Urteil des LSG Thüringen vom 06.03.2006

LSG Fst: ddr, europäische menschenrechtskonvention, sozialversicherung, republik, altersrente, erwerb, eigentum, beschränkung, gesundheitswesen, verwaltungsakt

Thüringer Landessozialgericht
Urteil vom 06.03.2006 (rechtskräftig)
Sozialgericht Nordhausen S 4 RJ 1049/03
Thüringer Landessozialgericht L 6 RJ 85/04
Bundessozialgericht B 5 R 176/06 B
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 15. Januar 2004 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Der Kläger hat Gerichtskosten in Höhe von 600,00 Euro an die Staatskasse zu zahlen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren die Höhe der dem Kläger zustehenden Altersrente streitig.
Der am 26. Februar 1933 geborene Kläger war u.a. vom 6. November 1967 bis 31. Oktober 1970 und vom 1.
September 1972 bis 16. Juni 1981 als Krankenwagenfahrer beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) der DDR beschäftigt
und zahlte vom 1. Mai 1977 bis zum 30. Juni 1990 Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) der
ehemaligen DDR. Er bezog von der Beklagten aufgrund des Bescheids vom 3. Februar 1994 ab dem 1. Februar 1994
Rente wegen Arbeitslosigkeit, die durch Bescheid vom 9. Dezember 1997 zum 1. März 1998 in eine Regelaltersrente
umgewandelt wurde.
Eine bereits im März 1998 vor dem Sozialgericht Nordhausen erhobene Klage (Az.: S 4 RJ 239/98), mit der der Kläger
eine höhere Rente begehrte, wurde im September 1998 durch Klagerücknahme seitens seiner damaligen
Bevollmächtigten beendet. Das von seinen jetzigen Bevollmächtigten im Juni 2000 angestrengte
Wiederaufnahmeverfahren (Az.: S 4 RJ 617/00 WA) blieb erfolglos. Die Berufung wurde zurückgewiesen (Az.: L 6 RJ
596/01), die Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundessozialgericht (BSG) wurde Anfang 2002 durch Rücknahme
beendet (Az.: B 5 RJ 64/02 B).
Am 14. März 2002 beantragte der Kläger die Überprüfung der Rentenberechnung im Hinblick auf die Berücksichtigung
eines Steigerungsfaktors sowie auf die Durchführung einer Vergleichsberechnung nach Artikel 2 des
Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG).
Mit Bescheid vom 30. April 2002 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Und wies den Widerspruch des Klägers mit
Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2003 zurück.
Der Kläger hat am 21. Juli 2003 Klage erhoben, die er im Wesentlichen wie folgt begründet hat:
Seine Ansprüche auf Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. aus der Sozialversicherung (SV) der DDR
sowie seine Ansprüche, die er in einem zusätzlichen Versorgungssystem bzw. in der FZR der DDR erworben habe,
und zwar in der Höhe, in der sie rechtmäßig zur Ergänzung der Versichertenrente zu einer Vollversorgung erworben
worden seien, müssten ohne die Begrenzungen berücksichtigt werden, die verfassungswidrig unter Anwendung des
Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) vorgesehen seien, und entsprechend den veränderten
wirtschaftlichen Verhältnissen an die Lohn- und Einkommensentwicklung im Beitrittsgebiet seit dem 1. Juli 1990
angepasst werden. Hierbei seien folgende Maßgaben zu berücksichtigen: Die Berechnung der Rente dürfe nicht
lediglich nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI), sondern müsse auch nach den
Vorschriften des Rentenrechts des Beitrittsgebietes erfolgen. Insbesondere müsse eine Vergleichsberechnung
erfolgen, wie sie Bestandsrentnern zustand, die bereits am 31. Dezember 1991 eine nach dem Recht der ehemaligen
DDR berechnete Rente erhielten, denn die monatlichen Rentenanwartschaften des Klägers seien unverhältnismäßig
gemindert und eine Rente in Lebensstandard sichernder Höhe nicht gewährleistet.
Die Beschäftigungszeit beim DRK der DDR sei in dem Umfang zu bewerten, der ihm seinerzeit zugestanden worden
sei. Für diese Zeit, in der er dem Gesundheitswesen angehört habe, sei ihm nämlich ein höherer Steigerungssatz bei
der Rentenberechnung zugesagt worden.
Die Bewertung der Zeit der Zugehörigkeit in der FZR dürfe nicht grundgesetzwidrig zusammen mit der Berechnung der
Rente aus der SV-Pflichtversicherung erfolgen, sondern die Rente aus der FZR stehe ihm zusätzlich zu.
Die Begrenzung der Entgelte auf die Beitragsbemessungsgrenze sei grundgesetzwidrig und zu revidieren. Des
Weiteren solle das Gericht feststellen, dass die Ren¬tenberechnung nach dem SGB VI Rentner im Beitrittsgebiet
unzulässig benachteilige. Das "Sonderrecht Ost" wirke für ihn lebenslang nach und benachteilige ihn daher.
Das Sozialgericht Nordhausen hat die Klage mit Urteil vom 15. Januar 2004 abgewiesen und zur Begründung im
Wesentlichen ausgeführt, dass die Rente des Klägers zutreffend berechnet worden sei. Maßgebend sei allein das
SGB VI, das keine Rechtsgrundlage für den begehrten Steigerungssatz in Höhe von 1,5 v.H. biete. Auch eine
Vergleichsberechnung sei nicht durchzuführen, denn der Kläger sei zu den einschlägigen Stichtagen des RÜG kein
Bestandsrentner gewesen. Verfassungsrechtlich seien weder das RÜG noch die zwischenzeitlichen
Rentenanpassungen zu beanstanden. Schließlich sei auch keine Anspruchsgrundlage für die zusätzlich beantragte
Rente aus der FZR ersichtlich.
In seiner Berufung vom 9. Februar 2004 gegen das seinen Bevollmächtigten am selben Tag zugestellte Urteil
wiederholt der Kläger im Wesentlichen sein Vorbringen im Vorverfahren sowie im erstinstanzlichen Verfahren.
Zusätzlich regt er an, Beweis zu erheben (a) über den Erwerb von Anwartschaften auf Ansprüche aus der
Pflichtversicherungsrente der SV und aus der FZR während des Arbeitslebens und in Versicherungsverhältnissen in
der DDR, die auf eine angemessene Alterssicherung gerichtet seien, (b) über den Wert, den diese
Anwartschaften/Ansprüche zum 1. Juli 1990 und zum 31. Dezember 1991 erreicht hatten, (c) über den Erwerb von
Anwartschaften auf Ansprüche aus der Pflichtversicherung der Bundesrepu¬blik Deutschland in der Zeit ab dem 1.
Juli 1990 bis jetzt bzw. bis zum späteren Eintritt in den Ruhestand sowie (d) über die Verweigerung des Erwerbs von
Anwartschaften auf Ansprüche zur Aufstockung der Versicherungsrente zu einer Vollversorgung, jeweils nach der
Zahlbetragsgarantie gemäß Art. 30 Abs. 5 des Einigungsvertrages (EV), nach der derzeitigen Verfahrensweise gemäß
SGB VI und nach der Verfahrensweise analog § 307b SGB VI, im Wege der Vorlage von vergleichbaren
Berechnungen durch die Beklagte. Schließlich regt er hilfsweise an, einen Beschluss gem. Art. 100 des
Grundgesetzes (GG) zu fassen und dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die angesprochenen Fragen zur
Entscheidung vorzulegen. Sein kurz vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung übersandter umfangreicher
Schriftsatz vom 1. März 2006, ergänzt mit Schriftsatz vom 2. März 2006, enthält im Wesentlichen politische
Ausführungen zur Rentenüberleitung.
Der Kläger beantragt ausdrücklich,
"1. das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 15. Januar 2004 aufzuheben und die Be¬klagte zu verpflichten, ihm
ein höheres Alterseinkommen aus den von ihm in seinem Arbeits¬leben rechtmäßig erworbenen Anwartschaften auf
Ansprüche auf ein angemessenes Alterseinkom¬men zu gewähren. Dazu sind der Bescheid vom 30. April 2002, der
die Rentenbescheide vom 3. Februar 1994 und 9. Dezember 1997 im Wesentlichen bestätigt in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2003 abzuändern. Sein Anspruch auf Renten aus der SV und aus der FZR
sind in ihrer realen Höhe zu berück¬sichtigen und an die Lohn- und Einkommensentwicklung im Beitrittsgebiet
anzupassen, in der diese Ansprüche in der DDR rechtmäßig erworben und als Eigentum in die Bundesrepublik
Deutschland mitgebracht wurden. Es sind analog der Regelung für die Bestandsrentner der Zahlbetragsschutz des EV
sowie ein angemessener Eigentums-, realer Bestands- und dauerhafter Vertrauensschutz zu gewähren. Dazu sind
insbesondere
1.1. sein Eigentum, das er in Form von Ansprüchen und Anwartschaften aus der DDR in die Bundesrepublik
Deutschland mitgebracht hat, umfassend zu achten, die Ansprüche auf Rente aus der SV und auf Zusatzrente aus
der FZR in Übereinstimmung mit dem Zahlbetragsschutz des EV, zum 31. Dezember 1991 erhöht um 6,84 % und ab
1. Juli 1990 (zunächst fiktiv) angepasst wie die Löhne und Einkommen im Beitrittsgebiet, zu berücksichtigen und ab
Rentenbeginn nach den gleichen Konditionen zu gewähren, wie sie vom EV für Bestandsrentner vorgesehen und vom
BVerfG (BVerfGE 100, 1 ff.) bestätigt wurden;
1.2. die Versichertenrente nach dem SGB VI unter Berücksichtigung der Anwartschaften/Ansprüche im Rahmen der
allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze gemäß § 260 SGB VI und nicht abgesenkt auf die verfassungswidrige
besondere Beitragsbemessungsgrenze Ost (§§ 228a und 256a SGB VI), also auch nicht nach dem ebenfalls
verfassungswidrigen besonderen Alterssicherungsrecht Ost zu berechnen, und die Zusatzrentenansprüche aus dem
Versorgungssystem anzuerkennen, die in der DDR per Gesetz, Anordnung, Verwaltungsakt und Versicherungsvertrag
dauerhaft zum Erhalt des im Berufsleben er¬worbenen Lebensniveaus zugesichert worden sind; die Versichertenrente
ist damit unter Einbeziehung der in der Bundesrepublik ab 1. Juli 1990 ergänzend erworbenen Anwartschaften zu einer
mit Eintritt des Leistungsfalls im Rentenrecht lebensstandardwahrenden Vollversorgung aufzustocken;
1.3. die sich aus den unterschiedlichen Berechnungsarten des zu erwartenden Alterseinkommens ergebenden
Resultate sind zu vergleichen; der höchste Betrag ist als Rente anzukündigen.
2. die Kosten des Verfahrens der Beklagten aufzuerlegen."
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid sowie im erstinstanzlichen
Verfahren und führt ergänzend aus, dass der Kläger zum maßgeblichen Stichtag des 31. Dezember 1996 die im RÜG
vorgesehene Anspruchsvoraussetzung, nämlich die Vollendung des 65. Lebensjahres, noch nicht erfüllt habe.
Daneben sei der Kläger auch keine 10 Jahre lang ununterbrochen im Gesundheits- und Sozialwesen der DDR tätig
gewesen, so dass bereits die Voraussetzungen des § 47 Rentenverordnung der DDR bzw. Art. 2 § 35 RÜG nicht
erfüllt seien. Da er außerdem der FZR erst zum 1. Mai 1977 beigetreten sei, obwohl diese Möglichkeit bereits zum 1.
März 1971 bestanden habe, könnten die Verdienste, die in der Zeit vom 1. März 1971 bis 30. April 1977 den Betrag
von 600 Mark der DDR monatlich überstiegen, bei der Rentenberechnung nicht berücksichtigt werden. Auch seien die
vom Kläger nachgewiesenen und anerkannten versicherten Verdienste in keinem Zeitraum auf die Höhe der
Beitragsbemessungsgrenze gekürzt worden, da die tatsächlichen Verdienste nach Vervielfältigung mit den Werten der
Anlage 10 zum SGB VI regelmäßig unterhalb dieser Grenze des § 260 SGB VI gelegen hätten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichts- und der
beigezogenen Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Rentenbescheide vom 3. Februar 1994 und 9. Dezember 1997 abzuändern und
die Rente wegen Arbeitslosigkeit ab dem 1. Februar 1994 sowie die Altersrente ab dem 1. März 1998 neu zu
berechnen.
Nach § 44 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er
unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass
bei Erlass dieses Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden
ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu
Unrecht erhoben worden sind.
Der Bescheide der Beklagten vom 3. Februar 1994 und 9. Dezember 1997 sind zwar bestandskräftig geworden. Es
fehlen aber die übrigen Voraussetzungen nach § 44 SGB X. Sie sind rechtmäßig, denn der Kläger hat keinen
Anspruch auf eine höhere Rente.
Wie dieser in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat deutlich gemacht hat, ist sein Hauptbegehren auf die
rentenwerterhöhende Berücksichtigung des besonderen Steigerungssatzes von 1,5 v.H. je Kalenderjahr seiner
Beschäftigung im Gesundheitswesen der DDR gerichtet. Das SGB VI aber sieht, wie vom Sozialgericht zutreffend
festgestellt, den vom Kläger geltend gemachten Steigerungsbetrag nicht vor (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 30.
Januar 2003 – Az.: B 4 RA 16/02 R in SozR 4-2600 § 64 Nr. 1; die Verfassungsbeschwerde hiergegen wurde nicht zur
Entscheidung angenommen, vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Oktober 2005 – Az.: 1 BvR 933/03).
Ergänzend dazu ist unter Berücksichtigung des schriftlichen Vorbringens des Klägers, soweit es für den vorliegenden
Fall überhaupt relevant und nicht offenkundig zusammenhanglos aus anderen sozialgerichtlichen Verfahren des
Bevollmächtigten des Klägers übernommen worden ist, auszuführen, dass es keine gesetzliche Grundlage dafür gibt,
den Kläger wie einen (DDR-)Bestandsrentner zu behandeln und die entsprechenden Vorschriften der §§ 307a ff. SGB
VI auf ihn anzuwenden. Der Gesetzgeber war auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen gehalten,
entsprechendes zu normieren. Lediglich soweit der EV bestimmte Vorgaben enthält, war der bundesdeutsche
Gesetzgeber zu einer Umsetzung verpflichtet (vgl. BVerfGE 100, S. 1/33 f.). Entsprechendes gilt für die daneben
begehrte Gleichbehandlung mit "rentennahen" Zugangsrentnern und damit für die weitere Anwendung des
"Rentenrechts der DDR" gemäß Art. 2 RÜG. Auf "normale" Zugangsrentner, die wie z.B. der Kläger nach dem 31.
Dezember 1996 ihren Anspruch auf Altersrente erhielten, durfte der Gesetzgeber in Ausfüllung seines grundsätzlich
weiten gesetzgeberischen Spielraums in verfassungsrechtlich nicht zu beanstan¬dender Weise die Vorschriften des
Sechsten Buches Sozialgesetzbuch für anwendbar erklären.
Insbesondere besteht daher kein Anspruch des Klägers auf eine zusätzliche Rente "aus der FZR". Ebenso wenig
bestehen rechtliche oder gar verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Beschränkung der versicherten
Arbeitseinkommen durch die Anwendung der Beitragsbemessungsgrenzen. Dies ist in der höchstrichterlichen
Rechtsprechung, der der Senat uneingeschränkt folgt, hinreichend geklärt. So führt z.B. das BVerfG (vgl.
Nichtannahmebeschluss vom 6. August 2002 – Az.: 1 BvR 586/98, nach juris) hierzu aus:
" Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 28. April 1999 entschieden, dass die in der Deutschen
Demokratischen Republik erworbenen und im Einigungsvertrag (EV) vom 31. August 1990 (BGBl II S. 889) nach
dessen Maßgaben als Rechtspositionen der gesamtdeutschen Rechtsordnung anerkannten Ansprüche und
Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen den Schutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG genießen
(vgl. BVerfGE 100, 1 (33 f.)). Für die Ansprüche und Anwartschaften aus der Sozialpflichtversicherung und aus der
Freiwilligen Zusatzrentenversicherung kann nichts anderes gelten. Diese Rechtspositionen waren den Berechtigten
privatnützig zugeordnet und dienten der Sicherung ihrer Existenz. Im Hinblick auf die Beitragsleistungen, denen bei
der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung ab 1971 ein Beitragssatz von zehn Prozent zugrunde lag, fehlt es auch
nicht an einer nicht unerheblichen Eigenleistung (vgl. BVerfGE 100, 1 (34)). Der Einigungsvertrag sieht vor, dass die
Ansprüche und Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Deutschen Demokratischen Republik in
das gesamtdeutsche Rentenrecht des SGB VI überführt werden und dass die Einzelheiten durch Bundesgesetz zu
regeln sind ( Art. 30 Abs. 5 EV ).
Die mit der Überleitung dieser Ansprüche und Anwartschaften in das gesamtdeutsche Recht verbundene Gewährung
nur einer Rente und die Beschränkung der versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen durch die
Beitragsbemessungsgrenzen West sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Für ihre Vereinbarkeit mit Art. 14
Abs. 1 GG sind die gleichen Gründe maßgeblich, die nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts die
entsprechenden gesetzgeberischen Entscheidungen bei Ansprüchen und Anwartschaften aus Zusatz- und
Sonderversorgungssystemen der Deutschen Demokratischen Republik eigentumsrechtlich rechtfertigen. Auch bei der
Überführung der Ansprüche und Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung wurde der Bezug zur
persönlichen Arbeitsleistung gewahrt; die Renten behielten grundsätzlich ihre existenzsichernde Funktion. Die
Überführung als Ganzes diente einem wichtigen Gemeinwohlbelang, indem mit der Rechtsangleichung im Rentenrecht
zugleich die Finanzierbarkeit der Sozialversicherung insgesamt erhalten blieb. Die Erstreckung der
Beitragsbemessungsgrenze auf die überführten Leistungen war durch die Entscheidung zugunsten der
verfassungsrechtlich zulässigen Eingliederung in die Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland vorgeprägt
und könnte nicht entfallen, ohne dass das Rentensystem gesprengt würde (vgl. BVerfGE 100, 1 (40 f.)). Der
Gesetzgeber durfte bei der Vereinheitlichung des Rentenrechts im Zuge der Wiedervereinigung im Rahmen seines
weiten Gestaltungsspielraums (vgl. BVerfGE 100, 1 (37)) ohne Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG die Beiträge zur
Freiwilligen Zusatzrentenversicherung oberhalb der Beitragsbemessungsgrenzen West unberücksichtigt lassen."
Lediglich ergänzend ist hierzu anzumerken, dass nach den Ausführungen der Beklagten die vom Kläger
nachgewiesenen und anerkannten versicherten Verdienste in keinem Zeitraum auf die Höhe der
Beitragsbemessungsgrenze gekürzt worden seien, da die tatsächlichen Verdienste nach Vervielfältigung mit den
Werten der Anlage 10 zum SGB VI regelmäßig unterhalb dieser Grenze des § 260 SGB VI gelegen hätten. Dass im
Übrigen, worauf die Beklagte zudem zu Recht hinweist, die 600,- Mark der DDR übersteigenden Bezügeanteile bis
zum Beitritt des Klägers zur FZR gemäß § 256a SGB VI nicht berücksichtigt werden können, bedarf keiner weiteren
Ausführungen.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine vergleichende Rentenberechnung gemäß § 307b Abs. 1 und 2 SGB VI
nach dem so genannten 20-Jahre-Zeitraum und die hieraus resultierende Bezahlung der im Vergleich höchsten Rente
aus den unterschiedlichen Berechnungen bzw. Bescheiden, denn er war, weil er am 31. Dezember 1991 keinen
Anspruch auf eine nach dem AAÜG überführte Rente des Beitrittsgebiets hatte, kein Bestandsrentner im Sinne dieser
Vorschrift.
Darüber hinaus ist auch den Beweisanregungen des Klägers nicht zu folgen, da für den Senat bereist nicht erkennbar
ist, was mit den Anregungen bewiesen werden soll. Im Übrigen dürften die erworbenen Anwartschaften aus der SV
und der FZR sowie der Sozialversicherung der Bundesrepublik Deutschland (s. Beweisanregung a und c) bereits im
Versicherungsverlauf des Klägers enthalten sein. Der Wert, den die DDR-Anwartschaften zum 1. Juli 1990 und zum
31. Dezember 1991 erreicht hatten, ist im vorliegenden Fall ohne Belang, da der Kläger weder Bestandsrentner noch
rentennaher Zugangsrentner war (s. Beweisanregung b). Auf die Vergleichsberechnungen hat der Kläger nach dem
oben Ausgeführten keinen Anspruch (s. Beweisanregung d).
Eine Vorlage des Rechtsstreits an das BVerfG gemäß Art. 100 des Grundgesetzes kommt ebenfalls nicht in Betracht,
da der Senat an der Verfassungsmäßigkeit der hier streitentscheidenden Bestimmungen des SGB VI keinerlei Zweifel
hegt. Keinen verfassungsrechtlichen Zweifeln begegnen auch die vom Kläger im Laufe des Verfahrens gerügten
Aussetzungen verschiedener Rentenanpassungen. Hierzu verweist der Senat auf das Urteil des BSG vom 31. Juli
2002 (Az.: B 4 RA 120/00 R, BSGE 90, S. 11 ff.). Auch einen Verstoß gegen die Europäische
Menschenrechtskonvention (EMRK) kann der Senat nicht erkennen. Der Verweis des Bevollmächtigten des Klägers
auf die Entscheidungen der großen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 2. und
30. März 2005 (Az.: 71916/01, 71917/01 und 10260/02) geht insofern ins Leere, als der Gegenstand dieser
Beschwerden (Enteignungen in der SBZ zwischen 1945 und 1949 und in der DDR nach 1949) keinerlei Bezug zum
vorliegenden sozialgerichtlichen Verfahren aufweist.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass dem klägerischen Vorbringen in dessen Schriftsätzen vom 1. und 2. März
2006, das sich in politischen Polemiken zur bzw. gegen die Rentenüberleitung erschöpft, bereits jeglicher inhaltlicher
Bezug zum vorliegenden Rechtsstreit fehlt, so dass sich Ausführungen hierzu erübrigen. Für die gleichzeitig
beantragte "Zurverfügungstellung" der beiden Schriftsätze mit Anlagen an sämtliche Richter des erkennenden Senats
gibt es im Übrigen keine rechtliche Grundlage. Insoweit ist die Darstellung des wesentlichen Akteninhalts im Rahmen
des Sachvortrags während der mündlichen Verhandlung völlig ausreichend (vgl. § 112 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Aus den genannten Gründen hatte die Berufung insgesamt keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Dem Kläger war zudem gemäß § 192 Abs. 1 SGG ein
Anteil an den Gerichtskosten in Höhe von 600,- Euro aufzuerlegen, weil er dem Gericht durch Mutwillen
entsprechende Kosten verursacht hat. Mutwillen liegt vor, wenn ein Beteiligter einen Prozess weiter betreibt, obwohl
die Rechtsverfolgung objektiv aussichtslos ist, sie das subjektiv weiß und entgegen besserer Einsicht von weiterer
Prozessführung nicht Abstand nimmt; Mutwillen liegt ebenfalls vor bei einer Irreführung oder einer vorsätzlichen
Täuschung des Gerichts (vgl. Meyer-Ladewig/Leitherer in Meyer-Ladewig/Kel¬ler/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 8.
Auflage 2005, § 192 Rdnr. 9).
Hinsichtlich der offenkundigen Aussichtslosigkeit des Berufungsverfahrens wird auf die obigen Ausführungen
hingewiesen. Dies wurde dem Kläger auch ausdrücklich im Termin zur mündlichen Verhandlung am 6. März 2006 vom
Vorsitzenden erläutert. Dieser hat ihn ausweislich der Niederschrift auch auf die Missbräuchlichkeit der
Rechtsverfolgung und die Möglichkeit der Kostenauferlegung hingewiesen. Der Kläger hat dies nach eigenem
Bekunden verstanden, aber trotzdem das Berufungsverfahren fortgeführt.
Damit liegen die Voraussetzungen des § 192 Abs. 1 SGG vor; die weitere Rechtsverfolgung war offensichtlich
aussichtslos und somit missbräuchlich. Als verursachter Kostenbetrag gilt nach § 192 Abs. 1 Satz 2 SGG
mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 SGG für die jeweilige Instanz (hier: 225 Euro). Diesem Betrag hat der Senat
Zuschläge für den durch den Umfang und die Qualität des klägerischen Vorbringens verursachten besonderen
Aufwand für die weitere Bearbeitung und Entscheidung der Berufung hinzugerechnet. Damit bleibt der Senat erheblich
unter dem durchaus möglichen Ansatz (vgl. u.a. Senatsurteil vom 29. April 1998 – Az.: L 6 RA 441/97: mindestens
zwei Richterarbeitsstunden; Goedelt, Mutwillen und Mutwillenskosten, in: Die Sozialgerichtsbarkeit 1986, S. 499 f.: Im
Jahre 1986 2.100,00 DM bis 2.700,00 DM).
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.