Urteil des LG Potsdam vom 08.08.2006

LG Potsdam: herausgabe der akten, beschlagnahme, recht auf akteneinsicht, disziplinarverfahren, unabhängigkeit, beweismittel, abgabe, bindungswirkung, offenlegung, dokumentation

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Gericht:
LG Potsdam 1.
Strafkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
21 Qs 127/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 94 StPO, § 96 StPO, § 98 StPO
Beschlagnahme von Behördenakten: Anforderungen an die
Sperrerklärung einer obersten Dienstbehörde im Fall der
Sperrerklärung des Bundesrechnungshofs gegenüber dem
Beschlagnahmebegehren des Untersuchungsführers eines
Disziplinarverfahrens
Tenor
Die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 17. August 2006 gegen den Beschluss des
Amtsgerichts Potsdam vom 08. August 2006 (Az.: 77 AR 18/06) wird auf seine Kosten als
unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer führt im Auftrag des Ministeriums des Inneren, Familie, Frauen
und Sport des ... ein Disziplinarverfahren gegen den betroffenen Verwaltungsdirektor
Herrn E. . Im Zuge dieses Disziplinarverfahrens hat er unter dem 16. September 2005
beim Bundesrechnungshof unter Bezugnahme auf dessen Prüfungsmitteilung im Wege
der Amtshilfe um Vorlage der für das Disziplinarverfahren einschlägigen Akten ersucht.
Der Bundesrechnungshof nahm mit Schreiben vom 30. September 2005 auf seine
Prüfungsmitteilung vom 07. Oktober 2004 Bezug und verwies im Weiteren auf das
Ausgleichsamt S.. Auf erneutes Ersuchen um Aktenvorlage lehnte der
Bundesrechnungshof das Ersuchen unter dem 16. Juni 2006 ab. Zur Begründung führte
er aus, dass in seinen Akten keine weiteren Beweismittel enthalten seien und dass er
diese beim Ausgleichsamt S. belassen habe. Auf erneute Anfrage hat der
Bundesrechnungshof unter dem 11. Juli 2006 den Untersuchungsführer erneut darauf
hingewiesen, dass die Beweismittel nicht in der Akte des Bundesrechnungshof enthalten
seien, sondern beim Ausgleichsamt in ... verblieben seien. Die Prüfungsakte sei für die
weiteren Ermittlungen nicht von Bedeutung. Die Urkunden des Ausgleichsamtes seien
keine Aktenbestandteile.
Der Untersuchungsführer hat daraufhin unter dem 19. Juli 2006 beim Amtsgericht
Potsdam die Beschlagnahme der Unterlagen des Bundesrechnungshofs beantragt. Der
Bundesrechnungshof gab daraufhin unter dem 18. Juli 2006 eine Sperrerklärung
gegenüber dem Untersuchungsführer ab, auf die wegen der näheren Einzelheiten Bezug
genommen wird. Mit Schreiben vom 19. Juli 2006 gab der Untersuchungsführer eine
Gegenvorstellung gegen die Sperrerklärung mit dem Antrag ab, die Sperrerklärung
wieder aufzuheben. Dies lehnte der Bundesrechnungshof unter dem 21. Juli 2006 ab. Zu
einer verwaltungsgerichtlichen Anfechtung der Sperrerklärung sah der
Untersuchungsführer keine Veranlassung. Er beantragte unter dem 26. Juli 2006 unter
Berufung auf die §§ 26, 50 SDO i.V.m. § 94 ff. StPO beim Amtsgericht Potsdam die
Beschlagnahme der vollständigen Akten des Bundesrechnungshofs. Zur Begründung
führte er im Wesentlichen aus, dass weder die abgegebene Sperrerklärung noch die
sonstigen vom Bundesrechnungshof genannten Gründe der beantragten
Beschlagnahme entgegen stünden. Sein Aufklärungsinteresse gelte der
Prüfungstätigkeit des Bundesrechnungshofs, weil seine bisherige Prüfungstätigkeit
Hinweise ergeben habe, die Zweifel an der Sachlichkeit der Feststellungen des
Prüfungsberichts entstehen lassen könnten. Für die disziplinarrechtliche Würdigung eines
eventuellen Fehlverhaltens des Betroffenen sei dies von Bedeutung, weil die Prüfung des
Bundesrechnungshofs das Disziplinarverfahren ausgelöst habe. Die Sperrerklärung
entfalte keine Bindungswirkung, weil sie nicht ausreichend und nur formelhaft begründet
worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Antragsvorbringen verwiesen.
Diesen Antrag auf Anordnung der Beschlagnahme hat das Amtsgericht Potsdam durch
den angefochtenen Beschluss vom 08. August 2006 abgelehnt. Zur Begründung hat es
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den angefochtenen Beschluss vom 08. August 2006 abgelehnt. Zur Begründung hat es
ausgeführt, dass eine wirksame Sperrerklärung des Bundesrechnungshofs im Sinne des
§ 96 StPO vorliege.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner am 17. August
2006 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde vom selben Tag, mit der er sein
Antragsvorbringen im Wesentlichen bekräftigt und weitergehend geltend macht, dass die
Sperrerklärung weder verständlich noch schlüssig begründet worden sei. § 96 StPO sei
auf Ausnahmefälle beschränkt. Das Beratungs- und Geheimhaltungsinteresse des
Bundesrechnungshofs sei gegenüber seinem Interesse an der Aufklärung erheblicher
Dienstvergehen nicht vorrangig. Hilfsweise schränke er seinen Antrag dahin gehend ein,
dass die Anordnung der Beschlagnahme weder den ihm bereits vorliegenden Prüfbericht
vom 07. Oktober 1994 noch Unterlagen erfasse, die dem Beratungsgeheimnis
unterfielen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Beschwerdevorbringen Bezug
genommen.
Das Amtsgericht hat dem Bundesrechnungshof Gelegenheit zur Stellungnahme zu der
Beschwerde gegeben, wovon der Bundesrechnungshof unter dem 22. August 2006
Gebrauch gemacht hat.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde des Untersuchungsführers nicht abgeholfen und
sie unter dem 28. August 2006 der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde ist statthaft gemäß § 304 Abs. 1 StPO und auch im Übrigen zulässig. In
der Sache hat sie keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat den Antrag des Beschwerdeführers
auf Beschlagnahme der vollständigen Akten des Bundesrechnungshofs betreffend das
Prüfverfahren gegen den Betroffenen E. zu Recht abgelehnt. Einer
Beschlagnahmenordnung nach den §§ 94, 98 StPO steht die Sperrerklärung des
Bundesrechnungshofs vom 18. Juli 2006 entgegen, § 96 StPO.
Aufgrund dieser Sperrerklärung des Bundesrechnungshofs ist eine strafprozessuale
Beschlagnahme gemäß den §§ 94, 98 StPO bereits nicht zulässig. Denn eine
strafprozessuale Beschlagnahme gemäß den §§ 94, 98 StPO von Behördenakten wird
nach der in der Rechtsprechung überwiegend vertretenen Ansicht, die die Kammer teilt,
nur für den Fall als zulässig angesehen, dass die Herausgabe der Behördenakten auch
nach Gegenvorstellung ohne Abgabe einer Sperrerklärung der obersten Dienstbehörde
oder offensichtlich willkürlich oder rechtsmissbräuchlich verweigert wird (vgl. dazu KG,
NStZ 1989, 541; BGHSt 38, 237; LG Darmstadt, NStZ 1989, 86; LG Trier, NStZ-RR 2000,
248; LG Bonn, NStZ 1990, 55; Meyer-Goßner, StPO, 49. Aufl., 2006, § 96 Rdnr. 1, 2). Hier
liegt eine Sperrerklärung vom 18. Juli 2006 vor. Davon, dass der Bundesrechnungshof
die Herausgabe der Akten willkürlich oder rechtsmissbräuchlich verweigert hätte, kann
keine Rede sein. Dazu gibt auch das Antrags- und Beschwerdevorbringen des
Untersuchungsführers keinen Anhalt. Insoweit hätte es dem Untersuchungsführer
oblegen, die Sperrerklärung vor dem Verwaltungsgericht anzufechten, wozu er freilich
keine Veranlassung gesehen hat.
Die Kammer weist lediglich ergänzend und klarstellend daraufhin, dass sie die
Sperrerklärung - entgegen der Rechtsansicht des Beschwerdeführers - für wirksam
erachtet. Entsprechend der zutreffenden Bewertung durch den Bundesrechnungshof
sind die Justizorgane wegen der Gleichwertigkeit der staatlichen Gewalten grundsätzlich
an die Sperrerklärung einer obersten Dienstbehörde gebunden (vgl. Nack, in: Karlsruher
Kommentar, StPO, 5. Aufl., 2003, § 96 Rdnr. 10). Diese Bewertung gilt auch für den
Untersuchungsführer in einem förmlichen Disziplinarverfahren, der eine der
Staatsanwaltschaft vergleichbare Rechtsstellung hat. Der Untersuchungsführer hat im
Rahmen seiner Aufklärungspflicht alle zulässigen und nicht von vornherein aussichtslos
erscheinenden Schritte zu unternehmen, um auf die Herausgabe der Akten hinzuwirken.
Hierzu mag neben einer Gegenvorstellung, auf die der Bundesrechnungshof erwidert
hat, auch eine Beschwerde zählen. Bleibt es trotzdem bei der Sperrerklärung, haben der
Untersuchungsführer und die Strafgerichte die Weigerung der Aktenherausgabe
hinzunehmen. Dies gilt selbst dann, wenn die Sperrerklärung fehlerhaft abgegeben
worden ist (Nack, a.a.O, Rdnr. 31; BGH, St 38, 323; BGHSt 41, 36 m.w.N.).
Voraussetzung einer wirksamen Sperrerklärung ist lediglich, dass die oberste
Dienstbehörde den Justizbehörden die Gründe ihrer Weigerung verständlich macht. Die
Justiz muss in der Lage sein zu prüfen, ob die Weigerung aus rechtsstaatlichen Gründen
hingenommen werden kann. Mit diesen Anforderungen ist es grundsätzlich nicht zu
vereinbaren, wenn die oberste Dienstbehörde ihre Sperrerklärung überhaupt nicht
begründet, zur Begründung lediglich formelhafte Wendungen benutzt oder die
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begründet, zur Begründung lediglich formelhafte Wendungen benutzt oder die
Herausgabe offensichtlich willkürlich verweigert (Nack a.a.O., Rdnr. 17, 26). Die
Entscheidung, ob das Bekanntwerden des Inhalts bestimmter Akten dem Wohl des
Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde, ist von der obersten Dienstbehörde
unter Abwägung aller Umstände eigenverantwortlich zu treffen. Die Behörde hat dabei
einen weiten Beurteilungsspielraum. Hat die oberste Dienstbehörde die Gründe der
Sperrerklärung in diesem Sinne verständlich gemacht, ist eine Beschlagnahme
unzulässig.
An diesen Maßstäben gemessen ist die vom Untersuchungsführer für nicht wirksam
erachtete Sperrerklärung vom 18. Juli 2006 hier hinreichend begründet worden und
somit in dem auf Beschlagnahme der Akten gerichteten Verfahren bindend. Die
Begründung der Sperrerklärung beruht auf einer Abwägung zwischen dem Schutz des
Beratungsgeheimnisses der Mitglieder des Bundesrechnungshofes und dem Interesse
des Untersuchungsführers an der Kenntnis des Inhalts der Prüfungsakten. Nach dem
Ergebnis der Abwägung überwiegt der Schutz des Beratungsgeheimnisses. Wie der
Bundesrechnungshof zutreffend dargestellt hat, stellt das Beratungsgeheimnis der
Mitglieder des Bundesrechnungshofes ein hohes Rechtsgut dar, dessen Schutz auch
fortbesteht, nachdem das Prüfungsverfahren durch Übersendung der Prüfungsmitteilung
an die geprüfte Stelle einen vorläufigen Abschluss gefunden hat. Die Geheimhaltung des
Prozesses der kollegialen Willensbildung eröffnet den richterlich unabhängigen
Mitgliedern die Möglichkeit, eigenes Wissen zum Ausdruck zu bringen, ohne sich
Konfrontationen auszusetzen. Die Offenheit bei der Beratung und der
Entscheidungsfindung ist wesentlicher Bestandteil einer funktionsfähigen und
verantwortlich handelnden Finanzkontrolle. Wegen der den Mitgliedern des Hofes
eingeräumten richterlichen Unabhängigkeit verbietet sich auch die nachträgliche
Preisgabe des internen Willensbildungsprozesses eines Rechnungshofes. Teil der
sachlichen Unabhängigkeit der Mitglieder ist über die bloße Weisungsfreiheit hinaus ein
Verbot jeglicher auch nur mittelbarer Beeinflussung der Prüfungstätigkeit. Zu dem
hiernach geschützten Bereich gehören das Bewerten von Entscheidungsvorlagen der
Prüfungsbeamtinnen und Prüfungsbeamten und das Anpassen dieser Vorlagen an das
im Kollegium gefundene Beratungsergebnis. Bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben ist
das Mitglied des Rechnungshofes in ähnlicher Weise auf sich selbst gestellt wie der
Richter bei der Arbeit an einer gerichtlichen Entscheidung. Unterlägen die einzelnen
Entwicklungsphasen der Meinungsbildung des Kollegiums einer wenn auch nur
nachträglichen Offenlegung an Hand der gefertigten Entwürfe und Arbeitsgrundlagen,
wäre ein wesentlicher Aspekt der sachlichen Unabhängigkeit, nämlich der den Einblicken
Dritter entzogene Erkenntnisprozess, bedroht und in Frage gestellt. Dies wäre aber mit
der sachlichen Unabhängigkeit der Mitglieder unvereinbar. Ein mögliches Recht auf
Akteneinsicht beschränkt sich danach in der Regel auf die Prüfungsmitteilung. Es erfasst
jedoch nicht die vorbereitenden Unterlagen und Entwürfe, die sich in Prüfungsakten
befinden (vgl. dazu auch Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluss vom
20.11.1997, Az.: 12/97, Volltext bei juris). All diese Erwägungen sind verständlich,
nachvollziehbar und plausibel. Die Begründung erschöpft sich nicht bloß in
nichtssagendern formelhaften Wendungen. Eine weitergehende Begründung zu fordern,
würde die tatsächlichen Anforderungen an den Begründungsaufwand einer
Sperrerklärung überspannen (vgl dazu auch BVerfGE 57, 250, 289; BVerfG, NStZ 2000,
151; BGHSt 29, 109, 113; BVerwGE, StV 1986, 523; LG Stuttgart, NStZ 1991, 551).
Demgegenüber hat der Untersuchungsführer sein Interesse an der begehrten
Akteneinsicht lediglich pauschal mit dem Hinweis begründet, die Offenlegung des
Akteninhalts könne für die Durchführung des Disziplinarverfahrens „durchaus förderlich“
sein, weil sich Hinweise auf eine mögliche fehlende Sachlichkeit der Feststellungen
ergeben hätten. Die Beantwortung der Frage, ob dem beschuldigten Beamten ein
Dienstvergehen vorzuwerfen sei, könne „durchaus“ davon abhängen, wie es zu den
Darstellungen (der Prüfungsmitteilung) gekommen sei. Dieses Vorbringen lässt den
Schutz des Beratungsgeheimnisses der Mitglieder des Rechnungshofes nicht
zurücktreten. Es zeigt lediglich eine theoretische Möglichkeit der Beweisrelevanz der
Akten auf. Das Vorbringen ist damit nicht ausreichend tatsachenfundiert. Zum einen
liegt ein Dienstvergehen dann vor, wenn der beschuldigte Beamte vorwerfbar gegen die
ihm obliegenden Pflichten verstoßen hat. Die Art und Weise, wie die Pflichtverletzung
aufgedeckt wurde und ob der Bundesrechnungshof an der Aufdeckung beteiligt war, ist
für die Feststellung eines Dienstvergehens nicht erheblich. Zum anderen bleibt bei der
gegebenen Begründung völlig offen, zu welchem Beweisthema die Prüfungsakte als
Beweismittel dienen könnte. Es ist nicht zu erkennen, inwiefern die Prüfungsakte als
Dokumentation interner Planung, Durchführung und Evaluierung der Prüfung des
Bundesrechnungshofs für die Ermittlung eines disziplinarrechtlich relevanten
Sachverhaltes von Bedeutung sein könnte. Eine Beschlagnahme der Prüfungsakten
gleichsam „ins Blaue hinein“ - mit dem Ziel der Ausforschung - wäre jedenfalls
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gleichsam „ins Blaue hinein“ - mit dem Ziel der Ausforschung - wäre jedenfalls
unzulässig. Der darauf gerichtete Antrag ist unbegründet.
Die Kammer weist zudem daraufhin, dass - wie der Bundesrechnungshof ebenfalls
zutreffend gewürdigt hat - eine weitergehende Prüfung der Rechtmäßigkeit der
Sperrerklärung in dem auf Beschlagnahme der Prüfungsakten gerichteten Verfahren
nicht erfolgen kann. Die auf einer verständlichen Begründung beruhende Feststellung
des Präsidenten des Bundesrechnungshofes, das Bekanntwerden des Akteninhalts
bereite dem Wohl des Bundes Nachteile, ist für die Strafgerichte damit verbindlich.
Davon zu trennen ist freilich die Frage, inwieweit der Untersuchungsführer die
Sperrerklärung vorrangig vor dem Verwaltungsgericht hätte anfechten können.
Soweit der Untersuchungsführer seine Beschwerde auf den Beschluss des
Bundesgerichtshofs vom 18. März 1992 (BGHSt 38, S. 237 ff.) stützt, liegt dieser
Entscheidung kein vergleichbarer Sachverhalt zu Grunde. Gegenstand des damaligen
Verfahrens war ein Antrag des Generalbundesanwalts auf Beschlagnahme von
Tonbandniederschriften, die im Besitz des ... Landesamtes für Verfassungsschutz waren.
Die Niederschriften sollten Rückschlüsse auf die Glaubwürdigkeit des damaligen
Beschuldigten zulassen. Dieser stand unter dem dringenden Tatverdacht, Hilfe bei der
Ermordung des Vorstandssprechers der ... Bank geleistet zu haben. Das zuständige
Ministerium hatte ausdrücklich klargestellt, dass die Abgabe einer Sperrerklärung nach §
96 StPO nicht beabsichtigt sei. Der Bundesgerichtshof hatte daher nur über die
generelle Zulässigkeit der Beschlagnahme von Behördenakten zu entscheiden und
diese bejaht, weil eine Sperrerklärung gerade nicht abgegeben worden war. Diese
Entscheidung ist angesichts der hier abgegebenen Sperrerklärung des
Bundesrechnungshofs ersichtlich nicht übertragbar.
Schließlich vermag die Kammer auch nicht zu erkennen, dass der Bundesrechnungshof
vorliegend willkürlich oder rechtsmissbräuchlich gehandelt hat, indem er die Herausgabe
seiner Prüfungsakten verweigert. Die Einsicht in die Prüfungsakten ist zur Aufklärung des
Sachverhaltes nicht zwingend erforderlich. Die Kammer hat - entgegen der nicht näher
begründeten Behauptung des Beschwerdeführers - keine Anzeichen, dass der bei der
Prüfung durch den Bundesrechnungshof ermittelte Sachverhalt nicht vollständig und
zutreffend durch die dem Untersuchungsführer vorliegende Prüfungsmitteilung
dargestellt wird. Die Beweise für die Prüfungsfeststellungen befinden sich nicht in den
Akten des Prüfungsverfahrens, sondern in den Akten des Ausgleichsamtes S.. Darauf ist
der Untersuchungsführer wiederholt hingewiesen worden.
Die pauschalen Ausführungen des Beschwerdeführers, es lägen konkrete Hinweise vor,
dass „den im Prüfbericht getroffenen Feststellungen nicht ohne weiteres getraut werden
könne“, und er deswegen von Amts wegen prüfen müsse, ob die Feststellungen als
Beweismittel in Betracht kämen, sind weder substantiiert noch schlüssig. Zum einen hat
die Stadt S. als geprüfte Stelle mit der Stellungnahme der Oberbürgermeisterin vom 07.
Oktober 2004 weder der Sachverhaltsdarstellung noch der Bewertung der
Prüfungsmitteilung widersprochen. Der Bundesrechnungshof geht daher weiterhin
uneingeschränkt von der Richtigkeit seiner Prüfungsfeststellungen aus. Zum anderen
haben die Prüfungsmitteilungen des Bundesrechnungshofes eine Bindungswirkung,
weder hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen noch hinsichtlich der Bewertung der
festgestellten Sachverhalte. Es bleibt dem Untersuchungsführer daher unbenommen,
die in der Prüfungsmitteilung dargestellten Sachverhalte selbst noch einmal zu ermitteln
und gegebenenfalls abweichend zu bewerten. Eine Einsicht in die Prüfungsakten ist dazu
nicht erforderlich.
Auch im Übrigen hält der Beschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 08. August 2006
den Angriffen des Beschwerdeführers stand. Das weitere Vorbringen der Beschwerde ist
nicht geeignet, zu einer anderen Bewertung der Sach- und Rechtslage zu gelangen. Die
Beschwerde hatte nach alledem keinen Erfolg und der angegriffene Beschluss hiernach
Bestand.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.
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