Urteil des LSG Sachsen vom 04.10.2001

LSG Fss: behinderung, befreiung, rundfunk, gesellschaft, facharzt, besuch, verordnung, universität, bluthochdruck, haushalt

Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 04.10.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Leipzig S 6 SB 167/97
Sächsisches Landessozialgericht L 1 SB 8/01
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 12.10.2000 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Grad der Behinderung (GdB) und über die Vergabe des Merkzeichens "RF".
Wegen eines dialysepflichtigem Nierenleidens stellte die Versorgungsverwaltung des beklagten Freistaates bei dem
am 13.05.1953 geborenen Kläger zunächst mit Bescheid vom 16.09.1991 einen GdB von 100 fest. Nach einer im
November 1991 erfolgten Implantation einer Spenderniere stellte der Kläger am 20.01.1994 einen auf Zuerkennung
des Nachteilsausgleichs "RF" gerichteten Verschlimmerungsantrag. Nach Einholung von Befundberichten erteilte der
Beklagte dem Kläger unter dem 05.05.1994 einen bindend gewordenen Änderungs-Bescheid, stellte als
Funktionsbeeinträchtigung "Transplantierte Niere (nach Heilungsbewährung)" mit einem GdB von 50 fest und lehnte
die Zuerkennung von Nachteilsausgleichen ab.
Auf einen weiteren Verschlimmerungsantrag (vom 01.12.1995), den der Kläger nach Erleidung eines Herzinfarktes
stellte, erteilte der Beklagte am 17.01.1996 einen weiteren Änderungs-Bescheid mit Feststellung eines GdB von 70
und folgenden Funktionsbeeinträchtigungen:
1. Durchblutungsstörung des Herzens. Herzinfarkt (in Heilungsbewährung). Bluthochdruck.
2. Transplantierte Niere (nach Heilungsbewährung).
3. Hodenwasserbruch.
Auch dieser Bescheid ist, nach Durchführung des Vorverfahrens, das auch die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs
"RF" zum Gegenstand hatte, bindend geworden.
Am 15.10.1996 hat der Beklagte von Amts wegen ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet, in welchem der Kläger
wegen einer Atheromexstirpation an der rechten Serotalseite mit nachfolgender Hämatomausräumung einen
Dauerschaden geltend machte; er könne seit der Operation nicht mehr schmerzfrei sitzen, stehen oder laufen. Nach
Beiziehung von Befundberichten stellte er mit Änderungs-Bescheid vom 03.06.1997 einen GdB von 80 und das
Vorliegen einer erheblichen Gehbehinderung mit den folgenden Funktionsbeeinträchtigungen fest:
1. Transplantierte Niere (nach Heilungsbewährung).
2. Herzleistungsminderung; Durchblutungsstörung des Herzens; Herzwandaneurysma; Herzkranzgefäßdilatation;
Bluthochdruck.
3. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Nerven- und Muskelreizerscheinungen.
4. Polyneuropathie.
Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 04.09.1997, zugestellt am 08.09.1997).
Hiergegen hat sich die am 09.09.1997 erhobene Klage gerichtet, die, neben der Erhöhung des GdB, auch die
Zuerkennung des Nachteilsausgleichs RF zum Gegenstand hatte. Das Sozialgericht (SG) hat Krankenunterlagen und
ärztliche Befundberichte wie folgt beigezogen: Im Befundbericht nebst Arztbrief der Urologischen Klinik der Universität
L ... vom 20.08.1998 wird über eine am 14.03.1996 erfolgte Hämatomausräumung (massives Scrotalhämatom)
berichtet. Im Gutachten vom 22.04.1999, das der Nephrologe Prof. Dr. G ... dem Sächsischen LSG in einem
rentenrechtlichen Berufungsverfahren erstattet hat, wird über die Leistungsfähigkeit des Klägers berichtet und
ausgeführt, der Allgemein- und Kräftezustand sei unauffällig. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. St ... hat im
Befundbericht vom 11.12.1999 nebst Anlagen ausgeführt, dass sich die Befunde seit 1995 aufgrund des Herzinfarktes
verschlechtert hätten. 1996 sei es zu einer deutlichen Besserung gekommen; eine Gehbehinderung liege nicht vor. Im
Befundbericht des Urologen Dr. med. D ... W ... vom 20.01.2000 ist ausgeführt, der Kläger habe über gelegentliche
Beschwerden am rechten Hoden geklagt. Im Abschlussbericht der Medizinischen Fakultät der Universität R ... vom
30.12.1997 wird über den dortigen stationären Aufenthalt des Klägers berichtet und ausgeführt, es bestehe der
Verdacht auf einen Alkoholentzug. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Sch ... führt in seinem Befundbericht vom
04.07.2000 eine Verschlechterung der Befunde seit 30.11.1999 aus. Schließlich hat das SG ein Pflegegutachten des
MDK Sachsen vom 04.03.1998 beigezogen. Darin wird ausgeführt, dass der Kläger überwiegend bettlägerig sei. Er
gehe mittels einer Unterarm-Gehstütze und Begleitung innerhalb der Wohnung. Es bestehe ein mäßiger Allgemein-
und ein reduzierter Kräftezustand.
Mit Urteil auf mündliche Verhandlung vom 12.10.2000 hat das SG die Klage in Abwesenheit des Klägers abgewiesen.
Der Kläger habe derzeit weder einen Anspruch auf Erhöhung des GdB noch auf Zuerkennung des Merkzeichens "RF".
Dies ergebe sich aus den beigezogenen Befundberichten und Krankenunterlagen. Nach einer Nierentransplantation sei
nach einer Heilungsbewährung von allgemein zwei Jahren der GdB entscheidend abhängig von der verbliebenen
Funktionsstörung (AHP Nr. 26 Pkt. 12 S. 107); der GdB ist jedoch nicht niedriger als 50 zu bewerten. Vorliegend habe
der Beklagte die transplantierte Niere mit dem GdB von 50 bewertet. Dies sei ausreichend. Zwar mache der Kläger
eine Verschlechterung des Allgemeinzustandes geltend. Auch werde im Pflegegutachten vom 04.03.1998 berichtet,
dass der Kläger meist bettlägerig sei. Dies widerspreche aber dem am 04.04.1999 erstellten Rentengutachten. Der
Sachverständige Prof. Dr. P ... G ... habe festgestellt, dass der Allgemein- und Kräftezustand unauffällig gewesen
sei. Lediglich an den Armen und Beinen seien Einschränkungen der groben Kraftentwicklung feststellbar gewesen.
Auch im Entlassungsbericht des Kreiskrankenhauses T ... vom 12.05.2000 werde berichtet, dass der Kläger vor der
Entlassung mit Unterarmstützen mobil gewesen sei. Daher müsse davon ausgegangen werden, dass die geltend
gemachten Beschwerden nur vorübergehender Natur seien, jedoch keine dauernden Funktionsbeeinträchtigungen
darstellten. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Feststellung der Voraussetzungen für das Merkzeichen "RF".
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über die Voraussetzungen für die Befreiung
von der Rundfunkgebührenpflicht vom 06.01.1992 seien auf Antrag von der Gebührenpflicht diejenigen Behinderten
befreit, die nicht nur vorübergehend um wenigstens 80 v.H. in ihrer Erwerbsfähigkeit gemindert seien und wegen ihres
Leidens an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen könnten. Nach der gebotenen engen Auslegung von
Gebührenbefreiungsvorschriften werde dem Zweck der Befreiung von der Gebührenpflicht für den Rundfunk- und
Fernsehempfang Genüge getan, wenn der Schwerbehinderte wegen seines Leidens ständig, d.h. allgemein und
umfassend vom Besuch von Zusammenkünften, politischer, künstlerischer, wissenschaftlicher, kirchlicher, sportlicher
und unterhaltender oder wirtschaftlicher Art ausgeschlossen sei. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn der
Betroffene praktisch an das Haus gebunden sei und allenfalls an einer nicht nennenswerten Zahl von Veranstaltungen
teilnehmen könne. Dem Kläger sei aber noch das Verlassen des Hauses möglich. Dies ergebe sich u.a. auch aus
dem Rentengutachten vom 04.04.1999, in welchem ein ausreichender Allgemein- und Kräftezustand beschrieben
worden sei. Auch aus dem Entlassungsbericht des Kreiskrankenhauses T ... vom 05.12.2000 ergebe sich, dass der
Kläger mit Unterarmstützen mobil sei. Somit sei der Kläger zumindest in der Lage, mit Begleitung öffentliche
Veranstaltungen zu besuchen. Für die Vergabe des Merkzeichens "RF" sei aber Voraussetzung, dass der Betroffene
behinderungsbedingt praktisch an das Haus gebunden ist. Dies sei hier jedoch nicht der Fall.
Gegen das am 22.01.2001 per Einschreiben zugestellte Urteil richtet sich die am 14.02.2001 beim SG eingelegte
Berufung. Der Kläger rügt sinngemäß, dass die festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen nicht den aktuellen
Behinderungsgrad wider gäben. Auch wisse er nicht, wie Herr Dr. St ... dazu komme, eine Begutachtung aus dem
Jahr 1999 abzugeben. Er habe sich bei diesem Arzt nach dem Umzug nach B ... seit 1996 nicht mehr vorgestellt.
Der in der mündlichen Verhandlung nicht anwesende und nicht vertretene Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des SG Leipzig vom 12.10.2000 und den Bescheid vom 03.06.1997 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 04.09.1997 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, beim Kläger einen Grad der
Behinderung von mehr als 80 sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "RF" festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bezieht sich auf die versorgungsärztliche Äußerung vom 24.08.2001.
Der Senat hat einen Befundbericht nebst beigefügtem Entlassungsbericht des Kreiskrankenhauses T ... bei dem
Allgemeinmediziner Sch ... beigezogen. Er betreue den Kläger per Hausbesuch. Der Kläger sei dauerhaft
arbeitsunfähig. Eine Besserung der bestehenden Leiden sei nicht eingetreten. Hinzu gekommene neue Leiden träten
spontan auf und hätten bislang zufrieden stellend behandelt werden können. Im Ganzen bestehe ein multiples
Krankheitsbild mit Progredienz. Der Kläger könne an öffentlichen Veranstaltungen nicht teilnehmen und sei von
öffentlichen Zusammenkünften allgemein ausgeschlossen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und auf die
beigezogene Verwaltungsakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in Abwesenheit des ordnungsgemäß geladenen Klägers verhandeln und entscheiden (§ 153 Abs. 1,
§ 110 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung ist statthaft und zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Das angefochtene Urteil des SG und der
streitbefangene Bescheid vom 03.06.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.09.1997 verletzen den
Kläger in seinen Rechten nicht. Dem Kläger steht weder ein Anspruch auf Zuerkennung eines GdB von mehr als 80
noch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "RF" zu.
Statthafte Klageart für das Klagebegehren ist eine mit der Anfechtung der Verwaltungsakte des Beklagten
einhergehende Verpflichtungsklage als Sonderfall der Leistungsklage (vgl. BSG, Urteil vom 12.04.2000, Az.: B 9 SB
3/99 R). Für eine derartige Klage ist der Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in
der Tatsacheninstanz maßgeblich (Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, § 54 Rdnr. 34). Rechtsgrundlage für das
Begehren des Klägers sind daher die Bestimmungen des am 01.07.2001 in Kraft getretenen Neunten Buches
Sozialgesetzbuch (SGB IX) über die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19.06.2001 (BGBl. I
1046).
Gem. § 69 Abs. 1 SGB IX stellt die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständige Behörde
das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung (GdB) fest. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind
Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher
Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher die
Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Bei mehreren sich gegenseitig beeinflussenden
Funktionsbeeinträchtigungen ist deren Gesamtauswirkung maßgeblich (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX).
Der Beklagte hat dabei im Verfügungssatz eines Bescheides nach § 69 SGB IX nur das Vorliegen einer unbenannten
Behinderung und den GdB festzustellen. Die dieser Feststellung im Einzelfall zu Grunde liegende Gesundheitsstörung
und die daraus folgende Funktionsbeeinträchtigungen und deren Auswirkungen sind demgegenüber lediglich in der
Begründung des Verwaltungsaktes anzugeben. Insoweit ist in den Bestimmungen des SGB IX keine Änderung der
Rechtslage gegenüber dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG), das bis zum 30.06.2001 in Kraft stand (dazu BSG,
Urteile vom 24.06.1998, Az.: B 9 SB 18/97 R, B 9 SB 20/97 R, B 9 SB 1/98 R und B 9 SB 17/97 R), eingetreten.
Gem. § 69 Abs. 1 Satz 3 bis 5 SGB IX ist die Auswirkung der Funktionsbeeinträchtigung als GdB nach Zehnergraden
abgestuft von 20 bis 100 festzustellen. Für den GdB gelten die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG normierten
Maßstäbe entsprechend. Für die Beurteilung ist danach maßgeblich, in welchem Ausmaß die aus einer
Gesundheitsstörung hervorgehenden Beeinträchtigungen den Betroffenen in Arbeit, Beruf und Gesellschaft behindern.
Dabei sind einerseits besonders berufliche Beeinträchtigungen zu berücksichtigen, andererseits finden auch
Einschränkungen bei der Ausführung von Tätigkeit im Haushalt oder der Freizeit Berücksichtigung. Das SGB IX gilt
gleichermaßen für Berufstätige wie für Nichtberufstätige.
Grundlage für die inhaltliche Bemessung und den Umfang einer Behinderung sowie die konkrete Bestimmung des
GdB sind im Hinblick auf die Gleichbehandlung aller behinderten Menschen die "Anhaltspunkte für die ärztliche
Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (AHP), die das
Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung aktualisiert im Jahr 1996 herausgegeben hat. Die Rechtsprechung
der Sozialgerichte erkennt die AHP als eine der Entscheidungsfindung dienende Grundlage der Erkenntnis der
medizinischen Wissenschaft zur Bemessung sowohl des Umfangs als auch der Schwere der Beeinträchtigung an. In
den AHP ist der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen jeweils aktualisiert wiedergegeben
und ermöglicht auf diese Weise eine nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende
Rechtssprechung sowohl hinsichtlich des Umfangs als auch der Schwere der Beeinträchtigungen, die dem
Gleichbehandlungsgrundsatz genügt. Eine Abweichung von den AHP kann daher nur in medizinisch begründeten
Ausnahmefällen in Betracht kommen. Ansonsten ist es nicht zulässig, eine vom Gutachter festgestellte Behinderung
mit einem GdB-Wert zu bemessen, der nicht im Einklang mit den Richtlinien der AHP steht. Das Bundessozialgericht
hat mehrfach die Bedeutung der AHP auf das Gerichtsverfahren herausgestellt und den AHP den Charakter
antizipierter Sachverständigengutachten beigemessen (vgl. insoweit BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1, 5 und 6). Vorliegend
hat der Senat keine Bedenken, die AHP seiner Entscheidung zu Grunde zu legen. Sie sind gerade auch für die
Rechtsanwendung im Rahmen des SGB IX maßgeblich.
Es ist nachgewiesen, dass der Kläger an den vom Beklagten im angefochtenen Bescheid festgestelten
Gesundheitsstörungen leidet. Diese bedingen entgegen der Meinung des Klägers die Zuerkennung eines höheren GdB
nicht.
Wegen der Einzelheiten der beim Kläger nachgewiesenen Funktionsbeeinträchtigungen und deren GdB-Ausmaß
nimmt der Senat auf die Gründe des angefochtenen Urteils gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug und sieht von der
weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab.
Die im Berufungsverfahren beigezogenen ärztlichen Unterlagen rechtfertigen keine anderweitige Beurteilung. Der vom
behandelnden Arzt Dr. Sch ... vorgelegte Befundbericht nebst beigefügtem Entlassungsbericht des
Kreiskrankenhauses T ... belegt zwar, dass der Kläger dauerhaft arbeitsunfähig und dass eine Besserung der
bestehenden Leiden nicht eingetreten ist. Daraus ergibt sich indessen kein Anspruch auf Feststellung eines höheren
GdB. Im Befundbericht ist unmissverständlich dargelegt, dass die hinzu gekommenen neuen Leiden spontan auftreten
und - jedenfalls bislang - der ärztlichen Behandlung "zufrieden stellend" zugänglich sind. Insoweit sind Erkrankungen
von lediglich vorüber gehender Natur angesprochen. Diese rechtfertigen aber die Annahme des Vorliegens von
Funktionsbeeinträchtigungen i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX nicht.
Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung des behaupteten Nachteilsausgleichs RF zu.
Die Voraussetzungen für die Vergabe des Merkzeichens RF richten sich nach § 69 Abs. 4 SGB IX, § 1 Abs. 1 Nr. 3
der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über die Voraussetzungen über die Befreiung von der
Rundfunkgebührenpflicht vom 06.01.1992 (SächsGVB. 1992, 16), der seine Ermächtigungsgrundlage in Art. 4 § 6
Abs. 1 Nr. 1 des Staatsvertrages über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 21.04.1991 in Verbindung mit Art.
1 des Gesetzes zum Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 19.12.1991 (SächsGVBl. 1991,
425) findet.
Danach sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Vergabe des Merkzeichens RF in Nr. 33 AHP wie folgt
festgelegt: Die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Vergabe des Merkzeichens sind nach landesrechtlichen
Vorschriften und ergänzender Rechtsprechung immer erfüllt bei
a) Blinden oder nicht nur vorübergehend wesentlich Sehbehinderten mit einem GdB von wenigstens 60 allein wegen
der Sehbehinderung.
b) Hörgeschädigten die gehörlos sind oder denen eine ausreichende Verständigung über das Gehör auch mit Hörhilfen
nicht möglich ist. Letzteres ist dann nicht möglich, wenn an beiden Ohren mindestens eine hochgradige kombinierte
Schwerhörigkeit oder hochgradige Innenohrschwerhörigkeit vorliegt und hierfür ein GdB von wenigstens 50 anzusetzen
ist. Bei einer Schalleitungsschwerhörigkeit sind die gesundheitlichen Voraussetzungen im Allgemeinen nicht erfüllt, da
in diesen Fällen bei Benutzung von Hörhilfen eine ausreichende Verständigung möglich ist.
c) Behinderte mit einem GdB von wenigstens 80, die wegen ihres Leidens an öffentlichen Veranstaltungen ständig
nicht teilnehmen können (AHP Nr. 33 S. 169 ff.).
Der Kläger zählt nicht zu dem in den vorstehenden Bestimmungen aufgeführten Personenkreis, von denen hier allein
die zu Buchst. c) genannte Gruppe in Betracht kommt. Dazu gehören solche Behinderte, bei denen schwere
Bewegungsstörungen - auch durch innere Leiden (schwere Herzleistungsschwäche, schwere Lungenfunktionsstörung)
- bestehen, und die deshalb auf Dauer nur mit Hilfe von Begleitpersonen oder mit technischen Mitteln (z. B. Rollstuhl)
öffentliche Veranstaltungen in zumutbarer Weise nicht besuchen können; Behinderte, die durch ihre Behinderung auf
ihre Umgebung unzumutbar abstoßend oder störend wirken; Behinderte mit nicht nur vorübergehend
ansteckungsfähiger Lungentuberkulose; Behinderte nach Organtransplantation und geistig oder seelisch Behinderte,
bei denen befürchtet werden muss, dass sie beim Besuch öffentlicher Veranstaltung durch motorische Unruhe, lautes
Sprechen oder aggressives Verhalten stören (AHP Nr. 33 Abs. 2 c, Seite 170 bis 171). Zu diesem Personenkreis
gehört der Kläger nicht.
Zwar führt der behandelnde Arzt Sch ... im Befundbericht vom 25.06.2001 aus, dass beim Kläger ein multiples
Krankheitsbild mit Progredienz besteht; der Kläger könne an öffentlichen Veranstaltungen nicht teilnehmen und sei
von öffentlichen Zusammenkünften allgemein ausgeschlossen. Daraus ergibt sich indessen nicht der zwingende
Schluss darauf, dass der Kläger wegen seiner Leiden an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen kann.
Im Arztbrief des Kreiskrankenhauses T ... vom 12.05.2000 ist ausgeführt, dass sich der Kläger in einem "deutlich
reduzierten" Allgemeinzustand befindet. Die weiteren Befunde ergeben insgesamt keinen Anhalt dafür, dass der
Kläger zwingend "an das Haus gefesselt" wäre. Der Kläger wurde insbesondere mit "Unterarmstützen mobil"
entlassen. Auch der Arztbrief vom 15.06.2001 führt lediglich an, dass der Kläger über Halsschmerzen und über eine
Verschlechterung des Allgemeinzustandes geklagt hat. Diese Erkrankungen wurden indessen mit der Empfehlung der
weiteren "dringenden ambulanten Diagnostik" therapiert. Im Übrigen nimmt der Senat auch insoweit auf die Gründe
des angefochtenen Urteils gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug und sieht von der weiteren Darstellung der
Entscheidungsgründe ab.
Im Ganzen sieht der Senat weder einen Anhalt dafür, dass der Kläger wegen seiner Leiden an öffentlichen
Veranstaltungen "ständig nicht teilnehmen" kann, noch besteht Anhalt für weitere Ermittlungen.
Nach alledem hatte die Berufung keinen Erfolg.
Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor (§ 160 SGG).