Urteil des LG Wuppertal vom 04.05.2007

LG Wuppertal: zahlungsunfähigkeit, fälligkeit, skonto, geschäftsbeziehung, bezahlung, aufschub, anfechtung, gegenleistung, verzug, lieferung

Landgericht Wuppertal, 2 O 317/06
Datum:
04.05.2007
Gericht:
Landgericht Wuppertal
Spruchkörper:
2. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 O 317/06
Sachgebiet:
Bürgerliches Recht
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils
zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
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Der Kläger macht in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter Ansprüche aus
Insolvenzanfechtung geltend. Die Schuldnerin ist die Fa. Xx und Werkzeugtechnik
GmbH.
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Am 14.06. und 21.06.2004 stellten die Beklagten, ein Betrieb für Industriemontage, der
Schuldnerin Montageleistungen im Umfang von insgesamt 30.539,62 € in Rechnung
(vgl. Bl. 60 ff. d.A.). Die den Rechnungen zugrundeliegenden Leistungen erbrachten sie
in der Zeit zwischen dem 14.06. und 18.06.2004.
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Die Schuldnerin und die Beklagten standen zu diesem Zeitpunkt schon in jahrelanger
Geschäftsbeziehung. Dieser Geschäftsbeziehung lag eine Rahmenvereinbarung
zugrunde. In Ziffer 15. dieser Rahmenvereinbarung heißt es (Bl. 52 d.A.):
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Zahlung der Teilelieferungen:
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Die Zahlung erfolgt 14 Tage nach vertragsmäßigem Wareneingang und Eingang
der ordnungsgemäßen und prüffähigen Rechnung mit 3 % Skonto oder bis zu 30
Tagen
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netto Kasse.
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Die Schuldnerin zahlte daraufhin am 5. Juli 2004 an die Beklagten den
Rechnungsbetrag abzüglich 3 % Skonto und damit insgesamt 29.623,44 €. Am
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09.07.2005 stellte sie einen Antrag auf Insolvenzeröffnung. Das Verfahren wurde am
01.10.2004 eröffnet.
Der Kläger meint, die Zahlung der Schuldnerin sei vor Fälligkeit erfolgt und damit
inkongruent im Sinne von § 131 InsO.
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Der Kläger hat ursprünglich beantragt,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 30.539,62 € zzgl. Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit
Klagezustellung zu zahlen.
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Mit Schriftsatz vom 05.12.2006 hat er die Klage teilweise zurückgenommen und
beantragt nunmehr nur noch,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 29.623,44 € zzgl. Zinsen
in Höhe von 5 Prozentspunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit
Klagezustellung zu zahlen.
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Sie bestreiten mit Nichtwissen die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zum Zeitpunkt
der Zahlung am 05.07.2004. Sie meinen, die zeitnahe Zahlung der Schuldnerin führe
zur Annahme eines Bargeschäftes im Sinne von § 142 InsO. Die Zahlung sei daher der
Insolvenzanfechtung entzogen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
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I.
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Die Klage ist zulässig. Das Landgericht Wuppertal ist für den vorliegenden Rechtsstreit
zuständig. Der Beklagte zu 1. hat zwar seinen Wohnsitz in F und damit nicht in dem
Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Wuppertal. Er hat sich jedoch rügelos in der
mündlichen Verhandlung auf die Klage eingelassen, so dass auch insoweit die
Zuständigkeit nach § 39 ZPO begründet ist.
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II.
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Die Klage ist unbegründet.
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1. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Rückgewähr der Zahlung vom 05.02.2004 nach
§§ 131 Abs. 1, Satz 1, 143 Abs. 1 InsO gegen die Beklagten zu. Die Zahlung vom
05.07.2004 stellte keine inkongruente Deckungshandlung dar, denn der
Zahlungsanspruch der Beklagten war zu diesem Zeitpunkt fällig.
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Nach § 271 Abs. 1 BGB kann ein Gläubiger seine Leistung grundsätzlich sofort
verlangen. Von diesem Grundsatz war weder aufgrund der Ziffer 15 der
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Rahmenvereinbarung noch aufgrund der konkreten Bestellung der Schuldnerin vom
15.06.2004 abzuweichen.
Die Zahlungsbedingung in Ziffer 15 der Rahmenvereinbarung betrifft zunächst nach
dem Wortlaut allein die Zahlung von "Teile-Lieferungen". Die Rechnungen vom 14.06.
und 21.06.2004 umfassen dabei nicht nur die Lieferung von Teilen, sondern im
Wesentlichen Lackierungs- und Montagearbeiten. Somit erfasste die
Zahlungsbedingung schon ein Großteil der erbrachten Leistungen der Beklagten nicht.
Im Übrigen beinhaltet die Zahlungsbedingung keine abweichende Fälligkeitsregelung,
vielmehr legt sie allein die Höhe der zu zahlenden Forderung fest. Die
Zahlungsbedingung kann nach §§ 133, 157 BGB nur so verstanden werden, dass von
der Schuldnerin bei Eingang einer Rechnung der Beklagten entweder der volle
Rechnungsbetrag abzüglich 3 % Skonto zu zahlen war, wenn eine Zahlung innerhalb
von 14 Tagen erfolgte, oder der volle Rechnungsbetrag, wenn eine Zahlung innerhalb
von 30 Tagen erfolgte. Eine Stundung der Forderung war damit nicht verbunden. Die
Regelung nahm allein Bezug auf die Höhe der zu zahlenden Forderung. Diese
Auslegung ist vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelung in § 286 Abs. 3 BGB
sinnvoll und naheliegend. Hiernach tritt nach Ablauf von 30 Tagen ab Zugang einer
Rechnung unter Kaufleuten ohne weiteren Hinweis Verzug ein. Damit sind ab Ablauf
von 30 Tagen zusätzlich die gesetzlichen Verzugszinsen zu zahlen.
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Nichts anderes ergibt sich auch aus der schriftlichen Bestellung vom 15.06.2004. In
dieser ist nur noch einmal auf die Skontoregelung Bezug genommen worden. Selbst
wenn mit der Skontoregelung ein Aufschub der Fälligkeit verbunden gewesen wäre, ist
zu berücksichtigen, dass sich dieses allein auf die Rechnung vom 21.06.2004 in Höhe
von 8.224,77 € auswirken würde. Denn die Rechnung vom 14.06.2004 in Höhe von
18.809,40 € ist bei der Schuldnerin am 15.06.2004 eingegangen (Bl. 60 d.A.). Die
Zahlung vom 05.07.2004 erfolgte somit insoweit nicht innerhalb von 14 Tagen nach
Rechnungseingang. Damit war selbst bei dieser Auslegung zu diesem Zeitpunkt bereits
Fälligkeit eingetreten.
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2. Dem Kläger steht auch kein Rückgewähranspruch aus Insolvenzanfechtung nach §
130 Abs. 1, Nr. 1 InsO zu. Zwar hat der Kläger die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin
zum Zeitpunkt der Zahlung am 05.07.2004 substantiiert dargelegt. Allerdings bestreiten
die Beklagten die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit zu diesem Zeitpunkt. Die
Kammer hat im Termin vom 23.03.2007 die Klägerseite darauf hingewiesen, dass sie
bislang zu dieser Kenntnis nicht hinreichend vorgetragen und insbesondere auch
keinen Beweis angetreten hat. Der Kläger hat seinen Vortrag sodann innerhalb der
Äußerungsfrist nicht weiter substantiiert und auch keinen Beweis angetreten.
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Im Übrigen scheitert eine Anfechtung nach § 130 Abs. 1, Nr. 1 InsO auch an § 142 InsO.
Die erbrachten Leistungen der Beklagten und die Bezahlung der Schuldnerin stellten
ein Bargeschäft im Sinne von § 142 InsO dar. Die Beklagten haben die Leistungen im
Zeitraum vom 14. bis 18.06.2004 erbracht. Die Bezahlung der Schuldnerin erfolgte am
05.07.2004. Damit stehen Leistungen und Gegenleistung in einem derartigen engen
zeitlichen Zusammenhang, dass ein unmittelbarer Leistungsaustausch angenommen
werden kann. Als Maßstab für einen unmittelbaren Leistungsaustausch ist die
Verzugsfrist des § 286 Abs. 3 BGB (30 Tage) anzusetzen (BGH, NJW 2006, S. 2701).
Auch auf diesen Punkt ist der Kläger im Termin vom 23.03.2007 hingewiesen worden.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 269 Abs. 3, 709 ZPO.
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Streitwert bis zum 05.12.2006 : 30.539,62 EUR,
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danach 29.623,44 €
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