Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 22.08.2002

LSG Nsb: unternehmen, innere medizin, rente, mitarbeit, verkehrsunfall, facharzt, neurologie, psychiatrie, wechsel, alkoholmissbrauch

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urteil vom 22.08.2002 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hannover S 14 RA 435/99
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 1 RA 230/01
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt im Rahmen eines Verfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) die
Vorverlegung des Leistungsfalles der von der Beklagten anerkannten Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) vom März
2000 (Untersuchung durch den vom Sozialgericht beauftragten Sachverständigen Dr. H.) auf den Tag seines erlittenen
Verkehrsunfalles am 26. August 1987.
Der im Jahre 1938 geborene Kläger ist gelernter Orthopädiemechaniker, legte in diesem Beruf im Jahre 1962 die
Meisterprüfung ab und betreibt seit 1969 ein eigenes Sanitätshaus gemeinsam mit seiner Ehefrau.
Am 26. August 1987 hatte der Kläger einen Verkehrsunfall erlitten mit einem Thoraxtrauma bei mehreren
Rippenfrakturen, Einblutung in den Brustkorb, Beatmungspflicht und einem Schädel-Hirn-Trauma 1. Grades. Er war
aus einer Kurve herausgetragen worden, ohne Gegenverkehr, ohne Beifahrer und ohne sonstige Unfallzeugen. Im
Jahre 1989 hatte er unter Hinweis auf die Folgen des Unfalls bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit
beantragt. Die Beklagte hatte ein Gutachten des Nervenarztes Dr. I. vom 8. November 1989 eingeholt. Danach konnte
der Kläger noch vollschichtig mittelschwere Arbeiten verrichten, insbesondere auch als Inhaber eines Sanitätshauses.
Die Beklagte hatte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 29. November 1989 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 1990 abgelehnt.
Im anschließenden Klagverfahren hatte das Sozialgericht (SG) J. (Az.: S 1 An 256/90) ein internistisches sowie ein
nervenärztliches Gutachten eingeholt. In seinem Gutachten vom 18. April 1991 hatte der Internist Dr. K. ausgeführt,
der Kläger könne noch vollschichtig leichte Arbeiten im Sitzen bei gelegentlichem Gehen und Stehen sowie mit einem
häufigen Wechsel der Haltungsart verrichten, sofern Arbeiten im Akkord und Schicht-, Maschinen- sowie
Fließbandarbeit zu vermeiden seien. Der Nervenarzt Dr. L. hatte in seinem Gutachten vom 27. Juni 1991 festgestellt,
der Kläger könne weiterhin die mit der Aufrechterhaltung seines Betriebes verbundenen Arbeiten vollschichtig
verrichten. Schließlich hatte das Gericht zur Berufstätigkeit des Klägers in seinem Betrieb mehrere Zeugen
vernommen, darunter auch die Ehefrau des Klägers. Sodann hatte das SG die Beklagte mit Urteil vom 15. Oktober
1992 zur Zahlung einer befristeten Rente wegen BU unter Zugrundelegung eines Leistungsfalles am 26. August 1987
bis zum 31. August 1988 verurteilt und zur Begründung u.a. ausgeführt, dass der Kläger nach der glaubhaften
Zeugenaussage seiner Ehefrau bis zum Unfall etwa zur Hälfte im kaufmännischen Bereich des Betriebes und nach
dem Unfall nach ca. einem Jahr wieder mit ca. 4 Stunden täglich im Unternehmen tätig gewesen sei.
Gegen das Urteil hatte der Kläger Berufung eingelegt (L 1 An 156/92), die mit Urteil des Landessozialgerichts (LSG)
Niedersachsen vom 14. Juni 1993 zurückgewiesen worden war.
Im Juli 1993 stellte der Kläger den zu diesem Verfahren führenden Antrag gemäß § 44 SGB X. Die Beklagte ermittelte
erneut zum medizinischen Sachverhalt und holte ein internistisches sowie ein chirurgisches Gutachten ein. Dabei
führte der Internist Dr. M. in seinem Gutachten vom 25. August 1994 aus, dass sich beim Kläger eine mittelgradige
restriktive sowie eine leichte obstruktive Lungenfunktionsstörung herausgebildet habe. Der Kläger könne als
Orthopädiemeister aufsichtsführende Tätigkeiten der Geschäftsleitung sowie leichte körperliche Arbeiten in
wechselnder Körperhaltung in temperierten Räumen ohne Zigarettenrauch nur noch halb- bis untervollschichtig
verrichten. Außerdem bestehe ein Verdacht auf Alkoholmissbrauch. Der Medizinaldirektor N. führte in seinem
Gutachten vom 8. September 1994 aus, aus chirurgischer Sicht bestünden keine wesentlichen
Leistungseinschränkungen, weshalb der Kläger vollschichtig leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne häufiges Bücken
und ohne Überkopfarbeiten verrichten könne, wobei ein häufiger Wechsel der Körperhaltung anzuraten sei. Daraufhin
lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag des Klägers mit hier angefochtenem Bescheid vom 17. Januar 1994 in
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. April 1995 ab.
Mit seiner hiergegen am 4. Mai 1995 beim SG J. erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, er sei zwar noch in
seinem Betrieb als Selbständiger berufstätig, dies könne jedoch nicht zur Rentenablehnung führen. Denn seine
Tätigkeit sei ihm wegen Ermüdungs- und Erschöpfungszuständen bei eingeschränkter Atembreite und
pseudoradiculären Ausstrahlungen der LWS nur noch 2 bis 3 Stunden täglich möglich. Insbesondere die
Atemprobleme führten zu einer raschen Abnahme der Konzentrationsfähigkeit, die zur Führung des Unternehmens
jedoch erforderlich sei. Schließlich sei auch nicht auszuschließen, dass Kunden bei längeren Vertragsverhandlungen
zur Zigarette griffen und rauchten. Im Übrigen sei er bereits seit Jahren arbeitsunfähig krank im Sinne des Fünften
Buches Sozialgesetzbuch (SGB V).
Das SG hat ein lungenfachärztliches Gutachten des Chefarztes der Klinik für Pneumologie im Krankenhaus
Heidehaus/Klinikum J. Dr. O. vom 27. Mai 1998 eingeholt. Dieser Sachverständige hat ausgeführt, dass die infolge
des Verkehrsunfalls verbliebene mittelschwere restriktive Ventilationsstörung nicht zu einer Gasaustauschstörung
geführt habe. Eine obstruktive Ventilationsstörung bestehe ebenfalls nicht, auch keine Hyperreagibilität gegenüber
Rauch oder Stäuben oder bei Stress. Nachteilig wirke sich aus, dass der Kläger übergewichtig sei und selbst aktiv
rauche; beides müsse eingestellt werden. Zusammenfassend könne der Kläger noch vollschichtig leichte Tätigkeiten
mit geistig normaler bis gehobener Beanspruchung im Wechsel der Haltungsarten sowohl in geschlossnen Räumen
als auch im Freien unter Witterungsschutz verrichten, wobei Zwangshaltungen, häufiges Knien und Hocken,
Überkopfarbeiten, Heben und Tragen über 10 kg, Arbeiten am Fließband oder an rotierenden Maschinen, in Nacht- und
Wechselschicht sowie auf Leitern, Treppen und Gerüsten vermieden werden sollten.
Außerdem hat das SG den Kläger untersuchen und begutachten lassen von dem Facharzt für Neurologie und
Psychiatrie Dr. H ... In seinem Gutachten vom 30. Juni 2000 hat der Sachverständige ausgeführt, dass bei dem
Kläger, der anamnestisch zeitweise erhebliche Mengen Alkohol trinke, u.a. ein Alkoholismus (vom Epsilon-Typ), ein
alkoholtoxisches polyneuropathisches Syndrom sowie eine fortgeschrittene Sklerose der hirnzuführenden Gefäße
bestehe. Während das polyneuropathische Syndrom ohne erwerbsmindernde Bedeutung bleibe, liege aufgrund der
Hirngefäßversorgungsstörung und der psychiatrischen Erkrankung des Alkoholismus beim Kläger Erwerbsunfähigkeit
vor. Zum Leistungsfall führte der Sachverständige aus, dass dieser nach den ihm vorliegenden Unterlagen im Jahre
1994 eingetreten sein dürfte, allerdings bei seiner Begutachtung ein Band Verwaltungsakten der Beklagten gefehlt
habe und die darin etwaig enthaltenen Befunde bei dieser Einschätzung deshalb nicht berücksichtigt worden seien.
Aufgrund dieses Gutachtens hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 13. September 2000 ein Angebot dahingehend
abgegeben, dem Kläger, der nach wie vor als Selbstständiger berufstätig war, Rente wegen BU auf unbestimmte Zeit
zu zahlen und die Leistung am 1. April 2000 beginnen zu lassen, da als Leistungsfall das Untersuchungsdatum bei Dr.
H. am 24. März 2000 zugrunde zu legen sei. Der Kläger hat das Angebot als Teil-Anerkenntnis angenommen und den
Rechtsstreit im Übrigen fortgesetzt.
Sodann hat das SG weitere Befundberichte insbesondere zu dem zurückliegenden Zeitraum seit 1993 eingeholt (Arzt
für Neurologie und Psychiatrie Dr. P., ohne Datum; Dr. Q., ohne Datum; Dr. R., ohne Datum; Facharzt für Innere
Medizin Dr. S. vom 29. August 2000) und zwei ergänzende Stellungnahmen des Dr. H. vom 10. November 2000 und
vom 30. Mai 2001 veranlasst. Darin hat der Sachverständige erklärt, dass eine Erwerbsminderung in Abweichung zu
seiner ersten Einschätzung und insbesondere nach Auswertung des bislang nicht vorliegenden Bandes der
Verwaltungsakte der Beklagten erst zum Zeitpunkt seiner Untersuchung des Klägers im März 2000 angenommen
werden könne, da zu diesem Zeitpunkt die Ausprägung der Erkrankung des Klägers erstmals konkret nachweisbar
geworden sei.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 10. August 2001 abgewiesen und zur Begründung im einzelnen ausgeführt, es
habe sich nicht nachweisen lassen, dass der Kläger bereits vor März 2000 dauerhaft berufsunfähig gewesen sei.
Einem früheren Leistungsfall stehe nicht nur das überzeugende Gutachten des Dr. H. entgegen, sondern auch die
bereits früher erstellten zeitnahen Gutachten, insbesondere diejenigen des Dr. L. und des Dr. K. aus dem Jahr 1991.
Danach hätten zwar schon vor dem Jahr 2000 Anhaltspunkte für einen Alkoholmissbrauch bestanden, damit
verbundene konkrete Leistungseinschränkungen auf organischem oder psychiatrischem Gebiet seien jedoch von
keiner der seinerzeit erstellten sozialmedizinischen Beurteilungen festgestellt worden. Der Nachteil der fehlenden
Erweislichkeit gehe nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des den Anspruch geltend machenden
Klägers. Mit dem seinerzeit festgestellten Leistungsvermögen sei der Kläger auf die selbstständige Tätigkeit in
seinem eigenen Betrieb verweisbar gewesen. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, die im früheren
Verfahren vor dem SG durchgeführt worden sei, sei er in dem Betrieb mit kaufmännischen und organisatorischen
Aufgaben tatsächlich tätig gewesen und habe Einkünfte erzielt. Zu weiterer Beweiserhebung, insbesondere in
orthopädischer und berufskundlicher Hinsicht, sehe sich das SG nicht veranlasst.
Gegen dieses ihm am 3. September 2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 27. September 2001 eingelegte
Berufung, mit der der Kläger ergänzend vorträgt, dass seine Alkoholproblematik bereits seit den 80er Jahren
bestanden habe, seinerzeit aber nicht hinreichend aufgeklärt worden sei. Das Gutachten des Dr. L. aus dem Jahre
1991 sei insoweit unzutreffend und die Beurteilung durch den Sachverständigen Dr. H. nicht überzeugend, zumal
dieser Sachverständige in seiner ersten Stellungnahme einen Leistungsfall immerhin schon für das Jahr 1994
angenommen und diese Einschätzung später wieder aufgegeben habe. Zudem sei weitere Beweiserhebung in
orthopädischer und berufskundlicher Hinsicht notwendig. Zur Glaubhaftmachung seiner bereits früher als im Jahre
2000 bestehenden gesundheitlichen Beschwerden hat der Kläger die Durchschrift eines vorläufigen Arztbriefes der
Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) vom 19. November 1990 vorgelegt.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 10. August 2001 und den Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 1994
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. April 1995 aufzuheben,
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger unbefristete Rente wegen Berufsunfähigkeit unter Zugrundelegung eines
Leistungsfalles am 26. August 1987 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtenen Bescheide als zutreffend und bezieht sich zur Begründung ergänzend auf das Urteil
des SG.
Der Senat hat im vorbereitenden Verfahren ein Gutachten von dem Facharzt für Orthopädie/Sozialmedizin Dr. T. vom
15. Juni 2002 eingeholt und den berufskundlichen Sachverständigen Diplom-Verwaltungswirt U. im Erörterungstermin
vor dem Berichterstatter am 9 Juli 2002 vernommen. Der orthopädische Sachverständige hat nach ambulanter
Untersuchung des Klägers und Auswertung der vorliegenden Akten rückblickend für den Zeitraum von August 1987
(Verkehrsunfall) bis März 2000 (von der Beklagten anerkannter Leistungsfall) Funktionseinschränkungen der BWS und
LWS bei Zervikobrachialgien sowie eine leichte Coxarthrose festgestellt und im einzelnen ausgeführt, dass der Kläger
aus orthopädischer Sicht in dem maßgeblichen Zeitraum noch vollschichtig leichte Arbeiten im Wechsel der drei
Haltungsarten bei geistig normalen bis schwierigen Anforderungen habe verrichten können, sofern Tätigkeiten im
Akkord sowie Schicht-, Maschinen und Fließbandarbeit zu vermeiden gewesen seien. Der berufskundliche
Sachverständige hat ausgesagt, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitraum nicht mehr als mitarbeitender
Orthopädiemechanikermeister habe arbeiten können, da bei dieser Tätigkeit zum Teil auch körperlich mittelschwere
und schwere Arbeiten anfielen, etwa beim Umgehen mit den bis zu 35 kg schweren Körperersatzstücken. Einen von
körperlicher Mitarbeit gänzlich freigestellten Meister gäbe es in der Orthopädiemechanik im Regelfall nicht. Der
lohnabhängig beschäftigte Orthopädiemechanikermeister habe zwar auch Führungsaufgaben im Geschäft zu
erledigen, werde aber immer auch zur Mitarbeit herangezogen. Verweisungsberufe seien nicht erkennbar.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden
erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die
Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Sie haben vorgelegen und sind Gegenstand von Beratung und
Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung
entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.
Die gemäß §§ 143 f. SGG statthafte und zulässige Berufung ist unbegründet.
Weder das Urteil des SG noch die Bescheide der Beklagten sind zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf
Rente wegen Berufsunfähigkeit, soweit dieser Anspruch über die ihm bereits bewilligte Rente wegen BU auf Zeit bis
zum 31. August 1988 und die von der Beklagten unter Zugrundelegung eines Leistungsfalles am 24. März 2000
anerkannte unbefristete Rente wegen BU hinausgeht. Insbesondere ist ein früherer Leistungsfall der BU auch nach
den Ermittlungen im Berufungsverfahren nicht nachweisbar. Den Nachteil der fehlenden Erweislichkeit hat nach den
Grundsätzen der objektiven Beweislast der Kläger zu tragen, der den Anspruch geltend macht.
Zutreffend hat der Kläger im vorliegenden Verfahren nicht beantragt, die Beklagte zur Zahlung einer Rente wegen
Erwerbsunfähigkeit (EU) unter Zugrundelegung eines Leistungsfalles zum Unfallzeitpunkt zu verurteilen. Denn nach
dem im Rahmen des § 44 SGB X maßgeblichen damaligen Recht war nicht erwerbsunfähig, wer eine selbstständige
Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, § 24 Abs. 2 Satz 2 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG). Der Kläger war jedoch
seinerzeit (und noch weiterhin langjährig) als selbstständiger Orthopädiemechanikermeister in seinem eigenen
Unternehmen tätig.
Soweit der Kläger beantragt, ihm Rente wegen BU (unbefristet) unter Zugrundelegung eines früheren Leistungsfalles
als dem 24. März 2000 zu zahlen, ist dieser Anspruch dem hingegen nicht feststellbar.
Das SG hat die maßgeblichen Rechtsgrundlagen herangezogen, richtig angewendet und ist zu dem zutreffenden
Ergebnis gekommen, dass ein früherer Leistungsfall als der 24. März 2000, der Untersuchungszeitpunkt bei Dr. H.,
nicht festgestellt werden kann.
In medizinischer Hinsicht hat das SG dabei die im Laufe des langjährigen Verfahrens zahlreich zu den Akten
gelangten ärztlichen Unterlagen umfassend gewürdigt und ist in seiner ausführlichen Beweiswürdigung zu dem auch
für den Senat überzeugenden Ergebnis gekommen, dass eine wesentliche Herabsetzung der beruflichen
Leistungsfähigkeit des Klägers erst anlässlich seiner gutachterlichen Untersuchung durch den Facharzt für Neurologie
und Psychiatrie Dr. H. am 24. März 2000 festgestellt werden konnte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird zum
Zwecke der Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf das Urteil des SG (S. 12 1. Absatz bis S.
13 1. Absatz) Bezug genommen.
Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:
Eine angiologisch bedingte Einschränkung der Wegefähigkeit des Klägers ist erstmals in den Befundberichten des Dr.
P. und des Dr. S. aus der 2. Jahreshälfte 2000 ersichtlich, so dass der vom Senat beauftragte orthopädische
Sachverständige Dr. T. zu Recht auch erst seit dieser Zeit eine Minderung der Gehstrecke angenommen hat. Zu der
daneben bestehenden Alkoholproblematik ist zwar bereits in den Jahren seit 1989/1990 von ärztlicher Seite auf einen
Alkoholmissbrauch des Klägers hingewiesen worden (vorläufiger Arztbrief der MHH vom 19. November 1990; Arztbrief
der MHH vom 15. Januar 1991; Gutachten des Dr. K. vom 18. April 1991). Eine echte Alkoholabhängigkeit oder
organische oder psychiatrische Folgeschäden sind seinerzeit jedoch nicht festgestellt worden bzw. galten als
therapierbar. Nach den Befundberichten des Internisten Dr. V. vom 12. September 1989 und 3. September 1990
bestand zwar ein Leberparenchymschaden, der jedoch nach den übereinstimmenden sozialmedizinischen
Beurteilungen der Fachärzte für Innere Medizin Dr. K. und Dr. M. ("diskreter Leberparenchymschaden") in ihren
Gutachten vom 18. April 1991 und 25. August 1994 nicht zu wesentlichen Leistungseinschränkungen führte. Auch im
hirnorganischen Bereich und in psychiatrischer Hinsicht sind seinerzeit keinerlei pathologische Befunde erhoben
worden. Es leuchtet daher ein, dass der Kläger nach den Gutachten des Nervenarztes Dr. L. vom 27. Juni 1991 und
des Dr. O. vom 27. Mai 1998 noch Tätigkeiten mit geistig normaler bis gehobener Beanspruchung verrichten konnte.
Auch hat der Kläger selbst einen Alkoholmissbrauch auch damals schon eingeräumt, jedoch erklärt, den
Alkoholgenuss unter Kontrolle zu haben und Alkohol insbesondere zur Ermöglichung der Nachtruhe zu sich zu
nehmen (vgl. etwa die anamnestischen Angaben im Arztbrief der MHH vom 15. Januar 1991). Diese Einschätzung der
seinerzeit noch nicht erwerbsmindernden Bedeutung des Alkoholkonsums wird im Übrigen auch dadurch bestätigt,
dass in weiteren Befundunterlagen und Untersuchungsgutachten der damaligen Zeit die Alkoholproblematik überhaupt
nicht angesprochen worden ist, auch nicht im Sinne etwa eines mitgeteilten Foetor alkoholicus (vgl. etwa Gutachten
des Dr. W. vom 2. November 1989, Arztbrief der Badeärztin Dr. X. vom 7. Februar 1994, Gutachten des Chirurgen Dr.
N. vom 8. September 1994). Es überzeugt daher, wenn der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. erst im
Jahre 2000 anlässlich der von ihm durchgeführten Untersuchung zur Feststellung eines nunmehr bestehenden
manifesten Alkoholismus mit erwerbsmindernder Bedeutung kam. Dass Dr. P. bereits im Jahre 1997 im Rahmen
eines CT-Befundes eine Kleinhirnatrophie festgestellt hatte, steht dieser Bewertung nicht entgegen. Denn aus diesem
isolierten Befund geht noch keine Aussage über Art und Umfang einer damit etwaig verbundenen
Leistungseinschränkung hervor. Darauf haben sowohl Dr. H. als auch das SG zutreffend hingewiesen.
Nach den somit überzeugenden Gutachten der Sachverständigen Dr. K., Dr. L., Dr. O. und Dr. T. konnte der Kläger
daher im streitigen Zeitraum noch vollschichtig leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung mit auch gehobenem
geistigen Anspruch, in geschlossenen Räumen, ohne Zwangshaltungen, ohne häufiges Knien, Hocken, ohne
Überkopfarbeiten, ohne Heben und Tragen über 10 kg, ohne Arbeiten an Fließbändern und laufenden Maschinen, ohne
Nacht- und Wechselschicht sowie nicht auf Leitern und Gerüsten verrichten. Warum Dr. M. in seinem Gutachten vom
25. August 1994 ein nur halb- bis untervollschichtiges Leistungsvermögen feststellte, ist für den Senat bereits deshalb
nicht nachvollziehbar, weil als wesentlicher Befund lediglich ein diskreter Leberparenchymschaden beschrieben wird
(dazu: siehe oben).
Mit diesem Leistungsvermögen war der Kläger jedoch nicht berufsunfähig.
Denn auch in berufskundlicher Hinsicht hat das SG die Sach- und Rechtslage zutreffend beurteilt. Im
Berufungsverfahren haben sich keine neuen Erkenntnisse ergeben. Danach konnte der Kläger im streitigen Zeitraum
seinen bisherigen Beruf weiter ausüben und hat dies auch getan.
Bisheriger Beruf des Klägers ist dabei derjenige des Orthopädiemechanikermeisters mit eigenem Unternehmen (zum
bisherigen Beruf bei selbstständigen Meistern mit eigenem Unternehmen: BSG, SozR 3-2200, § 1246 Nr. 39, S. 156).
Ob ein solcher selbstständiger Meister auf die Fortsetzung einer Tätigkeit im eigenen Unternehmen verwiesen werden
darf, ist bei körperlich eingeschränkter Leistungsfähigkeit davon abhängig, ob er mitarbeitender Meister ist, also selbst
körperlich-handwerkliche Arbeiten zu verrichten hat, und ohne diese körperliche Mitarbeit nicht die sogenannte
gesetzliche Lohnhälfte im eigenen Unternehmen zu erzielen vermag, oder ob er nahezu ausschließlich
organisatorisch-kaufmännisch-verwaltende und aufsichtsführende Tätigkeiten leistet, also praktisch keine körperlichen
Arbeiten verrichten muss, und allein mit dieser nicht körperlichen Tätigkeit die gesetzliche Lohnhälfte erzielt (vgl.
nochmals BSG, SozR 3-2200, § 1246 Nr. 39, S. 158). Die Frage der Notwendigkeit körperlicher Mitarbeit hängt dabei
nach wiederholter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) maßgeblich von der Betriebsgröße ab und ist in
sogenannten Einmann-Betrieben regelmäßig zu bejahen, in Großbetrieben regelmäßig zu verneinen; in mittleren
Betrieben hängt die Notwendigkeit körperlicher Mitarbeit von der genauen Ausgestaltung des Betriebes ab und ist
einer Einzelfallprüfung zu unterziehen (vgl. zur Rechtsprechung des BSG nur die Nachweise bei: Kasseler-
Kommentar-Niesel, § 43 SGB VI a.F., Rn. 113 ff.; Gesamtkommentar-Lilge, § 43 SGB VI a.F., Anm. 17.1.).
Im vorliegenden Fall geht der Senat zugunsten des Klägers von einem mittleren Betrieb aus und legt zugrunde, dass
dieser bis zu dem Verkehrsunfall im Jahre 1987 selbst körperlich mitgearbeitet hat. Diese Umstände lassen sich aus
den Zeugenaussagen des Orthopädiemechanikermeisters Y., des Kaufmannes Z. und der Ehefrau des Klägers aus
dem Jahre 1992 herleiten. Des weiteren erscheint die Annahme gerechtfertigt, dass der Kläger mit seinem oben
beschriebenen gesundheitlichen Leistungsvermögen eine ausreichende körperliche Mitarbeit nach dem Verkehrsunfall
nicht mehr leisten konnte, da es sich bei der Arbeit eines Orthopädiemechanikermeisters um zum Teil mittelschwere
und schwere körperliche Arbeiten handelt (Umgang mit Körperersatzstücken mit Gewichten von bis zu 35 kg und
mehr). Schließlich lässt der Senat zugunsten des Klägers die Aussage des berufskundlichen Sachverständigen U.
ungeprüft, wonach ein in abhängiger Stellung beschäftigter Orthopädiemechanikermeister im Regelfall nur mit der
Voraussetzung körperlicher Mitarbeit eingestellt und beschäftigt wird. Denn im Fall des Klägers, der selbstständiger
Unternehmer ist, kommt es nicht auf eine abhängige Tätigkeit an.
Kann zugunsten des Klägers angenommen werden, dass er nach dem Verkehrsunfall im Jahre 1987 in seinem
Unternehmen nicht mehr körperlich mitarbeiten konnte, so ist allerdings nicht feststellbar und kann auch nicht
zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass er ohne die körperliche Mitarbeit in seinem Unternehmen nicht durch
maßgeblich organisatorisch-kaufmännisch-verwaltende und aufsichtsführende Tätigkeiten die gesetzliche Lohnhälfte
weiterhin erzielt hätte und tatsächlich weiterhin erzielt hat. Zwar sind namentlich die konkreten
Einkommensverhältnisse des Klägers nicht bekannt. Denn einschlägige Angaben dazu hat der Kläger im Verlaufe der
sich über einen Zeitraum von ca. 15 Jahren erstreckenden und verschiedenen, von ihm angestrengten
Rechtsstreitigkeiten trotz mehrfacher Aufforderungen durch Gerichte und die Beklagte nicht gemacht. Insbesondere
hat er es gegenüber der Beklagten abgelehnt, auf entsprechende Aufforderung den Gesellschaftervertrag seines
Unternehmens vorzulegen und bereits gegenüber dem SG im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12. November
1991 ausdrücklich erklärt, zu seinem Einkommen im damaligen Zeitraum nichts sagen zu wollen. Auch hat er diese
Einkommensverhältnisse bis heute nicht offengelegt. Unabhängig davon sprechen aber die wenigen, aus der Akte
ersichtlichen Umstände eher gegen als für ein Unterschreiten der gesetzlichen Lohnhälfte durch den Kläger auch nach
1987. Vielmehr entsteht der Eindruck, dass er durch eine Verlegung auf kaufmännisch-verwaltende und
aufsichtsführende Tätigkeiten zumindest unveränderte Einnahmen erzielte. So wies das Unternehmen des Klägers
nach dem Handelsregister-Auszug bereits im Jahre 1972 einen Einheitswert des Betriebsvermögens von 199.000 DM
auf. Nach der Zeugenaussage des Orthopädiemechanikermeisters Y. vom 17. September 1992, der im Unternehmen
des Klägers arbeitete, hatte das Unternehmen zu dieser Zeit insgesamt ca. 30 Arbeitnehmer beschäftigt. Bei dieser
Betriebsgestaltung liegt die Annahme nahe, dass der Kläger als Unternehmensinhaber auch durch bloße
kaufmännisch-verwaltende und aufsichtsführende Tätigkeiten die gesetzliche Lohnhälfte erzielt hat, zumal ihm nach
dem BSG zumutbar ist, sein Unternehmen bei eigener gesundheitlicher Leistungseinschränkung so
umzustrukturieren, dass die gesetzliche Lohnhälfte durch eigene Tätigkeiten auch weiterhin zu erzielen ist (vgl.
nochmals BSG, SozR 3-2200, § 1246 Nr. 39, S. 158). Auch haben alle vom SG im Jahre 1992 vernommenen Zeugen
übereinstimmend ausgesagt, dass der Kläger auch nach dem Verkehrsunfall wieder im Unternehmen tätig war und
dabei Kunden betreute, Büroangelegenheiten erledigte, Aufsicht führte, schriftliche Arbeiten erledigte, Besprechungen
abhielt und Telefonate führte. Diese Aussagen erscheinen auch deshalb glaubhaft, weil die geschäftliche Vertretung
des Unternehmens dem Kläger oblag, nach dem Handelsregister-Auszug insbesondere ein Prokurist nicht bestellt
war. Und schließlich hat der Kläger auch selbst mehrfach eingeräumt, im Unternehmen etwa im Bereich des Verkaufs
und der Kontrolle sowie kaufmännisch tätig zu sein (Schriftsatz vom 16. Juli 1990; Angaben im Termin vom 12.
November 1991).
Damit ist aber nicht feststellbar, dass der Kläger aufgrund seiner durch den Verkehrsunfall erlittenen Beschwerden
gehindert war, die gesetzliche Lohnhälfte durch seine weiterhin ausgeübte Tätigkeit im Unternehmen nicht zu erzielen.
Der Nachteil der fehlenden Erweislichkeit geht nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten des
Klägers, der den Anspruch auf Rente wegen BU geltend macht.
War der Anspruch des Klägers daher bereits wegen des fehlenden Nachweises der BU abzulehnen, konnte der Senat
die Frage dahinstehen lassen, ob der Anspruch auch wegen fehlender sozialer Betroffenheit des Klägers abzulehnen
wäre, was dann in Betracht kommt, wenn der Versicherte trotz Eintritt des Leistungsfalles ohne jedwede finanziellen
Einbußen bleibt oder gar Mehreinnahmen erzielt (vgl. zur Problematik nur: BSGE 45, 267, 269; Gesamtkommentar-
Lilge, § 43 SGB VI a.F., Anm. 16., insbesondere 16.1.3.). Insbesondere kann ungeprüft bleiben, ob der Kläger
gegenüber einem früheren Sachverständigen im Rahmen der Anamneseerhebung erklärt hat, das Unternehmen nach
dem Verkehrsunfall sogar noch weiter ausgebaut zu haben, eine Aussage, die er später schriftsätzlich in Abrede
genommen hat.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.
Es hat kein gesetzlicher Grund gemäß § 160 Abs. 2 SGG vorgelegen, die Revision zuzulassen.