1 GBO nachgewiesen, dass der Beteiligte zu 3
an Stelle des Erblassers Mitglied der Erbengemeinschaft geworden ist. Eine
entsprechende Berichtigung des Grundbuches, wie sie zuletzt von den Beteiligten zu 1
bis 3 beantragt worden war, kann daher nicht in Betracht kommen.
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Die Kostenfolge ergibt sich hinsichtlich der Gerichtskosten aus dem Gesetz (§ 131 Abs. 1
KostO); eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht
veranlasst.
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