Urteil des OLG Brandenburg vom 23.07.2002

OLG Brandenburg: treu und glauben, täuschung, vermittler, immobilie, kaufpreis, eigentumswohnung, aufklärungspflicht, verkehrswert, darlehensvertrag, vertragsabschluss

Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 3.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 W 49/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 18 S 2 VerbrKrG, § 123 BGB, §
242 BGB, § 278 BGB, Art 229 § 5
S 2 BGBEG
Bankdarlehen: Anspruch auf Rückabwicklung im
Zusammenhang mit der Finanzierung des Kaufpreises eines
Anteils eines Wohnungserbbaurechts
Leitsatz
1. Die durch das OLG - Vertretungsänderungsgesetz vom 23. Juli 2002 eingeführten
Widerrufsregelungen für Verbraucherverträge sind nur anwendbar auf Haustürgeschäfte, die
nach dem 1. August 2002 abgeschlossen worden sind, und auf andere Schuldverhältnisse,
die nach dem 1. November 2002 entstanden sind. Art. 229 § 9 EGBGB (Überleitungsvorschrift
zum OLG-Vertretungsänderungsgesetz vom 23. Juli 2002) ist lex specialis zu Art. 229 § 5 Satz
2 EGBGB (BGH, Urteil vom 13.06.2006 – XI ZR 94/05 = NJW 2006, 3349).
2. Zur (fehlenden) Verwirkung (§ 242 BGB) eines Widerrufsrechts nach dem
Haustürwiderrufsgesetz, dessen Möglichkeit der BGH erstmals in seiner Entscheidung vom 9.
April 2002 ( BGHZ 150, 248 , 253 ff.) in Umsetzung des Urteils des Gerichtshofes der
Europäischen Gemeinschaften vom 13. Dezember 2001 (WM 2001, 2434 - Heininger) bejaht
hat (vgl. auch BGH, Urteil vom 17.10.2006 - XI ZR 205/05 = ZIP 2007, 18).
3. Eine Aufklärungspflicht wegen Überschreitung der Kreditgeberrolle setzt voraus, dass die
Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Objekts
gleichsam als Partei des zu finanzierenden Geschäfts in nach außen erkennbarer Weise
Funktionen oder Aufgaben des Veräußerers oder Vertreibers übernommen und damit einen
zusätzlichen auf die übernommenen Funktionen bezogenen Vertrauenstatbestand
geschaffen hat (vgl. BGH, Urteil vom 18.11. 2003 - XI ZR 322/01 = WM 2004, 172, Textziffer
21 m.w.N.).
4. Ein zur Aufklärung verpflichtender schwerwiegender Interessenkonflikt. wie er vorliegen
kann, wenn eine Bank ihr eigenes wirtschaftliches Wagnis angesichts einer möglichen
Insolvenz des Verkäufers, Bauträger oder Initiators, dessen Kreditgeberin sie gleichfalls ist,
auf ihre Kunden als Erwerber oder Anleger, denen sie ebenfalls Kredite gewährt, verlagert und
diese mit einem Risiko belastet, das über die mit der Beteiligung an einem solchen Projekt
normalerweise verbundenen Gefahren deutlich hinausgeht (vgl. BGH NJW 1992, 2146, 3147;
OLG Stuttgart, ZIP 2001, 692, 694), liegt fern, wenn Verkäufer, Bauträger oder Initiator noch
jahrelang und umfangreich am Marktgeschehen teilnehmen.
5. Eine Pflicht der Bank zur Aufklärung über die Unangemessenheit des Kaufpreises, die
grundsätzlich nicht einmal den Verkäufer trifft ( BGH, Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02,
WM 2003, 1686, 1688), kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn es - bedingt durch eine
versteckte Innenprovision oder aus anderen Gründen, wie etwa aufgrund einer aus dem
Kaufpreis finanzierten Zinssubvention des Verkäufers an den Kreditgeber - zu einer so
wesentlichen Verschiebung des Verhältnisses zwischen Kaufpreis und Verkehrswert kommt,
dass die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer
ausgehen muss. Das ist nach ständiger Rechtsprechung erst dann der Fall, wenn der Wert der
Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (vgl. etwa BGH, Urteile
vom 20. Januar 2004 - XI ZR 460/02, WM 2004, 521, 524, vom 23. März 2004 - XI ZR 194/02,
WM 2004, 1221, 1225).
6. Ein den Substantiierungsanforderungen genügender Vortrag zu einem entsprechenden
Minderwert der erworbenen Wohnung erfordert die Darlegung konkreter, dem Beweis
zugänglicher Angaben zu den wertbildenden Faktoren der erworbenen Wohnung (BGH, Urteil
vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62).
7. Zu den Einzelheiten eines schlüssigen Vortrages zu einer sittenwidrigen Überhöhung des
Kaufpreises einer vermieteten Eigentumswohnung
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8. Vorbringen zu einer arglistigen Täuschung durch evident unrichtige Angaben des
Vermittlers erfordert, dass sich die behauptete Täuschung durch Vorspiegeln oder Entstellen
von Umständen auf objektiv nachprüfbare Angaben bezieht und nicht lediglich subjektive
Werturteile oder marktschreierische Anpreisungen vermittelt werden (vgl. PWW/Ahrens, BGB §
123 Rdn. 5; Münch-KommBGB/Kramer, 4. Aufl. § 123 Rdn. 15; Palandt/Heinrichs, BGB, 65.
Aufl. § 123 Rdn. 3). Ein die Aufklärungspflicht der finanzierenden Bank auslösender konkreter
Wissensvorsprung im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers setzt
dementsprechend konkrete, dem Beweis zugängliche unrichtige Angaben des Vermittlers
oder Verkäufers über das Anlageobjekt voraus.
9. Soweit der Vermittler auch Kreditvermittlungstätigkeiten für einen Kreditgeber entfaltet,
hat dieser für ihn als Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB lediglich für diejenigen Erklärungen
einzustehen, die die Anbahnung des Kreditvertrages betreffen.
10. Ein Finanzierungsschaden durch Auswahl eines ungünstigen Finanzierungsmodells muss
durch Modellvergleich individuell und nachvollziehbar durchgerechnet werden (vgl. BGH, Urteil
vom 20.05.2003 - XI ZR 248/02 = NJW 2003, 2529; OLG Köln WM 2000, 127, 129).
11. Eine Umgehung des VerbrKrG durch eine anderweitige Gestaltung i.S. des § 18 S. 2
VerbrKrG wegen unzureichender Besicherung des Kredites liegt fern, wenn der dingliche
Sicherungsbeitrag 30% oder mehr des Kredites abdeckt (vg. BGH, Urteil vom 18.11. 2003 - XI
ZR 322/01 = WM 2004, 172).
12. Die Zinssubvention eines Verkäufers an den Kreditgeber des Käufers erhöht nicht die
vertraglich vereinbarten Kreditzinsen, sondern, wirtschaftlich betrachtet, im Falle einer
Erhöhung des finanzierten Kaufpreises allenfalls das kreditierte Kapital.
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragsteller vom 07.07.2005, Eingang beim Landgericht
11.07.2005, gegen den Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 15.06.2005 - 8 O
32/05 - in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 17.08.2005 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
A
Die Antragsteller (fortan: Kläger) verlangen, im Hauptvorbringen gestützt auf
Schadensersatz, die Rückabwicklung eines Darlehensvertrages, den ihr die
Antragsgegnerin zu 2 (fortan: Beklagte zu 2) zur Finanzierung des Kaufpreises eines
Anteils eines Wohnungserbbaurechtes als Vorausdarlehen gewährt hat, und das mit
Bausparsummen aus zwei Bausparverträgen mit der Antragsgegnerin zu 1 (fortan
Beklagte zu 1) getilgt werden soll. Hilfsweise beantragen sie unter anderem die
Feststellung, dass sie keine weiteren Zahlungen an die Beklagte zu 1 aus dem
streitgegenständlichen Darlehensvertrag zu leisten haben und der Beklagten zu 1
hieraus ihnen gegenüber keinerlei Rechte mehr zustehen.
Im Juni 1995 trat ein Vermittler mit dem Angebot zur Vermittlung einer vermieteten
Immobilie zum Zwecke der Steuerersparnis und der Altersvorsorge an die Kläger heran.
Diese unterzeichneten am 24.06.1995 einen Bericht über einen Besuch des Vermittlers,
der die Vermittlung einer Wohnung … in Osnabrück zum Gegenstand hat (vgl. Anlage
D3), eine Vereinbarung über eine Mietenverwaltung mit einer H. GmbH (vgl. Anlage D4),
die einseitigen Risikohinweise bei Nutzung durch Vermietung, sowie die ebenfalls
einseitigen Zusatz-Risikohinweise bei Erwerb eines hälftigen Anteils an einer
Eigentumswohnung (vgl. Anlage D2).
Am 24.07.1995 ließen die Kläger ihre Annahme eines notariell beurkundeten
Kaufangebotes einer L. GmbH über je ¼ ideellen Anteil an einem Wohnungserbbaurecht
bestehend aus einem 1255/100.000stel Miterbbaurechtsanteil verbunden mit dem
Sondereigentum an einer näher bezeichneten Wohnung, bestehend aus vier Zimmern,
Küche, Bad und Kellerraum, gelegen in Osnabrück, …, notariell beurkunden (vgl. Anlage
A6). Am gleichen Tag unterzeichneten sie den streitgegenständlichen Darlehensvertrag
über ein Vorausdarlehen von 136.000 DM mit einem Disagio von 8.160 DM (vgl. A7). Der
anfängliche effektive Jahreszins betrug bei einer Zinsbindung von fünf Jahren 8,09%. Als
Kreditsicherheit war eine Grundschuldeintragung zu Gunsten der Erstbeklagten über
136.000 DM vereinbart. Mit Schreiben vom 14.05.2002 ließen die Kläger das
Vorausdarlehen durch ihre nunmehrigen Prozessbevollmächtigten unter Hinweis auf § 1
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Vorausdarlehen durch ihre nunmehrigen Prozessbevollmächtigten unter Hinweis auf § 1
HwiG widerrufen.
Die Kläger haben geltend gemacht, die Beklagten hätten ihnen gegenüber wegen
vielfältiger Verletzungen ihrer Aufklärungspflichten auf Schadensersatz zu haften.
Hilfsweise haben sie sich auf einen Rückabwicklungsanspruch aus § 3 HwiG gestützt,
sowie eine Neuberechnung des Darlehns beansprucht; im Beschwerdeverfahren haben
Sie darüber hinaus hilfsweise ein negatives Feststellungsbegehren angekündigt.
Die Beklagten haben sich gegen das Bestehen von Aufklärungspflichten gegenüber den
Klägern sowie gegen deren Verletzung gewandt. Die Voraussetzungen eines
Widerrufsrechts nach dem Haustürwiderrufsgesetz lägen nicht vor. Schließlich haben die
Beklagten die Verjährungseinrede erhoben.
Das Landgericht hat den Prozesskostenhilfeantrag mit den angefochtenen Beschlüssen,
auf die der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen
Antragstellervorbringens verweist, zurückgewiesen. Die Voraussetzungen für einen
Schadensersatz der Kläger wegen eines Aufklärungsverschuldens der Beklagten seien
nicht hinreichend dargelegt, ein Widerrufsrecht der Kläger nach dem
Haustürwiderrufsgesetz bestehe nicht und den Klägern stünde kein
Einwendungsdurchgriff zu.
Mit ihrer hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde vertiefen die Antragsteller ihr
erstinstanzliches Vorbringen.
Die Antragsgegner verteidigen die landgerichtliche Entscheidung.
B
Die statthafte und auch im übrigen zulässige sofortige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Die beabsichtigte Klage hat keine hinreichende Erfolgsaussicht (§ 114 ZPO).
I. Ansprüche der Kläger gegen die Beklagten wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten
bestehen nicht.
1. Ein Beratungsvertrag zwischen den Klägern und den Beklagten über die
streitgegenständliche Immobilien-Kapitalanlage liegt nicht vor. Ein ausdrücklicher
Vertragsabschluss ist nicht nachvollziehbar behauptet. Ein schriftlicher Beratungsvertrag
ist unstreitig nicht geschlossen. Ein mündlicher Vertragsabschluss scheidet aus, da die
Prozessparteien unstreitig keinen mündlichen Kontakt hatten. Eine Bevollmächtigung
des Vermittlers A. B.durch die Beklagten haben diese bestritten, ohne dass die Kläger
daraufhin hierzu einlassungsfähigen oder gar beweisbewehrten Tatsachenvortrag
erhoben hätten.
Ein stillschweigender Vertragsabschluss zwischen den Prozessparteien über einen
Beratungsvertrag über die streitgegenständliche Immobilien-Kapitalanlage kommt hier
nicht in Betracht. Ein Verhalten der Beklagten, dass die Kläger nach Treu und Glauben
als gerichtet auf den Abschluss eines Beratungsvertrages mit ihnen verstehen durften,
ist nicht ersichtlich. Der Besuchsbericht vom 24.06.1995 führt die Beklagte zu 2 unter
ihrer damaligen Firmierung lediglich als Empfängerin von Mietüberweisungen auf. In
gleicher Funktion erscheint dort die Beklagte zu 1. Die Kläger selbst haben sich erstmals
mit einem bereits spezifizierten Darlehensantrag entsprechend der Anlage B13 (vgl.
Blatt 117 der Gerichtsakte) an die Beklagten gewandt. Dass die Kläger ungeachtet ihres
bereits ausdifferenzierten Finanzierungswunsches einen fortbestehenden
Beratungsbedarf gehabt und sich deshalb an die Beklagten gewendet hätten, war für
diese nicht zu erkennen. Im Übrigen haben die Kläger die I. H.& B. GmbH und B. GmbH
mit der Vermittlung des Objekts und der dazu erforderlichen Finanzierung beauftragt
(vgl. Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag vom 24.07.1995, Anlage D5). Dass
sie neben der dort genannten Auftragnehmerin die Beklagten als Partner eines
gesonderten Beratungsvertrages angesehen hätten, liegt gleichfalls fern.
2. Eine Haftung der Beklagten wegen einer eigenen Verletzung ihrer Aufklärungspflicht
lässt sich nicht feststellen.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine kreditgebende Bank
bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung
über das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet.
Sie darf regelmäßig davon ausgehen, dass die Kunden entweder über die notwendigen
Kenntnisse oder Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten
bedient haben. Aufklärungs- und Hinweispflichten bezüglich des finanzierten Geschäfts
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bedient haben. Aufklärungs- und Hinweispflichten bezüglich des finanzierten Geschäfts
können sich daher nur aus den besonderen Umständen des konkreten Einzelfalles
ergeben. Dies kann der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung,
der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin
hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden
besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehung
begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit Kreditgewährungen sowohl an den
Bauträger als auch an einzelne Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte
verwickelt oder wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten
Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (vgl.
etwa BGHZ 159, 294, 316; 161, 15, 20 sowie Urteile vom 9. November 2004 - XI ZR
315/03, WM 2005, 72, 76 und vom 15. März 2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 830).
b) Ein solches Aufklärungsverschulden bei den hier in Betracht kommenden
Aufklärungspflichten liegt nicht vor.
aa) Eine Aufklärungspflicht wegen Überschreitung der Kreditgeberrolle setzt voraus, dass
die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des
Objekts gleichsam als Partei des zu finanzierenden Geschäfts in nach außen
erkennbarer Weise Funktionen oder Aufgaben des Veräußerers oder Vertreibers
übernommen und damit einen zusätzlichen auf die übernommenen Funktionen
bezogenen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (vgl. BGH, Urteil vom 18.11. 2003 - XI
ZR 322/01 = WM 2004, 172, Textziffer 21 m.w.N.). Wie die Beklagten nach außen
erkennbar Funktionen oder Aufgaben eines Veräußerers oder Vertreibers übernommen
und damit einen zusätzlichen auf die übernommenen Funktionen bezogenen
Vertrauenstatbestand geschaffen haben sollen, haben die Kläger nicht nachvollziehbar
dartun können. Mit der Bedingung in § 3 des Darlehensvertrages, nach der die
Auszahlung der Darlehensvaluta von einem Beitritt in einen Mietpool abhängig ist, gehen
die Beklagten über ihre Rolle als Finanzierungsbank nicht hinaus. Ihr Bestreben nach
einer genügenden Absicherung des Kreditengagements ist banküblich und
typischerweise mit der Rolle eines Kreditgebers verknüpft (BGH, Urteil vom 31. März
1992 - XI ZR 70/91, WM 1992, 901, 905).
bb) Ein zur Aufklärung verpflichtender besonderer Gefährdungstatbestand, wie er etwa
zu bejahen ist, wenn es Kreditinstitute das eigene wirtschaftliche Wagnis auf den Kunden
verlagert und diesen bewusst mit einem Risiko belastet, das über die mit dem zu
finanzierenden Vorhaben normalerweise verbundenen Gefahren hinausgeht (vgl. BGH
Urteil vom 18.11.2003 a.a.O.), kann gegeben sein, wenn sich die Bank alle Forderungen
des Partners des Kreditnehmers abtreten lässt und dessen Partner damit jeder
wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit beraubt, oder wenn die Verwirklichung des zu
finanzierenden Unternehmens bei Valutierung schon nicht mehr möglich war (vgl. von
Heymann, NJW 1999, 1577 m.w.N.). Derartiges lässt sich nicht feststellen. Einen solchen
oder damit vergleichbaren Gefährdungstatbestand haben die Beklagten entgegen der
Ansicht der Kläger weder durch die Auszahlungsvoraussetzung in § 3 des
Darlehensvertrages noch sonst wie geschaffen. Es fehlt schon an substantiiertem
Vortrag der Kläger, dass der Beitritt zum Mietpool für die von ihnen erworbene Immobilie
… in Osnabrück, durch den ihr Risiko, bei einem Leerstand der Wohnung keine Miete zu
erzielen, auf alle Mietpoolteilnehmer verteilt wurde, für sie nachteilig war. Auch für eine
der Beklagten bekannte Verschuldung des Mietpools für diese Immobilie ist nichts
vorgetragen. Außerdem ist dem Vorbringen der Kläger nicht zu entnehmen, dass sie
sich von dem Mietpool, dem sie, wie die Beklagten unwidersprochen vorbringen, bereits
am 24.06.1995, also geraume Zeit vor Abschluss des Darlehensvertrags beigetreten
waren, im Falle einer Aufklärung über eine etwaige Verschuldung des Mietpools noch
hätten lösen können. Dass Grundstücksverkäuferin im Jahre 1995 von den Beklagten
ihrer wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit beraubt und hierdurch die Verwirklichung des
Grundstücksverkaufs gefährdet gewesen wären, ist gleichfalls nicht nachvollziehbar
dargetan.
cc) Ein zur Aufklärung verpflichtender schwerwiegender Interessenkonflikt liegt ebenfalls
nicht vor. Ein solcher ist nicht schon deshalb zu bejahen, weil eine finanzierende Bank
zugleich Kreditgeberin des Partners ihres weiteren Kreditnehmers ist (vgl. BGH, Urteil
vom 27.01. 2004 - XI ZR 37/03). Ein zur Aufklärung verpflichtender schwerwiegender
Interessenkonflikt kann vielmehr nur dann vorliegen, wenn zu dieser
“Doppelfinanzierung” besondere Umstände hinzutreten, etwa wenn eine Bank ihr
eigenes wirtschaftliches Wagnis angesichts einer möglichen Insolvenz des Verkäufers,
Bauträger oder Initiators, dessen Kreditgeberin sie gleichfalls ist, auf ihre Kunden als
Erwerber oder Anleger, denen sie ebenfalls Kredite gewährt, verlagert und diese mit
einem Risiko belastet, das über die mit der Beteiligung an einem solchen Projekt
normalerweise verbundenen Gefahren deutlich hinausgeht (vgl. BGH NJW 1992, 2146,
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normalerweise verbundenen Gefahren deutlich hinausgeht (vgl. BGH NJW 1992, 2146,
3147; OLG Stuttgart, ZIP 2001, 692, 694). Gegen die Annahme, die Beklagten könnten
das Risiko notleidend gewordener Kreditengagements an die Heinen & Biege Gruppe auf
die Erwerber abgewälzt haben, spricht schon die jahrelange umfangreiche weitere
Marktteilnahme dieser Kreditnehmer der Beklagten nach dem streitgegenständlichen
Grundstücksverkauf.
dd) Die Beklagten traf auch wegen des angeblich weit überteuerten Kaufpreises sowie
einer im finanzierten Kaufpreis enthaltenen “versteckten Innenprovision” keine
Aufklärungspflicht wegen eines für sie erkennbaren Wissensvorsprungs.
(1) Eine Pflicht der Bank zur Aufklärung über die Unangemessenheit des Kaufpreises, die
grundsätzlich nicht einmal den Verkäufer trifft (BGH, Urteil vom 14. März 2003 - V ZR
308/02, WM 2003, 1686, 1688), kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn es -
bedingt durch eine versteckte Innenprovision oder aus anderen Gründen - zu einer so
wesentlichen Verschiebung des Verhältnisses zwischen Kaufpreis und Verkehrswert
kommt, dass die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den
Verkäufer ausgehen muss. Das ist nach ständiger Rechtsprechung erst dann der Fall,
wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung
(vgl. etwa BGH, Urteile vom 20. Januar 2004 - XI ZR 460/02, WM 2004, 521, 524, vom 23.
März 2004 - XI ZR 194/02, WM 2004, 1221, 1225). Diese Voraussetzungen liegen hier
nicht vor.
(2) Ein den Substantiierungsanforderungen genügender Vortrag zu einem
entsprechenden Minderwert der erworbenen Wohnung erfordert die Darlegung konkreter,
dem Beweis zugänglicher Angaben zu den wertbildenden Faktoren der erworbenen
Wohnung (BGH, Urteil vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62). Schon
daran fehlt es.
Wesentliche Parameter der Verkehrswertermittlung in der Klageschrift sind nicht
nachvollziehbar, wie sich bereits unmittelbar aus den einschlägigen Verordnungen,
Richtlinien und Anlagen hierzu ergibt. Die angeblich objektbezogenen Daten, die die
Kläger über den Gutachterausschuss der Stadt Osnabrück ermittelt haben wollen,
beziehen sich nach dem Klägervortrag zudem auf ein Objekt Hohensteiner Str.,
Osterode, nicht hingegen auf die streitgegenständliche Immobilie in Osnabrück. Auch
haben die Kläger weder die Anfrage noch die Stellungnahme des Gutachterausschusses
inhaltlich konkretisiert, geschweige denn vorgelegt, so dass Angaben zu den
wertbildenden Faktoren der Wohnung fehlen. Die von den Klägern behauptete bei
Vermietung angeblich angemessene Nettokaltmiete von 3,90 € pro Quadratmeter
monatlich lässt nicht einmal das nachgefragte Jahr erkennen und spricht im Übrigen
schon aufgrund der mitgeteilten Währung gegen einen einschlägigen Zeitraum. Im
selben Schriftsatz (Blatt 63 des Klageentwurfes) behaupten die Kläger für das
Erwerbsjahr sogar einen Nettomietertrag in Höhe von nur 3,90 DM /m² und einen
kalkulierbaren den Nettomietertrag von nur noch 2,32 DM /m². Die Kläger lassen sogar
ausführen, der Mietspiegel der Stadt Osnabrück lege bei guter Wohnlage, nahe der
Innenstadt eine Rohmiete (Nettokaltmiete) auf das Basisjahr 1997 für kleinere
Wohnungsgröße bis etwa 0 m² von 0,0 bis 0,0 € zu Grunde (vgl. Blatt 120 GA).
Weiterhin sind die Beklagten dem Klägervorbringen zu einer angeblich angemessenen
Nettokaltmiete ausdrücklich entgegengetreten, ohne dass die Kläger ihre tatsächlich
erzielte Nettokaltmiete, die bei einer vermieteten Eigentumswohnung auch bei einer
professionellen Mietenverwaltung in ihrem Wahrnehmungsbereich liegt, offen gelegt
hätten. Sie haben nicht einmal irgendwelche einschlägigen Erträge des Mietpools
mitgeteilt. Der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige Diplom-Ingenieur P. R.
hat in einem Verkehrswertgutachten des Amtsgerichts Osnabrück - 28 K 34/99 - für den
Wertermittlungsstichtag 16.06.1999 seinem Rohertrag für eine vergleichbare Immobilie
auf dem gleichen Grundstück eine monatliche Miete von 11,50 DM /m² zu Grunde gelegt
(vgl. Anlage D13, Gutachten Seite 12).
Desgleichen haben die Kläger in der Klageschrift durchschnittliche Betriebskosten von
10% des Rohertrags als Bewirtschaftungskosten angegeben (vgl. 121 GA), obwohl diese
in § 18 Abs. 3 der Wertermittlungsverordnung - WertV vom 6.12.1988 definierten
Bewirtschaftungskostenbestandteile bei der Wertermittlung nur einzusetzen sind, soweit
sie üblicherweise nicht vom Eigentümer auf die Mieter umgelegt werden (vgl. 3.5.2.2
Wertermittlungsrichtlinien - WertR 2006). Bei einer Vermietung - auch von Wohnungen -
werden Betriebskosten allgemein bekannt in erheblichem Umfang vom Eigentümer auf
die Mieter umgelegt. Der von den Klägern behauptete prozentuale Ansatz ist daher bei
der ihnen vermieteten Eigentumswohnung von vornherein verfehlt, nicht nachvollziehbar
und ersichtlich ins Blaue hinein aufgestellt. Das Gleiche gilt für den Ansatz eines
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und ersichtlich ins Blaue hinein aufgestellt. Das Gleiche gilt für den Ansatz eines
Mietausfallwagnisses. Nach der Anlage 3 III. zu Nummer 3.5.2.5 WertR können als
Erfahrungswerte angesetzt werden: 2% der Nettokaltmiete bei Mietwohn- und
gemischten Grundstücken und 4% der Nettokaltmiete (Rohertrag) bei
Geschäftsgrundstücken. Wieso unter Berücksichtigung der örtlichen Mietenmarktlage
und der bisherigen durchschnittlichen Vermietungsdauer der Eigentumswohnungen im
Rahmen der Mieteinnahmegemeinschaft das Mietausfallwagnis, wie die Kläger
behaupten, mit mindestens 15% zu veranschlagen sei, ist nicht nachvollziehbar. Die
Immobilie befindet sich in guter Wohnlage, nahe der Innenstadt. Auf der S. 11 des
insoweit nur fragmentarisch vorgelegten notariellen Kaufvertragsangebotes vom
03.07.1995 erkennen die Käufer im letzten Satz eines insoweit nicht zur Akte gereichten
§ 10 “diesem damit weit über die gesetzlichen Schutzbestimmungen hinausgehenden
Mieterschutz als für sich verbindlich an.” (vgl. Anlage A5)
Selbst unter Berücksichtigung eines ersichtlich vermuteten Rohertrags von nur 2100,36
€ ergeben sich bei Korrektur der ebenfalls lediglich geschätzten Werte für Betriebskosten
und Mietausfallwagnis bei im Übrigen unveränderten Ansätzen aus dem Rechenwerk der
Kläger ein Verkehrswert von 34.753,01 € und einer Überteuerung von nicht einmal 65%:
Die späteren Verkehrswerteschätzungen der Wirtschaftsprüfer D. & T. sowie der KPMG
basieren auf dem 30.06.2001 als Stichtag (vgl. D. & T. S 8 = Blatt 406R der PKH-Akte).
Wegen eines allgemein bekannten zum Teil drastischen Wertverfalls auf dem
Grundstücksektor für vermietete Immobilien sind diese Angaben für einen Jahre zurück
liegende Verkaufsvorgang ohne hinreichende Aussagekraft.
(3) Schließlich ist auch nicht nachvollziehbar, inwiefern die Beklagten aufgrund der
Ermittlung ihres Beleihungswertes Kenntnis von einem gegenüber dem Verkehrswert
angeblich um 110,45% überhöhten Kaufpreis für gerade diese Immobilie gehabt haben
sollen.
ee) Die Beklagten haften schließlich auch nicht für ein Aufklärungsverschulden unter
dem Gesichtspunkt eines Wissensvorsprungs aufgrund widerleglich vermuteter Kenntnis
von der arglistigen Täuschung des Vermittlers über das Anlageobjekt (vgl. hierzu BGH,
Urteil vom 16.05.2006 - XI ZR 6/04, Rn. 50 ff.).
(1) Nach dieser Rechtsprechung können sich die Anleger in Fällen des
institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer
oder Vertreiber des finanzierten Objekts unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg
auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der
finanzierenden Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers
durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. des
Fondsprospekts über das Anlageobjekt berufen. Die Kenntnis der Bank von einer solchen
arglistigen Täuschung wird widerleglich vermutet, wenn Verkäufer oder Fondsinitiatoren,
die von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter
Art und Weise zusammenwirken, auch die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer
oder Vermittler, sei es auch nur über einen von ihm benannten Finanzierungsvermittler,
angeboten wurde und die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers, Fondsinitiators oder
der für sie tätigen Vermittler bzw. des Verkaufs- oder Fondsprospekts nach den
Umständen des Falles evident ist, so dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der
arglistigen Täuschung geradezu verschlossen (BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - XI ZR
6/04, WM 2006, 1194, 1200 f.).
(2) Diese Voraussetzungen liegen hier schon deshalb nicht vor, weil es an
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ausreichendem Vorbringen zu einer arglistigen Täuschung durch evident unrichtige
Angaben des Vermittlers fehlt. Hierzu ist erforderlich, dass sich die behauptete
Täuschung durch Vorspiegeln oder Entstellen von Umständen auf objektiv nachprüfbare
Angaben bezieht und nicht lediglich subjektive Werturteile oder marktschreierische
Anpreisungen vermittelt werden (vgl. PWW/Ahrens, BGB § 123 Rdn. 5;
MünchKommBGB/Kramer, 4. Aufl. § 123 Rdn. 15; Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl. § 123
Rdn. 3). Ein die Aufklärungspflicht der finanzierenden Bank auslösender konkreter
Wissensvorsprung im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers
setzt dem entsprechend konkrete, dem Beweis zugängliche unrichtige Angaben des
Vermittlers oder Verkäufers über das Anlageobjekt voraus. Daran fehlt es.
Dass der Vermittler A. B. gegenüber den Klägern unzutreffende Angaben über die
Miethöhe gemacht hätte, lässt sich nicht feststellen. Der Besuchsbericht vom
24.06.1995 enthält lediglich als monatliche Abbuchungsbeträge, die den Zinsaufwand
der Kläger senken, die Summe von 424 DM (Anlage D3). Inwieweit es sich dabei um
mehr als ein Rechenbeispiel oder eine werbende Anpreisung der Immobilie handelt, ist
schon nicht einlassungsfähig dargetan. Nach § 9 des von ihnen notariell angenommenen
Kaufvertrages, den die Kläger unvollständig, nämlich ohne dessen S. 10 und damit
weitgehend auch ohne dessen § 10, der ersichtlich ein bestehendes Mietverhältnis über
die verkaufte Wohnung zum Gegenstand hat, zur Akte gereicht haben, übernahm der
Verkäufer keine Verantwortung für die Wirtschaftlichkeit der Investitionen (Rentabilität,
Liquidität, Steuereffekte) und seine Vertriebsbeauftragten waren nicht ermächtigt, hierzu
verbindliche Aussagen zu treffen (vgl. Anlage A5). Dass die Beklagten eine Miete von 9
DM /m² angenommen hätten, so die Kläger, rechtfertigt gleichfalls keinen Schluss, der
Vermittler hätte die Kläger über die Miethöhe arglistig getäuscht. Ferner erlauben die
klägerisch genannten Zahlen, mangels jedweder Angabe zu ihren tatsächlich erzielten
Mieteinnahmen keinen Schluss auf eine objektive oder gar evidente Unrichtigkeit. Im
Übrigen liegt die nach klägerischen Vorbringen von den Beklagten angenommene Miete
von 9 DM /m² monatlich sogar noch deutlich unter derjenigen, die der öffentlich bestellte
und vereidigte Sachverständige P. R. auf den Wertermittlungsstichtag 16.06.1999 mit
11,50 DM /m² angesetzt hat (Anlage D13).
2. Soweit der Vermittler hier auch Kreditvermittlungstätigkeiten für die Beklagten
entfaltet hat, haben diese für ihn als Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB lediglich für
diejenigen Erklärungen einzustehen, die die Anbahnung des Kreditvertrages betreffen.
Anhaltspunkte für eine Täuschung über maßgebliche Kreditbedingungen, wie etwa die
Höhe eines Disagios, die Valutierungsvoraussetzungen, die Zinshöhe, die
Zinsbindungsfrist, die Laufzeit oder die Kündigungsbedingungen bestehen nicht. Die
Einzelheiten des Kredits sind vielmehr jeweils ausdrücklich im Darlehensvertrag
aufgeführt, der im Übrigen auch keine feste Laufzeit vorsieht, wobei dies schon wegen
der im Bausparbereich regelmäßig nicht präzise vorhersagbaren Zuteilungsfähigkeit der
hier zur Tilgung bestimmten Bausparkredite allgemein bekannt ohnehin fern liegt.
Im übrigen ist die Bank im Regelfall nicht gehalten, den Kreditsuchenden, zumal wenn er
- wie hier - persönlich keinen Kontakt mit der Bank aufnimmt, sondern sich auf von ihm
eingeschaltete Vertreter und Vermittler verlässt, von sich aus auf mögliche Bedenken
gegen die Zweckmäßigkeit der gewählten Kreditart hinzuweisen. Zwar gilt dies nicht in
den Fällen, in denen sie dem Kunden an Stelle eines von ihm gewünschten üblichen
Ratenkredits einen mit einer Kapitallebensversicherung verbundenen Kreditvertrag
anbietet, obwohl ein Versicherungsbedürfnis nicht besteht und die Vertragskombination
für den Kunden wirtschaftlich ungünstiger ist als ein marktüblicher Ratenkredit, mit dem
der verfolgte Zweck ebenso gut erreichbar ist (BGH, Urteil vom 9. März 1989 - III ZR
269/87, WM 1989, 665, 666 sowie Senatsurteil BGHZ 111, 117, 120). Diese
Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Vielmehr haben die Beklagten den ihnen
zugeleiteten Darlehenswunsch entgegengenommen und das Vorausdarlehen ohne
jeden Kontakt mit den Klägern zugesagt. Der Darlehensantrag, dessen sich die Kläger
nach ihrem Vorbringen bedient haben, war ausdrücklich auf ein "Finanzie-rungsmodell
VD2-Aufteilung der Bausparsumme zu je ½ mit dynamischer Ansparung" gerichtet (vgl.
Anlage B13, 217 GA). Die Kläger sind also - gegebenenfalls über den eingeschalteten
Finanzierungsvermittler - mit einem vollständigen - die Tilgung des Vorausdarlehens
durch zwei hintereinander geschalteten Bausparverträge vorsehenden -
Finanzierungskonzept an die Beklagten herangetreten und haben ihr ein
entsprechendes Vertragsangebot gemacht. Wegen dieser gezielten Nachfrage nach
einer konkreten Kreditart durften die Beklagten davon ausgehen, dass auf Seiten der
Kläger insoweit ein Informationsbedarf nicht vorlag (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober
2003 - XI ZR 134/02, Umdruck S. 18). Eine Aufklärung über die möglichen Nachteile einer
Koppelung eines Vorausdarlehens mit zwei hintereinander geschalteten
Bausparverträgen schuldete die Beklagte deshalb ungefragt nicht.
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Im Übrigen würde eine etwaige Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten keinen
Anspruch der Kläger auf Rückabwicklung des Darlehensvertrages rechtfertigen, sondern
nur auf Ersatz der durch die gewählte Finanzierung entstandenen Mehrkosten (BGH,
Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02, WM 2003, 1370, 1373). Diese haben die Kläger
nicht substantiiert dargetan. Ihr Vergleich mit einem Annuitätendarlehen reicht hierzu
nicht aus. Welches Finanzierungsmodell für den Interessenten günstiger ist, muss
individuell und nachvollziehbar durchgerechnet werden (vgl. BGH, Urteil vom 20.05.2003
- XI ZR 248/02 = NJW 2003, 2529; OLG Köln WM 2000, 127, 129). Auch hier sind in die
Rechenparameter der Kläger vielfach ersichtlich ins Blaue hinein behauptet. So lassen
sie bei ihrer Berechnung beispielsweise die sich mangels annuitätischer Tilgung
ergebenden höheren Steuervorteile unberücksichtigt, desgleichen die ihnen eröffnete
Möglichkeit der Inanspruchnahme vermögenswirksamer Leistungen, die ersichtlich
Gegenstand des Besuchsberichtes gewesen ist (vgl. D3). Fehlerhaft rechnen Sie mit
dem anfänglichen effektiven Jahreszins von 8,09% für die gesamte Laufzeit des
Vorausdarlehens, obwohl dessen Zinsbindungsfrist auf fünf Jahre beschränkt gewesen ist
und sodann neu vereinbart werden konnte. Auch sind Annuitätendarlehen bei vorzeitiger
Rückführung mit Vorfälligkeitsentschädigungen kalkuliert und lassen sich deshalb ohne
einen Aufschlag nicht mit Darlehen vergleichen, die flexibler tilgbar sind.
3. Die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch wegen unterlassener
Widerrufsbelehrung über das Widerrufsrecht nach § 2 HwiG sind nicht feststellbar. Es
fehlt bereits an einer Kausalität. Die Kläger haben den Darlehensvertrag erst nach
Abschluss des notariellen Kaufvertrages abgeschlossen, wie die Beklagten
unwidersprochen vorgetragen haben.
II. Auch das Hilfsvorbringen greift nicht durch.
1. Die Voraussetzungen für einen Rückgewähranspruch der Kläger aus § 3 Abs. 1 S. 1
HwiG lassen sich nicht feststellen. Die von den Klägern behaupteten mündlichen
Verhandlungen angeblich in ihrem Hause wären für den Abschluss des
Darlehensvertrages durch die Annahmeerklärung der Kläger am 24.07.1995 nicht
ursächlich gewesen. Ein Widerrufsrecht i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 HWiG setzt voraus,
dass der Kunde durch mündliche Verhandlung im Bereich einer Privatwohnung oder an
seinem Arbeitsplatz zu seiner späteren Vertragserklärung bestimmt worden ist. Dabei
genügt es, dass er in eine Lage gebracht worden ist, in der er in seiner
Entschließungsfreiheit, den ihm später angebotenen Vertrag zu schließen oder davon
Abstand zu nehmen, beeinträchtigt war. Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen
den mündlichen Verhandlungen gem. § 1 S. 1 Nr. 1 HWiG und der Vertragserklärung wird
für den Nachweis des Kausalzusammenhanges vom Gesetz nicht gefordert. Die von
einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgehende Indizwirkung nimmt allerdings mit
zunehmendem zeitlichem Abstand ab und kann nach einer gewissen Zeit ganz entfallen.
Welcher Zeitraum hierfür erforderlich ist und welche Bedeutung möglicherweise auch
anderen Umständen im Rahmen der Kausalitätsprüfung zukommt, ist eine Frage des
konkreten Einzelfalles (vgl. BGH, Urteil vom 09.05.2006 - XI ZR 119/05 = WM 2006,
1243).
Gemessen an diesen Grundsätzen lässt sich nicht feststellen, dass der Abschluss des
Darlehensvertrages der Parteien unter dem Eindruck einer für Haustürgeschäfte
typischen Überrumpelungssituation zustande gekommen ist. Hier lag ein ganzer Monat
zwischen den urkundlich dokumentierten Verhandlungen am 24.06.1995 angeblich in
ihrer Privatwohnung und dem Vertragsabschluss durch ihre Annahmeerklärung vom
24.07.1995. Überdies bestehen neben dem Schwinden der dadurch nachteilig
betroffenen Indizwirkung weitere Umstände, die den von den Antragstellern behaupteten
Kausalzusammenhang nachhaltig in Frage stellen. Dabei kann offen bleiben, ob ein
Anscheinsbeweis zugunsten des in einer Haustürsituation geworbenen Verbrauchers
nach der allgemeinen Lebenserfahrung gewöhnlich schon etwa nach einer Woche entfällt
(s. etwa MüKo BGB Ulmer, 3. Aufl., § 1 HWiG, Rn. 17). Jedenfalls ist der hier in Rede
stehende Zeitraum für eine solche Betrachtungsweise dann lang genug, wenn, wie hier,
den Kausalzusammenhang in Frage stellende Umstände hinzutreten (vgl. BGH a.a.O.).
Die Antragsteller haben sich nicht wie typisch überrumpelte Verbraucher verhalten. Sie
haben mehrere ausführliche Risikohinweise ausdrücklich zur Kenntnis genommen. In
diesen war umfangreich auf Schwankungen des Immobilienmarktes hingewiesen, auf die
Möglichkeit eines Wertverlustes bei Veräußerung, auf das Risiko versteckter
Immobilienmängel, ebenso wie auf die mögliche Beeinträchtigung der Wirtschaftlichkeit
durch eine Finanzierung des Kaufpreises bezüglich der Anschaffungsnebenkosten bei zu
wenig oder ohne Eigenkapital. Der Risikohinweis erstreckte sich ferner auf
Unwägbarkeiten bei der Vermietbarkeit, bei öffentlichen Lasten sowie bei
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Unwägbarkeiten bei der Vermietbarkeit, bei öffentlichen Lasten sowie bei
Instandhaltungsrücklagen, ebenso wie bei der steuerlichen Beurteilung. Die Zusatz-
Risikohinweise umfassten die Besonderheiten beim Erwerb von
Bruchteilseigentumsanteilen (vgl. Anlage D2). Ein Verbraucher, der ein Anlagegeschäft
trotz dieser ausführlichen, umfangreichen und weitgehenden Risikobelehrung abschließt,
tut dies regelmäßig bewusst. Hierbei bezieht er normalerweise auch die wirtschaftlich
damit eng verbundene Finanzierungsentscheidung in seine Überlegungen mit ein.
2. Ein Widerruf des Kaufvertrages nach dem HWiG scheidet aufgrund seiner notariellen
Beurkundung aus (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 HWiG) und auch sonstige Unwirksamkeitsgründe
brauchen sich die Beklagten nicht als Einwendungsdurchgriff (§ 9 VerbrKrG)
entgegenhalten zu lassen; ebenso wenig steht den Klägern ein
Rückzahlungsverweigerungsrecht nach § 9 Abs. 3 S. 1 VerbrKrG hinsichtlich des Kredites
zu, oder ein Neuberechnungsanspruch nach § 6 Abs. 2 S. 4 VerbrKrG. Diese
Bestimmungen finden auf den vorliegenden Kreditvertrag keine Anwendung, § 3 Abs. 2
Nr. 2 VerbrKrG.
a) Der Kredit ist von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht, da die
Vertragsparteien in § 2 des Darlehensvertrages eine Grundschuldeintragung zu Gunsten
der Beklagten zu 1) vereinbart haben. Um ein grundpfandrechtlich gesichertes Darlehen
im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG handelt es sich entgegen der Ansicht der Kläger
auch dann, wenn - wie diese behaupten - der Wert der Wohnung sich auf nur 53.201,94
DM (= 27.201,72 €) beliefe, was indessen - wie bereits erörtert - mit Sicherheit
auszuschließen ist. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGHZ 146, 5, 9
f.; BGH, Urteil vom 18. April 2000 - XI ZR 193/99, WM 2000, 1245, 1247 sowie BGH,
Beschluss vom 5. Februar 2002 - XI ZR 327/01, WM 2002, 588; BGH, Urteil vom 18.11.
2003 - XI ZR 322/01) setzt § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG nicht voraus, dass der Kredit
grundpfandrechtlich vollständig durch einen entsprechenden Wert des belasteten
Grundstücks gesichert oder der Beleihungsrahmen gemäß §§ 11, 12 HypBG eingehalten
ist. § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG ist vielmehr nur dann nicht anzuwenden, wenn die
Voraussetzungen des § 18 Satz 2 VerbrKrG vorliegen, etwa weil nur ein nicht
wesentlicher Teil des Kredits grundpfandrechtlich abgesichert ist (BGH, Urteil vom 18.
März 2003 - XI ZR 422/01, aaO). Das Überschreiten der in § 18 S.2 VerbrKrG
vorausgesetzten Wesentlichkeitsgrenze hat der BGH in einem Fall verneint, in dem eine
Grundschuld über 134.000 DM auf einer Eigentumswohnung lastete, deren Wert
möglicherweise nur 40.000 DM betrug (BGH, Urteil vom 18.11.2003 - XI ZR 322/01 = WM
2004, 172), also bei einem dinglichen Sicherungsbeitrag von nicht einmal 30%.
Demgegenüber belief sich hier der Sicherungsbeitrag des belasteten
Wohnungseigentums schon nach dem Klägervortrag zu einem angeblichen Verkehrswert
der sichernden Eigentumswohnung von nur 53.201,94 DM auf mehr als 39% des zu
sichernden Darlehens über 136.000 DM.
b) Das Darlehen vom 24.07.1995 über 136.000 DM ist zu “üblichen Bedingungen” im
Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG gewährt worden, auch wenn der effektive Jahreszins
die von der Bundesbank ermittelte Streubreite für Hypothekarkredite mit vergleichbarer
Zinsbindungsfrist geringfügig überschreitet.
Für die Frage, ob ein grundpfandrechtlich abgesicherter Kredit zu den üblichen
Bedingungen gewährt worden ist, kommt es entscheidend auf die Zinshöhe und die
sonstigen Kreditkonditionen an (BGH, Urteile vom 18. April 2000 - XI ZR 193/99, WM
2000, 1245, 1247 und vom 7. November 2000 - XI ZR 27/00, WM 2001, 20, 21 f.;
Beschluss vom 5. Februar 2002 - XI ZR 327/01, WM 2002, 588). Dabei stellen die in den
Monatsberichten der Deutschen Bundesbank ausgewiesenen Zinssätze einen
Anhaltspunkt für die Marktüblichkeit dar (vgl. Senatsurteil vom 22. Juni 1999 - XI ZR
316/98, WM 1999, 1555). Allerdings ist nicht jeder Kredit, der einen oberhalb der dort
ausgewiesenen Streubreite liegenden effektiven Jahreszins vorsieht, schon deswegen
von der Privilegierung ausgenommen (OLG Köln WM 2000, 2139, 2145; LG Stuttgart WM
2000, 1103, 1105). Die Monatsberichte der Deutschen Bundesbank, die auf einer
statistischen Stichprobenerhebung beruhen, erfassen nämlich nicht sämtliche
Grundpfandkredite, sondern nur unter Einhaltung der Beleihungsgrenzen gewährte
erstrangig gesicherte Realkredite für Wohngrundstücke zu Festzinsen mit einer Laufzeit
von zwei, fünf und zehn Jahren bei einer Tilgung von 1% p.a. Erfüllt ein Darlehensvertrag
diese Kriterien nicht, kommt den in den Monatsberichten ausgewiesenen effektiven
Jahreszinsen nur begrenzte Aussagekraft zu. Hierbei kann sich ein gegenüber den von
der Bundesbank erfassten Krediten erhöhtes Risiko des Kreditgebers - etwa durch
Überschreiten der gesetzlich vorgesehenen Beleihungsgrenze (BGH, Urteil vom 18. April
2000 - XI ZR 193/99, WM 2000, 1245, 1247) - in einem erhöhten Zinssatz niederschlagen
(vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 2000 - XI ZR 237/99, WM 2000, 1580, 1581; OLG Köln aaO).
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In Fällen mit einem erhöhten Risiko des Kreditgebers, etwa wenn - wie hier - die
Beleihungsgrenze von 60% des Grundstückswerts gemäß §§ 11, 12 HypBG nicht
eingehalten, sondern der Kaufpreis der Eigentumswohnung zu 100% fremdfinanziert
worden ist, können bei bloß geringfügigen Abweichungen die in den Monatsberichten
ausgewiesenen Zinssätze mit Rücksicht darauf, dass sie allein auf einer statistischen
Stichprobenerhebung beruhen, noch als ausreichender Anhaltspunkt für die
Marktüblichkeit des konkreten vereinbarten effektiven Jahreszinses dienen. Anders ist es,
wenn der vereinbarte Zins die in der Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank
ausgewiesenen Zinssätze erheblich überschreitet und diese deshalb keinen
ausreichenden Beleg für die Marktüblichkeit des vereinbarten Zinses bieten.
Die Erheblichkeit einer Überschreitung hat der BGH in einem Fall bejaht, nachdem er
den vereinbarten effektiven Jahreszins, der die Zinsobergrenze für Kredite mit
fünfjähriger Laufzeit um rund 1,8 Punkte und für solche mit zehnjähriger Laufzeit um
0,86 Punkte überschritt, auf die im Darlehensvertrag vorgesehene siebenjährige
Zinsfestschreibung interpoliert und so eine Überschreitung von deutlich mehr als 1
Punkt ermittelt hat (vgl. BGH, Urteil vom 18.03.2003 - XI ZR 422/01 = NJW 2003, 2093).
Hier hat die Beklagte zu 2 nicht nur den Kauf der Immobilie vollständig finanziert, für die
die Kläger einen Kaufpreis von 111.963 DM zu zahlen hatten (vgl. Anlage A5), sondern
zur Finanzierung auch der weiteren im Zusammenhang mit dem Erwerb stehenden
Aufwendungen den Klägern insgesamt ein Darlehen über 136.000 DM gewährt. Zudem
erhöhte die Tilgungsaussetzung das Rückerlangungsrisiko der Kreditgeberin.
Die Streubreitenüberschreitung lag hier deutlich unter einem Prozentpunkt und
entgegen der Auffassung der Kläger, die im Übrigen selbst davon ausgehen, dass eine
erhebliche Abweichung des Vertragszinses von der oberen Streubreite erst vorliegt,
wenn der vereinbarte effektive Jahreszins um mehr als einen Prozentpunkt über dem
obersten Wert der für diesen Zeitraum maßgeblichen Streubreite liegt, ist hier kein
“Kombinationszinssatz” zu Grunde zu legen. Namentlich lässt sich das Vorausdarlehen
nicht als Zwischenkredit auffassen. Nach ihrer eigenen Laufzeitbetrachtung sollte seine
erste Hälfte erst nach 12 Jahren und seine zweite Hälfte erst nach 20 Jahren getilgt
werden.
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