Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 20.09.2002

LSG Berlin und Brandenburg: fristlose kündigung, arbeitsentgelt, genehmigung, vergleich, schwerin, gütliche einigung, beitragspflichtige beschäftigung, zweckverband, dienstvertrag, öffentlich

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 20.09.2002 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Potsdam S 13 AL 215/98
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 10 AL 154/99
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 07. Oktober 1999 wird
zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten für das
Berufungsverfahren zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
Die Beklagte begehrt von dem Kläger die Zahlung von 20.352,70 DM wegen dem Kläger von der Beklagten für die Zeit
vom 01. November 1993 bis 30. Juni 1994 geleisteten Arbeitslosengeldes (Alg).
Der am ... 1947 geborene Kläger war aufgrund von "Arbeitsverträgen" vom 26. April 1990 bzw. 31. August 1990 seit
01. Mai 1990 zur Einarbeitung bzw. seit 01. September 1990 als Intendant des M. Landestheaters P. tätig. Betreiber
des M. Landestheaters P. war zunächst der Beigeladene zu 1., seit 1992 der Beigeladene zu 2. gewesen. Der
"Arbeitsvertrag" vom 31. August 1990 war bis zum 30. Juni 1993 befristet mit einer Möglichkeit der Verlängerung des
Vertragsverhältnisses von jeweils 1 Jahr, wenn keine der Vertragsparteien bis zum 31. Dezember des Vorjahres
schriftlich erklärte, das Vertragsverhältnis nicht fortsetzen zu wollen. Die Arbeitsaufgabe beinhaltete außerdem die
Möglichkeit der Inszenierung am Landestheater P. auf der Basis eines Honorarvertrages (Anlage 1 zum Vertrag vom
31. August 1990). In einer sog. "Konkretisierung der Vereinbarung ..." (Anlage 2 zum Vertrag vom 31. August 1990)
wurde darüber hinaus u.a. ausgeführt, den bisher Beschäftigten müssten faire Angebote unterbreitet werden, die
darüber hinaus zu keiner Verschlechterung ihrer sozialen Belange führen sollten, es müsse Chancengleichheit
zwischen ost- und westdeutschen Kollegen bestehen, die Zusammenarbeit mit dem Dezernat und Leitung des
Theaters müsse partnerschaftlich erfolgen, die künstlerische Konzeption werde vom Vertrauen des Intendanten
bestimmt und zumindest halbjährig mit dem Dezernat abgestimmt etc.; wegen der Einzelheiten des Vertrages nebst
der Anlagen 1 und 2 wird auf Bl. 9 – 13 der Akten des Bezirksbühnenschiedsgerichts Hamburg verwiesen.
Der Kläger und der Beigeladene zu 2. verhandelten im Frühjahr 1992 über den Abschluss eines
"Intendantenvertrages", wegen deren Einzelheiten des Vertragsentwurfs wird auf Bl. 66 bis 71 der Gerichtsakten
verwiesen. Der Vertrag wurde vom Kläger und dem Beigeladenen zu 2. nicht unterschrieben. § 1 dieses
Vertragsentwurfs sah u.a. vor, dass dem Kläger für die Zeit bis zum 30. Juni 1993 die Leitung des M. Landestheaters
P. mit der Dienstbezeichnung Intendant übertragen werden solle und er spätestens zum 01. Dezember 1992 erklären
werde, ob er die im Vertrag vom 26. April 1990 vereinbarte Option auf zwei weitere Jahre wahrnehme. Nach § 2 Abs. 1
des Vertragsentwurfs sollte der Intendant die künstlerische, wirtschaftliche und administrative Leitung des Theaters
im Rahmen der für den Rechtsträger geltenden Verfassung und öffentlich-rechtlichen Ordnung haben. Nach § 2 Abs. 3
des Vertragsentwurfs sollte dem Intendanten das gesamte künstlerische, technische und Verwaltungspersonal
unterstellt sein.
Zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 2. kam es im Oktober 1992 zu einem Zerwürfnis; in einer Sitzung mit
Vertretern des Beigeladenen 2. soll der Kläger u.a. erklärt haben, " ich kündige, Sie hören von meinen Anwälten". Der
Kläger erklärte mit Schreiben vom 20. November 1992, dass er "gemäß § 1 meines im Frühjahr 1992 mit dem
Zweckverband abgesprochenen Vertrages bzw. meines Vertrages vom 26. 4. 1990" von der Option Gebrauch mache
und das Dienstverhältnis bis zum 30. Juni 1995 fortsetzen wolle. Die Beigeladenen zu 1. und 2. erwiderten, er (Kläger)
habe bereits vor Ausübung seines Optionsrechtes das Dienstverhältnis zum 30. Juni 1993 wirksam gekündigt.
Deswegen werde die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses über den 30. Juni 1993 hinaus verweigert. Die
Intendantentätigkeit sei mit der Spielzeit 1992/93 beendet.
Der Kläger, der als Intendant weiterarbeitete, und der Beigeladene zu 2. versuchten daraufhin zunächst, eine gütliche
Einigung dahingehend zu erzielen, einen geänderten Intendantenvertrag, der im Wesentlichen wortgleich mit dem
nichtunterschrieben Intendantenvertrag sein sollte, abzuschließen. Eine Einigung hierüber kam nicht zustande; wegen
der Einzelheiten hierzu wird auf Bl. 39 – 50 der Akten des Bezirksbühnenschiedsgerichts Hamburg verwiesen. Im
Anschluss daran erklärten der Kläger und der Beigeladene zu 2. (Schriftsätze vom 13. und 15. September 1993),
" ... dass unter Wahrung der jeweiligen Rechtsstandpunkte bezüglich des Bestehens oder Nichtbestehens eines
Vertragsverhältnisses aus dem Intendantenvertrag vom 31. August 1990 Herr Dr. M. seine Tätigkeit als Intendant des
M. Landestheaters P. bis zur Klärung dieser Streitfrage einstweilig weiter zu den Bedingungen und mit allen
Vollmachten des Intendantenvertrages vom 31. August 1990 ausüben wird."
Der Beigeladene zu 2. fügte dem Vorstehenden am Ende noch hinzu:
" ...; längstens jedoch bis zum 15.10.1993, wenn nicht vorher anderes vereinbart wird. Dr. M. erhält hiervon eine
Durchschrift."
Der Beigeladene zu 2. übertrug mit Wirkung vom 13. Oktober 1993 Herrn A. H. die "Rechte und Pflichten eines
amtierenden geschäftsführenden Intendanten des M. Landestheaters P. gegenüber allen Mitarbeitern des Theaters
und gegenüber der Öffentlichkeit" und erklärte diesem zugleich, der Kläger sei ab 12. Oktober 1993, 24.00 Uhr, für
Mitarbeiter des Theaters nicht mehr weisungsberechtigt. Er kündigte sodann dem Kläger fristlos zum 13. Oktober
1993 (Schreiben vom selben Tage) und erklärte die in seinem Einverständnis geduldete faktische Leitung des
Theaters für beendet. Grund sei hierfür im Wesentlichen, dass der Kläger das Theater nicht an die geänderten
wirtschaftlichen Verhältnissen angepasst habe (Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Beigeladenen zu 1. vom
20. Oktober 1993).
Der Kläger erhob mit Schriftsatz vom 25. Oktober 1993 vor dem Bezirksbühnenschiedsgericht Hamburg (Az.: A/93)
Klage gegen die Beigeladenen zu 1. und 2. mit dem Ziel festzustellen, dass er aufgrund eines Intendantenvertrages
bis zum 30. Juni 1995 Intendant des M. Landestheaters P. sei. Der Rechtsstreit endete am 20. Dezember 1993 durch
Vergleich:
"1. Die Beklagten erklären, dass die fristlose Kündigung vom 13. Oktober 1993 gegenstandslos ist.
2. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Rückkehr des Klägers an das Theater aus faktischen Gründen nach
zweimonatiger Unterbrechung der Tätigkeit des Klägers nicht mehr möglich ist.
3. Zur Erledigung der in diesem Rechtsstreit geltend gemachten Ansprüche zahlen die Beklagten für die Zeit vom 01.
November 1993 bis 30. Juni 1994 einen monatlichen Betrag in Höhe von DM 6.000,00.
4. Außerdem zahlen die Beklagten an den Kläger als Sondervergütung einen Betrag von DM 32.000,00 am 01. Januar
1994.
5. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt mit Steuern oder
Abgaben - gleich welcher Art - belastet werden.
6. Damit sind alle gegenseitigen Ansprüche aus den früheren Dienstverhältnissen und diesem Rechtsstreit erledigt.
7. Die Kosten des Rechtsstreits übernehmen die Beklagten."
Der Kläger meldete sich – unter Angabe der Steuerklasse III mit einem Kinderfreibetrag –bereits am 14. Oktober 1993
beim Arbeitsamt Schwerin - Dienststelle Parchim - arbeitslos und beantragte Alg. Das seit dem 01. Mai 1990
bestehende "Beschäftigungsverhältnis" beim Landestheater P. als Intendant sei wegen verschiedener
Rechtsauffassungen zum 13. Oktober 1993 beendet worden. Das M. Landestheater P. bestätigte ausweislich der
Arbeitsbescheinigung vom 28. Oktober 1993 eine "Beschäftigung" des Klägers vom 01. Mai 1990 bis 13. Oktober
1993; das "Arbeitsverhältnis" sei aufgrund Kündigung vom 13. Oktober 1993 zum selben Tage seitens des
"Arbeitgebers" beendet worden. Hierfür sei ein vertragswidriges Verhalten des "Arbeitnehmers" nicht Anlass der
Kündigung gewesen. In den Monaten Juli 1993 bis September 1993 habe das Bruttoarbeitsentgelt jeweils 6.180,00
DM und vom 01. Oktober 1993 bis 13. Oktober 1993 2.678,00 DM bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von wöchentlich
40 Stunden betragen.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger ab 14. Oktober 1993 unter Berücksichtigung eines Brutto-Monatsentgeltes von
6.180,00 DM Alg in Höhe von 563,40 DM wöchentlich (Arbeitsentgelt gerundet 1.430 DM; Bemessungsentgelt von
1.240 DM wöchentlich gerundet, begrenzt auf die Beitragsbemessungsgrenze/Leistungsgruppe C/Leistungssatz 68
v.H.) bzw. ab 01. Januar 1994 nach einem dynamisierten und wiederum auf die Beitragsbemessungsgrenze
begrenzten und gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt von 1.380 DM 595,20 DM wöchentlich für 572
Anspruchstage; Alg-Bewilligungsverfügung vom 12. November 1993 sowie Zahlungsnachweise Nrn. 1 und 2 vom 14.
Oktober 1994. Sie zeigte außerdem mit Schriftsätzen vom 12. November 1993 gegenüber dem Kläger sowie dem M.
Landestheater P. einen Anspruchsübergang nach § 117 Abs. 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) i.V.m. § 115
Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) an.
Die Beklagte forderte zunächst mit Bescheid vom 29. April 1994 das M.Landestheater P. auf, ihr das für die Zeit vom
14. Oktober 1993 bis 25. Februar 1994 an den Kläger gezahlte Alg in Höhe von insgesamt 11.758,80 DM sowie
Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 3.281,64 DM und Rentenversicherung in Höhe von 2.138,73 DM,
insgesamt 17.179,17 DM, zu erstatten. Mit Schreiben vom 22. August 1994 teilte die Beklagte dem
Prozessbevollmächtigten des Beigeladenen zu 1. mit, der Kläger habe für die Zeit vom 14. Oktober 1993 bis 30. Juni
1994 Alg in Höhe von insgesamt 21.761,20 DM erhalten, außerdem habe die Beklagte Beiträge zur
Krankenversicherung in Höhe von 6.398,67 DM und zur Rentenversicherung in Höhe von 4.069,60 DM entrichtet.
Diese Beträge, insgesamt 32.229,47 DM, seien zu erstatten. Durch Änderungsbescheid vom 30. November 1994
bestimmte die Beklagte die Erstattungsforderung - nunmehr für den Zeitraum vom 01. November 1993 bis 30. Juni
1994 - auf insgesamt 30.193,21 DM (Alg: 20.352,70 DM; Beiträge zur Krankenversicherung: 6.017,40 DM; Beiträge
zur Rentenversicherung: 3.823,11 DM). Ein hiergegen eingelegter Widerspruch blieb ohne Erfolg;
(Widerspruchsbescheid vom 08. März 1995).
Der Beigeladene zu 1. erhob wegen dieser Forderungen am 10. April 1995 Klage vor dem Sozialgericht Schwerin (Az.:
S 1 Ar 63/95). In der mündlichen Verhandlung am 05. März 1998 vor dem Sozialgericht Schwerin wurde die Erstattung
von Arbeitsentgelt im Rahmen des Forderungsübergangs nach § 117 AFG von der Beklagten gegenüber dem Kläger
dieses Verfahrens (= Beigeladener zu 1.) nicht mehr geltend gemacht; wegen der Einzelheiten der Niederschrift zur
mündlichen Verhandlung vom 05. März 1998 wird auf Bl. 57 bis 59 der Gerichtsakten des Sozialgerichts Schwerin
verwiesen. Durch Urteil vom selben Tage hob das Sozialgericht Schwerin die Bescheide der Beklagten vom 22.
August 1994 und 30. November 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. März 1995 auf. Auf die
Berufung der Beklagten hob das Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern mit Urteil vom 15. Februar 2000 das
Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 05. März 1998 auf und wies die Klage ab; wegen des Inhalts des Urteils des
Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 15. Februar 2000 wird auf Bl. 98 bis 109 der Gerichtsakten des
Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern (Az.: L 2 AL 35/98) verwiesen.
Das Arbeitsamt Schwerin forderte den Kläger – ohne ihm zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben – mit
Bescheid vom 27. November 1997 auf, Leistungen für den Zeitraum vom 01. November 1993 bis 30. Juni 1994 in
Höhe von 20.352,70 DM zu erstatten. Weil der ehemalige Arbeitgeber den dem Kläger zustehenden Lohn für den
zuvor angegebenen Zeitraum mit befreiender Wirkung ausgezahlt habe, bestehe ein öffentlich-rechtlicher Anspruch
nach § 117 Abs. 4 Satz 2 AFG. Somit sei der Betrag nach § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten.
Der Kläger legte hiergegen am 19. Dezember 1997 Widerspruch ein, der nicht begründet wurde. Durch
Widerspruchsbescheid vom 06. April 1998 wurde der Widerspruch als unbegründet zurück gewiesen; wegen der
Einzelheiten des Widerspruchsbescheides wird auf Bl. 153 bis 155 der Leistungsakten (Stamm-Nr.: ...) verwiesen.
Der Kläger hat am 06. Mai 1998 Klage vor dem Sozialgericht Potsdam erhoben und vorgetragen: Die Beigeladenen zu
1. und 2. und er seien sich bei Abschluss des Vergleiches vor dem Bühnenschiedsgericht Hamburg darüber einig
gewesen, dass seine Rückkehr an das Theater aus faktischen Gründen nicht mehr möglich gewesen sei. Hinter
diesen "faktischen Gründen" verberge sich der Umstand, dass sich in den vor Vergleichsabschluss abgelaufenen
Monaten die Struktur dieses Theaters wesentlich geändert habe, massive Eingriffe in den Spielplan vorgenommen
worden seien und enge Mitarbeiter von ihm in der Zwischenzeit gekündigt worden seien. Er habe zum damaligen
Zeitpunkt seine Tätigkeit nicht mehr aufnehmen können. Nach Erklärungen des Schiedsgerichts sei der Beklagte in
diesem Verfahren (= Beigeladener zu 1.) möglicherweise erheblichen Schadensersatzansprüchen ausgesetzt
gewesen. In den weiteren Verhandlungen sei es um die Bedingungen seines substantiellen Schadensersatzes für den
Verlust des Arbeitsplatzes und die von ihm erlittene Rufschädigung gegangen. Dabei sei zu berücksichtigen gewesen,
dass der noch in der Gründung befindliche Beigeladene zu 2. zum damaligen Zeitpunkt über keine ausreichenden
liquiden Mittel verfügt habe. Andererseits habe er von der "Bemakelung" durch die fristlose Kündigung aus wichtigem
Grunde befreit werden, gleichzeitig aber das Dienstverhältnis mit dem Datum der fristlosen Kündigung aus
betrieblichen Gründen beendet werden sollen. Aus diesem Grunde sei in dem schiedsgerichtlichen Vergleich eine
gestaffelte Zahlung vereinbart worden: Eine Summe in Höhe von 32.000,00 DM habe mit dem 01. Januar 1994 gezahlt
werden sollen, der weitere Abfindungsbetrag in monatlichen Raten zu 6.000,00 DM. Die Beigeladenen zu 1. und 2.
hätten diese Verpflichtung au dem schiedsgerichtlichen Vergleich erfüllt. Insgesamt ergebe eine am Wortlaut
orientierte Auslegung des schiedsgerichtlichen Vergleichs, dass der Arbeitsvertrag mit Wirkung zum 13. Oktober 1993
rückwirkend für beendet erklärt worden sei, freilich nicht aufgrund einer fristlosen Kündigung aus von ihm zu
vertretendem wichtigem Grund. Eine Abfindungszahlung unterliege weder Erstattungs- noch Rückzahlungsansprüchen
für während der Arbeitslosigkeit gezahlte Leistungen der Beklagten gemäß § 117 AFG. Die Abfindung habe ihm
ausdrücklich nicht als Einnahme im laufenden Beschäftigungsverhältnis gezahlt werden sollen, sondern zum
Ausgleich von Schadensersatzansprüchen. Ebenso habe mit der Abfindung der ihm erlittene künstlerische
Rufschaden ausgeglichen werden sollen, der in der Bemakelung liege, eine Intendantenposition vor Ablauf des
Dienstvertrages verlassen zu müssen.
Die Beklagte hat vorgetragen, bei den durch den Arbeitgeber geleisteten Zahlungen habe es sich um zu
berücksichtigende Arbeitsentgelt-Ansprüche im Sinne des § 117 AFG gehandelt. § 117 Abs. 2 und 3 AFG beruhten
auf der Erwägung, dass ein Arbeitsloser (noch) nicht der Leistung der Versichertengemeinschaft bedürfe, solange er
keinen Lohnausfall habe bzw. tarifrechtliche Ansprüche hätte. Die Regelung solle Entschädigung für Lohnausfall
erfassen, die in den in § 117 Abs. 2 AFG angesprochenen Fällen in einem bestimmten, insbesondere durch § 117
Abs. 3 AFG pauschalierten Umfang angenommen würden und gleichzeitig Manipulationen zur Umgehung des § 117
Abs. 1 AFG verhinderten. Insoweit sei es auch gleichgültig, ob die Abfindung oder ähnliche Leistung auf
Einzelvertrag, gerichtlichem Vergleich, Sozialplan, Auflösungsurteil oder einer anderen Grundlage beruhe, und es
komme nicht darauf an, ob sie erst anlässlich des Ausscheidens vereinbart oder schon vorher für den Fall des
Ausscheidens vorgesehen worden sei. Die Anwendung des § 117 Abs. 2 AFG entfalle auch dann nicht, wenn das
Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag sein Ende gefunden habe. Die Vorschrift unterscheide nicht danach, aus
welchem Grund das Arbeitsverhältnis aufgelöst worden sei und wer gekündigt oder sonst die Initiative zur Auflösung
ergriffen habe. Durch den Übergang der Arbeitsentgelt-Ansprüche gemäß § 117 Abs. 4 Satz 1 AFG i.V.m. § 115 SGB
X werde deren privat-rechtliche Natur nicht geändert. Für den Fall, dass der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt mit
befreiender Wirkung gezahlt habe und die Beklagte deshalb die auf die Bundesanstalt übergegangenen Ansprüche
nicht geltend machen könne, sei - ungeachtet des bürgerlich-rechtlichen Anspruchs aus § 816 Abs. 2 des
Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch des § 117 Abs. 4 S. 2 AFG
vorgesehen worden sei. Sie habe hiernach alle Rechte, die ihr das bürgerliche Recht einräume. Sie könne daher, wenn
der Arbeitslose durch unberechtigte Verfügung über den übergegangenen Arbeitsentgelt-Anspruch einen Vorteil erlangt
habe, die Verfügung genehmigen, um die zivilrechtlichen Ansprüche gegen den Arbeitslosen zu erwerben, die das
bürgerliche Recht in Fällen dieser Art vorsehe. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) könne der
wahre Gläubiger die Einziehung der Forderung durch einen Dritten, z.B. den früheren Gläubiger, genehmigen. Die
Genehmigung habe zur Folge, dass der Dritte zur Herausgabe der Geldleistung nach § 816 Abs. 2 BGB verpflichtet
sei, weil die Zahlung an den Dritten dem wahren Gläubiger gegenüber wirksam werde. Von diesen Befugnissen sei sie
nicht ausgeschlossen. Sie könne daher durch Genehmigung bewirken, dass der Arbeitgeber trotz des
Rechtsübergangs der Ansprüche auf die Bundesanstalt für Arbeit nach bürgerlichem Recht mit befreiender Wirkung an
den Arbeitslosen zahle. Ein solcher Vorgang verschaffe ihr den öffentlich-rechtlichen Anspruch des § 117 Abs. 4 Satz
2 AFG. Eine solche Genehmigung sei im vorliegenden Fall erfolgt, so dass der Kläger zur Erstattung verpflichtet sei.
Das Sozialgericht Potsdam hat durch Urteil vom 07. Oktober 1999 den Bescheid vom 27. November 1997 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. April 1998 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Zwischen
den Beteiligten sei unstreitig, dass der Kläger die in dem schiedsgerichtlichen Vergleich vom 20. Dezember 1993
enthaltenen Zahlungen seitens des Arbeitgebers erhalten habe. Die Beklagte habe dem ehemaligen Arbeitgeber des
Klägers auch den gesetzlichen Forderungsübergang durch Schreiben vom 12. November 1993 angezeigt. Der
Arbeitgeber habe indessen seine Leistung nicht mit befreiender Wirkung nach den dem Gericht vorliegenden
Unterlagen erbracht. Eine Genehmigung der Zahlung durch den ehemaligen Arbeitgeber an den Kläger durch die
Beklagte sei diesen Unterlagen nicht zu entnehmen. Vielmehr lasse der Bescheid vom 29. April 1994 an das
M.Landestheater erkennen, dass die Beklagte gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber des Klägers habe vorgehen
wollen. Insoweit stehe dies einer Genehmigung der direkten Zahlung an den Kläger entgegen. Darüber hinaus belege
der Widerspruchsbescheid vom 08. März 1995, dass die Beklagte wohl weiterhin davon ausgegangen sei, dass ein
gesetzlicher Forderungsübergangsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber bestehe. Auch im Bescheid vom 27.
November 1997 sei eine Genehmigung der Zahlung durch den Arbeitgeber an den Kläger nicht zu erblicken. Vielmehr
ergebe sich aus der Verwaltungsakte, dass wohl die Geltendmachung des Forderungsüberganges gegenüber dem
Arbeitgeber bislang erfolglos geblieben sei. Selbst wenn in der Erteilung des Bescheides vom 27. November 1997
eine nachträgliche Genehmigung der direkten Zahlung des Arbeitgebers an den Kläger gesehen werden könnte, so
dass von einer Leistung mit befreiender Wirkung an den Kläger ausgegangen werden könnte, sei die Kammer der
Auffassung, dass die in dem Bescheid vom 27. November 1997 gegebenenfalls liegende nachträgliche Genehmigung
allein auf den Umstand zurückzuführen sei, dass die Beklagte es verabsäumt habe, ihren gesetzlichen Anspruch
gegenüber dem Arbeitgeber zuvor rechtzeitig "auf dem richtigen Weg" durchzusetzen. Zum Zeitpunkt der
tatsächlichen Zahlung an den Kläger durch den Arbeitgeber, habe keinerlei Genehmigung seitens der Beklagten für
den Arbeitgeber vorgelegen. Vielmehr habe dieser aufgrund des Schreibens vom 12. November 1993 darüber Kenntnis
erlangt, dass ein gesetzlicher Forderungsübergang der Beklagten bestanden habe. Eine Leistung mit befreiender
Wirkung an den Kläger habe somit nicht erfolgen können. Wegen der weiteren Einzelheiten des Urteils vom 07.
Oktober 1999 wird auf Bl. 130 bis 139 der Gerichtsakten verwiesen.
Gegen das am 02. November 1999 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 01. Dezember 1999 Berufung bei dem
Landessozialgericht für das Land Brandenburg eingelegt.
Das Landessozialgericht hat den Landkreis Parchim, Mecklenburgisches Landestheater, sowie den Zweckverband
Mecklenburgisches Landestheater zum Verfahren beigeladen (Beschlüsse vom 28. Mai 2001 und 14. Juni 2002).
Die Beklagte führt zur Begründung ihrer Berufung aus, nach § 117 Abs. 1 AFG ruhe der Anspruch auf Alg in der Zeit,
in der der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhalte oder zu beanspruchen habe. Habe der Arbeitgeber Leistungen im Sinne
dieser Vorschrift trotz des Rechtsübergangs mit befreiender Wirkung an den Arbeitslosen oder an einen Dritten
gezahlt, habe der Empfänger des Alg dieses insoweit zu erstatten. Die auf sie übergegangenen Ansprüche seien
gegenüber dem Arbeitgeber oder - etwa bei bereits erfolgter Zahlung durch den Arbeitgeber an den Arbeitslosen mit
befreiender Wirkung - gegenüber dem Arbeitslosen geltend zu machen. Sie könne jedoch durch nachträgliche
Genehmigung der erfolgten Zahlung die befreiende Wirkung und damit die Voraussetzung für einen
Erstattungsanspruch nach § 117 Abs. 4 Satz 2 AFG herbeiführen. Die mit Bescheid vom 27. November 1997
nachträglich erteilte Genehmigung habe demnach die Voraussetzungen für diesen Erstattungsanspruch herbeigeführt.
Hierbei sei es ohne Bedeutung, ob zuvor ein Versuch unternommen worden sei, den Anspruch zunächst beim
Arbeitgeber durchzusetzen. Dieses Verfahren entspreche auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes, wonach
Doppelleistungen vermieden werden sollten. Um eine solche würde es sich hier handeln, wenn der nachträglich
geschaffene Anspruch auf Arbeitsentgelt für einen deckungsgleichen Zeitraum des Alg-Bezuges ausgezahlt würde. Im
Übrigen interpretiere sie den schiedsgerichtlichen Vergleich dahingehend, dass der Kläger vom 01. November 1993
bis 30. Juni 1994 monatliche Arbeitsentgeltleistungen von 6.000 DM erhalten habe. Dies stehe auch in
Übereinstimmung mit dem Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 05. Februar 2000 (L 2 AL
35/98). Darin sei bestätigt worden, dass es sich bei der vereinbarten Zahlung um Arbeitsentgelt gehandelt habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 07. Oktober 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor: Die vom Arbeitgeber gewährte Zahlung sei kein Arbeitsentgelt, sondern Schadensersatz, dies ergebe
sich aus einer Auslegung des schiedsgerichtlichen Vergleichs. Ziff. 3 dieses Vergleiches regele die Erledigung der in
diesem Rechtsstreit (vor dem Bezirksbühnenschiedsgericht Hamburg) "geltend gemachten Ansprüche". Hieraus
werde deutlich, dass es sich nicht um "Fortzahlung des Arbeitsentgeltes bis" oder ähnliches gehandelt habe. Mit der
Erklärung zu Ziff. 1 des schiedsgerichtlichen Vergleichs, dass die fristlose Kündigung vom 13. Oktober 1993
gegenstandslos sei, habe im Wesentlichen seine damit verbundene Herabsetzung "aus der Welt" geschaffen werden
sollen. Er habe eben durch die Kündigung eine Rufschädigung erlitten. Der Vergleich habe auf der einen Seite
bezweckt, die Haltlosigkeit der fristlosen Kündigung ihm gegenüber klarzustellen, und sogleich ihn für die negativen
Folgen dieser Kündigung schadlos halten sollen. Auf der anderen Seite habe das Interesse des ehemaligen
Arbeitgebers darin bestanden, dass er nicht mehr auf seine Stellung als Intendant habe zurückkehren können bzw.
sollen. Insbesondere dieser Gesichtspunkt verbiete es, die aufgrund des Vergleichs zu leistende Zahlung als ein
Arbeitsentgelt anzusehen. Insbesondere deswegen enthalte der schiedsgerichtliche Vergleich auch keine
Formulierung, wie z.B. " ... der Arbeitnehmer wird vom Arbeitgeber nicht weiterbeschäftigt ...", oder " ... das
Arbeitsverhältnis endet zum ...". Mit derartigen Formulierungen hätten die schiedsgerichtlichen Parteien den
Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ohne Beschäftigung verdeutlichen können. Dies hätten sie jedoch bewusst nicht
so geregelt, sondern sie seien selbstverständlich davon ausgegangen, dass das Arbeitsverhältnis faktisch beendet
gewesen sei und nun durch den schiedsgerichtlichen Vergleich auch habe rechtlich beendet werden sollen. Hieran
ändere auch das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 15. Februar 2000 (Az.: L 2 AL 35/98)
nichts. Dieses Gericht habe offensichtlich Konstellationen zugrunde gelegt, in denen Arbeitnehmer
Aufhebungsvergleiche akzeptierten, nach denen sie für eine längere Zeit nicht mehr beschäftigt worden seien,
obgleich sie weiterhin Arbeitsentgelt erhielten. Solche Lösungen mögen im Arbeitsleben aus guten Gründen weit
verbreitet sein, seinen (= des Klägers) Interessen hätte eine solche Regelung aber fundamental widersprochen. Er sei
als Theaterintendant und Regisseur dringend darauf angewiesen, sein Können ständig in der Öffentlichkeit zu
präsentieren, weiterzuentwickeln und damit nicht zuletzt auch seinen Marktwert zu erhalten bzw. zu steigern. Aus
diesem Grunde könne ein Theaterintendant, wie er, keinesfalls eine Lösung akzeptieren, in der er sich an einen
Arbeitgeber weiter binde, der seinerseits nicht bereit sei, ihn zu beschäftigen. Der Arbeitsvertrag vom 31. August 1990
habe in der Anlage 1 vorgesehen, dass er nur in Abstimmung mit dem zuständigen Landratsamt Arbeitsaufgaben
außerhalb des Landestheaters P. habe übernehmen dürfe. Ihm sei es beim Abschluss des gerichtlichen Vergleichs
darauf angekommen, derartige neue Aufgaben übernehmen zu können, ohne von der Zustimmung seines früheren
Arbeitgebers abhängig zu sein. Ein Fortbestand dieses Arbeitsverhältnisses sei deswegen nicht in Frage gekommen.
Im Übrigen lägen auch die Voraussetzungen für eine Erstattung nach § 117 Abs. 4 Satz 2 AFG nicht vor, weil die von
seinem ehemaligen Arbeitgeber aufgrund des schiedsgerichtlichen Vergleichs erbrachten Zahlungen ihn nicht von
seiner Verpflichtung zur Zahlung eines Arbeitsentgelts befreit hätten. Insoweit werde auf die Ausführungen des
erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen. Auch eine nachträgliche Genehmigung der Zahlung des Arbeitgebers sei
nicht ergangen. Die Beklagte habe in der Zwischenzeit versäumt, ihre Ansprüche durchzusetzen. Insoweit sei ihr auch
die Möglichkeit einer nachträglichen Genehmigung abgeschnitten. Eine solche Möglichkeit widerspräche darüber
hinaus den Grundsätzen des Sozialrechts. Würde sie zugelassen, könnte der Versicherungsträger nach Belieben im
Nachhinein festlegen, wer sein Schuldner sein solle: der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber. Eine derartige
Verfügungsfreiheit des Versicherungsträgers entspräche nicht der Zielsetzung der gesetzlichen Regelungen im § 117
AFG, die u.a. dazu dienen solle, den Arbeitnehmer vor einer unangemessenen Inanspruchnahme durch den
Sozialversicherungsträger zu schützen. Eine direkte Anwendung der zivilrechtlichen Regelung über die Rückwirkung
der Genehmigung in das Sonderrecht der Sozialversicherung sei schon grundsätzlich nicht zuzulassen. Im
Sozialrecht könnten die Grundsätze für das Verhältnis zwischen Privatrechtsubjekten nur mit Einschränkungen
angewandt werden, da sie ansonsten mit dem Schutzauftrag des Staates gegenüber den Sozialversicherungsnehmern
kollidieren würden. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 22. Oktober 1998 - B 7 AL 106/97 R),
die eine nachträgliche Genehmigung zulasse, stehe nicht im Einklang mit den zuvor gemachten Anforderungen. Im
Übrigen könne in dem Bescheid vom 27. November 1997 keine Genehmigung der Leistung des ehemaligen
Arbeitgebers des Klägers gesehen werden. Der Bescheid richte sich an ihn und nicht an seinen früheren Arbeitgeber.
Der Beigeladene zu 1. stellt keinen Antrag.
Er führt aus, der schiedsgerichtliche Vergleich regele eine Abfindung von über 80.000 DM. Ob es sich hierbei um eine
Genugtuungsleistung für das Unterbinden einer künstlerischen Betätigung, um einen materiellen Schadensersatz oder
um die Abgeltung von Vergütungsansprüchen gehandelt habe, sei bewusst ungeregelt geblieben, um überhaupt eine
einverständliche Regelung erzielen zu können. Die Aufteilung in eine Sondervergütung von 32.000 DM und Raten von
jeweils 6.000 DM für die Zeit vom November 1993 bis Juni 1994 habe einer Sofortzahlung von 50.000 DM und
weiteren Monatsraten in Höhe von jeweils 6.000 DM entsprochen. Im Verfahren vor dem Sozialgericht Schwerin bzw.
Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern habe er im Übrigen stets geltend gemacht, dass ihm eine
Überleitungsanzeige der Beklagten vom 12. November 1993 nicht zugegangen sei. Die Beklagte habe sicher nicht
ohne Grund den bei ordnungsgemäßer Überleitung auf sie übergangenen Anspruch auf Arbeitsentgelt nicht
arbeitsgerichtlich geltend gemacht, sondern insoweit Verjährung eintreten lassen. Ferner erscheine die
Geltendmachung von Ansprüchen der Beklagten gegen den Kläger im vorliegenden Verfahren als
rechtsmissbräuchlich.
Der Beigeladene zu 2. stellt ebenfalls keinen Antrag.
In der mündlichen Verhandlung vom 25. Juni 2002 haben der Prozessbevollmächtigte des Klägers und der Vertreter
der Beigeladenen erklärt, die ersten Zahlungen aus dem schiedsgerichtlichen Vergleich vom 20. Dezember 1993 seien
noch Ende 1993 erfolgt und die laufende Zahlung des Jahres 1994 sei entsprechend dem Vergleich aus dem Bereich
der Beigeladenen abgeflossen und beim Kläger auch eingegangen.
Der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen zu 1. führt auf Anfrage des Landessozialgerichts mit Schriftsatz vom
30. Januar 2001 aus, er, als der Verhandlungsführer des früheren Arbeitgebers des Klägers, habe keinen Zweifel
daran, dass es sich um eine reine Abfindungsregelung mit teilweiser Ratenzahlung gehandelt habe, weil er diesen
Vergleich bei konkreter Gefahr einer Entgeltregelung schon wegen der Lohnsteuerabführungsverpflichtung nicht
abgeschlossen gehabt hätte. Die Regelung über die Haftung für Steuern und Abgaben habe nur der Klarstellung
zwischen den damaligen Parteien gedient.
Der Vertreter der Beigeladenen zu 1. und 2. hat in der mündlichen Verhandlung vom 20. September 2002 u.a. erklärt,
die tatsächliche Tätigkeit des Klägers habe dem nicht unterzeichneten Vertragsentwurf entsprochen. Wegen der
weiteren Einzelheiten der Ausführungen des Vertreters der Beigeladenen zu 1. und 2. wird auf die
Sitzungsniederschrift vom 20. September 2002 (Bl. 247 bis 250 der Gerichtsakten) verwiesen.
Zum Verfahren ist der Intendantenmustervertrag des Deutschen Bühnenvereins (Ausgabe 1968) beigezogen worden;
wegen der Einzelheiten hierzu wird auf Bl. 215 –221 der Gerichtsakten verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen der Beteiligten und wegen des Verfahrens wird auf die beigezogenen
Gerichtsakten sowie die des Sozialgerichts Schwerin bzw. des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern (S 1
Ar 63/95 bzw. L 2 AL 35/98), die Leistungsakten der Beklagten (Stamm-Nrn.: ... bzw ...), die Akten des
Bezirksbühnenschiedsgerichts Hamburg (Az.: A/93) und die Akten des Beigeladenen zu 1. (Ordner Name des
Klägers) Bezug genommen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht Potsdam hat den Bescheid der Beklagten vom 27.
November 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. April 1998 zu Recht aufgehoben. Die Klage
gegen die genannten Bescheide ist zulässig und begründet, die Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger
in seinen Rechten.
Die Beklagte hat keinen Anspruch gegen den Kläger auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 20.352,70 DM wegen
des von ihr für die Zeit vom 01. November 1993 bis 30. Juni 1994 geleisteten Alg.
Maßgebend sind für den hier streitigen Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes die vorliegend noch
anzuwendenden Vorschriften des bis zum 31. Dezember 1997 geltenden AFG (vgl. Art. 82 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Art. 83
Abs. 1 des Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung - Arbeitsförderungs-Reformgesetz - AFRG - vom 24. März 1997
- BGBl. I S. 594); Rechtsgrundlage für das Begehren der Beklagten ist § 117 Abs. 4 Satz 2 AFG in der ab 27. Juni
1993 geltenden Fassung des Art. 11 Nr. 11 des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms -
FKPG - vom 23. Juni 1993 (BGBl. I S. 944); die Vorschrift in der ab 01. Januar 1994 geltenden Fassung des Ersten
Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramm (1. SKWPG) vom 21. Dezember
1993 (BGBl. I S. 2353, 1994 S. 72) ist vorliegend nicht anzuwenden (vgl. § 242 g Abs. 8 AFG; vgl. im Übrigen auch
die Übergangsvorschrift des § 242 x Abs. 3 AFG - ebenfalls eingefügt durch das AFRG, die die Vorschriften des §
117 Abs. 2, 3, 3a, 4 AFG für Ansprüche auf Alg weiterhin für anwendbar erklären für Personen, die u.a. innerhalb der
Rahmenfrist mindestens 360 Kalendertage vor dem 01. April 1997 in einer die Beitragspflicht begründenden
Beschäftigung gestanden haben (§ 242 x Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AFG)).
Nach § 117 Abs. 4 Satz 2 AFG hat der Empfänger Alg zu erstatten, wenn der Arbeitgeber an ihn für die Zeit des Alg-
Bezuges (u.a.) Arbeitsentgelt i.S. von § 117 Abs. 1 AFG bzw. wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine
Abfindung i.S. von § 117 Abs. 2 AFG trotz des in § 117 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 115 Abs. 1 SGB X geregelten
Anspruchsübergangs mit befreiender Wirkung (nachträglich) gezahlt hat.
Bereits aus der Übergangsvorschrift des § 242 x Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AFG, aber auch aus § 117 Abs. 1 AFG, wonach
der Anspruch auf Alg in der Zeit ruht, für die der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhält oder zu beanspruchen hat, folgt
eines: Der Kläger muss in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden haben. § 117 Abs. 1 AFG nimmt in
seinem Wortlaut Bezug auf "Arbeitsentgelt", das in § 14 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) legal
definiert ist. Danach sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung Arbeitsentgelt.
Der Kläger ist nicht Arbeitnehmer im Sinne des AFG gewesen, denn er stand nicht in einer beitragspflichtigen
Beschäftigung.
Nach § 168 Abs. 1 Satz 1 AFG in der bis zum 31. Dezember 1997 geltenden und hier anzuwendenden Fassung sind
beitragspflichtig Personen, die als Arbeiter oder Angestellte gegen Entgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt
sind (Arbeitnehmer). Zum Begriff der Beschäftigung verweist § 173 a AFG auf die grundlegende Vorschrift des § 7 des
Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV). Nach § 7 SGB IV ist "Beschäftigung" die nicht selbständige Arbeit,
insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (vgl. BSG SozR 3-4100 § 141 b Nr. 17 m. w. N.).
Arbeitnehmer ist hiernach, wer unselbständige Arbeit leistet, d. h. von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist.
Persönliche Abhängigkeit erfordert Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des
Arbeitgebers, insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung. Das Weisungsrecht kann
zwar, insbesondere bei Diensten höherer Art, erheblich eingeschränkt sein, vollständig entfallen darf es jedoch nicht.
Es muss eine fremdbestimmte Dienstleistung bleiben. Ist ein Weisungsrecht nicht vorhanden oder wird von ihm
tatsächlich keinerlei Gebrauch gemacht, kann der Betreffende also seine Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten,
insbesondere über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei verfügen, oder fügt er sich nur in die von
ihm selbst gegebene Ordnung des Betriebes ein, liegt keine abhängige, sondern eine selbständige Tätigkeit vor, die
zusätzlich durch ein Unternehmerrisiko gekennzeichnet zu sein pflegt. In Zweifelsfällen kommt es darauf an, welche
Merkmale überwiegen. Dies richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, wobei die vertragliche Ausgestaltung
im Vordergrund steht, jedoch zurücktritt, wenn die tatsächlichen Verhältnisse entscheidend hiervon abweichen (vgl. u.
a. BSG SozR 3-4100 § 168 Nr. 8 m. w. N.; SozR 3-4100 § 141 b Nr. 17; BSG USK 9347 m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen richtet sich auch die Frage, ob die Tätigkeit des Klägers als Theaterintendant des M.
Landestheaters eine abhängige und deshalb beitragspflichtige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit war.
Grundlage der Tätigkeit des Klägers für das M.Landestheater waren zunächst die Arbeitsverträge vom 26. April 1990
bzw. 31. August 1990 einschließlich der Anlagen 1 und 2 zum letztgenannten Vertrag gewesen. Danach hatte der
Kläger nach einer Einarbeitungsphase ab 01. Mai 1990 seit 01. September 1990 seine Tätigkeit als Intendant
aufgenommen. Grundlage der weiteren Tätigkeit des Klägers wurde ab 1992 der Dienstvertrag/Intendantenvertrag (vgl.
Bl. 21 bis 26 der Akten des Bezirksbühnenschiedsgerichts Hamburg), der trotz der fehlenden Unterzeichnungen
dieses Vertrages von Seiten des Klägers und der Beigeladenen zu 1. und 2. sowohl nach dem eigenen Vorbringen des
Klägers im Schiedsgerichtsverfahren als auch den Erklärungen der Beigeladenen zu 1. und 2. die Grundlage für die
Intendantentätigkeit bildete. Der Senat hatte insofern keine Zweifel daran, dass der Kläger seine Intendantentätigkeit
trotz der fehlenden Unterschriften ab 1992 auf der Grundlage dieses Dienstvertrages ausgeübt hat. Hierfür sprechen
auch die Ausführungen des Vertreters der Beigeladenen zu 1. und 2. in der mündlichen Verhandlung vom 20.
September 2002, in der dieser u.a. glaubhaft erklärt hat, dass der Entwurf des Intendantenvertrages aus dem Jahr
1992 nur deshalb nicht vom Zweckverband und dem Kläger unterschrieben worden ist und bis in das Jahr 1993 weiter
diskutiert wurde, weil zum einen die Laufzeit des Vertrages nicht einvernehmlich festgelegt werden konnte und zum
anderen es in diesem Vertragsentwurf Einschränkungen der finanziellen Handlungsbefugnis des Klägers gab, die
dieser nicht habe akzeptieren wollen; ansonsten sei aber u.a. Tätigkeitsgrundlage des Klägers der (nicht
unterzeichnete) Intendantenvertrag gewesen.
Dem Kläger war danach gemäß § 2 Abs. 1 des Dienstvertrages (DV) die künstlerische, wirtschaftliche und
administrative Leistung des Theaters übertragen. Er hatte als Intendant das Theater zudem in der Öffentlichkeit zu
vertreten (§ 2 Abs. 1 1. Unterabsatz DV) und ihm war das gesamte künstlerische, technische und
Verwaltungspersonal unterstellt (§ 2 Abs. 3 DV). Dem Kläger oblag "in eigener Verantwortung" die Gestaltung des
Spielplans, der Abschluss oder die Beendigung unbefristeter Arbeits- und Dienstverträge sowie der Abschluss, die
Erneuerung oder Nichterneuerung befristeter Dienst- oder Gastspielverträge. Lediglich Verträge, die über die Laufzeit
seines eigenen Vertrages hinaus geschlossen und erneuert würden oder erst danach beendigt werden könnten,
bedurften der Zustimmung der Beigeladenen zu 1. oder 2. Darüber hinaus war er auch frei von Weisungen für die
Rollenbesetzung, die Verteilung der Regie-, Bühnenbild- und Ausstattungsaufgaben. Ihm oblag auch die Gewährung
von Urlaub für Mitglieder und Gäste, die einer Urlaubserlaubnis bedurften.
Diese Regelungen des Dienstvertrages entsprechen wörtlich dem Intendantenmustervertrag in der Fassung des
Beschlusses des Verwaltungsrates des Deutschen Bühnenverbandes vom 03. Dezember 1968. Zur Einordnung von
Intendantenverträgen hat schon das Bundesarbeitsgericht was der Senat für überzeugend hält, in seinem Urteil vom
17. Dezember 1968 (Az.: 5 AZR 86/68, AP Nr. 17 zu § 5 ArbGG 1953 mit zust. Anm. v. Hueck) festgestellt, dass im
Allgemeinen, d.h. wenn der Dienstvertrag in wichtigen Punkten mit denen vom Deutschen Bühnenverein entworfenen
Muster eines Intendantenvertrages übereinstimmt, ein Theaterintendant in einem solchen Ausmaß
Arbeitgeberfunktionen wahrnimmt, dass er nicht mehr als Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Person angesehen
werden kann. Vielmehr ist er auch bei solchen Entsprechungen in der überwiegenden Zahl der Fälle als freier
Dienstvertrag zu charakterisieren (in diesem Sinne auch LAG Rostock, Beschluss vom 16. Dezember 1997 - 3 Ta
59/97 - soweit ersichtlich nicht veröffentlicht - im Anschluss an BAG, AP Nr. 17 zu § 5 ArbGG 1953).
Dass der Kläger seinen früheren Dienstherren rechtzeitig über den Spielplan-Entwurf der kommenden Spielzeit zu
verständigen und über notwendige wesentliche Änderungen (vgl. § 2 Abs. 4 DV) zu unterrichten hatte, ist für
Intendantendienstverträge nicht untypisch. Dies entspricht im Wortlaut § 2 Abs. 4 des Mustervertrages. Die generelle
Bindung an Beschränkungen an Haushaltsansätzen ändert nichts in der Beurteilung, dass der Kläger nicht
Arbeitnehmer gewesen ist. Es stellt eine Selbstverständlichkeit dar, dass derjenige, der einen öffentlich-rechtlich oder
privatrechtlich strukturierten Betrieb leitet, nicht mehr Gelder ausgibt, als ihm vom Inhaber dieses Betriebes zur
Verfügung gestellt wird (vgl. LAG Rostock, Beschluss vom 16. Dezember 1997 - 3 Ta 59/97). Darüber hinaus enthält
der Dienstvertrag des Klägers weitere Übereinstimmungen mit dem Intendantenmustervertrag, so zur Freistellung für
Regietätigkeit an anderen Häusern, die der Zustimmung des früheren Dienstherren des Klägers bedurfte (vgl. § 4 Abs.
3 DV und § 7 Abs. 1 des Mustervertrages), die Regelung des Erholungsurlaubs (§ 7 Abs. 1 sowohl im DV wie im
Mustervertrag), Regelung zur Genehmigung von Dienstreisen (§ 5 Abs. 3 DV, § 5 Abs. 4 des Mustervertrages). Seine
Arbeitszeit war zeitlich durch den Dienstvertrag zudem nicht geregelt.
Dass der Kläger nicht in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden hatte, ergibt sich darüber hinaus aus den
Erklärungen des Vertreters der Beigeladenen zu 1. und 2. Soweit der Kläger einen Spielplanentwurf dem
Zweckverband (= Beigeladener zu 2.) hatte vorlegen müssen, wurde dieser lediglich diskutiert. Auseinandersetzungen
hierüber gab es jedoch nicht. Der Zweckverband habe keine arbeitgebertypischen Eingriffe in die Tätigkeit des Klägers
vor. Denn nach der Aussage des Vertreters der Beigeladenen zu 1. und 2. wurde in den Spielplan und in sonstige
künstlerische Bereiche seitens des Zweckverbandes nicht eingegriffen. Der Kläger war insoweit völlig frei. Er durfte
auch selbst Stücke inszenieren, was eigenverantwortlich in seiner Funktion als Leiter des Theaters erfolgte. Auch
Eingriffe diesbezüglich erfolgten nicht durch den Zweckverband. Der Kläger war sowohl der künstlerische als auch der
verwaltungsmäßige Leiter des Theaters. Er konnte seine Entscheidung diesbezüglich frei treffen. Auch aus den
Sitzungen des Zweckverbandes, die zweimal pro Jahr stattfanden, lässt sich ein abhängiges
Beschäftigungsverhältnis des Klägers nicht herleiten. Hierin sind Weisungen gegenüber dem Kläger nicht gegeben
worden.
Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis lässt sich auch nicht die vom Vertreter der Beigeladenen zu 1. und 2.
dargestellte Genehmigungspraxis des Urlaubes anführen. Gegen die Erklärung des Vertreters der Beigeladenen zu 1.
und 2., dass sich der Kläger den Urlaub hatte genehmigen lassen, steht die Regelung von § 7 des nicht
unterzeichneten Intendantenvertrages. Danach oblag dem Kläger lediglich, seinen Urlaub innerhalb der Theaterferien
bzw. in Zeiten zu nehmen, in denen die Anwesenheit des Intendanten nicht zwingend erforderlich gewesen ist.
Lediglich Ausnahmen hierzu bedurften der Zustimmung des Rechtsträgers des Theaters.
Dem Vertrag vom 31. August 1990 ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Im Wesentlichen waren zu den Rechten
und Pflichten der Vertragsparteien "nur" Zielvereinbarungen enthalten: u.a. sollte es keine Verschlechterung der
sozialen Belange der bislang Beschäftigten des Theaters geben, die Chancengleichheit zwischen ost- und
westdeutschen Kollegen sollte gewährleistet werden, die Zusammenarbeit mit dem Dezernat und Leitung des
Theaters sollte partnerschaftlich erfolgen, die künstlerische Konzeption sollte vom Vertrauen des Intendanten
bestimmt und zumindest halbjährig mit dem Dezernat abgestimmt werden.
Eine Arbeitnehmerstellung des Klägers liegt somit nicht vor.
Einzig für eine abhängige Beschäftigung spricht die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen für den Kläger, wozu
auch das Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern den Beigeladenen zu 1. durch Urteil vom 15. Februar 2000
(Az.: L 2 AL 35/98) unter Bejahung eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 168 AFG - ohne nähere
Begründung hierzu - rechtskräftig verurteilt hatte. Dem folgt der erkennende Senat aus den zuvor dargelegten Gründen
nicht.
Der erkennende Senat ist auch nicht wegen § 141 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) an die Entscheidung des
Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern gebunden. Danach binden u.a. rechtskräftige Urteile, soweit über den
Streitgegenstand entschieden worden ist, die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger. Das Landessozialgericht
Mecklenburg-Vorpommern hat vorliegend (rechtskräftig) über eine Erstattungspflicht von Sozialversicherungsbeiträgen
nach §§ 160, 160 a AFG entschieden und im Rahmen dessen den schiedsgerichtlichen Vergleich dahingehend
ausgelegt, dass der Kläger noch bis 30. Juni 1994 in einem beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden
hat. Über die hier zu prüfende Rechtsfrage der Erstattung von Arbeitsentgelt für geleistetes Alg hat dieses Gericht
nicht entschieden. Die Beklagte hatte vor dem Sozialgericht Schwerin insoweit gegenüber dem dortigen Kläger (= hier:
Beigeladener zu 1.) erklärt, die Erstattung von Alg in diesem Verfahren nicht mehr geltend zu machen. Da darüber
hinaus der Rechtsstreit vor dem Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern zwischen dem Beigeladenen zu 1.
und der Beklagten geführt wurde, hier aber der Rechtsstreit zwischen Kläger und der Beklagten geführt wird, besteht
auch keine Identität der Beteiligten. Auch werden die Entscheidungsgründe (hier des Landessozialgerichts
Mecklenburg-Vorpommern) nicht von der Rechtskraft erfaßt, insbesondere nicht Ausführungen über materiell-
rechtliche Vorfragen, die in späteren Verfahren anders entschieden werden können (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 7.
Auflage, § 141 Rz. 7-9 m.w.N.).
Fehlt nach alledem beim Kläger die Arbeitnehmer-Eigenschaft, können die Anspruchsvoraussetzungen von § 117
Abs. 4 Satz 2 AFG zugunsten der Beklagten nicht angenommen werden, weil die Beklagte anderenfalls eine
Vergütung im Rahmen des gesetzlichen Forderungsübergangs (§ 115 SGB X) erlangen würde, die kein Arbeitsentgelt
im Sinne des § 14 SGB IV wäre, sondern Arbeitseinkommen (§ 15 SGB IV).
Das Erstattungsbegehren der Beklagten nach § 117 Abs. 4 S. 2 AFG ist darüber hinaus für die Zeit ab Dezember
1993 bzw. Januar 1994 aus einem weiteren Grund rechtswidrig.
§ 117 Abs. 4 S. 1 AFG greift nämlich insoweit nur ein, soweit der Arbeitslose die Arbeitgeberleistung nicht erhielt. Die
Vorschrift ist gerade nicht einschlägig, wenn die zu vermeidende Doppelleistung (Arbeitgeberleistung und Alg)
tatsächlich erfolgt ist (BSGE 72, 111, 113 = SozR 3-4100 § 117 Nr. 9), also Alg trotz der schon erbrachten
Arbeitgeberleistung gezahlt wird. Das ist hier aber für die Zeit ab Dezember 1993 bzw. spätestens Januar 1994 der
Fall gewesen. Der schiedgerichtliche Vergleich vom 20. Dezember 1993 wurde nach übereinstimmenden Erklärungen
vom Kläger und Beigeladenen zu 2. bereits im Dezember 1993 ausgeführt. Der Kläger hatte danach Leistungen von
seinem Dienstherren noch im Dezember 1993 oder Januar 1994 erhalten. Hieraus folgt, dass jedenfalls für die Zeit ab
Dezember 1993 oder spätestens Januar 1994 eine - wenn sie überhaupt vorgelegen hätte - Gleichwohlgewährung
überhaupt nicht (mehr) vorlag, sondern eine rechtswidrig gewordene Alg-Zahlung. Dem hätte nur durch Rücknahme
bzw. Aufhebung der Alg-Bewilligung gemäß §§ 45 ff. SGB X Rechnung getragen werden können (vgl. BSG SozR 3-
4100 § 117 Nr. 11 m.w.N.). Da hier aber schon kein Beschäftigungsverhältnis vorgelegen hat, hätte die Beklagte die
Alg-Bewilligung nur nach § 45 SGB X zurücknehmen können. Der Senat hat von einer weiteren Sachaufklärung
absehen können, wann genau die erste Zahlung aus dem schiedsgerichtlichen Vergleich beim Kläger einging, weil die
Voraussetzung einer Erstattung nach § 117 Abs. 4 S. 1 AFG schon mangels der Bejahung der
Arbeitnehmereigenschaft des Klägers nicht vorgelegen haben (s.o.).
Zu Ungunsten der Beklagten können hier die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen auch nicht nach § 43 SGB X
umgedeutet werden. Der Erstattungsbescheid nach § 117 Abs. 4 Satz 2 AFG ist ein Verwaltungsakt, ohne dass es für
seine Anwendung auf ein Verschulden ankommt, während die Rücknahme nach § 45 Abs. 1 SGB X u.a. eine
Verschuldensprüfung (§ 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X) voraussetzt. Die Umdeutung enthielte deswegen hier eine Änderung
des Prüfungsrahmens und ist deshalb nicht zulässig (vgl. BSG SozR 1300 § 43 Nr. 1 m.w.N.; BSG SozR 3-4100 §
117 Nr. 9).
Der Anspruch der Beklagten lässt sich auch nicht aus § 50 SGB X herleiten. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind
bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Die Beklagte hat
vorliegend die Bewilligung von Alg zugunsten des Klägers für den hier streitigen Erstattungszeitraum nicht
aufgehoben. Eine Aufhebung der Alg-Bewilligung (Alg-Bewilligungsverfügung vom 12. November 1993) ist jedenfalls
dem Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten (Stamm-Nr ... und ...) nicht zu entnehmen. Die Anwendung von § 50
Abs. 2 Satz 1 SGB X scheidet schon deswegen aus, weil die Alg-Bewilligung nicht ohne Verwaltungsakt erfolgt ist.
Im Ergebnis kann deswegen auch dahingestellt bleiben, ob der angefochtene Bescheid vom 27. November 1997
wegen mangelnder Anhörung (§ 24 SGB X) rechtswidrig ist oder ob der Verfahrensfehler durch Nachholung der
Anhörung im Widerspruchsverfahren geheilt worden ist; (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X - BSG SozR 3-4100 § 117 Nr. 16
a.E.).
Nach alledem ist die Berufung ohne Erfolg.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG haben nicht vorgelegen.