Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 20.03.2003

LSG Nsb: innere medizin, rente, arbeitsmarkt, psychiatrie, facharzt, neurologie, niedersachsen, operation, hemiparese, erwerbsfähigkeit

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urteil vom 20.03.2003 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hannover S 14 RA 418/99
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 1 RA 35/02
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt in einem zweiten Rentenverfahren von der Beklagten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der im Jahre 1954 geborene Kläger hat nach eigenen Angaben von 1970 bis 1973 den Beruf des Bäckers und
Konditors erlernt, diesen Beruf jedoch wegen einer Mehlstauballergie nicht ausgeübt. Stattdessen hat er von 1973 bis
1992 als Lagerarbeiter, Fabrikarbeiter sowie Auslieferungsfahrer gearbeitet. Diese Zeiten der Erwerbstätigkeit waren
unterbrochen durch Zeiten von zum Teil monate- und jahrelanger Arbeitslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit (siehe
Versicherungsverlauf).
Die im Jahre 1987 geschlossene Ehe des Klägers führte Anfang der 90-er Jahre zur Trennung (Scheidung 1995). Der
Kläger erhielt das Erziehungsrecht für den aus der Ehe hervorgegangenen einzigen Sohn. Daneben verblieben nach
kläge-rischen Angaben erhebliche Eheschulden.
Nachdem ein vom Kläger im Jahre 1993 gestellter erster Rentenantrag erfolglos geblieben war, wurde der Kläger
erneut erwerbstätig, und zwar nach - eigenen Angaben - als Sicherheitskraft in einem Wachkommando sowie zuletzt
als Ver-kaufsfahrer. Auch diese Erwerbszeiten waren unterbrochen durch Zeiten der Ar-beitslosigkeit und
Arbeitsunfähigkeit. Im Jahre 1997 zog sich der Kläger bei einer Ladetätigkeit eine Prellung der HWS und der Schulter
zu, die er als Arbeitsunfall bei der zuständigen BG geltend machte. Seit dem war er zunächst arbeitsunfähig und
später arbeitslos gemeldet. Aufgrund einer in 1998 aufgetretenen Eisenman-gelanämie wurde er erneut arbeitsunfähig.
Inzwischen ist er wieder arbeitslos gemeldet, bezog zunächst Arbeitslosengeld sowie zuletzt Arbeitslosenhilfe, Kin-
dergeld, Wohngeld bzw. ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt.
Zur Begründung seines ersten Rentenantrages im Jahre 1993 hatte der Kläger im Verlaufe des damaligen Verfahrens
bei der Beklagten, vor dem Sozialgericht (SG) und dem Landessozialgericht (LSG) u.a. folgende
Gesundheitseinschrän-kungen angegeben:
- rezidivierende Wirbelsäulenbeschwerden nach Wachstumsstörungen und abgelaufenem Morbus Scheuermann im
Kindes- bzw. Jugendalter, - belastungsabhängige Schmerzen in Wirbelsäule und Hüfte, insbesondere nach längeren
Fahrten als Verkaufsfahrer, - seit Anfang der 80-er Jahre bestehender Bluthochdruck, rezidivierende
Magenbeschwerden und pectanginöse Beschwerden, - eine in 1989 durchmachte Halbseitenlähmung mit verbliebenen
Kribbelpa-rästhesien in beiden Händen, - eine seit Anfang der neunziger Jahre bestehende Refluxkrankheit, - ein seit
Mitte der neunziger Jahre bestehendes Asthma-Leiden mit Dyspnoe, insbesondere akut nach einer
Schimmelpilzentfernung in seiner gesamten Wohnung, - Schulterbeschwerden, - migräneartige Kopfschmerzen.
Die Beklagte und das Sozialgericht (SG) hatten zum medizinischen Sachverhalt-ermittelt und insgesamt mehrere
Gutachten auf orthopädischem, internistischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet eingeholt, in denen die
gehörten Sachverständigen jeweils ein vollschichtiges Leistungsvermögen bei qualitativen Leistungseinschränkungen
festgestellt hatten (Internist Dr. H., Juli 1993; Facharzt für Orthopädie Dr. I., Juli 1993; Fachärztin für Neurologie und
Psychiatrie Dr. J., Dezember 1993; Nervenarzt K., Dezember 1995). Schließlich hatte das Landes-sozialgericht nach
Einholung weiterer Befundunterlagen die Berufung des Klägers mit Urteil vom 22. Januar 1998 (L 1 RA 74/96) mit der
Begründung zurückgewie-sen, dass der Kläger nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) mangels
bei Berufswechsel erfüllter Wartezeit (5 Jahre) keinen Berufsschutz als Bäcker und Konditor besitze und nach dem
festgestellten medizinischen Leis-tungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig leistungsfä-hig
sei. Das Urteil wurde rechtskräftig.
Noch während des Berufungsverfahrens, im Dezember 1996, stellte der Kläger den zu diesem Verfahren führenden
zweiten Antrag auf Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit (EU/BU). Zur Begründung machte er im Verlaufe
des Verfahrens neben den bereits im ersten Rentenverfahren vorgetragenen gesund-heitlichen Beschwerden, deren
Folgen sich verschlimmert hätten, folgende weite-re Gesundheitsstörungen geltend:
- ein Hämorrhoidalleiden, - eine reaktive depressive Symptomatik, - Schlafstörungen, - Schwindelerscheinungen, -
eine Eisenmangelanämie, - eine Harnentleeerungsstörung bei Prostata-Adenom.
Auch sei ihm seit 1989 ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 zuerkannt. Zu-sammenfassend habe ihn sein
Hausarzt auf eine dramatische Verschlechterung seiner gesundheitlichen Situation aufmerksam gemacht. Zur
Glaubhaftmachung legte der Kläger das arbeitsamtsärztliche Gutachten der Frau L. vom 8. April 1998 vor.
Die Beklagte ermittelte zum medizinischen Sachverhalt. Sie wertete die im noch anhängigen Berufungsverfahren vom
dortigen LSG eingeholten Befundunterla-gen aus (darunter Befundberichte des Arztes für Psychiatrie Dr. M. vom 25.
November 1996, des Facharztes für Allgemeinmedizin N. vom 10. Februar 1997 nebst Anlagen, des Facharztes für
Neurologie und Psychiatrie Dr. O. vom 15. April 1997, des Facharztes für Innere Medizin und Kardiologie Dr. P. vom
9. Januar 1998, sowie zwei arbeitsamtsärztliche Gutachten des Dr. Q. vom 9. De-zember 1996 und 6. Mai 1998), zog
die Unterlagen des Ärztlichen Dienstes des Arbeitsamtes R. bei und veranlasste mehrere Gutachten nach ambulanter
Unter-suchung des Klägers. Während dabei die Fachärztin für Neurologie und Psychiat-rie Dr. J. in ihrem Gutachten
vom 30. November 1993 zu der Einschätzung kam, dass der Kläger wegen der Folgen der im Jahre 1989
anamnestisch durchmach-ten Halbseitenparese nur noch halb- bis untervollschichtig erwerbstätig sein kön-ne, stellten
die übrigen gehörten Sachverständigen - Internist Dr. S. mit Gutach-ten vom 30. August 1998, Facharzt für
Orthopädie und Rheumatologie Dr. T. mit Gutachten vom 1. März 1999, Facharzt für Orthopädie Dr. I. mit Gutachten
vom 28. Juli 1993 - übereinstimmend fest, dass der Kläger zwar nicht mehr als Ver-kaufsfahrer einsetzbar sei, jedoch
auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch voll-schichtig leichte (Dr. T.: bis mittelschwere, gelegentlich schwere, Dr. I.
bis mittel-schwere) Arbeiten, ohne schweres Heben und Tragen, ohne Belastung der BWS, ohne häufiges Bücken und
ohne längeres Vorneigen des Oberkörpers verrichten könne. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 15.
Oktober 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 1999 mit der Begründung ab, dass der Kläger
nach den medizinischen Feststellungen noch vollschichtig leis-tungsfähig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei.
Mit seiner hiergegen am 25. Juni 1999 vor dem Sozialgericht (SG) Oldenburg er-hobenen und von dort an das
zuständige SG Hannover verwiesenen Klage hat der Kläger sein Begehren auf Rente wegen verminderter
Erwerbsfähigkeit weiter verfolgt. Daneben hat der Kläger in weiteren Verfahren vor dem SG gleichzeitig Ansprüche auf
berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation gegen die Beklagte geltend gemacht (Kfz-Förderung). Diese
Rechtsstreite hat er inzwischen für erle-digt erklärt und sein Begehren auf die geltend gemachte Rente beschränkt.
Das SG hat zum medizinischen Sachverhalt ermittelt, Befundberichte eingeholt (Facharzt für Allgemeinmedizin F.
vom 8. Mai 2000; Ärztin für Allgemeinmedizin U. vom 18. September 2000) und die Erstellung eines internistischen
Gutachtens vom 6. Februar 2001 von dem Facharzt für Innere Medizin Dr. V. veranlasst. Der Sachverständige hat im
Einzelnen ausgeführt, dass sich leistungsmindernde Auswirkungen aus der Eisenmangelanämie, deren Ursache
ungeklärt sei, dem arteriellen Hypertonus sowie aus den degenerativen und deformierenden Verän-derungen der
Wirbelsäule ergäben. Damit könne der Kläger vollschichtig leichte Arbeiten mit geistig einfacher Beanspruchung
überwiegend im Sitzen, mit gele-gentlichem Wechsel zum Stehen und Gehen in geschlossenen Räumen verrich-ten.
Auszuschließen seien häufiges Bücken, sonstige Zwangshaltungen sowie Heben und Tragen von Gewichten über
etwa 10kg. Eine Besserung sei zu er-warten, wenn die Ursache der Eisenmangelanämie geklärt und eine entspre-
chende Therapie möglich werde. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 11. Mai 2001 abgewiesen und zur Begründung
im Einzelnen ausgeführt, dass nach den vorliegenden Sachverständigen-Gutachten eine vollschichtige
Leistungsfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gegeben sei.
Gegen das am 17. Januar 2002 (wiederholt) zugestellte Urteil richtet sich die am 7. Februar 2002 eingelegte Berufung,
mit der der Kläger geltend macht, dass sich die Eisenmangelanämie verschlechtert habe. Daneben sei er inzwischen
auf-grund einer großen Zwerchfellhernie operiert worden. Schließlich und vor allem aber habe er inzwischen einen
Schlaganfall erlitten. Er könne daher keine Er-werbstätigkeit mehr ausüben.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftichen Vorbringen sinngemäß,
1. das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 11. Mai 2001 und den Bescheid der Beklagten vom 15. Oktober 1998
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 1999 aufzuheben,
2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfä-higkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, mit
Wirkung seit Ren-tenantragstellung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtenen Bescheide als zutreffend und bezieht sich zur Begründung ergänzend auf das Urteil
des SG.
Der Senat hat im vorbereitenden Verfahren Befundberichte eingeholt von dem Chefarzt der Abteilung für Allgemein-
und Unfallchirurgie des W. vom 7. Mai 2002, von dem Arzt für Innere Medizin und Gastroenterologie Dr. X. vom 15.
Mai 2002 sowie von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Y. vom 13. Januar 2003. Außerdem hat er ein
weiteres internistisches sowie ein neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten veranlasst. Dabei hat der Internist Dr.
Z. in sei-nem Gutachten vom 7. Oktober 2002 ausgeführt, dass die Operation der Hiatus-hernie nach Angaben des
Klägers nicht erfolgreich verlaufen, sondern die Refluxkrankheit postoperativ noch schlimmer geworden sei. Nach den
Befunden könne der Kläger noch vollschichtig leichte bis mittelschwere Arbeiten überwie-gend im Sitzen mit
gelegentlichem Wechsel zum Gehen bzw. Stehen sowie im Haltungswechsel verrichten. Dabei sollen keine Arbeiten
im Akkord, keine Schicht-, Maschinen- und Fließbandarbeit und keine Arbeit an Automaten, die das Arbeitstempo
bestimmen, verrichtet werden. Daneben dürfte - so der Sach-verständige abschließend - die Belastungsfähigkeit für
zeitgebundene Arbeiten, die Handgeschicklichkeit und das Konzentrations- und Reaktionsvermögen min-destens seit
der Hemiparese im Jahre 1989 eingeschränkt sein. Jedoch sei die Einholung eines neuropsychiatrischen Gutachtens
dringend zu empfehlen. In dem daraufhin vom Senat veranlassten Gutachten vom 15. Januar 2003 hat die Fachärztin
für Neurologie und Psychiatrie Dr. AB. weder eine neurologische noch eine psychiatrische Beeinträchtigung mit
erwerbsmindernder Bedeutung feststel-len können. Der Kläger könne vollschichtig körperliche Arbeiten entsprechend
seinem schulischen und beruflichen Kenntnis- und Ausbildungsstand ohne ver-mehrten Stressanfall wie etwa bei
Zeitdruck, im Akkord oder im Schichtdienst, verrichten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden
erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Ge-richtsakte sowie auf die
Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Sie haben vorgelegen und sind Gegenstand von Beratung und
Entscheidung gewe-sen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil oh-ne mündliche Verhandlung
entscheiden, weil sich die Beteiligten zuvor hiermit einverstanden erklärt haben.
Die gem. §§ 143f. SGG statthafte und zulässige Berufung ist unbegründet.
Weder das Urteil des SG noch die Bescheide der Beklagten sind zu beanstan-den. Der Kläger hat keinen Anspruch
auf Rente wegen verminderter Leistungsfä-higkeit, und zwar weder auf Rente wegen EU/BU nach dem bis zum 31.
Dezember 2000 geltenden (§§ 43, 44 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - a.F.) noch auf Rente wegen
verminderter Erwerbsfähigkeit nach dem seit dem 1. Januar 2001 geltenden Recht (§§ 43, 240 SGB VI n.F.).
Dem Kläger steht kein Anspruch auf Rente wegen BU zu. Wie bereits das LSG in seinem Urteil vom 22. Januar 1998
in Bezug auf den Kläger zutreffend festge-stellt hat, kann er keinen Berufsschutz als Bäcker und Konditor geltend
machen, weil er den - nach seinen Angaben erlernten - Beruf bereits nach drei Jahren nach Versicherungseintritt und
damit noch vor Erfüllung der Wartezeit von 5 Jah-ren (§§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI a.F., 240 Abs.1, 43 Abs. 1
Satz 1 Nr. 3 SGB VI n.F., 50 Abs. 1 SGB VI a.u.n.F.) aufgegeben hat. Die Gründe für die vor-zeitige Berufsaufgabe
sind dabei unbeachtlich, auch die Aufgabe aus gesund-heitlichen Gründen ist rechtlich unerheblich (Nachweise zur
Rechtsprechung des BSG bei: Kasseler-Kommentar-Niesel, § 240 SGB VI n.F., Rn. 17 - 19). Ob ein Fall vorzeitiger
Wartezeiterfüllung gegeben ist, war vom Senat nicht zu prüfen. Denn die vorzeitige Wartezeiterfüllung gemäß § 53
Abs. 1 SGB VI fingiert allein die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, führt aber nicht zur
vorzeitigen Entstehung von Berufsschutz (vgl. LSG Niedersachsen, Urteil vom 28. Juni 2001, L 1 RA 158/00 m.w.N.).
Im Übrigen ist das entsprechende Urteil des LSG Niedersachsen vom 22. Januar 1998 rechtskräftig geworden. -
Mangels da-her gegebenem Berufsschutz und aufgrund der in seinem bisherigen Erwerbsle-ben ausgeübten
vielfältigen und zum Teil nur kurzfristig verrichteten Tätigkeiten ist der Kläger daher allenfalls als angelernte Kraft im
unteren Bereich einzustufen, die auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ohne die allereinfachsten Tätigkeiten und ohne
konkrete Benennungspflicht zu verweisen ist (vgl. nur: BSG, Urteil vom 11. Mai 2000, B 13 RJ 43/99 R; Urteil vom
18. Februar 1998, B 5/4 RA, 58/97 R).
Auf diesem allgemeinen Arbeitsmarkt kann der Kläger jedoch noch vollschichtig erwerbstätig sein.
Hierzu hat das SG die maßgeblichen Rechtsgrundlagen angewendet, sachge-rechte Ermittlungen angestellt, die
erhobenen Beweise zutreffend gewürdigt und ist nach alledem zu dem richtigen Ergebnis gekommen, dass der Kläger
mit dem festgestellten Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch voll-schichtig erwerbstätig sein
kann. Der Senat schließt sich den Ausführungen des SG an und verweist gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die
Entscheidungsgründe in dessen Urteil (siehe Seite 8, vorletzter Absatz, Seite 9).
Im Berufungsverfahren haben die auf den weiteren Vortrag des Klägers erfolgten erneuten medizinischen
Beweiserhebungen nichts Abweichendes ergeben.
Im internistischen Bereich hat sich der vom Kläger ausdrücklich geltend ge-machte "Schlaganfall” nicht verifizieren
lassen. Die entsprechende Diagnose geht weder aus den vom Kläger zur Glaubhaftmachung vorgelegten Arztbriefen
der radiologischen Gemeinschaftspraxis Dres. BB. pp. aus dem Jahre 2002 hervor, noch hat der als sachverständiger
Zeuge benannte behandelnde Arzt für Neuro-logie und Psychiatrie Y. auf ausdrückliche Anfrage durch den Senat die
entspre-chende Diagnose in seinem Befundbericht vom 13. Januar 2003 bestätigt. Auch aus den übrigen und vom
Kläger wiederholt vorgetragenen internistischen Be-schwerden ist ein aufgehobenes Leistungsvermögen nicht
abzuleiten, namentlich stehen die Feststellungen des vom Senat beauftragten Sachverständigen Dr. Z. in dessen
Gutachten in Übereinstimmung mit den Feststellungen des bereits vom SG gehörten Sachverständigen Dr. V ... Hatte
Dr. V. zu dem Bluthochdruck des Klägers in der Ergometrie (bis 120 Watt über 4 Minuten) sowie röntgenologisch
(keine linksventrikuläre Insuffizienz) keine eine vollschichtig leichte Arbeit beein-trächtigenden Befunde erheben
können, so hielt Dr. Z. die Bluthochdrucksituation auch nach seiner Untersuchung für kompensiert und gut eingestellt.
Auch hielten beide Sachverständige übereinstimmend das geltend gemachte Asthma bronchi-ale sowie die chronische
Bronchitis für erscheinungsfrei, namentlich bei regelge-rechter Lungenfunktionsprüfung. Das vom Kläger daneben
vorgetragene Migrä-ne-Leiden konnte nicht verifiziert werden, Dr. Z. legte hierzu allein die anamnesti-schen Angaben
des Klägers zugrunde. Die vom Kläger in den Vordergrund ge-rückte Eisenmangelanämie ist nachweisbar, ist jedoch
nach den Feststellungen von Dr. V. unter ausreichender Substitution in den Normbereich zu führen und wurde von Dr.
Z. bereits nicht mehr als führendes Leiden angegeben. Hiermit steht in Übereinstimmung, dass auch bereits im
Verwaltungsverfahren im Rah-men der dortigen medizinischen Feststellungen auf die Notwendigkeit einer re-
gelmäßigen Medikamenteneinnahme durch den Kläger hingewiesen worden war (u.a. Gutachten Dr. CB. vom 22. Mai
2000) und zuletzt auch das den Kläger be-handelnde Marienhospital in Vechta in seinem Arztbrief vom 2. März 2002
einen guten Ausgangs-Hb mitgeteilt hatte. Die frühere Einschätzung des Arbeitsamts-Arztes Dr. Q. in dessen
Gutachten aus 1998 hat sich daher nicht bestätigt. In den Vordergrund gestellt wurde von Dr. Z. vielmehr die
Refluxkrankheit des Klägers. Hierzu hat der Sachverständige festgestellt, dass die Beschwerden nach wie vor
erheblich seien (bis hin zum Erbrechen). Jedoch führt er einschränkend aus, dass diese Beschwerden allein aufgrund
der eigenen Schilderungen des Klägers an-genommen werden könnten, der die im Februar 2002 durchgeführte
Operation der Hiatushernie für fehlgeschlagen halte) und der Meinung sei, es sei nach der Operation alles schlimmer
geworden als vorher. Auch scheint der Sachverständi-ge selbst aufgrund der von ihm durchgeführten Untersuchung
Zweifel an dieser Darstellung des Klägers zu haben ("soweit er glaubwürdig ist”). Jedenfalls aber stehen die
Schilderungen des Klägers nicht in Übereinstimmung mit dem Arztbrief des die Operation durchführenden
Marienhospitals (Brief vom 2. März 2002) und auch nicht in Einklang mit dem vom Senat eingeholten Befundbericht
des den Kläger behandelnden Facharztes für Innere Medizin und Gastroenterologie Dr. X., der in seinem Befund vom
15. Mai 2002 nicht nur eine postoperative we-sentliche Besserung beschrieb, sondern sogar ausdrücklich mitteilte,
dass die Refluxkrankheit nicht mehr bestehe.
Soweit der Internist Dr. Z. in seinem Gutachten im Berufungsverfahren eine über das Gutachten des Internisten Dr. V.
hinausgehende Leistungseinschränkung des Klägers feststellte ("Einschränkung der Belastungsfähigkeit für
zeitgebunde-ne Arbeiten, die Handgeschicklichkeit, das Konzentrations- und Reaktionsvermö-gen”) hat er dies nicht
auf die internistischen Beschwerden des Klägers zurück-geführt, sondern auf die vom Kläger geltend gemachte
Hemiparese aus dem Jah-re 1989. Es handelt sich also um eine fachfremde Einschätzung auf neurologi-schem
Gebiet, weshalb der internistische Sachverständige auch ausdrücklich ein "neuropsychiatrisches Gutachten für
dringend empfehlenswert” hielt.
Dieser Einschätzung ist der Senat beigetreten und hat das Gutachten der Fach-ärztin für Neurologie und Psychiatrie
Dr. AB. veranlasst. Diese Sachverständige, die im Übrigen nach Laboruntersuchung ebenfalls einen gut
kompensierten Hb-Wert zur Eisenmangelanämie mitteilte, konnte neurologische Beeinträchtigungen, insbesondere
auch Folgen der vom Kläger immer wieder angegebenen Hemipa-rese, nicht bestätigen. Im Gegenteil wies sie darauf
hin, es falle auf, dass der Kläger eine Hypästhesie in der linken Körperhälfte angegeben habe, obwohl er nach den
vorliegenden Unterlagen wegen einer rechtsseitigen Lähmung behan-delt worden sei. Der Senat vermochte daher aus
der für das Jahr 1989 angege-benen vorübergehenden Hemiparese ebenso wenig weitergehende Leistungsein-
schränkungen abzuleiten wie die meisten bereits vor dem Berufungsverfahren gehörten Sachverständigen.
Insbesondere beruhte die Darstellung der Folgen der Hemiparese durch Frau Dr. J. in ihrem Gutachten aus dem Jahre
1993 aus-schließlich auf der anamnestischen Darstellung durch den Kläger, worauf in nachfolgenden Gutachten
mehrmals hingewiesen worden ist.
In diesem Zusammenhang fällt auf, soll aber nicht abschließend bewertet wer-den, dass nahezu alle gehörten
Sachverständigen übereinstimmend auf eine Verdeutlichungstendenz des Klägers hingewiesen haben, die zum Teil
erheblich ausgeprägt gewesen ist.
In orthopädischer Hinsicht verkennt der Senat zwar nicht, dass der Kläger Be-fundunterlagen vorgelegt hat, aus denen
eine Bandscheibenprotusion im HWS-Bereich (HWK 5/6) hervorgeht (Arztbrief der Röntgen-Gemeinschaftspraxis
Dres. BB. pp. vom 5. Dezember 2002). Zum einen wird allerdings in dem selben Arzt-brief auch beschrieben, dass die
Protusion bereits knöchern abgestützt werde. Und zum zweiten vermochte Frau Dr. AB. in der durchgeführten
ambulanten Un-tersuchung im Dezember 2002 im HWS-Bereich allein muskuläre Verspannungen als Ausdruck eines
blanden HWS-Syndroms zu bestätigen, die aber keine we-sentliche Beeinträchtigung auslösen, weil sie auch den
zahlreichen, vom Kläger angegebenen sportlichen Aktivitäten (siehe unten) nicht im Wege zu stehen scheine.
In psychiatrischer Hinsicht schließlich hat Frau Dr. AB. auf eine Anpassungsstö-rung des Klägers sowie auf
wiederkehrende depressive Verstimmungszustände und Somatisationstendenzen aufmerksam gemacht, teilweise mit
aggressiven Symptomen, und diese überzeugend darauf zurückgeführt, dass sich der Kläger durch zahlreiche
Verwaltungs- und Gerichtsverfahren gekränkt fühlte. Bereits nach der von ihm geschilderten Mehlstauballergie hat der
Kläger die damalige Ablehnung einer beruflichen Reha-Maßnahme als ungerecht empfunden, ebenso die spätere
Ablehnung seines Rentenantrages im ersten Verfahren sowie die bis-her erfolgten Ablehnungen im zweiten
Rentenverfahren. Allerdings diente dieses Kränkungsempfinden dem Kläger gleichzeitig dazu, von einer Reihe
weiterer per-sönlicher Misserfolge abzulenken, etwa der Trennung und Scheidung von seiner Ehefrau, dem
wiederholten Scheitern weiterer Bekanntschaften, seiner Rolle als Alleinerziehender, seiner beruflichen
Perspektivlosigkeit und seiner finanziellen Situation, die u.a. durch erhebliche Verbindlichkeiten und Pfändungen
gekenn-zeichnet ist.
Dass die neurologisch-psychiatrische Sachverständige – ebenso wie Dr. Z. und Dr. V. sowie weitere, bereits zuvor
gehörte Sachverständige – ein aufgehobenes Leistungsvermögen nicht bestätigen können, ist für den Senat auch
deshalb ü-berzeugend, weil auch aus den zahlreichen anamnestischen Angaben des Klä-gers keine Anhaltspunkte für
ein massive körperliche oder geistige Beeinträchti-gung abzuleiten sind. So hat der Kläger wiederholt erklärt, er wolle
wieder arbei-ten, habe schon eine Reihe von Bewerbungsschreiben auf seinem PC geschrie-ben, bei der Beklagten
die Förderung seines privaten Kfz beantragt, und auch schon eine Arbeit als Verkaufsfahrer einer Bäckerei angeboten
erhalten, die er allerdings wegen des fehlenden Einarbeitungszuschusses nicht habe angetreten können. Des weiteren
leidet der Kläger nicht unter für eine depressive Sympto-matik typischen sozialen Rückzugstendenzen, sondern
nimmt an zahlreichen Unternehmungen mit vielen Freunden und Bekannten und seinem Sohn teil (Ki-no, Grillen,
Kartenspielen, Kniffeln, Schäferhundeverein, gemeinsame Fahrten zu Fußball-Bundesliga-Spielen, Fahrten in
Vergnügungsparks, Urlaubsfahrten nach Dänemark), wie sich namentlich aus der Anamneseerhebung bei Frau Dr.
AB. ergibt. Und schließlich betreibt der Kläger nach den gleichen anamnestischen Angaben auch vielfältigen Sport
(Squash, Schwimmen, Sauna, Fahrrad fahren, Sportcenter mit Fitnessübungen, stundenlange Spaziergänge mit dem
Hund), weshalb eine ausreichende Leistungsfähigkeit für körperlich leichte Arbeiten mit den genannten weiteren
Voraussetzungen gegeben erscheint.
War der Kläger daher nicht berufsunfähig nach § 43 SGB VI a.F., so war er erst recht nicht erwerbsunfähig nach § 44
SGB VI a.F., da hierfür noch weitergehende Leistungseinschränkungen erforderlich wären. Der Kläger ist schließlich
auch nicht erwerbsgemindert im Sinne von §§ 43, 240 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung, weil
insbesondere eine zeitliche Leistungsbegrenzung nicht feststellbar ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.
Es hat kein gesetzlicher Grund gem. § 160 Abs. 2 SGG vorgelegen, die Revision zuzulassen.