Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 11.09.2003

LSG Bwb: befund, berufliche tätigkeit, auskunft, klinik, belastung, kausalität, wahrscheinlichkeit, dokumentation, bandscheibenoperation, rente

Landessozialgericht Baden-Württemberg
Urteil vom 11.09.2003 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Heilbronn S 9 U 1475/00
Landessozialgericht Baden-Württemberg L 7 U 111/03
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. Oktober 2002 wird
zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen einer berufsbedingten
Wirbelsäulenerkrankung hat.
Der 1939 geborene Kläger absolvierte von 1953 bis 1956 eine Ausbildung zum Stuk-kateur. Er war danach bis
Oktober 1971 als Stukkateurgeselle in verschiedenen Betrie-ben beschäftigt. Von Oktober 1971 bis Mai 1972
besuchte er den Meisterkursus, den er mit Erfolg abschloss. Ab Mai 1972 war er als selbstständiger Stukkateur in
seinem ei-genen Betrieb mit zuletzt zwei Mitarbeitern tätig. Diese Tätigkeit übte er bis zum März 1998 aus.
Während eines stationären Aufenthalts vom 16.06. bis 01.07.1997 im K. Hospital in S. wurde der Kläger am
19.06.1997 wegen eines Bandscheibenvorfalls am Wirbelkörper-segment L 5/S 1 operiert (Entlassungsbericht Prof.
Dr. H., Ärztlicher Direktor der Neu-rochirurgen Klinik, vom 01.07.1997). Vom 21.08.bis 25.09.1997 befand sich der
Kläger zur Heilbehandlung in der Rheumaklinik B. W. (Entlassungsbericht vom 29.09.1997). Während einer weiteren
stationären Behandlung in der Klinik M. vom 03.08. bis 16.08.1998 wurde am 04.08.1998 eine weitere
Bandscheibenoperation wegen eines Rezidivvorfalls bei L 5/S 1 durchgeführt (Entlassungsbericht von Prof. Dr. W.,
Ärztlicher Direktor der Orthopädie II der Klinik M., vom 25.08.1998).
Mit Unternehmeranzeige vom 07.12.1998 machte der Kläger bei der Beklagten seine Wirbelsäulenbeschwerden als
Berufskrankheit (BK) geltend. Im beigefügten Fragebo-gen machte er unter Hinweis auf angeschlossene
Arztunterlagen Angaben zum Krank-heitsbeginn und Krankheitsverlauf sowie zu seinem beruflichen Werdegang. Die
Be-klagte holte die "Krankheitsberichte bei Wirbelsäulenerkrankungen" von Prof. Dr. H. vom 04.01.1999, von Dr. S.,
Orthopäde in G., vom Januar 1999 und von Dr. L., Internist in G., vom 13.01.1999 ein. Dr. L. berichtete unter anderem
von fortbestehenden Bela-stungseinschränkungen auch nach der Operation am 04.08.1998. Es bestünden noch
rezidivierende Lumbalgien ohne neurologische Ausfälle mit schmerzreflektorischer Ein-schränkung der Beugefähigkeit
im Lendenwirbelsäulen(LWS)-Bereich. In den einge-holten Vorerkrankungsverzeichnissen der Innungskrankenkasse -
IKK - B.-L. vom 10.12.1998 und der AOK S. vom 04.01.1999 waren unter anderem Arbeitsunfähig-keitszeiten für Juli
1960 wegen "stat. Kreuzschmerzen bei WS Deformität", 1961 wegen " HWS-Syndrom ", 1962 wegen
"Kreuzschmerzen LWS ..." und 1963 wegen "ak. Lum-bago" verzeichnet.
In Bericht des Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) der Beklagten vom 15.01.1999 führten die Technischen
Aufsichtsbeamten (TAB) Dipl.-Ing. B. und Dipl.-Ing. F. aus, dass der Kläger während seiner Lehrlingsausbildung und
der sich danach anschließen-den Berufstätigkeit Hebe- und Tragetätigkeiten sowie Arbeiten in extremer Rumpfbeu-
gehaltung verrichtet habe, wie sie in der Dokumentation des Belastungsumfanges der Stukkateure/Putzer und Helfer
beurteilt würden. Unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers seien die Belastungsansätze in der Dokumentation
für den Stukkateurhel-fer ohne Maschineneinsatz (Zeiträume von 1953 bis Juli 1959) bzw. den Stukkateur (Zeiträume
von Juli 1959 bis Oktober 1971 und 1972 bis 1998) für die entsprechenden Beschäftigungszeiten zu erhöhen bzw. zu
vermindern gewesen, was aber durchgehend einen durchschnittlichen Belastungsanteil von 40% der Arbeitsschichten
mit schädi-gungsrelevantem Heben und Tragen von Lastgewichten mit mehr als 25 Kilogramm und
Rumpfbeugehaltungen in einem Winkel von mindestens 90 Grad ergebe.
In dem von der Beklagten veranlassten Gutachten vom 18.05.1999 verneinte Prof. Dr. K., Chefarzt der Abteilung für
Querschnittsgelähmte, Orthopädie und Rehabilitations-medizin der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. - BG-
Klinik -, das Vorliegen ei-ner BK. Ab dem zweiten Lendenwirbelkörper zeige sich eine Zunahme osteophytärer
Ausziehungen. Im Bereich L 4/5 zeige sich eine geringe Höhenabnahme des Band-scheibenraums bei nahezu
kompletter Aufhebung desselben von L 4 (gemeint ist wohl L 5) auf S 1. Radiologisch stelle sich die Diagnose einer
monosegmentalen Band-scheibenerkrankung. Diese sei nicht im Sinne der BK nach Nr. 2108 der Anlage zur Be-
rufskrankheitenverordnung (BKV) zu verstehen. Beim Kläger seien bereits sieben Jahre nach Arbeitsbeginn erstmals
Beschwerden im Bereich der LWS aufgetreten, maßgeb-lich wäre aber ein Zeitraum von zehn Jahren. Eine
vorauseilende degenerative Verän-derung im Befund der distalen LWS könne dem radiologischen Bildmaterial nicht
ent-nommen werden, weshalb eine berufliche Einwirkung nicht als wesentliche Ursache für die LWS-Erkrankung
anzusehen sei. Aufgrund des Verlaufes könne man auch nicht auf eine berufsbedingte Verschlimmerung schließen.
In seiner Gewerbeärztlichen Stellungnahme vom 12.06.1999 schlug dagegen der Staatliche Gewerbearzt Dr. W. eine
BK nach Nr. 2108 mit einer Minderung der Er-werbsfähigkeit (MdE) von 15 v.H. zur Anerkennung vor. Der Klägers sei
als 14- bis 17-jähriger in der Ausbildung schweren körperlichen Belastungen ausgesetzt gewesen, was im Gutachten
nicht berücksichtigt werde. Die arbeitsphysiologische Tatsache des noch im Wachstum befindlichen Skeletts sei von
entscheidender Bedeutung, weshalb das Kriterium einer zehnjährigen Exposition nicht zur Anwendung kommen
könne, zu-mal dieser Zeitraum nur ein Anhaltspunkt und kein definitives Datum sei. In seiner hier-zu eingeholten
ergänzenden Stellungnahme vom 22.09.1999 hielt Prof. Dr. K. an seiner Beurteilung fest, denn nach dem derzeitigen
Stand der Wissenschaft müsse eine ebenfalls dem Alter vorauseilende Schädigung der Halswirbelsäule (HWS)
vorliegen, die jedoch im Vergleich zur LWS in ihrer Ausprägung geringer sein müsse. Schädigun-gen am wachsenden
Skelett, wie vom Gewerbearzt beschrieben, seien radiologisch nicht bestätigt worden. Bei der im
Vorerkrankungsverzeichnis nicht näher beschriebe-nen Wirbelsäulendeformität sei somit von einer haltungsbedingten
Deformität auszuge-hen. Mit Bescheid vom 08.11.1999 lehnte die Beklagte die Feststellung einer BK Nr. 2108 und die
Gewährung von Leistungen ab.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbe-scheid vom 24.05.2000
zurückwies.
Der Kläger erhob am 21.06.2000 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG).
Das SG holte von Amts wegen das Gutachten vom 26.03.2002 ein, in dem Prof. Dr. R., Orthopädische
Universitätsklinik H., unter Mitwirkung von Dr. Z. eine BK nach Nr. 2108 mit einer MdE um 20 v.H. bejahte. Es
bestünden beim Kläger bandscheibenbedingte, dem Alter vorauseilende Veränderungen an den
Wirbelkörpersegmenten L 4/5 und L 5/S1, die darüber liegenden Segmente der LWS seien altersentsprechend.
Ebenso bestehe hinsichtlich der HWS und der Brustwirbelsäule (BWS) ein altersentsprechender Befund.
Konkurrierende Faktoren neben der beruflichen Tätigkeit lägen nicht vor. Wel-che Wirbelsäulendeformität 1960 beim
Kläger vorgelegen haben solle, könne nicht mehr nachvollzogen werden. Mit welchen diagnostischen Verfahren diese
festgestellt worden sei, sei nicht erkennbar. Eine Wirbelsäulendeformität schweren Ausmaßes kön-ne 1960 nicht
bestanden haben, da sie ansonsten in den heutigen Röntgenaufnahmen nachzuweisen wäre. Außerdem habe der
Kläger noch über dreißig Jahre bei vergleich-barer Belastung weitergearbeitet. Es sei ebenso denkbar, dass die
damaligen Be-schwerden durch muskuläre bzw. psychosoziale Faktoren verursacht worden seien. Den
Röntgenaufnahmen seien belastungskonforme Anpassungsreaktionen im Bereich der LWS zu entnehmen. Soweit der
Stellungnahme des TAD zu entnehmen sei, dass die Belastungsgrenzen zwischen 1953 und 1997 überschritten
worden seien, lägen auch die arbeitstechnischen Voraussetzungen vor. Die bandscheibenbedingte Erkran-kung gehe
ab dem 04.08.1998 - dem Zeitpunkt der zweiten Bandscheibenoperation - mit einer MdE um 20 v.H. einher.
Hiergegen wandte die Beklagte ein, Prof. Dr. K. habe nur altersentsprechende Verände-rungen diagnostiziert, eine
Bandscheibenoperation sei für die Beurteilung altersüber-steigender Veränderungen nicht ausreichend. Außerdem sei
die Zehnjahresfrist unter-schritten. Im übrigen betrage die MdE allenfalls 10 v.H., da keine Nervenausfälle vorlä-gen.
Mit Urteil vom 23.10.2002 verurteilte das SG die Beklagte zur Zahlung einer Verletzten-rente nach einer MdE in Höhe
von 20 v.H. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils wird verwiesen.
Gegen das ihr am 12.12.2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 10.01.2003 Beru-fung eingelegt und zur
Begründung im wesentlichen geltend gemacht, bei den seit 1960 dokumentierten Lendenwirbelsäulenschmerzen habe
es sich um bandscheibenbedingte Beschwerden gehandelt. Der Kläger habe bei der Untersuchung durch Prof. Dr. K.
selbst angegeben, von 1960 bis 1998 regelmäßig ein- bis zweimal im Monat, teilweise auch bis zu fünfmal im Monat
Injektionen in den Rücken erhalten zu haben. Der Kläger habe auch seit März 1998 keine wirbelsäulengefährdende
Tätigkeiten mehr ausgeübt, trotzdem sei eine Verschlimmerung seines Bandscheibenleidens eingetreten. Gegen-über
Prof. Dr. R. habe er am 21.03.2002 angegeben, seit einem Vierteljahr würden zu-nehmend Beschwerden mit
Ausstrahlung in das linke Bein auftreten. Die Verschlimme-rung des Bandscheibenleidens ohne adäquate berufliche
Belastung spreche für eine auf innerer Ursache beruhende Systemerkrankung. Doch selbst wenn eine berufsbe-dingte
Bandscheibenerkrankung vorliegen würde, rechtfertige der von Prof. Dr. R. erho-bene funktionelle Befund keine MdE
um 20 v.H. Es sei nicht zulässig, wie dies Prof. Dr. R. getan habe, von einer stärkeren postoperativen Ausprägung bei
zweimaliger Band-scheibenoperation auszugehen, denn maßgeblich seien die nachgewiesenen Funkti-
onseinschränkungen. Operationen belegten die Schwere der Erkrankung, nicht jedoch die noch vorhandenen
Beeinträchtigungen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Heilbronn vom 23.10.2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er beruft sich zur Begründung auf die für zutreffend erachteten Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils und
die Darlegungen von Prof. Dr. R ...
Der Senat hat Dr. S. und Dr. L. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dr. S. hat angegeben (Auskunft vom
22.03.2003), bei der Vorstellung des Klägers am 21.04.1998 hätten neurologische Auswirkungen bestanden. Nach der
Reoperation der Bandscheibe L 5/S1 1998 habe der Kläger immer noch über LWS-Beschwerden geklagt, die wohl im
Rahmen der stattgehabten Operation zu werten gewesen seien. Seiner Auskunft sind Arztbriefe von Prof. Dr. W. vom
20.07., 25.08.und 04.11.1998 beigefügt gewesen. In seiner Auskunft vom 23.03.2003 hat Dr. L. über eine akute
Verschlimmerung im Jahr 2000 berichtet. In einer Kernspintomographie habe sich eine Wurzelschwellung bei L 5/S1
bzw. differenzialdiagnostisch ein erneuter kleiner Rezidivprolaps ergeben. Der klinische Untersuchungsbefund
respektive die resultierende Bewegungseinschränkung habe sich seit 1998 nicht signifikant verändert, wegen
Schmerzen erfolge eine Dauer-therapie mit Voltaren. Befund- und beschwerdemäßig seien jedoch auch leichtgradig
die Segmente L 3/4 und L4/5 betroffen. Dr. L. hat seiner Auskunft Arztbriefe von Dr. R., Neurologe und Psychiater in
S., vom 26.07.2000 und von Dr. D., Radiologe in S., vom 15.06.2000 beigefügt.
Der Senat hat außerdem die unfallchirurgische gutachterliche Stellungnahme vom 10.07.1998 zum Gegenstand des
Verfahrens gemacht, die Prof. Dr. W., Ärztlicher Di-rektor der BG-Klinik in T., unter Mitwirkung von Oberarzt Dr. R. für
die Beklagte in ei-nem anderen, vor dem Senat anhängigen Verfahren abgegeben hat. Danach sei die erhebliche
Zunahme der degenerative Veränderungen der LWS nach Beendigung der wirbelsäulenbelastenden Tätigkeit kein
hinreichend gesichertes Ausschlusskriterium einer BK Nr. 2108. Es sei bekannt, dass verbildende Veränderungen an
anderen Ge-lenken außerhalb der Wirbelsäule auch unter Schonung zunehmen könnten. Dies dürfe deshalb auch mit
Wahrscheinlichkeit für die Wirbelsäule anzunehmen sein.
Die Beteiligten haben im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 30.06.2003 erklärt, mit einer
Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden zu sein. Im Übrigen wird auf die
Sitzungsniederschrift vom 30.06.2003 verwiesen.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des SG beigezogen. Auf diese sowie auf die im
Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze wird Bezug ge-nommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der
Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig.
Berufungsausschließungs-gründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu be-anstanden. Der Kläger hat
Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen seiner als BK anzuerkennenden Lendenwirbelsäulenerkrankung.
Anzuwenden sind die Vorschriften des zum 01.01.1997 in Kraft getretenen Siebten Bu-ches des Sozialgesetzbuchs
(SGB VII), da der geltend gemachte Versicherungsfall erst mit Aufgabe der für wirbelsäulenschädlich gehaltenen
Tätigkeit zum 31.03.1998 re-spektive Mai 1997 (Angabe des Klägers in der BK-Anzeige vom 07.12.1998) eingetre-ten
sein kann (§ 212 Abs. 1 SGB VII).
Gem. § 56 Abs. 1 SGB VII wird eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversi-cherung in der dem Grad der
Erwerbsminderung entsprechenden Höhe gewährt, wenn und solange ein Verletzter in Folge eines Arbeitsunfalls in
seiner Erwerbsfähigkeit um wenigstens 1/5 (20 vom Hundert [v.H.]) gemindert ist. Als Arbeitsunfall gilt gem. § 9 Abs.
1 SGB VII auch eine BK. Dies sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit
Zustimmung des Bundesrates als solche bezeichnet und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit erleidet
(§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Dabei wird die Bundesregierung ermächtigt, solche Krankheiten als BK zu bezeichnen,
die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwir-kungen verursacht sind, denen
bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheb-lich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt
sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Eine Leistungspflicht wegen einer BK besteht - von einer MdE um wenigstens 20
v.H. abgesehen - nur dann, wenn die Gefährdung durch schädigende Einwirkungen ursächlich auf die versicherte
Tätigkeit zurückzuführen ist (haftungsbegründende Kau-salität) und durch die schädigenden Einwirkungen die
Krankheit verursacht oder we-sentlich verschlimmert worden ist (haftungsausfüllende Kausalität). Wie bei einem Ar-
beitsunfall müssen auch hier die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen u. a. neben der versicherten Tätigkeit
die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkung und die Krankheit gehören, erwiesen seien, während für den
ursächlichen Zusammen-hang die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich ist. Wahrscheinlich ist
diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen
Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45,286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur
Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen
den ursächlichen Zusammenhang spricht (vgl. Mehrtens/Perlebach, BKVO-Kommentar, E § 551 RVO Anmerkung 12).
Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausal-zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht
dies nach dem im sozialgerichtli-chen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu
Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten
Kausalzusammenhang für sich herleitet (BSGE 19,52, 53; 30,121, 123; 43, 110, 112).
Nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (in der Fassung der Zweiten Änderungsverordnung
vom 18.12.1992 - BKVO/Nr. 2108 – jetzt der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung vom 31.10.1997 - BKV) sind
bandscheibenbedingte Er-krankungen der LWS durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch
langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die
für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können,
als BK anzuer-kennen. Mit der hiermit festgelegten beruflichen Belastung wird verbindlich umschrie-ben, welche
beruflichen Einwirkungen generell geeignet sind, bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS zu verursachen bzw.
zu verschlimmern. Die Entscheidung des Verordnungsgebers ist nicht rechtswidrig. Nach der höchstrichterlichen
Rechtsprechung stellt die Formulierung der Nr. 2108 der BKV die übliche differenzierende Umschreibung der bisher
vorliegenden spezifischen Erkenntnisse dar (BSGE 84,30).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Senat ebenso wie das SG davon über-zeugt, dass die
haftungsbegründende Kausalität, die arbeitstechnischen Voraussetzun-gen, der BK Nr. 2108 vorliegt. Dies ergibt sich
aus den Ermittlungen des TAD der Be-klagten, der sich in seiner Stellungnahme vom 15.01.1999 auf die
Belastungsdoku-mentation für Stukkateure/Putzer der Arbeitsgemeinschaft der Bauberufsgenossen-schaften stützt.
Dieser Dokumentation liegen die belastungsrelevanten Lastgewichte für die entsprechenden Altersgruppen zu Grunde,
die aus epidemiologischen Studien über die wirbelsäulengefährdenden Tätigkeiten u.a. von Schwesternhelferinnen und
Stahl-betonarbeitern gewonnen wurden (vgl. insoweit das Merkblatt des Bundesarbeitsmini-steriums,
Bundesarbeitsblatt 3/93 S. 50 = Mehrtens/Perlebach, BKV Handkommentar M 2108). Beispielsweise hatten
Schwesternhelferinnen zu ca. 12% der Schicht Arbeiten mit Heben oder Tragen von schweren Lasten zu verrichten.
Stahlbetonarbeiter hatten ca. 40 mal pro Schicht Gewichte von mehr als 20 kg zu heben (vgl. Mehr-tens/Perlebach
a.a.O., M 2108 Abschnitt IV m.N.). Diese genannten Studien dienten neben einer weiteren auch als Grundlage für die
Ermittlung eines Dosiswertes nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD), der einen als Orientierungshilfe
nutzbaren Richtwert, aber keinen hinreichend epidemiologisch belegten Grenzwert für eine geeig-nete
Wirbelsäulenbelastung darstellt (vgl. BSG Urteil vom 18.03.2003 -B 2 U 13/02 R). Der Senat sah deshalb ebenso wie
das SG davon ab, eine Berechnung nach dem MDD vornehmen zu lassen, da nach dem vom TAD der Beklagten
nachvollziehbar ermittelten Belastungsprofil des Klägers eine grundsätzlich wirbelsäulenschädliche, langjährige
Berufstätigkeit im o. g. Sinne nachgewiesen ist. Ebenso wie bei der Dosisermittlung nach dem MDD ist auch eine
arbeitstägliche Mindestbelastung durch Heben und Tra-gen erforderlich, die bei den im Falle des Klägers
angenommenen Gewichten von min-destens 25 Kilogramm auch für den Senat nach den obengenannten Studien
überzeu-gend als berücksichtigungsfähige Mindestlast nicht zu beanstanden ist, zumal dieser Wert auch annähernd
der Tagesbelastungsdosis nach dem MDD gleichkommt, das vom BSG in der genannten Entscheidung vom
18.03.2003 grundsätzlich nicht bean-standet worden ist. Bei einem Zeitanteil von 40 Prozent der täglichen
Arbeitsschichten, in dem entweder wirbelsäulenschädliche Lasten gehoben oder getragen oder wirbel-
säulenschädliche Rumpfbeugehaltungen eingenommen worden sind, hat zur Überzeu-gung des Senats auch eine
geeignete Exposition im Hinblick auf die Verursachung oder Verschlimmerung bandscheibenbedingter
Lendenwirbelsäulenerkrankungen vorgele-gen. Auf die vom BSG im Urteil vom 02.05.2001 - B 2 U 16/00 R = SozR 3-
2200 § 551 Nr.16 beanstandete Forderung, dass eine wirbelsäulengefährdende Tätigkeit wenig-stens während eines
Drittels der täglichen Arbeitsschichten in einem Zehnjahreszeit-raum vorliegen müsse, kommt es vorliegend nicht an.
Denn nach den Ermittlungen des TAD wiesen grundsätzlich alle Arbeitsschichten des Klägers im Rahmen seiner Le-
bensarbeitszeit von 1953 bis 1998 - nur unterbrochen durch den Meisterkursus von Oktober 1971 bis Mai 1972 - den
Zeitanteil von 40 Prozent an wirbelsäulenschädigen-den Verrichtungen auf. Eine langjährige Tätigkeit liegt bei dem
Zeitraum von 1953 bis 1998 vor. Zudem hat die Beklagte die haftungsbegründende Kausalität nicht bestritten. Auch
Prof. Dr. R., der als (früheres) Mitglied des Sachverständigenbeirats, Sektion Berufskrank-heiten, über besondere
Erfahrungen bei der Beurteilung von berufsbedingten Wirbel-säulenerkrankungen verfügt, hat die Ermittlungen des
TAD nicht in Frage gestellt und ist vom Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen ausgegangen.
Zur Überzeugung des Senats ist auch die haftungsausfüllende Kausalität nachgewie-sen. Nach Auffassung aller
gehörten Ärzte liegt beim Kläger eine bandscheibenbedingte Er-krankung der LWS vor. Diese ist auch berufsbedingt
entstanden. Die degenerativen Veränderungen sind im Bereich der LWS deutlich ausgeprägter als im Bereich der
HWS und BWS, wie sich aus den Gutachten von Prof. Dr. K. und Prof. Dr. R. ergibt. Sowohl im Bereich der HWS als
auch im Bereich der BWS sind die diagnostizierten Verände-rungen eher als gering zu bezeichnen, sie überschreiten
in keinem Fall die altersgemä-ße Norm. Prof. Dr. R. hat überzeugend darauf hingewiesen, dass im Bereich der LWS
vor allem in den Segmenten L 4/5 und L 5/S 1 radiologisch degenerative Veränderun-gen nachweisbar sind, die
darüber liegenden Segmente sich dagegen altersentspre-chend darstellen und keine vorauseilenden degenerativen
Veränderungen aufweisen. Die Veränderungen nehmen von L 1/2 nach L 5/S1 zu, was nach herrschender medizi-
nischer Auffassung einem belastungskonformen Krankheitsbild der LWS entspricht. Konkurrierende Faktoren, die für
die degenerativen Veränderungen der unteren Len-denwirbelsegmente verantwortlich gemacht werden könnten, wurden
von Prof. Dr. R. nicht festgestellt. Solche hat auch Professor Dr. K. nicht beschrieben. Die Beurteilung von Prof. Dr.
R., dass die Bandscheibenerkrankung der Lendenwirbelsäule des Klägers auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen
ist, war für den Senat deshalb überzeugend.
Der Einwand der Beklagten, gegen einen beruflichen Zusammenhang spreche die be-reits 1960 aufgetretene
Behandlungsbedürftigkeit des Klägers wegen Kreuzschmerzen bei Wirbelsäulendeformität, ist nicht überzeugend.
Prof. Dr. R. hat nachvollziehbar aus-geführt, dass in den aktuellen Röntgenaufnahmen eine Wirbelsäulendeformität
nicht nachzuweisen ist, somit auch nicht ersichtlich ist, in welcher Form eine Wirbelsäulen- bzw.
Bandscheibenerkrankung in der Vergangenheit vorgelegen haben könnte, abge-sehen davon, dass den Unterlagen
letztlich auch nicht zu entnehmen ist, welcher Wir-belsäulenabschnitt 1960 betroffen war. Selbst wenn der Kläger seit
den 60er Jahren immer wieder unter zeitweilig auftretenden Beschwerden an der LWS gelitten haben sollte, was er bei
der Untersuchung bei Prof. Dr. R. auch eingeräumt hat, ist damit eine frühzeitige Manifestation einer
Bandscheibenerkrankung noch nicht bewiesen. Prof. Dr. R. hält eine bloße muskuläre Verspannung oder Erkrankung
aus psychosozialen Grün-den für ebenso möglich. Relevante LWS-bedingte Arbeitsunfähigkeitszeiten nach 1963 sind
dem Vorerkrankungsverzeichnis der AOK S. bis zum Ende der Dokumentation im Jahr 1972 nicht zu entnehmen.
Insbesondere die vom Kläger später in dieser Form nicht mehr wiederholte Angabe einer durchgehenden
Behandlungsbedürftigkeit von 1960 bis 1998 mit mehrmals im Monat notwendig werdenden Injektionen ist den Unter-
lagen der Krankenkassen, aber auch den eingeholten Krankheitsberichten der behan-delnden Ärzte nicht zu
entnehmen.
Auch die von der Beklagten behauptete Progredienz der Bandscheibenerkrankung macht einen beruflichen
Zusammenhang der Erkrankungen nicht unwahrscheinlich. Hierzu haben Prof. Dr. W. und OA Dr. R. für den Senat
nachvollziehbar dargelegt, dass das Fortschreiten der degenerativen Veränderungen der LWS nach dem Ausscheiden
aus der belastenden Tätigkeit nicht als hinreichend gesichertes Ausschlusskriterium gewertet werden kann, da es
keine gesicherten epidemiologischen Daten zum Scha-densverlauf im zeitlichen Zusammenhang gibt. Auch ihr
Hinweis, man wisse, dass ver-bildende Veränderungen an anderen Gelenken außerhalb der Wirbelsäule nach bela-
stungsinduzierter Triggerung auch unter Schonung zunehmen könnten, weshalb dies zumindest mit
Wahrscheinlichkeit auch für die Wirbelsäule anzunehmen sei, ist für den Senat plausibel. Allein aus der vom
Verordnungsgeber für die Anerkennung der BK geforderten Aufgabe der belastenden Tätigkeit kann nicht geschlossen
werden, dass aus medizinischer Sicht die Veränderungen nach Ende der Belastung nicht fortschrei-ten. Der Senat
lässt deshalb dahinstehen, ob das Vorbringen des Klägers, eine Ver-schlimmerung sei nach der eingeholten Auskunft
von Dr. L. gar nicht eingetreten, über-haupt zutrifft. Dafür spricht aber einiges, denn die Operation 1998 war wegen
eines Re-zidivvorfalles am Segment L 5/S1 notwendig geworden. Nach den überzeugenden sinngemäßen
Ausführungen von Prof. Dr. R. war der Kläger auf Grund des im Mai 1997 erstmals diagnostizierten Vorfalls bei L 5/S1
zur Aufgabe der belastenden Tätigkeit im Mai 1997 (vgl. Angaben des Klägers im Heilverfahren 1997, zuletzt nur noch
sporadisch mit überwiegender Überwachungstätigkeit berufstätig gewesen zu sein; Entlassungsbe-richt Rheumaklinik
B. W. vom 29.09.1997) bzw. der beruflichen Tätigkeit insgesamt im Frühjahr 1998, also vor der Operation im August
1998 gezwungen. Die erneut notwen-dig gewordenen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen im Juni 2000
betra-fen nach dem radiologischen Befund von Dr. D. vom 15.06.2000 wiederum die bereits zuvor auffälligen
Segmente L 4/5 und L 5/S1. Die der Vernarbung der Bandscheibe mit Wurzelschwellung zugeschriebene
Wurzelirritation bei L 5/S 1 (Dr. L. vom 23.03.2003, Dr. R. vom 26.07.2000 und Dr. D. vom 15.06.2000) beruht letztlich
auf den operativen Eingriffen von 1997 und 1998 am gleichen Segment. Auch die von Dr. L. als nicht grundlegende
Änderung beschriebene Protrusion bei L 3/4 , die sich aus dem von Dr. D. im Juni 2000 erhobenen Befund ergibt, war
ansatzweise in dem von Dr. D. in Mai 1997 erhobenen Befund der Computertomografie erkennbar. Danach überragte
die Bandscheibe L 3/4 bereits "schmalsäumig breitbasig" die Hinterkante von L 4 (Dr. D. vom 26.05.1997).
Da nach den vorliegenden ärztlichen Äußerungen somit mehr für einen ursächlichen Zusammenhang mit der
beruflichen Tätigkeit spricht als dagegen und der Kläger die belastende Tätigkeit aufgegeben hat, ist festzustellen,
dass die bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule des Klägers Folge einer Berufskrankheit nach Nr.
2108 der Anlage 1 zur BKVO ist.
Diese bedingt auch eine MdE um 20 v.H. Die Beurteilung der unfallbedingten MdE ist eine Rechtsfrage, die im
sozialgerichtlichen Verfahren unter Berücksichtigung aller Um-stände vorzunehmen ist, wobei schlüssige ärztliche
Gutachten bedeutsame und viel-fach unentbehrliche Anhaltspunkte bilden (vgl. BSGE 4, 147, 149 ; 41,99, 101). Bei
der Bewertung der MdE sind ferner die von der Rechtsprechung sowie dem versicherungs-rechtlichen und
versicherungsmedizinischen Schrifttum gebildeten Erfahrungssätze zu beachten, die die Grundlage bilden für eine
Gleichbehandlung aller Verletzten in den zahlreichen Fällen der täglichen Praxis (vgl. BSG SozR 2200 § 581 Nr. 27).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergeben sich für den Zeitraum nach der zweiten Bandscheibeoperation
1998 funktionelle Einschränkungen seitens der LWS, die eine rentenberechtigende MdE um 20 v.H. begründen. Zwar
beruhen die in der unfall-medizinische Literatur wiedergegebenen MdE-Ansätze für Beeinträchtigungen der LWS,
wonach funktionell nicht bedeutsame neurologische Ausfälle eine MdE um 10 v.H., starke Funktionseinschränkungen
der LWS eine solche um 20 v.H. und Funkti-onseinschränkungen mit funktionell bedeutsamen motorischen Ausfällen
und/oder aus-geprägten funktionell schwerwiegenden chronischen Wurzelreizsyndromen eine MdE um 30 v.H.
begründen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufs-krankheiten, 6. Aufl., S. 540), auf nicht
hinreichend belegten sozialmedizinischen Er-kenntnissen (BSG, Urt. vom 02.05.2001 - B 2 U 24/00 R; vgl. jetzt auch
Schönber-ger/Mehrtens/Valentin, a.a.O, 7.Aufl. S. 582 f). Vorliegend hat Prof. Dr. R. für den Senat überzeugend unter
Hinweis auf die stärkeren, auch noch postoperativ vorhandenen ausgeprägten Auswirkungen der
Bandscheibenerkrankung die MdE mit 20 v.H. einge-schätzt. Auch bei schwankendem Verlauf einer Erkrankung ist
bei deutlich häufigen, gravierenderen Einschränkungen eine Funktionseinschränkung auf Dauer und sind nicht nur
jeweils vorübergehende, der MdE-Bewertung nicht zugängliche Akuterkran-kungen anzunehmen. Bei der
Untersuchung durch Prof. R. am 21.03.2002 war die Drehbeweglichkeit der LWS endgradig auf 40 Grad und die
Neigung um annähernd die Hälfte auf 20 Grad eingeschränkt. Die Beugefähigkeit war deutlich gemindert mit einem
Finger-Boden-Abstand von 40 Zentimetern. Im Übrigen war ein nicht auffälliger Befund erhoben worden. Jedoch
beurteilte Prof. Dr. R. im Hinblick auf den Rezidivvorfall die vom Kläger geschilderte Schmerzsymptomatik als
glaubhaft, indem er eine ausgeprägte postoperative Symptomatik annahm. Diese Einschätzung wird durch den
weiteren Ver-lauf der Erkrankung nach der Operation von 1998 bestätigt, da nach den Angaben von Dr. L. in seiner
Auskunft vom 23.03.2003 an den Senat immer wieder chronisch-persistierende LWS-Schmerzen mit Ausstrahlung
insbesondere in das linke Bein im Sinne einer Lumboischialgie auftreten, vereinzelt auch stärkere
Schmerzverschlimme-rungen, teilweise mit Sensibilitätsstörungen im linken Bein. Der von Dr. R. im Juli 2000
erhobene Befund eines anhaltenden Postnukleotomie-Syndroms links mit Irritation meh-rerer Wurzeln, gestützt auf
seinen Befund eines deutlich positiven Lasègue-Zeichens und eines abgeschwächten Achillessehnenreflexes,
passend zu einem abgelaufenen S1-Syndrom, bestätigt die persistierende, immer wieder auftretende
Schmerzssympto-matik mit Nervenbeteiligung und die Notwendigkeit der von Dr. L. angegebenen Dau-ertherapie mit
dem Schmerzmittel Voltaren. Es ist deshalb unerheblich, dass zeitweise funktionell geringere Einschränkungen, wie
z. B. ein Finger-Boden-Abstand von 25 Zentimetern (vgl. Dr. R. vom 26.07.2000) oder 23 Zentimetern (vgl. das
Gutachten von Prof. Dr. K. vom 18.05.1999 und die darin angegebenen, noch im Normbereich liegen-den
Bewegungsmaße der LWS) vorliegen, da dies in Zeiten des weniger stark ausge-prägten Wurzelreizsyndroms
vorkommen kann. Gleichwohl ist dieser Befund annähernd identisch mit dem Befund der Abschlussuntersuchung
nach dem 1997 durchgeführten Heilverfahren in B. W ... Bei dort diagnostizierter uneingeschränkter Gesamtbeweglich-
keit der Wirbelsäule wurde auf Grund des Wirbelsäulenbefunds ein verringertes Lei-stungsvermögen bejaht und nur
noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne regel-mäßiges Heben und Tragen schwerer Lasten sowie ohne
häufige Zwangshaltung und Überstreckung der Wirbelsäule für noch zumutbar erachtet (Entlassungsbericht der
Rheumaklinik B. W. vom 29.09.1997). Die Einschätzung von Prof. Dr. R., dass damit dem Kläger der Zugang zum
allgemeinen Arbeitsmarkt um ein Fünftel verschlossen ist, ist nachvollziehbar. Nach Einschätzung von Prof. Dr. R.
lag der gravierende Befund ab der zweiten Band-scheibenoperation im August 1998 vor. Dem Krankheitsbericht von
Dr. L. vom 13.01.1999 ist zu entnehmen, dass Arbeitsunfähigkeit von August bis September 1998 bestand. Demnach
ist die Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. ab 01.10.1998 zu bezahlen (§ 72 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 46 Abs. 3
SGB VII).
Nach alledem war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.