Urteil des LSG Hamburg vom 10.12.2009

LSG Ham: arbeitslosenhilfe, arbeit auf abruf, grobe fahrlässigkeit, stadt hamburg, firma, rücknahme, verwaltungsakt, arbeitslosigkeit, wagen, druck

Landessozialgericht Hamburg
Urteil vom 10.12.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hamburg S 25 AL 468/04
Landessozialgericht Hamburg L 5 AL 16/06
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 1. Dezember 2005 abgeändert und
der Bescheid der Beklagten vom 20. November 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2004
insoweit aufgehoben, als die Beklagte die Erstattung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe von mehr als 8770,09
EUR und die Erstattung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung verlangt. Im Übrigen wird die Berufung
zurückgewiesen. 2. Die Beklagte hat dem Kläger ¼ der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu
erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe für den
Zeitraum vom 12. Februar 2001 mit Unterbrechungen bis zum 31. Juli 2002 und die damit verbundenen
Erstattungsforderungen streitig.
Der 1963 in Bosnien-Herzegowina geborene Kläger lebt seit 1991 in Deutschland und bezog seit Februar 1995 mit
Unterbrechungen Leistungen der Beklagten. Zuletzt war er als Reinigungskraft in der Zeit vom 24. August 1999 bis
zum 31. Dezember 2000 beschäftigt. In seinem Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld verneinte er die
Ausübung einer Tätigkeit, gab aber im Antrag zu Frage 4 ("Angaben zu anderen Leistungen, die beantragt wurden oder
bezogen werden") an, Leistungen des Arbeitgebers V. ab dem 1. Januar 2001 in Höhe von 630 DM brutto zu
beziehen. Die Beklagte bewilligte daraufhin Arbeitslosengeld ab dem 1. Januar 2001 in Höhe von zunächst 367,85 DM
wöchentlich (Bewilligungsverfügung vom 13. Februar 2001), ohne die angegebenen Einkünfte zu berücksichtigen.
Im Rahmen eines Datenabgleichs wurde der Beklagten die Ausübung einer Teilzeitbeschäftigung des Klägers bei der
Firma V. ab dem 1. Januar 2001 im Januar 2001 mitgeteilt. Nach den daraufhin eingereichten
Nebenverdienstbescheinigungen arbeitete der Kläger regelmäßig 14 Stunden wöchentlich und erzielte ein
Bruttoarbeitseinkommen in Höhe von 630 DM bzw. 411 DM (im Juni 2001) monatlich.
Die Beklagte hob die Bewilligung von Arbeitslosengeld daraufhin teilweise wegen der Erzielung von Nebeneinkommen
für die Monate Januar und Februar 2001 jeweils in Höhe von jeweils 311,20 DM (Bescheide vom 30. Mai 2001) auf
und änderte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 1. März 2001 dahingehend ab, dass sie Leistungen in Höhe
von 296,03 DM wöchentlich unter Berücksichtigung eines Anrechnungsbetrages wegen der Nebenbeschäftigung
bewilligte. Mit Bescheid vom 16. Juni 2001 hob sie die Bewilligung für den Monat Juni teilweise auf. Tatsächlich ergab
sich aus der in dem Bescheid angegebenen Berechnung ein Nachzahlungsbetrag.
In seinem Antrag auf Bewilligung von Anschlussarbeitslosenhilfe vom 1. Dezember 2001 gab der Kläger an, unter 15
Stunden wöchentlich zu arbeiten. Mit Bescheid vom 20. Februar 2002 bewilligte die Beklagte antragsgemäß
Arbeitslosenhilfe ab dem 27. Dezember 2001 in Höhe von 79,03 DM wöchentlich unter Zugrundelegung eines
Anrechnungsbetrages in Höhe von 107,73 DM, der neben dem angegebenen Einkommen des Klägers in Höhe von
630 DM monatlich auch das Einkommen seiner Ehefrau berücksichtigte.
Auf einen Vermittlungsvorschlag der Beklagten vom 17. Juli 2002 für eine Vollzeittätigkeit teilte der Kläger mit, er
habe sich nicht beworben, weil er ab dem 1. August 2002 eine andere Stelle bei der Firma V. innehabe. Die Beklagte
hob daraufhin die Leistungsbewilligung ab dem 1. August 2002 auf.
Am 6. Oktober 2003 erhielt die Beklagte durch das Hauptzollamt der Stadt Hamburg Kenntnis von einem
Ermittlungsverfahren gegen den Arbeitgeber des Klägers und gegen den Kläger selbst. Das Hauptzollamt teilte unter
anderem mit, die Ermittlungen hätten ergeben, dass der Kläger zwar als geringfügig Beschäftigter gemeldet gewesen
sei und seinen Nebenverdienst dem Arbeitsamt angezeigt habe, regelmäßig jedoch mehr als angegeben gearbeitet
habe. Dies ergebe sich unter anderem aus den privaten Transportaufzeichnungen des Klägers, die dieser zur
Verfügung gestellt habe. Beigefügt war das Vernehmungsprotokoll vom 5. Juni 2003. Darin gab der Kläger unter
anderem an, er habe nie mehr als 630 DM bzw. 325 EUR im Monat verdient. Er habe ab und an mehr als 15 Stunden
in der Woche gearbeitet. Der Disponent, der Zeuge G., habe ihn ständig unter Druck gesetzt, mehr zu arbeiten. Er
habe ungefähr zwei bis drei Mal die Woche gearbeitet und die einzelnen Fahrten in einem Buch vermerkt, welches er
zur Verfügung stelle. Ausweislich der vom Kläger vorgelegten, in Kopie in der Akte der Staatsanwaltschaft
befindlichen privaten Transportaufzeichnungen, sind unter anderem folgende Fahrten vermerkt: - In der Woche vom
12. Februar 2001 bis zum 18. Februar 2001: nach V1 (12. Februar), H. (14. Februar) und K. (15. Februar), - In der
Woche vom 19. Februar 2001 bis zum 25. Februar 2001: nach S. (20. Februar), L. ( 21. Februar) und B. ( 22. Februar),
- In der Woche vom 12. März 2001 bis zum 18. März 2001: nach R. (12./13. März), innerhalb Hamburgs (16. März)
und nach G1 (16. März), - In der Woche vom 19. März 2001 bis zum 25. März 2001: nach D. (21./22. und 22./23.
März) und nach E., - In der Woche vom 26. März 2001 bis zum 1. April 2001: nach I. (28./29. März und 30./31. März),
- In der Woche vom 20. August 2001 bis zum 26. August 2001: nach B1 (21. August), R1 (22. August), B2 (22.
August) und K1 (23. August), - In der Woche vom 27. August 2001 bis zum 2. September 2001: nach K2 (28.
August), B3 (31. August) und B. (1. September), - In der Woche vom 4. März 2002 bis zum 10. März 2002: nach K2,
K1, N. (6. März), K2, F. (7. März) und L1 (9. März),
Für ihre Auswertung legte die Beklagte ein Stundenmittel von einer Stunde für 100 gefahrene Kilometer zu Grunde und
ermittelte innerhalb der Zeit vom 12. Februar 2001 bis zum 31. Juli 2002 in mehr als 35 Wochen unter anderem für die
oben angegebenen Wochen zum Teil deutlich über 15 Arbeitsstunden wöchentlich. Dabei ließ sie Tätigkeiten des
Klägers bezüglich derer die Angaben in seinen Transportaufzeichnungen unzureichend waren zu seinen Gunsten
unberücksichtigt. Bezüglich der weiteren Fahrten wird auf die Auswertung der Beklagten und die Kopie der
Transportaufzeichnungen des Klägers (Blatt 286 ff. der Verwaltungsakte und Blatt 13 ff. der Akte der
Staatsanwaltschaft), sowie Lieferbelege und Kopien aus dem Fahrtenbuch "P." (Blatt 21 ff. der Akte der
Staatsanwaltschaft), die beim Arbeitgeber sicher gestellt wurden, verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Nach Anhörung des Klägers hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 12. Februar 2001
bis zum 25. Februar 2001, vom 12. März bis zum 23. Juli 2001 und vom 21. August 2001 bis zum 26. Dezember 2001
sowie die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 27. Dezember 2001 bis zum 26. Februar 2002 und vom 4.
März 2002 bis zum 31. Juli 2002 auf. Zur Begründung hieß es unter anderem, der Kläger habe mehr als 15 Stunden
wöchentlich gearbeitet und daher nicht mehr zur Vermittlung zur Verfügung gestanden. Einen Anspruch auf
Leistungen habe er deshalb nicht gehabt. Die Erstattungsforderung belaufe sich auf 8866,69 EUR zuzüglich Beiträgen
zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 3017,20 EUR (Bescheid vom 20. November 2003).
Hiergegen erhob der Kläger unter dem 1. Dezember 2003, bei der Beklagten eingegangen am 3. Dezember 2003,
Widerspruch. Er habe das Merkblatt für Arbeitslose studiert und alle Abrechnungen und Änderungen der Beklagten
mitgeteilt. Er habe den Forderungen des Arbeitgebers nachkommen müssen, um eine feste Arbeit zu bekommen.
Dabei sei es für ihn nicht wichtig gewesen, ob sein Arbeitgeber ihm mehr oder weniger Stunden aufgeschrieben habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 2004, abgesandt am 26. Februar 2004, wies die Beklagte den
Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung hieß es, die Bewilligung sei rechtswidrig gewesen und der Kläger
genieße keinen Vertrauensschutz. Er habe leicht erkennen könne, dass ihm die gewährten Leistungen in den
Aufhebungszeiträumen nicht zugestanden habe. Die Erstattung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ergebe
sich aus § 335 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III).
Hiergegen hat der Kläger am 26. März 2004 Klage erhoben und sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er
vorgetragen, er räume zwar ein, zeitweilig mehr als 15 Stunden gearbeitet zu haben. Dies sei ihm jedoch
bedeutungslos erschienen, zumal er seine Einkünfte der Beklagten mitgeteilt habe. Ihm habe jedwedes
Unrechtsbewusstsein gefehlt. Hätte ihm das Arbeitsamt eine Vollzeitstelle vermittelt, hätte er sie angenommen und
seine Teilzeittätigkeit aufgegeben. Die Erstattungsforderung sei unverhältnismäßig hoch. Er hat zudem darauf
verwiesen, dass das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist.
Das Sozialgericht hat in der mündlichen Verhandlung am 1. Dezember 2005 den Arbeitgeber V. als Zeugen
vernommen. Er hat unter anderem bekundet, im Arbeitsvertrag mit dem Kläger sei die Stundenzahl angegeben
gewesen, die dieser trotz der Leistung vom Arbeitsamt habe arbeiten dürfen. Es seien immer 630 DM gezahlt worden;
darüber hinaus seien bei Fernfahrten Spesen und gegebenenfalls Überstunden in bar ausgezahlt worden.
Auf die mündliche Verhandlung hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hieß es, der Kläger habe
im streitigen Zeitraum regelmäßig und nicht etwa nur ausnahmsweise mehr als 15 Stunden in der Woche gearbeitet.
Er habe auch zumindest grob fahrlässig falsche Angaben gemacht, da er wahrheitswidrig angegeben habe, weniger
als 15 Stunden zu arbeiten. Hätte er, wie er behauptet, die Bedeutung der Wochenarbeitsstundenzahl nicht gekannt,
erkläre dies nicht die Angabe einer falschen Arbeitszeit.
Gegen das am 9. Januar 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24. Januar 2006 Berufung eingelegt. Zur
Begründung trägt er unter anderem vor, er habe lediglich eingeräumt, ab und an und nicht etwa regelmäßig
wöchentlich 15 Stunden und mehr gearbeitet zu haben. Zudem verstehe er die deutsche Sprache zum Teil nicht und
habe daher nicht alles richtig verstanden. Seine privaten Transportaufzeichnungen beinhalteten nicht die tatsächlich
von ihm gefahrenen Touren, sondern solche, die er lediglich zum Teil durchgeführt habe. Er habe Touren nur im
Nahverkehr durchgeführt. Fernfahrten habe er lediglich innerhalb Hamburgs zu Ende gebracht. Der Zeuge V. habe
seiner Auffassung nach bekundet, dass mit ihm eine wöchentliche Arbeitszeit von weniger als 15 Stunden vereinbart
gewesen sei. Der Zeuge habe nicht bekundet, dass er in der Regel 15 oder mehr Stunden wöchentlich gearbeitet
habe. Dies habe auch der Zeuge G. nicht bekundet. Im Erörterungstermin am 25. September 2009 hat der Kläger
erklärt, er habe mit seinem Arbeitgeber vereinbart, dass er als Aushilfe auf Abruf bei Bedarf arbeiten sollte. Mit
Schriftsatz vom 22. Oktober 2009 hat er beantragt, die Stundenzettel und Tachobücher beizuziehen.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 1. Dezember 2005 sowie den Bescheid vom 20.
November 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Die Auswertung der Transportaufzeichnungen habe erstmals ab dem
12. Februar 2001 eine Überschreitung der Kurzeitigkeitsgrenze ergeben. Damit sei die Wirkung der Arbeitslosmeldung
des Klägers erloschen. Danach habe sie jeden Kontakt des Klägers als erneute Meldung gewertet. Er habe sich am
26. Februar 2001, 28. Mai 2001, 24. Juli 2001 und 27. Februar 2002 persönlich gemeldet. Sie meint, der Kläger könne
sich nicht auf mangelnde Sprachkenntnisse berufen. Der Zeuge V. habe nicht bekundet, dass der Kläger weniger als
15 Stunden wöchentlich gearbeitet habe. Vielmehr habe er bekundet, dass zwar im Arbeitsvertrag lediglich die
Arbeitsstundenzahl angegeben gewesen sei, die der Kläger trotz der Leistungen der Beklagten arbeiten durfte, im
Übrigen aber Spesen und Überstunden in bar ausgezahlt worden seien. Sie bezweifelt, dass die privaten
Transportaufzeichnungen Fahrten beinhalten, die nicht er, sondern andere Fahrer absolviert haben. Dies sei weder
sinnvoll noch nachvollziehbar. Sie vertritt unter Bezugnahme auf das Urteil des LSG Sachsen (vom 12. Februar 2008
– L 2 AL 65/07) die Auffassung, die Erstattung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen sei auch dann
entgegen dem Wortlaut des § 335 SGB III gerechtfertigt, wenn zwar Kraft Gesetzes ein weiteres
Versicherungspflichtverhältnis wegen einer Beschäftigung bestanden habe, der Arbeitgeber aber keine Anmeldung zur
Krankenkasse vorgenommen und keine Beiträge entrichtet habe. Mit Schriftsatz vom 28. September 2009 hat sie
ferner die Auffassung vertreten, der Rechtsstreit habe wegen dieser Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung, so dass
gegen eine Entscheidung durch die Berichterstatterin formale Bedenken bestünden.
Im Wege der von Amts wegen durchzuführenden Sachverhaltsaufklärung hat das Berufungsgericht die
staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten mit dem Aktenzeichen 3204 Js 33/04 beigezogen. Der Insolvenzverwalter
über das Vermögen des Arbeitgebers V. hat auf gerichtliche Anfrage mitgeteilt, dass er über keinerlei Unterlagen oder
Informationen zu dem Kläger verfüge. Die AOK S1 hat auf gerichtliche Nachfrage mitgeteilt, dass der Kläger ab dem
1. Januar 2001 bis zum 19. April 2002 und vom 1. Juni 2002 bis zum 30. Juni 2002 zur pauschalen
Krankenversicherung angemeldet gewesen ist. Schließlich hat das Berufungsgericht Beweis erhoben durch
Vernehmung des Zeugen G. im Termin am 25. September 2009. Der Zeuge hat unter anderem bekundet, der Kläger
habe nicht lediglich Fahrten innerhalb Hamburgs durchgeführt. Er sei sicher, dass der Kläger auch außerhalb Hamburg
unterwegs gewesen sei. In der Firma seien die Fahrtenbücher manipuliert worden, wenn Mitarbeiter mehr Stunden als
erlaubt gefahren seien oder zu viel verdient hätten. Eine Abrechnung sei dann über Spesenabrechnungen erfolgt. Die
Fahrer hätten ihre eigenen Notizbücher geführt, um Unstimmigkeiten bei der Rechnung zu klären. Er gehe davon aus,
dass der Kläger die von ihm in seinen privaten Aufzeichnungen aufgeführten Fahrten auch durchgeführt habe.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten der Zeugenaussage wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen und ergänzend
Bezug genommen.
Die Beteiligten haben am 25. September 2009 ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits allein durch die
Berichterstatterin als Einzelrichterin und zur Entscheidung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne
weitere mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, des Vorbringens der Beteiligten und des Inhaltes der
Bescheide wird auf die Verwaltungsakte mit der Stammnummer XXXXX und die Gerichtsakte, sowie die beigezogene
Akte der Staatsanwaltschaft mit den Aktenzeichen 3204 JS 33/04 verwiesen und ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berichterstatterin kann gemäß § 155 Abs. 3, Abs. 4 SGG anstelle des Senats gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne
weitere mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben. Die Beklagte
hat ihr Einverständnis zu einer Entscheidung allein durch die Berichterstatterin nicht mit Schriftsatz vom 28.
September 2009 widerrufen, sondern lediglich formale Bedenken geäußert. Einer Entscheidung durch den Senat
bedarf es nach Auffassung der Berichterstatterin nicht, denn Revisionszulassungsgründe bestehen nicht (dazu unten)
und die Entscheidung widerspricht nicht der gängigen Rechtsprechung des Senats. Es sind auch keine anderen
Gründe ersichtlich, die gegen eine Entscheidung des Rechtsstreits durch die Berichterstatterin sprechen.
Die gemäß §§ 143, 144 SGG zulässige, insbesondere gemäß § 151 SGG form- und fristgemäß erhobene Berufung ist
zum Teil begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen.
Der Bescheid der Beklagten vom 20. November 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2005
ist rechtswidrig, soweit die Beklagte die Erstattung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe von mehr als 8770,09
EUR und die Erstattung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen verlangt. Im Übrigen ist der Bescheid
bezüglich der Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 12. Februar 2001 bis zum 25. Februar
2001, vom 12. März bis zum 23. Juli 2001 und vom 21. August 2001 bis zum 26. Dezember sowie die Bewilligung von
Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 27. Dezember 2001 bis zum 26. Februar 2002 und vom 4. März 2002 bis zum 31.
Juli 2002 und der damit verbundenen Erstattungsforderung in Höhe von 8770,09 EUR rechtmäßig und verletzt den
Kläger nicht in seinen Rechten.
Rechtsgrundlage für die Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe für die streitigen
Zeiträume ist § 45 Abs. 1, Abs. 2 S. 3 Nr. 2 und Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i. V. m. § 330 Abs. 2
SGB III.
Nach § 45 Abs. 1, Abs. 2 S. 3 Nr. 2 und Nr. 3 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 2 SGB III muss ein rechtswidriger
begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit
zurückgenommen werden, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob
fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat oder der Begünstigte die
Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
Die Bewilligungsbescheide über die Bewilligung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe waren bereits im Zeitpunkt
ihres Erlasses rechtswidrig, weil der Kläger spätestens ab dem 12. Februar 2001 eine die Arbeitslosigkeit beendende
Beschäftigung aufgenommen und damit keinen Anspruch auf Leistungen wegen Arbeitslosigkeit hatte.
Anspruch auf Arbeitslosengeld hat nämlich gemäß § 117 Abs. 1 Nr. 1 SGB III nur derjenige, der arbeitslos ist.
Entsprechendes gilt gemäß § 198 S. 2 SGB III für die Arbeitslosenhilfe.
Arbeitslos ist nicht, wer eine 15 Stunden wöchentlich und mehr umfassende Beschäftigung ausübt (§ 118 Abs. 1 und
Abs. 2 S. 1 SGB III). Entscheidend ist, ob die vom Kläger aufgenommene abhängige Beschäftigung eine kurzzeitige
Beschäftigung im Sinne des § 118 Abs. 2 SGB III war oder nicht.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteile vom 29. Oktober 2008 – B 11 AL 44/07 R m.w.N.,
info also 2009, 119, und B 11 AL 52/07 R, NZA-RR, 446-449) kommt es für die Beurteilung der Kurzzeitigkeit einer
Beschäftigung vorrangig auf die vertraglichen Vereinbarungen und eine vorausschauende Betrachtungsweise an, die
an die Verhältnisse zu Beginn der Beschäftigung anknüpft.
Zur Überzeugung des Gerichts, die sich auf das Gesamtergebnis des Verfahrens unter Einbeziehung der mündlichen
Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme begründet (§ 128 SGG), hat der Kläger mit seinem
Arbeitgeber im Zeitpunkt der Vereinbarung keine lediglich kurzzeitige Beschäftigung vereinbart. Zwar hat der
Arbeitgeber in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht bekundet, im Arbeitsvertrag sei die
Arbeitsstundenzahl angegeben gewesen, die der Kläger trotz der Leistungen des Arbeitsamtes hätte arbeiten dürfen,
diese Vereinbarung war jedoch lediglich zum Schein geschlossen worden (§ 117 Bürgerliches Gesetzbuch), denn es
kam den Arbeitsvertragsparteien gerade darauf an, nach außen hin keine leistungsschädlichen Vereinbarungen zu
dokumentieren. Anders ist die Aussage des Arbeitgebers, dass Mehrarbeit in bar ausgezahlt wurde, nach Auffassung
des Gerichtes nicht zu verstehen. Dies ergibt sich auch aus der in sich schlüssigen und widerspruchsfreien und daher
überzeugenden Aussage des Zeugen G., der unwidersprochen bekundete, dass die Fahrtenbücher manipuliert wurden,
um die Ableistung von mehr als den erlaubten Stunden zu verschleiern. Schließlich hat auch der Kläger nicht
behauptet, er habe mit dem Arbeitgeber eine lediglich kurzzeitige Beschäftigung vereinbart. Er hat im Termin am 25.
September 2009 vielmehr ausgeführt, er habe auf Abruf immer dann arbeiten sollen, wenn Bedarf besteht. Er räumt
ein, ab und an 15 Stunden und mehr gearbeitet zu haben. Tatsächlich erklärte er bei seiner Vernehmung vor dem
Hauptzollamt, im Rahmen seines Widerspruchs am 3. Dezember 2003 und seiner Klagebegründung, der Zeuge G.
habe ständig Druck auf ihn ausgeübt, mehr zu arbeiten, und er habe dem Druck unter anderem wegen der Hoffnung
auf eine Festanstellung nachgegeben. Nicht nur hieraus, sondern auch anhand der vom Kläger geführten
Transportaufzeichnungen zeigt sich, dass die Überschreitung der Kurzzeitigkeitsgrenze nicht die Ausnahme sondern
die Regel gewesen ist. Die Vereinbarung einer Arbeit auf Abruf und nach Bedarf und die daraus resultierenden
Arbeitszeiten ergeben, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Klägers und seinem Arbeitgeber von vornherein
darauf angelegt war, die Kurzzeitigkeitsgrenze regelmäßig zu überschreiten. Diese Überschreitungen der
Kurzzeitigkeitsgrenze waren auch nicht unerheblich, so dass es sich nicht um gelegentliche Abweichungen, die nur
von geringer Dauer sind, handelt, denn die Überschreitung der Kurzzeitigkeitsgrenze hat in einer erheblichen Anzahl
der Beschäftigungswochen stattgefunden. Es ist vom Kläger nicht vorgetragen und auch nicht aus anderen
Umständen ersichtlich, dass die bei der Vereinbarung vorliegenden Umstände einer Änderung unterworfen waren und
deshalb zunächst von anderen Arbeitszeiten ausgegangen wurde. Es kann jedoch offen bleiben, ob die Bewilligung
von Leistungen auch für die Zeit ab dem 1. Januar 2001 bis zum 11. Februar 2001 rechtswidrig war, denn die Beklagte
hat die Bewilligung zu Gunsten des Klägers jedenfalls erst mit der aus den Transportaufzeichnungen des Klägers
ersichtlichen tatsächlichen Überschreitung der Kurzzeitigkeitsgrenze nach Aufnahme der Tätigkeit bzw. nach jeder
persönlichen Meldung zurückgenommen.
Es bestehen keine Bedenken bezüglich der von der Beklagten vorgenommenen Umrechnung der notierten
Wegstrecken und Routen in Arbeitsstunden. Das Gericht ist der Überzeugung, dass der Kläger unter anderem in den
im Tatbestand aufgeführten Wochen, aber auch in einer Vielzahl weiterer Wochen, mindestens 15 Stunden
wöchentlich gearbeitet hat.
Daran, dass der Kläger in seinen Transportaufzeichnungen die tatsächlich von ihm geleisteten Fahrten und übrigen
Tätigkeiten, die die Beklagte bei ihrer Stundenermittlung teilweise zu Gunsten des Klägers nicht berücksichtigt hat,
auch erbracht hat, hat das Gericht keinerlei Zweifel. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren vorträgt, er habe diese
Leistungen nicht erbracht, sondern von Dritten ausgeführte Fahrten aufgelistet, die er nur innerhalb Hamburgs zu Ende
gebracht habe, kann das Gericht ihm diese erst im Berufungsverfahren vorgebrachte Behauptung nicht abnehmen.
Wäre diese Behauptung zutreffend, hätte es nahe gelegen, diese bereits bei Abgabe der Aufzeichnungen beim
Hauptzollamt oder spätestens im Widerspruchsverfahren vorzubringen. Stattdessen hat der auch im erstinstanzlichen
Verfahren anwaltlich vertretene Kläger diese Behauptung weder in der Klagbegründung noch in der mündlichen
Verhandlung vor dem Sozialgericht vorgebracht. Dies kann nach Auffassung des Gerichts auch nicht auf
Sprachschwierigkeiten beruhen, denn der Kläger hat sich weder im Rahmen seiner Vernehmung vor dem
Hauptzollamt, wo er mit seiner Unterschrift bestätigte, er habe der Verhandlung sprachlich und inhaltlich folgen
können, noch sonst im Verfahren bis zur Berufungsbegründung auf mangelnde Sprachkenntnisse berufen. Im Übrigen
ist der Kläger weder nach seinem Widerspruchsschreiben oder nach seinem sonstigen Vorbringen noch nach dem
Eindruck, der sich im Termin am 25. September 2009 vermittelt hat, der deutschen Sprache so wenig mächtig, dass
er sich darauf berufen könnte, das von ihm Gesagte oder Unterschriebene nicht richtig verstanden zu haben.
Schließlich hat auch der Zeuge G. bekundet, dass der Kläger nicht etwa nur Fahrten innerhalb Hamburgs durchgeführt
hat. Es ist nach Auffassung des Gerichts auch nicht nachvollziehbar, warum der Kläger Fahrten notieren sollte, die er
nicht durchgeführt hat. Denn schließlich dienten die von den Arbeitnehmern geführten Aufzeichnungen nach der
überzeugenden Aussage des Zeugen G. dazu, im Falle von Streitigkeiten über die Arbeitsstunden mit dem
Arbeitgeber die von ihnen tatsächlich geleisteten Stunden nachvollziehbar zu machen, was nicht möglich gewesen
wäre, wenn der Kläger dazu nicht taugliche Aufzeichnungen gemacht hätte. Für die Tatsache, dass der Kläger die von
ihm aufgelisteten Fahrten auch durchgeführt hat, spricht unter anderem auch, dass die in der Akte der
Staatsanwaltschaft befindlichen von Kläger unterschriebenen Lieferbescheinigungen und die Angaben im Fahrtenbuch
"P." mit den Angaben in seinen Transportaufzeichnungen in Einklang gebracht werden können.
Das Gericht hat nicht den Beweisanträgen des Klägers nachzukommen und die Stundenzettel oder Tachoscheiben
beizuziehen. Es kann unterstellt werden, dass in den Stundenzetteln keine Arbeitsstundenzeit von 15 Stunden und
mehr dokumentiert sind. Der Zeuge G. hat für das Gericht überzeugend bekundet, dass die Stundenzettel gerade so
manipuliert worden sind, dass sie keine Überschreitung der Kurzzeitigkeitsgrenze erkennen lassen. Auch die
Tachoscheiben sind vom Gericht nicht beizuziehen, denn der Kläger hat selbst nicht behauptet, ausschließlich solche
Wagen gesteuert zu haben, die mit Tachoscheiben betrieben werden. Auch der Zeuge G. hat dies nicht bekundet.
Dafür, dass der Kläger nicht ausschließlich Wagen mit Tachoscheibe gefahren hat, spricht auch das Fahrtenbuch
"P.", welches sich auf einen Wagen ohne Fahrtenschreiber beziehen dürfte und in dem diverse Fahrten des Klägers
vermerkt sind. Es kann daher unterstellt werden, dass etwaig existierende Tachoscheiben keine Arbeitsstundenzahl
oberhalb der Kurzzeitigkeitsgrenze ergeben würden. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Unterlagen,
insbesondere der Transportaufzeichnungen des Klägers, seiner eigenen Angaben und der Bekundungen der Zeugen
ist das Gericht wie bereits ausgeführt dennoch davon überzeugt, dass der Kläger zumindest die dort verzeichneten
Fahrten durchgeführt hat und damit die Kurzzeitigkeitsgrenze in den streitigen Zeiträumen überschritten hat.
Mit der Aufnahme der Beschäftigung, spätestens mit der Überschreitung der Kurzzeitigkeitsgrenze war die Wirkung
der Arbeitslosmeldung des Klägers erloschen (§ 117 Abs. 1 Nr. 2 SGB III i.V.m. § 122 SGB III; vgl. BSG, Urteil vom
23. Juli 1996 – 7 RAr 14/96).
Soweit der Kläger vorträgt, er habe nicht mehr als 630 DM bzw. 325 EUR Entgelt erhalten, ist dies unerheblich, denn
es kommt für den Wegfall des Anspruches allein auf den zeitlichen Umfang der Tätigkeit und nicht die Höhe der
Entlohnung an.
Da der Anspruch des Klägers bereits durch die Aufnahme der Tätigkeit spätestens jedoch mit der Überschreitung der
Kurzzeitigkeitsgrenze weggefallen war, kommt es auch nicht mehr darauf an, ob der Kläger überhaupt erreichbar im
Sinne des § 117 Abs. 1 Nr. 1 SGB III i.V.m. § 118 Abs. 1 Nr. 2, 119 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit Abs. 2 und Abs. 3
Nr. 3 SGB III i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2 der Erreichbarkeitsanordnung war, was im Hinblick auf seine
Ortsabwesenheiten zweifelhaft ist.
Die Rücknahmevoraussetzungen des § 45 Abs. 2 S. 3 Nr.2 und Nr. 3 SGB X liegen vor. Danach kann sich der
Betroffene nicht auf Vertrauen berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte
vorsätzlich oder groß fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Nr. 2), oder er die
Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; wobei grobe
Fahrlässigkeit vorliegt, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (Nr.
3). Der Begriff der groben Fahrlässigkeit setzt ein erheblich gesteigertes Verschulden voraus. Hierbei ist ein
subjektiver Maßstab zu Grunde zu legen (vgl. BSG, Urteil vom 29. Oktober 2008 – B 11 AL 44/07 R, a.a.O.).
Der Bewilligungsbescheid beruht darauf, dass der Kläger unvollständige Angaben gemacht hat, denn der Kläger hat
den tatsächlichen Umfang seiner Tätigkeit für die Firma V. der Beklagten nicht wahrheitsgemäß mitgeteilt. Im Antrag
auf Arbeitslosengeld hat er zwar den Erhalt von Leistungen der Firma V. angeben, aber verneint, eine Tätigkeit
auszuüben. Im Antrag auf Arbeitslosenhilfe gab er an, weniger als 15 Stunden zu arbeiten. Diese Angaben sind zur
Überzeugung des Gerichts, aber auch nach den eigenen Angaben des Klägers, der eine Überschreitung der
Kurzzeitigkeitsgrenze einräumt, unwahr. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in den Merkheften, deren Erhalt und
Kenntnisnahme der Kläger bestätigt hat, für den Laien verständlich klargestellt wird, dass die Beklagte bei Aufnahme
jeder Beschäftigung oder Tätigkeit prüft, ob die Arbeitslosigkeit und damit der Anspruch auf Leistungen entfällt.
Außerdem wird in den Leistungsanträgen ausdrücklich nach dem zeitlichen Umfang der Tätigkeit gefragt. Der Kläger,
der den zeitlichen Umfang seiner Tätigkeit kannte, musste wissen, dass seine Angaben gegenüber der Beklagten
diesbezüglich falsch waren und er zur Angabe der wahren Tatsachen verpflichtet ist.
Das Gericht ist auch der Überzeugung, dass dem Kläger auf Grund einfachster und naheliegender Überlegungen
einleuchten musste, dass die von ihm ausgeübte Tätigkeit nicht mit dem Bezug von Arbeitslosengeld und
Arbeitslosenhilfe vereinbar sein konnte. Der Kläger befindet sich seit 1991 in der Bundesrepublik und mit
Unterbrechungen seit 1995 im Leistungsbezug der Beklagten. Er hat mehrfach Merkblätter von der Beklagten
ausgehändigt bekommen und deren Erhalt und Kenntnisnahme mit seiner Unterschrift bestätigt. Er hat sie nach
seinen eigenen Angaben studiert. In den Merkheften wird die Bedeutung der Überschreitung der Kurzzeitigkeitgrenze
verständlich erklärt. Nicht nur aus den Merkheften, sondern auch nach der allgemeinen Lebenserfahrung musste es
sich dem Kläger aufdrängen, dass die von ihm aufgenommene Tätigkeit negative Auswirkungen auf seinen
Leistungsbezug hat. Aufgrund des Eindrucks, den das Gericht vom Kläger in der mündlichen Verhandlung erhalten
hat, bestanden beim Kläger keinerlei Defizite in subjektiver Hinsicht; es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der
Kläger aufgrund seiner Ausbildung, seines Auffassungsvermögens oder aus anderen Gründen nicht in der Lage war,
dies zu erkennen.
Die dargelegte Rechtssituation ist auch nicht unbillig; denn sie gewährleistet, dass derjenige, der die ihm gesetzlich
auferlegten Mitteilungspflichten nicht vollständig und wahrheitsgemäß erfüllt, nicht anders, und insbesondere nicht
besser als derjenige behandelt wird, der seinen Pflichten ordnungsgemäß nachkommt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 23.
Juli 1996 - 7 RAr 104/95).
Auch die übrigen Voraussetzungen des § 45 SGB X liegen vor, die Beklagte hat die Rücknahme der Bewilligung
insbesondere innerhalb der Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X erlassen.
Die Ermächtigungsgrundlage für die Erstattungsforderung ergibt sich aus § 50 Abs. 1 SGB X. Nach der genannten
Vorschrift sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit der zu Grunde liegende Verwaltungsakt aufgehoben
wurde. Die Bewilligung wurde aufgehoben, der Kläger hat daher die bereits erbrachten Leistungen zu erstatten.
Allerdings belaufen sich die vom Kläger zu erstattenden Leistungen nicht auf 8866,69 EUR, sondern lediglich auf
8770,09 EUR. Bei der Berechnung der Erstattungsforderung hat die Beklagte nämlich übersehen, dass sie die
Bewilligung von Arbeitslosengeld für den Monat Februar 2001 bereits mit Bescheid vom 30. Mai 2001 teilweise in
Höhe von 311,20 DM (159,11 EUR) aufgehoben hatte. Auf den hier streitigen Zeitraum ab dem 12. Februar 2001
entfällt ein Betrag von 96,60 EUR (159,11 EUR: 28 Kalendertage x 17 Kalendertage).
Zu Unrecht verlangt die Beklagte die Erstattung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen. Gemäß § 335 Abs.
1 S. 1, Abs. 5 SGB III hat der Bezieher von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe, die Beiträge zur Kranken- und
Pflegeversicherung zu ersetzen, soweit die Entscheidung über die Bewilligung der Leistung rückwirkend aufgehoben
und die Leistung zurückgefordert worden ist. Hat jedoch für den Zeitraum, für den die Leistung zurückgefordert worden
ist, ein weiteres Krankenversicherungsverhältnis bestanden, so erstattet die Krankenkasse, bei der der Bezieher nach
§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) versicherungspflichtig war, der Bundesanstalt (jetzt:
Bundesagentur für Arbeit) die für diesen Zeitraum entrichteten Beiträge; der Bezieher wird insoweit von der
Erstattungspflicht nach Satz 1 befreit; § 5 Abs. 1 Nr. 2 zweiter Halbsatz SGB V gilt nicht (§ 335 Abs. 1 S. 2 SGB V).
Während seiner Tätigkeit für die Firma V. war der Kläger gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V versicherungspflichtig. Er ist
daher von der Erstattung der Beiträge gemäß § 335 Abs. 1 S. 2, Abs. 5 SGB V befreit. Die anderslautende
Entscheidung des LSG Sachsen vom 12. Februar 2008 (L 2 AL 65/07) vermag wegen des eindeutigen Wortlauts der
Vorschrift nicht zu überzeugen. Sie betrifft jedoch auch nicht dieselbe Fallkonstellation, denn vorliegend war der
Kläger – anders als in dem dort entschiedenen Fall - nach der Bestätigung der AOK S1 zur pauschalen Versicherung
angemeldet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; sie entspricht der Entscheidung in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Im Hinblick auf den Wortlaut des § 335 Abs. 1 S. 2 SGB III ist trotz der Entscheidung des LSG Sachsen (a.a.O.), die
eine anderen Fallkonstellation betrifft, keine grundsätzliche Bedeutung der vorliegenden Rechtssache erkennbar. Das
BSG hat in seiner Entscheidung vom 2. September 2004 (B 7 AL 88/03 R) die in Zusammenhang mit § 335 SGB III
stehenden Rechtsfragen ausdrücklich offengelassen, so dass diese Entscheidung nicht von einer Entscheidung des
BSG abweicht.