Urteil des LSG Bayern vom 15.05.2001

LSG Bayern: witwenrente, tod, scheidung, selbstbehalt, differenzmethode, behinderung, zustand, quote, ernährung, pflegebedürftigkeit

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 15.05.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Augsburg S 3 RJ 916/97
Bayerisches Landessozialgericht L 16 RJ 43/00
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 29. September 1999 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Gewährung der ungekürzten großen Witwenrente ab 01.12.1996. Die am ...1937 geborene
Klägerin ist die Witwe des am ...1921 geborenen und am ...1993 verstorbenen Jo.P ..., mit dem sie am 05.05.1960 die
Ehe geschlossen hat. Der Versicherte war mit der am ...1922 geborenen Beigeladenen vom 06.08.1947 bis zur aus
dem Verschulden des Ehemanns am 05.12.1956 ausgesprochenen Scheidung verheiratet. Auf den Antrag der
Klägerin vom 25.10.1993 gewährte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 23.11.1993 große Witwenrente unter
Berücksichtigung von Einkommen aus abhängiger Beschäftigung als Masseurin in Höhe von monatlich 3.203,62 DM
im Jahr 1993. Dem am 12.04.1968 geborenen Sohn G ... wurde Halbwaisenrente gewährt unter Berücksichtigung
eines monatlichen Einkommens von 693,00 DM im Jahr 1993. Im Februar 1996 beantragte der Bezirk Schwaben als
Pflegeheimkostenträger der Beigeladenen gemäß § 91a BSHG Geschiedenenwitwenrente. Die Beklagte ermittelte als
Einkommen des Versicherten zum Eheende den Betrag von 309,86 DM und zum Todeszeitpunkt in Höhe von
2.458,24 DM netto. Die Beigeladene hatte zum Eheende ein Einkommen von 125,99 DM und zum Todeszeitpunkt des
Versicherten ein solches von 1.143,21 DM netto. Ausgehend von einem Sozialhilfeecksatz von 97,00 DM für 1962
und 498,00 DM für 1993 stellte die Beklagte einen Unterhaltsanspruch der Beigeladenen von jeweils über 25 % des
Sozialhilfeecksatzes fest, da der Unterhaltsanspruch der Geschiedenen zum Zeitpunkt der Scheidung in Höhe von
drei Siebtel des Differenzbetrags 78,92 DM und zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten 498,00 DM betragen
habe. Nach der Anhörung der Klägerin über die beabsichtigte Rentenkürzung für die Zukunft bewilligte die Beklagte
der Beigeladenen ab große Witwenrente. Mit Bescheid vom 05.12.1996 stellte die Beklagte die große Witwenrente der
Klägerin ab 01.12.1996 wegen Zahlung einer weiteren Hinterbliebenenrente neu fest. Der Widerspruch wurde am
27.08.1997 zurückgewiesen. Mit der am 02.10.1997 erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, die Beigeladene
habe gemäß § 58 Ehegesetz nur Anspruch auf angemessenen Unterhalt. Diese habe während der Ehe kein eigenes
Einkommen erzielt. Der Versicherte habe zuletzt nur Rente in Höhe von 2.305,34 DM bezogen, so dass sich der
Unterhaltsbedarf auf die Hälfte belaufen hätte, den die Beigeladene durch die eigene Rente fast völlig selbst decken
konnte. Im Übrigen sei der Versicherte zum Zeitpunkt des Todes seinem Sohn unterhaltspflichtig gewesen. Das
Sozialgericht Augsburg wies die Klage am 29.09.1999 zurück. Gemäß §§ 58, 59 Ehegesetz und höchstrichterlicher
Rechtsprechung sei der letzte wirtschaftliche Dauerzustand vor dem Tod maßgeblich, da die Einkommensrelation der
geschiedenen Eheleute zum relevanten Zeitpunkt der Scheidung ebenso gewesen sei wie zum Zeitpunkt des Todes.
Sowohl entsprechend der Anrechnungsmethode als auch nach der Differenzmethode errechne sich ein
Unterhaltsanspruch der Beigeladenen, da sich selbst bei einer Quote von drei Siebtel bzw. zwei Fünftel ein Betrag von
über 25 % des Sozialhilferegelsatzes ergebe. Berücksichtigt sei auch der Unterhaltsanspruch des studierenden
Sohnes mit ca. 250,00 DM. Selbst wenn der Versicherte allein unterhaltspflichtig gewesen wäre, verbliebe ein
Unterhaltsanspruch der Beigeladenen. Im Übrigen habe die Klägerin höheres Einkommen als der Versicherte gehabt.
Gegen das am 20.12.1999 zugestellte Urteil legte die Klägerin am 19.01.2000 Berufung ein. Sie trug vor, der
Versicherte sei die letzten drei Jahre vor dem Tod schwerstpflegebedürftig gewesen und habe mehrere
Betreuungspersonen benötigt, die bezahlt worden seien. Die Klägerin sei voll berufstätig gewesen. Das Pflegegeld in
Höhe von 400,00 DM sei nicht ausreichend gewesen, darüber hinaus seien ca. 1.000,00 DM an Geldleistungen
aufgewandt worden. Wer wann welche Beträge für welche Leistungen erhalten habe, sei nicht mehr nachvollziehbar.
Auch sei die Nettorente des Versicherten zu hoch angesetzt, sie habe zuletzt nur ca. 2.150,00 DM betragen. Das
Gericht zog Unterlagen der Krankenkasse des Versicherten über die Schwerpflegebedürftigkeit bei, die
Entlassungsberichte des ...klinikums und der W ...klinik betreffend die Aufenthalte von 1991 bis 1993, den
Entlassungsbericht der Reha-Klinik E ... von 1991 und die Akten des Amtsgerichts Augsburg betreffend die
Pflegschaft für den Versicherten. Nach dem psychiatrischen Gutachten Dr.St ... vom 19.03.1992 litt der Verstorbene
neben einem Zustand nach Lungenoperation mit Teilentfernung des Organs unter einer seelischen Behinderung
mittelschwerer Ausprägung in Form eines hirnorganischen Psychosyndroms. Bei der Anhörung durch den
Vormundschaftsrichter am 08.07.1992 erklärte die Klägerin unter anderem, der Zustand ihres Mannes habe sich
inzwischen deutlich gebessert; er sei zwar nur teilweise orientiert, finde sich aber im Haus zurecht. Im Auftrag des
Gerichts erstellte der Internist Dr.R ... am 27.03.2001 ein Gutachten nach Aktenlage. Danach ist der Versicherte an
einem Lungenkrebs verstorben, der 1990 die Entfernung eines Lungenflügels erforderlich machte, wonach
postoperativ Komplikationen mit Herzstillstand auftraten. Die Folge war ein Dauerdefekt der Hirnleistung im Sinn des
organischen Psychosyndroms und eine mäßige motorische Schwäche mit Gangunsicherheit. Aus dem
dokumentierten Krankheitsverlauf könne nicht geschlossen werden, dass im letzten Jahr vor dem Tod eine besonders
kostenaufwendige Ernährung erforderlich war. Ein Mehrbedarf bei Krebs sei nur bei Befall des Magen-Darm-Trakts
begründbar.
Die Klägerin beantragt,
1. Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 29.09.1999 wird aufgehoben. 2. Die Beklagte wird unter Aufhebung
des Bescheids vom 05.12.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.07.1997 verpflichtet, der Klägerin
auch für die Zeit ab 01.12.1996 die ungekürzte große Witwenrente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akte des Sozialgerichts Augsburg, der
Berufungsakte sowie der Akten des Amtsgerichts Augsburg Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Das Urteil
des Sozialgerichts Augsburg vom 29.09.1999 ist ebensowenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom
05.12.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.08.1997. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die
Bewilligung ungekürzter großer Witwenrente über den 01.12.1996 hinaus. Gemäß § 48 SGB X ist ein Verwaltungsakt
mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim
Erlass des Verwaltunsakts vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Zum Zeitpunkt der ungekürzten
Bewilligung der großen Witwenrente am 23.11. 1993 bestand für die Beigeladene kein Anspruch aus den
Rentenanwartschaften des Versicherten, so dass § 91 SGB VI keine Anwendung fand. Erst nach der Antragstellung
der Beigeladenen Anfang 1996 haben sich die rechtlichen Verhältnisse dahingehend geändert, dass die Witwenrente
neu festzustellen und die Witwenrente entsprechend der Dauer der Ehe der Klägerin mit dem Versicherten zu der
Dauer der Ehen des Versicherten mit allen Berechtigten zu kürzen war. Die Beigeladene hat ab Antragstellung
Anspruch auf Witwenrente. Anspruch auf große Witwenrente besteht auch für geschiedene Ehegatten, deren Ehe vor
dem 01.07.1977 geschieden ist, die nicht wieder geheiratet haben, die im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor
dessen Tod einen Unterhaltsanspruch hatten und die das 45. Lebensjahr vollendet haben, wenn der Versicherte die
allgemeine Wartezeit erfüllt hat und nach dem 30.04.1942 gestorben ist (§ 243 Abs.2 Ziffern 1, 2, 3 und 4 b SGB VI).
Strittig ist lediglich der Unterhaltsanspruch der Beigeladenen im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand. Zutreffend ist
das Sozialgericht davon ausgegangen, dass sich die gesetzliche Unterhaltspflicht des Versicherten nach § 58
Ehegesetz bestimmt; denn diese Vorschrift findet trotz ihrer Aufhebung durch das 1. Ehegesetz zur Reform des Ehe-
und Familienrechts hinsichtlich der unterhaltsrechtlichen Regelung weiter Anwendung auf Ehen, die vor dem
01.07.1977 geschieden worden sind (Art.12 Nr.3 Abs.2 des 1. EheRG). Nach § 58 Abs.1 Ehegesetz hat der allein oder
überwiegend schuldig geschiedene Ehemann der geschiedenen Ehefrau den nach den Lebensverhältnissen der
Ehegatten angemessenen Unterhalt zu gewähren, soweit die Einkünfte aus dem Vermögen der Frau und die
Erträgnisse einer Erwerbstätigkeit nicht ausreichen. Sozialrechtlich relevant ist dabei nur ein gesetzlicher
Unterhaltsanspruch in Höhe von 25 v.H. des Sozialhilfesatzes (BSG SozR 2200 § 1265 Nr.56 S.187 mit weiteren
Nachweisen). In dieser Höhe, nämlich in Höhe von 124,50 DM (= 25 % des Sozialhilferegelsatzes von 1993 in Höhe
von 498,00 DM) hatte die Beigeladene im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand des Versicherten einen
Unterhaltsanspruch.
Zutreffend hat das Sozialgericht für den gesetzlichen Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau sowohl die
ehelichen Lebensverhältnisse zum Zeitpunkt der Scheidung als auch den wirtschaftlichen Dauerzustand zum
Zeitpunkt des Todes geprüft. In seiner Entscheidung vom 29.04.1997 (4 RA 38/96 in NZS 1998, S.84 ff.) hat das
Bundessozialgericht ausgeführt, der wirtschaftliche Dauerzustand vor dem Tod des Versicherten sei nur dann allein
maßgeblich, wenn das spätere Einkommen noch das eheliche Lebensniveau widerspiegelt, wenn die zum Zeitpunkt
der Scheidung voraussehbare Einkommensentwicklung und die seitdem eingetretenen Änderungen im Wesentlichen
der allgemeinen Entwicklung entsprochen haben. So verhält es sich vorliegend, nachdem die Eheleute zum
maßgeblichen Zeitpunkt der Scheidung beide erwerbstätig waren, im Alter beide Rentner waren und ihre
Einkommensverhältnisse zu beiden Zeitpunkten im selben Verhältnis standen. Zur Bestimmung des Maßes des
nachehelichen Unterhalts haben die Zivilgerichte und das Bundessozialgericht verschiedene Ermittlungsmethoden, die
ausgehend vom jeweils bereinigten Nettoeinkommen dem Unterhaltsverpflichteten eine bestimmte Quote zuerkennen.
Zur weiteren Darstellung wird insoweit gemäß § 153 Abs.2 SGG auf die ausführlichen Gründe des Ersturteils Bezug
genommen.
Es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob der Anspruch nach der Differenzmethode oder der Anrechnungsmethode,
nach einer Quote von drei Siebtel, zwei Fünftel oder die Hälfte zu berechnen ist, denn maßgeblich ist allein, dass der
Unterhaltsanspruch der Beigeladenen in jedem Fall über 25 v.H. des Sozialhilferegelsatze liegt. Nach der
Anrechnungsmethode ergäben sich nach der Quote von drei Siebtel bzw. ein Halb Ansprüche in Höhe von 426,00 DM
bzw. 657,51 DM und bei der Anwendung der Differenzmethode Ansprüche in Höhe von 526,01 DM bzw. wieder 657,51
DM. Die Einwände der Klägerin gegen den Ansatz der Einkommenshöhe des Versicherten mit 2.458,24 DM netto sind
angesichts der selbst bezogenen Witwenrente im Sterbevierteljahr haltlos. Entscheidend ist, dass der Mehrbedarf des
Versicherten infolge von Pflegebedürftigkeit der Realisierung des sozialrechtlich relevanten Unterhaltsanspruchs nicht
entgegengestanden hat. § 59 Ehegesetz begrenzt die Unterhaltsverpflichtung des schuldig geschiedenen Ehegatten
soweit, dass er mit Rücksicht auf seine Bedürfnisse nur so viel zu leisten hat, dass er bei Berücksichtigung seiner
sonstigen Verpflichtungen den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährden würde. Zweifellos war die
Leistungsfähigkeit des Versicherten im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor seinem Tod durch seine
Schwerpflegebedürftigkeit beeinträchtigt. Dem wurde teilweise dadurch Rechnung getragen, dass er im maßgeblichen
Zeitraum von der Krankenkasse Pflegegeld in Höhe von 400,00 DM monatlich erhielt. Dieser Betrag hat nach dem
Grundgedanken des § 1610 a BGB Mehraufwendungen abgegolten, so dass er bei der Einkommensermittlung keine
Rolle spielte. Dass darüber hinausgehende Aufwendungen entstanden sind, ist nach der eigenen Einlassung der
Klägerin nicht zu beweisen. Die Klägerin hat selbst eingeräumt, nicht mehr nachvollziehen zu können, wer wann
welche Beträge für welche Leistungen erhalten habe. Demzufolge sind weitere Ermittlungen zur Höhe der
tatsächlichen Aufwendungen wenig aussichtsreich. Darüber hinaus erscheint es im Rahmen der unterhaltsrechtlichen
Leitlinien angemessener, den Selbstbehalt pauschal zu erhöhen. In diesem Sinn hat das Hanseatische
Oberlandesgericht in Bremen am 30.03.1978 (Az.: UF 19/78 A) entschieden, dass dem Unterhaltsverpflichteten zur
Bestreitung seines eigenen Lebensbedarfs auch ohne Einzelnachweis seiner Mehraufwendungen ein über den
grundsätzlichen Selbstbehalt hinaus erhöhter Selbstbehalt zu belassen ist, wenn er aufgrund seines körperlichen
Zustandes außerstande ist, sich alleine zu versorgen, sondern laut amtsärztlichem Gutachten pflegebedürftig ist. Für
die Höhe dieses Sonderbedarfs soll das im Bundessozialhilfegesetz in § 69 festgelegte Pflegegeld einen Anhaltspunkt
geben. Im gleichen Sinn hat das OLG Stuttgart am 24.02.1994 (FamRZ 1994, S.1407 ff.) ausgeführt, bei der
Bemessung der Höhe des durch die Pflegeleistungen entstehenden krankheitsbedingten Mehrbedarfs bilde der
Pflegesatz des § 69 BSHG die Untergrenze. Diesem Grundgedanken schließt sich der Senat an, nachdem die
gängigen Unterhaltsleitlinien keine Anhaltspunkte für die Bemessung des krankheitsbedingten Mehrbedarfs enthalten.
So ist auch gewährleistet, dass nur die notwendigen Pflegeaufwendungen Berücksichtigung finden und nicht
übermäßige tatsächliche Ausgaben den Unterhaltsanspruch der Geschiedenen zunichte machen. § 69 Abs.4 BSHG in
der vom 01.08.1992 bis 31.12.1993 geltenden Fassung sehen drei Stufen des Pflegegelds vor. Das Pflegegeld beträgt
danach 290,00 Deutsche Mark monatlich. Es ist angemessen zu erhöhen, wenn der Zustand des Pflegebedürftigen
außergewöhnliche Pflege erfordert. Für die in § 76 Abs.2 a Nr.3 Buchst.b bzw. 24 Abs.2 genannten Personen beträgt
das Pflegegeld 788,00 Deutsche Mark. Behinderte im Sinn des § 24 Abs.2 BSHG sind entsprechend der Verordnung
zur Durchführung des § 24 Abs.2 Satz 1 BSHG (vom 28.06.1974 im Bundesgesetzblatt I S.1365) sind 1. Personen
mit Verlust beider Beine im Oberschenkel, bei denen eine prothetische Versorgung nicht möglich ist oder die eine
weitere wesentliche Behinderung haben, 2. Ohnhänder, 3. Personen mit Verlust dreier Gliedmaßen, 4. Personen mit
Lähmungen oder sonstigen Bewegungsbehinderungen, wenn diese Behinderungen denjenigen der in den Nrn.1 bis 3
genannten Personen gleich kommen, 5. Hirnbeschädigte mit schweren körperlichen und schweren geistigen oder
seelischen Störungen und Gebrauchsbehinderungen mehrerer Gliedmaßen, 6. Personen mit schweren geistigen oder
seelischen Behinderungen, die wegen dauernder oder außergewöhnlicher motorischer Unruhe ständiger Aufsicht
bedürfen, 7. andere Personen, deren dauerndes Krankenlager erfordernder Leidenszustand oder deren
Pflegebedürftigkeit so außergewöhnlich ist, dass ihre Behinderung der Behinderung der in den Nrn.1 bis 5 genannten
Personen vergleichbar ist. Dieser Personenkreis erhielte als Beschädigte die Pflegezulage nach Stufe III bis VI nach
§ 35 Abs.1 Satz 2 BVG, was § 69 BSHG in der Fassung ab 27.06.1993 unter Hinweis auf § 76 Abs.2a Nr.3
Buchstabe b BSHG realisiert hat. Diesem Personenkreis ist der Versicherte nicht zuzuordnen. Im Vordergrund seines
Leidenszustands standen nicht Gliedmaßenverluste oder Lähmungen, sondern ein hirnorganisches Psychosyndrom,
das jedoch nicht mit motorischer Unruhe oder dauerndem Krankenlager oder außergewöhnlichem Pflegebedarf
verbunden war. Jedenfalls ist ein derartiger Pflegebedarf wie bei einem dauernden Krankenlager nicht dokumentiert.
Abgesehen von der Tumorkachexie in den letzten Monaten vor seinem Tod, die auch den stationären Aufenthalt im
September 1993 erforderlich machte, datiert die letzte zeitnahe Schilderung der Pflegesituation vom 08.07.1996, als
die Klägerin gegenüber dem Vormundschaftsrichter angab, der Zustand ihres Mannes habe sich inzwischen (seit der
psychiatrischen Untersuchung am 19.03.1992) deutlich gebessert. Ihr Mann sei zwar nur teilweise orientiert, finde sich
letztlich aber im Haus zurecht. Gegenüber dem Psychiater hatte die Klägerin angegeben, dass der Versicherte sich
ohne Aufsicht nicht mehr selbst versorgen könne. Bei der täglichen Hygiene müsse er kontrolliert werden bzw.
brauche ständig Hilfe. Zweimal bekomme er von einem Ehepaar B ... Besuch und werde dabei beim Essen
unterstützt. Das Ehepaar versorge an diesen Tagen auch den Haushalt. Aus diesen Ausführungen und auch aus dem
Bericht Dr.H ... von März 1991 im Zusammenhang mit der Feststellung der Schwerpflegebedürftigkeit ergeben sich
keine Anhaltspunkte dafür, dass ein besonders hoher Pflegebedarf gegeben war. Es erscheint daher angemessen, als
pflegebedingten Mehrbedarf den Unterschiedsbetrag zwischen dem Höchst- und dem Niedrigstbetrag (788,00 DM -
290,00 DM = 498,00 DM) anzusetzen. Dabei könnte noch diskutiert werden, auf diesen Mehrbedarf tatsächlich
bezogene Geldleistungen nach § 57 SGB V zumindest mit 200,00 DM anzurechnen, wie dies § 67 Abs.3 letzter Satz
BSHG vorsieht. Selbst wenn dies nicht geschieht, beschränkt sich der notwendige Selbstbehalt danach auf 1.648,00
DM. Nach der Düsseldorfer Tabelle vom Stand 01.07.1992 (NJW 1992, S.1367 ff.) beläuft sich der monatlich
notwendige Eigenbedarf gegenüber dem geschiedenen Berechtigten auf 1.150,00 DM, wenn der Unterhaltspflichtige
nicht erwerbstätig ist. Ein über den pflegebedingten Mehrbedarf hinausgehender Sonderbedarf insbesondere wegen
Krankheit war nicht zu ermitteln. Wie Dr.R ... ausgeführt hat, resultiert aus einer Krebserkrankung in der Lunge kein
begründbarer höherer Kostenaufwand für die Ernährung. Nur bei einem Krebsbefall im Magen-Darm-Bereich wäre ein
Diätbedarf anzuerkennen. Die Klägerin selbst hat auch keinen entsprechenden Mehrbedarf geltend gemacht.
Angesichts der ordentlichen wirtschaftlichen Verhältnisse der Eheleute bestehen keine Bedenken, den
pflegebedingten Mehraufwand des selbsterhaltungsfähigen Versicherten angemessen zu erhöhen. Selbst wenn dabei
dem ursprünglichen Vortrag der Klägerin gefolgt wird, ca. 1.000,00 DM monatlich aufgewendet zu haben, bleibt der
Unterhaltsanspruch der Beigeladenen unangetastet. Dieser notwendige Selbstbehalt in Höhe von 2.150,00 DM ist
gewährleistet, wenn der Unterhaltsanspruch der Beigeladenen berücksichtigt wird und das Einkommen des
Versicherten in Höhe von 2.458,24 DM auch noch um die Unterhaltsverpflichtung gegenüber seinem Sohn gemindert
wird. Gemäß der Ziffer 36 der Leitlinien zum Unterhaltsrecht des Familiensenates des OLG Hamm (NJW 1992,
S.1368 f.), ist bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts vom anrechenbaren Einkommen des Pflichtigen vorab der
volle Tabellenunterhalt der Kinder abzusetzen. Beim Anspruch des Ehegatten nach § 58 Ehegesetz empfiehlt sich die
gleiche Handhabung (Ziffer 38). Nachdem der Sohn des Versicherten nicht nur zu Hause gewohnt hat, sondern auch
noch einen Wohnsitz mit eigenem Hausstand in A ... hatte, ist der Unterhaltsbedarf des Studenten entsprechend
Ziffer 24 der Leitlinien i.V.m. der Unterhaltstabelle zu Nr.18 auf 990,00 DM zu schätzen. Bei einem
Gesamteinkommen der unterhaltspflichtigen Eltern in Höhe von 2.458,24 DM (Versicherter) + 3.203,62 DM (Klägerin)
beläuft sich der Unterhaltsanspruch auf diesen Betrag von 990,00 DM. Unter Berücksichtigung der Haftungsquote
(Ziffer 25 der Leitlinien) und des tatsächlich erzielten Einkommens des Sohns in Höhe von 693,00 DM war der
Versicherte in Höhe von 128,40 DM unterhaltspflichtig. Er verfügte daher über ein Einkommen in Höhe von 2.330,24
DM. Konsequenterweise vermindert sich dadurch der Unterhaltsanspruch der Beigeladenen nach der
Differenzmethode auf 593,51 DM. Entscheidend ist jedoch, dass dem Versicherten von seinem Einkommen in Höhe
von 2.330,24 DM abzüglich seines Selbstbehalts von 2.150,00 DM ein Betrag von 180,24 DM verbliebe, der den
relevanten Mindestunterhaltsbetrag in Höhe von 124,50 DM überschreitet und der Beigeladenen als Unterhalt zu
gewähren wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.