Urteil des OLG Brandenburg vom 13.01.2010

OLG Brandenburg: lebensversicherung, grundstück, firma, nummer, trennung, ausschluss, rückkaufswert, miteigentumsanteil, nichterfüllung, nettoeinkommen

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 4.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
13 UF 9/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 1587c Nr 1 BGB
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen das am 13. Januar 2010 verkündete Urteil
des Amtsgerichts - Familiengericht - Nauen (24 F 167/08) wird kostenpflichtig
zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten schlossen unter dem 30. November 1979 die Ehe miteinander. Diese Ehe
ist mit Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Nauen vom 13. Januar 2010 - 24 F
167/08 - geschieden worden; die Entscheidung des Amtsgerichts ist insoweit
rechtskräftig. Die Antragstellerin verfolgt mit der Beschwerde weiter den Ausschluss bzw.
zumindest die Einschränkung des Versorgungsausgleiches wegen Unbilligkeit.
Die Beteiligten lebten seit Januar 2001 voneinander getrennt. Der Antragsgegner war als
Selbständiger im Bereich der Zeitungswerbung tätig und über Jahre der Alleinverdiener
der Familie. Während des ehelichen Zusammenlebens und zum Teil auch während der
Trennungszeit partizipierte die Antragstellerin am wirtschaftlichen Erfolg dieses
Unternehmens. Während der Trennungszeit zahlte der Antragsgegner an die
Antragstellerin Unterhalt in Höhe von insgesamt 57.151,33 €, nämlich:
Unstreitig ist zwischen den Beteiligten, dass der Antragsgegner einen Unterhaltsbetrag
von weiteren 34.137,33 € an die Antragstellerin nicht gezahlt hat.
Während der Trennung kündigte der Antragsgegner im Jahre 2008 seine
Lebensversicherung mit der Nummer 8630875.4-00148 bei der V. Versicherung mit
einem Rückkaufswert in Höhe von 1.760,75 € sowie seine Lebensversicherung mit der
Nummer 7372185.7-00148, ebenfalls bei der V. Versicherung, mit einem Rückkaufwert
in Höhe von 10.574,66 €. Die letztgenannte Lebensversicherung diente seit 1998 der
Sicherung eines Dispositionskredites für seine Firma. Des Weiteren veräußerte er im
Jahre 2006 ein zumindest anteilig in seinem Eigentum stehendes Grundstück,
postalische Anschrift …, und erzielte dabei einen Veräußerungserlös in Höhe von
100.000,00 €. Die Antragstellerin partizipierte nicht an diesem Veräußerungserlös.
Das Amtsgericht Potsdam hat mit Beschluss vom 16.06.2009 - 35 IN 319/09 - über das
Vermögen des Antragsgegners wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung das
Insolvenzverfahren eröffnet. Der Antragsgegner bezieht seit April 2009 ALG II-
Leistungen.
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Die Antragstellerin hat die Ansicht vertreten, die Durchführung des gesetzlichen
Versorgungsausgleiches sei unbillig. In diesem Zusammenhang hat sie geltend
gemacht, der Antragsgegner habe seit Dezember 2003 seine Unterhaltsverpflichtung ihr
gegenüber nachhaltig verletzt. Ferner habe der Antragsgegner ihr für den
durchzuführenden Versorgungsausgleich den Zugriff auf die beiden
Lebensversicherungen verwehrt, in dem er diese gekündigt und die daraus erzielten
Rückkaufbeträge für sich verbraucht habe. Gleiches gelte für den von ihm erzielten
Verkaufserlös aus der Veräußerung des Grundstücks. Der Antragsgegner habe zur
Finanzierung seines erhöhten Lebensstandards während der Trennungszeit ohne
Absprache mit ihr in der Absicht, sie von den finanziellen Vorteilen auszuschließen, die
beiden Lebensversicherungen aufgelöst und verbraucht. Sie selbst verfüge über keine
Lebensversicherung und kein Grundstück. Zudem verfüge der Antragsgegner über
eigene Einkünfte aus seiner Tätigkeit als Redakteur des sog. „Journal fürs Havelland“.
Die Antragstellerin hat beantragt,
den Versorgungsausgleich wegen Unbilligkeit auszuschließen.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Versorgungsausgleich durchzuführen.
Er hat behauptet, auf Grund seiner Alkoholerkrankung längere Zeit nicht in der Lage
gewesen zu sein, seine Angelegenheiten zu regeln; zwischenzeitlich sei sein Bruder für
ihn tätig.
Der Antragsgegner hat ferner die Ansicht vertreten, nicht den Versorgungsausgleich
vereitelt zu haben. In seiner selbständigen Tätigkeit in der Zeitungswerbung habe er bei
rückläufiger Umsatzentwicklung zunächst vielmehr versucht, durch die Aktivierung
seines gesamten Vermögens, insbesondere durch Kündigungen der
Lebensversicherungen und die Veräußerung des Grundstücks, sein Unternehmen am
Markt zu erhalten. Infolgedessen habe er im Jahre 2008 die Lebensversicherung zum
Rückkaufswert in Höhe von 1.760,75 € und die mit Rückkaufswert in Höhe von 10.574,66
€ gekündigt und zur Ablösung von Dispositionskrediten eingesetzt. Ferner hat er
gemeint, infolge der Veräußerung des Grundstücks sei es nicht zu einer Vereitelung des
Versorgungsausgleiches gekommen. Vielmehr sei diese Position allenfalls bei einem
Zugewinnausgleich zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang hat er behauptet,
dass das Grundstück ursprünglich im Eigentum seines Bruders und seiner Mutter zu
gleichen Teilen gestanden habe. Im Jahre 1997 habe seine Mutter ihm ¼-
Miteigentumsanteil daran übertragen. Lediglich diesen Anteil habe er im Jahre 2006 an
seinen Bruder veräußert. Zudem hat er die Ansicht vertreten, er habe dadurch, dass die
Antragstellerin auf dem Hausgrundstück mietfrei wohne, diese am Hausgrundstück
partizipieren lassen.
Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Ehe geschieden und den
Versorgungsausgleich zugunsten des Antragsgegner in der Weise geregelt, dass vom
Versicherungskonto Nr. … der Antragstellerin bei der D. auf das Versicherungskonto Nr.
… des Antragsgegners bei der D. Rentenanwartschaften von monatlich 72,58 €,
bezogen auf den 31.07.2008, übertragen werden. Weiter hat es geregelt, dass vom
Versicherungskonto Nr. … der Antragstellerin bei der D. auf das Versicherungskonto Nr.
… des Antragsgegners bei der D. Rentenanwartschaften von monatlich 1,88 €, bezogen
auf den 31.07.2008, übertragen werden.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Ehe der Parteien sei zu
scheiden gewesen (§ 1565 Abs. 1 BGB). Im Übrigen seien die Voraussetzungen für eine
Herabsetzung bzw. einen vollständigen Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach §
1587c BGB nicht gegeben. Der Umstand, dass der Antragsgegner seine private
Altersvorsorge gekündigt habe, stelle keinen Härtegrund nach § 1587c Nr. 2 BGB dar. Er
habe vielmehr dargelegt, die Versicherungen aufgelöst zu haben, um
Dispositionsverbindlichkeiten zu tilgen. Anhaltspunkte, der Antragsgegner habe die
Altersvorsorgeverträge bewusst gekündigt, um sich wirtschaftliche Vorteile im Rahmen
des Versorgungsausgleiches zu verschaffen, seien nicht erkennbar. Zudem seien die
entsprechenden Lebensversicherungen nicht Gegenstand des Versorgungsausgleiches,
sondern des Zugewinnausgleiches. Auch habe der Antragsgegner keine gröbliche
Unterhaltspflichtverletzung begangen. Eine solche Verletzung liege nicht darin, dass der
Antragsgegner während seiner Selbständigkeit - wie die Antragstellerin behauptet -
Unterhaltsansprüche i.H.v. ca. 60.000,00 € nicht bedient habe. Die Voraussetzungen für
eine Herabsetzung des Versorgungsausgleiches seien nicht gerechtfertigt. Da es sich
bei § 1587 c BGB um eine Ausnahmevorschrift handele, sei ein strenger Maßstab
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bei § 1587 c BGB um eine Ausnahmevorschrift handele, sei ein strenger Maßstab
anzulegen. Davon ausgehend bestehe kein Grund für eine Herabsetzung.
Gegen diese Entscheidung zum Versorgungsausgleich richtet sich die Beschwerde der
Antragsstellerin.
Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts. Das Amtsgericht habe bei seiner rechtlichen
Würdigung nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Antragsgegner während der
Trennungszeit ab Januar 2001 ihr gegenüber den Zugriff auf den Zugewinn durch die
Kündigungen und den Verbrauch der Lebensversicherungen vereitelt habe. Tatsächlich
habe der Antragsgegner zur Finanzierung seines erhöhten Lebensstandards während
der Trennung ohne Absprache in der Absicht, sie von den finanziellen Vorteilen
auszuschließen, die Lebensversicherungen aufgelöst und verbraucht. Auch habe das
Amtsgericht nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Antragsgegner 34.137,33 € an
Trennungsunterhalt nicht gezahlt habe. Dies wäre ihm aber infolge der Auflösung der
Lebensversicherungen im Jahre 2008 sowie vom Erlös der Grundstücksveräußerung in
Höhe von 45.000,00 € möglich gewesen.
Die Antragstellerin beantragt,
die angefochtene Entscheidung teilweise abzuändern und den
Versorgungsausgleich wegen Unbilligkeit auszuschließen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und macht weiter geltend, während seiner
selbständigen Tätigkeit im Bereich der Zeitungswerbung im Jahre 2001 nach Abzug der
Versorgungseinwendungen noch ein Nettoeinkommen von etwas mehr als 2.000,00 €
monatlich erzielt zu haben, im Jahr 2002 von noch ca. 2.000,00 € monatlich. Im Jahre
2005 habe das Nettoeinkommen deutlich unter 2.000,00 € gelegen und im Jahre 2006
habe er einen Verlust in Höhe von 2.217,00 € erlitten. Anlässlich des Versuches, seine
Firma vor der Insolvenz zu bewahren, habe er auch die Lebensversicherungen gekündigt.
Zudem sei er auf Grund seiner Alkoholerkrankung nicht mehr in de Lage gewesen, seine
persönlichen Angelegenheiten selbst zu erledigen. Ferner macht er geltend, während
des ehelichen Zusammenlebens und zum Teil auch während der Trennungszeit habe die
Antragstellerin durch Inanspruchnahme von Unterhalt am wirtschaftlichen Erfolg seines
Unternehmens partizipiert.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der von den Parteien
im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
1.
Da das Ehescheidungsverfahren nebst dem Verfahren über den Versorgungsausgleich
vor dem 01.09.2009 eingeleitet worden ist, findet auf den Versorgungsausgleich das
bisher geltende Recht Anwendung (Art. 100 Abs. 1 FGG-RG und § 48 VersausglG (BGBl. I
2009, 700 ff.)), d.h. die Regelungen der §§ 1587 ff. BGB a.F.. Demgemäß ist das bis
dahin geltende Verfahrensrecht und materielle Recht anzuwenden.
Die gemäß §§ 629 a Abs. 2, 621 e ZPO a.F. eingelegte Beschwerde der Antragsstellerin
ist zulässig.
2.
Die Beschwerde ist allerdings unbegründet.
Da von der Antragstellerin nicht die Berechnung des Versorgungsausgleiches als solche
angegriffen wird und sich die Beschwerde lediglich gegen den Teil der Entscheidung des
Amtsgerichts richtet, soweit der Versorgungsausgleich nicht ausgeschlossen bzw.
herabgesetzt worden ist, kann von der Berechnung des Amtsgerichts für den
Versorgungsausgleich ausgegangen werden.
Die Beschwerde ist in der Sache ohne Erfolg. Der Versorgungsausgleich ist weder
vollständig ausgeschlossen noch ist er teilweise herabzusetzen. Die Voraussetzungen
der allein geltend gemachten Härteklausel des § 1587 c Nr. 1 BGB a.F. sind nicht
gegeben.
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a.
Gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB a.F. findet der Versorgungsausgleich zwischen den
geschiedenen Eheleuten nicht statt, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten
unter Berücksichtigung der beiderseitigen Verhältnisse, insbesondere des beiderseitigen
Vermögenserwerbs während der Ehe, und im Zusammenhang mit der Scheidung grob
unbillig wäre. Die grobe Unbilligkeit eines uneingeschränkten Versorgungsausgleichs
muss sich aus einer Gesamtschau der beiderseitigen wirtschaftlichen, sozialen und
persönlichen Verhältnisse ergeben (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 61. Aufl., § 1587 c
Rn. 19). Ein Ausschluss oder eine Herabsetzung kommt nur dann in Betracht, wenn der
Versorgungsausgleich sein Ziel, zu einer ausgewogenen sozialen Sicherheit der
Ehegatten für den Fall des Alters oder der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit beizutragen,
nicht erreichen, sondern im Gegenteil zu einem erheblichen wirtschaftlichen
Ungleichgewicht zu Lasten des Ausgleichspflichtigen führen würde (vgl. dazu etwa BGH,
FamRZ 2008, 1836). Auf Grund besonderer Verhältnisse müsste die uneingeschränkte
Durchführung des Versorgungsausgleichs dem Grundgedanken des Rechtsinstituts in
unerträglicher Weise widersprechen (vgl. BGH FamRZ 2004, 862).
Dies ist hier nicht der Fall. Im Einzelnen:
aa.
Der Umstand, dass der Antragsgegner die beiden Lebensversicherungen bei der V.
Versicherung gekündigt hat, stellt keinen Härtegrund nach § 1587 c Nr. 2 BGB dar.
Nach dieser Vorschrift kommt ein Versorgungsausgleich nicht in Betracht, soweit der
Berechtigte in Erwartung der Scheidung oder nach der Scheidung durch Handeln oder
Unterlassen bewirkt hat, dass ihm zustehende Anwartschaften oder Aussichten auf eine
Versorgung, die nach § 1587 Abs. 1 BGB auszugleichen wären, nicht entstanden oder
entfallen sind. So verhält es sich hier nicht. Aus dem Vorbringen der
darlegungsbelasteten Antragstellerin und dem sonstigen Vorbringen ergeben sich keine
hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Kündigungen der beiden
Lebensversicherungen durch den Antragsgegner in bewusstem Zusammenhang mit der
bevorstehenden Scheidung erfolgten. Der Antragsgegner hat vielmehr seinerseits
dargelegt, die Lebensversicherungen - insbesondere die Lebensversicherung mit der
Nummer … - gekündigt zu haben, um seine Firma vor der Insolvenz zu bewahren. Da die
Lebensversicherung mit der Nummer … seit 1998 der Sicherung eines
Dispositionskredites seiner Firma diente, ergibt sich auch ein wirtschaftlicher
Zusammenhang mit seiner Firma. Das Vorbringen des Antragsgegners ist insoweit
erheblich.
bb.
Dies gilt auch für die Veräußerung des Miteigentumsanteils an dem Grundstück sowie
die Vereinnahmung des daraus resultierenden Veräußerungserlöses durch den
Antragsgegner. Die Antragstellerin wäre - auch nach den Grundsätzen der sekundären
Darlegungslast - veranlasst gewesen, diesem Vorbringen des Antragstellers ihrerseits
Vorbringen entgegenzuhalten; ein solches Vorbringen hat sie nicht getätigt.
cc.
Da § 1587c BGB a.F. eine anspruchsbegrenzende Funktion hat, bestand für den Senat
im Versorgungsausgleichsverfahren kein Anlass, von Amts wegen nach Gründen zu
forschen, die zur Anwendung dieser Norm führen könnten; es obliegt vielmehr allein der
ausgleichsverpflichteten Antragstellerin solche Umstände vorzutragen (vgl. dazu etwa
BGH NJW 1985, 2266; Palandt/Brudermüller, BGB, 61. Aufl., § 1587 c BGB Rn. 50).
dd.
Zudem ist hier gegen eine grobe Unbilligkeit eines uneingeschränkten
Versorgungsausgleichs anzuführen, dass die Antragstellerin vor der Trennung im Jahre
2001 auch vom Einkommen des über Jahre alleinverdienenden Antragsgegners aus
seiner Selbständigkeit partizipierte. Daneben ist zu Gunsten des Antragstellers in der
Abwägung zu berücksichtigen, dass er während der Trennungszeit von 2001 bis 2008
Unterhalt in Höhe von insgesamt 57.151,33 € an die Antragstellerin zahlte.
Soweit der Antragsgegner in diesem Zeitraum allerdings 34.137,33 € an
Trennungsunterhalt nicht an die Beklagte gezahlt hat, folgt daraus keine gröbliche
Unterhaltspflichtverletzung.
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Es ist schon zweifelhaft, ob eine Kürzung des Versorgungsausgleichs auf Verletzungen
der Unterhaltspflicht nach der Trennung der Ehegatten gestützt werden kann (eher
verneinend, aber im Ergebnis offengelassen BGH FamRZ 1986, 658).
Dies kann hier aber dahinstehen, da es jedenfalls an den Voraussetzungen einer
gröblichen Unterhaltsverpflichtung fehlt. Eine Unterhaltspflichtverletzung ist nur dann
gröblich, wenn über die Nichterfüllung der geschuldeten Unterhaltsleistung hinaus
weitere objektive Merkmale vorliegen, die dem pflichtwidrigen Verhalten ein besonderes
Gewicht verleihen. So kann als gröblich eine Unterhaltspflichtverletzung erst bezeichnet
werden, wenn über die Nichterfüllung der geschuldeten Unterhaltsleistung hinaus weitere
objektive Merkmale vorliegen, die dem pflichtwidrigen Verhalten ein besonderes Gewicht
verleihen, z.B. wenn ein Unterhaltsberechtigter dadurch in ernsthafte Schwierigkeiten bei
der Beschaffung seines Lebensbedarfes geraten ist (BGH FamRZ 1986, 658; Brbg. OLG
[1. Senat für Familiensachen] FuR 2009, 582).
Davon ausgehend liegen keine objektiven Merkmale für eine gröbliche
Unterhaltspflichtverletzung vor. Allein die Nichtzahlung von weiteren 34.137,33 € an
Trennungsunterhalt genügen unter Gesamtabwägung der Umstände im vorliegenden
Fall noch nicht für die Annahme des Tatbestandsmerkmales einer gröblichen
Unterhaltspflichtverletzung. Die nur teilweise Erbringung des geschuldeten Unterhaltes
war nicht geeignet, die Antragstellerin in ernste Schwierigkeiten zu bringen. Denn dem
Vorbringen der Antragstellerin kann nicht entnommen werden, dass sie infolge des
teilweise ausgebliebenen Unterhaltes in ernsthafte Schwierigkeiten bei der Beschaffung
ihres Lebensbedarfes geraten ist. Dies liegt angesichts der Einkommensverhältnisse der
Antragstellerin auch nicht nahe. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin -
wie sie im Termin vor dem Senat ausgeführt hat- noch in dem Haus auf dem früheren
Grundstück des Antragsgegners wohnt und insoweit bis zur Veräußerung des
Grundstücks am Vermögen des Antragsgegner partizipiert hat.
ee.
Auch die gesamtwürdigende Berücksichtigung aller einzelnen Umstände unter
Beachtung der beiderseitigen Vermögensverhältnisse lassen die Inanspruchnahme der
Antragstellerin nicht als grob unbillig erscheinen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (vgl. FamRZ 1999, 499; FamRZ 1989,
492) kommt eine Anwendung der Härteklausel dann in Betracht, wenn es eines
Versorgungsausgleichs deshalb nicht bedarf, weil der Berechtigte über ausreichendes
anderweitiges Vermögen aus Grundbesitz oder Kapital verfügt, während der
Verpflichtete auf die von ihm erworbenen Versorgungsanrechte dringend angewiesen ist,
wenn also die uneingeschränkte Durchführung des Versorgungsausgleichs zu einem
erheblichen wirtschaftlichen Ungleichgewicht führen würde. Ein solches Ungleichgewicht
in den beiderseitigen Vermögensverhältnissen besteht nicht, da der Antragsgegner nach
seinem eigenen Vorbringen derzeit ALG II-Leistungen bezieht und sein Vermögen
eingesetzt hat, wie sich aus der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen
folgern lässt. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner die Lebensversicherungen
bewusst gekündigt und seinen Miteigentumsanteil an dem Grundstück bewusst
veräußert habe, um sich wirtschaftliche Vorteile im Rahmen des Versorgungsausgleiches
zu verschaffen, sind nicht erkennbar.
Nach alledem steht fest, dass für einen teilweisen bzw. vollständigen Ausschluss des
Versorgungsausgleichs nach § 1587 c BGB a.F. im Ausgangsfall kein Raum ist.
3.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
4.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§§ 621 e Abs. 2, 543 Abs. 2 ZPO)
liegen nicht vor.
Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des
Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Bundesgerichtshofs als Rechtsbeschwerdegericht. Die Entscheidung des Senates
befindet sich im Einklang mit gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung und beruht
auf einer Würdigung der Umstände des Einzelfalles.
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