Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 13.03.2017

LSG Berlin-Brandenburg: unternehmen, örtliche zuständigkeit, dauerhafte entwicklung, sachliche zuständigkeit, anfang, prävention, transport, gesundheitswesen, versorgung, unfallversicherung

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg 2.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 2 U 1145/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 136 Abs 1 S 4 SGB 7, § 136
Abs 2 S 1 SGB 7, § 136 Abs 2 S
2 SGB 7, § 137 SGB 7, § 131 Abs
1 SGB 7
(Gesetzliche Unfallversicherung - sachlich zuständiger
Unfallversicherungsträger - Berufsgenossenschaft der
Bauwirtschaft - Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst
und Wohlfahrtspflege - Überweisungsanspruch gem § 136 Abs 1
S 4 SGB 7 - Zeitpunkt - Umgestaltung des Unternehmens -
wesentliche Änderung - Kunden-GmbH - Unternehmens-
Entwicklung: von Gebäudereinigungs- bis hin zum kompletten
Krankenhausservice)
Leitsatz
1) Die berufsgenossenschaftliche Zuständigkeit für eine sogenannte Kunden-GmbH richtet
sich nach den bisher von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätzen.
2) Auch die überwiegende Kapitalbeteiligung an einer Gesellschaft vermittelt noch keine
Leistungsmacht über ein Nebenunternehmen, wenn die Stimmrechte nicht entsprechend der
Kapitalanteile verteilt sind.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin
vom 27. Oktober 2005 und der Bescheid der Beklagten vom 18. Juli 2003 in
der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2003
abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin mit Wirkung vom 01.
Januar 2010 an die Beigeladene zu überweisen. Im Übrigen wird die
Berufung zurückgewiesen.
Die Klägerin und die Beklagte tragen die Gerichtskosten jeweils zur Hälfte.
Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte ihrer außergerichtlichen Kosten zu
erstatten.
Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin von der beklagten
Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft an die beigeladene Berufsgenossenschaft für
Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege zu überweisen ist.
Mit Schreiben vom 08. Juli 1997 teilte die Z B GmbH Gebäudereinigung und
Krankenhausservice der Beklagten mit, dass ihr Reinigungsauftrag am D B (D) ab 01. Juli
1997 in eine neu gegründete Kunden- GmbH, die D GmbH, ausgegliedert worden sei.
Auf die Z B GmbH entfalle dann ein Jahresarbeitsentgelt von zirka 12 Millionen DM, auf
die neu gegründete D GmbH etwa 1 200 000,00 DM. An der neu gegründeten
Gesellschaft seien die Z B GmbH mit einer Kapitaleinlage von 75 000,00 DM und 750
Stimmen und das D mit 25 000,00 DM und 1 000 Stimmen beteiligt. Geschäftsführer der
neu gegründeten GmbH sei der Geschäftsführer des D. Gegenstand des Unternehmens
ist nach dem Handelsregisterauszug die Reinigung sowie die Erbringung sonstiger nicht
medizinischer Ver- und Entsorgungsleistungen für das D nebst angeschlossenen
Einrichtungen. In der Betriebsbeschreibung vom 26. August 1997 für die Beklagte ist als
Gegenstand des Unternehmens „Gebäudereinigung“ angegeben.
Unter dem 14. Oktober 1997 erteilte die Beklagte der D GmbH einen Aufnahmebescheid
auf der Grundlage von § 136 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Siebtes Buch (SGB VII) ab 01. Juli
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auf der Grundlage von § 136 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Siebtes Buch (SGB VII) ab 01. Juli
1997.
Mit Schreiben vom 22. Februar 2002 kündigte die Klägerin die Mitgliedschaft bei der
Beklagten und beantragte die Überweisung an die Beigeladene. Bei ihr handele es sich
um eine Tochtergesellschaft des D. Sie beschäftige ausschließlich Mitarbeiter, die für das
D tätig seien. Hintergrund des Antrages war ein interner Beschluss der Beigeladenen, so
genannte ausgegliederte Dienstleistungsunternehmen im Sinne eines
Hilfsunternehmens für das Hauptunternehmen auf Antrag in Mitversicherung zu
übernehmen.
Mit Bescheid vom 13. Juni 2002 lehnte die Beklagte den Überweisungsantrag ab. Beim
Unternehmen der Klägerin handele es sich um ein rechtlich selbständiges Unternehmen,
welches Reinigungen aller Art an und in Gebäuden ausführe. Für Unternehmen, die
„Reinigungen aller Art an und in Gebäuden“ ausführten und ihren Betriebssitz in B
hätten, sei die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Bau-Berufsgenossenschaft
Hannover gegeben. Lediglich bei Änderung in den Betriebsverhältnissen oder bei von
Beginn an unrichtiger Zuständigkeit sehe § 136 Abs. 1 und 2 SGB VII eine
Zuständigkeitsänderung (Überweisung) vor. Beide Tatbestände seien im vorliegenden
Fall nicht gegeben.
Mit Schreiben vom 10. Oktober 2002 wiederholte die Klägerin den Überweisungsantrag.
Sie werde vom bei der Beigeladenen versicherten Mutterunternehmen, dem D - Stiftung
des bürgerlichen Rechts -, beherrscht. Dies zeige sich bei der Verteilung der
Stimmrechte und bei der Geschäftsführung. Sie erbringe neben Reinigungsarbeiten auch
andere Dienstleistungen, allerdings nur für das Mutterunternehmen. Reinigungsarbeiten
machten nur einen Teil des Leistungsspektrums aus, sie verweise auf die Präsentation
ihres Dienstleistungsmanagements (Bl. 57 f. der Verwaltungsakte). Gegenstand des
infrastrukturellen Gebäudemanagements seien folgende Sparten:
1. Reinigungs- und Pflegedienste
2. Transportdienste Intern/Extern
3. Waren- und Logistikdienste
4. Wäscheversorgungsdienste
5. Sterilisationsdienste
6. Bettenversorgung
7. Postdienste Intern/Extern
8. Kopier- und Druckerdienste
9. Hausmeisterdienste
10. Medizinische Schreibdienste/Bürofachkräfte
11. Gärtnerdienste
12. Abfallwirtschaft
13. Winterdienste
14. Service-Center
15. Sonstige Dienstleistungen
Daraufhin veranlasste die Beklagte eine Betriebsstrukturprüfung. Unter dem 09.
Dezember 2002 stellte sie fest, dass Gegenstand des Reinigungs- und Pflegevertrages
die Unterhaltsreinigung, Außen- und Innenglasreinigung sowie Jalousiereinigung,
hauswirtschaftliche Dienste, nichtmedizinische Ver- und Entsorgungsleistungen,
Transportdienstleistungen und Sonderleistungen seien. Außerdem werde die
Wäscheversorgung, die Bettenversorgung und die Poststelle betrieben. Die Bereiche
Schreibdienst, Archiv und Beratung seien mit Wirkung vom 01. Oktober 2001
ausgegliedert und in eine eigenständige Dienstleistungs-GmbH überführt worden. Die
Klägerin machte geltend, bei der Einstufung der Gefährdung der Arbeitsplätze
(Seuchengefahr, Ansteckung, Sterilität) habe die Beklagte bisher nicht behilflich sein
können. Sie habe sich diese Informationen von der Beigeladenen besorgen müssen.
Eine Aufstellung der Einsatzbereiche des Personals ergab, dass 79 Mitarbeiter im
Bereich Reinigung und Desinfektion beschäftigt waren, 52 Mitarbeiter im übrigen Bereich.
Die weitere Dienstleistungs-GmbH des D, die G B - G GmbH -, sei bei der Beigeladenen
versichert.
Der zuständige technische Aufsichtsbeamte der Beklagten teilte unter dem 07. März
2003 mit, bisher keinen Kontakt zur Klägerin gehabt zu haben, er könne über die
Betriebsstruktur daher keine Aussagen machen. Die Präventionsarbeit solle aber
aufgenommen werden.
Mit Bescheid vom 18. Juli 2003 lehnte die Beklagte den Überweisungsantrag erneut ab.
Zur Begründung führte sie aus, eine Überweisung an einen anderen Träger der
gesetzlichen Unfallversicherung sei lediglich bei einer Änderung in den
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gesetzlichen Unfallversicherung sei lediglich bei einer Änderung in den
Betriebsverhältnissen oder bei einer von Beginn an unrichtigen Zuständigkeit möglich.
Die ursprüngliche Zuständigkeit der Beklagten sei bisher nicht infrage gestellt worden.
Eine Änderung in den Betriebsverhältnissen, die eine Überweisung rechtfertigen würde,
sei jedoch nicht eingetreten. Nach den zur Verfügung gestellten Unterlagen
(Personallisten) werde immer noch der überwiegende Teil des Personals im Bereich
„Reinigungsarbeiten aller Art“ tätig. Da sich die Zuständigkeit des Trägers der
gesetzlichen Unfallversicherung nach dem Schwerpunkt des Unternehmens richte und
dieser sich nach der Art der in den verschiedenen Unternehmensteilen beschäftigten
Arbeitnehmer richte, sei sie für die Versicherung des Unternehmens weiter zuständig.
Dem hiergegen eingelegten Widerspruch blieb mit zurückweisendem
Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2003, zugestellt am 22. Oktober 2003, der
Erfolg versagt. Bei der Gründung der Klägerin habe es sich um eine Ausgliederung aus
der bei der Beklagten versicherten Z B GmbH gehandelt. Als Unternehmensgegenstand
sei in der Betriebsbeschreibung „Gebäudereinigung“ angegeben worden. Da die
Beklagte für Unternehmen des Gewerbezweigs „Gebäudereinigung“ mit Sitz in B der
sachlich und örtlich zuständige Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sei, habe die
Erklärung der Zuständigkeit nicht den Zuständigkeitsregelungen widersprochen. Über
die in § 136 Abs. 2 SGB VII genannte zweite Alternative, wonach das Festhalten an dem
Zuständigkeitsbescheid zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten führen müsse, damit
die Feststellung der Zuständigkeit als von Anfang an unrichtig beurteilt werden könne,
müsse anhand der Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles entschieden werden.
Hierbei sei nicht nur der Grad der Unterschiedlichkeit der betriebsbedingten
Unfallgefahren und die damit verbundene Prävention zu beachten. Die Prävention sei für
die Beschäftigten auch vor der Gründung der GmbH im Rahmen der
Beschäftigungsverhältnisse bei der Z B GmbH gewährleistet gewesen. Bei der Beklagten
seien diverse Unternehmen mit gleich gelagerter Struktur versichert, für die der
gesetzliche Präventionsauftrag sichergestellt werde. Deshalb seien keine
schwerwiegenden Unzuträglichkeiten erkennbar. Nach § 136 Abs. 2 Satz 2 SGB VII liege
eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1
Sozialgesetzbuch/Zehntes Buch (SGB X), die zu einer Änderung der Zuständigkeit führe,
vor, wenn das Unternehmen grundlegend und auf Dauer umgestaltet worden sei.
Dementsprechend führten nur solche nachhaltigen und wesentlichen
Betriebsveränderungen zu einer Überweisung, die das Gepräge des Unternehmens
grundlegend und auf Dauer umgestaltet hätten. Es müsse sich um grundlegende
Änderungen in der Unternehmensstruktur handeln, die für die Zuständigkeitsfrage
wesentlich seien. „Grundlegend“ bedeute, dass das Unternehmen bzw. die Tätigkeit
nicht mehr in die bisherige Gefahrengemeinschaft, der die beiden zentralen Aufgaben
der Unfallverhütung und der Erbringung von Entschädigungsleistungen übertragen seien,
passe. Nach der eingereichten Aufstellung über die im Unternehmen beschäftigten
Arbeitnehmer sei die überwiegende Anzahl der Beschäftigten im Bereich Reinigung und
Desinfektion tätig. Eine Verlagerung des Schwerpunkts der Tätigkeit sei deshalb nicht zu
erkennen. Der angeführte Umstand, dass das „Mutterunternehmen“ beherrschenden
Einfluss auf die GmbH habe, der sich auch in der Kapitalbeteiligung ausdrücken würde,
habe auf die Beurteilung der berufsgenossenschaftlichen Zuständigkeit keinen Einfluss.
Hiergegen hat die Klägerin sich mit der Klage vom 24. November 2003 (Montag) zum
Sozialgericht Berlin gewandt. Mit Beschluss vom 09. Januar 2004 hat das Sozialgericht
die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege beigeladen.
Die Klägerin hat vorgetragen, ihr Dienstleistungsprofil ergebe sich aus der bereits
vorgelegten Beschreibung. In fast allen der angesprochenen Dienstleistungsbereiche
seien spezifische Anforderungen an den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung zu
beachten, da diese Leistungen in einer Hochleistungsklinik erbracht würden. In allen
genannten Dienstleistungsbereichen bestehe intensiver Beratungs- und
Informationsbedarf im Hinblick auf den Arbeitsschutz. Dieser Beratungsbedarf sei
durchweg geprägt durch den Umstand, dass sämtliche Dienstleistungen in einer
Hochleistungsklinik erbracht würden. Daraus folge spezifischer Beratungsbedarf im
Umgang mit Zytostatika, im Umgang mit Desinfektionsmitteln, im Umgang mit
Biostoffen und im Umgang mit Gefahrstoffen sowie für Tätigkeiten im Infektionsbereich
und bei der Beachtung des Strahlenschutzes beim Umgang mit Röntgengeräten.
Daneben bestünden allergiespezifische Probleme, z. B. mit Latex.
Die Beklagte hat geltend gemacht, bei der Klägerin handele es sich um eine
Ausgliederung aus der bei ihr versicherten Reinigungsfirma Z B GmbH. Der Schwerpunkt
der Tätigkeit liege auf dem Gebiet der Reinigung, daher sei auch die so genannte
Kunden-GmbH bei ihr versichert.
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Die Beigeladene hat geltend gemacht, bei der Klägerin könne es sich um eine rechtlich
unselbständige Ausgliederung aus dem D handeln. Für diesen Fall habe die Beklagte in
ihr Kataster eingegriffen, so dass ihr Aufnahmebescheid wegen eines schweren Mangels
nichtig sei.
Das Sozialgericht Berlin hat den Internetauftritt der „Z-Gruppe“ als Ausdruck zu den
Gerichtsakten genommen und den Beteiligten übersandt. Dort ist ausgeführt, „Z“ sei
Marktführer im Bereich der Servicegesellschaften, die vorwiegend gemeinsam mit
Partnern aus der Gesundheitsbranche gegründet worden seien. „Z“ ermögliche seinen
Partnern im Gesundheitswesen hocheffizientes Wirtschaften durch Gründung von
gemeinsamen Tochtergesellschaften in Form umsatzsteuerrechtlicher Organschaften.
Dass die Kunden von den konstant hochwertigen Leistungen profitierten, zeige die
langjährige Treue der Kunden. Als Beispiel wird nachfolgend das D als Partner vorgestellt.
Die Leistung der „Z-Gruppe“ bestehe im „kompletten infrastrukturellen
Leistungsspektrum“ in der Form der gemeinsamen Gesellschaft D Reinigungs- und
Dienstleistungs-GmbH B.
Mit Urteil vom 27. Oktober 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Weder habe
die Beklagte in den Katasterbestand der Beigeladenen eingegriffen noch sei ein
Überweisungsanspruch gegeben. Die Feststellung der Zuständigkeit der Beklagten für
das Unternehmen der Klägerin sei nicht von Anfang an unrichtig gewesen noch führe das
Festhalten an dem Bescheid zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten. Zwar könnten sich
schwerwiegende Unzuträglichkeiten in Ausnahmefällen aus den Gesichtspunkten einer
sachgerechten Prävention oder der Beeinträchtigung einer homogenen und finanziell
tragfähigen Risikogemeinschaft ergeben. Die Kammer habe aber keine Zweifel, dass die
Beklagte in der Lage sei oder sicherstellen könne, den Präventionsaufgaben
nachzukommen. Nach eigenen Angaben der Beklagten seien bei ihr diverse
Unternehmen des Reinigungs- und Dienstleistungsgewerbes versichert, deren
Angebotsspektrum dem der Klägerin vergleichbar sei. Die Klägerin habe bisher nur
unsubstantiiert behauptet, dass die Beklagte zu einer sachgerechten Prävention nicht in
der Lage sei.
Es liege auch keine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen vor. Das
Unternehmen der Klägerin habe sich nicht grundlegend auf Dauer umgestaltet. Vielmehr
liege der Schwerpunkt des Unternehmens der Klägerin nach den Feststellungen der
Betriebsprüfung vom 09. Dezember 2002 gemessen an der Anzahl der Mitarbeiter in der
Ausführung von Reinigungsarbeiten aller Art an und in Gebäuden. Soweit noch weitere
Dienstleistungen angeboten würden, sei diese Änderung nicht wesentlich.
Gegen das ihr am 23. November 2005 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der
Berufung vom 22. Dezember 2005. Sie macht geltend, in ihrem Organisationsbereich sei
von Anfang an der Reinigungs- vom Desinfektionsbereich unterschieden worden. Die
Mitarbeiter aus dem Reinigungsbereich würden ausschließlich in Räumlichkeiten
eingesetzt, die nicht durch die Krankenhausnutzung geprägt seien (EDV,
Verwaltungsbereich, Buchhaltung). 2006 seien von insgesamt 150 Mitarbeitern 55 im
Desinfektionsbereich und 20 im klassischen Reinigungsbereich eingesetzt worden. Seit
ihrer Gründung sei es zu einer erheblichen Erweiterung ihres Aufgabenbereiches
gekommen. Von 150 Mitarbeitern übten 75 Tätigkeiten aus, die weder dem Bereich
Reinigung noch der Desinfektion zugerechnet werden könnten. Dabei gehe es um die
folgenden Tätigkeitsbereiche: Transport (hierunter falle sowohl der Transport von
Patienten als auch der Transport von Sachen und Waren), Haushandwerkertätigkeiten,
Poststelle, Versorgung, Call-Center, Schreibdienst, Lagerverwaltung, Wäscheversorgung,
Sterilisation, Diätberatung und Stationshilfen (Service-Mitarbeiter). Vom Tätigkeitsort
einer Hochleistungsklinik gingen spezifische Unfallgefahren aus, so z. B. von Zytostatika,
Desinfektionsmitteln, etwa bei der Sterilisation verunreinigten OP-Bestecks, von
Biostoffen und anderen Gefahrstoffen sowie beim Umgang mit Röntgengeräten. Die
Gehaltssumme der Mitarbeiter im Bereich der klassischen Reinigung betrage im
Verhältnis zum Gesamtbetrag aller Mitarbeitervergütungen zirka 13 bis 14 %. Die
Beklagte sei nicht in der Lage, den eben geschilderten Beratungsbedarf im Hinblick auf
bestimmte Präventionsaufgaben zu erfüllen. Die Klägerin habe mit mehreren Schreiben
Beratungsbedarf beim Umgang mit Zytostatika, dem Transport von diagnostischen
Proben, dem Umgang mit Biostoffen wie Hepatitis B und HIV, psychischen Belastungen
am Arbeitsplatz, dem Umgang mit Verstorbenen im Bereich Hygiene, Temperatur und
dem Umgang mit Desinfektionsmitteln nachgefragt. Sie sei aber an die Beigeladene
verwiesen worden. Der Gesellschaftsvertrag sei im Übrigen geändert worden. Es gelte
der Vertrag vom 20. Dezember 2007. Danach sei die Z mit einer Stammeinlage von
39.000,- Euro an der Klägerin beteiligt, das D halte 13.000,- Euro. Allerdings verfüge das
D nach § 9 Abs. 3 des Vertrages über die Stimmenmehrheit (1040 zu 780). Der
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D nach § 9 Abs. 3 des Vertrages über die Stimmenmehrheit (1040 zu 780). Der
wirtschaftliche Zusammenhang zwischen der Z und der Klägerin beschränke sich auf die
Kapitaleinlage. Außerdem bestehe ein Beratungsvertrag. Die Entwicklung der Klägerin
sei ausschließlich das Ergebnis des Zusammenwirkens zwischen D und ihr selbst. Das D
habe Verträge mit externen Dienstleistern gekündigt und an sie vergeben. Bisher vom D
selbst wahrgenommene Aufgaben im medizinischen und pflegerischen Bereich seien im
Wege des Outsourcings auf sie übergegangen. Ein betriebstechnischer Zusammenhang
zwischen ihr und der Z, die mittlerweile von der international tätigen S übernommen
worden sei, bestehe ebenfalls nicht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Oktober 2005 abzuändern und die
Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18. Juli 2003 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2003 zu verurteilen, sie an die Beigeladene zu
überweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie macht geltend, zur Begründung ihrer Zuständigkeit komme es nicht darauf an, ob
die Arbeitnehmer im Desinfektions- oder Reinigungsbereich eingesetzt würden. Beide
Bereiche begründeten ihre Zuständigkeit. Die Klägerin räume ein, dass im Jahre 2006
die Hälfte ihrer Mitarbeiter in diesem Bereich weiter beschäftigt sei. Die Beigeladene
versuche, die Klägerin als reines Desinfektionsunternehmen darzustellen, um ihre
Zuständigkeit zu begründen, was an der Realität vorbeiginge. So würden auch im
Internetauftritt des Bundesinnungsverbandes des Gebäudereinigerhandwerkes als
klassische Reinigungsarbeiten die Krankenhaus-, Alten- und Pflegeheimreinigung
genannt. Die Klägerin stelle den Sachverhalt unzutreffend dar, wenn sie behaupte, sie
sei in Fragen der Prävention an die Beigeladene verwiesen worden. Richtig sei vielmehr,
dass sie, die Beklagte, Informationsmaterial der Beigeladenen zu den aufgeworfenen
Fragestellungen an die Klägerin übersandt habe. Diese habe nie geltend gemacht, das
Informationsmaterial sei nicht ausreichend gewesen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und macht geltend, zum Gesundheitswesen
gehörten nicht nur Heilberufe, sondern auch Einrichtungen, welche die Aufgabe hätten,
die Gesundheit des Einzelnen oder der Allgemeinheit vor gesundheitlichen Gefahren zu
schützen. Die Desinfektion sei nicht bloß Begleiterscheinung der Gesundheitsförderung,
sondern Hauptzweck. Deshalb sei sie und nicht die Beklagte für das
Desinfektionsunternehmen zuständig.
Der Senat hat die Broschüre „Branchenporträt Gebäudereinigerhandwerk“ des
Bundesinnungsverbandes des Gebäudereinigerhandwerks beigezogen und den
Beteiligten weiter aufgegeben, zu bestimmten Fragen vorzutragen.
Die Klägerin hat ihre Entwicklung mit Schriftsatz vom 11. Mai 2010 wie folgt dargestellt:
Ihre Mitarbeiterzahl habe sich von 82 im Jahre 1997 auf 194 im Jahre 2010 erhöht, der
Umsatz sei in diesem Zeitraum von gut 1 Million € auf 6 200 000,00 € gestiegen. 1997
seien nur Reinigungs-, Desinfektions- und Transportarbeiten ausgeführt worden, 1998 sei
die Material- und Lagerwirtschaft und Wäscheversorgung dazugekommen (insgesamt
123 Mitarbeiter), im Jahre 2000 Sekretariatsdienste, Pflege von Außenanlagen und
Hausmeisterdienste (insgesamt 143 Mitarbeiter), 2003 das Energiemanagement und
die kaufmännische Facility (insgesamt 145 Mitarbeiter), 2006 der Post- und Spüldienst (
insgesamt 150 Mitarbeiter), 2007 die Speiseversorgung, der Sterilisationsdienst und der
Patiententransport (insgesamt 185 Mitarbeiter) und 2008 die Gebäudetechnik
(insgesamt 193 Mitarbeiter) und schließlich im Jahre 2010 die
Information/Kommunikation und Sicherheitstechnik (insgesamt 194 Mitarbeiter).
Die Beklagte hat auf gerichtliche Anfrage mitgeteilt, allein bei der Bezirksverwaltung
Hannover seien 12 090 Reinigungsbetriebe versichert. Wie viele dieser Betriebe nur mit
Krankenhausreinigung befasst seien, lasse sich wegen der gemeinsamen Veranlagung
zur Tarifstelle 400 „Gebäude- und Straßenreinigung“ nicht feststellen. Aussagen zum
Verhältnis Unfallgeschehen bei der Krankenhausreinigung und der allgemeinen
Reinigung könnten nicht getroffen werden. Die bei der Beklagten eingetragenen
Großunternehmen der Reinigungsbranche böten jedoch auch Klinikreinigungen an.
Die Beigeladene hat anhand eines 2004 installierten Beobachtungsschlüssels für
„Gebäudemanagement für stationäre Einrichtungen der medizinischen Versorgung“
ermittelt, dass am 31. Dezember 2009 89 Unternehmen unter diesem Schlüssel erfasst
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ermittelt, dass am 31. Dezember 2009 89 Unternehmen unter diesem Schlüssel erfasst
seien. Hinzu kämen 30 bis 50 Unternehmen der Sparte Desinfektion, Hygiene und
Sterilisation.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sachdarstellung und der Rechtsausführungen wird
auf den Inhalt der Akte der Beklagten und den Inhalt der Gerichtsakte Bezug
genommen. Diese haben im Termin vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen
Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet, im Übrigen unbegründet,
denn sie ist mit Wirkung vom 01. Januar 2010 an die Beigeladene zu überweisen. Der
angefochtene Bescheid vom 18. Juli 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides
vom 16. Oktober 2003 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Oktober 2005
waren entsprechend abzuändern.
Der Senat hatte über das streitige Rechtsverhältnis insgesamt und einheitlich zu
entscheiden. Die Prüfung der Rechtslage ist nicht dadurch beschränkt, dass die
Beigeladene gegen das auch ihr nachteilige Urteil des Sozialgerichts keine Berufung
eingelegt hat. In mehrseitigen Rechtsverhältnissen erwächst die Entscheidung über nur
eine Klage oder nur ein Rechtsmittel von mehreren gegenüber keinem Beteiligten in
Rechtskraft, so dass auch keine gespaltene Rechtskraftwirkung eintreten kann. Ein
solches mehrseitiges Rechtsverhältnis liegt hier vor, da zwischen den drei am Verfahren
notwendig Beteiligten nur einheitlich über die Verbandszuständigkeit der Klägerin
entschieden werden kann. Eine Verurteilung setzt zwingend voraus, dass die
Zuständigkeit zwischen allen Beteiligten offen bleibt, und setzt daher notwendig die
Prüfung ggf. vorrangiger Klagebegehren voraus (zuletzt Bundessozialgericht - BSG -,
Urteil vom 02. April 2009, Az.: B 2 U 20/07 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 21 mit
zahlreichen weiteren Nachweisen auch für die ältere Rechtsprechung).
Richtige Klageart für das klägerische Begehren auf Überweisung von der Beklagten an
die Beigeladene ist die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 und 2
Sozialgerichtsgesetz - SGG - (BSG, Urteil vom 11. August 1998, Az.: B 2 U 31/97 R).
Maßgeblicher Zeitpunkt der Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist damit der
Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Dabei spielt es keine Rolle, dass die
Verpflichtungsklage i. V. m. einer Anfechtungsklage erhoben wurde (allgemeine
Meinung, vgl. nur Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 54 Rdnr. 34 m. w. N.
zur ständigen Rechtsprechung des BSG).
Rechtsgrundlage des Überweisungsanspruchs ist § 136 Abs. 1 Satz 4 SGB VII, der zum
01. Januar 1997 in Kraft getreten ist (Art. 36 des Unfallversicherungs-
Einordnungsgesetzes - UVEG -). Nach der genannten Vorschrift überweist der
unzuständige Unfallversicherungsträger dem zuständigen Unfallversicherungsträger das
Unternehmen, wenn die Feststellung der Zuständigkeit für ein Unternehmen von Anfang
an unrichtig war oder sich ändert. Die sachliche Zuständigkeit einer gewerblichen
Berufsgenossenschaft richtet sich grundsätzlich nach Art und Gegenstand des
Unternehmens, welches begrifflich von der natürlichen oder juristischen Person des
Unternehmers zu trennen ist. Ob ein Fall ursprünglich unrichtiger Zuständigkeit oder ein
Fall nachträglich veränderter Zuständigkeit vorliegt, beurteilt sich nach der erstmaligen
Aufnahme des Unternehmens bei einer Berufsgenossenschaft. Dagegen bleibt ein
Unternehmerwechsel in der Regel unbeachtlich. Das Unternehmen entscheidet daher
über die sachliche Zugehörigkeit unabhängig davon, welcher Unternehmer die Tätigkeit
ausübt (BSG, Urteil vom 11. August 1998, Az.: B 2 U 31/97 R, zitiert nach juris, dort Rdnr.
26).
Zum Zeitpunkt des Erlasses des Aufnahmebescheides vom 14. Oktober 1997 hat die
Beklagte ihre Zuständigkeit für die Klägerin zutreffend festgestellt; die Feststellung war
nicht von Anfang an unrichtig im Sinne des § 136 Abs. 1 Satz 4 SGB VII. Nach der
Legaldefinition in § 136 Abs. 2 Satz 1 SGB VII war die Feststellung von Anfang an
unrichtig, wenn sie den Zuständigkeitsregelungen eindeutig widerspricht oder das
Festhalten an den Bescheiden zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten führen würde.
Der für die Klägerin zuständige Unfallversicherungsträger bestimmt sich nach der
seinerzeit bei deren Ausgliederung oder Errichtung bestehenden Rechtslage (vgl. BSG,
Urteil vom 02. April 2009, Az.: B 2 U 20/07 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 27 und 34 m. w.
N.). Maßgeblich für diese Beurteilung war zum 01. Juli 1997, der Ausgliederung der
Klägerin aus der Z B GmbH, § 122 Abs. 2 SGB VII, nach dem jede Berufsgenossenschaft
für die Unternehmensarten sachlich zuständig bleibt, für die sie bisher zuständig war. Da
die in § 122 Abs. 1 SGB VII genannte Rechtsverordnung bisher nicht erlassen wurde, gilt
das noch vom Reichsversicherungsamt herausgegebene „Alphabetische Verzeichnis der
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das noch vom Reichsversicherungsamt herausgegebene „Alphabetische Verzeichnis der
Gewerbezweige mit Angabe der Zuständigkeiten der gewerblichen
Berufsgenossenschaften“ sinngemäß weiter. Danach ist nicht bestritten, dass die
Beklagte der zuständige Träger für Reinigungen aller Art in oder an Gebäuden ist. Genau
solche Arbeiten hat die Klägerin zum Zeitpunkt ihrer Gründung ausgeführt. Sie ist ein
aus der Z B GmbH ausgegliedertes Unternehmen. Die Z B GmbH bietet u. a.
Reinigungen aller Art, insbesondere auch im Gesundheitswesen, an und ist bis heute
unstreitig bei der Beklagten als Reinigungsunternehmen versichert. Vor Gründung der
Klägerin hat die Z B GmbH die fraglichen Reinigungsarbeiten am D durchgeführt. Nach
Gründung der Klägerin als so genannte „Kunden-GmbH“ hat diese den zuvor zwischen
„Z“ und dem D bestehenden Reinigungsauftrag mit demselben Personal fortgesetzt.
Dies ergibt sich aus dem Schreiben der Z GmbH an die Beklagte über die Ausgliederung
der Klägerin und der Betriebsbeschreibung, in der auch nur von Reinigungsarbeiten die
Rede ist. Im Übrigen hat die Klägerin genau dies bestätigt. Letztlich wird die Fortführung
auch durch den Handelsregisterauszug bestätigt. Nichts anderes wird auch im
Berufungsverfahren vorgetragen. Danach waren 1997 82 Beschäftigte mit Reinigungs-
und Desinfektionsarbeiten beschäftigt. In diesem Zusammenhang weist die Beklagte
auch zu Recht darauf hin, dass die Durchführung von Desinfektionsarbeiten im Rahmen
normaler Reinigung auch in Krankenhäusern zum normalen Berufsbild des
Gebäudereinigers gehört. Für die Richtigkeit der Zuständigkeit der Beklagten im Jahre
1997 spricht nicht zuletzt auch das Verhalten der Beteiligten. Denn zwischen beiden
Gesellschaftern der Klägerin, der Z B GmbH einerseits und dem D andererseits, war
offenbar zunächst unstreitig, dass die Klägerin, jedenfalls zunächst, nur die
Gebäudereinigungsarbeiten durchführen sollte, die zuvor der Z B GmbH oblagen, die als
Reinigungsunternehmen bei der Beklagten versichert war. Ein gröblicher Irrtum bei der
Beurteilung der Zuständigkeit beim Aufnahmebescheid vom 14. Oktober 1997 lag daher
nicht vor (zum gröblichen Irrtum vgl. BSG, Urteil vom 11. August 1998, Az.: B 2 U 31/97
R). Damit steht fest, dass die Feststellung der Zuständigkeit für die Klägerin durch die
Beklagte den Zuständigkeitsregeln nicht eindeutig widersprochen hat, also nicht von
Anfang an unrichtig, sondern zutreffend war, so dass die weitere Alternative der
schwerwiegenden Unzuträglichkeit ebenfalls nicht vorlag. Denn es versteht sich von
selbst, dass die Aufnahme eines Unternehmens bei der eindeutig zuständigen
Berufsgenossenschaft nicht zu schweren Unzuträglichkeiten führt. Soweit die Klägerin im
Berufungsverfahren geltend gemacht hat, dass schwerwiegende Präventionsmängel
bestünden, so kann dies jedenfalls für den Bereich der Reinigungsarbeiten, für die die
Beklagte ohne weiteres zuständig ist, nicht gelten. Soweit gelegentlich
Informationsmaterial einer anderen Berufsgenossenschaft, hier der Beigeladenen, im
Hinblick auf spezielle Fragen übersandt wurde, bedeutet dies noch nicht, dass die
Prävention im Hinblick auf die originäre Zuständigkeit der Beklagten für die Reinigung
nicht erbracht werden kann.
Nur abschließend ist anzumerken, dass der Aufnahmebescheid der Beklagten auch nicht
etwa wegen eines Eingriffs in das Kataster der Beigeladenen nichtig war. Zwar stellt der
Eingriff in einen Katasterbestand einer anderen Berufsgenossenschaft einen besonders
schweren und offenkundigen Fehler dar, der die Nichtigkeit des Aufnahmebescheides zur
Folge hat (BSG, Urteil vom 02. April 2009, Az.: B 2 U 20/07 R, zitiert nach juris, dort Rdnr.
31). Dies setzte tatbestandlich voraus, dass der fragliche Reinigungsdienst vor dem 01.
Juli 1997 als Hilfsunternehmen (§ 131 Abs. 1 SGB VII) des bei der Beigeladenen
versicherten D anzusehen gewesen wäre, mit der Folge, dass der Reinigungsdienst auch
bei der Beigeladenen versichert gewesen wäre und die „Einkleidung“ des
Reinigungsdienstes des D in eine neue Rechtsform sich als ein die Zuständigkeit nicht
berührender Unternehmerwechsel dargestellt hätte. Dies ist aber nicht der Fall, denn die
Reinigung oblag zuvor der Z B GmbH, die diese mit eigenem Personal durchgeführt hat.
Dies haben die Beklagte und die Klägerin übereinstimmend bestätigt. Der Senat hat
keinen Grund, an dieser Darstellung, die die Beigeladene auch nicht substantiiert
bestritten hat, zu zweifeln. Offen bleiben kann an dieser Stelle, ob durch die
Ausgliederung der Klägerin aus der Z B GmbH ein Nebenunternehmen dieser GmbH
entstanden ist. Denn dies würde ebenfalls zu einer Zuständigkeit bei der Beklagten
führen. Denn es ist unstreitig, dass die Z B GmbH als Reinigungsunternehmen weiter bei
der Beklagten versichert ist.
Die Klägerin hat aber ab 01. Januar 2010 einen Anspruch auf Überweisung an die
Beigeladene, weil sich die Zuständigkeit im Sinne des § 136 Abs. 1 Satz 4 SGB VII
geändert hat. Nach der Legaldefinition des § 136 Abs. 2 Satz 2 SGB VII liegt eine
wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X,
die zu einer Änderung der Zuständigkeit führt, vor, wenn das Unternehmen grundlegend
und auf Dauer umgestaltet worden ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der
Zeitpunkt der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse mehr als ein Jahr zurückliegt und
seitdem keine der geänderten Zuständigkeit widersprechenden Veränderungen
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seitdem keine der geänderten Zuständigkeit widersprechenden Veränderungen
eingetreten sind oder wenn die Änderung der Zuständigkeit durch Zusammenführung,
Aus- oder Eingliederung von abgrenzbaren Unternehmensbestandteilen bedingt ist.
Danach sollen im Hinblick auf die Grundsätze der Katasterrichtigkeit und
Katasterstetigkeit nur solche nachhaltigen wesentlichen Betriebsveränderungen zu einer
Überweisung führen, die das Gepräge des Unternehmens (seine Struktur) grundlegend
umgestaltet haben. „Grundlegend“ bedeutet, dass das Unternehmen oder die Tätigkeit
nicht mehr in die bisherige Gefahrengemeinschaft passt, der die beiden zentralen
Aufgaben Unfallverhütung und Erbringung von Entschädigungsleistungen übertragen
sind (BSG, Urteil vom 11. August 1998, Az.: B 2 U 31/97 R, zitiert nach juris, Rdnr. 30 m.
w. N.). Die wesentliche Änderung im Unternehmen muss sich auf die Herstellungsweise
der Erzeugnisse, die in Betracht kommenden Arbeitsvorgänge sowie die dabei benutzten
Betriebseinrichtungen beziehen. Für die hier infrage stehenden Dienstleistungen gilt das
entsprechend. Es ist daher danach zu fragen, welche Dienstleistungen erbracht werden,
in welcher Art und Weise dies geschieht und - entgegen der Auffassung der Beklagten -
ob bei der Erbringung betriebliche Besonderheiten, die die Dienstleistung prägen
können, zu berücksichtigen sind. Ob eine einen Zuständigkeitswechsel begründende
Änderung vorliegt, ist dem Vergleich des Zustandes, der bei der Aufnahme des
Unternehmens in die Berufsgenossenschaft vorgelegen hat, mit dem Zustand, der die
Zuständigkeitsänderung rechtfertigen soll, zu entnehmen.
Eine einen Zuständigkeitswechsel zur Beigeladenen begründende wesentliche Änderung
in der Unternehmensstruktur der Klägerin im Vergleich zu den Strukturen, die bei ihrer
Aufnahme bei der Beklagten (Juli 1997) vorgelegen haben, war zum Zeitpunkt des die
Überweisung ablehnenden Bescheides vom 18. Juli 2003 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2003 noch nicht eingetreten. Welche
Strukturen einem Unternehmen das Gepräge geben, kann nicht schematisch beurteilt
werden. Ausgehend von den tatsächlichen Verhältnissen ist zu prüfen, wo der
wirtschaftliche Schwerpunkt des Unternehmens liegt (BSG, Urteil vom 19. März 1991,
Az.: 2 RU 33/90 = SozR 3-2200 § 667, Nr. 1). Dies kann weder pauschal nach der in den
verschiedenen Bereichen eingesetzten Mitarbeiterzahl noch allein durch einen Vergleich
der Lohnsummen in den verschiedenen Bereichen des Unternehmens beurteilt werden.
Anzustellen ist eine Gesamtbetrachtung, bei der die beiden eben genannten Merkmale
wichtige Indizien sind. Zu beachten ist aber auch der Auftritt des Unternehmens an
entsprechenden Segmenten des Marktes, die Zusammensetzung des Umsatzes, die
Rentabilität der verschiedenen Abteilungen und die Akzeptanz verschiedener Angebote
bei den Kunden, wobei die Aufzählung beispielhaft und nicht abschließend ist.
Danach muss festgestellt werden, dass im Jahre 2003 noch allgemeine
Reinigungsarbeiten an und in Gebäuden der Klägerin das Gepräge gegeben haben. Nach
der von der Klägerin im Berufungsverfahren gefertigten Aufstellung der Dienstleistungen
hat sie noch im Jahr 2006 150 Mitarbeiter beschäftigt, und zwar 75 davon in den
Bereichen Reinigung, Desinfektion und Transport. Hier ist ohne weiteres davon
auszugehen, dass dies zunächst den Umfang der Reinigungsarbeiten dargestellt hat, die
die Firma Z B GmbH vor der Gründung der Kunden-GmbH für das D erfüllt hat. Dass es
sich insoweit um allgemeine Reinigungsarbeiten in Gebäuden gehandelt hat, die bei der
Beklagten versichert sind, kann nicht ernsthaft bestritten werden und ist z. B. auch von
der Firma Z B GmbH, die noch heute bei der Beklagten versichert ist, nicht bestritten
worden. Denn allein der Umstand, dass Reinigungsarbeiten im Krankenhaus stattfinden,
rechtfertigt noch nicht, diese von anderen Reinigungsarbeiten derart zu unterscheiden,
dass sie sich als Teil des Gesundheitsdienstes darstellen. Denn zum einen gibt es auch
im Krankenhaus Bereiche, die ganz offensichtlich „allgemein“ gereinigt werden können.
Dies dürfte in aller Regel in den der Öffentlichkeit zugänglichen Bereichen so sein,
ebenso wie in der EDV, der Buchhaltung, der Verwaltung etc. Allein der Ort Krankenhaus
ist hier nicht ausschlaggebend, da in Unternehmen der Gebäudereinigung auch die
Reinigung von Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen angeboten wird. Dies ergibt
sich aus dem Angebot der von der Beklagten genannten Großfirmen der
Gebäudereinigung, aber auch aus dem den Beteiligten vom Sozialgericht übersandten
Internetauftritt der Z B GmbH. Dem beigezogenen Heft „Branchenporträt“ ist auf Seite
7 zu entnehmen, dass ¼ des Gesamtumsatzes des Gebäudehandwerkerbereiches auf
die Reinigung von Liegenschaften in Industrie, im Gesundheitswesen und von
Freizeiteinrichtungen entfällt, auch wenn die einzelnen Bereiche nicht weiter
aufgegliedert werden und das Gesundheitswesen bei den bedeutenden Marktsegmenten
gar nicht genannt wird. Dies legt immerhin nahe, dass es sich bei der
Krankenhausreinigung schon um einen Spezialbereich im Gebäudereinigerhandwerk
handelt. Allein der Umstand, dass auch desinfiziert wird, vermochte den Senat nicht
davon zu überzeugen, dass keine allgemeine Reinigung mehr vorliegt. Da der Begriff
„Desinfektion“ inhaltlich nicht genau festgelegt ist, ließe sich die hygienische
Toilettenreinigung mit den heute üblichen effektiven Bakterien abtötenden Reinigern
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Toilettenreinigung mit den heute üblichen effektiven Bakterien abtötenden Reinigern
auch schon als Desinfektion bezeichnen. So kann nach Auffassung des Senats allein der
Versatz des Wischwassers mit Desinfektionsmitteln nicht dazu führen, dass statt einer
Reinigungsarbeit eine solche der Gesundheitsförderung angenommen wird, auch wenn
nicht bestritten werden kann, dass Reinigung gesundheitserhaltend ist. Dies begründet
aber nicht die Zuständigkeit der Beigeladenen und wird von ihr auch nicht behauptet. Sie
reklamiert aus der Sicht des Senats völlig zu Recht nur die Zuständigkeit auf dem Gebiet
der Hygiene und Desinfektion, soweit es darum geht, die Gesundheit des Einzelnen oder
der Allgemeinheit vor gesundheitlichen Gefahren zu schützen und nicht dann, wenn die
Gesundheitsförderung nur eine Begleiterscheinung ist. Insoweit ist der Senat davon
überzeugt, dass die Gesundheitsförderung auch bei der allgemeinen Reinigung eines
Krankenhauses nur Begleiterscheinung ist. Gegen dieses Ergebnis spricht auch nicht der
Umstand, dass die Reinigungskräfte unzweifelhaft bei der Beigeladenen versichert
wären, wenn diese beim D angestellt wären, bei dem es sich ganz unzweifelhaft um ein
von der Beigeladenen versichertes Krankenhausunternehmen handelt.
An diesen so zu beurteilenden Strukturen hat sich von der Antragstellung im Jahre 2003
bis zum Abschluss der Umstrukturierung 2008/2009 nichts wesentlich verändert. Bis
zum Jahre 2003 ist zwar ohne Zweifel schon eine Strukturveränderung auf dem Weg zum
kompletten Unterstützungsbetrieb eines Krankenhauses festzustellen. Diese
Strukturveränderungen sind aber noch nicht so grundlegend, dass eine Überweisung an
die Beigeladene gerechtfertigt wäre. Zu den bereits beschriebenen Tätigkeiten sind 1998
die Materialwirtschaft (Versorgung mit medizinischen Artikeln), die Lagerwirtschaft, die
Wäscheversorgung, 2000 Sekretariatsdienste, Pflege von Außenanlagen sowie
Hausmeisterdienste im Krankenhaus und 2003 das Energiemanagement und das
kaufmännische Facility-Management gekommen. Dabei handelt es sich ausnahmslos
um Bereiche, die für sich betrachtet sicher nicht in die Zuständigkeit der Beklagten
fallen. Betrachtet man die Anzahl der Mitarbeiter im Jahre 2003 in den Bereichen
Desinfektion und Reinigung sind etwa 14 Mitarbeiter in der von der Klägerin so
bezeichneten Reinigung tätig, etwas über 50 Mitarbeiter im Bereich der Desinfektion und
etwa 30 im Transport, also den Bereichen, die 1997 zwanglos die Zuständigkeit der
Beklagten begründeten. Selbst wenn der Senat nur von einem Halten des
Personalstammes in den drei Bereichen ausgeht, sind 82 von 145 Mitarbeitern noch in
den Bereichen tätig, die die Zuständigkeit der Beklagten begründeten. Dies sind 56 %
bzw. inklusive der Transportmitarbeiter 65 % des Gesamtpersonals. Dies belegt zwar
nach Auffassung des Senats eine deutliche Entwicklung weg vom Reinigungsbetrieb zum
kompletten Gebäudemanagement für stationäre Einrichtungen der medizinischen
Versorgung, die bei der Beigeladenen versichert sind. Diese Entwicklung kann aber im
Jahre 2003 noch nicht als dauerhaft abgeschlossen gelten. So kommen 2006 der Post-
und Spüldienst dazu, was eine Aufstockung des Personals auf 150 Mitarbeiter bedeutet
hat, 2007 die Speisenversorgung, der Sterilisationsdienst und der Patiententransport mit
einer Steigerung des Personals auf 185 Mitarbeiter, 2008 die Gebäudetechnik mit einer
Steigerung auf 193 Mitarbeiter und 2010 die IKS, so dass insgesamt 194 Mitarbeiter
beschäftigt sind. Damit steht fest, dass die langjährige und dauerhafte Entwicklung vom
Reinigungsbetrieb zum kompletten Krankenhausdienstleister allerspätestens mit Beginn
des Jahres 2010 abgeschlossen ist. Dies rechtfertigt die Überweisung zu diesem
Zeitpunkt, zumal angesichts der Dauer der Entwicklung an ihrer Endgültigkeit kein
Zweifel sein kann.
Der Überweisungszeitpunkt fällt hier mit der Erfüllung der Voraussetzungen einer
Überweisung zusammen, da § 137 SGB VII nur die Wirkung der Überweisung durch
Bescheid regelt und auf das Gerichtsverfahren nicht zugeschnitten ist. Dabei hat der
Senat den in § 137 SGB VII zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken angewandt,
dass eine Überweisung nur zum Ablauf eines Kalenderjahres wirksam werden soll.
Die Klägerin ist trotz der Beteiligung der Z GmbH an ihrem Stammkapital kein
Nebenunternehmen dieser Firma (§131 Abs. 1 SGB VII), so dass sich hieraus ihre
Versicherung bei der Beklagten ergäbe. Denn die Stimmrechte liegen mehrheitlich beim
D, so dass dieses und nicht die Z GmbH die Geschicke der Klägerin bestimmt. Aus der
überwiegenden Kapitalbeteiligung an sich ergibt sich nichts anderes. Sie gewährt im
vorliegenden Fall keinen irgendwie gearteten unternehmerischen Einfluss auf die
Klägerin. Nebenunternehmen müssen aber der Leitungsmacht des
Gesamtunternehmens unterliegen, um als solche qualifiziert werden zu können (vgl. z.B.
Schmitt, SGB VII, Kommentar, 4. Auflage, § 131, Rn. 9). Daran fehlt es vorliegend, denn
die Leitungsmacht über die Klägerin hat wegen der Stimmenverteilung nach § 9 Abs. 3
des Gesellschaftsvertrages vom 20. Dezember 2007 das D. Dieses Unternehmen ist bei
der Beigeladenen versichert, was zwischen den Beteiligten zu recht unstreitig war.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197 a SGG. In entsprechender Anwendung des
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197 a SGG. In entsprechender Anwendung des
§ 155 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) sind die Kosten verhältnismäßig zu teilen,
wenn Beteiligte teils obsiegen, teils unterliegen. Dem Senat erschien eine hälftige
Kostenquotelung für die Kosten beider Rechtszüge angemessen, da die Klägerin sich
letztlich mit ihrem Überweisungsbegehren durchgesetzt hat. Der Prozesserfolg
beschränkt sich so gesehen nicht lediglich auf etwa ein Jahr vom Überweisungszeitpunkt
bis zum Ende des Berufungsverfahrens, sondern geht weit darüber hinaus.
Gründe für die Zulassung der Revision lagen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Eine grundsätzliche Bedeutung vermochte der Senat schon deshalb nicht zu erkennen,
weil bereits ausreichend höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt, um den
vorliegenden Einzelfall zu beurteilen. Der Senat ist von dieser Rechtsprechung auch nicht
abgewichen.
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