Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 23.08.2007

LSG Berlin-Brandenburg: beeinflussung, erlass, verwaltungsakt, zukunft, untätigkeitsklage, aufenthalt, leistungsklage, leistungsbezug, botschaft, hauptsache

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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg
23. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 23 B 18/07 AY PKH
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 2 Abs 1 AsylbLG, § 73a Abs 1 S
1 SGG, § 45 Abs 1 SGB 10, § 48
Abs 1 SGB 10, § 114 ZPO
(Asylbewerberleistungsrecht - Einstellung der erhöhten
Leistungsgewährung nach § 2 Abs 1 AsylbLG -
Prozesskostenhilfe - hinreichende Erfolgsaussicht der Klage)
Leitsatz
Erfolgsaussichten einer Klage gegen einen die Leistungen nach dem AsylblG herabsetzenden
Bescheid
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 23.
August 2007 aufgehoben und der Klägerin für das Verfahren vor dem Sozialgericht
Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Rechtsanwältin A K, F-E-Straße, P ab dem 04.
Juni 2007 gewährt.
Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Die Klägerin begehrt in der Hauptsache von dem Beklagten die Gewährung von
Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz - AsylblG - .
Die Klägerin bezieht seit 2001 Leistungen nach dem AsylblG. Nachdem der Beklagten
von der Ausländerbehörde unter dem 26. Juli 2005 mitgeteilt worden war, dass der
Aufenthalt (im Bundesgebiet) von der Klägerin nicht rechtsmissbräuchlich beeinflusst
werde (Bl. 31 Verwaltungsvorgänge des Beklagten - VV -), gewährte die Beklagte der
Klägerin mit Bescheid vom 17. Januar 2006 ab 01. Januar 2006 „bis auf weiteres“
Leistungen nach § 2 AsylblG in Höhe von 288,00 Euro, die auch in der Folge in dieser
Höhe an die Klägerin monatlich gezahlt wurden. Auf Anfrage der Beklagten vom 25.
Oktober 2006 teilte die Ausländerbehörde unter dem 06. Dezember 2006 mit, dass die
Klägerin ihren Aufenthalt rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusse (Bl. 47 VV). Daraufhin
verfügte die Beklagte mit Bescheid vom 14. Dezember 2006 (Bl. 49 VV) dass die bisher
gewährten „Leistungen in besonderen Fällen gemäß § 2 Abs. 1 AsylblG“ zum 31.
Dezember 2006 eingestellt würden. Ab dem 01. Januar 2007 erhalte die Klägerin
Leistungen nach §§ 1, 3 ff. AsylblG. Im Ergebnis einer Prüfung sei festgestellt worden,
dass die Dauer des Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland
rechtsmissbräuchlich von der Klägerin selbst beeinflusst worden sei, weil gegen die
allgemeinen Mitwirkungspflichten im Rahmen eines Asylverfahrens verstoßen worden
und eine zumutbare freiwillige Ausreise nicht erfolgt sei. Die Voraussetzungen für einen
Anspruch auf Leistungen nach § 2 AsylblG seien nicht mehr erfüllt. Mit Bescheid vom 29.
Dezember 2006 gewährte die Beklagte der Klägerin ab 01. Januar 2007 Leistungen nach
§§ 1, 3 ff. AsylblG in Höhe von 199,40 Euro pro Monat „bis auf weiteres“. Die Klägerin
wandte sich mit Widerspruch vom 02. Januar 2007 gegen den Bescheid vom 14.
Dezember 2006. Sie habe sich um Ausweisdokumente bemüht. Sie sei am 29. August
2006 in der Botschaft in Bonn vorstellig gewesen. Für die Untätigkeit der Botschaft sei
sie nicht verantwortlich. Unter dem 17. April 2007 begründete die Ausländerbehörde
gegenüber der Beklagten noch die Annahme der rechtsmissbräuchlichen
Selbstbeeinflussung der Aufenthaltsdauer in der Bundesrepublik Deutschland durch die
Klägerin. Auf Blatt 68 ff. VV wird verwiesen.
Bereits am 10. April 2007 hat die Klägerin eine Untätigkeitsklage vor dem Sozialgericht
Potsdam erhoben und beantragt, den Bescheid vom 14. Dezember 2006 aufzuheben
und ihr Leistungen in besonderen Fällen gemäß § 2 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz
zu gewähren.
Mit Bescheid vom 03. Mai 2007 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Die
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Mit Bescheid vom 03. Mai 2007 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Die
Klägerin beantragt mit Schriftsatz vom 20. August 2007, die Beklagte unter Aufhebung
des Bescheides vom 14. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 04. Mai 2007 zu verpflichten, Leistungen in besonderen Fällen gemäß § 2 Abs. 1
AsylblG zu gewähren.
Den Antrag, ihr für das sozialgerichtliche Verfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung
ihrer Prozessbevollmächtigten zu bewilligen, hat das Sozialgericht mit Beschluss vom
23. August 2007 mit der Begründung abgelehnt, die Klage biete keine hinreichende
Aussicht auf Erfolg. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 AsylblG seien nicht erfüllt, da
die Dauer des Aufenthalts missbräuchlich selbst beeinflusst worden sei. Gegen den ihr
am 17. September 2007 zugestellten Beschluss richtete sich die am 01. Oktober 2007
erhobene Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Entscheidung vom
05. Oktober 2007). Die Klägerin begehrt weiter Prozesskostenhilfe für das
erstinstanzliche Verfahren unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten. Die Frage
der angeblichen Beeinflussung der Dauer des Aufenthaltes sei gerade in dem Verfahren
strittig. Weshalb die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 AsylblG nicht erfüllt seien, ergebe
sich aus dem Beschluss nicht.
Die Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte
und auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und auf die
Verwaltungsvorgänge der Ausländerbehörde verwiesen, die Gegenstand der Beratung
gewesen sind.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht den Antrag
auf Bewilligung auf Prozesskostenhilfe - PKH - abgelehnt. Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz - SGG - in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung - ZPO - erhält
ein Beteiligter auf Antrag PKH, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten
aufbringen kann und wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf
Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die Klägerin ist nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung aufzubringen. Dies folgt
aus der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die
Gewährung von Prozesskostenhilfe und daraus, dass die Klägerin nur Leistungen nach §§
1, 3 AsylblG erhält.
Der Rechtsstreit bietet auch hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint nicht
mutwillig.
Dabei dürfen an die Prüfung der Erfolgsaussicht keine überspannten Anforderungen
gestellt werden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 30. Oktober 1991, 1 BvR 1486/91, NJW
1992, 889). Eine Rechtsverfolgung ist dann hinreichend Erfolg versprechend, wenn das
Gericht nach vorläufiger summarischer Prüfung den Rechtsstandpunkt des
Antragstellers unter Berücksichtigung des Vortrages des anderen Beteiligten zumindest
für vertretbar und den Prozesserfolg für wahrscheinlich hält. Eine Vorwegnahme der
Entscheidung der Hauptsache erfolgt im Rahmen der Prüfung der
Erfolgswahrscheinlichkeit im Prozesskostenhilfeverfahren nicht (BVerfG, Beschluss vom
13. März 1990, 2 BvR 94/88, NJW 1991, 413). Bei der Beurteilung der Erfolgsaussicht der
Klage ist vom Antrag der Klägerin auszugehen, der ggf. auszulegen ist.
Der auf die Gewährung von Leistungen nach § 2 AsylblG unter Aufhebung des
Bescheides der Beklagten vom 14. Dezember 2006 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 03. Mai 2007 gerichteten Klage kann eine gewisse
Erfolgswahrscheinlichkeit nicht abgesprochen werden.
Eine Erfolgswahrscheinlichkeit ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn zum Zeitpunkt
des Antrages auf Bewilligung von PKH noch eine Beweisaufnahme durchzuführen ist
(Hartmann in: Baumbach, Lauterbach u. a., ZPO, § 114 Anm. 86 m.w.N.; Keller/Leitherer
in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 73 a Anm. 7 a). Dies gilt in
Verfahren mit Amtsermittlung für den Fall, dass weitere Ermittlungen erforderlich sind.
Bei nur teilweise zu bejahender Erfolgsaussicht ist dennoch PKH zu bewilligen.
Die Klägerin verfolgt ihr Begehren als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage
weiter, nachdem die Untätigkeit der Beklagten durch Erlass des Widerspruchsbescheides
beendet worden ist. Die Klägerin kann nach der in der Literatur und Rechtsprechung
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beendet worden ist. Die Klägerin kann nach der in der Literatur und Rechtsprechung
herrschenden Meinung (dagegen mit ausführlicher Begründung: Zeihe, SGG, § 88 Rn.
9a) zulässig ihr Begehren nach Erledigung der Untätigkeitsklage als Anfechtungs- und
Leistungsklage weiterverfolgen (Leitherer: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 88,
Anm. 12 a); die wegen der Nichtbescheidung des gegen den Bescheid vom 14.
Dezember 2006 eingelegten Widerspruchs vom 29. Dezember 2006 am 10. April 2007
erhobene Untätigkeitsklage ist jedenfalls nach der Sperrfrist des § 88 Abs. 2 SGG (drei
Monate) erhoben worden ist (Leitherer, a.a.O., Rdnr. 13).
Die Anfechtungsklage bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg. Stellt sich der Bescheid
vom 14. Dezember 2006 als rechtswidrig heraus, ist er aufzuheben, da er die Klägerin in
ihren Rechten verletzt. In diesem Fall hat die Leistungsklage ebenfalls Aussicht auf
Erfolg, da die Klägerin ihren geltend gemachten Anspruch auf Gewährung höherer
Leistungen auf den Bescheid vom 17. Januar 2006 stützen kann.
Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 14. Dezember 2006 den
Verwaltungsakt vom 17. Januar 2006, mit dem der Klägerin Leistungen nach § 2 AsylblG
ab Januar 2006 bewilligt worden sind, teilweise aufgehoben. Die Rechtmäßigkeit des im
Klageverfahren streitgegenständlichen Bescheides bemisst sich daher nach §§ 45, 48
SGB X.
Mit dem die Leistung gewährenden Bescheid vom 17. Januar 2006 lag ein
Dauerverwaltungsakt vor; eine (Teil-)Aufhebung für die Zukunft ist dem Beklagten nur
unter den Voraussetzungen der hier in Betracht kommenden §§ 45, 48 SGB X möglich.
Zwar sind Leistungen nach dem AsylblG in der Regel - wie Leistungen der Hilfe zum
Lebensunterhalt nach dem SGB XII - keine rentengleichen Dauerleistungen, sondern
Hilfen in einer bestimmten Notsituation (vgl. zu den Leistungen nach dem BSHG:
Bundesverwaltungsgericht - BVerwG - vom 30. November 1996, Vc 29.66, BVerwGE 25,
307; vom 15. November 1967, Vc 71.67 BVerwGE 28, 216). Die Leistungen werden
grundsätzlich in Abhängigkeit von der Bedarfssituation nur für die nächstliegende Zeit
bewilligt. Grundsätzlich entscheidet daher der Träger der Leistungen nach dem AsylblG
in zulässiger Weise über den nächstliegenden Zahlungszeitraum. Die Einstellung oder
Verringerung der Hilfen stellt daher in der Regel auch keinen Widerruf, keine Rücknahme
oder Aufhebung eines fortwirkenden (Dauer-)Bewilligungsbescheides dar, sondern die
Versagung einer weiteren Bewilligung für die Zukunft. Steht der Grundsatz der
Nothilfeleistung nicht negativen Vorabentscheidungen mit Dauerwirkung für den
zukünftigen Leistungsbezug über den nächstliegenden Zahlungszeitraum hinaus
entgegen (BVerwG vom 14. Juli 1998, 5 C 2/97, juris), ist der Sozialhilfeträger auch nicht
gehindert, einen Sozialhilfefall auch für einen längeren Zeitraum zu regeln (BVerwG vom
19. Januar 1972, VC 10.71, BVerwGE 39, 261, 265, vom 26. September 1991, 5 C 14/87,
juris). Trifft er in einem Sozialhilfefall eine Regelung zur Höhe der Leistungen nicht nur für
den nächstliegenden Zeitraum, sondern darüber hinaus für einen längeren Zeitraum,
muss sich der Sozialhilfeträger daran festhalten lassen. Änderungen greifen dann in eine
zuerkannte (Dauer-)Leistung ein. Die Vornahme von Änderungen im Leistungsbezug hat
dann nach den weiteren Regeln des Sozialverwaltungsverfahrens über die Aufhebung
eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung (§§ 44 ff. SGB X) zu erfolgen.
Die Beklagte hat im vorliegenden Fall der Klägerin mit dem Verwaltungsakt vom 17.
Januar 2006 Leistungen nach § 2 AsylblG ab Januar 2006 „bis auf weiteres“ und damit
nicht nur für den nächstliegenden Zeitraum, sondern ausdrücklich darüber hinaus für
einen nicht näher bestimmten Zeitraum gewährt. Aus der Formulierung des Bescheides
ergibt sich, dass die Beklagte der Klägerin die ihr nach ihrer damaligen Rechtsauffassung
zustehenden Leistungen nicht nur für den Monat Januar 2006, sondern für weitere
Monate in der in dem Bescheid angegebenen Höhe gewähren wollte. Dies folgt aus der
Formulierung „bis auf weiteres“. Gegenüber der Klägerin als Empfängerin des
Verwaltungsaktes ist dieser Regelungscharakter durch die weitere Leistungsgewährung
in Höhe des mit dem Bescheid verfügten Leistungsbetrages ohne weiteren
Verwaltungsakt bestätigt worden. Auch die Beklagte ist davon ausgegangen, dass sie
der Klägerin Leistungen nicht nur für den nächstliegenden Zeitraum gewährt hat. Dies
ergibt sich daraus, dass sie mit dem angefochtenen Bescheid vom 14. Dezember 2006
gerade den „Leistungsbezug nach § 2 AsylblG“ aufhebt und nicht eine (Neu-)Bewilligung
ablehnt. Sie hat damit auch nach ihrem Willen in die mit dem Bescheid vom 17. Januar
2006 gewährten Leistungen eingegriffen.
Ob die Voraussetzungen für eine teilweise Aufhebung der Leistungsgewährung für die
Zukunft nach §§ 45, 48 SGB X vorlagen und der Bescheid vom 14. Dezember 2006
rechtmäßig ist, ist nach – im PKH-Verfahren vorzunehmender – summarischer Prüfung
offen, so dass eine Erfolgswahrscheinlichkeit der Klage anzunehmen ist.
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Dass die Beklagte die teilweise Aufhebung der Leistungsgewährung auf § 48 Abs. 1 SGB
X stützen kann, erscheint unter Berücksichtigung der von der Beklagten mit dem
Widerspruchsbescheid angeführten Begründung nach dem vorliegenden Akteninhalt
fraglich.
Voraussetzung wäre, dass in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die
Grundlage des Bescheides vom 17. Januar 2006 waren, eine wesentliche Änderung
eingetreten ist, die dazu geführt hat, dass die getroffene Regelung nunmehr nicht mehr
erlassen werden dürfte (Wiesner in: von Wulffen, SGB X, Kommentar, 4. Aufl. 2001, § 48
Rn. 6). Für die Feststellung, ob eine wesentliche Änderung vorliegt ist daher ein Vergleich
zwischen den wirklichen (rechtlichen und tatsächlichen) Verhältnissen zum Zeitpunkt des
Erlasses des Bescheides vom 17. Januar 2006 und dem Zustand zum Zeitpunkt des
Aufhebungsbescheides 14. Dezember 2006 anzustellen (Wiesner a.a.O., Rn. 7 m.w.N.).
Eine solche Änderung kann nach dem vorliegenden Akteninhalt nicht festgestellt werden.
Soweit die Beklagte mit dem Widerspruchsbescheid ausführt, dass im Zusammenhang
mit der Novellierung des AsylblG mit Wirkung zum 01. Januar 2005 eine Prüfung der
Sach- und Rechtslage mit Bescheid vom 14. Dezember 2006 vorgenommen worden sei,
liegt jedenfalls mit der Novellierung des AsylbG keine die Aufhebungsentscheidung nach
§ 48 Abs. 1 SGB X rechtfertigende Änderung in den rechtlichen Verhältnissen nach
Erlass des Verwaltungsaktes vom 17. Januar 2006 vor. Eine spätere Prüfung der Sach-
und Rechtslage stellt keine Änderung der Sach- und Rechtslage dar.
Allenfalls könnten sich aus der durchgeführten Prüfung nach dem 17. Januar 2006
eingetretene Tatsachen ergeben haben, die die Annahme einer Änderung der
tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X rechtfertigten. Soweit die
Beklagte hierzu auf den Inhalt der Stellungnahme der Ausländerbehörde vom 17. April
2007 Bezug nimmt, werden mit dieser jedoch keine „Tatsachen“ mitgeteilt, die, ihr
Vorliegen unterstellt, nicht bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 17.
Januar 2006 vorgelegen haben. Von der Ausländerbehörde wird auf Tatsachen
abgestellt, die bereits bei Erlass des Verwaltungsaktes vom 17. Januar 2006 bekannt
waren. Dies gilt insbesondere für die nunmehr angenommene ungeklärte Identität der
Klägerin sowie für die Bemühungen zur Passerlangung. Mit der „Begründung“ der
Stellungnahme wird ausschließlich auf ein Verhalten der Klägerin vor 2006 abgestellt.
Dies gilt insbesondere für die „nunmehr“ angenommene ungeklärte Identität, die
offenbar seit 1997 unklar ist. Zu dem Aufenthalt der Klägerin im Bundesgebiet heißt es
in der Stellungnahme: „Darüber hinaus hat sie sich wahrscheinlich über mehrere Jahre
(1997 – 2000) illegal im Bundesgebiet aufgehalten“.
Dass die Ausländerbehörde mit den Stellungnahmen vom 06. Dezember 2006 und 17.
April 2007 die bekannten Umstände anders als mit der Stellungnahme vom 26. Juli 2005
(keine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung des Aufenthaltes), die die Beklagte zur
Grundlage ihrer Rechtsauffassung mit Bescheid vom 17. Januar 2006 gemacht hat,
bewertet hat (Rechtsmissbräuchliche Beeinflussung des Aufenthaltes), stellt keine
Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen dar.
Ob mit dem von der Beklagten angeführten Verhalten der Klägerin anlässlich der
Vorsprache bei der Liberianischen Botschaft am 29. August 2006 eine Änderung in den
tatsächlichen Verhältnissen im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X vorliegt, ist – soweit sich die
Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nach § 48 SGB X bemisst - vom
Sozialgericht weiter zu ermitteln. Nach Aktenlage ist nicht feststellbar, ob der Klägerin
eine mangelnde Mitwirkung zur Klärung ihrer Passangelegenheiten vorgeworfen werden
kann, da nicht geklärt ist, aus welchen Gründen eine Passausstellung trotz
vorgetragener Vorsprache nicht erfolgt ist.
Soweit die Beklagte der Stellungnahme der Ausländerbehörde vom 17. April 2007
Umstände entnimmt, die bereits die Annahme einer rechtsmissbräuchlichen
Beeinflussung des Aufenthaltes i.S. des § 2 Abs. 1 AsylbLG zum Zeitpunkt des Erlasses
des Bescheides vom 17. Januar 2006 rechtfertigten, kommt als Rechtsgrundlage für die
Aufhebungsentscheidung mit Bescheid vom 14. Dezember 2006 nur § 45 Abs. 1 SGB X
in Betracht. Soweit die Beklagte die angefochtene Entscheidung hierauf stützen will,
spricht jedoch einiges für eine Rechtswidrigkeit, da die erforderliche Ausübung des
Ermessens nicht erkennbar ist. Zudem mangelt es an einer vor einer
Aufhebungsentscheidung durchzuführenden Anhörung nach § 24 SGB X.
Nach allem hat die Klage Aussicht auf Erfolg.
Die Vertretung durch eine Rechtsanwältin ist auch erforderlich (§ 121 Abs. 2 ZPO).
Kriterien für die Erforderlichkeit einer Beiordnung sind Umfang, Schwierigkeitsgrad und
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Kriterien für die Erforderlichkeit einer Beiordnung sind Umfang, Schwierigkeitsgrad und
Bedeutung der Sache sowie die Fähigkeit des Antragstellers zur Prozessführung. Aus
dem Dargelegten folgt, dass hier die Sache weder tatsächlich noch rechtlich einfach
gelagert und eine anwaltliche Unterstützung daher nicht entbehrlich ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht
angefochten werden (§ 177 SGG).
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