Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 24.07.2001

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Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 24.07.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 69 U 503/99
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 2 U 43/00
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. März 2000 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe des dem Kläger gewährten Übergangsgeldes.
Die Beklagte gewährte dem Kläger nach einem am 5. August 1997 erlittenen Arbeitsunfall zunächst Verletztengeld.
Nach der Bewilligung einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme (Umschulung zum Informations-/Telekommuni-
kations- Systemelektroniker) bat sie die Techniker Krankenkasse (TKK) mit Schreiben vom 29. Oktober 1998, dem
Kläger für die Dauer der beruflichen Rehabilitationsmaßnahme, beginnend am 4. November 1998, Übergangsgeld zu
zahlen. Dieses betrage 68 v.H. des Verletztengeldes von zuletzt 90,80 DM und mache mithin 61,74 DM aus.
Mit Schreiben vom 3. Dezember 1998 unterrichtete die TKK den Kläger über das Übergangsgeld und dessen
Berechnungsmodalitäten.
Mit einem als Widerspruch bezeichneten Schreiben vom 4. Februar 1999 machte der Kläger darauf hin gegenüber der
Beklagten eine unrichtige Berechnung seines Übergangsgeldes geltend. Gemäß § 51 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, 7.
Buch - SGB VII - sei entsprechend der Berechnungsgrundlage im § 47 Abs. 1 SGB VII das Übergangsgeld wie das
Verletztengeld zu berechnen. Es seien mithin 68 % des Bruttoentgelts zu Grunde zu legen. Dieses dürfe nur das
Nettoarbeitsentgelt nicht übersteigen. Das Übergangsgeld betrage 68 % des Bruttoentgelts und nicht 68 % des
Nettoarbeitsentgelts.
In dem den Widerspruch zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 31. Mai 1999 sah die Beklagte den
Widerspruch des Klägers gegen den Verwaltungsakt vom 29. Oktober 1998 als zulässig an, weil ihr Bescheid ohne
Rechtsbehelfsbelehrung ergangen sei. Er sei jedoch nicht begründet. Sie habe zutreffend das Übergangsgeld aus dem
zuletzt gewährten Verletztengeld berechnet. Das folge aus § 51 Abs. 2 i.V.m. § 47 Abs. 1 SGB VII.
Durch Urteil vom 31. März 2000 hat das Sozialgericht die hiergegen erhobene Klage abgewiesen. Die Berechnung des
Übergangsgeldes entspreche der gesetzlichen Regelung in § 47 Abs. 1 SGB VII sowie dem Sinn und Zweck des § 51
SGB VII. Das gegenüber dem Verletztengeld deutlich niedrigere Übergangsgeld finde darin eine Erklärung, dass der
Unfallversicherungsträger neben dem Übergangsgeld noch zusätzliche Leistungen zur Rehabilitation zu tragen habe.
Von daher sei Bemessungsgrundlage des Übergangsgeldes der Betrag des zuletzt gewährten Verletztengeldes nach §
47 Abs. 1 und nicht das Regelentgelt nach § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VII.
Gegen das am 12. Mai 2000 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 13. Juni 2000 (Dienstag
nach Pfingsten), mit der er an seiner Auffassung festhält, dass die Berechnung seines Übergangsgeldes nicht auf der
Grundlage des Verletztengeldes erfolgen dürfe. Er habe Anspruch auf 68 % des letzten Bruttoentgelts.
Der Kläger beantragt,
das Urteils des Sozialgerichts Berlin vom 31. März 2000 aufzuheben sowie den Bescheid vom 29. Oktober 1998 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 1999 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm
Übergangsgeld gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VII auf der Grundlage des bis zum 5. August 1997 bezogenen
Bruttoentgelts zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Verwiesen wird
außerdem auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der von der Beklagten übersandten Rest-Verwaltungsakte.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Die Höhe des hier streitigen Anspruchs auf Übergangsgeld regelt die am 1. Januar 1997 in Kraft getretene Vorschrift
des § 51 SGB VII. Hiernach beträgt die Höhe des Übergangsgeldes für -wie hier- alleinstehende Versicherte 68 % des
Bemessungsbetrages aus den Absätzen 2 und 3 des § 51 SGB VII. Der Bemessungsbetrag des Übergangsgeldes
errechnet sich, wie sich aus der Verweisung in Absatz 2 auf § 47 Abs. 1 und 5 SGB VII ergibt, entsprechend den
Vorschriften über das Verletztengeld. Der Kläger fällt unter den in § 51 Abs. 2 SGB VII beschriebenen Personenkreis,
weil er in den letzten 3 Jahren vor dem Beginn der berufsfördernden Leistungen Arbeitsentgelt erzielt hat. Die Zeit des
wegen des Arbeitsunfalls vom 5. August 1997 gezahlten Verletztengeldes bleibt insoweit außer Betracht (§ 51 Abs. 2,
2. Halbsatz SGB VII). Das bedeutet für ihn, dass zunächst das Verletztengeld gemäß § 47 Abs. 1 Ziffer 2 SGB VII zu
berechnen ist, das 80 v.H. des Regelentgelts ausmacht. Hiervon sind dann 68 % als Übergangsgeld zu zahlen.
Zu Unrecht meint der Kläger, das während der Dauer der beruflichen Rehabilitation an die Stelle des Verletztengeldes
(vgl. § 46 Abs. 3 Ziffer 2 SGB VII) tretende Übergangsgeld sei wie dieses zu errechnen. Einzuräumen ist ihm, dass
der Wortlaut des § 51 Abs. 2 SGB VII, wonach § 47 Abs. 1 gilt, missverständlich ist und zu Irritationen über die
Berechnung des Übergangsgeldes führen kann, zumal das Übergangsgeld hiernach deutlich niedriger als das
Verletztengeld ausfällt.
Der Senat sieht hierin einen offenen Widerspruch zur Berechnung des Übergangsgeldes in der Rentenversicherung,
wonach gemäß § 23 SGB VI das der Berechnung des vorangegangenen Übergangsgeldes zugrunde liegende
Arbeitsentgelt und nicht das Verletztengeld selbst zu übernehmen ist. Nach diesem Leistungsgesetz wird mithin eine
Doppelabsenkung des Übergangsgeldes als nicht gewollt ausgeschlossen (vgl. Anmerkung 4 der Erläuterungen zu §
23 SGB VI in dem von der BfA herausgegebenen Kommentar), weil - anders als in der Unfallversicherung - die
Berechnungsgrundlage für die bisher bezogene Sozialleistung, d.h. für das Verletztengeld,´´ weiterhin maßgebend ist.
Der Senat hält die zuvor aufgezeigte Diskrepanz bei der Berechnung von Leistungen für klärungsbedürftig im Sinne
des § 160 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG- und hat deshalb die Revision zugelassen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.