Urteil des LSG Sachsen vom 25.04.2008

LSG Fss: negative feststellungsklage, hauptsache, echte rückwirkung, anforderung, krankenkasse, erlass, abrechnung, herausgabe, behandlung, rücknahme

Sächsisches Landessozialgericht
Beschluss vom 25.04.2008 (rechtskräftig)
Sozialgericht Leipzig S 8 KR 312/07 ER
Sächsisches Landessozialgericht L 1 B 198/08 KR-ER
I. Der Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 31. Januar 2008 wird aufgehoben. Der Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung vom 08. Oktober 2007 wird abgelehnt. II. Die Beschwerdegegnerin hat die Kosten in beiden
Rechtszügen zu tragen. III. Der Streitwert wird für das Antrags- und das Beschwerdeverfahren auf 1.643,06 EUR
festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Herausgabe von Patientenunterlagen an den Medizinischen Dienst des
Bundeseisenbahnvermögens (MDK).
Die Beschwerdegegnerin betreibt ein Krankenhaus. Dort wurde die bei der Beschwerdeführerin versicherte S. (im
Folgenden: die Patientin) vom 17.05.2004 bis 26.05.2004 stationär behandelt. Den hierfür durch Rechnung vom
22.06.2004 geforderten Betrag von 4.929,17 EUR beglich die Beschwerdeführerin.
Mit Schreiben vom 31.07.2007 forderte die Beschwerdeführerin die Beschwerdegegnerin dazu auf, dem MDK die
Unterlagen über den oben genannten Behandlungsfall wegen Kodierauffälligkeiten zur Verfügung zu stellen. Durch
Schreiben vom 14.08.2007 teilte die Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin mit, es bestehe wegen Fristablaufs
gemäß § 275 Abs. 1 c Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) keine Berechtigung zur Prüfung mehr. Die
Beschwerdeführerin werde deshalb aufgefordert, das Schreiben vom 31.07.2007 für gegenstandslos zu erklären.
Mit Schreiben vom 21.08.2007 führte die Beschwerdeführerin aus, die Neuregelung von § 275 Abs. 1 c SGB V sei
erst zum 01.04.2007 in Kraft getreten und demzufolge erst auf Krankenhausfälle mit Aufnahmedatum ab 01.04.2007
anwendbar. Für den in Rede stehenden Zeitraum der Krankenhausbehandlung im Jahre 2004 habe es im Land
Sachsen keinen Landesvertrag nach § 112 SGB V gegeben. Somit gälten für die Rechnungsprüfung die
Verjährungsfristen, die noch nicht überschritten seien.
Daraufhin hat die Beschwerdegegnerin am 08.10.2007 die unter dem Aktenzeichen S 8 KR 315/07 geführte Klage
beim Sozialgericht Leipzig (SG) mit dem Antrag erhoben, die Anforderung von Unterlagen für den MDK seitens der
Beklagten im Fall der Patientin für gegenstandslos zu erklären. Zugleich hat sie einen Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung folgenden Inhalts gestellt: die Beschwerdeführerin zu verpflichten, die Anforderung von
Unterlagen für den MDK im Behandlungsfall der Patientin wegen Verfristung zurückzunehmen.
Die Beschwerdegegnerin hat vorgetragen, der Anordnungsanspruch folge aus § 275 Abs. 1 c Satz 2 SGB V. Danach
sei die Prüfung spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch
den MDK dem Krankenhaus anzu-zeigen. Die Einleitung des Prüfverfahrens sei durch die Beschwerdeführerin nicht
inner-halb der gesetzlichen Frist erfolgt. Die besondere Eilbedürftigkeit ergebe sich aus der Tatsache, dass der
Beschwerdegegnerin zahlreiche verfristete Prüfanfragen für Monate oder gar Jahre zurückliegende Behandlungsfälle
vorlägen und weitere verfristete Prüfanfragen zu erwarten seien. Dies bedeute für die Beschwerdegegnerin einen
erheblichen und nicht zu rechtfertigenden Mehraufwand. Weiterhin seien angesichts der Dauer sozialgerichtlicher
Verfahren für das sich anschließende Kostenträgerstreitverfahren Beweisverluste zu befürchten. Sinn und Zweck der
gesetzlichen Neuregelung von § 275 Abs. 1 c SGB V sei es jedoch insbesondere gewesen, für eine zeitnahe Prüfung
Sorge zu tragen. Es sei nicht mit der gesetzlichen Regelung vereinbar, wenn Prüfverfahren für Behandlungsfälle
eingeleitet würden, bei denen die Behandlung Jahre zurückliege. Hier sei der Beschwerdeführerin nur die Möglichkeit
verblieben, die Prüfung innerhalb von sechs Wochen nach Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung – also bis zum
15.05.2007 – einzuleiten. Ferner habe die Beschwerdeführerin das gesetzlich vorgeschriebene Prüfverfahren verletzt,
indem sie selbst – und nicht der MDK – die Patientenunterlagen angefordert habe. Die Beschwerdeführerin hat an ihrer
vorprozessual vertretenen Rechtsauffassung festgehalten.
Mit Beschluss vom 31.01.2008 hat das SG die Beschwerdeführerin "im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig
verpflichtet, den Antrag auf Anforderung von Unterlagen für den Medizinischen Dienst des
Bundeseisenbahnvermögens, Vorberatungsstelle Berlin, Karl-Marx-Allee 90 A,10243 Berlin, im Behandlungsfall der
Patientin (Aufnahme-Nummer: 10249732, Versicherten-Nummer: 5.) zurückzunehmen", ihr die Kosten des Verfahrens
auferlegt und den Streitwert auf 1.250,00 EUR festgesetzt. Das SG hat ausgeführt, die Voraussetzungen für eine
Sicherungsanordnung gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) lägen vor. Nach der im Wege des
vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Betrachtungsweise bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit
für ein Obsiegen im anhängigen Hauptsacheverfahren, so dass ein Anordnungsanspruch zu bejahen sei. Zwar habe
die Beschwerdeführerin – entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin – diese zu Recht aufgefordert, die
maßgeblichen Unterlagen direkt an den MDK zu übersenden, denn die Krankenkasse entscheide gemäß §§ 275 ff.
SGB V darüber, ob und mit welcher Fragestellung sie den MDK einschalte oder nicht. Die streitge-genständliche
Prüfung sei aber nicht vor dem 15.05.2007 und somit verspätet begonnen worden, denn § 275 Abs. 1 c SGB V dürfte
auch für Altfälle gelten. Jedenfalls sei aber der Anspruch der Beschwerdeführerin vertraglich ausgeschlossen. Die
Vereinbarung zu den allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB V
zwischen den Primärkassen-, Ersatzkassen- und Betriebskrankenkassenverbänden auf Landesebene einerseits und
der Krankenhausgesellschaft Sachsen e.V. andererseits sei gemäß deren § 20 Abs. 1 erst am 01.01.2006 in Kraft
getreten und habe ausweislich Fuß-note 6 zu § 20 Abs. 1 "für alle Aufnahmen ab diesem Zeitpunkt" gelten sollen. Im
Jahre 2004 habe keine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung bestanden. Für den Fall einer vertraglichen
Regelungslücke seien die Parteien der ab 01.01.2006 geltenden Vereinbarung gemäß deren § 20 Abs. 6 Satz 4
allerdings gehalten, zu deren Behebung auf eine Art und Weise hinzuwirken, die dem am nächsten komme, was die
Parteien nach Sinn und Zweck des Vertrages bestimmt hätten, wenn der Punkt von ihnen bedacht worden wäre. Die
ab 01.01.2006 gültige Vereinbarung enthalte keine Regelung für Krankenhausaufnahmen vor dem 01.01.2006. Ab
diesem Zeitpunkt gelte § 14 Abs. 1 dieser Vereinbarung. Danach sei dem Krankenhaus eine Prüfanfrage innerhalb von
30 Arbeitstagen nach Zugang der Schlussrechnung zu übermitteln. Gemäß § 14 Abs. 2 habe das Krankenhaus
innerhalb weiterer 30 Arbeitstage nach Zugang der Prüfanfrage die Unterlagen in einem geschlossenen, an den MDK
adressierten, Umschlag zu übermitteln. Die Vereinbarung dieser Fristen lege den Schluss nahe, dass nach dem
Willen der Vertragsparteien für Aufnahmen vor dem 01.01.2006 nicht die allgemeine Weitergeltung der Vierjahresfrist
beabsichtigt gewesen sei. Eine derart große zeitliche Diskrepanz für die Zeit zwischen Rechnungsstellung und
Überprüfung vor dem 01.01.2006 (vier Jahre) und danach (30 Arbeitstage) dürfte mit dem erkennbaren Vertragsziel,
eine schnellere Klärung und Abwicklung streitiger Abrechnungsmodalitäten herbeizuführen, nicht vereinbar sein.
Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Vertragsparteien auch für vergangene Zeiträume eine
Überprüfungsmöglichkeit zeitlich – im Sinne der vertraglich vereinbarten Modalitäten – zu beschränken beabsichtigt
hätten. Folglich hätten sich die Krankenhausträger wegen der vertraglich bestimmten Frist für Behandlungsfälle ab
01.01.2006 nicht mehr auf entsprechende Anfragen für noch weit davor liegende Krankenhausabrechnungen einstellen
müssen, weil ein Vertrauen in eine schnellere Kontrollwahrnehmung durch die Krankenkassen geschaffen worden sei.
Zudem liege ein Anordnungsgrund vor. Eine besondere Dringlichkeit für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sei
mit der erforderlichen Sicherheit dargetan. Sofern die Beschwer-degegnerin einen Anspruch auf ein Behaltendürfen der
Patientenunterlagen habe, sei ihr der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht zuzumuten. Wie sie glaubhaft und
nachvoll-ziehbar dargelegt habe, sehe sie sich neben diesem Verfahren weiteren Prüfungen für weit zurückreichende
Zeiträume durch die Beschwerdeführerin ausgesetzt. Diese habe mit Schreiben vom 09.11.2007 ausdrücklich erklärt,
unter Umständen "mehrere (weitere) Fälle aus der Vergangenheit überprüfen" zu wollen. Mithin erscheine es durchaus
plausibel, dass die Beschwerdeführerin auch künftig weitere Prüfaufträge an den Medizinischen Dienst für weit
zurückliegende Behandlungsfälle vergeben werde. Es bedürfe daher des vorläufigen Rechtsschutzes, weil die
Herausgabe der begehrten Unterlagen und der mit dem Prüfauftrag verbundene erhebliche Verwaltungsaufwand für die
Beschwerdegegnerin nicht mehr rückgängig zu machen wäre.
Gegen den ihr am 26.02.2008 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 05.03.2008 Beschwerde beim
SG eingelegt, welches der Beschwerde ausweislich der Verfügung vom 06.03.2008 nicht abgeholfen hat.
Die Beschwerdeführerin trägt vor, der Antrag auf einstweilige Anordnung sei unbegründet. Es liege kein
Anordnungsanspruch vor. Das SG verkenne, dass seine Ansicht bei den Krankenkassen ab Gültigkeit der
landesvertraglichen Vereinbarung am 01.01.2006 dazu geführt hätte, dass innerhalb von 30 Arbeitstagen – außer den
aktuellen Fällen – auch sämtliche "alten" Fälle (ohne landesvertragliche Vereinbarung) hätten abgearbeitet sein
müssen. Da der damit einhergehende Bearbeitungsmehraufwand unmöglich umzusetzen gewesen wäre, wären so die
"alten" Fälle faktisch einer Prüfung entzogen. Darüber hinaus sei nicht erkennbar, dass die Übersendung der
Unterlagen für die Beschwerdegegnerin einen ernsthaften Nachteil darstellen würde. Der damit einhergehende
administrative Aufwand dürfte überschaubar sein. Ebenso fehle es am Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Der
Prüfantrag sei bereits am 31.07.2007 erfolgt, der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung aber erst am
08.10.2007. Darüber hinaus sei die Streitwertfestsetzung zu beanstanden. Es gehe der Beschwerdegegnerin lediglich
darum, die Fallunterlagen nicht her-aussuchen und übersenden zu müssen. Insoweit dürfte der Streitwert bei
höchstens 50,00 EUR anzusetzen sein.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 31. Januar 2008 aufzuheben und den Antrag der Beschwerdegegnerin
auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 08. Oktober 2007 abzulehnen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts für zutreffend.
Dem Gericht haben die Verwaltungsakte der Beschwerdeführerin sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge
vorgelegen, außerdem die Akte des SG zum zwischen den Beteiligten anhängigen Hauptverfahren mit dem
Aktenzeichen S 8 KR 315/07.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und begründet.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor.
Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den
Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die
Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (so genannte
Sicherungsanordnung). Eine solche Anordnung soll der Veränderung eines bestehenden Zustands vorbeu-gen. Sie
dient einer Bewahrung des Status quo mit einem Unterlassungsgebot an den zu Verpflichtenden. Einstweilige
Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zu-standes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86 b Abs. 2 Satz 2
SGG; so ge-nannte Regelungsanordnung).
Das Bestehen eines Anordnungsanspruchs und das Vorliegen eines Anordnungsgrundes sind erforderlich (§ 86 b Abs.
2 Satz 2 SGG i.V.m. §§ 936, 920 Abs. 2 und § 935 Zivilprozessordnung [ZPO]). Der Anordnungsanspruch bezieht
sich auf den geltend gemachten materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtschutz begehrt wird. Die erforderliche
Dringlichkeit betrifft den Anordnungsgrund. Die Tatsachen, die den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch
begründen sollen, sind darzulegen und glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 in Verbindung mit § 920 Abs. 2
ZPO). Diese allgemeinen Anforderun-gen sind verfassungsrechtlich unbedenklich (Bundesverfassungsgericht
[BVerfG], Beschluss vom 25.10.1999 – 2 BvR 745/88 – BVerfGE 79, 69).
Sinn und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens liegen in der Sicherung der Entscheidungsfähigkeit und
der prozessualen Lage, um eine endgültige Rechtsverwirklichung im Hauptsacheprozess zu ermöglichen. Es will nicht
anderes als allein wegen der Zeitdimension der Rechtserkenntnis und der Rechtsdurchsetzung im
Hauptsacheverfahren eine zukünftige oder gegenwärtige prozessuale Rechtsstellung vor zeitüberholenden
Entwicklungen sichern und irreparable Folgen ausschließen und der Schaffung vollendeter Tatsa-chen vorbeugen, die
auch dann nicht mehr rückgängig gemacht werden können, wenn sich die angefochtene Verwaltungsentscheidung im
Nachhinein als rechtswidrig erweist. Hingegen dient das vorläufige Rechtsschutzverfahren nicht dazu, gleichsam unter
Umgehung des für die Hauptsache zuständigen Gerichts und unter Abkürzung dieses Verfahrens, geltend gemachte
materielle Rechtspositionen vorab zu realisieren.
Bei der Auslegung und Anwendung der Regelungen des vorläufigen Rechtsschutzes sind die Gerichte gehalten, der
besonderen Bedeutung der jeweils betroffenen Grundrechte und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes
Rechnung zu tragen. Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) verlangt
grundsätzlich die Möglichkeit eines Eilverfahrens, wenn ohne sie dem Betroffenen eine erhebliche, über Randbereiche
hinausgehende Verletzung in seinen Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr
beseitigt werden kann (vgl. BVerfG Beschluss vom 25.10.1999 – 2 BvR 745/88 – BVerfGE 79, 69, 74; Beschluss
vom 16.05.1995 – 1 BvR 1087/91 – BVerfGE 93, 1, 14). Dies gilt sowohl für Anfechtungs- als auch für
Vornahmesachen. Hierbei dürfen die Entscheidungen der Gerichte grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung wie
auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden.
Jedoch stellt Art. 19 Abs. 4 GG besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens, wenn ohne die
Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen
entstehen können, die durch das Hauptsache-verfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Je schwerer die Belastungen
des Betroffenen wiegen, die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbunden sind, um so weniger darf das
Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition zurückgestellt werden.
Art. 19 Abs. 4 GG verlangt auch bei Vornahmesachen jedenfalls dann vorläufigen Rechtsschutz, wenn ohne ihn
schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die
Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (BVerfG, Beschluss vom 25.10.1999 – 2 BvR 745/88 –
BVerfGE 79, 69, 74; Urteil vom 14.05.1996 – 2 BvR 1516/93 – 94, 166, 216). Die Gerichte sind, wenn sie ihre
Entscheidung nicht an einer Abwägung der widerstreitenden Interessen, sondern an den Erfolgsaussichten in der
Hauptsache orientieren, in solchen Fällen gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gehalten, die Versagung vorläufigen
Rechtsschutzes auf eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage zu stützen. Dies bedeutet auch, dass die
Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache Fragen des Grundrechtsschutzes einbeziehen muss, wenn dazu
Anlass besteht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 25.07.1996 – 1 BvR 638/96 – NVwZ 1997, 479).
Nach diesen Maßstäben fehlt es dem Antrag der Beschwerdegegnerin bereits an einem Anordnungsgrund.
Der Antrag der Beschwerdegegnerin hat keine bloße Sicherungsanordnung, sondern eine Regelungsanordnung zum
Gegenstand. Im Übrigen wäre schon nicht ersichtlich, auf welche Sicherung der Antrag überhaupt gerichtet sein soll.
Die Beschwerdeführerin hat bislang keine gerichtlichen Maßnahmen unternommen, die darauf gerichtet wären, sich
bzw. den MDK aufgrund eines vollstreckungsfähigen Titels in den Besitz der Unterlagen der Beschwerdegegnerin zu
bringen. Solange eine entsprechende Entscheidung aussteht, kann die Beschwerdegegnerin nicht zur Herausgabe der
Unterlagen gezwungen werden. Rechts-schutz wird hier grundsätzlich durch das Erkenntnis- und durch das
Vollstreckungsverfahren gewährleistet. Der Beschwerdeführerin steht insoweit auch keine Verwaltungsaktkompetenz
zu, mit der sie ihr Ansinnen einseitig durchsetzen könnte.
Der Antrag der Beschwerdegegnerin geht sogar über den im Hauptsacheverfahren (S 8 KR 315/07) gestellten Antrag
hinaus. Mit diesem Hauptsacheverfahren hat die Beschwerdegegnerin eine negative Feststellungsklage erhoben, die
darauf gerichtet ist, festzustellen zu lassen, dass die Aufforderung der Beschwerdeführerin, die
Behandlungsunterlagen dem MDK zu übersenden, rechtlich irrelevant und daher nicht zu beachten ist. Mit dem Antrag
im einstweiligen Rechtsschutz geht sie darüber hinaus, indem sich erreichen will, dass die Beschwerdeführerin
verpflichtet werden soll, das Anforderungsersuchen zurückzunehmen. Hätte die Beschwerdegegnerin mit diesem
Antrag Erfolg, würde das Rechtsschutzinteresse für die negative Feststellungsklage entfallen. Denn wenn die
Anforderung nicht mehr aufrechterhalten wird, bedarf es auch ihrer Abwehr nicht mehr. Ob gleichwohl im
Hauptsacheverfahren dann noch ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Hinblick auf andere Patienten betreffende
Anforderungen von Behandlungsunterlagen bejaht werden könnte, bedarf hier keiner weiteren Erörterung. Jedenfalls
ist, wie bereits dargelegt, die begehrte Anordnung auf eine den Hauptsacherechtsstreit in vollem Umfang beendende
Regelung gerichtet.
Dem steht nicht entgegen, dass das SG, abweichend vom Antrag, die Beschwerdeführerin, die hiergegen kein
Rechtsmittel eingelegt hat, lediglich "vorläufig" verpflichtet hat, den Antrag auf Anforderung von Unterlagen für den
MDK zurückzunehmen. Denn entweder handelt es sich dabei um eine perplexe, weil widersprüchliche Anordnung.
Eine Anforderung von Unterlagen kann nicht gleichzeitig als existent und als nicht existent behandelt werden. Im
Hinblick auf den oben erläuterten Streitgegenstand des Hauptsacheverfahrens muss klar sein, ob die Anforderung von
der Beschwerdeführerin aufrechterhalten wird oder nicht. Oder es handelt sich doch um die Anordnung der endgültigen
Rücknahme des Anforderungsersuchens, bis im Rahmen einer eventuellen Fortsetzungsfeststellungsklage über die
Berechtigung der Beschwerdeführerin entschieden ist, so dass diese bei für sie positivem Ausgang der
Fortsetzungsfeststellungsklage erneut eine Anforderung auf Übersendung der Unterlagen an die Beschwerdegegnerin
richten kann. Im ersten Fall (perplexe Anordnung) besteht schon wegen der Widersprüchlichkeit der
Regelungsanordnung des SG ein Rechtsschutzbedürfnis der Beschwerdeführerin, diese Anordnung zu beseitigen.
Umgekehrt hat die Beschwerdegegnerin bereits jenseits des Anordnungsgrundes kein Rechtsschutzbedürfnis, aus
einer derart widersprüchlichen Anordnung Rechte ableiten zu dürfen. Im zweiten Fall (endgültige Rücknahme des
Anforderungsersuchens bis zur ab-schließenden Klärung im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage) fehlt es an
einem Anordnungsgrund. Der Beschwerdegegnerin geht es letztlich nur darum, im Wege der einstweiligen Anordnung
zu einer schnelleren Klärung der dem Rechtsstreit der Hauptsache zugrunde liegenden Rechtsfrage zu kommen, um
schon im Vorfeld die Beschwerdeführerin von weiteren Anforderungsersuchen abzuhalten und bereits anhängige
Anforderungsersuchen der Beschwerdeführerin inzident unter Hinweis auf den exemplarisch entschiedenen
Rechtsstreit abwehren zu können. Dies begründet jedoch keinen Anordnungsgrund, weil die Beschwerdegegnerin –
wie bereits ausgeführt – ohne entsprechenden Vollstreckungstitel nicht gezwungen werden kann, die Unterlagen
herauszugeben. Es ist zudem völlig offen, ob die Beschwerdeführerin im Wege der Stufenklage gegen die
Beschwerde-gegnerin in diesem und anderen Fällen gegen die Beschwerdegegnerin vorgehen wird. Der
Beschwerdegegnerin ist es zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
Das Begehren der Beschwerdegegnerin scheitert im Übrigen auch am Fehlen eines Anordnungsanspruchs. Zutreffend
ist das SG davon ausgegangen, dass die Krankenkassen bei erforderlicher Inanspruchnahme von
Krankenhausleistungen durch ihre Versicherten regelmäßig zur Zahlung der Krankenhausentgelte verpflichtet sind (1.)
und dass ihnen korrespondierend zu dieser Verpflichtung über den MDK ein Recht auf Überprüfung der
Krankenhausabrechnung zusteht (2.). Entgegen der Auffassung des SG ist das Prüfungsrecht der Beschwerdeführerin
in einem Behandlungsfall aus dem Jahr 2004 jedoch weder gesetzlich noch vertraglich ausgeschlossen (3.).
1. Gemäß § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V ist das zugelassene Krankenhaus im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur
Krankenhausbehandlung der Versicherten verpflichtet. Ist die vom Versicherten in Anspruch genommene Behandlung
gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich (zu diesem Kriterium siehe BSG – Gemeinsamer Senat – Beschluss
vom 25.09.2007 – GS 1/06 – SGb 2007, 668 f.), so ist die Krankenkasse unmittelbar verpflichtet, die im Rahmen von
§ 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V vereinbarten Entgelte an das Krankenhaus zu zahlen, ohne dass es einer vorherigen
Kostenzusage bedarf (siehe BSG, Urteil vom 17.05.2000 – B 3 KR 33/99 R – SozR 3-2500 § 112 Nr. 1 Seite 3; Urteil
vom 23.07.2002 – B 3 KR 64/01 R – SozR 3-2500 § 112 Nr. 3 Seite 20).
Dass eine Krankenhausbehandlung im Falle der Patientin erforderlich war, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig
und begegnet keinen Bedenken des Senats. Ein Zahlungsanspruch der Beschwerdegegnerin gegenüber der
Beschwerdeführerin ist entstanden.
2. Nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sind die Krankenkassen in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach
Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, bei
der Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie
bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachtliche Stellungnahme des MDK
einzuholen. Mit dieser Verpflichtung der Krankenkassen korrespondiert – entgegen der Ansicht der
Beschwerdegegnerin – die Befugnis, unmittelbar einen An-spruch auf Herausgabe von Unterlagen an den MDK
geltend zu machen. Denn ein der Tatsachenermittlung für einen Zahlungsanspruch dienender Herausgabeanspruch
stellt lediglich einen Hilfsanspruch für den zu sichernden Zahlungsanspruch dar (siehe BSG, Urteil vom 28.02.2007 –
B 3 KR 12/06 R – SozR 4-2500 § 276 Nr. 1 Rn. 14). Nichts anderes ergibt sich aus § 276 SGB V. Denn dort wird nur
normiert, wie der Herausgabeanspruch zu erfüllen ist, nicht aber, wem der Anspruch materiellrechtlich zusteht und wie
er prozessual geltend zu machen ist. Sobald die Krankenkassen eine Stellungnahme oder Prüfung durch den MDK
veranlasst haben, sind die Leistungserbringer somit nach § 276 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V verpflichtet,
Sozialdaten auf Anforderungen des MDK unmittelbar an diesen zu übermitteln, soweit dies für die gutachtliche
Stellungnahme und Prüfung erforderlich ist (siehe BSG, Urteil vom 28.02.2007 – B 3 KR 12/06 R – SozR 4-2500 § 276
Nr. 1 Rn. 17).
3. Gesetzliche (a) oder vertragliche (b) Ausschlussfristen zur Überprüfung einer Abrechnung über einen stationären
Aufenthalt eines Versicherten im Jahre 2004 bestanden nicht.
a) aa) Gemäß § 275 Abs. 1 c Satz 1 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) vom 26.03.2007 ist eine Prüfung
nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V bei Kran-kenhausbehandlung nach § 39 SGB V zeitnah durchzuführen. Die Prüfung
nach Satz 1 ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch
den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen (§ 275 Abs. 1 c Satz 2 SGB V). Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung
des Abrechnungsbetrags führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale von 100 EUR zu
entrichten (§ 275 Abs. 1 c Satz 3 SGB V).
§ 275 Abs. 1 c SGB V ist gemäß Art. 46 Abs. 1 GKV-WSG am 01.04.2007 in Kraft getreten. Der Anwendungsbereich
der Vorschrift erstreckt sich nur auf Behandlungsfälle, in denen der Patient nach dem 01.04.2007 in das Krankenhaus
aufgenommen wurde (so auch Sieper, GesR 2007, 446 f.). Die gegenteilige Meinung, die Sechs-Wochen-Frist auf
dieje-nigen Prüfungen nach § 275 SGB V zu beziehen, die zum 01.04.2007 noch nicht beendet waren – und zwar
unabhängig vom Beginn der Prüfung –, vermag nicht zu überzeugen. Würde man dieser Auffassung folgen, wäre von
den Krankenkassen zu fordern gewesen, alle noch offenen Prüfungen nach § 275 SGB V innerhalb von sechs
Wochen ab dem 01.04.2007 einzuleiten und durch den MDK anzeigen zu lassen; andernfalls wären die Krankenhäuser
ab dem 13.05.2007 berechtigt, die Durchführung dieser Prüfungen zu verweigern (so konsequent dargestellt – im
Ergebnis aber offen gelassen – bei Schliephorst, KH 2007, 572, 573).
Gegen diese Ansicht spricht zum einen der Wortlaut von § 275 Abs. 1 c Satz 2 SGB V. Danach wird für den Beginn
der Sechs-Wochen-Frist auf den "Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse" abgestellt (siehe insoweit wiederum
Schliephorst, KH 2007, 572, 573). Diesem Wortlaut lässt sich nicht entnehmen, dass damit auch sämtliche noch
offenen Prüfverfahren vor dem 01.04.2004 erfasst sein sollen, deren Rechnungsdatensätze bereits zu einem früheren
Zeitpunkt bei der Krankenkasse eingegangen waren. Für eine derart – immerhin vier Jahre zurückwirkende (siehe
dazu bb) – weit reichende Rückwirkung hätte es einer ausdrücklichen Regelung bedurft. Zum anderen fehlt es an
einem entsprechenden Willen des Gesetzgebers. Denn die Einfügung von § 275 Abs. 1 c SGB V wurde vom
Gesetzgeber mit dem Ziel des Bürokratieabbaus für die Zukunft begründet. Es sollte ein Anreiz geschaffen werden,
"um Einzelfallprüfungen zukünftig zielorientierter und zügiger einzusetzen" (siehe BT-Drucksache 16/3100 S. 171).
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass sich die Krankenkassen auf die mit § 275 Abs. 1 c Satz 3 SGB V eingeführte
Aufwandspauschale erst ab 01.04.2007 einstellen konnten, zumal deren Einführung im Vorfeld umstritten war (vgl.
Rau, KH 2007, 179, 182). Die Ausrichtung der Vorschrift auf die Zukunft ergibt sich daher auch aus ihrem Sinn und
Zweck. Demnach erfasst § 275 Abs. 1 c SGB V nur Behandlungsfälle ab dem 01.04.2007.
Würde man der Auffassung der Beschwerdegegnerin folgen, würde mit dem Untergang der Ansprüche wegen
Nichtbeachtens der sechswöchigen Ausschlussfrist damit zunächst eine echte Rückwirkung eintreten, die nur um den
Preis der Auslegung der Vorschrift des § 275 Abs. 1 c SGB V praeter legem, nämlich der Ersetzung des Eingangs der
Rechnung durch das Inkrafttreten des § 275 Abs. 1 c SGB V, wieder eingefangen werden könnte. Dadurch würde eine
Übergangsregelung geschaffen, die der Gesetzgeber gerade nicht getroffen hat. Eine derartige Auslegung praeter
legem wäre nur dann hinnehmbar, wenn sie dazu diente, einen primär vom Gesetzgeber unbeabsichtigt ermöglichten
verfassungswidrigen Zustand zu vermeiden. Die Geltung der Ausschlussfrist des § 275 Abs. 1 c Satz 2 SGB V i.V.m.
Art. 46 Abs. GKV-WSG für Rechnungslegungen ab Inkrafttreten der Vorschrift entspricht hingegen in besonderem
Maße dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz und der Rechtssicherheit. Unerheblich ist dabei, dass
die sich daraus ergebenden Konsequenzen, nämlich die Beibehaltung des bisherigen Rechtszustandes für die
Vergangenheit, die Leistungserbringer nicht, wie von ihnen gewünscht, entlastet. Wäre die Rechtsauffassung der
Beschwerdegegnerin richtig, hätte es einer eigenständigen und zudem komplexeren Übergangsregelung bedurft. Zu
Recht weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass die Norm, so wie sie die Beschwerdegegnerin versteht, aus
faktischen Gründen die Wirkung hätte, dass in der Vergangenheit entstandene, nur der Verjährung unterliegende
Ansprüche weitgehend untergegangen wären. Dies dürfte verfassungsrechtlich kaum haltbar sein.
bb) Für Behandlungsfälle vor dem 01.04.2007 verbleibt es – vorbehaltlich der Prüfung unter b) – bei den vor diesem
Zeitpunkt anwendbaren Grundsätzen. Danach unterliegen Vergütungsansprüche der Krankenhäuser gegen die
Krankenkassen für die Behandlung von Versicherten einer vierjährigen Verjährungsfrist (siehe nur BSG, Urteil vom
28.02.2007 – B 3 KR 12/06 R – SozR 4-2500 § 276 Nr. 1 Rn. 25). Dies ist insbesondere aus den §§ 45 Erstes Buch
Sozialgesetzbuch (SGB I), 25 bis 27 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), 113 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch
(SGB X) sowie aus § 44 Abs. 4 SGB X herzuleiten (siehe hierzu BSG, Urteil vom 12.05.2005 – B 3 KR 32/04 R –
SozR 4-2500 § 69 Nr. 1 Rn. 6 ff.). Diese Frist war hier zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Herausgabe der
Behandlungsunterlagen durch Schreiben vom 31.07.2007 und ist auch bislang noch nicht abgelaufen.
b) aa) Die Annahme des SG, der am 01.01.2006 in Kraft getretenen Vereinbarung zu den allgemeinen Bedingungen
der Krankenhausbehandlung sei eine Regelungslücke in Bezug auf ihren zeitlichen Anwendungsbereich zu
entnehmen, ist zu widersprechen. Zwar sieht § 20 Abs. 6 Sätze 3 und 4 der Vereinbarung vor, wie mit
Regelungslücken umzugehen ist. Die Voraussetzungen für die Annahme einer Regelungslücke liegen aber nicht vor.
Denn Fußnote 6 zu § 20 Abs. 1, der das Inkrafttreten des Vertrags am 01.01.2006 bestimmt, lautet ausdrücklich: "Der
Vertrag gilt ab 1. Januar für alle Aufnahmen ab diesem Zeitpunkt". Das bedeutet, dass Behandlungsfälle vor dem
01.01.2006 von der Vereinbarung überhaupt nicht erfasst werden. In einem Behandlungsfall aus dem Jahr 2004
verbleibt es daher bei der Anwendung der vierjährigen Verjährungsfrist. Die vertragsergänzende Lückenfüllung ist hier
ausgeschlossen, weil sich die Beteiligten erklärtermaßen nur über eine Geltung ab 01.01.2006 verständigen konnten.
bb) Für die Zeit vor Inkrafttreten der unter aa) genannten Vereinbarung gab es zwischen den Beteiligten keine
entsprechende Regelung.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154
Verwaltungsgerichtsordnung.
5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 3 Abs. 1, § 47 Abs. 1 Satz 1,
Abs. 2, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 4 und § 63 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG). Dabei geht das Gericht –
abweichend vom SG Leipzig – davon aus, dass zunächst nicht vom Regelstreitwert in Höhe von 5.000 EUR, sondern
vom Rechnungsbetrag in Höhe von 4.929,17 EUR auszugehen ist. Zwar ist in der vergleichbaren Situation des § 44
GKG (Stufenklage) für die Wertberechnung nur der höhere Anspruch maßgebend. Dies gilt aber nicht, wenn lediglich
ein der Informationsgewinnung dienender Auskunftsanspruch oder ein dem gleichen Zweck dienender
Herausgabeanspruch Streitgegenstand ist. Dann ist der Wert nur anhand dieses Anspruchs zu bemessen.
Entsprechendes muss gelten, wenn gegen ein Herausgabebegehren gerichtlicher Schutz in Anspruch ge-nommen
wird. Da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, in welchem Umfang sich die Vorlage der Unterlagen an den MDK der
Höhe nach auswirkt, erscheint ein Drittel des höchst möglichen Zahlungsanspruchs als Streitwert angemessen (vgl.
zum Ganzen BSG, Urteil vom 28.02.2007 – B 3 KR 12/06 R – SozR 4-2500 § 276 Nr. 1 Rn. 31). Der sich daraus
ergebende Betrag in Höhe von 1.643,06 EUR ist nicht weiter zu reduzieren, weil die Beschwerdegegnerin eine
endgültige Vorwegnahme der Hauptsache angestrebt hat.
6. Die Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177, § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §
68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).