Urteil des OLG Brandenburg vom 19.01.2010

OLG Brandenburg: einkommen aus erwerbstätigkeit, telefon, arbeitsbekleidung, einkünfte, reisekosten, leistungsfähigkeit, erwerbseinkommen, unfallversicherung, zuschuss, unterhaltspflicht

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 2.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 UF 23/10
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 33 SGB 2, § 1609 BGB, § 1613
Abs 2 Nr 2a BGB, § 1615l BGB
Betreuungsunterhalt: Anspruch eines Leistungsträgers aus
übergegangenem Recht
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 19. Januar 2010 verkündete Urteil des
Amtsgerichts Frankfurt (Oder) teilweise abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für Frau I… G…, geboren am …. September
1976, folgenden monatlichen Unterhalt zu zahlen:
- 92 € für die Monate März bis Dezember 2008.
Der Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe von 5 % über dem
jeweiligen Basiszinssatz aus 920 € seit dem 9. Dezember 2008 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage bezüglich des Unterhalts für Frau I… G… abgewiesen.
Hinsichtlich des Unterhalts für das Kind D… G… bleibt es bei der angefochtenen
Entscheidung.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden der Klägerin zu 72 % und dem
Beklagten zu 28 % auferlegt. Die Berufungskosten haben die Klägerin zu 81 % und der
Beklagte zu 19 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A.
Der Kläger nimmt den Beklagten aus übergegangenem Recht auf Unterhalt für die Zeit
von Januar 2008 bis April 2009 in Anspruch.
Der Beklagte ist der Vater des am ….1.2008 geborenen Kindes D… G…. Mit der Mutter
des Kindes, Frau I… G…, war der Beklagte nicht verheiratet. Die Ehe des Beklagten mit
Frau S… A… wurde durch Urteil des Amtsgerichts Strausberg vom 18.12.2007 (2 F
10/07) rechtskräftig geschieden. Aus dieser Ehe ist das Kind S… A…, geboren am
….5.2001, hervorgegangen.
Der Kläger erbrachte Frau I… G… und deren Tochter D… als Bedarfsgemeinschaft im
Januar 2008 sowie in der Zeit von März 2008 bis April 2009 Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit Schreiben vom 26.3.2008 zeigte der Kläger dem
Beklagten die Gewährung der Leistungen an und verwies auf den Anspruchsübergang
nach § 33 SGB II. Mit Schreiben vom 8.12.2008 forderte der Kläger den Beklagten wegen
übergegangener Unterhaltsansprüche für die Zeit von März bis Dezember 2008 zur
Zahlung von insgesamt 4.929,06 € auf. Der seit Mitte 2006 als Dachdecker selbständig
tätige Beklagte wies durch Anwaltsschreiben vom 23.1.2009 auf fehlende
Leistungsfähigkeit hin.
Mit der am 6.3.2009 eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst beantragt, den
Beklagten zur Zahlung übergegangenen Kindesunterhalts für die Zeit vom 16. bis zum
31.1.2008 sowie vom 1.3.2008 bis zum 31.3.2009 in Höhe von insgesamt 1.846,33 €
sowie übergegangenen Betreuungsunterhaltsanspruchs nach § 1615 l BGB für
denselben Zeitraum in Höhe von 4.658,05 € sowie beginnend ab April 2009 monatlichen
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denselben Zeitraum in Höhe von 4.658,05 € sowie beginnend ab April 2009 monatlichen
Kindesunterhalt von 244 € monatlich und Betreuungsunterhalt von 770 € zu verurteilen.
Im weiteren Verfahren hat sich der Kläger darauf beschränkt, für die Zeit vom
1./16.1.2008 bis 31.1.2008 sowie von März 2008 bis April 2009 übergegangenen
Kindesunterhalt von insgesamt 1.686,33 € sowie übergegangenen Betreuungsunterhalt
von insgesamt 4.955,01 € zu verlangen.
Durch das angefochtene Teil-Anerkenntnis- und Schlussurteil hat das Amtsgericht den
Beklagten verurteilt, an den Kläger für das unterhaltsberechtigte Kind D… G…, geb. am
…. 1.2008, Unterhalt für die Zeit vom ….1.2008 bis zum 30.4.2009 in unterschiedlicher
Höhe nebst Zinsen zu zahlen. Die weitergehende Klage, gerichtet auf
Unterhaltszahlungen für Frau I… G…, hat das Amtsgericht abgewiesen. Wegen der
tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf das
angefochtene Urteil Bezug genommen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er trägt vor:
Das Amtsgericht habe verkannt, das die Mutter während der ersten drei Lebensjahre
des Kindes unterhaltsrechtlich nicht verpflichtet sei, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Ihr stehe jedenfalls ein Mindestbedarf von 770 € zu.
Der Beklagte sei unter Berücksichtigung seiner Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit
hinreichend leistungsfähig. Soweit Gewinn- und Verlustrechnungen vorgelegt seien,
bedürften diese der Korrektur. Dies betreffe Privatanteile für die PKW-Nutzung sowie für
Porto, Telefon, Fax/Internet und Bürobedarf. Ein Verpflegungsmehraufwand sei
unterhaltsrechtlich nicht anzuerkennen. Die geltend gemachten Kosten für
Berufsbekleidung seien mit Nichtwissen zu bestreiten. Gleiches gelte für die
behaupteten Aufwendungen für eine Kranken- und eine Rentenversicherung und vom
Beklagten behauptete Steuerzahlungen, die über den vorgelegten Steuerbescheid
hinausgingen.
Die Abschreibungen seien dem Gewinn hinzuzurechnen, da der Beklagte nicht einmal
vorgetragen habe, welche Gegenstände überhaupt abgeschrieben worden seien. Auch
werde mit Nichtwissen bestritten, dass die vom Beklagten in Ansatz gebrachten
Abschreibungen den steuerlichen Grundsätzen entsprächen.
Auf der Grundlage der Einkünfte in den Jahren 2006 bis 2008 ergebe sich ein
monatliches Durchschnittseinkommen von 2.178,62 €. Damit sei der Beklagte
hinreichend leistungsfähig. Rein aus anwaltlicher Vorsorge werde mit Nichtwissen
bestritten, dass der Beklagte einem weiteren Kind gegenüber unterhaltsverpflichtet sei
und tatsächlich Unterhalt zahle. Soweit eine Lebensgemeinschaft mit der Mutter dieses
Kindes bestehe, sei der Selbstbehalt wegen Haushaltsersparnis um 12,5 % zu
reduzieren.
Zu Unrecht habe das Amtsgericht ihm, dem Kläger, die gesamten Kosten des
Rechtsstreits auferlegt. Ein Fall des § 93 ZPO liege auch im Hinblick auf den anerkannten
Kindesunterhalt nicht vor.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter (teilweiser) Abänderung des angefochtenen Urteils zu
verurteilen, an ihn aus übergegangenem Recht für die unterhaltsberechtigte Mutter I…
G… Unterhalt für die Zeit von Januar 2008 bis April 2009 in Höhe von insgesamt
4.955,01 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
dem 9.12.2008 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor:
Der Kläger stelle im Wesentlichen Behauptungen „ins Blaue hinein“ auf. Die Klage sei
weiterhin unschlüssig. Denn der Kläger habe nicht erklärt, ob die Mutter im
Unterhaltszeitraum gearbeitet habe oder nicht.
Er sei auch seiner geschiedenen Ehefrau S… A… und dem ehelichen Kind S… zum
Unterhalt verpflichtet. Demgegenüber stehe ein Unterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB
erst im 4. Rang.
Seine Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit habe er hinreichend belegt. Da er über
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Seine Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit habe er hinreichend belegt. Da er über
einen eigenen PKW verfüge, den er privat nutze, sei die Zurechnung von Privatanteilen
für das betrieblich genutzte Kraftfahrzeug nicht angezeigt. Auch die übrigen vom Kläger
vorgenommenen Korrekturen seien nicht gerechtfertigt. Als Dachdecker benötige er
Berufsbekleidung. Die Aufwendungen für Renten- und Krankenversicherung sowie die
gezahlten Steuern habe er hinreichend belegt.
Die Kostenentscheidung des Amtsgerichts sei nicht zu beanstanden, zumal im Rahmen
des § 1615 l BGB ein Titulierungsinteresse nicht bestehe.
Der Kläger sei als Inhaber lediglich des Zahlungsanspruchs ohnehin nicht umfassend
aktivlegitimiert. Nicht das J…, sondern die Bundesagentur für Arbeit und der Landkreis …
sowie Frau I… G… seien gemeinsam aktivlegitimiert. Soweit das J… im Auftrag der
Bundesagentur für Arbeit und des Landkreises … handele, liege eine gegen
Verfassungsrecht verstoßende Mischverwaltung vor.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat die Parteien angehört. Der Beklagte hat erklärt:
Ich beschäftige keine Mitarbeiter. Bei dem Firmenfahrzeug handelt es sich um einen VW-
Bus T 5. Privat nutze ich einen PKW Volvo.
B.
Die zulässige Berufung, die sich mit Rücksicht auf Artikel 111 Abs. 1 FGG-RG nach dem
bisherigen Verfahrensrecht richtet (vgl. BGH, Beschluss vom 1.3.2010 – II ZB 1/10 -,
FGPrax 2010, 102, 103, Tz. 8 ff., BeckOK Hahne/Munzig/Gutjahr, FamFG § 58, Rz. 47), ist
teilweise begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Unterhaltsanspruch aus
übergegangenem Recht, § 33 SGB II, in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang.
I.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Kläger als Träger der Leistungen nach SGB II
prozessfähig. Daran ändert die Entscheidung des BVerfG vom 20. 12. 2007 (NVwZ 2008,
183), wonach die Bildung von Arbeitsgemeinschaften gem. § 44b SGB II als
Gemeinschaftseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit und kommunaler Träger mit der
Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 II 1 und 2 GG i. V. m. Art. 83 GG unvereinbar und
die diesbezügliche Norm nur bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, längstens bis 31.
12. 2010 anwendbar ist, nichts. Auf die Frage, wie der Kläger rechtlich organisiert ist,
kommt es nicht an (Senat, Urteil vom 16.12.2008 – 10 UF 128/09 – NJW-RR, 1090; vgl.
auch Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 8
Rz. 176 f.).
Die Vollmachtsrüge des Beklagten nach § 88 Abs. 1 ZPO mit Schriftsätzen vom 17.9.
und 12.11.2010 ist unbeachtlich, da sie nach Schluss der mündlichen Verhandlung
erfolgt ist und dem Beklagten insoweit ein Schriftsatznachlass nicht eingeräumt worden
ist.
II.
Die Klage ist zum Teil begründet. Ein Unterhaltsanspruch der Frau I… G… gegen den
Beklagten gemäß § 1615 l BGB besteht nur in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen
Umfang. In diesem Umfang ist der Anspruch vollständig auf den Kläger übergegangen, §
33 SGB II.
1.
Der Kläger kann Unterhalt dem Grunde nach für die Zeit ab Januar 2008 verlangen.
Gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 SGB II kann der Leistungsträger für die Vergangenheit außer
unter den Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts den Anspruch nur von der Zeit an
geltend machen, zu welcher er dem Verpflichteten die Erbringung der Leistung schriftlich
mitgeteilt hat. Eine solche Leistungsanzeige ist zwar erst unter dem 26. 3.2008
ergangen und dem Beklagten am 27. 3.2008 zugegangen. Dessen ungeachtet kann der
Kläger Ansprüche aus übergegangenem Recht auch für Januar und März 2008 geltend
machen. Denn unstreitig hat der Beklagte die Vaterschaft für das Kind D…, die dem
Grunde nach eine Unterhaltspflicht auch gegenüber der Mutter des Kindes auslöst, erst
am 28.3.2008 anerkannt. Insoweit liegt ein Fall des § 1613 Abs. 2 Nr. 2 a BGB vor,
wonach der Berechtigte für die Vergangenheit ohne die Einschränkung des § 1613 Abs. 1
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wonach der Berechtigte für die Vergangenheit ohne die Einschränkung des § 1613 Abs. 1
BGB Erfüllung verlangen kann für den Zeitraum, in dem er aus rechtlichen Gründen an
der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs gehindert war. Diese Vorschrift findet
beim Betreuungsunterhalt entsprechende Anwendung, § 1615 l Abs. 3 Satz 3 BGB.
2.
Die Mutter des Kindes D…, Frau I… G…, hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf
Betreuungsunterhalt gemäß § 1615 l BGB in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen
Umfang.
a)
Ein Unterhaltsbedarf der Mutter besteht jedenfalls in Höhe des Mindestunterhalts von
770 € (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2009 - XII ZR 50/08 -, NJW 2010, 937). Daher kommt
es entgegen der Auffassung des Amtsgerichts auf die Frage, welches Einkommen die
Mutter vor der Geburt des Kindes erzielt hat, nicht an. Dies wäre nur dann von
Bedeutung, wenn ein über den Mindestbedarf hinausgehender Unterhaltsbedarf geltend
gemacht würde (vgl. auch BGH, Urteil vom 16.7.2008 – XII ZR 109/05 -, FamRZ 2008,
1739).
Entgegen der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 17.9.2010 geäußerten Auffassung
kommt es, auch wenn der Unterhaltsanspruch nicht vom ursprünglich Berechtigten,
sondern infolge Anspruchsübergangs vom Leistungsträger geltend gemacht wird, auf
den Bedarf nach unterhaltsrechtlichen Grundsätzen an. Allein bei der Frage, in welcher
Höhe ein tatsächlich bestehender Unterhaltsanspruch auf den Leistungsträger
übergegangen ist, kommt es auf den Umfang der vom Leistungsträger dem
ursprünglich Berechtigten erbrachten Leistungen an, wie noch weiter unten auszuführen
ist.
b)
Bedürftig ist die Mutter des Kindes D… insoweit, als ihr Unterhaltsbedarf nicht durch
tatsächliche Einkünfte gedeckt ist. Auf ein fiktives Einkommen aus Erwerbstätigkeit muss
sie sich nicht verweisen lassen.
(1)
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts kann dahinstehen, ob die Mutter des Kindes
D… G… an einer Erwerbstätigkeit gehindert war. Da das Kind am ….1.2008 geboren
worden ist, besteht eine Erwerbsobliegenheit der Mutter bis zum 15.1.2011, dem Tag vor
Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes, nicht. Vielmehr hat die Mutter insoweit,
ohne dass es auf die Prüfung ihrer Erwerbsmöglichkeiten ankommt, einen Anspruch auf
sogenannten Basisunterhalt, vgl. § 1615 l Abs. 2 S. 3 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 6.5.2009
– XII ZR 114/08 -, FamRZ 2009, 1124, Tz. 25).
(2)
Mit dem Kläger anzurechnen sind die Einkünfte, die die Mutter des Kindes tatsächlich
erzielt hat. Das Mutterschaftsgeld, das die Mutter bis 12.3.2008 bezogen hat, hat
Lohnersatzfunktion und ist deshalb als Einkommen zu berücksichtigen (Wendl/Dose,
a.a.O., § 1, Rz. 85 b). Gleiches gilt für den Zuschuss zum Muttergeld vom Arbeitgeber.
Hingegen ist das Elterngeld, das die Mutter ab 16.2.2008 erhalten hat, nur, soweit ein
Betrag von 300 € überschritten wird, anzurechnen, § 11 S. 1 BEEG (vgl. auch Nr. 2.5 der
Unterhaltsleitlinie des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2008). Bei dem
für das Kind D… gezahlten Kindergeld handelt es sich entgegen der vom Beklagten mit
Schriftsatz vom 17.9.2010 geäußerten Rechtsauffassung nicht um Einkommen der
Mutter (vgl. Nr. 3 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts,
Stand 1.1.2008).
(a)
Für Februar 2008 ist der Kläger davon ausgegangen, dass aufgrund der Eigeneinkünfte
der Mutter von 781,55 € (= 377 € Mutterschaftsgeld + 404,55 € Zuschuss vom
Arbeitgeber) der Unterhaltsbedarf von 770 € vollständig gedeckt ist. Gleiches gilt
entgegen der Auffassung des Klägers für Januar 2008. In diesem Monat hat die Mutter
sogar 835,45 € (= 403 € Mutterschaftsgeld + 432,45 € Zuschuss vom Arbeitgeber)
erhalten. Da das Mutterschaftsgeld 13 € pro Tag beträgt, errechnen sich für Januar 2008
insgesamt 403 € (= 13 € x 31 Tage). Darauf, ob dieser Betrag vollständig im Januar
gezahlt worden ist, kommt es insoweit nicht an. Denn jedenfalls ist die Leistung in der
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gezahlt worden ist, kommt es insoweit nicht an. Denn jedenfalls ist die Leistung in der
genannten Höhe dem Monat Januar 2008 zuzurechnen.
(b)
Für die Zeit von 1. bis zum 15.3.2008 ist das für die ersten 12 Tage im März gewährte
Mutterschaftsgeld von 156 € (13 € x 12 Tage) sowie der Zuschuss vom Arbeitgeber, der
sich ebenfalls auf die ersten 12 Tage des Monats bezieht und 167,40 € beträgt, zu
berücksichtigen, insgesamt also 323,40 €.
(c)
Da die Mutter im Februar 2008 ohnehin nicht bedürftig ist, kommt es insoweit nicht
darauf an, dass für den Zeitraum vom 16.2.2008 bis zum 15.3.2008 Elterngeld anteilig in
Höhe von 58,44 € gezahlt worden ist. Für die Zeit ab März 2008 hingegen ist das
Elterngeld bei der Unterhaltsberechnung grundsätzlich zu beachten.
Allerdings ist das für den Zeitraum vom 16.2. bis 15.3.2008 gezahlte Elterngeld von
58,44 €, soweit es auf die Zeit vom 1. bis zum 15.3.2008 entfällt, wegen Unterschreitens
des Sockelbetrages von 300 € unberücksichtigt zu lassen. Anders verhält es sich für die
Zeit ab 16.3.2008. Von diesem Zeitpunkt an ist vom Landkreis … jeweils vom 16. eines
Monats bis zum 15. des Folgemonats Elterngeld in Höhe von 564,96 € monatlich
gewährt worden. Damit ist jeweils ein Betrag von 264,96 € (= 564,96 € - 300 €
Sockelbetrag) unterhaltsrechtlich anzurechnen. Dies geschieht bis zum letzten von der
Bewilligung umfassten Zeitraum, für die Zeit vom 16.12.2008 bis zum 15.1.2009.
(d)
Seit 16.1.2009 ist die Mutter erwerbstätig und erzielt ein monatliches Nettoeinkommen
von 659,64 €.
(e)
Danach ergibt sich für die Zeit ab 1.3.2008 folgender monatlicher ungedeckter
Unterhaltsbedarf:
c)
Der Beklagte ist hinsichtlich des soeben ermittelten ungedeckten Unterhaltsbedarfs nur
eingeschränkt leistungsfähig.
Allerdings trifft den Beklagten entgegen der Auffassung des Amtsgerichts die
Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich einer behaupteten Leistungsunfähigkeit (vgl.
Wendl/Dose, a.a.O., § 6, Rz. 710 f.). Unter Berücksichtigung seiner Darlegungen im
Berufungsverfahren ist aber festzustellen, dass der Beklagte für die Zeit von März bis
Dezember 2008 nur in Höhe von 92 €, und ab 1.1.2009 überhaupt nicht mehr
leistungsfähig ist.
aa)
Für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Beklagten ist sein Einkommen aus der am
2.5.2006 aufgenommenen selbstständigen Tätigkeit heranzuziehen.
Wegen der meist stark schwankenden Einkünfte von Gewerbetreibenden und
Freiberuflern ist zur Ermittlung des unterhaltsrechtlich bedeutsamen Einkommens
grundsätzlich ein möglichst zeitnaher Mehrjahresdurchschnitt zu bilden, wobei in der
Regel auf einen Zeitraum von drei Jahren abgestellt werden kann (vgl. Wendl/Kemper,
a.a.O., § 1, Rz. 274). Hierzu hat der selbstständige Unterhaltsschuldner die
entsprechenden Gewinn- und Verlustrechnungen bzw. Einnahmen-
/Überschussrechnungen der betreffenden Jahre vorzulegen (vgl. Wendl/Kemper, a.a.O., §
1, Rz. 216). Zu beachten ist, dass die Höhe des die Leistungsfähigkeit bestimmenden
Einkommens nicht notwendig identisch ist mit dem steuerrechtlichen Einkommen. Das
Steuerrecht privilegiert einzelne Einkommensarten und erkennt Aufwendungen als
einkommensmindernd an, die keine Vermögenseinbuße zum Gegenstand haben. Der
selbstständige Unterhaltsschuldner muss daher seine Einnahmen und behaupteten
Aufwendungen im Einzelnen so darstellen, dass die allein steuerlich beachtlichen
Aufwendungen von solchen, die unterhaltsrechtlich von Bedeutung sind, abgegrenzt
werden können. Die allein ziffernmäßige Aneinanderreihung einzelner Kostenarten
genügt diesen Anforderungen vielfach nicht (BGH, FamRZ 1980, 770 f.). Vor diesem
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genügt diesen Anforderungen vielfach nicht (BGH, FamRZ 1980, 770 f.). Vor diesem
Hintergrund können die in den vom Beklagten vorgelegten Gewinnermittlungen
ausgewiesenen Gewinne der Einkommensermittlung nicht ohne Korrektur zugrunde
gelegt werden. Dabei sind mangels Vorliegens einer Gewinnermittlung für das Jahr 2009
diejenigen für die Jahre 2006 bis 2008 maßgebend, auch wenn sich die Gewinnermittlung
für 2006 mit Rücksicht auf die Aufnahme der Selbständigkeit am 2.5.2006 nicht auf das
gesamte Kalenderjahr bezieht. Im Jahr 2006 ist ferner das für die Zeit vom 2.5. bis zum
1.11.2006 gewährte Überbrückungsgeld von 10.480,70 € als Einkommen zu
berücksichtigen.
(1)
Nach der Gewinnermittlung für 2006 beläuft sich der Gewinn, den der Beklagte in der
Zeit vom 2.5. bis zum 31.12.2006 erzielt hat, auf 3.960,83 €. Allerdings hat der Beklagte
die dort enthaltenen Positionen nicht im Hinblick auf ihre etwaige unterhaltsrechtliche
Bedeutung dargelegt. Daher sind dem ausgewiesenen Gewinn jedenfalls diejenigen
Betriebsausgaben hinzuzusetzen, die vom Kläger bestritten und gemeinhin ohne weitere
Erläuterungen und Vorlage weiterer Belege als allein steuerrechtlich bedeutsam
anzusehen sind. Dies betrifft die Privatanteile an den Kosten für Porto, Telefon und
Bürobedarf sowie in vollem Umfang die Werbe- und Reisekosten sowie die Kosten für
Arbeitsbekleidung. Privatanteile an den Fahrzeugkosten sind hingegen nicht
einkommenserhöhend zu berücksichtigen. Auch im Hinblick auf die vorgenommenen
Abschreibungen bedarf es keiner Korrektur.
(a)
Mangels substanziierten Vorbringens des Beklagten kann angenommen werden, dass
von den in der Gewinnermittlung ausgewiesenen Kosten für Porto, Telefon und
Bürobedarf auch Anteile auf den privaten Gebrauch entfallen. Die Privatanteile schätzt
der Senat im Einklang mit dem Vorbringen des Klägers entsprechend § 287 ZPO auf ein
Drittel. Entsprechend sind dem Gewinn 200,33 € [= (12,95 € Portokosten + 447,69 €
Telefonkosten + 140,35 € Kosten für Bürobedarf) x 1/3] hinzuzusetzen.
(b)
Ein Privatanteil im Hinblick auf die Fahrzeugkosten kann entgegen der Auffassung des
Klägers nicht angenommen werden. Der Beklagte hat dazu vor dem Senat angegeben,
dass es sich bei den Fahrzeugkosten in der Gewinnermittlung um solche handele, die
sich auf das Firmenfahrzeug, den VW-Bus T 5, bezögen, während er privat einen PKW
Volvo nutze. Diesem Vorbringen ist der Kläger nicht entgegengetreten, so dass der
Ansatz eines Privatanteils für die Nutzung des Firmenfahrzeugs ausscheidet.
An dieser Beurteilung ändert das Vorbringen des Klägers mit Schriftsatz vom 12.10.2010
unabhängig davon, dass sich der Schriftsatznachlass insoweit nur auf die Gelegenheit
zur Stellungnahme hinsichtlich der vom Beklagten noch einzureichenden Belege
bezüglich der Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung bezog, nichts. Allein der
Umstand, dass der mit Schriftsatz des Beklagten vom 7.6.2010 als Anlage B 1
vorgelegte Fahrzeugbrief den 25.1.2007 als Ausstellungsdatum erkennen lässt,
rechtfertigt den vom Kläger gezogenen Schluss, in der Zeit vom 2.5.2006 bis zum
24.1.2007 habe der Beklagte über keinen privaten PKW verfügt, nicht, zumal sich in dem
Fahrzeugbrief der Hinweis findet, dass dieser im Umtausch gegen einen anderen
Fahrzeugbrief ausgegeben worden sei.
(c)
Da der Beklagte die in der Gewinnermittlung ausgewiesen Werbe- und Reisekosten trotz
des diesbezüglichen Bestreitens des Klägers nicht näher erläutert und belegt hat, sind
diese dem Gewinn in vollem Umfang, also in Höhe von 608,48 €, hinzuzusetzen.
(d)
Ebenfalls dem Einkommen hinzuzusetzen sind die Kosten der Arbeitsbekleidung mit
229,79 €. Mit der Ladungsverfügung des Senats vom 29.6.2010 ist der Beklagte bereits
darauf hingewiesen worden, dass berufsbedingte Aufwendungen nur abzugsfähig sind,
wenn der geltend gemachte Aufwand notwendigerweise mit der Ausübung einer
Erwerbstätigkeit verbunden ist und sich eindeutig von den Kosten der privaten
Lebenshaltung abgrenzen lässt, was auf den Erwerb von Kleidungsstücken, die auch
privat genutzt werden können, nicht zutrifft (vgl. BGH, Urteil vom 22.11.2006 – XII ZR
24/04 -, FamRZ 2007, 193). Auch nach diesem Hinweis ist hinreichend substanziierter
Vortrag des Beklagten nicht erfolgt. Soweit er im Schriftsatz vom 9.8.2010 auf die
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Vortrag des Beklagten nicht erfolgt. Soweit er im Schriftsatz vom 9.8.2010 auf die
Anschaffung von Elektroisolierband, Handsägeblättern und einem
Gerüstbauratschenschlüssel eingeht, ist schon nicht nachvollziehbar, dass insoweit
entstandene Kosten in den Aufwendungen für Arbeitsbekleidung in der Gewinnermittlung
enthalten sein sollen. Hinsichtlich der weiter angegebenen Anschaffung von
Trekkinghemden, Sweatshirts, Halbschuhen, Arbeitsschuhen, Cargohosen, Zunfthosen
und einer Regenjacke ist die notwendige Abgrenzung von den Kosten der privaten
Lebenshaltung nicht vorgenommen worden. Allein der Hinweis, die Kleidung sei wegen
ihres gewerblichen Gebrauchs und der damit einhergehenden Verschmutzung privat
praktisch nicht brauchbar, reicht nicht aus. Insoweit hätte es konkreten Vortrags
hinsichtlich jeder einzelnen Anschaffung bedurft.
(e)
Als Betriebsausgaben unterhaltsrechtlich abzugsfähig sind die in den
Gewinnermittlungen aufgeführten Abschreibungen für den als Firmenfahrzeug genutzten
LKW und die Büroeinrichtung. Dabei ist zu beachten, dass die zu linearen
Abschreibungen von der Finanzverwaltung herausgegebenen AfA-Tabellen regelmäßig
den tatsächlichen Wertverzehr wiedergeben, so dass eine auf der Grundlage dieser
Tabellen vorgenommene lineare Abschreibung auch unterhaltsrechtlich
Berücksichtigung findet (vgl. BGH, Urteil vom 19.2.2003 – XII ZR 19/01 -, FamRZ 2003,
741). Davon ist mit Rücksicht auf die Anlagezeiträume von acht bzw. drei Jahren auch
vorliegend auszugehen.
(f)
Nach alledem ist unterhaltsrechtlich von folgendem Erwerbseinkommen des Beklagten
in der Zeit vom 2.5. bis zum 31.12.2006 auszugehen:
(2)
Auch im Jahr 2007 ist der in der Gewinnermittlung ausgewiesene Gewinn um die vollen
Werbe- und Reisekosten und die Kosten für Arbeitsbekleidung sowie um einen
Privatanteil von einem Drittel für Porto, Telefon, Telefax, Bürobedarf zu erhöhen.
Hinsichtlich der Privatanteile ist von einem Betrag von 308,36 € [= (22,20 € Porto +
769,11 € Telefon + 16,80 € Telefax u. Internetkosten + 116,98 € Bürobedarf) x 1/3]
auszugehen. Danach ergibt sich folgende Berechnung:
(3)
Schließlich sind auch im Jahr 2008 dem Gewinn von 28.585,98 € die gleichen Positionen
wie im Vorjahr hinzuzusetzen. Die Privatanteile belaufen sich, nachdem der Beklagte
unter dem 3.9.2010 ergänzend das Blatt 5 des Kontonachweises zur Gewinnermittlung
vorgelegt hat, hier auf 408,02 € [= (0 € Porto + 1.102,67 € Telefon + 25,20 Telefax und
Internetkosten + 96,19 € Bürobedarf) x 1/3]. Danach ergibt sich folgende Berechnung:
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Für die Zeit vom 2.5.2006 bis zum 31.12.2008 errechnet sich nach alledem folgendes
Gesamteinkommen:
bb)
Vom Einkommen abzusetzen sind die vom Beklagten in der Zeit vom 2.5.2006 bis zum
31.12.2008 geleisteten Steuern. Insoweit kann die Aufstellung im Schriftsatz des
Beklagten vom 9.8.2010 herangezogen werden, da die dort aufgeführten Zahlungen
auch in dem vorgelegten Kontoauszug des Finanzamtes … vom 16.7.2010 ausgewiesen
sind. Zusätzlich zu berücksichtigen sind noch eine Steuererstattung in Höhe von 116 €
in 2008 für 2006 sowie eine weitere Zahlung von 89,59 €. Auf die diesbezüglichen
Buchungen in dem vorgelegten Kontoauszug des Finanzamtes hat der Senat mit
Verfügung vom 31.8.2010 hingewiesen. Unter Berücksichtigung des Vorbringens des
Beklagten im Schriftsatz vom 3.9.2010 und der Steuerbescheide für 2005 in 2006 und
für 2006 in 2008, die entsprechende Beträge ausweisen, kann eine Berücksichtigung
erfolgen. Darauf, dass der Beklagte – insoweit nicht nachgelassen – auch im Schriftsatz
vom 17.9.2010 auf die Zahlung von 89,59 € eingegangen ist, kommt es nicht an.
Danach sind folgende Steuerzahlungen im Zeitraum vom 2.5.2006 bis zum 31.12.2008
zu berücksichtigen:
Ferner sind zu berücksichtigen folgende Zahlungen auf den Solidaritätszuschlag:
Rechnet man die am 1.2.2008 erfolgte Steuererstattung von 116 € gegen, ergeben sich
insgesamt Zahlungen auf Steuern und Solidaritätszuschlag von 7.864,59 (= 7.675 € +
305,59 € - 116 €).
Eine abweichende Berechnung der geleisteten Steuern ist entgegen der vom Kläger mit
Schriftsatz vom 12.10.2010 – insoweit nicht nachgelassen – vertretenen Auffassung
nicht geboten. Nach dem sogenannten In-Prinzip kommt es auf die im maßgeblichen
Zeitraum geleisteten Zahlungen an. Dabei sind nicht allein die Steuern, wie sie in den
jeweiligen Steuerbescheiden als Nachzahlungsbetrag aufgeführt sind, maßgebend.
Vielmehr sind auch die Steuervorauszahlungen, soweit sie vom selbständigen
Unterhaltsschuldner geleistet worden sind, zu berücksichtigen. Der Steuerbescheid für
2007, der eine Steuererstattung ausweist, ist bei der hier anzustellenden Berechnung
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2007, der eine Steuererstattung ausweist, ist bei der hier anzustellenden Berechnung
unbeachtlich. Denn er stammt vom 16.4.2009, also aus einer Zeit nach Ablauf des
maßgeblichen Dreijahreszeitraums.
Eine Korrektur der Steuerberechnung ist auch nicht etwa deshalb geboten, weil das
Einkommen des Beklagten unterhaltsrechtlich in einem größeren Umfang herangezogen
wird als es sich steuerrechtlich darstellt. Insoweit ist von Bedeutung, dass ein
abgeschlossener Unterhaltszeitraum vorliegt, so dass eine Prognoseentscheidung nicht
zu treffen ist. Darüber hinaus scheidet die Nacherhebung von Steuern aufgrund
ungünstiger unterhaltsrechtlicher Beurteilung aus.
Nach Abzug der geleisteten Steuern verbleibt für den Zeitraum vom 2.5. 2006 bis zum
31.12.2008 ein Betrag von 57.442,89 € (= 65.307,48 € Erwerbseinkommen – 7.864,59 €
Steuern). Dies ergibt einen monatlichen Durchschnittsbetrag von rd. 1.795 € (=
57.442,89 € : 32 Monate).
cc)
Grundsätzlich abzugsfähig sind auf Seiten des selbständigen Beklagten die
Vorsorgeaufwendungen, das sind die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, zur
privaten Rentenversicherung und zur Unfallversicherung (vgl. Wendl/Gerhardt, a.a.O., §
1, Rz. 598).
(1)
Bereits durch die Anlagen B 25 und B 26 des Schriftsatzes des Beklagten vom 9.8.2010
sind die Beiträge für die private Rentenversicherung mit insgesamt 150 € belegt. Dieser
Betrag hält sich im Rahmen der zulässigen Gesamtaltersvorsorge von 24 % des
Bruttoerwerbseinkommens (vgl. Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 1., Rz. 598 a).
(2)
Durch den nachgelassenen Schriftsatz vom 17.9.2010 hat der Beklagte nun, vom Kläger
im Schriftsatz vom 12.10.2010 insoweit unbeanstandet, folgende monatliche Zahlungen
auf die Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Unfallversicherung belegt:
(3)
Nicht abzugsfähig ist die für die eheliche Tochter S… abgeschlossene
Lebensversicherung, da es sich insoweit nicht um eine Vorsorgeaufwendung für den
Beklagten selbst handelt.
(4)
Nach alledem sind folgende Vorsorgeaufwendungen zu berücksichtigen:
dd)
Somit ist von folgendem bereinigten Einkommen des Beklagten auszugehen:
ee)
Bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit des Beklagten ist zu beachten, dass gegen ihn
gerichtete Unterhaltsansprüche seiner minderjährigen Kinder dem Anspruch der Frau I…
G… gemäß § 1609 BGB vorgehen. Das betrifft nicht nur das gemeinsame Kind D…,
sondern auch das eheliche Kind S… des Beklagten. Dagegen ist ein Anspruch der
früheren Ehefrau des Beklagten, der entgegen der vom Beklagten geäußerten
Auffassung nicht notwendig vorrangig gegenüber demjenigen der Frau I… G… gemäß §
1615 l BGB wäre, nicht zu berücksichtigen. Denn unstreitig hat die Ehefrau einen solchen
Anspruch nicht geltend gemacht, und der Beklagte hat eine sich insoweit ergebende
Unterhaltsverpflichtung auch nicht dargelegt.
(1)
Soweit es den Unterhalt für das Kind D… betrifft, ist von den Beträgen auszugehen, die
dem angefochtenen Urteil zugrunde liegen. Denn der Kläger hat seine Berufung nicht
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dem angefochtenen Urteil zugrunde liegen. Denn der Kläger hat seine Berufung nicht
auch – etwa im Wege der Klageerweiterung – auf den Kindesunterhalt erstreckt, und der
Beklagte hat insoweit keine Anschlussberufung eingelegt. Allerdings sind nicht allein die
Beträge, wie sie sich im Tenor des angefochtenen Urteils finden, maßgebend. Denn
diese beruhen, wie sich aus dem erstinstanzlichen Schriftsatz des Klägers vom
16.7.2009 ergibt, auf einer Berücksichtigung teilweiser Unterhaltszahlungen durch den
Beklagten. Entscheidend ist der geltend gemachte Kindesunterhalt abzüglich hälftigen
Kindergeldes von 230 € bzw. 228 €, im Monat Januar 2008 allerdings nur anteilig
berücksichtigt. Folgende Beträge sind daher abzusetzen:
(2)
Die eheliche Tochter S… lebt bei ihrer Mutter, der geschiedenen Ehefrau des Beklagten.
Die Mutter erfüllt ihre Unterhaltspflicht daher gemäß § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB durch
Betreuung des Kindes. Allein barunterhaltspflichtig ist der Beklagte. Maßgebend ist
insoweit der vom Beklagten durchgehend belegte Zahlbetrag von 178 €. Darauf, dass
der Beklagte durch Schreiben der Anwältin der Mutter des Kindes unter dem 6.6.2007
Zahlung von 228 € verlangt hat, kommt es nicht an. Wenn der Beklagte danach den
Zahlbetrag nicht erhöht hat und nicht erneut angemahnt worden ist, muss von
Verwirkung des höheren Unterhalts gemäß § 242 BGB ausgegangen werden (vgl.
Wendl/Gerhardt, a.a.O., § 6, Rz. 135 ff.). Dass der Beklagte hernach noch einmal auf
höheren Unterhalt in Anspruch genommen worden ist, hat er nicht geltend gemacht.
(3)
Demnach verbleiben dem Beklagten nach Abzug des Kindesunterhaltes folgende
Beträge:
ff)
Angesichts eines billigen Selbstbehaltes von 1.000 € (Nr. 21.4 der Unterhaltsleitlinien
des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2008), der nicht etwa mit
Rücksicht auf eine Haushaltsersparnis herabzusetzen ist (vgl. hierzu BGH, Urteil vom
9.1.2008 – XII ZR 170/05 -, FamRZ 2008, 594 ff.; Senat, Urteil vom 19.5.2009 – 10 UF
2/09 -, BeckRS 2009, 15945; Verfahrenshandbuch Familiensachen -FamVerf-/Schael, 2.
Aufl., § 1, Rz. 239), da der Beklagte mit seiner geschiedenen Ehefrau nicht mehr
zusammenlebt, ist der Beklagte in den Monaten Januar bis April 2009 überhaupt nicht
mehr leistungsfähig. Für die Zeit davor stehen für den Unterhaltsanspruch der Frau I…
G… gemäß § 1615 l BGB folgende Beträge zur Verfügung:
Im Januar 2008 besteht allerdings, wie ausgeführt, kein ungedeckter Unterhaltsbedarf,
so dass eine Unterhaltspflicht des Beklagten trotz Leistungsfähigkeit in Höhe von 207 €
nicht gegeben ist.
3.
In Höhe von 92 € für die Monate März bis Dezember 2008 ist der Unterhaltsanspruch der
Frau I… G… in vollem Umfang auf den Kläger übergegangen, § 33 SGB II. Jedenfalls in
dieser Höhe hat der Kläger ausweislich der vorgelegten Bescheide Leistungen gerade für
Frau I… G… erbracht. Mit Rücksicht darauf, dass die Leistungen tatsächlich deutlich
höher liegen, kommt es auf die Streitfrage, ob hinsichtlich der Kosten für Unterkunft der
Anspruchsübergang nur in Höhe von 44 % erfolgen kann, weil die Vorschriften der §§ 94
Abs. 1 S. 6, 105 Abs. 2 SGB XII, 40 Abs. 2 SGB II entsprechend anzuwenden seien (vgl.
hierzu Senat, Urteil vom 16.12.2008, a.a.O., m.w.N.) nicht an.
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Der Zinsanspruch, bezogen auf den Betrag von 920 € (= 92 € x 10 Monate), folgt aus §§
286 Abs. 1, 288 Abs. 1 ZPO.
5.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts liegen in Bezug auf den Kindesunterhalt die
Voraussetzungen des § 93 ZPO nicht vor. Denn der Beklagte hat auch insoweit
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Voraussetzungen des § 93 ZPO nicht vor. Denn der Beklagte hat auch insoweit
Veranlassung zur Klageerhebung gegeben. Mit Anwaltsschreiben vom 13.2.2009 hat er
zwar gegenüber dem Kläger erklärt, er beabsichtige, den Kindesunterhalt anzuerkennen,
jedoch gleichzeitig mitgeteilt, etwaige Rückzahlungsansprüche könnten nur ratenweise
beglichen werden, weshalb um Rückmeldung gebeten werde. Darauf brauchte sich der
Kläger nicht einzulassen (vgl. Zöller/ Herget, ZPO, 28. Aufl., § 93, Rz. 6 „Geldschulden“).
Ebenfalls nicht anwendbar ist die vom Kläger im Schriftsatz vom 12.10.2010
herangezogene Vorschrift des § 97 Abs. 2 ZPO. Von einem Fall des Obsiegens allein
aufgrund neuen Vorbringens kann nicht ausgegangen werden. Zu Recht weist der
Beklagte mit Schriftsatz vom 17.9.2010 darauf hin, dass der Kläger in erster Instanz im
Schriftsatz vom 16.7.2009 seinen Vortrag bezüglich der Höhe seiner
Vorsorgeaufwendungen nicht beanstandet, sondern diese in einer Höhe von 4.824,84 €
jährlich seiner Berechnung zugrunde gelegt hat. Erst in der Berufungsbegründung hat
der Kläger die Vorsorgeaufwendungen mit Nichtwissen bestritten. Allein der Umstand,
dass sich nun die mit Schriftsatz vom 17.9.2010 belegten Vorsorgeaufwendungen nicht
völlig mit denjenigen aufgrund der Belege, wie sie mit Schriftsatz vom 9.8.2010
vorgelegt wurden, decken, rechtfertigt keine abweichende Kostenentscheidung.
Im Rahmen des § 92 Abs. 1 ZPO zu berücksichtigen ist allerdings der Umstand, dass der
Kläger zunächst mit der Klageschrift vom 5.3.2009 auch zukünftigen Unterhalt geltend
gemacht, den Antrag insoweit aber mit seinem erstinstanzlichen Schriftsatz vom
16.7.2009 nicht aufrechterhalten hat. Im Hinblick auf diese teilweise Klagerücknahme ist
die Mehrkostenmethode anzuwenden (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 7.7.2008 – 10
WF 125/08 -, BeckRS 2009, 00936; Senat, Urteil vom 15.1.2007 – 10 UF 169/06 -,
BeckRS 2007, 15640).
6.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713
ZPO.
7.
Die nicht nachgelassenen Schriftsätze des Beklagten vom 17.9.2010, soweit er über die
Vorlage von Unterlagen hinausgeht, und vom 2.11.2010 geben zu einer abweichenden
Beurteilung keine Veranlassung.
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