Urteil des LSG Hessen vom 08.07.2009

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Hessisches Landessozialgericht
Beschluss vom 08.07.2009 (rechtskräftig)
Sozialgericht Kassel S 3 AS 71/09 ER
Hessisches Landessozialgericht L 6 AS 174/09 B
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 1. April 2009 wird als unzulässig
verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Kassel vom 1. April 2009 ist
unzulässig. Sie ist nach §§ 172 Abs. 1, 73a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 127
Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz der Zivilprozessordnung (ZPO) nicht statthaft.
Gemäß § 172 Abs. 1 SGG findet gegen die Entscheidungen der SG mit Ausnahme der Urteile und gegen
Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht (LSG) statt, soweit
nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Eine andere Bestimmung in diesem Sinne trifft § 73a Abs. 1 Satz 1
SGG. Danach gelten die Vorschriften der ZPO über die Prozesskostenhilfe – also die §§ 114 bis 127a ZPO –
entsprechend. Nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO findet gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe die sofortige
Beschwerde statt. Dies gilt nach dem ersten Fall des zweiten Halbsatzes der Vorschrift nicht, wenn der Streitwert der
Hauptsache den in § 511 ZPO genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die
persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Im SGG entspricht dieser
Regelung § 144 Abs. 1 SGG. Danach bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde
der Zulassung durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine
Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR (Satz 1 Nr. 1) oder
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 EUR
(Satz 1 Nr. 2) nicht übersteigt, soweit die Berufung nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein
Jahr betrifft (Satz 2). Hieran anknüpfend regelt § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG Verfahren des einstweiligen Rechtschutz den
Ausschluss der Beschwerde, wenn die Berufung in der Hauptsache nicht zulässig wäre. Hieraus folgt vorliegend der
Ausschluss der Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Prozesskostenhilfe, weil in der Hauptsache (d.h.
hier das Verfahren auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung vor dem SG Kassel, Az. S 3 AS 71/09 ER) der
Beschwerdewert aufgrund des Streitgegenstandes von 493,30 EUR unstreitig nicht erreicht wird und es auch nicht um
wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr geht.
Hinsichtlich dem aus § 127 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO folgenden Beschwerdeausschluss schließt sich der
Senat der Auffassung an, welche diese Vorschrift auch im sozialgerichtlichen Verfahren für anwendbar hält. Dies
entspricht dem Wortlaut, dem systematischen Zusammenhang sowie dem Sinn und Zweck der genannten
Vorschriften (so bereits LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. Juli 2008, Az: L 12 B 18/07 AL; LSG Berlin-
Brandenburg, Beschlüsse vom 4. Juni 2009, Az: L 33 R 130/09 B PKH und vom 13. Mai 2009, Az: L 34 B 2136/08
AS PKH; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Februar 2009, Az: L 5 B 305/08 AS; LSG Baden-Württemberg,
Beschluss vom 29. Juli 2008, Az: L 7 SO 3120/08).
Nur diese Auslegung führt zu einer nachvollziehbaren gesetzlichen Konzeption des Beschwerdeausschlusses gegen
die Ablehnung von Prozesskostenhilfe in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.
Der mit Wirkung zum 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Neufassung des § 127 Abs. 2 ZPO lag die Erwägung
zugrunde, dass der Rechtsschutz in einem Nebenverfahren – wie dem der Prozesskostenhilfe – nicht über den
Rechtsweg in der Hauptsache hinausgehen kann, auch um zu vermeiden, dass Instanz- und Rechtsmittelgerichte im
abgeschlossenen Hauptsacheverfahren und mehrstufigen Nebenverfahren zu einander widersprechenden
Entscheidungen gelangen (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23. Februar 2005 Az: XII ZB 1/03 m.w.N.; BT-
Drucks. 14/4722 S. 75 f.). Dass im sozialgerichtlichen Verfahren trotz der ausdrücklichen Verweisungsvorschrift des §
73a Abs. 1 Satz 1 SGG Abweichendes gelten sollte, ist nicht erkennbar.
Hätte der Gesetzgeber hinsichtlich der Zulässigkeit des Rechtsmittels der Beschwerde bei der Einführung der
Prozesskostenhilfe für das sozialgerichtliche Verfahren eine andere Regelung treffen wollen, hätte er dies nach der
Systematik des Gesetzes in § 73a SGG ausdrücklich normieren müssen. So ist eine Ausnahme von dem Grundsatz,
dass alle Regelungen über die Prozesskostenhilfe in der ZPO auch im sozialgerichtlichen Verfahren gelten sollen, in §
73a Abs. 1 Satz 2 SGG ausdrücklich geregelt worden. Abweichend von der in dem Gesetzentwurf vom 17. Juli 1979
vorgesehenen Fassung des § 121 Abs. 1 bis 3 ZPO sollte das SGG-Verfahren nämlich die Möglichkeit eröffnen, dass
das Gericht auf Antrag des Beteiligten einen beizuordnenden Rechtsanwalt auswählen kann, wenn dieser keinen
solchen ausreichend qualifizierten kennt. Insoweit war eine Spezialregelung notwendig, weil eine "entsprechende
Anwendung" von § 121 Abs. 1 bis 3 ZPO kein Recht des Gerichts auf eine Auswahl eines vertretungsbereiten
Rechtsanwalts eingeräumt hätte. Für die Auffassung des erkennenden Senats spricht weiterhin, dass die Regelung in
§ 127 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 ZPO zur Beschwerdebefugnis der Staatskasse auch im sozialgerichtlichen
Verfahren Anwendung findet. Wäre § 172 Abs. 1 SGG Spezialvorschrift gegenüber § 127 Abs. 2 ZPO, gälte dies auch
für die Beschwerdebefugnis der Staatskasse. Dann müsste diese auch dann das Recht der Beschwerde haben, wenn
Prozesskostenhilfe gegen Ratenzahlung bewilligt wird.
Schließlich verbietet auch nicht die Eigenart des sozialgerichtlichen Verfahrens (vgl. hierzu Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 9. Aufl., § 202, Rn. 3), die Vorschriften der ZPO zur Statthaftigkeit der
Beschwerde entsprechend anzuwenden. Nur wenn grundsätzliche Unterschiede der Verfahrensarten die
entsprechende Anwendung ausschließen, ist auf die Vorschriften des SGG zurückzugreifen. Hinsichtlich der Frage
der Rechtsmittelbefugnis für das Prozesskostenhilfeverfahren im Rahmen eines sozialgerichtlichen Verfahrens finden
sich aber keine solchen ausschließenden Unterschiede. Schon der Gesetzesentwurf vom 4. Juli 2000 (BT-Drs.
14/3750) enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber künftig für das sozialgerichtliche Verfahren eine
von der ZPO abweichende Regelung hinsichtlich der Zulässigkeit der Beschwerde einführen wollte. Vielmehr weist der
auch dort betonte "Konvergenzgedanke" (S. 51) darauf hin, dass im Vordergrund der Überlegungen die Vermeidung
von widersprüchlichen Entscheidungen stand. Zu diesen käme es, wenn das Beschwerdegericht die
materiellrechtlichen Erfolgsaussichten abweichend von dem in der Hauptsache abschließend entscheidenden Gericht
des ersten Rechtszugs beurteilt. Dieser Fall einer Konvergenz konnte auch in den Verfahren nach dem SGG in der
vor dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung eintreten, da § 144 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 SGG seinerzeit einen Wert des
Beschwerdegegenstandes für die Zulässigkeit der Berufung von 1.000,00 DM vorsah. Im Ergebnis ist damit auch die
mit Wirkung zum 1. Januar 2002 durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I, S.
1887) eingeführte Koppelung der Beschwerdebefugnis an den Streitgegenstand für die Berufung von der Verweisung
des § 73a SGG Abs. 1 Satz 1 SGG umfasst. Es ist nicht ersichtlich, dass § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.d.F. vom 13.
Juni 1980 ausschließlich die entsprechende Anwendbarkeit der Vorschriften der ZPO in ihrer damaligen Fassung
geregelt hätte. Vielmehr ist in der Konstruktion des Prozesskostenhilferechts - Generalregelung in der ZPO,
Verweisung auf entsprechende Anwendung in allen Verfahrensordnungen - die Vorgabe des Gesetzgebers enthalten,
die Vorschriften der ZPO in ihrer jeweils maßgeblichen Fassung anzuwenden (LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O.).
Der gegenteiligen Ansicht, wonach die Statthaftigkeit der Beschwerde gegen erstinstanzliche PKH-Entscheidungen
mangels einer ausdrücklich im SGG normierten Rechtsgrundlage nicht aufgrund des Streitwertes des Hauptsache-
bzw. Ausgangsverfahrens verneint werden könne und der Gesetzgeber den Ausschluss der Beschwerde in § 172 Abs.
3 Nr. 2 SGG abschließend geregelt habe (s.o. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. April 2009, Az. L 19 B
228/08 AS, LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 23. Februar 2009, Az: L 13 AS 3835/08 PKH-B; LSG Berlin-
Brandenburg, Beschluss vom 16. Juli 2008, Az. L 29 B 1004/08 AS), vermag sich der Senat hingegen nicht
anzuschließen.
§ 172 Abs. 3 SGG (in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung) enthält keine spezielle – und damit auch die
Vorschriften der Zivilprozessordnung nicht verdrängende – Regelung über einen Beschwerdeausschluss im
sozialgerichtlichen Verfahren. Dagegen spricht schon der systematische Zusammenhang der Regelung. Nach Absatz
1 der Vorschrift findet gegen die Entscheidungen der SG mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der
Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das LSG statt, "soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt
ist." Damit eröffnet die Norm ausdrücklich abweichende – eine Beschwerde ausschließende – Regelungen im
gesamten SGG. Wäre die in Absatz 3 der Vorschrift genannte Aufzählung von Ausschlusstatbeständen dagegen
abschließend gemeint gewesen, hätte in § 172 Abs. 1 SGG etwa die Formulierung "vorbehaltlich des Absatzes 3"
nahe gelegen. Demgegenüber enthält das SGG noch an zahlreichen anderen Stellen einen Ausschluss der
Beschwerde, und zwar etwa in § 18 Abs. 4 SGG, § 22 Abs. 3 Satz 2 SGG, § 67 Abs. 4 Satz 2 SGG und § 75 Abs. 3
Satz 3 SGG. Die gegenteilige Auffassung würde zu dem rechtssystematisch fragwürdigen Ergebnis führen, dass im
zivilgerichtlichen Verfahren die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe bei Nichterreichen des
Beschwerdewerts der Berufung ausgeschlossen, jedoch ausnahmsweise bei ausschließlicher Verneinung der
persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe zulässig wäre, während im
sozialgerichtlichen Verfahren die Beschwerde bei ausschließlicher Verneinung der persönlichen oder wirtschaftlichen
Voraussetzungen immer ausgeschlossen wäre, nicht aber bei Nichterreichen des Wertes des
Beschwerdegegenstandes für die Berufung und Ablehnung aus anderen Gründen. Somit würde im Geltungsbereich
des SGG (hinsichtlich der den Beschwerdewert nicht erreichenden Verfahren) die in der ZPO geregelte Ausnahme
nicht gelten, wohl aber die in der ZPO abweichend normierte Rückausnahme, ohne dass dafür ein Grund erkennbar
wäre. Dies wäre aber angesichts des ausdrücklichen Bezugs auf die maßgeblichen Vorschriften der ZPO nicht nur
widersprüchlich, sondern würde auch der Zielsetzung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und
des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) – nämlich u.a. die Sozialgerichtsbarkeit nachhaltig
zu entlasten und eine Straffung des sozialgerichtlichen Verfahrens herbeizuführen (BT-Drs. 16/7716 S. 1, 2 und 12) –
zuwiderlaufen (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. Juli 2008, a.a.O.). Auch wenn nach der
Einzelbegründung zur Einfügung des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG "die Ablehnung von Prozesskostenhilfe mit der
Beschwerde nur noch angefochten werden kann, wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache vom Gericht verneint
wurden" (BT-Drs. 16/7716 S. 22), kann daraus nicht abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber hierdurch eine generelle
und abschließende Regelung über die Statthaftigkeit bzw. den Ausschluss einer Beschwerde gegen die Ablehnung
von Prozesskostenhilfe treffen wollte. Insbesondere kann der genannten Gesetzesbegründung auch nicht die
weitergehende Aussage entnommen werden, die Ablehnung von Prozesskostenhilfe könne nunmehr immer mit der
Beschwerde angefochten werden, sofern das Gericht nicht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen
Voraussetzungen für Prozesskostenhilfe verneine. Andernfalls wäre dem Gesetzgeber zu unterstellen, dass er seine
in der Einzelbegründung lediglich zwei Absätze zuvor ausdrücklich niedergelegte Absicht, zur Entlastung der
Landessozialgerichte einen Beschwerdeausschluss greifen zu lassen (BT-Drs. 16/7761 S. 22, siehe auch die
allgemeine Gesetzesbegründung S. 14), tatsächlich relativieren wollte, indem der bislang nach § 73a Abs. 1 Satz 1
SGG i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO gegebene Beschwerdeausschluss hinfällig geworden wäre. Der
erkennbare Wille des Gesetzgebers war es aber, die Fälle eines Ausschlusses der Beschwerde gegen die Ablehnung
von Prozesskostenhilfe nicht einzuschränken, sondern zu erweitern, um einem wesentlichen Ziel – der Entlastung der
Landessozialgerichte – näher zu kommen. Die Einfügung des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG kann daher nur als Regelung
eines besonderen Falles eines Beschwerdeausschlusses verstanden werden, der anderweitig (nach den entsprechend
anwendbaren Vorschriften der ZPO) schon normierte Beschwerdeausschlüsse nicht berührt. Darüber hinaus bestätigt
sich auch aus dem Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens, dass Intention des Gesetzgebers zum Zwecke der
Entlastung der Landessozialgerichte eine im Vergleich zu den Regelungen der ZPO weitergehende Beschränkung des
Beschwerderechts war. Schon der erste Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 15. November 2007 (BR-Drs.
820/07, S. 1) verwies auf die Notwendigkeit einer nachhaltigen Entlastung und Straffung des sozialgerichtlichen
Verfahrens. Bei den Änderungen sollten die Besonderheiten des sozialgerichtlichen Verfahrens Beachtung finden.
Dort findet sich bereits der Vorschlag, die Beschwerde auszuschließen in Verfahren gegen die Ablehnung von
Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse für die
Gewährung von Prozesskostenhilfe verneint. Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 11. Januar 2008 (BT-
Drs. 16/7716) greift diese Gedanken nochmals auf. Ergänzend enthält die Begründung zum Allgemeinen Teil (S. 12,
13) einen Verweis auf den Beschluss der 77. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister der Länder am
1./2. Juni 2006, wonach Prozessordnungen und Gerichtsverfassungen zu vereinheitlichen seien. Ausdrücklich ergibt
sich die gesetzgeberische Vorstellung über die Erreichung dieser Ziele aus den Ausführungen zu Teil A I Ziffer 2
Buchstabe c, bb) "Beschwerdeverfahren": Danach wird die Beschwerde "ausgeschlossen in Verfahren des
Einstweiligen Rechtsschutzes und der Prozesskostenhilfe" (S. 14). Zu Nummer 29 (§ 172) (S. 22) ist hingegen
ausgeführt: "Die Ablehnung von Prozesskostenhilfe kann mit der Beschwerde nur noch angefochten werden, wenn die
Erfolgsaussichten in der Hauptsache vom Gericht verneint wurden. Hat das Gericht hingegen die persönlichen oder
wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint, ist die Beschwerde gegen diese Entscheidung nicht statthaft." Aus diesen
Formulierungen lässt sich eindeutig entnehmen, welche Vorstellungen der Gesetzgeber sich von den Maßnahmen zur
Entlastung der Sozialgerichte gemacht hat. Die Gesetzesmaterialien enthalten ausdrücklich keine Hinweise auf ein
vom Gesetzgeber verfolgtes Ziel, von dem bisherigen einheitlichen Regelungssystem für die Prozesskostenhilfe
abweichen und für die Sozialgerichte eine abschließende Sonderregelung schaffen zu wollen. Vielmehr erlauben die
Gesetzesmaterialien auch den Schluss, dass nur eine Fallgestaltung der in § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO geregelten
Gruppen verändert werden sollte. Die Neuregelung ist folglich so zu verstehen, dass bei grundsätzlicher Beibehaltung
der Abgrenzung nach dem Erreichen des Wertes der Berufungssumme zusätzlich alle Entscheidungen, die sich allein
auf die fehlende wirtschaftliche Bedürftigkeit stützen, von der Beschwerde ausgeschlossen sein sollen. Gegen die
Interpretation einer völligen Abkehr vom bisherigen Regelungssystem spricht, dass die Gesetzesmaterialien
ausdrücklich den Wunsch der Justizminister/-innen der Länder nach einer Vereinheitlichung der Gerichtsverfassungen
aufgreifen. Ferner lässt sich einwenden, dass eine Aufgabe des Konvergenzgedankens während des Gangs der
Gesetzgebung nicht in Betracht gezogen wurde. Zu einer solchen Konvergenz käme es jedoch, wenn man § 172 Abs.
3 Ziffer 2 SGG als abschließende Regelung verstünde. Dann wäre die Beschwerde nämlich - im Gegensatz zur
Regelung bis zum 31. März 2008 - nunmehr immer zulässig bei Streitwerten unterhalb der Berufungssumme (LSG
Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 4. Juni 2009, a.a.O.).
Vorliegend folgt die Zulässigkeit der Beschwerde auch nicht aus der falschen Rechtsmittelbelehrung des
Sozialgerichts, nach der gegen den Beschluss die Beschwerde zum Hessischen LSG möglich sei. Eine unzutreffende
Rechtsmittelbelehrung kann ein Rechtsmittel, das gesetzlich ausgeschlossen ist, nicht eröffnen (Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., vor § 143 Rn. 14 b; BSG, Urteil vom 20. Mai 2003, Az: B 1 KR 25/01 R).
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind gemäß § 73a Abs.1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO nicht
zu erstatten.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).