Urteil des LSG Bayern vom 30.01.2008

LSG Bayern: berufliche tätigkeit, psychiatrisches gutachten, zumutbare tätigkeit, rente, psychotherapeutische behandlung, erwerbsfähigkeit, migräne, tinnitus, nacht, psychiatrie

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 30.01.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht München S 8 R 2408/05
Bayerisches Landessozialgericht L 16 R 299/07
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 13. Dezember 2006 wird
zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung auf den Antrag vom
23.09.2004.
Die 1956 geborene Klägerin absolvierte von August 1972 bis Januar 1975 erfolgreich eine Ausbildung als
Steuerfachgehilfin und war anschließend - unterbrochen durch erhebliche Zeiten der Arbeitslosigkeit - bis Dezember
2002 überwiegend als Steuerfachgehilfin, Bilanzbuchhalterin und zuletzt als Alleinbuchhalterin versicherungspflichtig
beschäftigt. Es folgt ein Bezug von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit wegen Arbeitslosigkeit und von
Krankengeld wegen Arbeitsunfähigkeit (von Juli 2003 bis Oktober 2004); seit 01.01.2005 bezieht die Klägerin
Arbeitslosengeld II.
Die Klägerin beantragte am 23.09.2004 bei der Beklagten insbesondere wegen Depressionen, Angstzuständen,
Migräne und einem Bandscheibenvorfall die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Der von der Beklagten
beauftragte Sachverständige Dr. S., Neurologe und Psychiater, kam in seinem Gutachten auf Grund einer
Untersuchung der Klägerin am 18.11.2004 und unter Berücksichtigung des Entlassungsberichtes des Klinikums für
Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums M. vom 28.07.2003 (Diagnosen: mittelgradige depressive Episode und
Lumboischialgien) zu dem Ergebnis, dass die Klägerin die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit als
Bilanzbuchhalterin in der Filmbranche nur noch 3 bis unter 6 h täglich verrichten könne. Trotz ihrer Dysthymie, Angst
und Depression gemischt - jeweils mäßigen Grades - , des lumbo-sakralen Wurzelreizsyndroms (ohne nachweisbare
neurologische Defizite), der Migräne ohne Aura und der geringgradigen Deformierung des linken Daumenendgliedes
mit Einschränkung der Beugefähigkeit könne sie noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne
körperliche Spitzenbelastungen, allgemeine Stresssituationen, Schichtarbeit und Zeitdruck mindestens 6 h täglich
verrichten. Vermieden werden sollten ständiges Stehen und Gehen, das Heben und Tragen sehr schwerer
Gegenstände sowie häufiges Bücken. Die Klägerin sei bei mäßiggradiger depressiver Symptomatik und
Angstsymptomatik auf ihre Beschwerden deutlich fixiert. Durch eine Intensivierung der gegenwärtigen
nervenärztlichen Betreuung in Form einer ergänzenden Psycho- und Verhaltenstherapie wäre eine Besserung zu
erwarten. Wiedereingliederungsmaßnahmen seien nicht erfolgversprechend, da die Klägerin keine Motivation erkennen
lasse, wieder eine berufliche Tätigkeit auszuüben. Die Beklagte lehnte daher den Rentenantrag mit Bescheid vom
22.02.2005 mit der Begründung ab, dass die Klägerin mit dem vorhandenen Leistungsvermögen noch in der Lage sei,
in ihrem bisherigen Berufsbereich mindestens 6 h täglich erwerbstätig zu sein.
Mit dem dagegen erhobenen Widerspruch trug sie vor, auf Grund ihrer zur Zeit sehr starken Angstzustände und
Depressionen keiner beruflichen Beschäftigung nachgehen zu können. Die Beklagte wies nach Beiziehung von
Befundberichten von Dr. S1. und Dr. P. den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.07.2005 als unbegründet
zurück.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht M.en verfolgte die Klägerin ihr Ziel der Gewährung einer
Rente wegen Erwerbsminderung weiter, weil sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert habe. Sie könne sich zur Zeit
nicht länger als ca. 2 h anhaltend konzentrieren und schon kleinste Stresssituationen lösten tiefe Depressionen aus.
Das Sozialgericht zog zur Ermittlung des Sachverhalts Befundberichte von dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr.
S1., der sie von Oktober 2003 bis April 2005 behandelnden Psychiaterin Dr. P. und dem Orthopäden Dr. S2. sowie
eine Auskunft des letzten Arbeitgebers der Klägerin bei und holte von Amts wegen ein psychiatrisches Gutachten von
Dr. M. ein
Dr. M., Ärztin für Psychiatrie, Psychotherapie und Sozialmedizin stellte in ihrem Gutachten vom 31.08.2006 auf
Grund ihrer Untersuchung der Klägerin zusätzlich zu den bereits von Dr. S. festgestellten, von ihr bestätigten
Gesundheitsstörungen noch einen Tinnitus beiderseits fest. Die Klägerin könne daher noch leichte, gelegentlich
mittelschwere Arbeiten wechselnd im Gehen, Stehen oder Sitzen überwiegend in geschlossenen Räumen mindestens
8 h täglich verrichten. Besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, Nacht- und Wechselschicht, Heben
und Tragen schwerer Lasten und Zwangshaltungen seien zu vermeiden. Ihre Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 13. Dezember 2006 ab, weil die Klägerin auf Grund der
überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen von Dr. M., die in Einklang mit dem im Verwaltungsverfahren
eingeholten Gutachten von Dr. S. und dem Befundbericht von Dr. P. ständen, weder teilweise noch voll
erwerbsgemindert sei. Da sie noch die zuletzt verrichtete Tätigkeit als Alleinbuchhalterin mindestens 6 h täglich
verrichten könne, liege auch keine Berufsunfähigkeit vor.
Dagegen hat die Klägerin unter Vorlage ärztlicher Unterlagen aus dem Zeitraum von Juli bis Oktober 2007 Berufung
eingelegt mit der Begründung, dass die Depressionen und Angstzustände immer wieder neu auftreten würden.
Insbesondere die ständigen Alpträume, die in regelmäßigen Abständen wiederkehrende Migräne, die fast täglich
starken Rückenschmerzen, die starken Durchblutungsstörungen und Krampfadern an beiden Beinen sowie der
beidseitige Tinnitus würden ihre Lebensqualität stark einschränken.
Der Senat hat Befundberichte von dem Internisten Dr. K. der Chirurgin Dr. H., dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr.
S1. und der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. O. beigezogen und über den Gesundheitszustand und das
berufliche Leistungsvermögen der Klägerin Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen
Sachverständigengutachtens von Amts wegen von dem Facharzt für Psychiatrie und öffentliches Gesundheitswesen
Dr. V ...
Dr. V. stellt in seinem Gutachten vom 29.11.2007 eine dysthyme Störung bei kombinierten histrionischen, ängstlich-
vermeidenden und abhängigen Merkmalen einer Persönlichkeitsstörung und ein kombiniertes Kopfschmerzsyndrom
von Spannungskopfschmerz sowie Migräne fest. Die therapeutischen Möglichkeiten hinsichtlich der fachspezifischen
Medikation und der Durchführung einer ambulanten Psychotherapie seien nicht ausgeschöpft. Dr. V. gelangt daher zu
dem Ergebnis, dass die Klägerin seit August 2004 unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses noch
mindestens 6 h täglich arbeiten könne. Zu vermeiden seien schwere und ständig mittelschwere Arbeiten. Das Heben
und Tragen schwerer Lasten, Arbeiten in Zwangshaltung der Wirbelsäule, im Akkord, unter Zeitdruck, mit Nacht-
und/oder Wechselschicht und mit anderen besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit und an die
Stresstoleranz seien nicht mehr zumutbar. Bei Ausschöpfung der Behandlungsmöglichkeiten bestehe jedoch die
begründete Aussicht einer Besserung des Gesundheitszustandes in absehbarer Zeit.
Gegen dieses Gutachten wendet die Klägerin ein, dass sie in Stresssituationen starke Schweißausbrüche und
Angstzustände bis hin zu Panikattacken bekomme. Sie sei von den beruflichen und privaten Erlebnissen sehr stark
traumatisiert und nicht mehr belastbar. Ferner verweist sie auf die noch bestehenden zahlreichen weiteren
körperlichen Leiden (insbesondere Migräne, Tinnitus, Inkontinenz und chronische Magenbeschwerden).
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts M.en vom 13. Dezember 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 22.02.2005 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.07.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen
voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Nach ihrer Ansicht begründe das Gutachten von Dr. V., das die Vorgutachten bestätige, keine Leistungsminderung.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestands auf den Inhalt der beigezogenen Akte der
Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung ist gemäß §§ 143, 151
Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Mit seinem Urteil vom 13.12.2006 hat das Sozialgericht zu Recht die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom
22.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.07.2005 abgewiesen, weil die Klägerin nach dem
Gesamtergebnis des Verfahrens keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser
Erwerbsminderung im Sinn der §§ 43, 240 des Sechsten Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der ab 01.01.2001
geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000
(BGBl. I S. 1827) hat. Da sie den Rentenantrag nach dem 31.03.2001 gestellt hat und Rente für Zeiten nach dem
01.01.2001 begehrt, ist gemäß § 300 Abs. 2 SGB VI vorgenanntes Recht anwendbar.
Nach § 43 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen
Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der
Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor dem
Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Diese Voraussetzungen sind bei der Klägerin nicht allesamt erfüllt. Sie hat zwar zum Zeitpunkt der Antragstellung die
Wartezeit sowie die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen
Erwerbsminderung erfüllt, sie ist jedoch nicht mindestens berufsunfähig im Sinn des § 240 Abs. 2 SGB VI. Erst recht
erfüllt sie nicht die strengeren Voraussetzungen für das Vorliegen einer teilweisen oder vollen Erwerbsminderung im
Sinn von § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI.
Teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit sind gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren
Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und
seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger
als sechs Stunden täglich gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten
zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter
Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen
Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare
Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu
berücksichtigen.
Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs.1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder
Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen
Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande
sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig
zu sein (§ 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI). Nach der in Rechtsfortbildung der Versicherungsfälle der verminderten
Erwerbsfähigkeit durch das Bundessozialgericht entwickelten und vom Gesetzgeber auch durch das EMRefG
gebilligten (vgl. § 43 Abs.3 SGB VI) Arbeitsmarktrente ist der Versicherte darüber hinaus auch voll erwerbsgemindert,
wenn das Leistungsvermögen auf unter sechs Stunden abgesunken ist und der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen ist,
weil der Versicherte keinen zumutbaren Arbeitsplatz innehält (Beschluss des Großen Senats des BSG vom
19.12.1996, SozR 3-2600 § 44 Nr.8).
Das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin ist qualitativ, nicht aber quantitativ eingeschränkt. Sie kann seit
August 2004 nur noch leichte, kurzfristig mittelschwere Arbeiten ohne besondere Anforderungen an die nervliche
Belastbarkeit und an die Stresstoleranz, ohne Zeitdruck und ohne Nacht- und Wechselschicht mindestens 6 h täglich
verrichten. Das Heben und Tragen schwerer Lasten, Arbeiten in Zwangshaltung und Arbeiten im Akkord sind
auszuschließen.
Dieses Leistungsvermögen ergibt sich aus dem vom Senat von Amts wegen eingeholten Gutachten von Dr. V., das
im Wesentlichen in Einklang mit dem vom Sozialgericht erholten Gutachten von Dr. M. und dem im
Verwaltungsverfahren erstellten Gutachten von Dr. S. steht. Die von dem gerichtlichen Sachverständigen abgegebene
Beurteilung ist überzeugend, weil sie sich folgerichtig aus den nach den Regeln der medizinischen Wissenschaft auf
Grund der anamnestischen Angaben der Klägerin, der vorliegenden klinischen Untersuchungsbefunde unter
Berücksichtigung aller vorliegenden ärztlichen Unterlagen erfolgten Feststellungen über den Gesundheitszustand der
Klägerin ergibt. Der Senat schließt sich daher dieser schlüssigen Beurteilung an.
Im Vordergrund der Beschwerden der Klägerin steht die seit Mai 2005 nicht genügend behandelte - weder
psychiatrisch noch psychotherapeutisch noch medikamentös - dysthyme Störung bei kombinierten histrionischen,
ängstlich-vermeidenden und abhängigen Merkmalen einer Persönlichkeitsstörung. Differentialdiagnostisch liegt seit
Antragstellung aber keine phasisch verlaufende Depression, die den Kriterien einer rezidivierenden depressiven
Störung entspricht, vor. Insoweit ist gegenüber dem Jahr 2003, in dem aufgrund einer Überforderungssymptomatik
infolge des Konfliktes an der letzten Arbeitsstelle und der Schwierigkeiten mit dem damaligen psychisch labilen
Partner manifeste psychische Störungen mit einer mittelgradigen depressiven Episode und Angstzuständen auftraten,
eine Besserung eingetreten. Die Klägerin hat anamnestisch anlässlich der Untersuchung durch Dr. M. über gebesserte
Angstzustände und Panikattacken berichtet; typische Panikattacken konnte sie nicht beschreiben. In den
testpsychologischen Zusatzbefunden hat sie in Selbstbeurteilungsskalen niedrige Werte erzielt, die allenfalls für das
Vorliegen eines derzeit leichtgradig ausgeprägten depressiven Syndroms sprechen. Die Klägerin ist infolge der
dysthymen Störung in ihrer psychischen und nervlichen Belastbarkeit ab Antragstellung nur leicht bis mäßiggradig in
qualitativer Hinsicht (s. o.g. Einsatzbeschränkungen) eingeschränkt. Störungen der kognitiven Funktionen liegen nicht
vor. Das Gedächtnis, die Aufmerksamkeit, die Merkfähigkeit, das Konzentrationsvermögen und die
Informationsverarbeitung sind intakt. Die intellektuelle Leistungsfähigkeit liegt nach dem klinischen Gesamteindruck
im Bereich der Norm. Eine Besserung dieses Leidens ist durch eine gezielte medikamentöse und ambulante
psychotherapeutische Behandlung in absehbarer Zeit zu erreichen.
Auch das Kopfschmerzsyndrom, das nicht dauernd vorliegt (ca. alle drei Monate auftretende Migräneattacken) und
daher lediglich vorübergehende Zeiten der Arbeitsunfähigkeit begründet, ist durch die Einnahme spezieller
Migränemittel verbesserungsfähig.
Es lagen auch keine Hinweise für neurologische Funktionsausfälle, die von Prozessen an der Lendenwirbelsäule
bedingt sein könnten, vor; die Beweglichkeit der Wirbelsäule ist nicht eingeschränkt.
Die von der Klägerin weiter geklagten Leiden, nämlich Tinnitus, Inkontinenz und chronische Magenbeschwerden, sind
sowohl hinsichtlich der Ursachen als auch der Auswirkungen dem psychiatrischen Fachgebiet zuzuordnen; sie sind
sozialmedizinisch noch ohne wesentliche Bedeutung bzw. bereits bei der dysthymen Störung berücksichtigt.
Bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit ist vom bisherigen Beruf der Klägerin auszugehen, das heißt von der zuletzt
nachhaltig und vollwertig ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung, wenn sie zugleich die qualitativ höchste
gewesen ist (so etwa BSG, Urteil vom 27.02.1997, Az. 13 RJ 5/96; KassKomm-Niesel § 240 SGB VI Rdnr. 10
m.w.N.). Zu Grunde zu legen ist daher die zuletzt von September 2001 bis Dezember 2002 bei der Fa. Cine-
International als Alleinbuchhalterin verrichtete Tätigkeit.
Der Klägerin ist die Ausübung der zuletzt verrichteten Tätigkeit als Alleinbuchhalterin auf Grund des ihr verbliebenen
Leistungsvermögen noch mindestens 6 h täglich möglich und zumutbar. Denn bei dieser Tätigkeit handelt es sich um
eine körperlich leichte Tätigkeit in wohl temperierten geschlossenen Räumen, die nicht ihre gesundheitlichen
Einsatzbeschränkungen tangiert. Besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit und an die Stresstoleranz,
Zeitdruck sowie Nacht- und Wechselschicht gehören nämlich üblicherweise nicht zum Anforderungsprofil eines
Buchhalters. Die Besonderheiten des letzten Arbeitsplatzes sind insoweit ohne Bedeutung.
Erst recht ist die Klägerin nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert, weil sie mit ihrem Restleistungsvermögen
mindestens 6 h täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein kann.
Da die Klägerin keinen Anspruch auf Leistungen wegen Erwerbsminderung hat, war die Berufung als unbegründet
zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung keinen Erfolg hatte.
Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
-