Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 21.07.2003

LSG Nsb: wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten., arbeitsentgelt, vergleich, restschuld, zivilprozessordnung, berufsausbildung, öffentlich, akte, rahmenfrist

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschluss vom 21.07.2003 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Oldenburg S 41 AL 107/03
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 7 B 34/03 AL
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Oldenburg vom 16. April 2003 - S 41 AL 107/03 - wird
zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger beansprucht Prozesskostenhilfe (PKH) für seine Klage auf Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg),
hilfsweise Arbeitslosenhilfe (Alhi).
Der Kläger bezog bis 11. November 2001 Alhi im Anschluss an einen Alg-Bezug. Ab 12. November 2001 war er als
Fachverkäufer für die Abteilung "Musikland” des Einzelhandelkaufmanns F. beschäftigt. Der Arbeitgeber kündigte das
Arbeitsverhältnis am 20. September 2002 zum 31. Oktober 2002. Hiergegen erhob der Kläger Klage vor dem
Arbeitsgericht G ... In einem Vergleich einigten sich die Arbeitsvertragsparteien dahin, dass das Arbeitsverhältnis
durch arbeitgeberseitige Kündigung zum 15. November 2002 auf Grund mangelnden Vertrauensverhältnisses zu dem
im Geschäft allein handelnden Kläger ende und der Arbeitgeber sich verpflichtete, dem Kläger 200,00 Euro zu zahlen
(Vergleich vom 14. März 2003).
Am 17. Dezember 2002 hatte sich der Kläger arbeitslos gemeldet und Alg beantragt. Mit Bescheid vom 4. Februar
2003/Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2003 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, der Kläger
habe in der Rahmenfrist vom 17. Dezember 1999 bis 16. Dezember 2002 keine zwölf Monate in einem
Versicherungspflichtverhältnis gestanden und daher die Anwartschaftszeit für einen Leistungsanspruch auf Alg nicht
erfüllt; ein Anspruch auf Alhi sei nicht gegeben, weil er innerhalb der Vorfrist von einem Jahr kein Alg bezogen habe.
Hiergegen hat der Kläger am 5. März 2003 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Oldenburg erhoben, für deren
Durchführung er PKH begehrt. Er hat vorgetragen, auf Grund des arbeitsgerichtlichen Vergleiches stehe fest, dass er
bis zum 15. November 2002 in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden und damit die Anwartschaftszeit erfüllt
habe.
Das SG Oldenburg hat den Antrag auf PKH durch Beschluss vom 16. April 2003 mit der Begründung abgelehnt, dass
die Rechtsverfolgung des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete.
Gegen den ihm am 23. April 2003 zugestellten Beschluss führt der Kläger am 24. April 2003 Beschwerde mit der
Begründung, die befriedende Funktion des arbeitsgerichtlichen Vergleiches, dass das Beschäftigungsverhältnis zum
15. November 2002 geendet habe, sei unzureichend gewürdigt worden; soweit das SG darauf abstelle, dass die
Zahlung des Arbeitgebers von 200,00 Euro nicht dem vereinbarten Arbeitsentgelt entspreche, sei zu berücksichtigen,
dass das Arbeitsentgelt mit einer Restschuld aus einem Warenkauf bei seinem Arbeitgeber verrechnet worden sei.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie am 8. Mai 2003 dem Landessozialgericht (LSG) vorgelegt.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die Prozessakte Bezug genommen. Die den Kläger
betreffenden Verwaltungsakten (StammNr. 400 865) haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidung
gewesen.
II.
Die nach §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der
Kläger kann die Bewilligung von PKH nicht beanspruchen, da seine am 5. März 2003 erhobene Klage keine
hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 73a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO)
bietet.
Hinsichtlich der rechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg und Alhi wird auf die zutreffenden
Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2003 verwiesen. Der Kläger hat (nur) vom 12. November
2001 bis 30. Oktober 2002 in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden und damit die Anwartschaftszeit für Alg
von zwölf Monaten nicht erfüllt. In einem Versicherungspflichtverhältnis stehen Personen, die als Beschäftigte oder
aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind (§ 24 Abs. 2 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches – SGB
III -). Versicherungspflichtig sind Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zur ihrer Berufsausbildung beschäftigt
(versicherungspflichtige Beschäftigung) sind (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Bisher ist nicht nachgewiesen, dass der
Kläger vom 1. bis 15. November 2002 gegen Arbeitsentgelt beschäftigt war. Nach dem arbeitsgerichtlichen Vergleich
hatte der Arbeitgeber dem Kläger einen Betrag von 200,00 Euro zu zahlen, ohne dass eine Zweckbestimmung erfolgt
wäre. Auch aus der vom SG beigezogenen arbeitsgerichtlichen Akte ergeben sich, worauf das SG in der
Nichtabhilfeentscheidung hingewiesen hat, keine Hinweise auf die Zweckbestimmung. Der Arbeitgeber hat im Übrigen
die Arbeitsbescheinigung vom 27. Januar 2003, die eine Zahlung des Gehalts bis Oktober 2002 belegt, nicht
berichtigt. Nach der im PKH-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung, dürfte sich damit ein entgeltliches
Beschäftigungsverhältnis und damit ein Versicherungspflichtverhältnis über den 31. Oktober 2002 hinaus nicht
feststellen lassen.
Zwar gilt eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne
Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat (§ 7 Abs. 3 Satz 1 des Vierten Buches
des Sozialgesetzbuches – SGB IV -). Ein Beschäftigungsverhältnis in diesem Sinn bestand ab 1. November 2002
nicht. Die Parteien des Arbeitsvertrages können über das öffentlich-rechtliche Beschäftigungsverhältnis nicht
disponieren, da an ihm außer ihnen auch die Sozialleistungsträger beteiligt sind. Dass für die Zeit vom 1. – 15.
November 2003 eine Leistungsbereitschaft des Klägers und die Direktionsbefugnis des Arbeitgebers tatsächlich
vorlagen, also ein Beschäftigungsverhältnis bestand, dürfte sich angesichts der besonderen Sachlage
(Vergleichsangebot des Klägers nach Hinweis des Arbeitsgerichts auf die Unbegründetheit der
Kündigungsschutzklage), indes nicht feststellen lassen. Damit ist die zur Verwaltungsvereinfachung geschaffene
Regelung des § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV vorliegend nicht anwendbar.
Einen Anspruch auf Alhi hat der Kläger gemäß § 190 Abs. 1 SGB III nicht, da er in der Vorfrist von einem Jahr (§ 192
SGB III) kein Alg bezogen hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).