Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 20.12.2002

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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urteil vom 20.12.2002 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hannover S 18 V 220/87
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 10/9 V 78/95
Das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 13. März 1990 und die Bescheide des Beklagten vom 22. August 1984
und 23. Juni 1987 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 14. September 1987 und der Bescheid vom 6.
Januar 1990 werden geändert. Entsprechend seinen Teilanerkenntnissen in den Schriftsätzen vom 6. September
1989, 27. August und 2. Oktober 2002 wird der Beklagte verurteilt, bei dem Klä-ger als weitere Schädigungsfolge im
Sinn des Bundesversorgungsgesetzes eine "rezidivierende Pneumonie" sowie eine schädigungsbedingte Minderung
der Er- - 1a - werbsfähigkeit gemäß § 30 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes um 80 v.H. seit dem 1. April 1986
und um 90 v.H. seit dem 1. Februar 1990 festzustellen und dem Kläger entsprechende Versorgung zu gewähren. Die
weitergehende Berufung wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der außergerichtlichen Kosten
beider In-stanzen zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch über die Höhe der durch die Schädigungsfolgen be-dingten Minderung der
Erwerbsfähigkeit (MdE) sowie über eine Pflegezulage nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG).
Bei dem 1922 geborenen Kläger hatte das Versorgungsamt Dortmund zuletzt mit Bescheid vom 8. April 1959 als
Schädigungsfolgen im Sinne des § 1 BVG
Hautweichteilnarben an der oberen Hälfte des linken Oberarmes, leichte Bewegungseinschränkung des linken
Schulter- und Ellenbogengelenkes. Lähmung des linken Ellennerven. Schädigung des linken Mittelnerven.
Kieferhöhlenentzündung rechts. Kieferhöhlenentzündung links (Zustand nach Kieferhöhlenoperation). Geringe
Lähmung des rechten Stimmban-des.
sowie eine dadurch bedingte MdE um 60 v.H. festgestellt. Dem Bescheid hatten insbesondere die Gutachten des Dr.
D. vom 17. Januar 1959 auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet, des Dr. E. vom 22. Januar 1959 auf HNO-
fachärztlichem Gebiet sowie des Dr. F. vom 15. März 1959 auf innerem Fachge-biet zugrunde gelegen.
Im Januar 1984 beantragte der Kläger die Feststellung weiterer Schädigungsfol-gen und eine höheren MdE. Hierin
sowie in seinen weiteren Anträgen vom März und August 1985, Oktober und November 1986 wies er auf eine Vielzahl
von Ge-sundheitsstörungen nahezu des gesamten Körpers hin und vertrat die Auffas-sung, diese seien als weitere
Schädigungsfolgen anzuerkennen. Darüber hinaus hätten sich die bereits anerkannten Schädigungsfolgen
verschlimmert.
Der Beklagte ließ den Kläger daraufhin von Dr. G. auf pulmologischem Fachge-biet begutachten. Mit Bescheid vom
22. August 1984 stellte er die Schädigungs-folgen wie folgt neu fest:
Hautweichteilnarben an der oberen Hälfte des linken Oberarmes, leichte Bewegungseinschränkung des linken
Schulter- und Ellenbogengelenkes. Lähmung des linken Ellennerven. Schädigung des linken Mittelnerven.
Kieferhöhlenentzündung rechts. Kieferhöhlenentzündung links (Zustand nach Kieferhöhlenoperation). Geringe
Lähmung des rechten Stimmban-des. Chronisch obstruktive Emphysembronchitis mit Bronchiektasen und
beginnender Rechtsherzbelastung.
Die MdE setzte er mit Wirkung ab dem 1. Januar 1984 gem. § 30 Abs. 1 BVG mit 70 v.H. fest. Die genannten
späteren auf die Höherbemessung der MdE gerich-teten Anträge lehnte er mit Bescheid vom 23. Juni 1987 ab, weil
eine wesentliche Verschlimmerung der Schädigungsfolgen nicht eingetreten sei.
Im Oktober 1985 beantragte der Kläger unter anderem die Bewilligung einer Pfle-gezulage. Der Beklagte ließ ihn von
Dr. H. auf innerem Fachgebiet begutachten und lehnte den Antrag dann mit Bescheid vom 24. Juni 1987 ab. Dem
Kläger ste-he eine Pflegezulage nicht zu, weil er nicht wegen der Schädigungsfolgen hilflos sei.
Den gegen die vorgenannten sowie weitere Bescheide zu anderen Ansprüchen gerichteten Widerspruch wies der
Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. September 1987 als unbegründet zurück.
Mit weiterem Bescheid vom 18. September 1985 hatte das Versorgungsamt Han-nover ein besonderes berufliches
Betroffensein gemäß § 30 Abs. 2 BVG festge-stellt und deshalb die MdE mit Wirkung ab dem 1. Dezember 1984 auf
80 v.H. erhöht.
Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger Klage bei dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben, mit der er
unter anderem die Anerkennung einer MdE gemäß § 30 Abs. 1 BVG um 100 v.H. seit dem 1. Januar 1983 und die
Gewäh-rung einer Pflegezulage begehrt hat. Das SG hat den Kläger auf innerem Gebiet von Dr. I. begutachten lassen.
Aufgrund des Gutachtens hat der Beklagte sich mit Schriftsatz vom 6. September 1989 bereit erklärt, die MdE gemäß
§ 30 Abs. 1 BVG seit dem 1. April 1986 mit 80 v.H. zu bewerten. Im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem SG
am 13. März 1990 hat der Vertreter des Beklagten je-doch die Rücknahme des bisher nicht angenommenen
Angebotes erklärt.
Während des Klageverfahrens hat der Kläger bei dem Beklagten im August und Dezember 1987 und im September
1989 die Feststellung weiterer Schädigungs-folgen und einer höheren MdE beantragt. Dieser hat den Kläger durch die
Inter-nistin Dr. J. und den Chirurgen K. begutachten lassen und die Anträge mit Be-scheid vom 6. Januar 1990
abgelehnt. Hinsichtlich der bereits anerkannten Schädigungsfolgen seien wesentliche Verschlimmerungen nicht
eingetreten. Die neu hinzugekommenen Leiden seien nicht Schädigungsfolgen.
Mit Urteil vom 13. März 1990 hat das SG die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Feststellungen des Beklagten
seien sowohl hinsichtlich der Anerkennung von Schädigungsfolgen als auch hinsichtlich der Bewertung der MdE
zutreffend. Ins-besondere seien die von dem Kläger vorgetragenen zahlreichen weiteren Ge-sundheitsstörungen nicht
unmittelbare oder mittelbare Schädigungsfolgen. Pfle-gezulage stehe ihm nicht zu, denn er bedürfe nicht wegen der
Schädigungsfolgen für die gewöhnlich und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens in
erheblichem Umfang dauernd fremder Hilfe.
Gegen das ihm am 23. März 1990 zugestellte Urteil wendet sich die am 23. April 1990 bei dem Landessozialgericht
eingegangene Berufung des Klägers, mit der er inzwischen lediglich noch die Gewährung von Versorgung nach einer
MdE um 100 v.H. gemäß § 30 Abs. 1 BVG und einer Pflegezulage begehrt.
Nach Einholung eines Gutachtens von Dr. L. auf pulmologischem Fachgebiet hat der Beklagte mit Schriftsätzen vom
27. August und 2. Oktober 2002 eine rezidivierende Pneumonie als weitere Schädigungsfolge anerkannt und sich
verpflichtet, dem Kläger ab dem 1. Februar 1990 Versorgung nach einer MdE gemäß § 30 Abs. 1 und 2 BVG um 100
v.H. zu gewähren.
Der Kläger hält die wegen der internistischen Schädigungsfolge zu vergebende Teil-MdE für zu niedrig angesetzt. Der
schwankende Verlauf der Erkrankung sei ebenso zu berücksichtigen sowie die wiederholte Notwendigkeit einer
stationären Behandlung. Auch werde zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Gesamt-MdE wegen der seinen linken
Arm betreffenden Schädigungsfolgen nicht zu erhöhen sei. Diese Störung beeinträchtige ihn zusätzlich ganz
erheblich. Insoweit sei das von dem Beklagten abgegebene Teilanerkenntnis nicht ausreichend.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
1. das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 13. März 1990 und die Bescheide des Beklagten vom 22. August
1984, 23. Juni 1987 und 24. Juni 1987 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 1987 und den
Bescheid vom 6. Januar 1990 in der Fassung des Teilanerkenntnisses in den Schriftsätzen vom 27. August 2002 und
2. Oktober 2002 abzuändern,
2. den Beklagten zu verurteilen, ihm seit dem 1. Januar 1983 Beschädigtenrente nach einer Minderung der
Erwerbsfähigkeit um 100 v.H. gemäß § 30 Abs. 1 BVG sowie seit dem 1. Oktober 1985 Pflegezulage zu gewähren.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 13. März 1990 zurückzuweisen, soweit
sie über das Teilanerkenntnis in den Schriftsätzen vom 27. August 2002 und 2. Oktober 2002 hinaus-geht.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat die den Kläger betref-fenden Patientenunterlagen des
Internisten M. beigezogen und ihn dann von dem Pulmologen Dr. L. begutachten lassen. Wegen des Ergebnisses der
Beweisauf-nahme wird auf das unter dem 22. Mai 2002 erstattete Gutachten Bezug genom-men.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte
des Landessozialgerichtes Niedersachsen zum Az: L 9 V 79/95 und der Verwaltungsakte des Berufungsbeklagten
Bezug genommen. Die genannten Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfin-dung.
Die Beteiligten haben übereinstimmen ihr Einverständnis mit einer Entscheidung der Sache durch Urteil ohne
mündliche Verhandlung und durch den Berichter-statter erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist - jedenfalls in dem jetzt noch zur Entscheidung des Gerichts ge-stellten Umfang - zulässig,
insbesondere auch form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist auch teilweise begründet.
Der Beklagte ist entsprechend den in den Schriftsätzen vom 6. September 1989, 27. August und 2. Oktober 2002
abgegebenen Teilanerkenntnissen zu verurtei-len, weil der Kläger die Teilanerkenntnisse nicht angenommen hat und
der Rechtsstreit deshalb nicht insoweit erledigt ist, § 101 Abs. 2 des Sozialgerichts-gesetzes (SGG). Der Beklagte ist
auch trotz seiner Erklärung in dem Termin der mündlichen Verhandlung vom 13. März 1990 vor dem SG nach wie vor
an das in dem Schriftsatz vom 6. September 1989 abgegebene "Angebot" gebunden. Das Angebot stellt bei
Auslegung seines Inhaltes auch ohne die Verwendung des Wortes ein Anerkenntnis dar. Der Beklagte hat sich
nämlich in dem Schriftsatz bereit erklärt, dem Klagebegehren in der Hauptsache teilweise zu entsprechen, ohne dies
von einem Nachgeben auch des Klägers abhängig zu machen. Insbe-sondere ist das Angebot in seinem Bestand
nicht von einer Rücknahme der wei-tergehenden Klage abhängig gemacht. Dies wird aus dem dritten Absatz des
Schriftsatzes deutlich, in dem der Beklagte sein Klagabweisungsbegehren auf den über das Teilanerkenntnis
hinausgehenden Teil der Klage beschränkt hat.
An dieses Anerkenntnis ist der Beklagte gebunden. Insbesondere hat der Be-klagte sich bei der Abgabe des
Anerkenntnisses eine Rücknahme nicht vorbe-halten. Auch ohne Annahme des Angebotes entfaltet das Anerkenntnis
die mate-riell-rechtliche Wirkung, dass der Beklagte an es gebunden ist, soweit er sich bin-den konnte (vgl. Urteil des
Bundessozialgerichtes (BSG) vom 21. November 1961, Az.: 9 RV 374/60, SozR Nr. 3 zu § 101 SGG). Die
Feststellung der Höhe einer MdE gehört zu den dem Beklagten im Rahmen der Durchführung des BVG obliegenden
Aufgabe. Eine MdE von 80 v.H. kann dabei auch festgestellt werden. Die Wirksamkeit des Anerkenntnisses scheitert
auch nicht daran, dass etwa des-sen gesetzliche Voraussetzungen nicht vorgelegen haben (vgl. Urteil des BSG vom
19. Dezember 1961, Az.: 7 RAr 35/61, SozR Nr. 5 zu § 101 SGG). Im Hin-blick auf die einander widersprechenden
Gutachten mag allenfalls zweifelhaft sein, ob dem Kläger materiell bereits für die Zeit vor dem 1. Februar 1990 eine
höhere MdE als um 70 v.H. zugestanden hat. Ein Widerruf des Anerkenntnisses ist nur bis zu dem Zeitpunkt möglich
gewesen, in dem es die Erklärung dem Empfänger - hier dem Kläger - zugegangen ist. Ausweislich der
Sitzungsnieder-schrift aus dem Rechtsstreit des Sozialgerichts Hannover, Az.: S 18 V 221/87, vom 12. September
1989 wurde dem Kläger der fragliche Schriftsatz in diesem Termin übergeben.
Die weitergehende Berufung ist jedoch unbegründet.
Der Kläger begehrt - nach dem Ergebnis der im Verwaltungs- und Gerichtsverfah-ren durchgeführten Beweisaufnahme
zu Recht – nicht mehr die Feststellung weiterer Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolgen, so dass das Gericht
nur noch zu prüfen hat, ob die bereits festgestellten Schädigungsfolgen zutreffend bewertet worden sind und daraus
ein zutreffender Gesamtgrad der MdE gemäß § 30 Abs. 1 BVG - die Erhöhung dieser MdE um 10 wegen besonderen
berufli-chen Betroffenseins gemäß § 30 Abs. 2 BVG ist zwischen den Beteiligten nicht streitig - gebildet worden ist.
Davon ist auszugehen.
Der Feststellung einer höheren MdE als um 60 v.H. für die Zeit vor dem 1. Januar 1984 stehen bereits Rechtsgründe
entgegen. Gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 iVm Abs. 1 Satz 1 BVG wird eine höhere Leistung erst vom Beginn des
Antragsmo-nats an gewährt. Der hier streitige Erhöhungsantrag des Klägers ist erst im Janu-ar 1984 bei dem
Beklagten eingegangen.
Der Beklagte hat die dem Kläger zustehende MdE für die Zeit seit dem 1. Januar 1984 zutreffend mit nur 70 v.H.
festgestellt. Nach den Feststellungen des Dr. G. in dem Gutachten vom 18. Juli 1984, das von keinem der später
gehörten Gut-achter oder Sachverständigen in Zweifel gezogen worden ist, hat der gesamte die Atmung des Klägers
betreffende Komplex der Schädigungsfolgen zum damaligen Zeitpunkt eine MdE von 60 v.H. bedingt. Zweifelsfrei war
dadurch das körperliche Leistungsvermögen des Klägers in ganz erheblichem Umfang eingeschränkt, so dass die
Funktionsstörung des linken Armes in Anwendung der Grundsätze von Rdnr. 19 der "Anhaltspunkte für die ärztliche
Gutachtertätigkeit im sozialen Ent-schädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz” (AHP) in der damals
noch geltenden Fassung von 1983 nur noch zu einer Erhöhung der Gesamt-MdE um den Wert von 10 führt. Insoweit
ist davon auszugehen, dass sich die Auswir-kungen der Funktionsstörungen des Atemsystems einerseits und des
linken Ar-mes andererseits teilweise überschneiden.
Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass insbesondere die die Atemfunktion des Klägers betreffenden
Schädigungsfolgen bereits wenigstens seit etwa den 70er Jahren starken Schwankungen unterliegen. So hat es neben
Phasen vorüberge-hender Besserungen auch immer wieder Phasen mit Verschlechterung gegeben, etwa durch
Fieberanfälle oder die Notwendigkeit zur Einnahme von Antibiotika oder zu stationärer Krankenhausbehandlung.
Gemäß Rdnr. 18 Abs. 5 der AHP 1983 ist bei derartigen Schwankungen im Gesundheitszustand die MdE we-der an
dem schlechtesten noch an dem besten Zustand auszurichten. Vielmehr ist eine Durchschnitts-MdE festzusetzen,
die dem schwankenden Verlauf gerecht wird. Das Gericht hat keinen Anhaltspunkt dafür, dass Dr. G. oder einer der
ande-ren gehörten Gutachter oder Sachverständigen diese Grundsätze verkannt hätte.
Die MdE ist auch nicht für Zeiten vor dem 1. April 1986 auf mehr als 70 v.H. fest-zusetzen. Nach den Ausführungen
des Dr. I. in dem Gutachten vom 26. Juni 1989 ist erst von dem genannten Zeitpunkt an eine dauerhafte
Verschlechterung der Funktionen von Lunge und Herz des Klägers eingetreten, so dass für diesen Bereich erst seit
dem 1. April 1986 eine Teil-MdE von 30 v.H. zu vergeben ist. Keiner der anderen gehörten Gutachter und
Sachverständigen hat eine MdE von mehr als 70 v.H. für einen früheren Zeitpunkt angenommen. Im Hinblick darauf,
dass Dr. I. für den Bereich Lunge und Herz nur einen um 10 höheren Grad der MdE als die vor ihm gehörten Gutachter
angenommen hat, ist auch eine Erhö-hung des Gesamtgrades der MdE auf mehr als 80 v.H. ab dem 1. April 1986
nicht gerechtfertigt.
Die MdE ist nicht für Zeiten vor dem 1. Februar 1990 auf mehr als 80 v.H. festzu-setzen. Dr. L. hat in dem Gutachten
vom 22. Mai 2002 in nachvollziehbarer Wei-se und unter Auswertung der in der Akte enthaltenen medizinischen
Unterlagen nachgewiesen, dass erst von diesem Zeitpunkt an greifbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass es durch
ein vermehrtes Auftreten von Pneumonien insgesamt zu einer Verschlechterung der Situation der chronischen
Bronchitis gekommen ist. Anknüpfungspunkt hierfür ist der Entlassungsbericht des Krankenhauses N. vom 10.
Februar 1990. Von dem genannten Zeitpunkt an ist die MdE auch zu Recht nur mit 90 v.H. bemessen. Zwar hat Dr. L.
den Teilgrad der MdE für den Bereich der chronischen Bronchitis mit 50 v.H., damit um 20 mehr als früher,
bemessen. Gleichwohl ist nur eine Anhebung des Grades der Gesamt-MdE um 10 auf 90 v.H. gerechtfertigt, weil
durch die nunmehr sehr umfassende Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers durch die Schädigungsfolgen
von Seiten der Atemfunktion die Auswirkung der Funktionsstörungen im Bereich des linken Ar-mes noch weiter in den
Hintergrund gedrängt werden.
Dem Kläger steht auch keine Pflegezulage zu. Die Voraussetzungen des § 35 BVG liegen nicht vor. Pflegezulage ist
nach der genannten Vorschrift zu gewäh-ren, solange der Beschädigte infolge der Schädigung hilflos ist. Hilflos ist
nach der gesetzlichen Definition in § 35 Abs. 1 Satz 2 BVG ein Beschädigter, wenn er für eine Reihe von häufig und
regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung seiner persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages
fremder Hilfe dauernd bedarf. Diesbezüglich hat Dr. L. den Kläger intensiv befragt und unter Auswertung der
objektivierbaren Befunde in für das Gericht nachvollziehba-rer Weise den Hilfebedarf des Klägers dargestellt. Danach
besteht nur ein Bedarf für gelegentliche Hilfe bei der Körperpflege, für Hilfe in Einzelfällen beim An- und Auskleiden,
für gelegentliche Hilfe bei der Fußpflege sowie je nach der Lokalisati-on einer eventuellen Wunde bei deren Reinigung
und Verbinden. Die beiden zu-letzt genannten Verrichtungen fallen nicht im Ablauf eines jeden Tages an. Für die
Feststellung einer Hilflosigkeit sind sie daher jedenfalls nicht von entschei-dender Bedeutung. Bei den beiden
zunächst genannten Verrichtungen ist nur "gelegentlich” oder "in Einzelfällen” Hilfe erforderlich. Auch insoweit kann
nicht davon ausgegangen werden, dass im Ablauf eines jeden Tages dauernd fremde Hilfe benötigt wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Anlass für die Zulassung der Revision besteht nicht, § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG.