Urteil des LSG Bayern vom 08.10.2003

LSG Bayern: hepatitis, umkehr der beweislast, behandelnder arzt, berufskrankheit, virus, gefährdung, beweislastumkehr, heimbewohner, altersheim, wahrscheinlichkeit

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 08.10.2003 (rechtskräftig)
Sozialgericht Augsburg S 9 U 77/00
Bayerisches Landessozialgericht L 2 U 28/02
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 07.11.2001 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Ärztin Dr.P. berichtete am 09.12.1996 dem Beklagten von einer Hepatitis-C der am 23.07.1944 geborenen
Klägerin. Die Klägerin habe am 23.02.1995 über diffusen Pruritus und wiederkehrende Rückenschmerzen, im
November 1995 über bräunlich verfärbten Schweiß und Knöchelödeme geklagt, außerdem im Mai 1996 über
ischialgieforme Schmerzen. Bei einer Blutkontrolle am 26.06.1996 sei eine Erhöhung der Transaminasen aufgefallen.
Bei der Blutentnahme vom 07.07.1996 seien Hepatitis-C-Antikörper nachgewiesen worden. Der Nachweis von
Hepatitis-C-Virus-RNA vom 07.08.1996 sei ebenfalls positiv gewesen.
Die Klägerin erklärte am 22.01.1997, sie sei seit dem 15.09. 1993 im Städtischen Altersheim L. als Altenpflegerin
beschäftigt. Sie gab die Namen von fünf Heimbewohnern an, von denen vier bereits verstorben waren. Die
Heimbewohner seien zum Teil Diabetespatienten gewesen. Es sei zu einer Kanülenstichverletzung gekommen, die
sie der Heimleitung sofort bekannt gegeben habe. Außerdem habe sie Kontakt mit Blutsekreten und Stuhl gehabt.
Der Arbeitgeber der Klägerin, die Stadt L. , teilte mit, die Klägerin sei seit 15.09.1993 als Altenpflegehelferin
beschäftigt gewesen. Erkrankungen von Heimbewohnern an Virushepatitis seien nicht bekannt. Die Klägerin sei bei
der Einstellung auf Hepatitis A und B untersucht worden, mit negativem Ergebnis.
Im gewerbeärztlichen Gutachten vom 12.06.1997 erklärte die Internistin Dr.B. , der intensive Kontakt zu
Diabetespatienten sei zur Annahme einer beruflichen Verursachung nicht ausreichend. Voraussetzung wäre die
Versorgung von mindestens fünf Schwerstpflegebedürftigen.
Der Leiter des Altenheims konnte keine Angaben zur möglichen Infektionsquelle machen. Die Klägerin erklärte, dass
mehrere Patienten sehr häufig an Durchfall gelitten hätten. So hätte sie sich mit Hepatitis C anstecken können. Sie
gab Namen von Altersheimbewohnern und der sie behandelnden Ärzte an. Sie erklärte, sie habe sich beim Spritzen
der Frau P. und der Frau S. verletzt. Die Stichverletzungen habe sie jeweils der Heimleiterin mitgeteilt. Offensichtlich
seien sie aber nicht aufgezeichnet worden. Auch sei es immer wieder zur Berührung mit Exkrementen gekommen, so
bei Herrn G. und Frau G ... Zudem hätten bei Herrn G. blutige Hautstellen versorgt werden müssen, der Stuhl sei
ebenfalls blutig gewesen. Frau L. habe nach einer Verletzung sehr stark geblutet. Herr W. habe öfters
Unterhautblutungen gehabt, ebenso Frau H. , Frau K. , Herr H. und Herr R ... Herr W. und Herr K. hätten an
urologischen Blutungen gelitten. Bei Frau K. und Frau P. habe Hepatitis vorgelegen. Frau G. habe häufiger gebissen
und gekratzt.
In der gewerbeärztlichen Stellungnahme vom 19.01.1999 erklärte Dr.B. , es sei kein Heimbewohner, der nachweislich
an Hepatitis C erkrankt gewesen sei, bekannt. Altenpfleger seien im Hinblick auf Hepatitis C nicht speziell gefährdet.
Insofern sei eine Berufskrankheit im Sinne der Nr.3101 der Anlage zur BKV nicht gegeben.
Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 09.03.1999 eine Entschädigung der Hepatitis-C-Infektion mit der Begründung
ab, dass eine Berufskrankheit nicht vorliege. Intensiver Kontakt mit den Heimbewohnern reiche als Infektionsquelle
nicht aus, da nach neuesten Erkenntnissen das Übertragungsrisiko des Hepatitis-C-Virus wesentlich geringer sei als
beim Hepatitis-B-Virus. Es sei nicht nachgewiesen, dass die Klägerin mit infizierten Personen in Berührung
gekommen sei.
Die Klägerin wandte mit Widerspruch vom 22.03.1999 ein, mit größter Wahrscheinlichkeit seien Herr G. und Herr U. an
Hepatitis erkrankt. Eine Kollegin der Klägerin, Frau G. , habe Hepatitis A oder B durchgemacht. Im Altenheim sei auf
die Hygienesicherheit nicht geachtet worden.
Der Verwaltungsleiter des Altenheims teilte mit Schreiben vom 28.06.1999 mit, Herr G. sei von 1984 bis 1996 im
Altenheim gepflegt worden. Sein behandelnder Arzt sei Dr.W ... Herr U. sei 1990 in das Pflegeheim F. gekommen.
Das Alten- und Pflegeheim F. teilte mit Schreiben vom 06.07.1999 mit, eine Hepatitis-C-Erkrankung des Herrn U. sei
nicht bekannt. Das Staatliche Gesundheitsamt erklärte im Schreiben vom 09.07. 1999 Hepatitis-C-Erkrankungen
weiterer Beschäftigter des Alten- und Pflegeheimes L. seien nicht bekannt.
Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr.S. übersandte Unterlagen über die Behandlung des Herrn U ... Eine Hepatitis C
wurde nicht diagnostiziert. Der Neffe des Herrn G. konnte keine Angaben zu einer Hepatitis-C-Erkrankung seines
Onkels machen. Beim stationären Aufenthalt des Herrn G. im Kreiskrankenhaus L. vom 02.05.1995 bis 07.06.1995
ergaben sich keine Anhaltspunkte für Hepatitis C. Auch für eine Erkrankung des Herrn U. an Hepatitis C ergaben sich
aus den Unterlagen des Kreiskrankenhauses L. keine Anhaltspunkte. Dr.S. erklärte, der im Kreiskrankenhaus L. im
Dezember 1991 durchgeführte Labortest von Herrn U. zeige einen erniedrigten Eisenspiegel, der keine Verbindung zu
einer Hepatitis-C-Erkrankung herstelle.
Dr.B. führte in der gewerbeärztlichen Stellungnahme vom 10.01. 2000 aus, die Ermittlungen hätten keinerlei Hinweise
darauf gebracht, dass einer der Altenheimbewohner Träger einer Hepatitis C gewesen sei.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25.01.2000 zurück.
Hiergegen hat sich die Klage vom 17.02.2000 zum Sozialgericht Augsburg gerichtet. Wegen des mangelnden
Arbeitsschutzes müsse es zu einer Beweislastumkehr kommen, so dass der Beklagte verpflichtet sei, zu beweisen,
dass sich die Klägerin nicht während ihrer Tätigkeit als Altenpflegerin angesteckt habe. Die Hepatitis-C-Erkrankung
sei als Berufskrankheit anzuerkennen.
Im Befundbericht, eingegangen am 06.04.2000, gaben die Ärzte für Allgemeinmedizin Dr.S. und Dr.F. an, die Klägerin
habe während der Behandlungszeit vom September 1992 bis September 1996 über Depressionen, Angstzustände,
häufiges Haut- jucken, Ischialgie geklagt. Im Entlassungsbericht vom Heilverfahren vom 30.05. bis 11.07.1995 wurde
ausgeführt, die Klägerin leide an einer dysthymen Störung. Nach stationärer Behandlung in der Fachklinik für
Naturheilverfahren vom 29.06. 1999 bis 20.09.1999 wurden die Diagnosen gestellt: psychovegetative Erschöpfung bei
Zustand nach Hepatitis C und rezidivierendes WS-Syndrom. Die praktische Ärztin P. berichtete am 29.03.2000, die
Klägerin klage über Erschöpfung, Belastbarkeitsminderung, Zittrigkeit, Nervosität, Gewichtszunahme auf Grund
reaktiver Depressionen. Im sozialmedizinischen Gutachten des MDK vom 29.11.1999 wird die Diagnose gestellt:
Gebesserter psychophysischer Erschöpfungszustand.
Die Klägerin hat im Erörterungstermin vom 17.10.2000 ausgeführt, im Altersheim seien acht bis neun Pflegefälle zu
behandeln gewesen. Gezielte Untersuchungen auf Hepatitis C seien nie gemacht worden. Sie selbst sei seit
September 1993 nicht im Ausland im Urlaub gewesen. Auch im privaten Bereich sehe sie keine Infektionsquelle. Bei
ihrem Lebensgefährten sei keine Hepatitis C festgestellt. Bei der Arbeitsaufnahme ab September 1993 seien ihr nur
ein Paar Haushaltsgummihandschuhe zur Verfügung gestellt worden. Sie habe das meiste mit ungeschützten Händen
tun müssen. Sie könne sich an eine ganz konkrete Stichverletzung erinnern, die sie der damaligen Altenheimleiterin
gemeldet habe. Den genauen Tag wisse sie nicht mehr. Es könnte aber im Zeitraum vor der Erkrankung gewesen
sein.
Der vom SG zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Internist und Gastroenterologe Priv.Doz.Dr.P. hat im
Gutachten vom 09.2.2001 zusammenfassend ausgeführt, eine exakte Klärung des Infektionszeitpunktes und eine
Beurteilung des Zusammenhangs mit der beruflichen Tätigkeit lasse sich im Nachhinein nicht erreichen. Bei der
Klägerin komme nur eine Infektion durch eine Nadelstichverletzung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit infrage. Die
Klägerin berichte über drei Nadelstichverletzungen. Da bekannt sei, dass das Risiko im Vergleich zur
Allgemeinbevölkerung nach einer Nadelstichverletzung bei unter 5 % liege, sei von einem erhöhten Infektionsrisiko
mit dem Hepatitis-C-Virus auszugehen. Zudem habe die Klägerin über unzureichende hygienische Vorkehrungen
berichtet. Es sei zu ungeschütztem Kontakt mit Stuhl und Blut gekommen. In Betracht komme auch eine
Infektionsmöglichkeit während der Ausbildung als MTA (Examen 1964, Tätigkeit ab 1966). Außerdem seien die
verschiedenen durchgeführten Operationen zu berücksichtigen. Die Klägerin habe Bluttransfusionen nicht eindeutig
ausschließen können. Bei diesen außerberuflichen Infektionsmöglichkeiten sei das Risiko jedoch begrenzt gewesen.
Demgegenüber stehe ein kontinuierliches berufliches Risiko über drei Jahre. In Abwägung aller Risiken sei die
Infektion mit einem Hepatitis-C-Virus im Rahmen der beruflichen Tätigkeit wahrscheinlich. Die MdE werde auf 20 v.H.
eingeschätzt.
Hierzu hat der Beklagte im Schreiben vom 18.07.2001 ausgeführt, Voraussetzung für die Bejahung der
Zusammenhangsfrage sei entweder der Nachweis des Kontakts mit mindestens einer an Hepatitis C erkrankten
Person während der Ansteckungszeit oder die Erkrankung eines gewissen Prozentsatzes der Heimbewohner an
Hepatitis C oder eine erhöhte Infektionsgefährdung auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls, z. B.
nachgewiesener Verletzungsereignisse. Eine an Hepatitis C erkrankte Person sei nicht nachgewiesen. Ein erhöhtes
Hepatitis-C-Infektionsrisiko in Altenheimen sei nicht gegeben, und was die Nadelstichverletzung betreffe, so habe die
Klägerin im Erörterungstermin nur eine Nadelstichverletzung angegeben, gegenüber dem Sachverständigen allerdings
drei. Selbst wenn man diese Nadelstichverletzungen als bewiesen ansehe, sei fraglich, ob es dabei zu einem
Blutaustausch, wie er zur Infektion erforderlich sei, gekommen sei. Zudem sei eine erhöhte Gefährdungslage in einem
Altenheim eben nicht gegeben. Außerdem bleibe die Möglichkeit, dass die Infektion bereits vor Tätigkeitsaufnahme
erfolgt sei.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 30.08.2001 nochmals darauf hingewiesen, sie habe nachweisen können, dass sie
vor der Tätigkeit im Altenheim nicht an Hepatitis C erkrankt gewesen sei und nicht mit erkrankten Personen Kontakt
gehabt habe. Daher sei der Beweis, dass sie sich im Altersheim an Hepatitis C angesteckt habe, erbracht. Hier
müsse die Beweislastumkehr eingreifen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 07.11.2001 abgewiesen. Die Klägerin habe zur Nadelstichverletzung
widersprüchliche Angaben gemacht. Auch sei es fraglich, ob es dabei zu einem Blutaustausch gekommen sei. Zudem
sei kein Hepatitis-C-Träger im Altenheim ausfindig gemacht worden. Die nachgeprüften Patientendaten hätten keine
Hepatitis-C-Erkrankung ergeben. Grundsätzlich sei das Pflegepersonal in Altersheimen nicht besonders gefährdet. Im
Übrigen kämen bei der Klägerin Infektionsmöglichkeiten während ihrer Ausbildung als MTA oder durch die Operationen
in Betracht. Allein die Tatsache, dass die hygienischen Vorkehrungen im Altenheim zu wünschen übriggelassen
hätten, könne die Annahme einer Infektion nicht begründen.
Zur Begründung der Berufung vom 21.12.2001 verweist die Klägerin nochmals auf die Beweislastumkehr. Das
Übertragungsrisiko sei ausschließlich in der Arbeit begründet gewesen. Sie habe während der Inkubationszeit keine
Zahnbehandlung durchführen lassen. Auch Blutübertragung oder Infektion im Rahmen von Sexualverkehr sei
ausgeschlossen. Der Beklagte könne nicht beweisen, dass im Altenheim Vorsorgeuntersuchungen bezüglich Hepatitis
C durchgeführt worden seien. Die Klägerin habe sich unstreitig mit einer Spritze gestochen. Diese Verletzung sei die
einzige Infektionsquelle, durch die es zur Hepatitis C gekommen sei.
Der Beklagte erklärte hierzu, eine Klärung des Infektionszeitpunkts sei nicht mehr exakt möglich. Im Altenheim habe
kein mit Hepatitis C infizierter Patient ausfindig gemacht werden können. Im Übrigen seien 50 % der
Übertragungswege der Hepatitis C unbekannt. Es finde auch keine Umkehr der Beweislast dahingehend statt, dass
vom Unfallversicherungsträger eine außerberufliche Infektion nachzuweisen wäre.
Die Klägerin stellt sinngemäß den Antrag, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 07.11.2001 aufzuheben und
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 09.03.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
25.01.2000 zu verurteilen, bei ihr eine Berufskrankheit nach Nr.3101 der Anlage zur BKV anzuerkennen und die
entsprechenden Entschädigungsleistungen zu gewähren.
Der Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 07.11.2001
zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akte des Beklagten sowie der
Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Die Entscheidung richtet sich nach den bis 31.12.1996 geltenden Vorschriften der RVO, da der streitige
Versicherungsfall vor dem 01.01.1997 eingetreten ist und über einen daraus resultierenden Leistungsanspruch vor
dem 01.01.1997 zu entscheiden gewesen wäre (§§ 212, 214 Abs.3 SGB VII in Verbindung mit § 580 RVO).
Gemäß § 551 Abs.1 RVO gilt als Arbeitsunfall auch eine Berufskrankheit. Maßgeblich ist seit 01.12.1997 die
Berufskrankheitenverordnung (BKV) vom 31.10.1997 (BGBl.I S.26, 23). Als Berufskrankheit kommen grundsätzlich
solche Erkrankungen in Betracht, die von der Bundesregierung als Berufskrankheiten bezeichnet und in die BKV
aufgenommen worden sind (Listenprinzip). Die Krankheit muss durch eine versicherte Tätigkeit verursacht oder
wesentlich verschlimmert worden sein, d.h. die Gefährdung durch schädigende Einwirkungen muss ursächlich auf die
versicherte Tätigkeit zurückzuführen sein und die Einwirkung muss die Krankheit verursacht haben (vgl. Bereiter-
Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung § 9 SGB VII Rdnr.3). Alle rechtserheblichen Tatsachen müssen mit
an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. BSGE 45, 285).
Die Klägerin begehrt die Feststellung einer Berufskrankheit im Sinne der Nr.3101 der Anlage zur BKV. Hierbei handelt
es sich um Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem
Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt
war. Voraussetzung ist also eine Infektionsquelle mit entsprechenden Erregern im Bereich der Berufstätigkeit, die
nachweist, dass die Berufstätigkeit durch Patienten, Mitarbeiter oder auf sonstige Weise mit besonderen über das
verkehrsübliche Maß im privaten Bereich hinausgehenden Infektionsgefahren verbunden war, das heißt unmittelbaren
oder mittelbaren Kontakt während der Inkubationszeit mit erkrankten Personen brachte. Die Gefahr der
berufsbedingten Ansteckung kann durch die ausgeübte Tätigkeit dauernd und gewohnheitsmäßig oder gelegentlich
und vorübergehend sein. Die Verursachung einer Infektionskrankheit durch die berufliche Beschäftigung erfordert nicht
immer den konkreten Nachweis der tatsächlichen Infektionsquelle. Ein gewisser Prozentsatz unerkannt Infizierter
unter den versorgten Patienten kann ausreichend sein. Dies gilt auch, wenn die berufliche Infektionsgefahr gegenüber
dem privaten Bereich ein deutliches Übergewicht hat. Weiter ist ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Gefährdung
im Beruf und Auftreten der ersten Symptome bzw. dem Zeitpunkt der Diagnosestellung erforderlich. Der bei
Feststellung der Infektionserkrankung erhobene Befund muss für eine Neuansteckung während der Berufstätigkeit
sprechen (vgl. Schönberger-Mehrtens-Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7.Auflage 2003 S.768 f.).
Die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit, nämlich der Arbeit im
Gesundheitsdienst, hier: Dienst zur Pflege Gebrechlicher, und der Hepatitis C ist nicht gegeben; denn es ist nicht
nachgewiesen, dass die Klägerin bei ihrer Berufstätigkeit einer besonderen, über das normale Maß hinausgehenden
Ansteckungsgefahr ausgesetzt war. Während der Tätigkeit als Altenpflegehelferin im Altenheim und auf der
Pflegestation des Altenheims bestanden keine besonderen über das normale Maß hinausgehenden Gefahren, an
Hepatitis C zu erkranken.
Der Nachweis eines unmittelbaren oder mittelbaren beruflichen Kontakts mit an Hepatitis C erkrankten Personen ist
nicht erbracht. Eine bestimmte Infektionsquelle ist nicht nachgewiesen. Ohne diesen Nachweis kann eine besondere,
über das normale Maß hinausgehende Hepatitis-Gefährdung nur dann als gegeben angesehen werden, wenn davon
ausgegangen werden kann, dass jedenfalls regelmäßig ein gewisser Prozentsatz der Patienten unerkannt an Hepatitis
C erkrankt ist. Auch dies hat sich im vorliegenden Fall nicht feststellen lassen. Die Ermittlungen der Beklagten haben
keinerlei Hinweise auf eine Hepatitis-C-Erkrankung eines Hepatitis-C-Erkrankung bei den Kolleginnen und Kollegen der
Klägerin sind nicht gegeben. Es gibt zudem keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass Pflegestationen von
Altersheimen besonders hepatitisgefährdete Einrichtungen sind (vgl. BSG vom 30.05.1988, 2 RU 33/87).
Zwar hat die Klägerin geltend gemacht, sie habe während ihrer Tätigkeit Kontakt mit Material gehabt, durch das ein
Hepatitis-C-Virus, wenn es vorhanden gewesen wäre, hätte übertragen werden können; damit ist aber eine besondere
Hepatitisexposition noch nicht begründet. Dies gilt für die allgemeine Betreuung der Patienten mit dem Kontakt mit
Blut und Körperflüssigkeiten ebenso wie für die von der Klägerin angegebene Nadelstichverletzung, wobei
dahingestellt bleiben kann, ob eine derartige Verletzung nachgewiesen ist. Denn die Art der von der Klägerin
verrichteten Tätigkeiten hätte für die rechtliche Beurteilung nur dann Bedeutung erlangen können, wenn ein beruflicher
Kontakt mit mindestens einem nachweislich an Hepatitis C Erkrankten festgestellt wäre, oder wenn davon
auszugehen wäre, dass jedenfalls ein gewisser Prozentsatz der betreuten Patienten unerkannt an Hepatitis C erkrankt
war. Mangels dessen fehlt es auch unter Berücksichtigung der Tätigkeitsumstände an dem erforderlichen Nachweis,
dass die Berufstätigkeit der Klägerin mit einer besonderen, über das normale Maß hinausgehenden
Ansteckungsgefahr verbunden war (vgl. BSG a.a.O.).
Zu berücksichtigen ist auch, dass die Inkubationszeit der Hepatitis-C-Erkrankung nicht feststeht; wie der ärztliche
Sachverständige Dr.P. überzeugend dargelegt hat, können Patienten auch nach der Infektion über Jahre hinweg völlig
beschwerdefrei sein. Insofern könnte sich die Klägerin auch vor 1993 während ihrer Tätigkeit als MTA oder bei
Operationen oder Zahnbehandlungen angesteckt haben.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.